Veränderte Haltungen in der Kinder- und Jugendhilfe durch ...
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schläge – <strong>und</strong> berichten dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten<br />
Sitzung, wie schwer es z. T. war, die eigenen<br />
Vorsätze auch umzusetzen.<br />
Damit bildet sich e<strong>in</strong> isomorpher Prozess ab:<br />
Die TeilnehmerInnen fühlen den Prozess <strong>der</strong><br />
Verän<strong>der</strong>ung nach, den ihre KlientInnen<br />
<strong>durch</strong>leben. Hatten sie zuvor oftmals schnell<br />
Ratschläge für die Klienten an <strong>der</strong> Hand, s<strong>in</strong>d<br />
sie nun <strong>durch</strong> die neue Prozesserfahrung umsichtiger<br />
geworden. Sie empf<strong>in</strong>den, dass e<strong>in</strong>e<br />
problemorientierte Begleitung eher das Erleben<br />
<strong>der</strong> Inkompetenz för<strong>der</strong>t <strong>und</strong> den erwünschten<br />
Statusübergang zur Kompetenz<br />
blockiert. Ihnen wird bewusst, dass sie sich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Übergangsprozess bef<strong>in</strong>den – von <strong>der</strong><br />
»Problemtrance« <strong>in</strong> e<strong>in</strong> »Lösungssystem«<br />
(Schmidt, <strong>in</strong>: Dör<strong>in</strong>g-Meijer, 1999, S. 79/80).<br />
Dieser im Gr<strong>und</strong>e nicht genau planbare Prozess<br />
des Statusübergangs (Abbildung 3) ist<br />
dabei gekennzeichnet von e<strong>in</strong>em wechselnden<br />
Auf <strong>und</strong> Ab, vom Experimentieren <strong>durch</strong><br />
»Versuch <strong>und</strong> Irrtum« (Michael Durrant,<br />
1996, S. 44).<br />
Die FortbildungsteilnehmerInnen haben<br />
<strong>durch</strong> dieses »System-Erleben« Selbstverän<strong>der</strong>ung<br />
erfahren. Durch Empathie reflektieren<br />
sie ihre Vergabe von Bedeutung aus e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />
Perspektive. Durch Rollenübernahme<br />
wird ihre Gefühlsorganisation umstrukturiert,<br />
was je nach Intensität weiter anhalten kann.<br />
Es gibt allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e zwangsläufige Kausalität,<br />
dass alle praktischen Rollenspiele E<strong>in</strong>fluss<br />
auf die Gefühlsorganisation nehmen.<br />
Nach Gerhard Roth (2004) haben wir Men-<br />
Abb. 3: Statusübergang (Quelle: Volkmar Abt)<br />
<strong>Verän<strong>der</strong>te</strong> <strong>Haltungen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
schen nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> unsere<br />
Gr<strong>und</strong>strukturen <strong>und</strong> tatsächlichen Antriebe<br />
unseres Handelns. Wir überschätzen schlicht<br />
die subjektive Steuerungskapazität bzw. die<br />
Rolle des sprachlich-bewussten Ichs. Aus dieser<br />
Annahme heraus ist e<strong>in</strong>e Umstrukturierung<br />
<strong>der</strong> Organisation von Gefühlen wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
weniger e<strong>in</strong> willentlicher Steuerungsprozess<br />
denn vielmehr e<strong>in</strong> unbewusst<br />
selbst organisiertes Lernen.<br />
E<strong>in</strong> notwendiger Erkenntnisgew<strong>in</strong>n läge für<br />
e<strong>in</strong>e Fachkraft dar<strong>in</strong>, die Begrenztheit des<br />
subjektiven Erkennens <strong>und</strong> Steuerns anzuerkennen.<br />
Diese Erkenntnisse haben FortbildungsteilnehmerInnen<br />
<strong>in</strong> Bezug auf die KlientInnen<br />
gewonnen: »Me<strong>in</strong> <strong>in</strong>neres Erleben ist<br />
nicht ihr <strong>in</strong>neres Erleben«, »Me<strong>in</strong>e Wirklichkeit<br />
ist nicht ihre Wirklichkeit«. Durch das Anerkennen<br />
<strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> eigenen Wahrnehmung<br />
entdecken sie die subjektive Realität<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Akteure (obwohl sie davon<br />
schon vorher wussten).<br />
Umdeuten von Gefühlen<br />
Die TeilnehmerInnen erleben diese Entdeckung<br />
<strong>der</strong> Wirklichkeit des An<strong>der</strong>en als tiefgründigen<br />
Ausdruck von Gefühlen. Formal ist<br />
dieser Erkenntnisgew<strong>in</strong>n nicht zu vermitteln.<br />
E<strong>in</strong> Umdeuten von Gefühlen lässt die Chance<br />
wachsen, neue o<strong>der</strong> ungeahnte Interpretationen<br />
von Situationen zu f<strong>in</strong>den.<br />
So überrascht es nicht, dass e<strong>in</strong> solcher Lernprozess<br />
auch e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das Erleben<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> 43 6/2005 289