20 GOOD TIMES <strong>REPORTAGE</strong> <strong>100.000</strong> <strong>km</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kawasaki</strong> <strong>1400GTR</strong> NULL-RUNDE Die Inspektionen zwischendurch beschränkten sich hauptsächlich auf obligatorische Service-Arbeiten. Defekte gab’s nicht. Die GTR lief über die gesamte Distanz wie ein Uhrwerk.
gezielt sehenswerte Ausflugsziele an. So fanden sich etwa Mosel und Rhein unter den Zielpunkten, aber auch Dänemark, die Niederlande oder Österreich. Trotz der hohen Fahrleistung von gut 1200 Kilometern pro Tag reduzierten die vielen Pausen die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit auf 120 bis 130 <strong>km</strong>/h. Was natürlich der Sicherheit und der abgeklärten Grundeinstellung des Testteams zugute kam. Unnötige Risiken wurden so von vornherein ausgeschlossen. Der <strong>1400GTR</strong>-Marathon auch als Praxistest für Fahrerbekleidung und Bereifung „Einige Ungewissheiten gaben uns im Vorfeld schon zu denken“, erzählt Popko-Firmenchef Lier. „Bei der Bereifung vertrauten wir natürlich auf die Erstausstattung BT 021 von Bridgestone. Da wir aber bis dato noch keine Erfahrungen in punkto Reifenverschleiß hatten, legten wir uns vorsorglich einige Reifen-Sätze mehr als üblich auf Lager. Geplant war, alle 10.000 Kilometer einen Reifenwechsel vorzunehmen. Mit dieser Einschätzung lagen wir nah dran; ein Satz Reifen hat sogar 15.000 Kilometer verkraftet.“ In die GTR-Technik setzte man von Anfang an großes Vertrauen, was die GTR auch voll rechtfertigte. Der neue Supertourer lief die gesamte <strong>100.000</strong><strong>km</strong>-Distanz wie ein Uhrwerk. Als willkommenen Praxistest nutzen die Zubehörexperten Schuberth und Rukka die Marathontour. „Sicheres und komfortables Motorradfahren hängt entscheidend von einer praxisgerechten Fahrerausstattung ab. Wackelt beziehungsweise drückt der Helm oder verursacht er nervige Windgeräusche, kann die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr erheblich gestört werden“, betont Schuberth-Produktmanager Sven Bloch. „Das gilt natürlich auch für den Fahreranzug, besonders auf langen Touren“, pflichtet Matthias Kroner von Rukka bei. „Dabei ist es aber nicht nur wichtig, dass man sich im Anzug wohl fühlt, er muss zudem vor Regen und Kälte schützen. Und wenn es heiß wird, darf man sich nicht wie in einer Sauna fühlen. Ein Anspruch, den wir <strong>mit</strong> unserer Hightech- Bekleidung in allen Bereichen zu erfüllen versuchen. Die Langstreckenfahrt hat rundherum ein positives Testergebnis geliefert.“ Protokoll einer Dienstfahrt: Kurioses aus dem Fahrtenbuch Wie schon gesagt, die GTR meisterte die (Tor-) Tour <strong>mit</strong> Bravour! Das Fahrtenbuch liest sich nicht gerade wie ein Thriller-Roman. Keine Pannen, kein Crash, nichts. Stattdessen Eintragungen über Fahrziele, Kilometerangaben, Spritmengen und Verbrauchswerte sowie Werkstattstopps für Reifenwechsel und Inspektionsarbeiten. Und natürlich durchweg positive Statements zur <strong>1400GTR</strong>: „Die Fahrdynamik und das Handling des Traumschiffs ist eine Klasse für sich.“ Donnerstag, den 18. Oktober 2007, macht Peter Ruppert gegen 14:00 Uhr die letzte Testnotiz: „Nach 83 Tagen sind die <strong>100.000</strong> <strong>km</strong> voll (dahinter ein dickes Ausrufezeichen). Ende einer außergewöhnlichen Testfahrt, hat riesigen Spaß gemacht“. Als dann am 9. November 2007 die Langstreckenfahrer <strong>mit</strong> Helfern, Sponsoren und Vertretern der Presse im „Braustübchen“ bei Wolters ihr gelungenes Unternehmen feiern, werden noch einmal Erinnerungen wach und bemerkenswerte Geschichten zum Besten gegeben. Georg Winter ist längst nicht der langsamste, dafür aber <strong>mit</strong> 57 Jahren der älteste GTR-Tester. Während seiner Tour an den Bodensee wurde er früh morgens hinter Kassel bei forciertem Tempo von einer plötzlich auftauchenden Nebelbank überrascht. Zeitgleich schnellte <strong>mit</strong> deutlich vernehmbarem „Blob-blob“ das Blutdruc<strong>km</strong>essgerät hoch. Georg grinst: „Ich denke, mein Blutdruck war in diesem Moment auf 300. Nach einer kurzen Schrecksekunde hatte ich zum Glück wieder Fernsicht.“ Eine weitere Ausnahmesituation gibt Dirk Havekost zum Besten. Betont aber, dass er manchmal ein loses Mundwerk habe und sich da<strong>mit</strong> selbst hin und wieder in Verlegenheit bringe. Wie auch immer. Genau in dem Moment, als er nach dem Tanken bei einer ausgesprochen attraktiven, jungen Kassiererin bezahlen wollte, machte auch hier das Blutdruc<strong>km</strong>essgerät <strong>mit</strong> deutlich hörbarem Geräusch auf sich aufmerksam. „Mir fiel natürlich nichts Besseres ein, als total cool auf das Kabelgewirr und das Messgerät vor meinem Bauch zu deuten. Die junge Frau wurde sofort kreidebleich und dachte, es handele sich um einen Bombe. Am liebsten wäre ich im Boden versunken, und es tat mir unendlich leid, jemandem einen solchen Schrecken eingejagt zu haben. Mit Engelszungen entschuldigte ich mich bei ihr und versuchte, sie in Kurzform über unseren Test und den wissenschaftlichen Auftrag aufzuklären. Zum Glück wurde kein Überfallalarm ausgelöst“, meint Dirk Havekost reumütig. Mehr ins Philosophische geht die Erkenntnis von Rüdiger Denecke: „Vor 18 Jahren war ich auch schon dabei. Inzwischen 18 Jahre älter, steigt man <strong>mit</strong> 56 Lenzen immer noch gern auf so einen Feuerstuhl. Motorrad fahren hält einfach jung. Es hat richtig Laune gemacht, hoffentlich dauert es bis zum nächsten Dauertest nicht wieder 18 Jahre.“ Marcel Pein hat eine andere Anekdote zu erzählen: „Mein Gag war, in Flensburg vor die Flensburger Brauerei zu fahren und vom Pförtner ein Bild <strong>mit</strong> mir und der GTR schießen zu lassen. Erst als er mir die Kamera zurückgab, sah er das Wolters-Logo auf der Verkleidung. Mit strengem Blick sagte er: „Mach, dass du Land gewinnst“. Die Quittung für meine „Betriebsspionage“ bekam ich auf der Rückfahrt: Den ganzen Weg hat es geschüttet wie aus Kübeln.“ Als dann zu später Stunde die letzte Runde im „Braustübchen“ eingeläutet wird, hat die Test- Crew längst wieder ausreichend Ideen für den nächsten Coup „auf der Pfanne“. Mal sehen, was daraus wird, bis zum nächsten Großeinsatz will jedenfalls niemand weitere 18 Jahre warten! <strong>100.000</strong> KM IN 83 TAGEN Reise-Potpourri: Die Fahrer und die GTR durchquerten Deutschland und die europäischen Nachbarländer von Nord nach Süd, von West nach Ost. Dabei standen Genuss und Fahrspaß im Vordergrund, denn die 1400er erwies sich als zuverlässige und komfortable Begleiterin. GOOD TIMES 21