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Kursmanipulation - Bullshit mit Bildchen.pdf - Universität Konstanz

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vorbei, allerdings nur als Gast, wie er betont,<br />

und ohne Honorar. Müller, bekannt<br />

als „Mr. Dax“, gibt inzwischen selbst einen<br />

Börsenbrief namens „Cashkurs<br />

Trends“ heraus. Als Redakteur findet sich<br />

im Impressum Daniel K., der nach Erkenntnissen<br />

der Staatsanwaltschaft ebenfalls<br />

zum Netz gehört. Auch er war zu<br />

Boslers Hochzeit eingeladen, auch er soll<br />

in fünf Fällen im „Traders Journal“ und<br />

„Betafaktor“ für die Aktien getrommelt<br />

haben.<br />

K. bestreitet eine Beteiligung, niemals<br />

habe er für seine Aktientipps Geld<br />

von Bosler erhalten. Auch Dirk Müller<br />

beteuert, <strong>mit</strong> der Truppe nichts am Hut<br />

zu haben. Er ärgere sich inzwischen<br />

selbst, die Einladung nach Kitzbühel angenommen<br />

zu haben, und sagt, es störe<br />

ihn seit Jahren, wie Börsenjournalisten<br />

bestimmte Aktien hochschrieben, ohne<br />

dass klar sei, weshalb sie das täten. Wenn<br />

stimmt, was der Bosler-Clique vorgeworfen<br />

wird, sei das eine „Schweinerei“, die<br />

die „Investitionskultur kaputtmacht“.<br />

Mr. Dax kann sich da richtig echauffieren:<br />

„Die normalen Leute werden nicht<br />

mehr an die Börse gehen, sie werden keine<br />

Aktien mehr kaufen und sich am Ende<br />

<strong>mit</strong> den paar Prozent zufriedengeben, die<br />

es aufs Sparbuch gibt. Das ist doch das<br />

Schlimmste, was passieren kann.“<br />

Und was sagen die anderen? Die Anwälte<br />

von Bosler und Fiebach beantworten<br />

<strong>mit</strong> Hinweis auf das laufende Er<strong>mit</strong>tlungsverfahren<br />

keine Fragen. Öfele und<br />

Burschik wollen derzeit keine Angaben<br />

machen. André Kolbinger will sich nicht<br />

zu Details äußern, geht aber davon aus,<br />

dass „kein Fehlverhalten von Organen<br />

und Mitarbeitern der Wallstreet-Online<br />

AG vorliegt“. „Der Aktionär“ teilt <strong>mit</strong>,<br />

der beschuldigte Mitarbeiter habe eidesstattlich<br />

versichert, „dass er <strong>mit</strong> der Angelegenheit<br />

nichts zu tun habe“.<br />

Oliver Janich antwortet per E-Mail, er<br />

habe „niemals Aktien in ,Focus Money‘<br />

empfohlen, von denen ich wusste, dass<br />

Herr Bosler sie besitzt“. Zur Frage, ob er<br />

für seine Empfehlungen Geld erhalten<br />

habe, schreibt er: „Der Vorwurf ist absurd<br />

(...). Ich empfehle Aktien nicht, weil ich<br />

von irgendjemand Hinweise bekomme,<br />

sondern recherchiere selbst.“ Der Anwalt<br />

von Markus Straub und Stefan Kallabis<br />

reagierten nicht auf die Fragen des<br />

SPIEGEL.<br />

Janich pflegt heute als Vorsitzender<br />

der „Partei der Vernunft“ ganz andere<br />

Verschwörungstheorien. Völlig frei von<br />

Selbstironie hat er vor wenigen Wochen<br />

ein Buch vorgelegt <strong>mit</strong> dem Titel: „Das<br />

Kapitalismus-Komplott. Die geheimen<br />

Zirkel der Macht und ihre Methoden“.<br />

Sein eigenes Spezl-Netz hätte wunderbar<br />

hineingepasst. Doch in diesem Buch<br />

sucht man es vergebens.<br />

D D , M G ,<br />

C P<br />

94<br />

Wirtschaft<br />

ROHSTOFFE<br />

Wettlauf der Trüffelschweine<br />

China verknappt das Angebot wichtiger Industriemetalle.<br />

Kleinen Minenfirmen eröffnen sich dadurch<br />

ungeahnte Chancen – wenn sie denn jemals fündig werden.<br />

In der nordkanadischen Wildnis, nahe<br />

dem Großen Sklavensee, liegt ein<br />

Landstrich, den die Ureinwohner Nechalacho<br />

nennen. Vor fünf Jahren hat der<br />

Geologe Don Bubar hier für sein Unternehmen<br />

Avalon ein Areal von rund 4000<br />

Hektar gekauft, damals zahlte er 300000<br />

Dollar. „In einigen Jahren“, hofft er,<br />

„wird Nechalacho Milliarden wert sein.“<br />

Tief im Boden vermutet der Kanadier<br />

große Mengen sogenannter Seltener<br />

Erden, einer Gruppe von 17 Metallen<br />

<strong>mit</strong> seltsam klingenden Namen wie Ytter -<br />

bium, Praseodym oder Dysprosium.<br />

Manche sind unentbehrlich für die Herstellung<br />

von Hightech-Produkten wie<br />

Windturbinen, Flachbildschirmen oder<br />

Mobiltelefonen.<br />

Bislang deckte China 97 Prozent der<br />

Weltproduktion an diesen Elementen.<br />

Doch neuerdings drosselt die Volksrepublik<br />

die Ausfuhr der begehrten Ware drastisch,<br />

zuletzt um 40 Prozent: ein Schock<br />

für alle Abnehmer in den Industriestaaten,<br />

ein Glücksfall für Unternehmer wie<br />

Bubar.<br />

Problemlos konnte der Avalon-Chef<br />

kürzlich für die Finanzierung weiterer<br />

Bohrungen rund 43 Millionen Dollar am<br />

Kapitalmarkt aufnehmen. Die Geldgeber<br />

vermochten zwar die Namen der Metalle<br />

kaum auszusprechen, lästert er, aber <strong>mit</strong>t-<br />

Hightech-Produkt Mobiltelefon: Schock für alle Abnehmer<br />

46/2010<br />

lerweile wüssten sie zumindest genau,<br />

wie wichtig die Stoffe sind. Nach den chinesischen<br />

Drohungen hätten sie ihm<br />

förmlich die Türen eingerannt, erzählt<br />

Bubar: „Der Markt ist durchgedreht.“<br />

Überall auf der Welt gehen nun kleine<br />

Minengesellschaften auf die Suche nach<br />

Seltenen Erden und anderen speziellen<br />

Industriemetallen wie Lithium, Indium<br />

oder Gallium. Juniors werden die Gründer -<br />

firmen genannt, sie besitzen meist nicht<br />

mehr als ein Stück Land und eine Handvoll<br />

geologischer Gutachten. Die wenigsten<br />

werden jemals Erfolge melden können.<br />

Nur jeder 20. Junior, so lautet eine<br />

Schätzung, schafft es bis zur Produktionsreife,<br />

allen anderen geht vorher die Luft<br />

aus: Juniors sind gleichsam die Trüffelschweine<br />

im Rohstoffgeschäft. Das Geld<br />

kommt von verwegenen Finanziers, derzeit<br />

stürzen sie sich auf beinahe jedes Unternehmen,<br />

das „Rare Earth“, also „Seltene<br />

Erden“, im Namen trägt.<br />

Ihre Notierungen sind in die Höhe geschossen,<br />

seit China den Nachschub stark<br />

eingeschränkt hat. Viele von ihnen sind<br />

in einem eigenen Sektor der Toronto<br />

Stock Exchange gelistet, der TSXV, das<br />

„V“ steht für „Venture“, zu Deutsch „Wagnis“.<br />

Im Vergleich zu dieser Glücksritter-<br />

Börse ist jedes Spielcasino ein Mau-Mau<br />

spielender Seniorenclub.<br />

BJOERN GOETTLICHER / VISUM

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