Kursmanipulation - Bullshit mit Bildchen.pdf - Universität Konstanz
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So was weckt immer auch die Gier<br />
der Leser, die den Börsentipps glauben,<br />
weil die Euphorie schließlich nicht nur<br />
in „Focus Money“ verbreitet wurde, sondern<br />
auch vom „Aktionär“, von „Performaxx“,<br />
Wallstreet-Online und dem<br />
„Small Cap Trader“, ebenso wie im „International<br />
Stock Picker“, im „Traders<br />
Journal“ und im „Aktieninvestor“, in<br />
„Swiss Trading“ oder wie die Börsenbriefe<br />
und Publikationen sonst noch alle heißen,<br />
die ihren Lesern das schnelle Geld<br />
versprechen.<br />
MARKUS STRAUB<br />
war bis 2008 Vizechef der SdK<br />
und sitzt seit kurzem in U-Haft.<br />
Eines der Blättchen mag ja irren, aber<br />
so viele? Also steigt der Kurs der bejubelten<br />
Papiere – für Bosler und seine<br />
Freunde der richtige Moment, ihre zuvor<br />
günstig erworbenen Papiere teuer zu verkaufen,<br />
bis irgendwann klar wird, wie wenig<br />
Substanz sich hinter den gefeierten<br />
Firmen verbirgt. Oft stürzt der Kurs dar -<br />
aufhin ins Bodenlose. Die Zockerkumpel<br />
sind da schon längst weitergezogen.<br />
Sie sind auch die Einzigen, die rechtzeitig<br />
satten Gewinn einstreichen konn-<br />
SAHM / LAIF<br />
TOBIAS BOSLER<br />
führt eine Investmentfirma und soll<br />
das Zockernetz gesponnen haben.<br />
ten: Im Schnitt 34 Prozent auf ihr ein -<br />
gesetztes Kapital, meist innerhalb weniger<br />
Tage oder Wochen, glauben die Er<strong>mit</strong>tler.<br />
Wie so ein Deal funktioniert, sieht man<br />
am Fall von Rubincon Ventures, einer<br />
kleinen Nanotech-Firma aus den USA, in<br />
deren Zukunft kaum jemand investierte.<br />
Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass zumindest<br />
Fiebach bis März 2006 Aktien<br />
von Rubincon gekauft hat. Der Kurs<br />
stand damals bei etwa einem Euro. Dann<br />
dreht sich das Empfehlungskarussell.<br />
ROBERT BURSCHIK<br />
ist Chef eines Börsenbriefs und<br />
selbst Teil der Clique.<br />
Der „International Stock Picker“ (ISP),<br />
ein von Stefan Fiebach herausgegebener<br />
Börsenbrief, preist sich selbst als „Aktien-<br />
Wegweiser“ an: „Wir entdecken unterbewertete<br />
Aktien meist sehr viel früher als<br />
andere Börsenbriefe.“ Am 28. März 2006<br />
feiert er Rubincon als die „Nano-Tech Aktie<br />
2006“.<br />
Einen Tag später erscheint auch „Focus<br />
Money“. Dort feiert Boslers Freund Janich<br />
die Firma als „Hot Stock“. Zwar sei<br />
von Rubincon „kaum etwas bekannt“,<br />
MARC-STEFFEN UNGER<br />
doch vor kurzem hätten Investoren fünf<br />
Millionen Dollar in die Firma gesteckt<br />
und einen führenden Nanotech-Experten<br />
als Berater gewonnen. Janich hält diese<br />
Meldungen für „pures Dyna<strong>mit</strong>“ und<br />
schwärmt: Nach oben sei „der Himmel<br />
naturgemäß offen“, und „Nano-Firmen<br />
werden in der Regel <strong>mit</strong> mehreren hundert<br />
Millionen Euro bewertet“.<br />
Drei Wochen später folgt der „Aktieninvestor“,<br />
ein Börsenbrief, für den Robert<br />
Burschik als Chefredakteur verantwortlich<br />
ist. Burschik lässt sich auf seiner eigenen<br />
Homepage als „bekannt aus n-tv,<br />
3sat-Börse und N24“ feiern. Auch er gehört<br />
zum Kreis der Bosler-Buddys, auch<br />
er war zu dessen Hochzeit und zu Boslers<br />
Sommerfest 2007 eingeladen.<br />
Burschiks „Aktieninvestor“ sieht die<br />
Winzfirma Rubincon schon zu einem<br />
„Nanotechnologie-Konzern“ aufsteigen.<br />
Obwohl die Aktie bereits teurer geworden<br />
sei, biete „das aktuelle Kursniveau<br />
noch eine interessante Einstiegschance“.<br />
Der Journalist Fiebach gab neben dem<br />
„International Stock Picker“ auch den Börsenbrief<br />
„Small Cap Scout“ („SCS“) her -<br />
aus, der die US-Firma am 20. Juni 2006<br />
ebenfalls empfiehlt. Einen Monat später<br />
rät auch „Performaxx“ zum Kauf.<br />
Könnten die gemeinsamen Empfehlungen<br />
auch Zufall sein, weil viele Experten<br />
eben zur gleichen Zeit zu einem gleichen<br />
Urteil kommen? Möglich wäre das schon.<br />
Im Fall der Bosler-Clique deutet aber zu<br />
vieles auf gezielte Absprachen hin.<br />
Auf Boslers Laptop etwa fanden Er<strong>mit</strong>tler<br />
eine detaillierte Planung der Positivartikel<br />
unter Nennung aller Beteiligten.<br />
Dabei ging es um eine kleine Ölfirma namens<br />
Petro hunter, die von der Clique<br />
ebenfalls hochgeschrieben wurde.<br />
In einer E-Mail vom 26. April 2006<br />
schreibt Bosler: „Denkt daran: Das Teil<br />
kann locker über 10 USD (US-Dollar –Red.)<br />
gehen, wir müssen da alle nur an einem<br />
Strang ziehen!!!“ Wenige Tage später<br />
schreibt er erneut eine E-Mail an die beteiligten<br />
Journalisten: „Ziel ist eine kontinuierliche<br />
Berichterstattung zu dieser<br />
Traumaktie aufzubauen.“<br />
Eine besonders verräterische E-Mail<br />
schreibt nach den Er<strong>mit</strong>tlungen der Journalist<br />
Fiebach am 23. November 2006 an<br />
Bosler. Darin beklagt er sich, noch immer<br />
kein Geld für die „Projekte Rubincon und<br />
Solarenertech“ erhalten zu haben. „Wir<br />
haben im SCS 14 Abhandlungen über Rubincon<br />
ab Mitte März gemacht. (…) Da<strong>mit</strong><br />
gilt für mich die Arbeitsleistung als erbracht.<br />
Wenn hier Deine Geschäftspartner<br />
meinen, nicht gut bedient worden zu sein,<br />
dann empfinde ich das als Frechheit. (…)<br />
Dein Geschäftsprinzip ist es ja gerade, alles<br />
schön anonym zu halten.“ Und weiter jammert<br />
er: „Es sind Millionen von Aktien<br />
von Rubincon über die letzten Monate verkauft<br />
worden. Es sind Promo-Touren gemacht<br />
worden, die ich bezahlt habe. Ich<br />
DER SPIEGEL 46/2010 91