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Trauerrede für Prof. Ernst Keck - Herz-Kinder-Hilfe Hamburg e.V.

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Von <strong>Prof</strong>. Niels Bleese<br />

<strong>Trauerrede</strong> <strong>für</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong> (gehalten am 28.11.08)<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong> war 1963 nach einem längeren Studienaufenthalt an<br />

der Mayo-Clinic in Rochester auf die C3 <strong>Prof</strong>essur <strong>für</strong><br />

<strong>Kinder</strong>kardiologie an der <strong>Kinder</strong>klinik am UKE berufen worden und<br />

standardisierte insbesondere die interventionelle Diagnostik<br />

angeborener Vitien mittels der damals noch neuen Techniken <strong>für</strong><br />

<strong>Herz</strong>-Katheterter Untersuchungen und später diejenigen der<br />

echokardiographischen Verfahren.<br />

Wir dürfen heute nicht vergessen, dass dies die eigentlichen<br />

Pionierjahre der <strong>Herz</strong>medizin waren – erkennbar allein schon daran,<br />

dass die ersten diagnostischen <strong>Herz</strong>katheteruntersuchungen und die<br />

ersten offenen <strong>Herz</strong>operationen mit <strong>Hilfe</strong> der <strong>Herz</strong>-Lungen-Maschine<br />

sowohl bei Erwachsenen als auch bei <strong>Kinder</strong>n gerade wenige Jahre<br />

zuvor in den Vereinigten Staaten und erst danach in West-<br />

Deutschland realisiert worden waren (nebenbei: Koronarchirurgie gab<br />

es damals noch überhaupt nicht)<br />

Was mit dem Begriff Pionierzeit gemeint ist und was sich dahinter<br />

verbirgt – das können wir uns heute nicht mehr so recht vorstellen – es<br />

war die Zeit erschütternd hohe Mortalitätsraten sowohl in der<br />

Erwachsenen-<strong>Herz</strong>chirurgie, als auch insbesondere und v. a. in der<br />

<strong>Kinder</strong>herzchirurgie.<br />

Ich darf darüber berichten, weil ich zwischen 1969 und 1987 als<br />

Mitarbeiter der Abteilung <strong>für</strong> <strong>Herz</strong>chirurgie unter meinem damaligen<br />

Chef <strong>Prof</strong>. Rodewald an zahlreichen kinderkardiochirurgischen<br />

Eingriffen beteiligt war.<br />

<strong>Keck</strong> setzte sich schon sehr früh <strong>für</strong> aus seiner Sicht unumgängliche<br />

strukturierte Spezialisierung des Fachs <strong>Kinder</strong>herzchirurgie am UKE<br />

ein.<br />

Man darf nicht vergessen, dass <strong>Keck</strong> bereits Anfang der 60-iger Jahre<br />

an der Mayo-Clinic erlebt hatte, dass sich Pioniere der <strong>Herz</strong>chirurgie,<br />

wie John W. Kirklin und Dwight McGoon schon sehr frühzeitig auf<br />

<strong>Kinder</strong> und Säuglinge spezialisiert hatten und dadurch - natürlich


möchte ich heute sagen – schon damals vergleichsweise überragende<br />

Ergebnisse erzielen konnten.<br />

Als <strong>Keck</strong> realisierte, dass eine entsprechende Entwicklung am UKE<br />

nicht absehbar war, tat er etwas, was ich und viele andere im UKE<br />

ihm nie zugetraut hätten: er schickte die kompliziert erkrankten<br />

<strong>Kinder</strong> an uns vorbei dorthin, wo sie bessere Chancen hatten - z.B.<br />

nach London an das Hospital for Sick Cildren in der „Great Ormond<br />

Street“.<br />

Ich berichte heute darüber, weil ich möchte, dass alle, die hier<br />

zusammengekommen gekommen sind, um Abschied von <strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong><br />

zu nehmen, erfahren sollen, wie mutig – ja geradezu tollkühn das<br />

damals war. Wie viel Liebe und Fürsorge <strong>für</strong> die ihm anvertrauten<br />

<strong>Kinder</strong> musste der C3 <strong>Prof</strong>essor-<strong>Keck</strong> empfunden haben, sehenden<br />

Auges den Konflikt und den Bruch mit dem schier übermächtigen<br />

Ordinarius Rodewald zu wagen und dann die Konsequenzen auch<br />

auszuhalten.<br />

Die sich daraus ergebenden Konsequenzen waren indes<br />

bemerkenswert:<br />

1. die <strong>Kinder</strong>kardiologie am UKE entwickelte sich unabhängig von<br />

der benachbarten <strong>Herz</strong>chirurgie auf internationalem Niveau und<br />

2. die Eppendofer <strong>Kinder</strong>kardiochirurgie wurde nicht zuletzt<br />

infolge dieser Entwicklung – zwar verspätet – jedoch noch<br />

gerade zur rechten Zeit verselbständigt und angemessen<br />

professionalisiert.<br />

Bei jedem Rückblick auf das Leben und Wirken eines universitären<br />

Klinikers stellt sich die Frage – nein – sollte die Frage gestellt werden,<br />

was jenseits bedruckter Seiten – deren Bedeutung <strong>Keck</strong> stets<br />

relativierte – wirklich zurück bleibt und nachhaltig ist. Sie merken: ich<br />

rede von den inhaltlichen, und nicht von den sog. formalen<br />

akademischen Qualifikationen.<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong> hat im Laufe seiner langen Lehrtätigkeit eine nahezu<br />

unendliche Zahl von jungen Medizinern <strong>für</strong> das Fach<br />

<strong>Kinder</strong>kardiologie begeistern können und – was ich <strong>für</strong> besonders<br />

wichtig erachte –hat in ihnen die Neugierde <strong>für</strong> komplexe<br />

pathophysiologische Zusammenhänge unseres Kreislaufsystems<br />

entfachen können, weil er sein immerwährendes – fast kindliches -<br />

Staunen und seine Begeisterung darüber auf alle von uns übertrug.


Nicht umsonst ist sein – gemeinsam mit dem viel zu früh verstorbenen<br />

Kollegen Gerd Hausdorf - herausgegebenes Buch „Pädiatrische<br />

Kardiologie“ unter den klinischen Lehrbüchern ein wahrer Bestseller<br />

bis heute geblieben.<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong> hat Zeit seiner Tätigkeit junge Kolleginnen und Kollegen<br />

gefördert, ermutigt, ihnen durch seine ausgezeichneten nationalen und<br />

v. a. internationalen Verbindungen (er war u. a. zwischen 1976 – 79<br />

Präsident der „Association of European Paediatric Cardiologists“)<br />

Auslandsaufenthalte ermöglicht und er hat nie Mitarbeiter, die ihm in<br />

bestimmten Spezialbereichen seines Fachs überlegen waren (oder<br />

zumindest glaubten, überlegen zu sein), gebremst bzw. behindert.<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Keck</strong> war ein akademischer Lehrer ohne Berührungsängste und<br />

nicht zuletzt durch seine liebenswürdige Art mit Kollegen aus<br />

anderen- benachbarten Fachgebieten wurde der Katheterraum im Pav.<br />

56 unten zu einer Art Schmelztiegel interdisziplinären Denkens und<br />

Handelns.<br />

Ich erinnere mich noch gut daran, dass nicht nur der <strong>Kinder</strong>radiologe<br />

Lassrich, sondern später sogar der Erwachsenenkardiologe Rödiger<br />

die Katheteranlage in diesem Raum nutzen durften – ein Raum, in<br />

dem insbesondere Hausdorf schon in den frühen 80-iger Jahren<br />

bahnbrechende Katheterinterventionen durchführen durfte, weil <strong>Keck</strong><br />

weitsichtig und auch mutig war, diese damals revolutionären<br />

Techniken zu fördern – Techniken, die später dazu verhalfen,<br />

operative Eingriffe innerhalb des <strong>Herz</strong>ens und an den großen<br />

herznahen Gefäßen zu vermeiden.<br />

<strong>Keck</strong> hat stets weitsichtig und klug viel versprechende Entwicklungen<br />

seines Fachs gefördert bzw. sie nie zu verhindern versucht und er war<br />

– das ist im kompetitiven Umfeld einer UNI-Klinik überhaupt nicht<br />

normal - nicht eifersüchtig oder sogar neidisch auf Erfolge seiner<br />

Mitarbeiter – im Gegenteil!<br />

Ich denke, dass er diese Haltung hatte bzw. leben konnte, weil sein<br />

Leben außerhalb der Medizin an der Seite von Helen so reich war.<br />

Was kann man besseres über einen Arzt, Lehrer und Freund sagen?

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