Mehr Licht, mehr Raum Umbauprojekt im Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong>-Plauen Unter diesen Schlagworten lässt sich ein umfassendes Umbauprojekt im Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong>-Plauen zusammenfassen. Im Frühjahr 2008 wurden zwei Wohnetagen des Hauses zur Verbesserung der gerontopsychiatrischen Betreuung baulich verändert und neu eingerichtet. Nutznießer werden 42 vor allem demenziell veränderte Bewohner sein. Das Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong> Plauen wurde erst in den 90er Jahren neu gebaut. Nach den „damaligen“ ( das klingt schon so lange her ) Verhältnissen war es ein modernes Haus, dass jeder Anforderung gerecht wurde. Aber die Anforderungen haben sich inzwischen eben sehr gewandelt. Neben der steigenden Zahl der Menschen, die in unseren Einrichtungen auf Hilfsmittel wie Rollstühle oder Rollatoren angewiesen sind, ist auch die Zahl der Demenzkranken sprunghaft angestiegen. Es ist inzwischen deutlich, dass unsere stationäre Altenpflege sich bereits heute intensiv mit der Betreuung dieser Personengruppen beschäftigen muss, um diese Menschen auch in Zukunft gut versorgen zu können. Die Pflege und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen wird in unseren Altenpflegeheimen zunehmend zu einen wichtigen Schwerpunkt der Versorgung. Bundesweit gelten ca. zwei Drittel aller Pflegeheimbewohner als demenzerkrankt. In einzelnen Einrichtungen der Stadtmission <strong>Dresden</strong> liegt dieser Anteil noch höher. Zusammen mit den Menschen, die unter verschiedenen anderen geistigen Einschränkungen leiden, die aber ein ähnliches Erscheinungsbild zur Folge haben, kann der Anteil erfahrungsgemäß 80% und mehr erreichen. Demenz braucht mehr Demenzkranken Menschen fällt es im Verlauf der Erkrankung zunehmend schwerer, sich in einer unbekannten Umgebung zu orientieren. Da sie sich häufig nur sehr schlecht oder gar nicht erinnern können, kann die eigentlich gewohnte Umgebung jeden Tag wieder fremd sein. Wir kennen von uns selbst: Je unbekannter einem eine Umgebung vorkommt, desto schneller wird man unsicherer, ängstlicher, vorsichtiger. Je übersichtlicher die Umgebung ist, um so sicherer fühlt man sich. An Demenz erkrankte Menschen benötigen ausreichend Licht, um sich besser zurechtzufinden können. Je mehr sie erkennen können, um so sicherer fühlen sie sich. Demenzkranke brauchen auch Platz für ihren krankheitsbedingten Bewegungsdrang, ohne dabei an zu viele Grenzen zu stoßen. Viele demenzkranke Menschen sind nicht gern allein. Was und wer sie früher waren oder heute sind, können sie immer schlechter erinnern. Der Kontakt zu anderen Menschen, die Rolle eines Gegenübers, die Reaktionen des Umfeldes auf die eigene Person hilft Demenzkranken, sie selbst zu sein. Gemeinschaft fördern Die Veränderungen im Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong>-Plauen wurden bereits seit Anfang 2007 geplant. Ende Februar 2008 konnte dann mit den Arbeiten begonnen werden. Im Mittelbau zwischen den beiden Wohnflügeln wurde ein geräumiger und lichtdurchfluteter Gemeinschaftsbereich geschaffen, der viele von den beschriebenen Notwendigkeiten für Demenzkranke ermöglicht. Die Wände und Türen des bisherigen Speiseraumes zum Flur hin wurden herausgenommen. Damit entstand ein großer Raum. Der nun offene Gemeinschafts- und Speisebereich ermöglicht Durchblick und Bewegungsfreiheit. Auf einmal können die Bewohner in diesem Bereich richtige Runden drehen, ohne an Türen oder Wänden zu scheitern. Ein bisheriger Nebenraum wurde nach dem Entfernen der Wand zu einer zusätzlichen Sitzecke umgebaut. Durch das jetzt sichtbare Fenster kann nun zusätzliches Licht in den Bereich hineinfallen. Die Wände sind ansprechend farbig gestaltet. Mit Kontrasten an den richtigen Stellen wurden Hingucker geschaffen, die den Raum angenehm strukturieren, ohne dabei wieder zu begrenzen. Durch eine tresenartige Schreibtischkombination wurde der „Dienstzim- merbereich“ aus der Enge der bisherigen Dienstzimmer herausgeholt und erweitert. Vor den Umbauten konnte man im Dienstzimmer wegen der relativen Enge eigentlich nur bei offener Tür angenehm arbeiten. Durch die offene Tür wurden aber die dementen Bewohner regelrecht angelockt, was das Dienstzimmer nun wieder noch enger machte und konzentriertes Arbeiten erschwerte. Die Mitarbeitenden sind jetzt auch bei den unvermeidlichen Schreibarbeiten durch die Tresenform des Schreibtisches räumlich ein wenig abgegrenzt. Sie werden von den dementen Bewohner/innen gesehen und als präsent erlebt, bleiben aber ungestörter als im früheren Dienstzimmer. Inzwischen wird die räumliche Umgestaltung von den Adressaten, den an Demenz erkrankten Menschen, gut angenommen und ganz selbstverständlich genau so genutzt wie erhofft und geplant. Mit den neuen Sitzbereichen im Mittelbau 1. Ausgabe Juni 2008 6 7 und den bereits vorhandenen Sitzecken in den Flügeln werden die Möglichkeiten für die notwendige Betreuung der dementen BewohnerInnen in kleinen Gruppen gut nutzbar gemacht. Nun geht es daran, für die neuen Sitzecken ein Raumkonzept zu erarbeiten. Diese Aufgabe werden die Mitarbeitenden gemeinsam gestalten. Welche Farben sollen zum Einsatz kommen? Welche Art Bilder wird aufgehängt? Mit welchen Formen soll gestaltet werden? Welche Schilder sind für die Orientierung der BewohnerIinnen noch erforderlich? Dabei sollen für die einzelnen Bereiche themenbezogene Gestaltungen gefunden werden. Denkbar sind zum Beispiel die Themen Blumen, Berge, Tiere oder Ähnliches. Pflegedienstleiterin Gabriele Keil ist voller Lob: „Die Teams wollen bald ein umsetzbares Konzept erstellen. Sie sind sehr motiviert und stehen schon richtig ungeduldig in den Startlöchern.“ Heimisch bleiben In den Bewohnerzimmern wurden ebenfalls Veränderungen vorgenommen. Das Wichtigste sind wohl die neuen Pflegebetten. Diese Betten ermöglichen es, die Liegefläche auf eine sehr niedrige Höhe zu verstellen. Damit kann die Gefahr schwerer Verletzungen bei einem Sturz aus dem Bett verringert werden. Ist aber diese Gefahr geringer geworden, kann der manchmal notwendige, aber rechtlich immer schwierige Einsatz der Seitengitter eingeschränkt werden. Blick in den Gemeinschaftsraum vor dem Umbau Blick in den umgestalteten Gemeinschaftsraum mit mehr Bewegungsspielraum durch die geöffnete Front Durch Verlegung des Abstellraumes und Wegnahme der Wände erhält der Gemeinschaftsraum mehr Licht und Weite Ein neuer Einbauwäscheschrank wird in den Zimmern für ein verbessertes Wohngefühl sorgen. Ansonsten sind außer dem Nachtschrank und einer Kommode keine weiteren Möbel für die Zimmer vorgesehen. Auch die Wände sind eigentlich leer. Der Tresenbereich vor dem Dienstzimmer vermittelt Präsenz und Übersicht Hier soll jeder neue Bewohner seine eigenen und vertrauten Möbel und Einrichtungsgegenstände mitbringen. Dadurch kann eine private Umgebung mit hohem Wiedererkennungswert geschaffen werden, die auch an Demenz erkrankten Menschen ein Zu-Hause-Fühlen ermöglicht. Bereit sein ist alles Im Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong>- Plauen haben sich mittlerweile drei Pflegefachkräfte zu Fachkräften für gerontopsychiatrische Pflege spezialisiert. Alle anderen Mitarbeitenden wurden darüber hinaus in einer Fortbildung zum Thema Gerontopsychiatrie auf die sich verändernden Aufgaben vorbereitet. Auch die Angehörigen der BewohnerInnen nehmen die Neuerungen zunehmend positiv auf. Nachdem viele von ihnen anfänglich sehr skeptisch gegenüber den geplanten Veränderungen waren, mehren sich jetzt die zustimmenden Meinungsäußerungen. Die Heimleiterin Frau Klein ist sich sicher, dass die Unterstützung der Angehörigen weiter wachsen wird, wenn sie die positiven Auswirkungen für ihre hier wohnenden Verwandten bei ihren Besuchen erleben und erkennen können. „Wir wollen den Angehörigen deshalb gern das Konzept und die Umsetzung noch einmal näher bringen. Dazu wird gegen Jahresende, wenn wir mit den Gestaltungen richtig gut vorangekommen sind, ein weiterer Angehörigenabend zu den Umbauten und Veränderungen angeboten.“ Mit dem Umbau im Altenpflegeheim <strong>Dresden</strong>-Plauen hat die <strong>Diakonie</strong> - Stadtmission <strong>Dresden</strong> das erste Mal in einem der „neuen“ Heime einen Umbau in diesen Größenordnungen direkt für gerontopsychiatrisch veränderte Menschen gestaltet. Wenn sich das gut bewährt und angenommen wird, wird auch in den anderen Heimen überlegt werden, wie die Anforderungen für die Betreuung von Dementen noch besser umgesetzt werden können. Damit können wir auch künftig eine sehr gute Belegung unserer Häuser sichern helfen. Tobias Hein