Ausgabe - Nr.11 vom 21. November 2012 - Gemeinde Seddiner See
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6 <strong>See</strong>-Kurier<br />
Im Septemberheft des SEE–<br />
KURIERs argumentiert Herr Bracke<br />
in seinem 1. Plädoyer gegen<br />
ein „umfassenderes Nachtflugverbot“<br />
für BER. Sein 2. Plädoyer<br />
für den Bestand der <strong>Gemeinde</strong><br />
<strong>Seddiner</strong> <strong>See</strong> lasse ich gern<br />
gelten, aber worum geht es hier?<br />
Die Bürgerinitiativen (BI) fordern<br />
für BER ein striktes Flugverbot<br />
zwischen 22:00 und<br />
06:00. Zwar wird immer wieder<br />
betont, dass die BER-Betreiber<br />
doch eine Flugruhe nur für 6<br />
Stunden planen, zwischen 23:30<br />
und 05:30. Laut Planfeststellungsbeschlussgenehmigt,<br />
<strong>vom</strong> Bundesverwaltungsgericht<br />
bestätigt und für zukünftige<br />
Änderungen maßgebend<br />
sind aber regelmäßige Flüge<br />
außerhalb einer nur 5-stündigen<br />
Nachtflugverbotszeit von 0 bis 5<br />
Uhr. Außerdem sind in dieser<br />
„absoluten“ Ruhezeit auch<br />
weiterhin Post-, Regierungs-<br />
Rettungs- und Militärflüge möglich.<br />
Zu Recht beklagt Herr Bracke<br />
zunächst die sachlich und politisch<br />
fehlerhafte Entstehung des<br />
Großflughafens BER in Schönefeld,<br />
durchgesetzt 1996 von<br />
Berlin und <strong>vom</strong> Bund gegen<br />
Brandenburg. Herr Bracke sieht<br />
auch die kommende Lärmbelastung<br />
und erwähnt dann<br />
knapp, dass „Fluglärm die Gefahr<br />
für Erkrankungen erhöht“. Die<br />
gesundheitlichen Gefahren verkleinert<br />
er mit den Bemühungen<br />
der Flugzeugindustrie um leisere<br />
Flugzeuge. Dann aber schiebt<br />
er die Gesundheitsgefahren mit<br />
wirtschaftlichen Überlegungen<br />
völlig beiseite: Das von den BI<br />
geforderte strikte Nachtflugverbot<br />
behindere die Abläufe der<br />
<strong>21.</strong> <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />
Volksbegehren noch bis 3. Dezember unterschreiben!<br />
Zum Artikel „Der BER wird fliegen“ von Pierre Bracke im SEE-KURIER Sept. <strong>2012</strong> (I)<br />
globalisierten Wirtschaft, verhindere<br />
die Schaffung von Arbeitsplätzen<br />
und den Wohlstand in<br />
unserer Region. Es gibt gute<br />
Gründe, dieses Plädoyer in Frage<br />
zu stellen.<br />
„Der BER wird fliegen“? Ja, hier<br />
stimme ich noch zu! Nach den<br />
vermeidbaren Pannen im Baumanagement<br />
und in der Politik<br />
und der 4.Terminverschiebung<br />
soll BER nun „ganz sicher“ am 27.<br />
Oktober 2013 mit einer Kapazität<br />
von 27 Mio. Passagieren pro<br />
Jahr in Betrieb gehen. Rein rechtlich<br />
kann BER weiter ausgebaut<br />
werden auf 45 Mio. Passagiere.<br />
Erst der Ausbau und die nach<br />
derzeitiger Planung auf 6 Stunden<br />
beschränkte, nur relative<br />
Nachtruhe sollen die Wirtschaftlichkeit<br />
von BER und 40.000<br />
neue Arbeitsplätze in der Region<br />
ermöglichen. Nach Schätzungen<br />
der SPD-Landtagsfraktion <strong>vom</strong><br />
April <strong>2012</strong> werden aber nur<br />
3.000 wirklich neue Jobs geschaffen.<br />
Aus Tegel werden zusätzliche<br />
17.000, aber heute bereits bestehende<br />
Arbeitsplätze zum BER<br />
verlagert werden. Schon das Job-<br />
Versprechen hält also nicht!<br />
BER schadet uns eher, als dass er<br />
uns Vorteile bringt. Im Gegensatz<br />
zu den Berlinern sind wir<br />
verkehrstechnisch sehr schlecht<br />
angebunden! Und der Steuerzahler<br />
wird trotz der bereits auf<br />
unvorstellbare 3,3 Milliarden<br />
Euro gestiegenen Baukosten<br />
noch 1,2 Milliarden Euro nachschießen<br />
müssen, weil die BER-<br />
Betreibergesellschaften – Berlin,<br />
Brandenburg und Bund – sonst<br />
zum Jahresende in die Insolvenz<br />
gehen.<br />
Für uns schlimmer aber wird das<br />
mindestens verdreifachte Flugaufkommen<br />
über der <strong>Gemeinde</strong>,<br />
auch wenn wir 35 km Luftlinie<br />
<strong>vom</strong> BER entfernt wohnen.<br />
Bisher kennen wir keine wesentliche<br />
Belästigung durch Fluglärm,<br />
werden wir doch noch in Höhen<br />
von über 2.000 m überflogen.<br />
Das wird sich ändern! Zum Beispiel<br />
soll der BER-Anflug bei<br />
Ostwindlage nach den Plänen<br />
der Deutschen Flugsicherung in<br />
nur 1.200 m Höhe erfolgen. Übliche<br />
Flugzeugtypen ergeben<br />
dann einen Schalldruckpegel von<br />
60 Dezibel (Lärmbelastung, gemessen<br />
als dB (A)), 5 dB (A) mehr<br />
als von Herrn Bracke anführt,<br />
wobei 10 dB (A) bereits eine Verdoppelung<br />
der „Lautheit“ bedeuten.<br />
Wenn die Industrie um 20%<br />
leisere Triebwerke verspricht, ist<br />
das erfreulich: Ihr Lärm wird damit<br />
immerhin um 5 dB (A) gemindert.<br />
Der für 2015 geplante A<br />
320Neo ist hier allerdings eine<br />
Ausnahme. Großflugzeuge, wie<br />
der Airbus A 380, machen sich<br />
aus 1.200 m Höhe trotzdem<br />
noch mit 65 dB (A) bemerkbar.<br />
Zudem erwarten Fluglärmexperten<br />
keine großen Fortschritte<br />
bei der weiteren Lärmminderung<br />
der Triebwerte. Das<br />
liegt am sog. Nebenstrom-Verhältnis,<br />
bei dem das Optimum<br />
erreicht ist. Wird es größer, würden<br />
die Triebwerke zwar leiser,<br />
aber auch größer und schwerer,<br />
was wiederum einen höheren,<br />
von den Airlines nicht gewünschten<br />
Treibstoffverbrauch<br />
zur Folge hätte. Tagsüber mögen<br />
wir die Verlärmung durch BER<br />
wegen des dann höheren Geräuschpegels<br />
aus der Umwelt<br />
wohl ohne Klagen und<br />
unbeschadet hinnehmen. Was<br />
aber nachts? Aus guten Gründen<br />
gelten nach dem<br />
Immissionsschutzgesetz und der<br />
TA Lärm für Dorf- und Mischgebiete<br />
tagsüber 60 dB (A) und<br />
nachts 45 dB (A) als Lärmgrenzen.<br />
Für Fluglärm gelten diese<br />
Grenzen nicht. Deshalb werden<br />
nachts die Lärmspitzen und<br />
die hohe Zahl der Überflüge manchen<br />
von uns direkt stören, auch<br />
schon gesundheitlich beeinträchtigen.<br />
Die meisten Menschen<br />
brauchen mehr als nur 6 Stunden<br />
Schlaf, um gestärkt und erholt in<br />
den neuen Tag zu gehen! Sonst<br />
kommt es - individuell unterschiedlich<br />
- zu Schlafstörungen,<br />
Verspannung, Leistungsminderung,Blutdruck-Erhöhung<br />
und letztlich zu psychischen„Befindlichkeits“-Störungen<br />
und Herz-Kreislauf-Veränderungen<br />
bis zur Steigerung der<br />
Herztod-Rate. Ernst zu nehmende<br />
nationale und internationale<br />
Gutachten und die Stellungnahmen<br />
des Deutschen Ärztetages<br />
und des Umweltbundesamtes<br />
darf man doch nicht so völlig ignorieren!<br />
Wir brauchen tatsächlich das<br />
„umfassendere Nachtflugverbot“<br />
von 22:00 bis 06:00! In<br />
Berlin ist das Volksbegehren zum<br />
Nachtflugverbot gescheitert – zu<br />
den erforderlichen 173.000<br />
Stimmen fehlten etwa 20.000.<br />
Umso wichtiger ist jetzt ein positiver<br />
Ausgang des Volksbegehrens<br />
im Lande Brandenburg!<br />
Gehen Sie bitte bis zum 3. Dezember<br />
<strong>2012</strong> – mit Ihren<br />
Personalpapieren - zur <strong>Gemeinde</strong><br />
und tragen sich in die Liste<br />
Volksbegehren ein. Sie handeln<br />
damit verantwortlich für sich<br />
selbst. Sie helfen damit zugleich<br />
auch den Menschen, die näher an<br />
BER wohnen, und Sie setzen<br />
nicht kommerzielle Interessen<br />
höher als das Menschenrecht auf<br />
unbeeinträchtigte Umwelt und<br />
Gesundheit.<br />
Dr. Hans Gelderblom