JOSEPH BEUYS - Materialien
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I like America and America likes Me<br />
Kojote<br />
Der Kojote repräsentierte für Beuys ein Amerika, das noch<br />
ein unproblematisches Zusammenleben von Mensch und<br />
Tier kannte - das präkolumbianische. Bis die weißen Kolonisatoren<br />
die Indianer und den Kojoten aus ihrem Terrain<br />
vertrieben, war der Koyote Freund des Menschen. Der<br />
Kojote gehört zu einer in Nordamerika heimischen Hundeart,<br />
die einem Wolf ähnelt. Von den nordamerikanischen<br />
Ureinwohnern wird der Kojote als ein heiliges Tier verehrt<br />
und spielt im Schöpfungsmythos der Ureinwohner Nordamerikas<br />
eine aktive Rolle in der Entstehung der Welt.<br />
Beuys sagte „Da habe ich ein Tier genommen, das für die<br />
amerikanische Psyche eine große Rolle spielt, den Kojoten.<br />
Er steht als Repräsentant für die unbewältigte Vergangenheit<br />
des Mordes an den Indianern und wird von den Amerikanern<br />
heute noch gehasst“ 9) Der Kojote verkörperte nicht<br />
nur das Gute oder das Böse, sondern sowohl das Gute als<br />
auch das Böse. Er vereinigte alles in sich, er konnte alle<br />
Sprachen, er überwand alle Hindernisse. Wurde er in Zorn<br />
versetzt, brachte er Strafen und Krankheiten unter die<br />
Menschen. Mit rituellen Prozedoren konnte der Kojote allerdings<br />
beschwichtigt werden und befreite von Krankheit<br />
und Übeln. Mit diesem Status des Tieres zwischen Mythos<br />
und Realität arbeitete Beuys in seiner New Yorker Aktion.<br />
Der Kojote war für Beuys der Vertreter der Amerikaner<br />
und der einzige Berührungspunkt, den Beuys mit sich in<br />
Kontakt treten ließ. Der Kojote stand für die unterdrückte<br />
Seele, zugleich repräsentierte er das Natürliche, das<br />
Beuys an sich heranließ. Innerhalb der Performance trat<br />
das Tier sowohl als unkontrollierbarer Faktor, als ästhetisches<br />
Objekt oder als „vermenschlichtes Subjekt“ auf.<br />
9) Beuys in: Logo 1982, S.4<br />
10) Schneede, Uwe M.: Joseph Beuys. Die Aktionen, Bonn 1994. S.334<br />
Beuys ging es darum, „den Dialog des Menschen mit dem<br />
Naturreich wieder in Gang zu bringen. Es darf nicht nur<br />
eine Kommunikation zwischen den Menschen geben, sondern<br />
sie muß auch mit anderen Wesen stattfinden.“ 10) Er<br />
wollte den Menschen daran erinnern, dass er den natürlichen<br />
Bezug zur Welt verloren hat und den Umgang mit<br />
der Natur erneut erlernen muss. Um diese Erinnerung zu<br />
wecken, setzte er den schamanenhaften Charakter ein.<br />
Beuys und Amerika<br />
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges hatte in Europa die<br />
Rezeption der amerikanischen Künste eingesetzt. Zunächst<br />
war der Abstrakte Expressionismus im Vordergrund,<br />
anschließend hatte die Pop Art große Erfolge und<br />
Wirkungen in der Bundesrepublik Deutschland. Europäische<br />
Kunst fand hingegen in den Vereinigten Staaten<br />
kein Interesse mehr. Mit Beuys Erscheinen änderte sich<br />
allerdings die Situation. Joseph Beuys wurde zum Wegbereiter<br />
für eine intensive Aufnahme deutscher Kunst<br />
in den Vereinigten Staaten. Joseph Beuys wurde in den<br />
Siebziger Jahren mehrfach um Ausstellungen in Amerika<br />
gebeten. Er verweigerte sich lange, da er unter anderem<br />
nicht mit Kunstwerken im üblichen Sinn in den amerikanischen<br />
Kunstmarkt eintreten wollte. Andererseits hatte<br />
er nicht in den USA auftreten wollen, so lange das Land<br />
kriegerisch im Vietnam aktiv war. Ein Großteil der europäischen<br />
Intellektuellen hatte ein skeptisches Verhältnis<br />
zu den Vereinigten Staaten. Bei seinem ersten Besuch<br />
1974 ging es Beuys allein darum, mit der Erläuterung und<br />
Diskussion der Sozialen Plastik und von der notwendigen<br />
Erneuerung der Gesellschaft zunächst einmal gedanklich<br />
den Boden zu bereiten.<br />
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