SCE-Stifter Falk F. Strascheg im Interview
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Unser <strong>Stifter</strong><br />
„Entrepreneurship<br />
kann man lernen wie<br />
Klavierspielen.“<br />
<strong>Stifter</strong> <strong>Falk</strong> F. Stascheg <strong>im</strong> Gespräch<br />
<strong>Falk</strong> F. <strong>Strascheg</strong> ist einer der erfahrensten und erfolgreichsten Venture<br />
Capitalisten in Deutschland und Europa. Er ist Gründungsgesellschafter<br />
der EXTOREL Private Equity Advisers, einer führenden Venture Capital<br />
Gesellschaft. 1971 hob <strong>Falk</strong> F. <strong>Strascheg</strong> in München die Laser-Optronic<br />
aus der Taufe. Nachdem er die Gesellschaft innerhalb von zehn Jahren<br />
zum führenden europäischen Hersteller von Lasern und Laser-Systemen<br />
entwickelt hatte, verkaufte er sein Unternehmen erfolgreich an den Weltmarktführer<br />
Coherent Inc., Palo Alto, Kalifornien. Darauf gründete er<br />
1987 die TECHNOLOGIEHOLDING und machte sie binnen weniger Jahre<br />
zur führenden Venture Capital Gesellschaft in Deutschland sowie <strong>im</strong><br />
deutschsprachigen Raum. Zahlreiche innovative High-Tech-Unternehmen<br />
wurden von der TECHNOLOGIEHOLDING als Lead-Investor finanziert. Ende<br />
Dezember 2000 verkaufte er die Holding an die 3i Group plc. Bis dahin waren<br />
von den 156 eingegangenen Early-Stage-Beteiligungen 13 junge Unternehmen<br />
an internationalen Wachstumsbörsen notiert und 31 Unternehmen waren<br />
veräußert. <strong>Falk</strong> F. <strong>Strascheg</strong> hat zahlreiche Aufsichts- und Beiratsmandate<br />
in verschiedenen internationalen Technologieunternehmen. Im Jahr 1998<br />
war er Präsident des europäischen Branchendachverbandes European<br />
Private Equity & Venture Capital Association (EVCA).<br />
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<strong>Falk</strong> F.<br />
<strong>Strascheg</strong><br />
<strong>im</strong> Gespräch:<br />
<strong>Falk</strong> F. <strong>Strascheg</strong> wollte mit der<br />
Gründung des <strong>SCE</strong> an der Hochschule<br />
München zeigen, dass man unternehmerisches<br />
Denken und Handeln<br />
lernen und lehren kann. Zehn Jahre<br />
später, 2012, trägt die Hochschule<br />
München als eine von drei Hochschulen<br />
in Deutschland den Titel<br />
„EXIST Gründerhochschule“.<br />
Wie beurteilt der <strong>Stifter</strong> heute die<br />
Innovationskultur in Deutschland?<br />
Im Jahr 2012 feierten zwei Gründerzentren an Münchner Hochschulen ihr<br />
zehnjähriges Bestehen, das <strong>SCE</strong> und UnternehmerTUM an der Technischen<br />
Universität. Ist das Zufall?<br />
Damals ebbte gerade der Boom am Neuen Technologiemarkt ab, es waren<br />
best<strong>im</strong>mt noch Ausläufer dieser Internet- und Gründungseuphorie, welche<br />
die St<strong>im</strong>mung prägten. In den Folgejahren 2003 und 2004 haben wir eher eine<br />
Rezession erlebt, dann ging es ab 2005 wieder aufwärts, bevor 2008 nach dem<br />
Zusammenbruch der Lehmann Brothers die Finanzwelt eine andere war. Heute<br />
macht wiederum das mangelnde Vertrauen in den Euro die Lage schwierig.<br />
Gründungsaktivitäten benötigen Investments und Investoren. Ich wollte aber<br />
2002 mehr und etwas anderes erreichen als die Förderung einzelner Start-Ups,<br />
und meine Wahl fiel auf die damalige Fachhochschule München mit ihrem<br />
breitgefächerten, aber stark technikorientierten Angebot.<br />
Heute können Sie auf zehn Jahre Entrepreneurship-Förderung an der Hoch-<br />
schule München zurückblicken. Was hat Sie beeindruckt an der Entwicklung<br />
des <strong>SCE</strong>?<br />
Angefangen hat das <strong>SCE</strong> mit drei Personen, also klein und vielleicht <strong>im</strong>mer mal<br />
etwas holprig. Seit Klaus Sailer es leitet, ist es auf der Erfolgsspur. Die Zusammenarbeit<br />
mit den vielen Fakultäten, die Erfolge be<strong>im</strong> Einwerben von Auszeichnungen<br />
und Fördermitteln beeindrucken mich. Ich glaube, es ist wichtig, die<br />
eigenen Mitarbeiter zu begeistern, aber auch, andere Professorinnen und<br />
Professoren mit ins Boot zu holen und ausgleichend zwischen den Fakultäten zu<br />
wirken. Die Vernetzung außerhalb des eigenen Instituts ist entscheidend für den<br />
Erfolg.<br />
Und was sagen sie den Skeptikern heute – kann man Entrepreneurship<br />
richtig lernen?<br />
Es überrascht mich bei jeder Stiftungsratssitzung – zwe<strong>im</strong>al <strong>im</strong> Jahr – wie<br />
viele Veranstaltungen, Kurse und Wettbewerbe an der Hochschule München<br />
angeboten werden. Die Veranstaltungen wie Unternehmer live erleben, Gesellschaftliche<br />
Innovation oder der E’ship Day der Hochschule München sind alle<br />
wunderbar, mittlerweile ist auch meine Frau ein richtiger Fan geworden. Auch<br />
mit welcher Freude und Professionalität die Programme durchgeführt und die<br />
Projekte und Geschäfts-ideen präsentiert werden. Unternehmerisch denken<br />
kann und muss man lernen. Ja, Klavierspielen kann doch auch jeder lernen,<br />
nicht wahr, aber der eine kann es eben besser als der andere und nicht jede<br />
oder jeder wird ein Horowitz… Also, das Rüstzeug kann man erlernen, aber<br />
manche sind talentierter als andere und nicht jede und jeder ist ein Manager.<br />
Das <strong>SCE</strong> lehnt sich mit seinem Ansatz stark an das Leitbild der Hochschule<br />
München an und orientiert den Dreiklang aus Gründungsförderung,<br />
Qualifizierung und Forschung an der Entwicklung der unternehmerischen<br />
Persönlichkeit. Wie gewichten Sie diese drei Schwerpunkte?<br />
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Forschung für sich allein ist ja schön und gut. Aber irgend-<br />
etwas sollte schon damit angefangen werden, deshalb<br />
bin ich mit der Hochschule München für die angewandte<br />
Forschung. Die Verwertung in der Lehre und in der<br />
Gründungsförderung ist entscheidend.<br />
Was würden Sie heute studieren, wenn Sie noch einmal<br />
an der Hochschule München studieren könnten?<br />
Ich würde Elektrotechnik oder Elektronik studieren. Vielleicht<br />
auch Physik. Also wieder etwas allgemein Verwendbares<br />
in Richtung Technik. Oder Wirtschaftsingenieur?<br />
Ich glaube eigentlich, Ingenieure können leichter<br />
hinterher BWL lernen als umgekehrt!<br />
Was bedeutet für Sie Innovationskultur?<br />
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man jeden Tag mit<br />
offenen Augen herumgeht und dass man sich vor Augen<br />
führt, was man alles machen könnte und in Möglichkeiten<br />
denkt und nicht nur ein Produkt oder eine fertige Dienstleistung<br />
behalten will, an denen man nichts mehr ändert.<br />
Es ist wichtig, Neues schaffen zu wollen, und Neues muss<br />
gar nicht <strong>im</strong>mer grundsätzlich neu sein. Oft ist eine neue<br />
Kombination von Dingen und Prozessen, die es schon gibt,<br />
sehr innovativ.<br />
Entrepreneurship stammt als Begriff und vielleicht auch<br />
als Mentalität aus den USA. Welche Unterschiede sehen<br />
Sie zwischen der deutschen Gründerszene und der in<br />
den USA?<br />
In den USA ist die Risikofreude stärker ausgeprägt und<br />
die Investments sind dementsprechend höher. Wenn ein<br />
Gründungsteam hier eine Anfangsförderung von 3-5 Mio<br />
erreicht, hätte sie in den USA vielleicht mit 10-20 Mio<br />
Unterstützung anfangen können. Es wird mit privatem<br />
Investment intensiver begonnen, und damit ist das Unter-<br />
nehmen zum Erfolg verdammt – oder aber es kommt zu<br />
einem großen Knall. Hier werden einfach „kleinere<br />
Brötchen gebacken“. In Deutschland sehen wir dafür<br />
halbstaatliche Akteure, wie den HTGF (HighTech Gründerfonds),<br />
Bayernkapital oder aus dem Wirtschafts-ministerium<br />
die EXIST-Förderung. Viele Venture Capitalisten haben<br />
aufgehört, weil sie keine Fonds mehr haben – ich denke,<br />
hier hat eine Ausdünnung stattgefunden.<br />
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Welche Themen sehen Sie für die nächsten 10 Jahre <strong>im</strong><br />
Vordergrund für die Entrepreneurship-Aktivitäten an der<br />
Hochschule München?<br />
Zwei, die ein wenig schwierig sind, aber sie liegen mir<br />
am Herzen! Zum einen, ein schnelleres Wachstum der<br />
Start-ups. Wir leben in einer globalen Wirtschaftswelt,<br />
Geschäftsideen sollten nicht nur lokale Bedeutung haben,<br />
sondern rasch in verschiedenen Ländern anspringen.<br />
Zweitens, Intrapreneurship in Großunternehmen und<br />
die bessere Verwertung von Forschung. Siemens zum<br />
Beispiel verfügt über eine Kapazität von 8000 Personalstellen<br />
in der allgemeinen Forschung. Hier schlummern<br />
viele Erkenntnisse, die bislang ohne Umsetzung bleiben,<br />
weil keine Geschäftsmodelle dazu entwickelt werden.<br />
Hier sehe ich Handlungsbedarf.<br />
Herr <strong>Strascheg</strong>, es ändert sich viel, aber gibt es denn etwas,<br />
das gleich geblieben ist in den letzten zehn Jahren?<br />
Ja, und das ist die positive Einstellung des Präsidiums der<br />
Hochschule München. Wenn wir nicht so viel<br />
Unterstützung erfahren würden, könnten wir nicht leisten,<br />
was wir tun. Frau Prof. Schick ebenso wie Herr Prof.<br />
Kortstock als Präsidenten, Frau Prof. Fritze und viele<br />
andere waren und sind <strong>im</strong>mer engagiert. Deshalb fährt<br />
hier niemand in einer Einbahnstraße, alle geben viel und<br />
bekommen auch sehr viel zurück.