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Das »Armenhaus« in Immenhausen - Geschichtsverein Härten eV

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<strong>Das</strong> <strong>»Armenhaus«</strong> <strong>in</strong> <strong>Immenhausen</strong><br />

E<strong>in</strong> Beitrag von Sonja und Achim Brucksch<br />

Allgeme<strong>in</strong>es zum Denkmalschutz<br />

<strong>Das</strong> Gebäude <strong>in</strong> der <strong>Härten</strong>straße 88 <strong>in</strong><br />

<strong>Immenhausen</strong> bzw. im ehemaligen<br />

Mühlweg 4 wird als Armenhaus oder<br />

Bettelhaus bezeichnet. Die Quelle dieser<br />

Bezeichnung ist nicht bekannt und<br />

kann daher nur als Spekulation dienen.<br />

E<strong>in</strong> Indiz für die Richtigkeit dieser Bezeichnung<br />

ist die Lage des Hauses am<br />

Rand der Geme<strong>in</strong>de <strong>Immenhausen</strong>. Arme,<br />

Tagelöhner, Kranke wurden entsprechend<br />

ihrer sozialen »Randlage« auch baulich am Rand des Ortes angesiedelt.<br />

Vermutlich war das Armenhaus zu se<strong>in</strong>er Bauzeit am Ortsrand gelegen.<br />

Bei se<strong>in</strong>en Nachforschungen im Ortskataster fand Herr Manfred Wandel vom Geschichtsvere<strong>in</strong><br />

<strong>Härten</strong> e. V. auch die Bezeichnung »Hirtenhaus mit Scheuerle<strong>in</strong>«.<br />

Seit 1991 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Es wurde vom Landesdenkmalamt<br />

Tüb<strong>in</strong>gen für schützens- und erhaltenswert gehalten, weil es aus sozialgeschichtlicher<br />

Perspektive - eben als früheres Armenhaus - e<strong>in</strong>e große Bedeutung hat.<br />

Die unsche<strong>in</strong>bare Baustruktur und der Zustand des Gebäudes s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

unerheblich.<br />

Baubeschreibung<br />

<strong>Das</strong> Armenhaus ist e<strong>in</strong> Fachwerkbau aus Eichenholz. Die dendrochronologische Altersbestimmung<br />

der Eichenbalken hat ergeben, dass diese im W<strong>in</strong>ter 1655/1656 gefällt<br />

wurden. Die Gefache waren ursprünglich mit Lehmstakungen gefüllt, also mit<br />

Geflechten aus Holz und Lehm.<br />

In e<strong>in</strong>er 2. Bauphase beg<strong>in</strong>nend am Anfang des 18. Jhdt. bis zum 20. Jhdt. wurden<br />

größere Bereiche erneuert und die Gefache teilweise mit Bruchste<strong>in</strong>en ausgemauert.<br />

Die Auswechslungen folgten jedoch der bauzeitlichen Grundrissstruktur und haben<br />

das Ersche<strong>in</strong>ungsbild des Gebäudes nur unwesentlich verändert.<br />

<strong>Das</strong> Haus ist <strong>in</strong> drei Zonen aufgebaut. Die mittlere Zone im Erdgeschoss ist als Küchenzone<br />

angelegt. Die beiden äußeren Zonen als Stuben oder Kammern, wobei e<strong>in</strong><br />

Raum als Stall genutzt wurde.<br />

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Erkennbar durch Rußspuren s<strong>in</strong>d drei Feuerstellen, die auf e<strong>in</strong>e Nutzung des Gebäudes<br />

durch mehrere Familien schließen lassen. Normalerweise war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus<br />

dieser Größenordnung nur e<strong>in</strong>e Feuerstelle vorhanden.<br />

Im Erdgeschoss gab es vermutlich zwei völlig vone<strong>in</strong>ander getrennte Wohnungen. Zu<br />

diesen Wohnungen gehörten außer e<strong>in</strong>er Stube und e<strong>in</strong>er Kammer sowie der Flurküche<br />

im Erdgeschoss zusätzlich je e<strong>in</strong>e Kammer im Dach.<br />

Außerdem bef<strong>in</strong>den sich im Dach zwei weitere Kammern, die von den beiden Wohnungen<br />

aus nicht zugänglich waren. Wie sie erschlossen waren, lässt sich zur Zeit<br />

nur vermuten, d. h. eventuell durch e<strong>in</strong>e am südlichen Giebel angebrachte Außentreppe.<br />

<strong>Das</strong> Haus weist im mittleren Dachbereich starke Verrußungen auf. <strong>Das</strong> deutet darauf<br />

h<strong>in</strong>, dass lange Zeit e<strong>in</strong> offener Rauchabzug existierte, d. h. die Rauchführung der<br />

offenen Herdstellen erfolgte nicht über e<strong>in</strong>en Kam<strong>in</strong>, sondern durch die Giebel des<br />

Gebäudes.<br />

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Skizze erstellt von S. Brucksch - nicht maßstäblich


Baukörper, Raumstruktur, Konstruktion & Baumaterialien<br />

Gebäudegrundfläche: ca. 9,5 m (Länge) x 8,3 m (Breite)<br />

Gebäudehöhe: im Mittel ca. 8 m (Firsthöhe)<br />

Traufhöhe: zur Straße ca 2,5 - 3 m, zum Garten ca. 2,1 m<br />

Geschosse:<br />

1 Vollgeschoss und 2 Dachebenen<br />

o Erdgeschoss: Fachwerk auf Bruchste<strong>in</strong>sockel. Gefache Lehmstakungen oder<br />

Bruchste<strong>in</strong>e oder neuere Materialien<br />

o Dach: Fachwerkkonstruktion <strong>in</strong> den Giebeln. Ausfachungen Lehmstakung oder<br />

Bruchste<strong>in</strong>e oder neuere Materialien<br />

o Dachstuhl als Sparrendach aufgeschlagen<br />

Dachform: Sattelfach, Firstrichtung ungefähr Nord-Süd<br />

Dachneigung: ca. 52 %<br />

Dachdeckung: Biberschwanzziegel <strong>in</strong> E<strong>in</strong>fachdeckung, Ausbesserung mit neueren<br />

stranggepressten Falzbiberschwänzen.<br />

IST-Zustand<br />

<strong>Das</strong> Gebäude <strong>Härten</strong>straße 88 bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dr<strong>in</strong>gend sanierungsbedürftigen<br />

Zustand. Wegen mangelnden Bauunterhalts durch den Vorbesitzer entstanden<br />

erhebliche Schäden, die ohne sofortige Sanierung rasch zu e<strong>in</strong>em Totalverlust des<br />

Gebäudes führen würden.<br />

Wir, die jetzigen Eigentümer, Achim und Sonja Brucksch, haben bereits durch Sofortmaßnahmen,<br />

wie E<strong>in</strong>decken von Löchern im Dach und Entrümpelung im Außenbereich,<br />

Erneuerung des Ortgangs auf der Südseite, Schließen von Löchern <strong>in</strong> der<br />

Außenwand, Freilegen und Festigen von Fundamenten und der Reparatur der meisten<br />

Fenster e<strong>in</strong>en weiteren Verfall gebremst.<br />

Um das Gebäude wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en statisch und bauphysikalisch unbedenklichen Zustand<br />

zu versetzen, müssen noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden.<br />

Um e<strong>in</strong>e sichere planerische Grundlage zu erhalten, wurde im Auftrag des Landesdenkmalamts<br />

Tüb<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Bauaufnahme, e<strong>in</strong>e aufwändige bauhistorische Untersuchung<br />

mit dendrochronologischer Untersuchung, e<strong>in</strong>e Schadensuntersuchung sowie<br />

e<strong>in</strong>e Kostenschätzung erstellt.<br />

Unser Zuschussantrag auf Fördermittel blieb dennoch vom Landesdenkmalamt Tüb<strong>in</strong>gen<br />

bis jetzt unbeantwortet.<br />

Unser Sanierungsziel ist die Wiederherstellung und Sicherung des vorgefundenen<br />

Zustandes mit der Absicht, es als baulichen Zeitzeugen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressierten Öffentlichkeit<br />

zugänglich zu machen. Alle Arbeiten werden im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er größtmöglichen<br />

Erhaltung bestehender Bauteile durchgeführt. Ke<strong>in</strong> Bauteil wird gänzlich erneuert,<br />

sondern immer repariert oder ergänzt.<br />

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Ob uns noch zu helfen ist?<br />

Wir freuen uns über jeden, der bereit wäre, mal e<strong>in</strong>e Runde Sch<strong>in</strong>deln zu stecken.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus suchen wir aber dr<strong>in</strong>gend historisches Baumaterial und Mobiliar, wie<br />

handgefertigte Biberschwanzziegel<br />

Bodendielen<br />

Spülste<strong>in</strong>, Holzherd<br />

landwirtschaftliche Geräte<br />

Haushaltsgegenstände<br />

E<strong>in</strong>richtungsgegenstände oder Bestandteile e<strong>in</strong>er Handwerksstube oder e<strong>in</strong>es<br />

Wirtshauses<br />

Quelle: Bauhistorische Kurzuntersuchung, erstellt im November 2000 durch den<br />

Hausforscher Dipl.-Ing. Arm<strong>in</strong> Seidel, Ostfildern.<br />

Text zusammengefasst und ergänzt von Sonja und Achim Brucksch, <strong>Immenhausen</strong>,<br />

September 2003<br />

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