22 GOOD TIMES <strong>REPORTAGE</strong> <strong>100.000</strong> <strong>km</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kawasaki</strong> <strong>1400GTR</strong> DATA-RECORDING Alle Fahrer waren während des Marathons verkabelt. Dabei wurden per Langzeit-EKG Blutdruck und Herzfrequenz erfasst. Das gab Aufschluss über die körperliche Dauerbelastung während einer Tagesetappe.
Testprotokoll GOOD „<strong>100.000</strong> Kilometer in 83 Tagen” TIMES Nach Einfahrphase und erster Inspektion bei 1.000 <strong>km</strong> erfolgten verschiedene Vorabfahrten für die geplante Marathontour. Vor dem Start am 28. Juli 2007 wurde die <strong>Kawasaki</strong> <strong>1400GTR</strong> bei Tachostand 2315 <strong>km</strong> noch einmal sorgfältig durchgesehen, das Triebwerk erhielt neues Shell Ultra4 Motoröl. Die Maschine befand sich im absoluten Serienzustand, als Sonderzubehör wurde ein TOM-TOM Navigationsgerät montiert. 1. - 2. Woche: 19.438 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 28.07 - 10.08. 2007 (Tachostand 10.08.07: 21.753 <strong>km</strong>) 3. - 4. Woche: 17.109 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 11.08 - 24.08.2007 (Tachostand 24.08.07: 38.862 <strong>km</strong>) 5. - 6. Woche: 17.364 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 25.08. - 07.09.2007 (Tachostand 07.09.07: 56.226 <strong>km</strong>) 7. - 8. Woche: 15.289 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 08.09. - 21.09.2007 (Tachostand 21.09.07: 72.516 <strong>km</strong>) 9. - 10. Woche: 14.723 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 22.09. - 05.10.2007 (Tachostand 87.239 <strong>km</strong>) 11. - 12. Woche: 15.076 <strong>km</strong> Fahrleistungen vom 06.10. - 18.10.2007 (Tachostand 102.315 <strong>km</strong>) 9.305 <strong>km</strong>: ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021. 15.947 <strong>km</strong>: reguläre 12.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten sowie Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl. 20.521 <strong>km</strong>: ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021, neue Bremsbeläge vorn. 28.985 <strong>km</strong>: reguläre 24.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungsund Pflegearbeiten sowie Ölwechsel Shell Ultra4- Motoröl. Neue Bremsbeläge und Bremsscheiben vorn (leichtes Bremsrubbeln aus Geschwindigkeiten von mehr als 200 <strong>km</strong>/h). 30.738 <strong>km</strong>: ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021. 35.431 <strong>km</strong>: reguläre 36.000<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten sowie Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl. 45.170 <strong>km</strong>: reguläre 48.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten, Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl, Kardanölwechsel, Ventilspielkontrolle, ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021. 56.226 <strong>km</strong>: reguläre 60.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten sowie Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl, neue Reifen Bridgestone BT 021. 60.911 <strong>km</strong>: ein Satz neue Bremsbeläge vorn. 67.902 <strong>km</strong>: reguläre 72.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten, Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl, ein Satz neue Bridgestone BT 021 Reifen, Heizgriffe montiert. Neue Bremsbeläge und Bremsscheiben vorn (leichtes Bremsrubbeln aus Geschwindigkeiten von mehr als 200 <strong>km</strong>/h). 78.605 <strong>km</strong>: ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021. 82.193 <strong>km</strong>: reguläre 84.000-<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten, Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl und Ventilspielkontrolle. 93.189 <strong>km</strong>: reguläre 96.000<strong>km</strong>-Inspektion <strong>mit</strong> Wartungs- und Pflegearbeiten, Ölwechsel Shell Ultra4-Motoröl, ein Satz neue Reifen Bridgestone BT 021. Bemerkungen Für alle Wartungs- und Pflegearbeiten war die <strong>Kawasaki</strong>-Vertretung Popko in Braunschweig zuständig. „Die kleineren Wartungs- und Pflegedienste (6000-<strong>km</strong>-Intervalle) zwischen den oben genannten Inspektionen sind hier nicht berücksichtigt, es gab keine nennenswerten Vorkommnisse“, lässt Popko- Chef Hans „Pauli“ Lier wissen. „Lediglich zwei Dinge sollten herausgestellt werden. Zum einen hat uns der Profilverschleiß oder besser gesagt die Langlebigkeit der speziell für die GTR entwickelten Bridgestone- Reifen BT 021 <strong>Rad</strong>ial E positiv überrascht. Die Laufleistung lag zwischen 10.000 und 15.000 Kilometern. Das ist ein enormer Wert, zumal die GTR- Tester während ihrer Touren ordentlich am Kabel gezogen haben. Für das zweimalig aufgetretene Bremsrubbeln am Vorderrad gibt es für uns nach sorgfältiger Prüfung – die Scheiben waren weder verschlissen noch hatten sie einen Seitenschlag – nur eine Erklärung: Vor Autobahnabfahrten wurde die GTR meist aus hoher Geschwindigkeit brachial heruntergebremst. Dabei entstehen hohe Temperaturen an der Bremsanlage, die Komponenten werden extrem heiß. Gleich nach einer Abfahrt steht in der Regel ein Stopp- oder Vorfahrt-achten-Schild beziehungsweise eine Ampel. Man kommt zum Stopp. Hält der Fahrer nun den Hebel für die Vorderradbremse gezogen, kann aufgrund der extremen Hitzeentwicklung Bremsbelagmaterial an den Scheiben einbrennen. Diese kaum messbaren Ablagerungen verursachen beim Fahrer aber später das Gefühl, dass die Bremse rubbelt. Wichtig zu wissen: Dadurch wird weder die Betriebs- noch Fahrsicherheit beeinträchtigt. Beim Bremsen verschafft einem dies einfach nur ein ungutes Gefühl. Aus diesem Grund haben wir Bremsscheiben und Beläge erneuert. Dieses Phänomen kann unter den beschriebenen Bedingungen bei jedem Motorrad auftreten“, betont Popko-Chef Lier ausdrücklich. <strong>100.000</strong> KM IN 83 TAGEN Wissenschaft und Forschung Im Rahmen des <strong>100.000</strong>-<strong>km</strong>-Marathons wurde eine Reihe von interessanten Langzeituntersuchungen zu Energiestoffwechsel-Forschung, Ernährungsmedizin, Prävention <strong>Sport</strong>medizin, Risikosituationen beim Motorradfahren und Stressbewältigung durchgeführt. Hierzu Dr. Thomas Rebe von der MHH (Medizinische Hochschule Hannover), Abteilung Arbeitsmedizin: „Bis jetzt liegen kaum Erkenntnisse über Stressbelastungen von Motorradfahrern bei Langstreckenfahrten vor. In einer Studie wollen wir die Beanspruchung der Fahrer erfassen. Dabei wird unter anderem die Höhe der Stresshormone im Urin untersucht und in einem auf den Dauerfahrtest abgestimmten Fragebogen der subjektiv erlebte Stress erfasst. Die Ergebnisse sollen dann <strong>mit</strong> den verschiedenen Charaktertypen der Fahrer zur Stressverarbeitung verglichen werden.“ Für diese Studie wurde jeder Fahrer <strong>mit</strong> jeweils zehn Urin-Monovetten ausgestattet, um – vor dem Start beginnend, über die Fahrzeit hinaus bis zu 24 Stunden „Bis jetzt liegen kaum Erkenntnisse über Stressbelastungen von Motorradfahrern bei Langstreckenfahrten vor. – Urinproben abliefern zu können. Das „Biomonitoring” wird ergänzt durch die Erfassung der körperlichen Belastung, den Ergebnissen aus den Fahrtprotokollen, den Fragebögen zu den individuellen und arbeitsplatzbezogenen Parametern sowie psychosozialen Belastungen und die Positions- und Fahrdaten aus einer Blackbox. „Das ist für die Wissenschaft hochinteressant“, betont Dr. Rebe, „aber auch für die Motorradfahrer. Aus der Untersuchung wird sich ableiten lassen, was Stress bedeutet, wie er individuell ansteigt und wieder abnimmt, wie man da<strong>mit</strong> umgeht und ihn regulieren kann.” Rainer Nietschke, Student für <strong>Sport</strong>medizin an der Uni Freiburg, verkabelte die Tester beim Langstreckentest: „Bei den Fahrern wurden während der täglichen Fahrzeit über ein Langzeit-EKG Blutdruck und Herzfrequenz erfasst. Das soll Aufschluss über die körperliche Dauerbelastung auf den gut 1000 Kilometern täglich geben.“ Die gesammelten Daten aus diesen fahrerspezifischen Messungen wird Rainer Nietschke als Basis in seine Doktorarbeit einfließen lassen. Das ifz (Institut für <strong>Zwei</strong>radsicherheit e.V.) in Essen nutzte den Langstreckentest für die Studie „Risikosituationen beim Motorradfahren”. Gleich nach ihrem Turn füllten die Tester einen ausgeklügelten, vierseitigen Fragebogen aus. „Die <strong>100.000</strong>-<strong>km</strong>-Fahrt bot sich für unsere Studie geradezu an. Die Fahrer bilden einen repräsentativen Querschnitt durch die Motorradszene. Auch lässt sich erwarten, dass durch ihre berufliche Praxis als Polizeibeamte sowie als engagierte Motorradfahrer ein bisher nicht vergleichbares professionelles Untersuchungsergebnis zustande kommen wird”, verrät Forschungsleiter Matthias Haasper. In 83 Fahrtagen hat sich eine wahre Flut an Informationen und bergeweise aufgetürmten Fragebögen ergeben. Alle beteiligten Mediziner und Wissenschaftler sind sich darüber bewusst, dass sie Wochen, wenn nicht gar Monate für die Ausarbeitung ihrer Forschungsprojekte benötigen. Nach erster Sichtung sind sich alle aber einig: Motorradfahren ist eine sportliche Herausforderung, zu der Fitness, Reaktions-fähigkeit, richtige Ernährung sowie gute Selbstein-schätzung und Selbstdisziplin gehört. Nur wer vorausschauend fährt und sich partnerschaftlich im Verkehr verhält, kommt sicher ans Ziel. Die 50 GTR-Tester haben bewiesen, dass es funktioniert – vollkommen unfallfrei und <strong>mit</strong> einer gehörigen Portion Fahrspaß. Forschungsprojekt: Beim <strong>100.000</strong>-Kilometer-Test waren auch Institutionen wie das ifz (Institut für <strong>Zwei</strong>radsicherheit e. V.) in Essen und die Medizinische Hochschule Hannover sowie Rainer Nietschke, Student der <strong>Sport</strong>medizin an der Universität Freiburg, involviert. GOOD TIMES 23