Vortrag Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig ( PDF , 14 - Barmer GEK
Vortrag Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig ( PDF , 14 - Barmer GEK
Vortrag Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig ( PDF , 14 - Barmer GEK
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Arzneimittelbewertung, Arzneimittelversorgung und Finanzierung der Arzneimitteltherapie<br />
6.7.2010<br />
Abstract<br />
Versorgungsrelevante Kriterien für die Bewertung neuer Arzneimittel:<br />
Sichtweise der Arzneimittelkommission der deutschen<br />
Ärzteschaft<br />
<strong>Wolf</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Ludwig</strong><br />
Angesichts deutlich gestiegener Arzneimittelausgaben (2009: 32,4 Mrd. Euro ohne<br />
Kosten für Impfstoffe) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), des weltweit<br />
zu beobachtenden Rückgangs bei der Zulassung neuer Wirkstoffe mit eindeutig<br />
belegtem therapeutischen Zusatznutzen und des Einflusses der pharmazeutischen<br />
Industrie auf das ärztliche Verordnungsverhalten von neuen Wirkstoffen werden<br />
wirksame Instrumente dringend benötigt, die eine qualitativ hochwertige Versorgung<br />
mit neuen Arzneimitteln garantieren, dabei jedoch bei Spezialpräparaten (z.B. zur<br />
Behandlung von Tumor- und rheumatologischen Erkrankungen, bei HIV-Infektionen<br />
sowie in der Transplantationsmedizin) Aspekte des (Zusatz-)Nutzens neuer Arzneimittel<br />
adäquat berücksichtigen.<br />
Der von der Bundesregierung am 29. Juni 2010 verabschiedete „Entwurf des<br />
Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes“ (AMNOG) sieht vor, dass der<br />
Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Nutzen von erstattungsfähigen<br />
Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen bewertet (SGB V, § 35a) und der<br />
pharmazeutische Unternehmer für diese Nutzenbewertung Nachweise zum<br />
medizinischen Nutzen sowie zum medizinischen Zusatznutzen im Verhältnis zur<br />
zweckmäßigen Vergleichstherapie dem G-BA liefert. Dabei wurde nicht beachtet,<br />
dass zum Zeitpunkt der Zulassung, insbesondere bei den o.g. kostenintensiven<br />
Spezialpräparaten, eine Bewertung des medizinischen Nutzens bzw. Zusatznutzens<br />
anhand der vorliegenden Ergebnisse aus den Zulassungsstudien häufig nicht<br />
möglich sein wird, da valide Daten zur Wirksamkeit neuer Wirkstoffe im Vergleich zu<br />
etablierten medikamentösen Therapiestrategien in nur knapp 50 % den europäischen<br />
(European Medicines Agency, EMA) bzw. nordamerikanischen (Food and <strong>Dr</strong>ug<br />
Administration, FDA) Zulassungsbehörden vorliegen [1].<br />
Medizinkongress der BARMER <strong>GEK</strong> und des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen<br />
1
Arzneimittelbewertung, Arzneimittelversorgung und Finanzierung der Arzneimitteltherapie<br />
6.7.2010<br />
Ausgehend von der „ISDB-Declaration on Therapeutic Advance in the Use of Medicines“<br />
[2] wird sich dieses Referat mit heute in Europa verwendeten Kriterien für die<br />
Bewertung des therapeutischen Nutzens neuer Arzneimittel beschäftigen und dabei<br />
auch auf die unterschiedlichen Innovationsgrade neuer Wirkstoffe eingehen. Am<br />
Beispiel neuer Wirkstoffe in der Onkologie wird auf das 2008 begonnene Projekt der<br />
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) „Neue Arzneimittel“<br />
eingegangen, welches das Ziel verfolgt, ÄrztInnen zeitnah nach Zulassung und vor<br />
Verbreitung im Markt Informationen zu neuen Wirkstoffen/Indikationen zur Verfügung<br />
zu stellen und dadurch eine unabhängige Bewertung neuer Arzneimittel zu ermöglichen.<br />
Der als Grundlage dieser Information herangezogene europäische behördliche<br />
Bewertungsbericht (European Public Assessment Report, EPAR) gilt heute als<br />
unabhängige und verlässliche Information über die – häufig unveröffentlichten –<br />
Ergebnisse klinischer Studien, die bei der Entscheidung über die Zulassung und<br />
Bewertung des „risk-benefit ratio“ berücksichtigt wurden. Darüber hinaus liefert der<br />
über das Internet kostenlos zugängliche EPAR auch Informationen über präklinische<br />
Studien, die zu dem neuen Arzneimittel durchgeführt wurden. Neben dem EPAR<br />
gelten heute so genannte „Horizon-Scanning-Systeme“ zur Früherkennung und<br />
-bewertung von neuen medikamentösen Therapiekonzepten und unabhängige<br />
ISDB-Zeitschriften als wichtige, unabhängige sekundäre Informationsquellen, die<br />
frühzeitig nach Zulassung neuer Arzneimittel deren therapeutischen Stellenwert im<br />
Vergleich zu den verfügbaren medikamentösen Alternativen bzw. nicht-medikamentösen<br />
Therapiestrategien bewerten. Am Beispiel der vom französischen unabhängigen<br />
ISDB-Informationsblatt „Revue Prescrire“ seit vielen Jahren vorgenommenen<br />
Bewertung neuer Arzneimittel werden Kriterien und deren Vor- bzw. Nachteile<br />
diskutiert und die Ergebnisse der im Jahr 2009 beurteilten neuen Wirkstoffe bzw.<br />
Indikationen kurz vorgestellt [3].<br />
Literatur<br />
1. Eichler HG, Bloechl-Daum B, Abadie E et al.: Relative efficacy of drugs: an emerging issue<br />
between regulatory agencies and third-party players. Nat Rev <strong>Dr</strong>ug Discov 2010; 9: 277-91.<br />
2. International Society of <strong>Dr</strong>ug Bulletins: ISDB Declaration on Therapeutic Advance, Paris,<br />
16.11.2001.<br />
3. Anonym: A look back at 2009: one step forward, two steps back. Rev Prescrire 2010; 30:136-42.<br />
Kontakt: <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Wolf</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Ludwig</strong>, Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert-<br />
Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, wolf-dieter.ludwig@akdae.de<br />
Medizinkongress der BARMER <strong>GEK</strong> und des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen<br />
2