Inhaltsverzeichnis Beuys Beziehung zum Tier - Beuys der Schamane .................................................................. 1-2 „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt ...“ .................................................................. 3-4 I like America and America likes Me .................................................................................... 5-6 <strong>Materialien</strong> ..................................................................................................................... 7-8 Filz .............................................................................................................................. 7 Fett ............................................................................................................................. 7 Honig ........................................................................................................................... 7
Beuys Beziehung zum Tier - Beuys der Schamane Der Künstler Joseph Beuys wollte, mit seiner am Schamanen orientierten, mystischen Person, Zeichen für die Zukunft setzen. Laut Definition wird ein Schamane als Medizinmann und Zauberer angesehen, zu dessen religiösen und metaphysischen Aufgaben Krankenheilung, Rituale, Prophetie und soziale Regulierung gehören. Der Schamane besitzt materielle und spirituelle Kräfte und gilt als Vermittler zwischen den Menschen und der Welt der Götter. Einem Schamanen geht es darum, Dinge zu ergründen und erfahren, die nichts mit dem Rationalen oder der Vernunft zu tun haben. Joseph Beuys hatte durchaus Anküpfungspunkte an diese mystische Gestalt gefunden. Beuys äußerte sich: „Andere bezeichnen gewisse Elemente, wie auch mein Verhalten, meine Aktionen und viele Charaktere in den Zeichnungen als Schamanismus. Ich akzeptiere das ja sogar. Ich sage aber nur in dem Sinne, dass ich nicht durch den Schamanismus auf den Tod hinweise, sondern umgedreht: durch den Schamanismus weise ich auf den Todescharakter unserer Gegenwart hin. Ich weise aber zugleich darauf hin, dass der Todescharakter der Gegenwart in der Zukunft überwindbar ist.“ 1) Die Legenden, die sich um seine Person umgeben und erschaffen, beruhen zum Großteil auf der Geschichte seiner Rettung nach seinem Flugzeugabsturz im 2. Weltkrieg. Auch sein Äußeres hatte Erkennungswert. Zu seinen charakteristischen Kleidungsstücken zählten der Filzhut und die Anglerweste. Als Accessoires trug Beuys ein Hasenkiefer als Krawattennadel und Hasenköttelchen in der Brusttasche. Brigitte Marschall vergleicht den Hut mit einer Maske, dessen Träger eins wird mit dem Symbol. Die Bedeutung der Maske, deren Ursprung im Kult liegt, ist für den Träger von großer Bedeutung. Durch sie werden ihm religiöse Kräfte und Kräfte der Natur übertragen. 2) Joseph Beuys‘ Intention, die Kunstwelt und die Gesellschaft zu reformieren, sind auf depressive Erschöpfungszustände zurückzuführen, an denen der Künstler 1955 litt. Während seiner Krise wäre es ihm wie einem Schamanen gelungen, sich selbst zu heilen. Beuys verstand sich selbst nie als Heiler im direkten Sinne, sondern als Person, die ihre Mitmenschen mit Hilfe der Kunst zur Selbstheilung anregt. Kunst war für ihn Medizin, Therapie, er ging sogar soweit sie als Salbe oder Pille zu bezeich- nen. Von der Idee des Künstlers als Heiler distanzierten sich seine Künstlerkollegen im Nachkriegsdeutschland, da auch die Nationalsozialisten behaupteten, sie wollten Deutschland heilen. Beuys sagte: „Krankheiten sind fast immer auch geistige Krisen im Leben, wo alte Erfahrungen und Denkvorgänge abgestoßen beziehungsweise zu durchaus positiven Veränderungen umgeschmolzen werden.“ 3) Diesen Erneuerungsvorgang übertrug er auf die Kunst, auf die Gesellschaft, auf die Politik und auf sein Verständnis eines demokratischen Staates. Diese Denkvorgänge fasste er unter dem „Erweiterte Kunstbegriff“ zusammen. Seine Kunst sollte die althergebrachte Trennung zwischen Kunst, Leben und Politik aufheben. So stellte er die Gleichung auf: Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit. Dies besagt, dass der Mensch als kreatives Wesen auch ein freies Wesen ist. Das zentrale Anliegen von Beuys war die Erweiterung des tradtionellen Kunstbegriffs bis hin zu einer „anthropologischen Kunst“, in der der Mensch Mittel- und Ausgangspunkt ist. Die Wirkungsbereiche der Kunst wurden auf alle menschlichen Tätigkeitsbereiche ausgedehnt. Der traditionellen Kunst warf er vor, nur schöne Bilder produziert und bestenfalls aufklärerisch gewirkt, nicht aber auf die Gesellschaft unmittelbar eingewirkt zu haben. Er dagegen wollte Bewusstsein bilden, die Ideale „Demokratie, Geist, Solidarität“ verwirklichen und die Gesellschaft zu einem „Sozialen Organismus“ formen. Der Prozess des kreativen Denkens und politischen Handelns war wichtiger als das Herstellen des eigentlichen Kunstobjektes. Geheimnisvoll und eigenartig waren seine Werke. Er wollte alte Denkstrukturen aufbrechen, die er als zu einseitig und rational kritisierte. Mit der provokanten Veränderung der gewohnten Logik des Betrachters wollte er ihn zu Beobachtungen führen. Am Beispiel des Tieres vesuchte Beuys, eine künstlerische Strategie der Partizipation zu entwickeln. Er strebte danach, das Wesen und das Bewusstsein der Tiere mit dem der Menschen für seine Gesellschaftsutopie in Einklang zu bringen. Der materialistisch geprägte Mensch sollte Intuition und Imagination, Fähigkeiten, die er der Tierwelt zuschrieb, wieder gewinnen. Typisch für seine Arbeiten aus den Fünfzigerjahren waren Themenschwerpunkte wie Rationalismuskritik, Kristallformen, Kristallisationspro- 1) Beuys im Gespräch mit Heiner Bastian und Jeannot Simmen, in: Rotterdam 1979, S.32. Zur Thematik des Schamanismus bei Beuys vgl. u.a. Heller 1984; Goodrow 1991; Graevenitz 1991; Müller 1994; Kuspit 1995; Fischer-Lichte 2000; Krems 2008; Bochardt-Birbaumer 2010 2) 176 vgl. Brigitte Marschall und Martin Fichter: Theater nach dem Holocaust. Documentartheater, Popästhetik und Happening. Wien, 2006. S. 214. 3) Adriani, Götz; Konnertz, Winfried; Thomas, Karin: Joseph Beuys, Köln 1993. S.40. 1