Präsentation von Dr. Iris Hauth - Barmer GEK
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Medizinkongress der <strong>Barmer</strong> <strong>GEK</strong><br />
und des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)<br />
der Universität Bremen 28.06.2011<br />
Abhängigkeitserkrankungen – ein Spiegel individueller<br />
Probleme in unserer Gesellschaft?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Iris</strong> <strong>Hauth</strong>
Zentrum<br />
für Neurologie, Psychiatrie,<br />
Psychotherapie und Psychosomatik
1. Daten und Zahlen<br />
2. Genese der Abhängigkeitserkrankungen<br />
3. Behandlung<br />
4. Suchthilfesystem<br />
5. Frühdiagnostik und Prävention<br />
6. Gesellschaftliche Begleitung<br />
3<br />
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4<br />
Einleitung<br />
Abhängigkeitserkrankungen und ihre Auswirkungen sind nicht<br />
nur aus medizinischer sondern auch aus gesellschaftspolitischer<br />
Sicht ein hochaktuelles Thema.<br />
Stoffgebundene genau wie nicht stoffgebundene und verhaltensbezogene<br />
Verhaltenerkrankungen erlangen zunehmend mediale<br />
Aufmerksamkeit. Sie werden als Spiegel einer sich verändernden<br />
Gesellschaft gesehen.<br />
Verbesserung <strong>von</strong> Prävention und Versorgung?<br />
29.06.2011
Der Konsum psychoaktiver Substanzen stellt einen der<br />
wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren für Krankheit u.<br />
Sterblichkeit dar.<br />
Tabak- u. Alkoholkonsum verursachen 3,7 bzw. 4,4% aller durch<br />
Krankheit verlorener Lebensjahre<br />
Gesundheitspolitisches Ziel: Konsum auf individueller u.<br />
gesellschaftlicher Ebene verhindern oder reduzieren<br />
Prävention, Frühintervention, Behandlung<br />
5<br />
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6<br />
1. Daten und Zahlen<br />
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7<br />
• 16 Millionen Menschen rauchen<br />
• 1,3 Millionen Menschen sind alkoholabhängig<br />
• 1,4 Millionen Menschen sind medikamentenabhängig<br />
• 600.000 Menschen weisen problematischen Cannabiskonsum<br />
auf 200.000 Menschen konsumieren illegale <strong>Dr</strong>ogen<br />
• 600.000 Menschen gelten als glücksspielsüchtig<br />
• 1,6 – 8,2 % abhängige Internetnutzer<br />
<strong>Dr</strong>ogen- und Suchtbericht der <strong>Dr</strong>ogenbeauftragten der Bundesregierung Mai 2011<br />
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8<br />
Alkohol<br />
• 9,5 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol<br />
in riskanter Form<br />
• 1,3 Millionen gelten als alkoholabhängig<br />
• 73.000 Menschen sterben an den Folgen des Alkoholmissbrauchs<br />
• Psychische oder verhaltensbezogene Störungen durch<br />
Alkohol: 333.800 Behandlungsfälle aller Hauptdiagnosen der<br />
Krankenhausstatistik 2008 - dritthäufigste Einzeldiagnose<br />
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9<br />
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10<br />
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11<br />
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Alkohol<br />
• Insgesamt rückläufiger Trend des Pro-Kopf-Konsums seit 1975<br />
(Papst, Kraus 2008)<br />
• Zunahme der Abstinenzrate und Abnahme <strong>von</strong> Personen mit<br />
hohem Konsum<br />
• Gleichzeitig Zuwachs an Rauschtrinkern in bestimmten<br />
Altersgruppen<br />
12<br />
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13<br />
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Binge <strong>Dr</strong>inking<br />
14<br />
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15<br />
Binge <strong>Dr</strong>inking<br />
• Rauschtrinken (Konsum <strong>von</strong> mindestens 5 alkoholischen<br />
Getränken bei einer Gelegenheit) weiterhin hoch, ca. 16,7 %<br />
• Anstieg der alkoholbedingten Krankenhauseinweisungen: 2009<br />
rund 26.400 Kinder und Jugendliche wegen akuter<br />
Alkoholvergiftung stationär<br />
• 2000 waren es 9500!<br />
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Bei den 10 bis 15 Jährigen Rauschtrinkern stellen<br />
Mädchen des größten Anteil (52%)<br />
16<br />
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Volkswirtschaftliche Kosten<br />
• 2002: 24,4 Mrd. € - 2007: 26,7 Mrd. €<br />
• Direkte Kosten 2007: 10,0 Mrd. € - 36 % ambulant, 27 %<br />
stationäre Behandlungen, 19 % Sachschäden und<br />
Verkehrsunfälle, 18 % z. B. Rettungsdienste etc.<br />
• Indirekte Kosten 2007: 16,7 Mrd. € - 69 % Ausfall der<br />
Arbeitsleistung, 20 % Frühberentung, 10 % Arbeits- und<br />
Erwerbsunfähigkeit<br />
17<br />
Quelle: Knopka, König 2007<br />
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Tabak<br />
• 110.000 Menschen sterben werden jeden Jahr in Deutschland (13 %<br />
aller Todesfälle) an den direkten Folgen des Rauchens<br />
• Volkswirtschaftlicher Schaden 21 Milliarden €<br />
• Ca. 40 % der Krankheitskosten sind auf tabakbedingte<br />
Krebserkrankungen zurückzuführen<br />
• Der Tabakkonsum der Erwachsene sank in den vergangenen Jahren<br />
auf einen Anteil <strong>von</strong> 30,1 %<br />
• Konsum bei Jugendlichen zwischen 12 und 14 rückläufig (13 %),<br />
niedrigster Stand seit 30 Jahren<br />
Präventionsmaßnahmen<br />
Bewusstseinswandel in der Gesellschaft zum Nichtrauchen<br />
18<br />
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19<br />
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20<br />
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21<br />
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22<br />
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Psychotrope Medikamente<br />
• 4 – 5 % aller verordneten Arzneimittel besitzen eigenes<br />
Suchtpotential, z. B. Schlafmittel, Tranquilizer vom Benzodiazepin- und<br />
Barbituratsäuretyp, zentralwirkende Schmerzmittel, kodeinhaltige<br />
Medikamente oder Psychostimulantien<br />
• Schätzungsweise 1/3 bis ½ werden langfristig zur Suchterhaltung und<br />
Vermeidung <strong>von</strong> Entzugserscheinungen verordnet<br />
23<br />
Hoffmann, Gläske 2006<br />
• Prävalenz der Medikamentenabhängigkeit: ca.<br />
1,4 – 1,5 Mio Menschen<br />
• 1,1 – 1,2 Mio <strong>von</strong> Benzodiazepinderivaten, 300.000 – 400.000 <strong>von</strong><br />
anderen Arzneimitteln<br />
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24<br />
Medikamentenabhängigkeit<br />
• Ältere Menschen und Frauen mehr betroffen<br />
• In der medizinischen Versorgung bislang unzureichend<br />
erkannt und behandelt<br />
• Ärzte und Apotheker tragen besondere Verantwortung<br />
bei indikations- und dauergerechter <strong>von</strong> Medikamentenverordnung<br />
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25<br />
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2. Genese der Abhängigkeitserkrankungen<br />
26<br />
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Am Beispiel der Alkoholabhängigkeit
Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung<br />
28<br />
Umweltfaktoren<br />
Verfügbarkeit, soziale Normen<br />
Prädisposition/ Vulnerabilität<br />
Genetik, Neurobiologie, Modellernen, Persönlichkeit, kognitive Faktoren<br />
Auslösende Bedingungen<br />
Belastung/Stress, psychische Erkrankung, sozialer <strong>Dr</strong>uck, kritische<br />
Lebensereignisse<br />
Aufrechterhaltende Bedingungen<br />
Kognitive Verzerrungen, Psychopathologie, Persönlichkeit<br />
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Neurobiologie des „abhängigen“ Gehirns<br />
29<br />
Fowler et al. (2007)<br />
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Alkohol beeinflusst verschiedenste<br />
Neurotransmittersysteme und verursacht<br />
Toleranzentwicklung und Sensitivierung<br />
30<br />
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Disponierende Faktoren<br />
Verminderte Empfindlichkeit gegenüber den negativen<br />
Wirkungen des Alkohols = GABAerg-serotonerge<br />
Dysfunktion?<br />
(Heinz et al., 1998; Schuckit et al., 1999)<br />
Erhöhte angenehme Wirkungen des Alkoholkonsums durch<br />
erhöhte mu-Opiatrezeptoren?<br />
(Cowen & Lawrence, 1999)<br />
31<br />
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53<br />
Alkoholabhängigkeit<br />
32<br />
L-Tyrosin<br />
Dopamin<br />
COMT<br />
MAO<br />
MAO<br />
DOPA<br />
3-Methoxytyrumin<br />
DA<br />
Transporter<br />
COMT<br />
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Aufrechterhaltung der<br />
Alkoholabhängigkeit
55<br />
34<br />
Kortikale Dysfunktion und Enthemmung der dopaminergen<br />
Neurotransmission<br />
Carlsson et al., 1999<br />
Heinz et al., 1999<br />
Kegeles et al., 2000<br />
Urheber: Prof. Heinz<br />
VTA/<br />
Substantia nigra<br />
(DA)<br />
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Entzugssymptomatik
36 Urheber: Prof. Heinz<br />
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37<br />
Craving und reduzierte<br />
Kontrolle<br />
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38<br />
Urheber: Prof. Heinz<br />
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Suchtgedächtnis<br />
39<br />
„Suchtgedächtnis“<br />
Erinnerung an die positive Wirkung des Suchtmittels<br />
Klassische Konditionierung<br />
drogenassoziierte Reize (assoziatives Lernen)<br />
Operante Konditionierung<br />
verhaltensverstärkendes dopaminerges Belohnungssystem<br />
Neuroadaptation<br />
Sensitivität für belohnungsanzeigende Reize<br />
Ziel des (süchtigen) Verhaltens: Herstellung der körpereigenen<br />
Homöostase – zielgerichtetes motivationales Handeln<br />
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Korrelate des Suchtgedächtnis im fMRI<br />
40<br />
PG Kontrollen Vergleich<br />
Crockford et al. (2005)<br />
Reizinduzierte<br />
Aktivierung des rechtshemisphärischen<br />
dorsolateralen<br />
präfrontalen Kortex und<br />
parahippocampaler<br />
Regionen<br />
Aktivierung des<br />
Suchtgedächtnisses<br />
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Korrelate des Suchtgedächtnis im fMRI<br />
41<br />
Ko et al. (2008)<br />
Reizinduzierte<br />
Aktivierung des<br />
rechten orbitofrontalen<br />
und dorsolateralen<br />
präfrontalen Cortex,<br />
N. accumbens<br />
Aktivierung<br />
Belohnungssystems und<br />
Suchtgedächtnisses<br />
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42<br />
Aktivierung des dorsolateralen PFC bei<br />
komplexer Stimulation<br />
Normal Fehlend<br />
Braus et al., 2003<br />
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43 Urheber: Prof. Heinz<br />
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Korrelate des Suchtgedächtnisses im EEG<br />
44<br />
Mörsen et al. (in press)<br />
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45 Urheber: Prof. Heinz<br />
29.06.2011
46 Urheber: Prof. Heinz<br />
29.06.2011
47<br />
Nonaddicted brain Addicted brain<br />
Neuronale Netzwerke<br />
Reward<br />
Control<br />
<strong>Dr</strong>ive<br />
Memory<br />
Reward<br />
Volkow et al. (2003)<br />
Control<br />
<strong>Dr</strong>ive<br />
Memory<br />
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48<br />
3. Behandlung am Beispiel der<br />
Alkoholabhängigkeit<br />
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• 3-8 Tagen<br />
• bei ca. 30% der Patienten:<br />
49<br />
Entzugsbehandlung<br />
•Medikamentöse Behandlung der vegetativen Entzugssymptome<br />
z. B. Clomethiazol, Carbamazepin, Diazepam, Clonidin<br />
• Deliriums tremens – lebensbedrohlich, Intensivbehandlung<br />
• reine Entzugsbehandlung weist hohe Rückfallraten auf u.<br />
führt nur in wenigen Fällen in weiterführende Behandlung<br />
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50<br />
Medikamentöse Therapie<br />
Anti-Craving Substanzen<br />
• Acamprosat - dämpft die Übererregung, die durch Glutamat<br />
ausgelöst wird ( bei Stresstrinkern?)<br />
• Nach 12 Monaten waren 42,8 % der Patienten abstinent<br />
verglichen mit 20,7 % der Placebogruppe<br />
• Naltrexon – Opiatantagonist, blockiert Rezeptoren<br />
( bei Genusstrinker?)<br />
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51<br />
Wirkung des Opioidrezeptorantagonisten<br />
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52<br />
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53<br />
Psychotherapie<br />
• Allgemeine Psychotherapie z. B. Problemaktualisierung,<br />
motivationale Klärung, Ressourcenaktivierung und aktive Hilfe<br />
zur Problembewältigung<br />
• Psychotherapie der Suchtkranken zielt auf Veränderungsprozesse,<br />
Förderung <strong>von</strong> Eigeninitiative, Selbstverantwortung,<br />
Ressourcenorientierung, Motivation und Problemaktivierung, neue<br />
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54<br />
Psychotherapie bei Suchterkrankungen<br />
1. Prinzipien des motivierenden Interviews<br />
(Miller und Rollnick 1991)<br />
2. Verhaltentherapie<br />
- Selbstmanagementtherapie (Kanfer 1996)<br />
- Strukturiertes Rückfallmanagement ( Marlatt, Gordon)<br />
- Kognitive Verhaltenstherapie<br />
3. Psychodynamische Psychotherapie (Krystal 1984,<br />
Burian 1994)<br />
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55<br />
4. Suchthilfesystem<br />
29.06.2011
Suchtkrankenhilfe in Deutschland<br />
• Angebote der Suchtprävention<br />
• Beratung und Basishilfen<br />
(niederschwellige Hilfen, Suchtberatung, psychosoziale Begleitung,<br />
Nachsorge, Selbsthilfe)<br />
• Medizinische Hilfen<br />
(Frühintervention, Akutbehandlung, Substitution, Entzugsbehandlung,<br />
medizinische Reha, psychiatrische Behandlung)<br />
• Eingliederungshilfe<br />
(vor allem Wohnheime und Tagesstätten)<br />
• Arbeitsförderung<br />
• (Ausbildung, Beschäftigung, Qualifizierung)<br />
56<br />
29.06.2011
Verbundsystem der Hilfen<br />
Hilfeangebote für Abhängigkeitskranke in der Bundesrepublik Deutschland<br />
Übergangseinrichtungen<br />
für <strong>Dr</strong>ogenabhängige<br />
mit therapeutischen Elementen<br />
Kostenträger: Überörtlicher<br />
Träger der Sozialhilfe<br />
Entzug / Entgiftung<br />
Kostenträger:<br />
Gesetzliche<br />
Krankenversicherung<br />
Niedrigschwellige<br />
Einrichtungen<br />
Angebote der Überlebenshilfe<br />
einschließlich medizinischer<br />
Versorgung und<br />
Kosnumräumen<br />
Kostenträger: Kommune,<br />
57 Land<br />
Medizinische<br />
Rehabilitation<br />
Entwöhnu (stationär und ambulant)<br />
Kostenträger: Gesetzliche<br />
Rentenversicherung<br />
Prävention<br />
Kostenträger: Kommune, Land<br />
Beratung und Behandlung<br />
Suchtberatungsstellen: Psychosoziale<br />
Beratungsstellen, Ärzte, Allgemeinkrankenhäuser,<br />
Schulen, Jugendämter,<br />
Erziehungsberatungsstellen, Justizbehörden<br />
usw.<br />
Kostenträger: Kommune, Land,<br />
Gesetzliche Krankenversicherung<br />
Soziale<br />
Rehabilitation<br />
- Stationäre Nachsorge<br />
- Betreutes Wohnen<br />
- Bildungsangebote zum<br />
Nachholen <strong>von</strong> Schulabschlüssen<br />
- Selbsthilfe<br />
Kostenträger: Überörtlicher<br />
Träger der Sozialhilfe,<br />
Agentur für Arbeit<br />
Gemeinschaft<br />
der<br />
Bürgerinnen<br />
und Bürger<br />
29.06.2011
Übersicht der Angebote der Suchthilfe<br />
Art der Einrichtung<br />
Beratungsstellen und –dienste (pro Jahr) ca.<br />
Ambulante Behandlungseinrichtungen, anerkannt<br />
Substitutionsbehandlung mit psychosozialer Betreuung (registriert)<br />
Niedrigschwellige Angebote<br />
Notschlafstellen<br />
Entzug mit Motivationsanteilen<br />
9 da<strong>von</strong> für <strong>Dr</strong>ogenabhängige<br />
Vollstationäre Entwöhnungsplätze<br />
9 da<strong>von</strong> für <strong>Dr</strong>ogenabhängige<br />
Adaptionseinrichtungen<br />
Betreutes Wohnen<br />
9 da<strong>von</strong> für <strong>Dr</strong>ogenabhängige<br />
Einrichtungen für chronisch Mehrfachbeeinträchtigte<br />
Tages- und Nachtklinik<br />
Arbeitsprojekte/Qualifizierungsmaßnahmen<br />
9 da<strong>von</strong> für <strong>Dr</strong>ogenabhängige<br />
Selbsthilfegruppen<br />
58<br />
Anzahl (gerundet)<br />
Ca. 945<br />
470<br />
450<br />
40<br />
200<br />
80<br />
80<br />
275<br />
80<br />
200<br />
25<br />
100<br />
50<br />
> 10.000<br />
Plätze (gerundet)<br />
Ca. 275.000<br />
Hilfesuchende<br />
72.000<br />
600<br />
6.500<br />
1.750<br />
12.000<br />
4.000<br />
950<br />
7.500<br />
2.750<br />
7.500<br />
500<br />
1.500<br />
700<br />
150.000<br />
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59<br />
Verbesserung der Schnittstellen im<br />
Suchthilfesystem<br />
• Wieviel manifest Erkrankte werden vom Suchthilfesystem erreicht?<br />
• Unterschiedliche Zuständigkeiten<br />
• Unterschiedliche Kostenträger mit unterschiedlicher<br />
Leistungszuständigkeit (Eingliederungshilfe,<br />
gesetzliche Krankenkassen, Rentenversicherungsträger)<br />
• „ nicht mehr“, sondern qualitative Weiterentwicklung (DHS 1992)<br />
Verbindliches Schnittstellenmanagement, Bildung <strong>von</strong><br />
Netzwerken<br />
Kooperationsverträge, Integrierte Versorgung<br />
29.06.2011
60<br />
Suchtverbund Pankow<br />
Klinik für Suchtmedizin St. Joseph-Krankenhaus<br />
(Ambulanz, qualifizierter Entzug, stationäre und ambulante Reha)<br />
^Konsildienst in 10 somatischen Krankenhäusern<br />
Träger <strong>von</strong> Wohneinrichtungen<br />
und Beschäftigungstagestätten<br />
Bezirkliche Steuerungsgremien für<br />
Wohn- und Beschäftigungsplätze<br />
Suchtverbund<br />
Pankow<br />
Suchtkoordinatoren des Bezirks<br />
Beratungsstelle<br />
29.06.2011
Komorbidität Abhängigkeitserkrankungen und<br />
psychische Störungen<br />
Mindestens die Hälfte??? aller Suchterkrankungen weist psychische Störungen<br />
auf:<br />
- Angsterkrankungen<br />
- depressive Störungen<br />
- Persönlichkeitsstörungen<br />
- schizophrene Psychosen<br />
Nur etwa 5 % der Suchtkranken sind in psychotherapeutischer bzw.<br />
nervenärztlicher Behandlung.<br />
2 – 3 % aller Alkoholkranken kommen in eine psychiatrische Klinik.<br />
60 - 70 % aller Suchtkranken werden vom Hausarzt betreut.<br />
Ein Viertel aller Alkoholabhängigen wird mindestens einmal in einer<br />
61 internistischen oder chirurgischen Abteilung im Krankenhaus behandelt.<br />
29.06.2011
62<br />
Suchtrehabilitation in der deutschen<br />
Rentenversicherung<br />
• 2010 weniger stationäre Leistungen bewilligt, Bewilligung der<br />
ambulanten Leistungen stieg geringfügig<br />
• Abhängigkeitskranke finden oftmals erst nach mehr 10 Jahren<br />
den Weg in die Entwöhnungsbehandlung<br />
Neue Zugangswege mit Kooperationsvereinbarungen zwischen<br />
Rentenversicherung und Krankenkassen sowie Bundesagentur<br />
für Arbeit<br />
29.06.2011
63<br />
29.06.2011
5. Zielgruppenspezifische Prävention<br />
64<br />
und Frühintervention<br />
29.06.2011
Zielgruppenspezifische Präventionsansätze<br />
• Prävention muss zielgenauer auf bestimmte Zielgruppen und<br />
geschlechtsspezifische Bedürfnisse ausgerichtet sein.<br />
• Kinder und Jugendliche müssen frühzeitig unterstützt werden.<br />
• Schwangere Frauen.<br />
• Menschen mit Belastungen wir negative Kindheitserfahrungen,<br />
sexuellen Missbrauch, Gewalt und Arbeitslosigkeit.<br />
65<br />
29.06.2011
66<br />
Alkoholprävention bei Kindern und Jugendlichen<br />
• z.B, HaLT – Hart am Limit – Präventionsprojekt für Jugendliche<br />
und Eltern nach einem Alkoholexzess.<br />
• Präventionsmaßnahmen müssen an Bedürfnissen und<br />
Indikationsformen der Jugendlichen ausgerichtet sein z. B. „Hipp<br />
Hopp gegen Komasaufen“.<br />
• Kombination verschiedener Medienangebote<br />
29.06.2011
67<br />
29.06.2011
Tabak-, Alkohol- und Medikamentenkonsum<br />
in der Schwangerschaft<br />
• 4000 Neugeborene pro Fetales Alkoholsyndrom, insges.<br />
10.000 geschädigte Kinder pro Jahr<br />
• Günstiger Zeitraum für Frauen und ihre Partner ihren<br />
Suchtmittelkonsum zu verändern<br />
• Apotheken, Gynäkologen und Hausärzte<br />
• Entwicklung <strong>von</strong> Leitlinien zur Diagnostik des fetalen<br />
Alkoholsyndroms<br />
68<br />
29.06.2011
69<br />
Tabakentwöhnung<br />
• 30 % der Raucher unternehmen pro Jahr wenigstens einen<br />
ernsthaften Ausstiegsversuch<br />
• Hilfsangebote: Medikation, Hypnose, Akupunktur,<br />
Selbsthilfeprogramme, Internetprogramme, Einzel- und<br />
Gruppenberatung<br />
• Tabakentwöhnung mit etwa 2.500 Plätzen<br />
• 70% der Angebote insuffizient<br />
Evidenzbasierung<br />
29.06.2011
70<br />
Frauen und Alkohol<br />
• 370.000 Frauen in Deutschland sind alkoholabhängig.<br />
• Besonders im Alter <strong>von</strong> 10 bis 20 Jahren und <strong>von</strong> 40 bis 59<br />
Jahren wird Alkohol missbräuchlich konsumiert.<br />
• Jede 5. Frau zwischen 45 und 54 Jahren konsumiert Alkohol<br />
gesundheitsgefährdend (< 12 g Alkohol pro Tag).<br />
29.06.2011
Prävention: Frauen und Alkohol<br />
• Rolle des riskanten Alkoholkonsums im<br />
Stressbewältigungsverhalten <strong>von</strong> weiblichen Fach- und Führungskräften<br />
• Mit steigender sozialer Schicht und höherem Alter nimmt der<br />
Alkoholkonsum zu<br />
• Spezifische Belastung durch berufliche Position, Doppelbelastung<br />
71<br />
Frauenspezifische Suchthilfe<br />
29.06.2011
Sucht im Alter<br />
• 26,9 % der Männer über 60 (2,46 Mio.) und<br />
7,7 % der Frauen (900.000) Risikokonsum <strong>von</strong> Alkohol<br />
8 – 13 % der über 60-Jährigen weisen<br />
problematischen Gebrauch psychoaktiver<br />
Medikamente auf (1,7 – 2,8 Mio Menschen)<br />
• 14 % der Menschen in ambulanten und stationären<br />
Pflegeeinrichtungen<br />
•Pflegepersonal nicht ausreichend auf Umgang<br />
mit Suchtproblemen vorbereitet<br />
• Abstimmung zwischen Alten- und Suchthilfe<br />
• Schulung 72 der Fachkräfte in Altenhilfe, der Hausärzte<br />
29.06.2011
73<br />
Betriebliche Suchtprävention<br />
• 10 % aller Beschäftigten konsumieren Alkohol missbräuchlich.<br />
• 5 % aller Beschäftigten gelten als alkoholabhängig.<br />
• 1 – 2 % der Beschäftigten sind medikamentenabhängig.<br />
Fehlzeiten, Mangelndes Engagement, Unfallrisiko<br />
• 15 – 30 % aller Arbeitunfälle gelten als alkoholbedingt.<br />
Betriebliche Suchtprävention.<br />
29.06.2011
74<br />
Weiterentwicklung der Suchthilfeangebote<br />
und Frühintervention<br />
• Zielgruppenspezifisch<br />
• Frühzeitige Inanspruchnahme <strong>von</strong> Beratungs- und<br />
Behandlungsangeboten (Frühintervention).<br />
• Weiterbildung <strong>von</strong> Ärzten in Krankenhäusern und Praxen.<br />
• Frühinterventionen und sekundärpräventive Strategien bei<br />
Hausärzten u. in Allgemeinkrankenhäusern (John, Veltrup, <strong>Dr</strong>iessen 1994)<br />
• Konsensuspapier zu Frühinterventionsmaßnahmen bei problematischem<br />
Alkoholkonsum in der med. Grundversorgung ( Rumpf et al.STEP 2009)<br />
• Implementation???<br />
29.06.2011
75<br />
6. Gesellschaftliche Begleitung<br />
29.06.2011
gesetzliche Regelungen zur Angebotsreduzierung<br />
• Nichtraucherschutzgesetze<br />
• Öffentliche Rauchverbote<br />
• Jugendschutzgesetz<br />
• Betäubungsmittelgesetz<br />
• Ab 2011 moderate Steigerung der Tabaksteuern<br />
• Steigerung der Alkoholsteuer?!<br />
• Erhöhung der Preise für Alkohol u. Nikotin<br />
• Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen u. im Nahverkehr<br />
76<br />
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Jugendschutz<br />
• Konsequente Durchsetzung des Jugendschutzes beim<br />
Alkohol- und Nikotinverkauf<br />
• Konsequente Ausweiskontrollen<br />
• Schulung des Verkaufspersonals im Einzelhandel,<br />
Tankstellen, Kiosken<br />
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Alkohol<br />
• In den letzten 40 Jahren sind alkoholische Getränke im<br />
Vergleich zu Lebenshaltungskosten um 30 % billiger geworden<br />
• Anhebung der Steuern auf das europäische Durchschnittsniveau<br />
erbrächte Senkung des Bierkonsums um 12 %, des<br />
Weinkonsums um 10 %, des Spirituosenkonsums um 6 %<br />
Senkung des Pro-Kopf-Verbrauches um 1 l reinen Alkohol und<br />
des Rauschtrinkens Jugendlicher um 37 %<br />
Zusätzliche Steuereinnahmen <strong>von</strong> 2,6 Mrd. €<br />
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Forschung<br />
• Breites Spektrum am Suchtforschung, vor allem<br />
Grundlagenforschung<br />
• Verbesserungsbedarf: Praxisbezogene Forschung,<br />
um die Wirksamkeit drogen- und suchtpolitischer<br />
Konzeptinitiativen durch evidenzbasierte und<br />
evaluierte Maßnahmen zu erhöhen.<br />
• Implementationsforschung<br />
• Bsp. Niederlande: nationales Innovationsprojekt, Masterprotokoll<br />
zur Leitlinien- u. Manualentwicklung, Stepped Care Ansatz,<br />
algorithmische Zuordnung <strong>von</strong> Patienten zu spezifischer<br />
Behandlung, Lifestyle Training (Schippers et al. 2009)<br />
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Forschung<br />
• Deutsches Suchtforschungsnetz – 4 regionale Suchtforschungsverbünde<br />
vom BMBF mit ca. 25 Millionen gefördert, ausgelaufen<br />
• Forschungsprojekt zur Glücksspielsucht<br />
• epidemiologische Surveys, BMG gefördert<br />
• zahlreiche Modellprojekte des BMG<br />
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Neue Herausforderungen<br />
• Veränderungen im sozialen und zwischenmenschlichen Gefüge und<br />
gestiegene Anforderungen an das Leben in unserer modernen<br />
Gesellschaft.<br />
• Manche Menschen fühlen sich überfordert und versuchen ihre<br />
Probleme durch Suchtmittelkonsum zu bewältigen.<br />
• Demographische Entwicklung: Suchterkrankungen im Alter<br />
insbesondere in Bezug auf Alkohol und Medikamente nehmen zu.<br />
• Neue stoffungebundene Suchtformen wie Medien- und Onlinesucht<br />
• Neue Konsummuster: Menschen aus verschiedensten Teilen der<br />
Gesellschaft und Altersgruppen missbrauchen legale und illegale<br />
Suchtmittel<br />
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Zusammenfassung<br />
Alkhol- u. Tabakkonsum rückläufig<br />
Neue Risikogruppen: Binge <strong>Dr</strong>inking, Frauen, Alte Menschen<br />
Medikamentenabhängigkeit – die stille Sucht – Frauen<br />
Abhängigkeitserkrankung: bio-psycho-soziale Ursachen<br />
kortikale Dysfunktion<br />
Deswegen kurze Entzugsbehandlung nicht ausreichend<br />
Fraktioniertes Suchthilfesystem<br />
Bildung <strong>von</strong> Netzwerken<br />
Schnittstellen freier Übergang in weitere Behandlung, Reha<br />
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• Zielgruppenspezifische Prävention – Kinder, Frauen,<br />
Schwangere, ältere Menschen<br />
• Frühinterventionen in Basisversorgung u.<br />
Allgemeinkrankenhäusern<br />
• Gesetzliche Regelungen zur Angebotsreduktion<br />
• Grundlagen + Praxis bezogene Forschung +<br />
Implementationsforschung<br />
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld !<br />
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