Ausgabe - Nr.11 vom 21. November 2012 - Gemeinde Seddiner See
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<strong>21.</strong> <strong>November</strong> <strong>2012</strong> <strong>See</strong>-Kurier 11 7<br />
Für ein umfassenderes Nachtflugverbot!<br />
Zum Artikel „Der BER wird fliegen“ von Pierre Bracke im SEE-KURIER Sept. <strong>2012</strong> (II)<br />
Im September Amtsblatt der <strong>Gemeinde</strong><br />
<strong>Seddiner</strong> <strong>See</strong> hat Herr<br />
Pierre Bracke zwei Plädoyers veröffentlicht.<br />
Während dem zweiten<br />
Plädoyer gegen drohende<br />
<strong>Gemeinde</strong>gebietsstrukturänderungen<br />
noch nahezu uneingeschränkt<br />
zuzustimmen ist, wunderte<br />
ich mich über sein Votum „gegen<br />
ein umfassenderes<br />
Nachtflugverbot“ am BER. Beinahe<br />
hatte ich den Eindruck, dieses Plä-<br />
doyer wurde eher von einem BER-<br />
Betreiber und nicht von dem Anwohner<br />
einer zukünftig <strong>vom</strong> Fluglärm<br />
stark betroffenen <strong>Gemeinde</strong><br />
verfasst. Ein ortsfremder Unbeteiligter<br />
würde bei der Lektüre dieses<br />
Plädoyers wahrscheinlich sogar<br />
denken, dass alle BER-Kritiker<br />
technik- und fortschrittsfeindlich<br />
sind und leichtfertig mit der<br />
Wettbewerbsfähigkeit der regionalen<br />
Wirtschaft spielen.<br />
Zweifelsohne: Ein Plädoyer wäre<br />
sicherlich ein schlechtes Plädoyer,<br />
wenn es sich nicht auch<br />
populistischer Stilmittel bedienen<br />
würde. Das tut Herr Bracke auch,<br />
beklagt bei Flugrouten- und<br />
Nachtfluggegnern aber gleichzeitig<br />
mangelnde Sachlichkeit und<br />
Populismus. Natürlich sind die Diskussionen<br />
über Flugrouten und<br />
Nachtflüge emotionsgeladen.<br />
Schließlich geht es um die Gesundheit<br />
und die Lebensqualität von<br />
Menschen und schließlich haben<br />
die „ohne wenn und aber“ Flughafen-Verfechter<br />
eine starke Lobby in<br />
Politik und Wirtschaft. Die <strong>vom</strong><br />
Fluglärm betroffenen Anwohner<br />
haben so gut wie keine. Es bleibt<br />
ihnen also gar nichts anderes übrig<br />
als sich außer mit sachlichen Argumenten<br />
auch mit „Händen und<br />
Füßen“ zu wehren.<br />
Natürlich wäre es sachlich übertrieben,<br />
pauschal und<br />
undifferenziert von „verheeren-<br />
den Folgen“ von Fluglärm in unserer<br />
<strong>Gemeinde</strong> zu sprechen.<br />
Andererseits ist es aber falsch, die<br />
absehbaren Folgen zu verniedlichen<br />
und zu verharmlosen und sich<br />
dem Schicksal selbstlos zu ergeben.<br />
Dass Lärm krank macht (gerade<br />
nachts), ist nun mal wissenschaftlich<br />
erwiesen. Wie krank er<br />
macht, werden wir erst erfahren,<br />
wenn er da ist und dann ist es zu<br />
spät! Deshalb sollten wir jetzt kein<br />
schlechtes Gewissen haben, sondern<br />
durchaus einige Fakten zu<br />
Flugrouten, Nachtflug und<br />
Standortentscheidung für den<br />
BER bedenken, damit ein schlechtes<br />
Gewissen gar nicht erst aufkommt.<br />
Dazu gehört z. B., dass Flughäfen<br />
wie Frankfurt, München oder<br />
Düsseldorf strengere Nachtflugauflagen<br />
als BER haben und dennoch<br />
wirtschaftlich erfolgreich operieren.<br />
Oder, dass die dort ortsansässigen<br />
Firmen hervorragend im<br />
globalen Wettbewerb bestehen<br />
und nicht am laufenden Band Insolvenz<br />
anmelden. Für unsere<br />
Region sind Nachteile im Zusammenhang<br />
mit dem BER infolge<br />
bereits beschlossener und umgesetzter<br />
Maßnahmen wahrscheinlich<br />
sowieso viel höher zu bewerten<br />
als befürchtete und nicht belegbare<br />
Nachteile aus einem<br />
Nachtflugverbot von 22.00 bis<br />
6.00 Uhr. Das gilt für Gewerbetreibende<br />
genauso wie für Einwohner.<br />
In erster Linie ist hier die Anbindung<br />
der Region an den BER zu<br />
nennen. Mit dem Fahrplanwechsel<br />
im Dezember 2011 wurde eine<br />
neue Streckenführung der<br />
Regionalbahn RB 22 vorgenommen<br />
und damit die Region<br />
<strong>Seddiner</strong> <strong>See</strong>/Michendorf und ein<br />
großer Teil des Hinterlandes im<br />
Landkreis Potsdam Mittelmark<br />
von der direkten und zeitkürzesten<br />
Flughafenanbindung<br />
abgeschnitten. Wenn wir in Zukunft<br />
mit dem Zug zum Flughafen<br />
wollen, müssen wir zuerst nach<br />
Potsdam oder Saarmund (dort wo<br />
die RB 22 jetzt verkehrt) oder den<br />
langen Umweg mit dem RE 7<br />
durch die West- und Ostberliner<br />
Innenstadt in Kauf nehmen.<br />
Auch bei den Flugrouten lohnt ein<br />
Blick auf die halbherzigen Kompromisse<br />
der DFS, die zum großen<br />
Teil auf politische Vorgaben zurückgehen<br />
und ausschließlich die<br />
Brandenburger Bevölkerung be-<br />
lasten. Nun rächt sich nämlich (fast<br />
nur für uns), dass mit Schönefeld<br />
der Standort durchgesetzt wurde,<br />
der im Raumordnungsverfahren<br />
als schlechtester der drei betrachteten<br />
Flughafenstandorte abgeschnitten<br />
hat. Und zwar auf Druck<br />
des Bundes und insbesondere des<br />
Landes Berlin. Da darf man doch<br />
wohl mal fragen, weshalb eigentlich<br />
alle Standortnachteile nur von<br />
Brandenburg abgefedert werden<br />
sollen?<br />
Nicht nur, dass das Berliner Stadtzentrum<br />
viel näher als Potsdam am<br />
neuen Flughafen liegt, auch ist es<br />
viel besser über Fern-, Regionalund<br />
S-Bahn angebunden. Zudem<br />
bekommt Brandenburg mit den<br />
Flugrouten nun auch noch großflächig<br />
den Fluglärm ab, vor dem sich<br />
Berlin erfolgreich mit dem Slogan<br />
„außen rum statt oben drüber“<br />
abschirmte. Kein Wunder, dass sich<br />
in Berlin nur wenige Personen am<br />
mittlerweile abgeschlossenen und<br />
gescheiterten Volksbegehren<br />
„Nachtflugverbot“ beteiligten: Am<br />
Himmel über Berlin wird, wenn<br />
BER in Betrieb geht, außer am<br />
Müggelsee nämlich quasi kein Flugverkehr<br />
mehr stattfinden. In<br />
Brandenburg läuft dieses Volksbegehren<br />
noch.<br />
In unserer <strong>Gemeinde</strong> hatten sich<br />
Mitte Oktober erst 71 Einwohner<br />
zum Volksentscheid eingetragen.<br />
Möchte wirklich jeder, der sich nicht<br />
eingetragen hat, auf eine ungestörte<br />
Nachtruhe verzichten? Das ist<br />
unverständlich, es sei denn, man<br />
möchte überflogen werden. Diejenigen,<br />
die das wollen, dürfen sich<br />
auf den 27. Oktober 2013 freuen,<br />
den aktuell gültigen Eröffnungstermin<br />
für den BER. Diejenigen, die<br />
das nicht wollen, sollten bis zum 3.<br />
Dezember <strong>2012</strong> mit ihrem Personalausweis<br />
zur <strong>Gemeinde</strong> gehen<br />
und sich dort in die Liste Volksbegehren<br />
eintragen.<br />
Detlef Grimski