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Kinderrechte Afrika eV

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Foto: J. Naegelen<br />

Jahresbericht 2010<br />

Kinder<br />

rechte<br />

AfriKA<br />

Zukunft für Kinder in Not


inhalt<br />

2 einblicke – Ausblicke<br />

3 Unser engagement in <strong>Afrika</strong><br />

5 Projektbericht togo<br />

8 Projektbericht Mali<br />

12 Projektbericht d. r. Kongo<br />

16 <strong>Kinderrechte</strong><br />

18 Projektbericht Benin<br />

einblicke – Ausblicke<br />

<strong>Afrika</strong> ist in jeder Hinsicht ein junger Kontinent. Viele afrikanische Länder haben 2010<br />

das 50jährige Jubiläum ihrer Unabhängigkeit gefeiert, einerseits mit Stolz, andererseits<br />

mit Ernüchterung über das bisher Erreichte. Die Entwicklung vieler Länder kommt<br />

schleppend voran. Es gibt vielfach Stagnation und Rückschritt, auch bei Demokratisierungsprozessen<br />

und beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit. In vielen Ländern werden<br />

Menschenrechte wie auch die spezifischen Frauen- und <strong>Kinderrechte</strong> nur unzureichend<br />

beachtet.<br />

Bei uns in Deutschland wird das Bild <strong>Afrika</strong>s häufig geprägt von den 5 K (Krisen,<br />

Kriege, Klima-/Umweltkatastrophen, Korruption, Krankheiten) und einem latenten<br />

Afro-Pessimismus, der das Scheitern der männlichen afrikanischen politischen Eliten<br />

widerspiegelt. Vor diesem eher ernüchternden Hintergrund sind Frauen (Mütter)<br />

und Kinder in <strong>Afrika</strong> Hoffnungsträger. Frauen, die »wahren Perlen <strong>Afrika</strong>s« (Volker<br />

Seitz, ehemaliger deutscher Botschafter in vielen afrikanischen Ländern) und Kinder,<br />

der Reichtum des Kontinents. Beide haben das größte Potential, <strong>Afrika</strong> zukunftsfähig<br />

zu machen.<br />

<strong>Afrika</strong> ist der Kontinent der Jugend. Mehr als 50 Prozent seiner Bevölkerung sind<br />

Kinder, das heißt unter 18 Jahren (im Vergleich dazu beträgt der Kinderanteil in<br />

Deutschland nur 17%!). Die Jugend wird zu Recht zunehmend ungeduldig und hat –<br />

wie in Nordafrika (Tunesien und Ägypten) – dazu beigetragen, dass die stark autoritären,<br />

repressiven und verkrusteten Regime abdanken mussten, und ein Prozess<br />

des politischen und rechtsstaatlichen Wandel einsetzte. Es ist abzusehen, dass dieser<br />

Prozess über kurz oder lang auch auf Schwarzafrika übergreifen wird. Auch dort will<br />

sich die durch das Internet immer besser informierte (städtische) Jugend nicht länger<br />

um ihre Zukunftschancen prellen lassen. Auch dort wächst die Ungeduld im Hinblick<br />

auf Reformen, eine nachhaltige Entwicklung ihrer Länder und die Beachtung der<br />

allgemeinen Menschenrechte.<br />

Unsere Kinderrechtsorganisation hat in der Vergangenheit ihren Beitrag zur wirksamen<br />

und nachhaltigen Umsetzung von <strong>Kinderrechte</strong>n in <strong>Afrika</strong> geleistet. Wir werden dies<br />

auch in Zukunft tun. Mit Ihrer Unterstützung. Denn wir fühlen uns gemeinsam verantwortlich<br />

für eine bessere Zukunft von Kindern in <strong>Afrika</strong>. Sie haben – wie alle<br />

Kinder dieser Welt – ein Recht darauf.<br />

Helfen Sie uns bitte auch weiter dabei!<br />

In dankbarer Verbundenheit<br />

22 Projektbericht Kamerun<br />

25 Unser dank<br />

26 KirA consult<br />

28 »Bana-<strong>Afrika</strong>« tage<br />

30 einnahmen und Aufwendungen<br />

32 impressum<br />

Lothar hainz Klaus Sänger<br />

1.Vorsitzender 2.Vorsitzender<br />

hubert henninger horst Buchmann<br />

Schatzmeister Generalsekretär


Unser engagement<br />

Elfenbeinküste<br />

seit 1996<br />

Kinder in Gefängnissen oder<br />

in Polizeigewahrsam<br />

D. R. Kongo, Elfenbeinküste,<br />

Mali, Togo<br />

Kleinkinder mit ihren Müttern<br />

im Gefängnis<br />

D. R. Kongo, Mali<br />

Mali<br />

seit 1996<br />

Kinder als Opfer von Ausbeutung<br />

und Missbrauch, Straßenkinder<br />

D. R. Kongo, Mali<br />

Junge haushaltshilfen<br />

Abidjan, Elfenbeinküste<br />

Lastenträgerinnen<br />

Lomé, Togo<br />

Togo<br />

seit 1996<br />

Benin<br />

seit 2010<br />

Kamerun<br />

seit 2010<br />

Mädchen als Opfer von<br />

sexueller Ausbeutung<br />

Mali, Togo, Benin, Kamerun<br />

D. R. Kongo<br />

seit 1996<br />

Kinder, Opfer bewaffneter<br />

Konflikte und Kindersoldaten<br />

D. R. Kongo<br />

Junge Mütter in not<br />

Mali<br />

Projektübergreifende Arbeit<br />

(Good Practice Modelle)<br />

Unser Engagement in <strong>Afrika</strong><br />

3


Unser Selbstverständnis –<br />

für wen wir uns engagieren,<br />

wie wir arbeiten<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V. engagiert sich für afrikanische Kinder<br />

in Not, deren Grundrechte aufs Gröbste verletzt werden:<br />

Opfer von Gewalt, Ausbeutung, Kinderhandel, sexuellem Missbrauch,<br />

Straßenkinder, Kindersoldaten, Kinder in Gefängnissen<br />

und Polizeigewahrsam, diskriminierte Kinder (»Hexenkinder«)<br />

und Kinder mit Behinderungen. Wir tun dies vorzugsweise für<br />

Kinder, die vergessen oder allein gelassen sind und deren<br />

Schicksal kein Medienereignis ist.<br />

k Wir engagieren uns für ihr Wohl, damit sie in Würde, in Frieden<br />

und Freiheit aufwachsen können und eine Chance auf Zukunft<br />

haben. Sie haben – wie alle Kinder – ein Recht auf Zukunft.<br />

Dazu setzen wir uns ein für ihren Schutz, ihre Förderung und<br />

unterstützen sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte.<br />

k Wir arbeiten auf der Basis der Konvention der Vereinten Nationen<br />

über die Rechte des Kindes und der <strong>Afrika</strong>nischen Charta<br />

über die Rechte und das Wohl des Kindes mit einem ganzheitlichen<br />

Ansatz auf drei Ebenen: Politik, Zivilgesellschaft und<br />

zunächst immer unmittelbar dort, wo <strong>Kinderrechte</strong> mit Füßen<br />

getreten werden.<br />

k Wir arbeiten proaktiv, präventiv, anwaltschaftlich und setzen<br />

uns dabei immer auch für die wirksame und nachhaltige Verbesserung<br />

der Rechts- und Lebenssituation von Kindern in Not ein.<br />

4<br />

Unser Engagement in <strong>Afrika</strong><br />

Bei diesem Engagement suchen wir bewusst auch die Zusammenarbeit<br />

mit dem Staat (»Kooperation statt Konfrontation«)<br />

und unterstützen ihn dabei, seine Fürsorgepflicht gegenüber<br />

Kindern und seine Rolle als Garant von <strong>Kinderrechte</strong>n zunehmend<br />

wirksamer wahrzunehmen.<br />

Wir fördern konkrete, nachhaltig angelegte Projekte, die wir in<br />

Zusammenarbeit mit anerkannten, kompetenten, engagierten,<br />

vertrauenswürdigen und zuverlässigen afrikanischen Partnern<br />

und in Netzwerkarbeit mit der Zivilgesellschaft entwickeln. Wir<br />

sind regelmäßig vor Ort, unterstützen bei der Projektdurchführung,<br />

überwachen den Projektfortschritt und die Verwendung<br />

der uns treuhänderisch anvertrauten Mittel.<br />

Seit 1996 konnte mehr als 80.000 Kindern in neun<br />

afrikanischen Ländern (demokratische republik Kongo,<br />

Mali, elfenbeinküste, Senegal, Liberia, togo, Guinea,<br />

Kamerun, Benin) geholfen werden. Über 60 Projekte,<br />

die zum Großteil über mehrere Jahre angelegt waren,<br />

konnten gefördert werden.<br />

Foto: J. Naegelen


der Weg zur eigenständigkeit<br />

junger (ehemaliger) Lastenträgerinnen<br />

Nach einer weiteren vierjährigen Projektphase konnten wir<br />

im Dezember 2010 mit unserem Partner Bice Togo, den wir<br />

in dieser Zeit begleitet und beraten haben, eine erfolgreiche<br />

Bilanz für die Verbesserung der Zukunftschancen der Lastenträgerinnen<br />

auf dem Markt von Lomé ziehen. Anlässlich einer<br />

internen Evaluierung mit den Bice Togo Mitarbeitern und<br />

Mit arbeiterinnen in einigen ausgewählten Dörfern der Interventionszone<br />

des Projektes wurde die Wirkung der Arbeit<br />

von Bice Togo überprüft und eine Bestandsaufnahme des<br />

Erreichten durchgeführt.<br />

k In dieser Zeit war das Bice Togo Team auf dem Markt von<br />

Lomé mit über 450 minderjährigen Lastenträgerinnen in<br />

Kontakt. 314 von ihnen (69%) haben sich dafür entschieden,<br />

die Arbeit auf dem Markt aufzugeben und einen neuen Lebensweg<br />

einzuschlagen. Dabei wurden sie von Bice Togo<br />

begleitet, ge fördert und unterstützt. Ein Teil der Mädchen<br />

(ca. 20 %) konnte sofort eingeschult werden, vor allem<br />

die jüngeren unter ihnen.<br />

k 161 Mädchen konnten auch direkt wieder in ihr familiäres<br />

Umfeld eingegliedert werden.<br />

k 153 Mädchen waren jedoch bereits Opfer von sexuellem Miss-<br />

brauch, wobei 41 Mädchen (27%) erst zwischen 13 – 15 Jahre<br />

alt waren! Diese Mädchen bedürfen vor ihrer beruflichen und<br />

familiären Wiedereingliederung in besonderer Weise einer<br />

Förderung und Unterstützung, die sie im Stabilisierungszentrum<br />

von Avoutokpa erhielten. Dort wurden sie ›aufgefangen‹<br />

und durch eine individuelle psychosoziale Betreuung gestärkt.<br />

Neben der gesundheitlichen Versorgung, einer intensiven Aufklärungsarbeit<br />

und Alphabetisierungskursen wurden ihnen auch<br />

verschiedene Möglichkeiten zur Berufsausbildung eröffnet.<br />

Manche Lasten sind so schwer, dass den Lastenträgerinnen<br />

beim Aufsetzen von Passanten geholfen werden<br />

muss. (Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

togo<br />

k Der größte Teil der Mädchen, der nicht mehr ein geschult<br />

werden konnte, hat eine zwei- bis dreijährige berufliche<br />

Ausbildung gewählt. 73% der Mädchen haben den Beruf der<br />

Schneiderin angestrebt, 25% den der Friseuse und nur 2%<br />

haben sich für eine andere Ausbildung (Bäckerin) entschieden.<br />

Während der Projektzeit konnten ca. 10% der Mädchen<br />

ihren gesamten Ausbildungsprozess abschließen und von<br />

Bice Togo bei der Einrichtung ihres eigenen klei nen Geschäfts /<br />

Salons unterstützt werden.<br />

k Bis auf sechs Mädchen, die in einem Internat aufgenommen<br />

wurden, sind alle Mädchen in ein familiäres Umfeld eingegliedert<br />

worden. Gut die Hälfte bei den eigenen Eltern (mit<br />

einem deutlich höheren Anteil im ländlichen Milieu), die anderen<br />

wurden von Gastfamilien aufgenommen.<br />

Der Weg in ein neues Leben ist lang und steinig, nicht alle<br />

Mädchen ha ben durchgehalten, rund 15% haben die Ausbildung<br />

ab ge brochen, die anderen werden ihren Abschluss in<br />

den nächsten Monaten machen können.<br />

Die erste Kontaktaufnahme der Mitarbeiter<br />

mit den Mädchen erfolgt während ihrer<br />

Arbeitspausen auf dem Markt. Es wird<br />

darüber gesprochen, welche Unterstützung<br />

für sie möglich ist und wie ihre Lebenssituation<br />

sich zukünftig verbessern<br />

könnte. (Foto: Barbara Seester)<br />

Projektbericht<br />

5


h. V. erzählt von ihrem<br />

erfolgreichen Lebensweg:<br />

»Ich heiße H. V. Ich komme aus einem<br />

Dorf. Mein Vater hat zwei Frauen. Ich<br />

habe 5 Brüder und 4 Schwestern. Wir<br />

waren immer viele, aber meine Eltern<br />

haben alles dafür getan, dass ich nach<br />

sechs Jahren Grundschule meinen Ab -<br />

schluss machen konnte. Dann erwartete<br />

mich aber die Ehe, wie so viele meiner<br />

gleich altrigen Kameradinnen. Das fand<br />

ich schrecklich. Ich wollte das nicht<br />

und habe beschlossen, lieber Lastenträgerin<br />

auf dem Markt in Lomé zu werden.<br />

So konnte ich ein bisschen Geld für die<br />

Familie dazu verdienen, in der Hoffnung,<br />

dass mir meine Eltern so eine Berufsausbildung<br />

finanzieren können.<br />

Zum Glück habe ich dann die Mitarbeiter<br />

von Bice Togo auf dem Markt getroffen.<br />

Die sprachen mit mir über die Gefahren<br />

dieser Arbeit, aber auch über die Gefahren<br />

ganz allgemein auf dem Markt. Ich<br />

habe das gut verstanden, und sie haben<br />

versprochen, mir zu helfen, wenn ich<br />

wieder zu meinen Eltern zurückkehren<br />

würde. Die Unterstützung und Hilfe ver -<br />

folgte den Weg, den ich mir gewünscht<br />

hatte und gehen wollte.<br />

Drei Jahre lang habe ich Friseuse und<br />

Haar-Flechterin bei meiner Patronin in<br />

Anfoin gelernt, ein paar Kilometer von<br />

6 Projektbericht<br />

meinem Heimatdorf entfernt. Bice Togo<br />

hat meine Ausbildungskosten bezahlt.<br />

Auch bei den Einschreibegebühren,<br />

der Arbeitskleidung, den Vertragskosten<br />

sowie bei den Kosten für meine Abschlussprüfung<br />

haben sie mich unterstützt.<br />

Während meiner Ausbildung habe ich<br />

auch an Gesprächsrunden teilgenommen.<br />

Dabei haben wir über unsere Rechte als<br />

Auszubildende gesprochen. Wir haben<br />

auch über Themen der Sexualkunde diskutiert,<br />

damit wir auch in diesem Bereich<br />

verantwortlich handeln können.<br />

Darüber hinaus hat mir Bice Togo und<br />

12 anderen Mädchen das Ausstattungsmaterial<br />

für unsere eigenen Haar-Studios<br />

finanziert, so dass wir uns alle selbständig<br />

machen konnten. Ich bitte, dass<br />

Gott uns hilft und sage einen großen<br />

Dank an Bice Togo und seine Mitarbeiter.<br />

Inzwischen habe ich einen jungen Mann<br />

kennen gelernt, den ich in der katholischen<br />

Kirche von Fiata geheiratet habe.<br />

Dank meiner Berufsausbildung kann ich<br />

mein eigenes Geld verdienen. Ich kann<br />

meinen Mann unterstützen, und wir<br />

können die Lasten für die Familie gemeinsam<br />

tragen.«<br />

Die gelernte Friseuse hat<br />

sich nun ihren Traum erfüllt:<br />

einen eigenen Friseursalon!<br />

(Foto: Susanne Souaré-Michel)


ein recht auf Zukunft für<br />

Kinder in Gefängnissen<br />

Im Jahr 2007 hatte Bice Togo ein neues Projekt begonnen:<br />

die Unterstützung von Kindern, die eine Gesetzeswidrigkeit<br />

begangen haben oder deren verdächtigt wurden und in Polizeigewahrsam,<br />

Untersuchungshaft oder im Gefängnis eine<br />

Strafe verbüßen.<br />

Das dreijährige Projekt wurde von KiRA erfolgreich fachlich<br />

begleitet und lief Ende Juni 2010 aus.<br />

Viele der Jungen, die nach einer Entlassung aus<br />

der Haft eine Ausbildung beginnen, interessieren<br />

sich für Auto- oder Motorradmechanik.<br />

Yao hat seine dreijährige Ausbildung beendet.<br />

(Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

to g o<br />

Auch hier lässt der rückblick auf einige ausgewählte<br />

Schwerpunkte unseres engagements eine sehr<br />

positive Bilanz zu:<br />

k Begleitung von 608 Kindern und Jugendlichen in Gefängnissen<br />

(Gerichtsbereich Lomé).<br />

k Über 700 psychosoziale Betreuungen von Kindern und Jugendlichen<br />

in Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft oder Haft.<br />

k Rechtsbeistand für 143 Kinder während der Gerichtsverhandlungen.<br />

Die Kinder konnten anschließend kurzfristig aus der<br />

Haft oder Untersuchungshaft entlassen werden.<br />

k Für 167 Kinder wurde statt einer Gefängnisstrafe der Aufenthalt<br />

in Jugendschutzzentren entschieden, die als Alternative<br />

zur Haft staatlich anerkannt sind. Bice Togo begleitet diese<br />

Jugendlichen regelmäßig.<br />

k Die Suche nach den Eltern von 242 Kindern wurde veranlasst<br />

und deren Einbeziehung angestrebt. Schließlich waren 194<br />

Eltern bei den Gerichtsverhandlungen anwesend.<br />

k 373 Kinder und Jugendliche wurden wieder in ihre Familien<br />

aufgenommen. Bice Togo hat knapp 2.500 regelmäßige Besuche<br />

in diesen Familien durchgeführt, um die Jugendlichen und ihre<br />

Eltern bei immer wieder auftretenden Schwierigkeiten zu unterstützen<br />

und zur Klärung beizutragen.<br />

k Einschulung von 135 Kindern und Jugendlichen.<br />

k 118 Jugendlichen wurde der Weg zu einer beruflichen Ausbildung<br />

geebnet.<br />

k Austausch und Ausbildung von lokalen zivilgesellschaftlichen<br />

Gruppierungen und Netzwerken (14).<br />

k Schulung von über 200 Staatsbeamten (Staatsanwälte,<br />

Polizisten, Gendarmen) zur Jugendgerichtsbarkeit.<br />

k Über 160 Radiosendungen zur Thematik von Kindern in<br />

Konflikt mit dem Gesetz.<br />

» ich weiß jetzt, worum<br />

es geht. dank meiner<br />

Ausbildung kann ich mir<br />

selbst helfen und auch<br />

meiner familie.«<br />

Projektbericht<br />

7


Die Koch- und Backkurse sind bei den jungen Müttern<br />

sehr beliebt. Sie bereichern den Speiseplan der Mädchen,<br />

ihrer Kinder und Familien, der Verkauf sichert<br />

ein Grundeinkommen. (Foto: Elisabeth Munsch)<br />

8<br />

Umsetzung eines<br />

<strong>Kinderrechte</strong><br />

schützenden Umfeldes<br />

Projektende in 2010 – Zeit, Bilanz zu ziehen<br />

Am 30. Juni 2010 gingen drei Jahre intensiver Arbeit<br />

im Rahmen des Projektes zur Unterstützung von jungen<br />

Müttern in Not und von Kindern in Gefängnissen zu Ende.<br />

Viele positive Ergebnisse konnten erzielt werden.<br />

Hunderte von jungen Müttern fanden Obdach, psychosoziale<br />

und gesundheitliche Betreuung im Kinderschutzzentrum<br />

des Projektes. Für sie öffnete sich hier das<br />

Tor in eine bessere Zukunft. (Foto: Horst Buchmann)<br />

Mali<br />

Akteure der Zivilgesellschaft engagieren sich<br />

k Zusätzlich zu den 11 bereits bestehenden Kinderschutzkomitees<br />

wurden 27 weitere gegründet. 432 Personen in<br />

Führungspositionen wurden geschult. Die Mitglieder der<br />

Komitees sind in den Städten und Gemeinden aktiv. Sie<br />

führen zunehmend Maßnahmen zum Schutz der Rechte von<br />

Kindern durch, arbeiten als Mediatoren zwischen Eltern<br />

und straffällig gewordenen Jugendlichen und unterstützen<br />

die soziale Wiedereingliederung von Kindern und Jugendlichen<br />

nach einer Haftstrafe.<br />

k Die Medien engagieren sich im Bereich der Prävention.<br />

Sie regen die Bevölkerung dazu an, sich mit der Bedeutung<br />

sowie der konkreten Umsetzung von <strong>Kinderrechte</strong>n auseinanderzusetzen.<br />

Die Vertreter der Medien, darunter 87<br />

Journalisten, haben gemeinsam eine »Charta der Medienvertreter<br />

für die Achtung der Rechte von Kindern in Mali«<br />

erarbeitet.<br />

k Die verschiedenen Gruppen und Akteure der Zivilgesellschaft<br />

arbeiten zusammen.<br />

k 344 Bürgermeister und Gemeinderäte engagieren sich nach<br />

einer entsprechenden Schulung für den aktiven Schutz und<br />

die Umsetzung der Rechte von Kindern.<br />

k 275 Lehrer erhielten die Möglichkeit, sich in <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

weiterzubilden und setzen sich nun für die Aufklärung und<br />

Verbreitung von Informationen zu diesem Thema ein.<br />

k Etwa 2.000 Schüler aus Schulen im Einzugsbereich des<br />

Projektes wurden über ihre Rechte aufgeklärt und aufgefordert,<br />

sich selbst aktiv für ihre Umsetzung einzusetzen.<br />

Zahlreiche Jugendparlamente sind in Schulen aktiv.<br />

k Eltern nehmen wieder verstärkt ihre Rolle in der Erziehung<br />

und Betreuung ihrer Kinder wahr.


Das Schneiderhandwerk ist für die meisten Mädchen die bevorzugte<br />

Berufswahl. Auch eine relativ kurze, aber intensive Ausbildung im<br />

Zentrum erlaubt den Mädchen, schon einfache Kleider für sich und<br />

ihre Kinder zu nähen. (Foto: Horst Buchmann)<br />

ein System der Jugendgerichtsbarkeit, welches<br />

<strong>Kinderrechte</strong> zunehmend respektiert<br />

k In Bamako werden 80% aller Jugendakten tatsächlich an<br />

das Jugendgericht weitergeleitet und von geschulten Jugendrichtern<br />

bearbeitet. Obwohl es im Landesinnern nach<br />

wie vor keine Jugendgerichte oder -richter gibt, werden<br />

auch hier Jugendakten immer häufiger nach den geltenden<br />

Regeln des Jugendstrafrechts beurteilt. Unter 14-Jährige<br />

werden zum Beispiel grundsätzlich nicht mehr in Haft genommen<br />

(sie sind laut Gesetz strafunmündig) und erzieherische<br />

Maßnahmen treten vermehrt an die Stelle von<br />

Gefängnisstrafen (46 Jugendliche wurden an die Kinderschutzzentren<br />

von Bice überstellt).<br />

k 75 Polizeibeamte, 156 Sozialarbeiter und 144 Strafvollzugsbedienstete<br />

aus Bamako, Ségou und Sikasso wurden<br />

u. a. in <strong>Kinderrechte</strong>n geschult. Rechtsmissbräuchliche<br />

Übergriffe auf Kinder und Jugendliche sind seither in Polizeistationen,<br />

Gerichten und Gefängnissen die Ausnahme.<br />

k Eine mit der Unterstützung von <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

erarbeitete kommentierte Gesetzessammlung im Bereich<br />

des Kinder- und Jugendschutzes in Mali wurde veröffentlicht<br />

(1.000 Exemplare) und im Dezember offiziell vorgestellt.<br />

Kinder, Opfer von Gewalt, wirtschaftlicher oder<br />

sexueller Ausbeutung sowie junge Mütter in not<br />

finden hilfe und Unterstützung<br />

k Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, erhalten Zuflucht<br />

und werden durch unterschiedliche Maßnahmen bei<br />

ihrer Rehabilitierung unterstützt. Zu diesem Zweck wurden<br />

2 Anlauf- und Kontaktstellen, sogenannte Kioske, in Ségou<br />

und San eingerichtet.<br />

k Die jungen Mädchen in den ländlichen Regionen sind besser<br />

über die Risiken einer Abwanderung in die Stadt informiert.<br />

Zusammen werden Lösungsvorschläge erarbeitet, um den<br />

Mädchen, die es wünschen, Alternativen aufzuzeigen sowie<br />

bessere Lebensbedingungen auf dem Land zu ermöglichen<br />

(z. B. Anfertigung von Erdnuss-Pesto als Erwerbstätigkeit<br />

in N’Gassola).<br />

k Junge Mädchen in Not oder Opfer sexueller Ausbeutung<br />

können sich an eine Kontaktstelle wenden, wo sie Unterstützung<br />

durch qualifizierte Sozialarbeiter/innen erhalten.<br />

k Junge schwangere Mädchen fühlen sich nicht mehr völlig<br />

auf sich allein gestellt und zum Äußersten genötigt. Sie<br />

können ihre Schwangerschaft unter guten Bedingungen<br />

im Mütterzentrum »Ein Dach, ein Leben« zu Ende bringen.<br />

Sie erhalten eine Grundbildung und werden geschult in<br />

verschiedenen Berufstätigkeiten (Schneiderei, Bäckerei,<br />

Seifenherstellung, Kleingewerbe, …), die sie später in ihrem<br />

Heimatort ausüben können.<br />

k Ausgebeutete Mädchen und junge Frauen werden rehabilitiert<br />

und wiedereingegliedert. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt<br />

mit kleinen Erwerbstätigkeiten und tragen zum Überleben<br />

der Familie bei.<br />

k 3.499 Schüler in Sikasso, Mopti und Segou erhielten durch<br />

ein entsprechendes Gerichtsverfahren zu geringen Kosten<br />

Ersatz-Geburtsurkunden. In den meisten Fällen haben sich<br />

die Eltern an diesen Kosten beteiligt.<br />

Die kommentierte Gesetzessammlung<br />

hilft Richtern, Staatsanwälten,<br />

Juristen, Polizisten<br />

und Sozialarbeitern, <strong>Kinderrechte</strong>,<br />

internationale Rechtsnormen<br />

und nationale Gesetze besser<br />

zu schützen bzw. zu beachten.<br />

Projektbericht<br />

9


direkte Zielgruppe Angestrebt erreicht<br />

Kinder, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind 500 1.691<br />

Kinder, Opfer von Missbrauch oder Vernachlässigung<br />

(Opfer von Straftaten) 100 393<br />

Junge Mütter unter 18 Jahren in Not in Bamako 250 264<br />

Junge Mädchen, die mit dem Gedanken spielen, ihre<br />

Heimatdörfer in den Regionen Ségou und San zu verlassen 500 110<br />

Junge Mädchen, Opfer sexueller Ausbeutung 80 51<br />

Lokale Kinderschutzkomitees (Erwachsene und Kinder) 27 38<br />

indirekte Zielgruppe<br />

Eltern und Familien 20 Gemeinden 60 Gemeinden<br />

Staatsbeamte (Justiz, Polizei- und Sozialdienste) 150 436<br />

Lehrer und Eltern der Schüler 60 52 Schulen, 100 Lehrer<br />

Lokale traditionelle und religiöse Führungspersönlichkeiten 160 60 Gemeinden<br />

(± 600 Personen, davon<br />

344 Bügermeister und<br />

Gemeindevorstände)<br />

Journalisten aus Bamako und lokale Radiosender aus<br />

dem Projektgebiet 60 87<br />

Gefährdete Kinder 3.000 4.676 Gespräche mit Kindern<br />

in den Beratungsstellen<br />

sowie mit Kindern auf der<br />

Straße<br />

10<br />

Projektbericht<br />

3-Jahres-Bilanz der<br />

Unterstützung in Zahlen<br />

Katja Zug<br />

Projektbeauftragte<br />

Mali<br />

Katja Zug erzählt über neue<br />

entwicklungen in Mali:<br />

Für die Mehrzahl der Mitarbeiter von GRADEM war 2010 ein<br />

Jahr voller Unsicherheiten und Ungewissheiten. Die Entscheidung,<br />

eine lokale Nichtregierungsorganisation zu gründen und<br />

fortan auf eigenen Füßen zu stehen, trotz aller Unwägbarkeiten,<br />

die ein Neustart vor allem im sozialen Bereich der Kinder- und<br />

Jugendarbeit mit sich bringt, verdient Respekt und Anerkennung.<br />

Es freut mich daher sehr, dass ich die Ge legenheit hatte,<br />

das junge und engagierte Team von GRADEM, welches voller<br />

Ideen und Schaffensdrang steckt, zu Beginn seiner Projektaktivitäten<br />

in Bamako im Rahmen eine Seminars zu unterstützen.<br />

Ich wünsche dieser jungen Organisation viel Erfolg für die<br />

Zukunft und freue mich auf eine weitere Zusammenarbeit!


» Wir hoffen, ein<br />

Zeichen zu setzen,<br />

damit sich künftig<br />

mehr Menschen<br />

für die rechte von<br />

Kindern engagieren.«<br />

Antoine Akplogan<br />

Generalsekretär von GRADEM<br />

Perspektiven<br />

Fast alle Mitarbeiter von Bice Mali haben Ende des Jahres gekündigt,<br />

um eigenständig und selbstverantwortlich zu arbeiten. Zusammen<br />

haben sie in Bamako die lokale Nichtregierungs organisation<br />

»GRADEM« (Groupe Recherche Action Droits de l’Enfant Mali)<br />

gegründet. Generalsekretär dieser neuen Organisation ist der<br />

ehemalige Nationalkoordinator von Bice Mali, Antoine Akplogan.<br />

Am 1. November 2010 starteten GRADEM und <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

ein neues gemeinsames Projekt. Es umfasst Akti vitäten in Bamako<br />

sowie in den ländlichen Regionen, in denen junge Mädchen sehr<br />

häufig ihre Heimatdörfer verlassen, um sich in der Stadt ein besseres<br />

Leben aufzubauen. Beginn des Projektes war ein mit allen<br />

Mitarbeitern durchgeführtes Seminar.<br />

Anliegen des Projekts ist es, die Lebensbedingungen und den<br />

Rechtsstatus von Mädchen zu verbessern. Ansatzpunkt ist dabei<br />

das komplexe Problem der Landflucht. So soll den Mädchen in<br />

den ländlichen Regionen beispielsweise ein besserer Zugang zu<br />

Bildung und Ausbildung ermöglicht und über eine Verbesserung<br />

der Lebens- und Arbeitsbedingungen in ihren Heimatdörfern ihre<br />

Zukunftschancen positiv verändert werden.<br />

Das Projekt sieht darüber hinaus Aktivitäten in einem Mutter-Kind-<br />

Zentrum in Bamako vor. Das Zentrum bietet Schutz und Unterkunft<br />

sowie Unterstützung bei der Rehabilitierung und der sozialen<br />

Wiedereingliederung von schwangeren Mädchen und jungen Müttern<br />

in Not. Oft handelt es sich bei diesen Mädchen und jungen<br />

Frauen um ehemalige Haushaltshilfen. Einst voller Hoffnungen vom<br />

Land in die Stadt gekommen, finden sie sich in ausbeuterischen<br />

Arbeitsverhältnissen wieder und sehen, ungewollt schwanger<br />

und allein gelassen, keinen Ausweg mehr.<br />

Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass ein Mutter-Kind-Zentrum<br />

ein besonders wichtiges Hilfsangebot für diese Mädchen und<br />

jungen Frauen darstellt. Allein der Umstand, dass sie in einem<br />

Zentrum Zuflucht und Unterstützung erhalten, hält viele davon<br />

ab, einen illegalen Schwangerschaftsabbruch zu versuchen,<br />

dessen Folge häufig die Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe<br />

ist.<br />

Unser Partner Antoine<br />

Akplogan, Generalsekretär<br />

von GrAdeM hat das Wort:<br />

»Mit der Gründung von GRADEM wollen<br />

wir gegen Ungerechtigkeit, Missbrauch<br />

und Gewalt gegenüber Kindern und vor<br />

allem Mädchen in unserem Land kämpfen.<br />

Wir wollen die Eltern unterstützen,<br />

damit die Familie weiterhin Grundstein<br />

für die Entwicklung und Bildung unserer<br />

Kinder bleibt. Wir hoffen, ein Zeichen<br />

zu setzen, damit sich künftig mehr<br />

Menschen für die Rechte von Kindern<br />

engagieren.<br />

Unsere drei hauptanliegen<br />

derzeit sind:<br />

1 Einen Beitrag zu leisten, damit<br />

das neue Familiengesetzbuch mit den<br />

Neuerungen verabschiedet wird, die<br />

helfen, den Status von Frauen und<br />

Mädchen zu verbessern.<br />

2 Das Erarbeiten und Verbreiten von<br />

›Good practices für die Förderung und<br />

den besseren Schutz von <strong>Kinderrechte</strong>n‹<br />

zusammen mit allen Interessierten.<br />

3 Maßnahmen zur Eindämmung der<br />

Landflucht von Mädchen und Jungen<br />

unter 15 Jahren durchzuführen.<br />

Wir wünschen uns Solidarität, Gerechtigkeit<br />

und Frieden für das neue Jahr.<br />

Möge das Jahr 2011 neue Impulse<br />

geben, um uns wirksam den Herausforderungen<br />

zu stellen, die uns im Bereich<br />

des Schutzes und der Förderung von<br />

Menschenrechten und insbesondere der<br />

Rechte von Kindern in Mali und weltweit<br />

erwarten.«<br />

Projektbericht<br />

11


12<br />

In den Minenregionen werden<br />

Kinder kaum eingeschult. Ihre<br />

wirtschaftliche und sexuelle<br />

Ausbeutung stellt eine gravierende<br />

Kinderrechtsverletzung<br />

dar. (Foto: Elisabeth Munsch)<br />

Stärkere Zivilgesellschaft,<br />

Vernetzung und demokratische<br />

reformen<br />

2010 feierten viele afrikanische Länder – so auch die Länder,<br />

in denen wir uns engagieren – den 50. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit.<br />

Dieser Jahrestag wurde sowohl in den Hauptstädten,<br />

aber auch in vielen anderen großen Städten der jeweiligen<br />

Länder begangen. An den mit großem Prunk gestalteten Feierlichkeiten<br />

nahmen zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten,<br />

aber auch große Teile der Bevölkerung teil.<br />

Für Kinderschutz-Organisationen haben solche Veranstaltungen<br />

aber auch eine Kehrseite der Medaille: Für die öffentliche<br />

Gestaltung der Feierlichkeiten werden regelmäßig Razzien<br />

gegen auf der Straße lebende Kinder durchgeführt, die dann<br />

ins Gefängnis gebracht werden. Um diese, für die Kinder oft<br />

traumatisierende Willkür der Polizei zu vermeiden, wurden<br />

zwischen den Kinderschutz-Organisationen und den zuständigen<br />

staatlichen Behörden die Vorgehensweisen abgestimmt. Die<br />

Kinder wurden informiert und dazu bewogen, in ihre Familien<br />

zurückzukehren oder bestehende Kinderschutz-Zentren aufzusuchen.<br />

Projektbericht<br />

d . r . Kongo<br />

Massive Verbreitung des im Januar 2010 verabschiedeten<br />

Kinder- und Jugendschutzgesetzes<br />

In den drei Provinzen haben die Equipen zahlreiche Weiterbildungsmaßnahmen<br />

durchgeführt, um die wichtigsten Textpassagen<br />

dieses Gesetzes bekannt zu machen. Um eine effektive<br />

Umsetzug zu ermöglichen wurden mehr als 1.000 Exemplare<br />

an Richter, Polizeibeamte, Sozialarbeiter, traditionelle Dorfvorsteher,<br />

Journalisten und Mitglieder der Kinder- und Jugendschutzkomitees<br />

übergeben. Diese wirken als Multiplikatoren<br />

zur Verbreitung und Bekanntmachung der Texte und zur Anwendung<br />

der Gesetze in der täglichen Praxis.<br />

Die 62 Kinder- und Jugendschutzkomitees, für das Projekt<br />

gegründet, werden mehr und mehr zu wichtigen Akteuren<br />

in der Zivilgesellschaft, um elementaren <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

Geltung zu verschaffen. (Foto: Elisabeth Munsch)


Soziale rehabilitation und<br />

familiäre reintegration<br />

ehemaliger Kindersoldaten<br />

Das staatliche Entwaffnungs- und Reintegrationsprogramm für<br />

Kindersoldaten im Kongo hat nur wenige Kinder aus ländlich<br />

isolierten Gegenden erreicht. So sind auch im Distrikt Sankuru,<br />

an der ehemaligen Kriegsfront zwischen staatlichen Truppen<br />

und aufständischen Milizen, die meisten Kindersoldaten ohne<br />

jedwede Unterstützung aus der Armee ausgeschieden.<br />

Das Projekt hat daher in einer ersten Projektphase 450 ehemalige<br />

Kindersoldaten und weitere Tausend gefährdete Kinder<br />

in diesem Distrikt psychosozial betreut, ihnen eine (vor-)berufliche<br />

Ausbildung ermöglicht, die ihnen erlaubt, eine Art<br />

Grundeinkommen für sich und ihre Familien zu erwirtschaften.<br />

In einer zweiten Phase des Projektes für ehemalige Kindersoldaten<br />

wurden Kinder und Jugendliche betreut, die bisher<br />

keine Unterstützung erhielten. Damit konnten viele Frustrationen<br />

abgebaut und neue Hoffnung geschaffen werden.<br />

Für die Zivilgesellschaft bedeutet dies mehr Sicherheit, weil<br />

weniger Gewaltakte von enttäuschten und entmutigten Jugendlichen<br />

ohne Zukunftsperspektiven begangen werden.<br />

eine Bilanz<br />

k Weitere 672 ehemalige Kindersoldaten, darunter 192 Mädchen<br />

und ihre vor dem Bürgerkrieg geflüchteten Familien, wurden<br />

ausfindig gemacht.<br />

k 100 Jugendliche konnten eine Berufsausbildung nach ihrer<br />

Wahl beginnen.<br />

k 226 Jugendliche oder ihre Familien bekamen eine Starthilfe<br />

für Einkommen schaffende Maßnahmen.<br />

k 250 Familien erhielten eine Unterstützung für die Einschulung<br />

ihrer Kinder.<br />

k 6 Initiativen im Bereich des Friedensdienstes wurden unterstützt,<br />

zerstörte Spielplätze wurden wieder hergestellt oder<br />

neu errichtet, Frauen- und Männerfußballmannschaften gebildet<br />

und ausgerüstet.<br />

Die örtlichen Behörden und Gemeindemitglieder wurden mit<br />

Hilfe des Projektes im Hinblick auf die Durchsetzung und den<br />

Schutz von <strong>Kinderrechte</strong>n sensibilisiert und mit Vorgehensweisen<br />

zur Meldung von gravierenden Kinderrechtsverletzungen<br />

vertraut gemacht<br />

d . r . Kongo<br />

Tausende von Kindersoldaten erlebten den Krieg<br />

und die vielen bewaffneten Konflikte im Kongo<br />

als einem Albtraum. (Foto: J. Naegelen)<br />

» Uns Kindersoldaten haben die<br />

Militärs nur betrogen. Wir wollen<br />

jetzt in ruhe leben, einen richtigen<br />

Beruf erlernen und für uns selbst<br />

sorgen können.«<br />

Projektbericht<br />

13


14<br />

Schutz von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

auch in isolierten Gebieten<br />

Es handelt sich hier um Lomela und Tshilenge im Kasai Oriental,<br />

Tshikapa und Ilébo im Kasai Occidental. In den Hauptorten<br />

der beiden Provinzen kann man bereits gute Fortschritte<br />

bei der Schaffung eines <strong>Kinderrechte</strong> schützenden Umfeldes<br />

erkennen. Aber wie sieht es in den anderen Orten der Provinzen<br />

aus? In den Minenregionen werden die Kinder selten eingeschult.<br />

Die Jungen müssen oft hart arbeiten, die Mädchen<br />

werden sehr häufig zwangsverheiratet oder sexuell ausgebeutet.<br />

Gewalt- und pornographische Videos werden von Hunderten<br />

von Kindern gesehen, selbst während der Schulzeit. Hier<br />

hat eine großangelegte Aufklärungskampagne über den<br />

Schutz und die Durchsetzung von <strong>Kinderrechte</strong>n eingesetzt,<br />

die mit Hilfe neu gebildeter Kinder- und Jugendschutzkomitees<br />

durchgeführt wird.<br />

In den Minenstädten arbeiten die<br />

Mädchen meist als ambulante Verkäuferinnen<br />

und werden leicht Opfer<br />

sexueller Gewalt und Ausbeutung.<br />

(Foto: Elisabeth Munsch)<br />

Projektbericht<br />

elisabeth Munsch erzählt<br />

von dem engagement der<br />

Juniorschutzkomitees:<br />

»In Mali wie auch im Kongo hat mich der<br />

Austausch mit den Juniorschutzkomitees<br />

sehr bewegt. Ihr Eifer bei der Aufklärung<br />

ihrer Altersgenossen in Schulen oder<br />

Jugendgruppen und beim Aufruf an die<br />

Erwachsenen, dem Thema Schutz von<br />

<strong>Kinderrechte</strong>n mehr Beachtung zu schenken,<br />

haben mich tief berührt. Ich bewundere<br />

ihren Mut, ihre rationale Vorgehensweise<br />

und Professionalität, die<br />

sie sich in kurzer Zeit angeeignet haben.<br />

Sie haben zum Beispiel keine Scheu, sich<br />

an die Vertreter der Gemeinde zu wenden<br />

und auf die Risiken einer geplanten Polizeirazzia<br />

für Straßenkinder aufmerksam<br />

zu machen. Sie wirken mit bei Radiosen-<br />

elisabeth Munsch<br />

Projektbeauftragte<br />

d . r . Kongo<br />

in den hauptstädten der Provinzen werden die<br />

Projektaktivitäten fortgesetzt<br />

In Kinshasa, Kananga und Mbuji Mayi wurden mehr als 5.000<br />

Kinder, davon ein Drittel Mädchen, direkt vom Projekt unterstützt.<br />

Die psychosoziale Betreuung für benachteiligte Kinder<br />

bleibt weiterhin ein vorrangiges Ziel, da die sozialen Dienste<br />

des Staates trotz des von der Regierung ausgerufenen »Jahr<br />

des sozialen Engagements« nur sehr wenig ihrer Verpflichtung<br />

als Garant von <strong>Kinderrechte</strong>n nachkommen.<br />

Besonders beunruhigend ist die bekannt gewordene stetig steigende<br />

Anzahl von Mädchen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden<br />

sind. In Kananga wurde unser Partner mit einen Anstieg<br />

von 66% der Hilfesuchenden konfrontiert. Trotz der zahlreichen<br />

Schulungen der Justizangestellten- und beamten zum Gesetz<br />

über Straftaten und Delikte mit sexuellem Hintergrund und<br />

zum neuen Kinder- und Jugendschutzgesetz werden die Täter<br />

nur selten verfolgt: nur 46 Strafverfolgungen bei 225 angezeigten<br />

Delikten und nur zwei Opfer, die entschädigt wurden.<br />

dungen und sprechen dort offen über<br />

die für sie wichtigen Bereiche: Schulbildung<br />

für Jungen und Mädchen, sexuelle<br />

Gewalt an Mädchen, amtliche Registrierung<br />

von Geburten und nachträgliche<br />

Ausstellung von Geburtsurkunden. Sie<br />

gehen in ihren Heimatorten sogar von<br />

Tür zu Tür und sprechen mit ihren Eltern<br />

und Verwandten. In der Schule setzen<br />

sie sich für die breitenwirksame Bekanntmachung<br />

der gültigen Gesetze und Normen<br />

zum Kinder- und Jugendschutz ein<br />

und wehren sich gegen ungerechte Strafen<br />

von Lehrern oder des Aufsichtspersonals.<br />

Bei öffentlichen Veranstaltungen<br />

wie dem Jahrestag der Verabschiedung<br />

der UN-Kinderrechtskonvention wenden<br />

sie sich mit einem Appell an Eltern, Politiker<br />

und Vertreter der Zivilgesellschaft<br />

und fordern glaubwürdig deren Verantwortung<br />

für den Schutz von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

ein.<br />

Die Dynamik und das große Engagement<br />

der Juniorkinderschutzkomitees haben<br />

mich in dem Glauben bestärkt, dass ein<br />

<strong>Kinderrechte</strong> schützendes Umfeld möglich<br />

ist. Diese engagierten Kinder und<br />

Jugendlichen sind Hoffnungsträger für<br />

eine bessere Zukunft ihres Landes.«


Die jüngsten Mädchen, die auf der Straße<br />

ums Überleben kämpfen, werden – wie hier<br />

in Mbuji Mayi – in ein Kinderschutzzentrum<br />

des Projektes aufgenommen. In einer familienähnlichen<br />

Umgebung erfahren sie Zuwendung<br />

und Hilfe. (Foto: Elisabeth Munsch)


<strong>Kinderrechte</strong><br />

sind Menschenrechte!<br />

Brauchen wir <strong>Kinderrechte</strong>?<br />

Die Frage, ob wir »Extra-Rechte« für Kinder brauchen, wo es<br />

doch bereits Menschenrechte gibt, die für alle Menschen und<br />

somit auch für Kinder gelten, wurde am 20. November 1989<br />

(zumindest indirekt) von der internationalen Gemeinschaft<br />

beantwortet. An diesem Tag verabschiedete die Generalversammlung<br />

der Vereinten Nationen das Übereinkommen über<br />

die Rechte des Kindes, die so genannte Kinderrechtskonvention<br />

(KRK). Die KRK wurde nach ihrer Verabschiedung von allen<br />

Staaten, die USA und Somalia ausgenommen, ratifiziert. Zudem<br />

wurden auf regionaler Ebene nach dem Vorbild der KRK weitere<br />

Abkommen über die Rechte von Kindern verabschiedet.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die <strong>Afrika</strong>nische Kinderrechtscharta<br />

vom Juli 1990, die für die Arbeit von <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V.<br />

von besonderer Bedeutung ist. Die Tatsachen deuten darauf<br />

hin, dass grundsätzlich ein Bedarf gesehen wurde, die Rechte<br />

von Kindern neben den allgemeinen Menschenrechten explizit<br />

nochmals anzuerkennen und rechtlich zu verankern.<br />

16<br />

Foto: Elisabeth Munsch<br />

Welche Bedeutung haben <strong>Kinderrechte</strong>?<br />

Vordergründig sind <strong>Kinderrechte</strong> ein Konsensthema: <strong>Kinderrechte</strong><br />

sind Menschenrechte, speziell mit Blick auf Kinder formuliert<br />

und festgeschrieben. Sie gehen in ihrem Umfang teilweise<br />

über die allgemeinen Menschenrechte hinaus (siehe<br />

insbesondere die sogenannten Schutzrechte), da Kinder aufgrund<br />

ihrer mangelnden körperlichen und geistigen Reife und<br />

Entwicklung eines besonderen Schutzes und besonderer Fürsorge<br />

bedürfen und hierauf einen Anspruch haben.<br />

Sehr häufig sind <strong>Kinderrechte</strong> jedoch auch Auslöser für Diskussionen.<br />

In Politik und Gesellschaft werden Kinder immer<br />

noch zu selten als Rechtsträger wahrgenommen und akzeptiert.<br />

Zudem besteht nach wie vor ein großes Spannungsverhältnis<br />

zwischen Anspruch und Realität. So ist die KRK zwar der meist<br />

ratifizierte Menschenrechtsvertrag, trotzdem befinden sich<br />

weltweit hunderte Millionen Kinder täglich in Situationen, in<br />

denen ihre Rechte aufs Gröbste verletzt werden. Letztlich betrachten<br />

viele Menschen <strong>Kinderrechte</strong> nur als unbedeutendes<br />

Anhängsel der Menschenrechte. Vor allem Menschenrechtsaktivisten<br />

schenken ihnen meist wenig Aufmerksamkeit. Aktiver<br />

Austausch oder enge Zusammenarbeit zwischen »Menschen-<br />

und Kinderrechtlern« ist leider noch eine Seltenheit.<br />

In den letzten Jahren hat allerdings ein Umdenken stattgefunden.<br />

<strong>Kinderrechte</strong> gewinnen in Politik und Gesellschaft<br />

zunehmend an Bedeutung und werden immer öfter als eigenes<br />

Thema aufgegriffen. Beispiele hierfür sind unter anderem die<br />

folgenden Entwicklungen:<br />

k Am 3. Mai 2010 wurde auf Beschluss des Bundeskabinetts die<br />

Vorbehaltserklärung der Bundesrepublik Deutschland zur UN-<br />

Kinderrechtskonvention zurückgenommen. Dies ist ein klares<br />

Bekenntnis dazu, dass künftig auch in Deutschland allen Kindern<br />

vorbehaltlos die gleichen Rechte zuerkannt werden sollen.<br />

k Seit 2010 gibt es eine UN-Arbeitsgruppe, die mit der Erarbeitung<br />

eines Zusatzprotokolls zur KRK beauftragt ist. Ziel ist<br />

es, ein Individualbeschwerdeverfahren einzurichten, durch<br />

welches künftig (ebenso wie bislang Menschenrechtsverletzungen)<br />

Verletzungen von <strong>Kinderrechte</strong>n geltend gemacht<br />

werden können.<br />

k Durch die Resolution 7/29 vom 28. März 2008 wurden <strong>Kinderrechte</strong><br />

explizit in das Arbeitsprogramm des Menschrechtsrates<br />

aufgenommen. Dieser widmet seit 2009 nun jährlich einen<br />

ganzen Tag diesem Thema.


Foto: Horst Buchmann<br />

Unsere Schlussfolgerungen als Kinderrechts-<br />

organisation?<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V. hält es für dringend notwendig,<br />

<strong>Kinderrechte</strong> endlich aus ihrem Schattendasein der Menschenrechte<br />

herauszuholen und sie in Politik und Gesellschaft<br />

mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Es muss verstärkt auf die<br />

Erfahrungen im Bereich des Schutzes und der Durchsetzung<br />

von Menschenrechten zurückgegriffen werden, um diese auch<br />

für den Bereich der <strong>Kinderrechte</strong> fruchtbar zu machen.<br />

Schließlich ist es an der Zeit, dass Kinderrechts- und Menschrechtsaktivisten<br />

ohne Vorbehalte aufeinander zugehen und<br />

ihre Zusammenarbeit ausbauen, denn <strong>Kinderrechte</strong> sind Menschenrechte!<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V.<br />

möchte hierzu einen<br />

Beitrag leisten!<br />

Foto: Susanne Souaré-Michel<br />

<strong>Kinderrechte</strong><br />

17


Zur Neuorientierungsphase von KiRA im Jahr 2010 gehörte<br />

auch, dass KiRA in anderen Ländern als bisher seine Arbeit<br />

aufnimmt; Benin ist neben Kamerun eines der beiden Länder,<br />

in denen KiRA neu begonnen hat. Nach den ersten Erfahrungen<br />

hat sich KiRA entschlossen, mit der Thematik »sexueller<br />

Missbrauch von Mädchen und jungen Frauen« in Benin zu beginnen,<br />

ein Arbeitsbereich, der aus anderen Ländern gut bekannt<br />

ist und der alarmierende Ausmaße angenommen hat.<br />

Drei Partnerorganisationen wurden identifiziert, mit denen gemeinsam<br />

zum Schutz von Mädchen im Süden Benins gearbeitet<br />

wird: die beiden Nicht-Regierungsorganisationen CIPCRE-Benin<br />

und ESGB (mit dem Zentrum für Mädchen ›La Passerelle‹) und<br />

die Schwestern der Salesianerinnen, die bereits in diesem Bereich<br />

eine professionelle Arbeit in Cotonou durchführen und<br />

ihre Erfahrung einbringen werden.<br />

erstes treffen der KirA-Partner<br />

Bei einem ersten gemeinsamen Treffen der KiRA-Partner wurde<br />

über das grundsätzliche, gemeinsame Arbeitsverständnis im<br />

Bereich <strong>Kinderrechte</strong> in Benin diskutiert. Diese Treffen sollen,<br />

auf Wunsch der Partner, mit verschiedenen fachlichen Inhalten<br />

regelmäßig weitergeführt werden.<br />

Erstes Partnertreffen zwischen KiRA-CIPCRE-Benin,<br />

ESGB, Salesianerinnen im November 2010.<br />

(Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

18<br />

Projektbericht<br />

Prävention und Bekämpfung<br />

des sexuellen Missbrauchs<br />

von Mädchen in Schulen<br />

Susanne Souaré-<br />

Michel Projektbeauftragte<br />

Benin<br />

Projekt zur Bekämpfung und Prävention des<br />

sexuellen Missbrauchs von Mädchen in Schulen<br />

durchgeführt von unserer Partnerorganisation CIPCRE-Benin<br />

(Cercle International pour la Promotion de la Création), im<br />

Süden Benins, Region Ouémé<br />

Sexuelle Gewalt an Schülerinnen ist eines der dringlichen<br />

Themen, die bei den Gesprächen genannt wurden, ein Tabu-<br />

Thema in der beninischen Gesellschaft! Formen der sexuellen<br />

Gewalt gegenüber Schülerinnen äußern sich auf verschiedene<br />

Arten, von der Benutzung einer demütigenden und erniedrigenden<br />

›Sexualsprache‹ gegenüber den Mädchen, über handgreifliche<br />

sexuelle Belästigungen bis hin zur Vergewaltigung.<br />

Im Rahmen der Schulen sind gute Noten bzw. eine Versetzung<br />

Susanne Souaré-Michel erzählt<br />

über die Kinderrechtssituation<br />

besonders von Mädchen in Benin:<br />

»Ich kenne Benin bereits, da ich von 1999 bis 2004<br />

dort gelebt und gearbeitet habe. Viel hat sich seit -<br />

dem verändert, das Land scheint im Aufschwung<br />

mit vielen neuen Straßen, Brücken und Bauten.<br />

Dennoch, die Armut der Bevölkerung ist groß und<br />

die Situation vieler Kinder dramatisch. Bei meinem<br />

ersten Besuch haben wir im Süden Benins zahlreiche<br />

nationale und internationale Organisationen sowie<br />

Behörden besucht, um uns ein Bild von der Lage<br />

der Kinder und Jugendlichen in Benin zu machen<br />

und Problemfelder herauszuarbeiten, die bisher<br />

noch nicht ausreichend angegangen werden.<br />

Wir haben auch mit Mädchen gesprochen, die auf<br />

der Straße, den Märkten bzw. den großen Autoparks<br />

am Rande von Cotonou arbeiten. Ein großer Teil<br />

dieser Mädchen möchte im Grunde lernen, zur<br />

Schule gehen oder eine Berufsausbildung machen,<br />

aber ihre Familien haben dafür nicht die finanziellen<br />

Möglichkeiten. Es bleibt ihnen oft nichts anderes<br />

übrig, als ›fliegende Händlerin‹ zu werden. Dabei<br />

sind sie vielen Gefahren ausgesetzt – und auch<br />

großen Versuchungen: für einen ›kleinen Sexualkontakt‹<br />

bekommen sie mehr Geld, als sie am ganzen<br />

Tag mit dem Verkauf ihrer Ware verdienen können.<br />

Die Konsequenzen sind ihnen eigentlich bekannt,<br />

aber viele nehmen diese nicht ernst oder sagen, dass<br />

sie keine andere Wahl haben. Eine raue Umgangsart<br />

ist auf der Straße üblich, die Mädchen sind<br />

häufig Gewalt ausgesetzt, auch sexueller Gewalt.<br />

Oft sind sie frustriert, ohne Zukunftsperspektiven<br />

und ohne Hoffnung.«


Mit unserem Engagement wollen wir erreichen, dass<br />

Schulen ein geschützter Raum sind, in dem Mädchen<br />

wie dieses nicht Opfer sexuellen Missbrauchs werden.<br />

(Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

in die nächste Klasse häufig das ›Tauschgeld‹. Für viele Mädchen<br />

hat dies direkte Auswirkungen: sie gehen ungern zur<br />

Schule, sind unkonzentriert im Unterricht oder benutzen Ausreden,<br />

um zu Hause bleiben zu können. Die Noten werden<br />

schlechter und letztlich bietet sich oft für eine ausreichende<br />

Note bzw. die Versetzung doch nur die Möglichkeit, für den<br />

Lehrer Dienstleistungen jeglicher Art zu erbringen. Die Abhängigkeit<br />

vom Lehrer, ungleiche Machtverhältnisse und der<br />

kulturelle Kontext machen es den Mädchen sehr schwer, die<br />

Situation anzusprechen, obwohl eine Grenze überschritten<br />

wird, die traditionell nicht akzeptabel ist.<br />

Der gesellschaftliche Ausweg ist derzeit, dass sexueller Missbrauch<br />

von Mädchen in Schulen nur selten angesprochen wird.<br />

Einem Mädchen, das dieses Problem thematisiert, würde man<br />

zunächst nicht glauben. Im besten Fall wird eine ›interne‹<br />

Lösung zwischen Lehrer und der Familie des Mädchens gesucht.<br />

Juristische Schritte, etwa eine Anzeige und die Strafverfolgung<br />

des Täters, kommen nur ganz selten in Frage.<br />

elidja ZOSSOU, nationaldirektor<br />

von ciPcre Benin,<br />

zur Zusammenarbeit mit<br />

KirA:<br />

»Bei der Unterstützung zur Entwicklung<br />

der Länder im Süden redet man viel von<br />

den ›technischen und finanziellen Beratern‹.<br />

Aber in Wirklichkeit handelt es sich<br />

sehr oft um Finanzpartner, bei denen<br />

die Fachberatung eher zu kurz kommt.<br />

KiRA ist da eine Ausnahme. Das ist es,<br />

was CIPCRE-Bénin an der Zusammenarbeit<br />

mit KiRA interessiert, denn eines<br />

unserer Handlungsprinzipien ist der<br />

Professionalismus. Ich möchte auch unbedingt<br />

die humanistischen Ideale<br />

(<strong>Kinderrechte</strong> in <strong>Afrika</strong>), die Offenheit<br />

und das partnerschaftliche Verhalten<br />

der Mitarbeiter von KiRA betonen.«<br />

das Schutzzentrum<br />

»La Passerelle«<br />

Benin<br />

ESGB (Espace Solidarité Globale Bénin) ist 1998 mit der<br />

Zielsetzung gegründet worden, in Not geratenen Mädchen<br />

und Jugendlichen zu helfen, sie bei der Umsetzung ihrer<br />

Rechte zu unterstützen und gemeinsam neue Lebenswege<br />

zu suchen.<br />

Einer der Ausgangspunkte ist dabei die Sozialarbeit im offenen<br />

Milieu an strategisch zentralen Orten in Porto-Novo (Markt<br />

Ouando bzw. zentraler öffentlicher Platz Bayol), an denen Aufklärungsarbeit<br />

geleistet wird. In den Kiosken von ESGB werden<br />

zusätzlich kleine Alphabetisierungskurse durchgeführt, um mit<br />

den Mädchen so besser in Kontakt kommen zu können und um<br />

ihr Vertrauen zu gewinnen. Die Sozialarbeiter/innen treffen<br />

hier auch auf Mädchen, die Opfer von Kinderhandel wurden,<br />

oder Mädchen, die auf der Straße leben oder bereits Opfer<br />

von verschiedenen Formen der Ausbeutung, Gewalt und Ausgrenzung<br />

wurden. Viele Mädchen suchen Möglichkeiten und<br />

Perspektiven, um diesem Milieu mit seinen Gefahren zu entkommen.<br />

Aufgrund der Notsituation dieser Kinder hat ESGB das Zentrum<br />

›La Passerelle‹ gegründet. Hier finden Mädchen, die kein<br />

Zuhause oder keine Verbindung mehr zu ihrer Familie haben,<br />

vorübergehend Unterkunft, Fürsorge und Unterstützung bei<br />

der Bewältigung ihrer Probleme. ESGB hilft ihnen, ihre dringendsten<br />

Bedürfnisse nach Schutz, Nahrung, Gesundheit und<br />

später auch nach Bildung und/oder Ausbildung zu befriedigen<br />

Projektbericht<br />

19


Unsere Partner Guénoukpa<br />

chabi Barka, Projektkoordinator<br />

bei ciPcre-Bénin,<br />

Laetitia Akplogan, Koordinatorin<br />

des Kinderschutzzentrums<br />

›La Passerelle‹ und<br />

Samuel houssou, direktor<br />

der nrO eSGB haben das<br />

Wort:<br />

»Wir drei haben uns zusammengesetzt<br />

und über die Frage diskutiert, warum<br />

die Zusammenarbeit mit KiRA für uns<br />

interessant ist. Alle Punkte, die wir hier<br />

nennen, sind gleichermaßen Bedürfnisse<br />

und Erwartungen von uns Partnern, die<br />

unsere gegenseitige Kooperation und<br />

Partnerschaft stärken.<br />

k <strong>Kinderrechte</strong> – eine herausfordernde<br />

Thematik. Vor allem aber ist sie für die<br />

soziale Gerechtigkeit von Bedeutung<br />

und keine Organisation, die im sozialen<br />

Bereich arbeitet, kann sie gleichgültig<br />

lassen. ESGB hat dies zu seiner grundsätzlichen<br />

Mission seit 1995 gemacht;<br />

für CIPCRE-Bénin ist es ein neueres<br />

Engagement.<br />

und damit ihre Grundrechte zurückzuerlangen. Die Mädchen<br />

bleiben normalerweise nicht langfristig im Zentrum, sondern<br />

werden nach einer intensiven Mediationsarbeit in ihre Familien<br />

oder bei Verwandten reintegriert. Dort können sie gezielt ihr<br />

›Lebensprojekt‹ verwirklichen. ESGB sichert, soweit möglich,<br />

eine weitere Begleitung der Kinder ab.<br />

Natürlich wird eine Familienrückführung des Kindes nicht um<br />

jeden Preis angestrebt oder sogar forciert. Oberstes und leitendes<br />

Prinzip ist immer das Wohl des Kindes. Dies bedeutet<br />

in Einzelfällen, dass eine Familienintegration wegen der Verhältnisse<br />

dort, z. B. wegen der Gefahr von Gewalt, Missbrauch<br />

und Vernachlässigung, nicht erstrebenswert ist. Dann müssen<br />

andere Formen der sozialen Integration, z. B. bei vertrauenswürdigen<br />

Pflegeeltern, gefunden werden.<br />

KiRA hat mit ESGB 2010 einen Workshop durchgeführt, um<br />

ein gemeinsames Projekt auszuarbeiten. Für 2011 wird eine<br />

finanzielle Unterstützung erwartet, es besteht aber schon jetzt<br />

ein regelmäßiger Austausch mit KiRA. Die Zusammenarbeit<br />

wird im Jahr 2011 verstärkt, denn das Potential und Engagement<br />

von ESGB sind hoch.<br />

20<br />

Projektbericht<br />

k Die Missachtung der <strong>Kinderrechte</strong> und<br />

besonders der von jungen Mädchen ist<br />

eine sehr aktuelle Thematik in Benin.<br />

CIPCRE-Bénin hat daher mit dieser Thematik<br />

begonnen und arbeitet an der<br />

Verwirklichung seiner Zukunftsvision:<br />

In 10 Jahren wollen wir eine NRO spezialisiert<br />

auf die Förderung von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

sein.<br />

k Die Methode und Arbeitsweise von KiRA<br />

bieten viele Vorteile für ESGB und CIPCRE-<br />

Bénin (fachliche Unterstützung, Beratungsarbeit).<br />

Sie hilft uns, die Projekte<br />

beispielsweise durch die konsequente<br />

Erarbeitung von Zielen, Resultaten,<br />

Aktivitäten und einem entsprechenden<br />

Finanzierungsplan gut vorzubereiten<br />

und durchzuführen. Außerdem verlieren<br />

wir dann bei der Durchführung keine<br />

Zeit, weil alles bereits von Anfang an<br />

systematisch geplant ist.<br />

k Die fachliche Beratung, verbunden mit<br />

der Suche nach lokalen Organisationen<br />

in <strong>Afrika</strong> und deren Unterstützung bei<br />

der Finanzierung, ist ein interessanter<br />

Arbeitsansatz. Er motiviert uns, mit<br />

KiRA zusammenzuarbeiten, denn für<br />

Organisationen im Süden ist es ein<br />

beinahe unmögliches Unterfangen,<br />

auf sich gestellt Geldgeber zu finden.<br />

k Der Ansatz von KiRA, die Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen seiner Partner zu<br />

stärken, erlaubt uns, die Arbeit zur<br />

Förderung von <strong>Kinderrechte</strong>n zu professionalisieren,<br />

anwaltschaftliche<br />

Arbeit zu leisten, Arbeitsinstrumente<br />

zu entwickeln und an Dokumenten<br />

mitzuarbeiten, die der Reform der bestehenden<br />

Gesetze in Benin dienen.<br />

Er erlaubt uns auch, die Arbeit mit<br />

den Frauen in den Dörfern im Hinblick<br />

auf die Erziehung und (Früh-)<br />

Förderung der Kinder zu verbessern.<br />

k Die Qualität der Mitarbeiter von KiRA<br />

(Offenheit mit gleichzeitiger Transparenz,<br />

Bereitschaft und Engagement)<br />

ist für uns eine wichtige Bereicherung<br />

zur Verbesserung unserer Arbeit<br />

und unseres Engagements für unsere<br />

Kinder.«<br />

In ihrer knapp bemessenen Freizeit nehmen<br />

Lastenträgerinnen wissbegierig an Alphabetisierungskursen<br />

teil. (Foto: Susanne Souaré-<br />

Michel)


Cotonou, die ökonomische Hauptstadt Benins, ist eine der<br />

Städte der westafrikanischen Küste, in der fast jeden Tag ein<br />

mit Gebrauchtwagen beladenes Schiff aus Europa (zum großen<br />

Teil aus Deutschland und Holland) ankommt. So gelangen<br />

täglich mehrere Hundert Autos in den Hafen. Vor dem Verkauf<br />

werden sie dann auf dem Küstenstreifen zwischen Cotonou<br />

und Porto Novo in großen Autoparks zwischengeparkt. Dort<br />

stehen einige Tausend Gebrauchtwagen.<br />

Am Rande und auch innerhalb der kleineren Autoparks haben<br />

sich Handwerker (vor allem KFZ-Mechaniker) und Verkäuferinnen<br />

eingerichtet, die ihre jeweiligen Waren anbieten. Viele<br />

Mädchen, die ihre Waren zum Verkauf in den<br />

Straßen und auf den Märkten anbieten, sind<br />

täglich großen Gefahren ausgesetzt.<br />

(Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

Studie zum sexuellen<br />

Missbrauch von Mädchen in<br />

den Autoparks in cotonou<br />

Benin<br />

Frauen, Mädchen und Kinder tragen ihre Waren auf dem Kopf<br />

und gehen den ganzen Tag durch die Autoparks, um diese<br />

zu verkaufen. Frauen und Mädchen sind dabei verschiedenen<br />

Risiken von Gewalt bis hin zur sexuellen Gewalt ausgesetzt.<br />

Auf den Autoplätzen sind fast nur Männer als Käufer, Wächter<br />

oder Handwerker anzutreffen. Sie bieten den Mädchen manchmal<br />

für einen kleinen sexuellen Kontakt mehr Geld an, als diese<br />

mit dem Verkauf ihrer Waren an einem ganzen Tag überhaupt<br />

verdienen können. In den Parks finden sich zahlreiche gut<br />

geschützte Ecken zwischen den Autos, in denen sich die Männer<br />

mit den Mädchen verstecken können, so dass sie nicht einmal<br />

das Gelände verlassen müssen.<br />

Die von KiRA beauftragte und vom einem Expertenteam<br />

durchgeführte Studie zur Situation der Mädchen in den Autoparks<br />

stellt die Situation folgendermaßen dar:<br />

Ungefähr 7% der befragten jüngeren Mädchen der Altersgruppe<br />

8 – 13 Jahren und schon 41% der 14 – 17jährigen haben bereits<br />

sexuelle Kontakte in den Autoparks. So können sie schnell<br />

ca. 1,5 Euro pro Tag verdienen. Das Geld erlaubt ihnen, etwas<br />

zu essen zu kaufen.<br />

Erschreckend ist auch, dass die Mädchen manchmal sogar von<br />

den eigenen Eltern oder Familienmitgliedern ermutigt werden,<br />

sich zur Verfügung zu stellen. Von ihnen werden zum Teil<br />

selbst Kontakte hergestellt bzw. vermittelt. 15% der jüngeren<br />

und 68% der älteren Mädchen haben im Interview gesagt,<br />

dass sie einen sexuellen Kontakt akzeptieren, wenn er von<br />

ihren Eltern oder Verwandten organisiert wird.<br />

Pierre Jekinnou, unabhängiger<br />

Berater in Benin, erzählt:<br />

»Ich arbeite gerne mit KiRA zusammen, weil ich<br />

die Organisation bei der konkreten Arbeit mit<br />

Kindern sehr wirkungsvoll finde. Im direkten Austausch<br />

ist das Personal sehr sympathisch, und ich<br />

spüre nicht die Kälte eines administrativen Umgangstons,<br />

vielmehr die Suche nach Verständnis<br />

für die Dynamik und die Wichtigkeit der lokalen<br />

Einflussfaktoren. Auch fühle ich mich völlig respektiert,<br />

auf gleicher Augenhöhe und als Mitglied einer<br />

Gruppe, die die gleichen Wünsche hat, Visionen<br />

teilt und immer versucht, Verständnis aufzubringen<br />

und nach den geeignetsten und realistischsten<br />

Wegen und Lösungen zu suchen.«<br />

Pierre Jekinnou<br />

unabhängiger<br />

Berater in Benin<br />

Projektbericht<br />

21


die Provinz »Äußerster norden«<br />

Gemäß einer Studie des kamerunischen Sozialministeriums<br />

gibt es in dieser Provinz mehr als 10.000 gefährdete Kinder<br />

oder Kinder in besonderen Notsituationen (Straßenkinder,<br />

Lastenträger, Koranschüler), die unter prekären Bedingungen<br />

leben. Sie können nicht zur Schule gehen, haben häufig kein<br />

stabiles familiäres Umfeld, werden im täglichen Überlebenskampf<br />

Freiwild für sexuelle und wirtschaftliche Ausbeutung<br />

sowie Kinderhandel. Besonders Mädchen erleben die Härte<br />

des Lebens auf der Straße. Sie werden sexuell missbraucht,<br />

ausgenutzt und unterliegen im besonderen Maße den überkommenen<br />

Traditionen und gesellschaftlichen Normen ihres<br />

sozialen Umfelds. Dazu gehört auch, dass heikle Themen wie<br />

sexuelle Gewalt – gerade innerhalb der Familie – totgeschwiegen<br />

und tabuisiert werden. Gültige Rechtsnormen sind teilweise<br />

unbekannt oder werden nicht angewandt, nicht selten<br />

herrscht eine Konfusion zwischen religiösen Werten und<br />

überkommenen Bräuchen.<br />

22<br />

Projektbericht<br />

Mit Einverständnis der Gefängnisverwaltung<br />

und der Mütter entstand dieses Foto vor<br />

den Gefängnismauern: ein Appell zur Hilfe!<br />

(Foto: Horst Buchmann)<br />

Überlebenskampf der Kinder<br />

in Gefängnissen und der Opfer<br />

von Gewalt und Missbrauch<br />

Kamerun<br />

Unser lokaler Partner ALdePA<br />

Vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Verarmung<br />

immer größerer Bevölkerungsschichten setzt sich diese staatlich<br />

anerkannte gemeinnützige Organisation für besonders<br />

benachteiligte und marginalisierte Bevölkerungsgruppen ein.<br />

Das Hauptaugenmerk ihres Engagements liegt auf der Gleichstellung<br />

der Geschlechter, der Förderung von Frauen- und<br />

<strong>Kinderrechte</strong>n, der Verbesserung der Einkommensmöglichkeiten<br />

und der allgemeinen Lebensbedingungen insbesondere der<br />

Landbevölkerung.<br />

Im Frauentrakt des Gefängnisses von Mokolo. Hier verbringen<br />

Säuglinge und Kleinkinder ihre ersten Lebensmonate<br />

und -jahre. (Foto: Mathieu Foka)


Alarmierende<br />

Situation der Kinder<br />

in Mokolo<br />

In dieser trockenen Region sind die Böden ausgemergelt,<br />

ausreichende Grundnahrungsmittel gibt es nicht mehr. Daher<br />

müssen bereits Kinder zum Unterhalt der Familie beitragen.<br />

Viele von ihnen werden gezwungen, die Schule abzubrechen,<br />

schuften für einen Hungerlohn als Lastenträger oder Autowäscher.<br />

In Mokolo trifft man häufig auf Dutzende von Kindern,<br />

die aus den umliegenden Dörfern kommen und in der Stadt<br />

versuchen, irgendwie zu überleben.<br />

eine Studie zur Gewalt, Ausbeutung und<br />

diskriminierung von Mädchen<br />

ALDEPA hat im Auftrag von <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V. eine<br />

Studie zur Gewalt, Ausbeutung und Diskriminierung von Mäd -<br />

chen erfolgreich durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie sind<br />

alarmierend und zeigen, dass Mädchen und Frauen einen deutlich<br />

geringeren Status haben als Männer. 60% der befragten Mäd chen<br />

und Frauen gaben an, dass sie bereits einmal Opfer von Diskriminierung<br />

oder sexueller Gewalt wurden, 30% haben diese Gewalt<br />

sogar innerhalb der Institution Schule erlebt. Frühehen und/<br />

oder Zwangsheiraten mit ihren verhängnisvollen Konsequenzen<br />

sind weiterhin Brauch in vielen Dörfern der Provinz.<br />

Die Studie dient als Basis für ein gemeinsames Projekt mit<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V. zur Gewaltprävention und zur Rehabilitation<br />

von Opfern von Gewalt und Missbrauch, welches im<br />

Laufe des Jahres 2011 begonnen wird.<br />

» Wir müssen uns für diese<br />

Opfer von Polizei- und<br />

Justizwillkür einsetzen.«<br />

Ein inhaftierter Junge zeigt uns<br />

sein Eckchen in der Gefängniszelle.<br />

(Foto: Mathieu Foka)<br />

Kamerun<br />

horst Buchmann<br />

Generalsekretär<br />

horst Buchmann berichtet<br />

von einem Besuch vor Ort<br />

im April 2010:<br />

»Das Schicksal von Straßenkindern hat mich<br />

sehr bewegt. Der lokale Polizeichef von Mokolo<br />

bot mir an, ihn nachts zu begleiten, um zu<br />

sehen, wo diese Kinder schlafen, einige sind<br />

gerade erst 8 Jahre alt. Von der Familie vernachlässigt,<br />

verjagt, sind sie hier im täglichen<br />

Über lebenskampf, verdingen sich als Lastenträger,<br />

Auto- und Motorradwäscher, machen alles,<br />

was sie gerade kriegen können, stehlen, wenn<br />

sie Hunger haben, landen im Gefängnis. Ein<br />

Dasein wie die Ziegen und Schweine auf den<br />

Müllhalden, die nach Essbarem suchen.<br />

Da sind fünf Neun- bis Zwölfjährige, die tagelang<br />

auf der Polizeistation von Mokolo, verführt<br />

von Erwachsenen, wegen eines gemeinsamen<br />

Diebstahls von ein paar Kisten Bier festgehalten<br />

werden. Vergebens hat der Polizeichef versucht,<br />

die Eltern vorzuladen. Sie sind aus Verantwortungslosigkeit<br />

und wohl auch aus Angst vor der<br />

Schande nicht gekommen. Sie überließen ihre<br />

Kinder einfach ihrem Schicksal. Eingepfercht<br />

in einem engen Verlies mit nur drei fingergroßen<br />

Öffnungen, haben sie schon tagelang an<br />

Hunger, Durst und einer extremen Hitze von<br />

tagsüber über 43 Grad in der Zelle gelitten.<br />

Als sie mir vorgeführt werden, beben sie am<br />

ganzen Körper.<br />

Mit meinen kamerunischen Partnern konnten<br />

wir wenigstens erreichen, dass die beiden<br />

Jüngsten noch am gleichen Abend aus der<br />

Polizeihaft entlassen wurden.<br />

Die drei anderen wurden aufgrund richterlicher<br />

Anordnung in Untersuchungshaft ins Gefängnis<br />

eingeliefert und sind dort mit 20 Jugendlichen<br />

auf 18 m 2 eingepfercht – eine klare Missachtung<br />

der kamerunischen Justiz des geltenden<br />

Rechts und internationaler Rechtsnormen!<br />

Diese Kinder sind wegen ihres Alters überhaupt<br />

nicht strafmündig.«<br />

Projektbericht<br />

23


die Provinzen im Westen, im Zentrum und im norden<br />

Für den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Hirse und Mais und<br />

zur Viehhaltung sind die klimatischen Bedingungen in diesen<br />

Landesteilen wesentlich günstiger. Aber auch hier gibt es Unrechtssituationen<br />

und eklatante Verletzungen von <strong>Kinderrechte</strong>n,<br />

insbesondere im Hinblick auf die Diskriminierung von Mädchen.<br />

Andere Phänomene wie Kinderhandel und sexuelle Ausbeutung<br />

von Kindern erfordern gleichermaßen unser Engagement.<br />

Unser lokaler Partner ciPcre<br />

Diese Nichtregierungsorganisation wurde Anfang der 90er<br />

Jahre in Kamerun gegründet. Ihre Arbeit basiert auf christlichen,<br />

ethischen Werten. Grundzielsetzung von CIPCRE ist<br />

es, die Entwicklung der Bevölkerung unter Berücksichtigung<br />

einer ökologischen Grundhaltung im weitesten Sinne voranzutreiben.<br />

Im Zentrum der Arbeit mit der Bevölkerung steht<br />

immer die eigene Verantwortung für ihre Entwicklung und<br />

für die des Landes. Damit möchte CIPCRE einen Beitrag zur<br />

Entwicklung <strong>Afrika</strong>s leisten, ebenso wie zum Aufbau einer<br />

auf christlichen Grundsätzen beruhenden demokratischen,<br />

gerechten, humanen und gesunden Welt.<br />

24<br />

Wirtschaftliche und sexuelle<br />

Ausbeutung von Kindern<br />

durch Kinderhandel<br />

Marthe Wandou, Sie sind eine sehr<br />

engagierte Mitstreiterin für die<br />

förderung von frauen und Mädchen<br />

und für die Stärkung der Zivilgesellschaft<br />

in Kamerun. Was erwarten<br />

Sie von einer Zusammenarbeit<br />

mit <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V.?<br />

k Der Kinderschutz – insbesondere von Mädchen –<br />

liegt uns sehr am Herzen. KiRA und ALDEPA teilen<br />

dieses Engagement. Daher ist es nur natürlich,<br />

dass wir unsere Kräfte bündeln, um gemeinsam in<br />

dieser Hinsicht erfolgreich zu sein.<br />

k Die partnerschaftliche Vorgehensweise von KiRA<br />

und unser gemeinsamer Austausch über Erfahrungen<br />

und Lösungswege sind für uns sehr motivierend.<br />

k KiRA teilt viele Informationen mit uns. Das ist für<br />

uns eine neue und originelle Art des Umgangs mit<br />

einem Partner des Südens. Mit KiRA gibt es nicht<br />

mehr die übliche Rollenverteilung – hier Finanzgeber,<br />

dort Hilfeempfänger. Wir fühlen uns beide<br />

verantwortlich für die Sicherstellung der Finanzierung<br />

eines Projektes und für seine erfolgreiche<br />

Durchführung.<br />

k Wir fühlen uns nicht allein gelassen, sondern auf<br />

allen Ebenen unterstützt durch KiRA, auch im Hinblick<br />

auf unsere Schwierigkeiten und Probleme.<br />

Projektbericht<br />

Opfer von Kinderhandel und sexueller Gewalt<br />

Die im Jahr 2008 von CIPCRE erstellte Studie zum Thema »Vom<br />

Kinderhandel zur sexuellen Ausbeutung« zeigte auf, dass die<br />

Mehrheit der Kinder, die Opfer von Kinderhandel und sexueller<br />

Gewalt wurden, aus den weit verstreuten Dörfern des Hinterlandes<br />

stammten und sich in den großen Städten bessere Zukunftschancen<br />

erhofften. Die Studie ergab auch, dass viele Kinder<br />

von ihren Familien als gute Einnahmequelle angesehen und zum<br />

Unterhalt der Familie herangezogen wurden. Dieser Umstand bewirkt<br />

in erheblichem Maße die Landflucht vieler Kinder und vergrößert<br />

ihr Risiko, Kinderhändlern in die Hände zu fallen, die<br />

ihnen in schillernden Farben das Leben in der Stadt vorgaukeln.<br />

Perspektiven<br />

Wir werden das Projekt mit unseren hochmotivierten afrikanischen<br />

Partnern 2011 beginnen. Unser Hauptaugenmerk liegt<br />

dabei auf der Förderung und Stärkung eines <strong>Kinderrechte</strong><br />

schützenden Umfeldes zur Prävention von sexueller Gewalt,<br />

besonders an gefährdeten Mädchen, der Chancengleichheit<br />

von Mädchen sowie zur Rehabilitierung und Wiedereingliederung<br />

von Opfern. Folgende Projektaktivitäten sind vorgesehen:<br />

k Humanisierung der Haftbedingungen für Kinder und Mütter<br />

mit Kleinkindern in Gefängnissen und in Polizeigewahrsam;<br />

Rechtsbeistand<br />

k Vorbeugende Maßnahmen für Kinder, um Konflikte mit dem<br />

Gesetz zu verhindern (Begleitung, Stärkung von Werten,<br />

Grundbildung, Vermittlung lebensnaher Fertigkeiten u. a.)<br />

k Weitere Studien zur Erfassung der Situation der von sexueller<br />

Gewalt betroffenen Mädchen in den Projektregionen<br />

k Thematisierung der Tabuthemen Gewalt und sexueller Missbrauch<br />

an Frauen und Mädchen, Kinderhandel und Diskriminierung<br />

von Mädchen an Schulen, das Gesetz des Schweigens brechen<br />

k Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

sowie Unterstützung des Staates in seiner Verantwortung<br />

und Funktion als Garant für die Achtung von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

k Schaffung bzw. Verbesserung wirksamer Schutzmechanismen<br />

zur Rehabilitation, psychosozialen Begleitung und familiären<br />

und sozialen Wiedereingliederung von Opfern von Gewalt.<br />

Lokale Organisationen der Zivilgesellschaft und die Kinder selbst<br />

werden dabei zu Akteuren bei der Überwindung ihrer Misere.<br />

Marthe Wandou<br />

Koordinatorin<br />

ALDEPA<br />

Kamerun


Beispiele der hilfe<br />

Kinder mit starken Partnern sind Kinder mit Zukunft.<br />

Wir danken für partnerschaftliche Hilfe, für kreatives<br />

Engagement, für ideelle und finanzielle Unterstützung<br />

k der Europäischen Kommission, Brüssel<br />

k dem Außenministerium und Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit,<br />

Belgien<br />

k CORDAID, Niederlande<br />

k der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-<br />

Württemberg<br />

k Caritas International, Freiburg<br />

k dem Weltgebetstag der Frauen, Stein/Nürnberg<br />

k Sternstunden e. V., München<br />

k der Alois-Erb-Stiftung, Schweiz<br />

k der Familie Haas Stiftung, Wiesloch<br />

k dem Lions Club Kinzigtal<br />

k der Firma DURAVIT AG, Hornberg<br />

k der Stadt Lahr<br />

k dem Ingenieurbüro für Planung und Projektmanagement<br />

Hangs, Lahr<br />

k der Volkshochschule Lahr<br />

k dem Hungermarsch Schwetzingen<br />

k der Eine-Welt-Gruppe Senfkorn, Schwetzingen<br />

k der Nordtstadtschule Schwetzingen<br />

k dem Weltladen St. Franziskus, Bochum<br />

k dem Eine-Welt-Kreis der Katholischen Kirchengemeinde<br />

Neuenburg<br />

k der Katholischen und Evangelischen Kirchengemeinde<br />

Friesenheim<br />

k der Heimschule Ettenheim<br />

k der Schutterlindenbergschule Lahr<br />

k der Grundschule Kuhbach<br />

k der Grundschule Oberweier<br />

k dem Clara-Schumann-Gymnasium Lahr<br />

k der St. Landolin-Schule Ettenheim<br />

sowie unseren Fördermitgliedern, Privatspendern, Kongregationen,<br />

Firmen, Schulen und allen ehren amtlichen Mitarbeitern.<br />

Spendenkonten<br />

Sparkasse Offenburg/Ortenau<br />

Konto-Nr. 76004044 | BLZ 664 500 50<br />

BIC SOLADES1OFG<br />

IBAN DE 69664500500076004044<br />

Sparkasse Offenburg/Ortenau<br />

Konto-Nr. 4044 | BLZ 664 500 50<br />

BIC SOLADES1OFG<br />

IBAN DE 86664500500000004044<br />

Foto: Susanne Souaré-Michel<br />

Unser Dank<br />

25


K i r A<br />

consult<br />

die Beratungsabteilung von<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

Sie wurde Ende 2009 aus dem Willen heraus gegründet, die<br />

spezifischen Fachkenntnisse zur Umsetzung von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

in <strong>Afrika</strong> auch anderen Organisationen anzubieten. Durch<br />

unsere Fachberatung wollen wir glaubhaftes, konkret an den<br />

Bedürfnissen und Interessen von Kindern orientiertes sowie<br />

politisches und anwaltschaftliches Handeln fördern.<br />

Dies kann sich sowohl auf die Durchführung eines sektorspezifischen<br />

Projektes für Kinder beziehen (z. B. den Schutz und die<br />

soziale Wiedereingliederung von Straßenkindern), als auch auf<br />

die sektorübergreifende Integration von kinderrechtsorientierten<br />

Aspekten in Projekte mit anderen inhaltlichen Schwerpunkten<br />

26 KiRA Consult<br />

Mainstreaming-<strong>Kinderrechte</strong><br />

• Integration von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

in einen bestehenden<br />

Menschenrechtsansatz<br />

• Integration von <strong>Kinderrechte</strong>n<br />

in Projekte anderer Sektoren<br />

• Erarbeitung einer internen<br />

Kinderschutzpolitik<br />

Administration, finanzen, Personalmanagement<br />

fachberatung u. a. zur Umsetzung folgender themen<br />

• Kinderrechtsarbeit und Verwirklichung von <strong>Kinderrechte</strong>n in Projekten<br />

• Einbeziehung und Teilhabe von Kindern<br />

• Sozialarbeit im Bereich <strong>Kinderrechte</strong><br />

• Juristische Fragen im Bereich <strong>Kinderrechte</strong><br />

• Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit<br />

im Sinne eines Querschnittthemas »<strong>Kinderrechte</strong>« (z. B. die<br />

besonderen Bedürfnisse von Kindern im Rahmen eines Projektes<br />

der Flüchtlingshilfe). Auch die Erarbeitung von Studien,<br />

Arbeitsmaterialien oder sonstigen Dokumentationen kann<br />

Gegenstand dieser Beratung sein.<br />

Beratungsarbeit im Managementbereich (Projektmanagement,<br />

Administration, Finanzen und Personalmanagement) verstehen<br />

wir als notwendige und unabdingbare Aufgabe für eine<br />

seriöse, effektive und nachhaltige Arbeit der Projektpartner<br />

vor Ort.<br />

Wir verstehen unsere Rolle als Vermittler und Berater, um die<br />

Bedeutung von <strong>Kinderrechte</strong>n sowie Möglichkeiten für eine<br />

wirksame Umsetzung und Einbindung in Projekte auf partizipativem<br />

Wege zu erreichen. Konkrete Aktionen müssen hingegen,<br />

entsprechend unserem Grundsatzverständnis der Eigenverantwortung<br />

unserer Partner für ihr Tun und Handeln, aus eigener<br />

Initiative erwachsen. Nur dann können sie nachhaltig werden.<br />

Auch dabei möchten wir unsere Partner begleiten und unterstützen.<br />

Im Jahr 2010 fanden die ersten Einsätze von KiRA-Consult<br />

statt, u. a. in Haiti und Benin.<br />

Projektmanagement<br />

Planung, Monitoring, Evaluierung, partizipative Arbeitsmethoden, Teambildungsprozesse, o.ä.<br />

Sektorprojekte Umsetzung<br />

<strong>Kinderrechte</strong><br />

• Beratung und Begleitung von<br />

sektorspezifischen Projekten<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

Studien und dokumentation<br />

• Unterstützung von Partnern<br />

bei der Erarbeitung von<br />

Dokumenten und Studien<br />

• Durchführung von sektorspezi-<br />

fischen Studien<br />

• Erstellung sektorspezifischer<br />

Dokumentationen<br />

Beratungsaufgaben von KirA-consult


Mit Hilfe von Rollenspielen werden künftige<br />

Strategien erprobt. (Foto: Susanne Souaré-Michel)<br />

Beratungsarbeit von<br />

KirA-consult in Benin<br />

Im Rahmen ihrer Arbeit zum sexuellen Missbrauch von Mädchen<br />

in Schulen wurde mit der Partnerorganisation CIPCRE-<br />

Bénin eine mehrtägige Fortbildung zu den Themen ›<strong>Kinderrechte</strong>‹<br />

und ›Konfliktgespräche‹ durchgeführt.<br />

Der erste Teil handelte von <strong>Kinderrechte</strong>n im Allgemeinen.<br />

Der zweite Teil war einer spezifischen Schulung zur Führung<br />

von Konfliktgesprächen gewidmet, die im Rahmen der Arbeit<br />

der NRO auftreten können. Dabei stand die Thematik des<br />

sexuellen Missbrauchs von Mädchen in Schulen – ein Tabu-<br />

Thema in der beninischen Gesellschaft – im Vordergrund. In<br />

Rollenspielen wurden Extremsituationen geübt, z.B. der Umgang<br />

der Berater von CIPCRE-Bénin mit Schul direktoren bzw.<br />

Lehrern, welche die Existenz des Phänomens in Schulen Benins<br />

verneinen und eine Zusammenarbeit kategorisch ablehnen.<br />

Es war eine sehr intensive und hilfreiche Erfahrung für alle<br />

Teilnehmer.<br />

Während unseres Aufenthalts in Benin war<br />

ein 9-jähriges Mädchen auf ihrem Schulweg<br />

vom Wächter der Schule zurückgehalten und<br />

vergewaltigt worden. das Kind wurde am<br />

nächsten tag tot auf gefunden.<br />

Andreas Böning<br />

Finanzplanung und<br />

Abwicklung von<br />

Projekten<br />

Beratungsarbeit von<br />

KirA-consult in haiti<br />

Am 12. Januar 2010 ereignete sich in Haiti ein schweres<br />

Erdbeben. Auch wenn der Inselstaat in der Karibik durch<br />

seine exponierte Lage auf einer geologischen Verwerfungszone<br />

in der Geschichte immer wieder Erdstöße erlebte, übertrafen<br />

die Ausmaße dieses Bebens alle Vorstellungen. Mit<br />

bis zu 300.000 Toten war es die verheerendste Naturkatastrophe<br />

seit Menschengedenken. Experten befürchten, dass<br />

der Wiederaufbau noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird.<br />

Haiti hat ca. 9 Mio. Einwohner, die zum größten Teil afrikanischer<br />

Abstammung sind. Kultur und Bräuche ähneln stark<br />

denen Westafrikas, in vielen Bereichen besteht mehr Ähnlichkeit<br />

mit Westafrika als mit den karibischen und lateinamerikanischen<br />

Nachbarstaaten. Aufgrund dieser kulturellen<br />

Verbindung wie auch der sprachlichen – es wird Französisch<br />

gesprochen – haben wir uns entschlossen, in dieser extremen<br />

Notsituation, die Kinder in besonderem Maße tifft, in einem<br />

Staat zu arbeiten, der außerhalb des afrikanischen Kontinentes<br />

liegt.<br />

Persönliche eindrücke unseres<br />

Mitarbeiters Andreas Böning<br />

während seiner einsätze in haiti<br />

»Insgesamt sieben Wochen war ich in der zweiten<br />

Jahreshälfte 2010 in Haiti als einer der unzähligen<br />

Helfer nach dem Erdbeben vom 12. Januar 2010.<br />

Unsere Beratungsarbeit galt der Unterstützung des<br />

Büros des Deutschen Caritasverbandes (Caritas<br />

International) in Port-au-Prince. Die akute Nothilfephase<br />

war Mitte 2010 offiziell in eine Wiederaufbauphase<br />

übergegangen. Das Ausmaß der Not ist<br />

aber noch immer unermesslich groß, und wieder<br />

sind Kinder in besonderer Weise betroffen (z. B.<br />

die hohe Zahl an Halb– oder Vollwaisen, kein Schulbetrieb,<br />

da der Großteil der Schulen eingestürzt<br />

war, keinen Zugang zu sauberem Wasser, etc.). Im<br />

Rahmen meiner Tätigkeit habe ich u. a. administrative<br />

und finanztechnische Beratung in mehreren<br />

Projekten durchgeführt, mit deren Hilfe versucht<br />

wird, einen wichtigen und wertvollen Beitrag zur<br />

Verbesserung der Lebenssituation von Kindern zu<br />

leisten, wie z.B. beim (Wieder-)Aufbau von Schulen<br />

und im Bereich der Nahrungsmittelverteilung.<br />

Dass die Hilfe ankommt und geschätzt wird, erkennt<br />

man immer wieder im Lächeln eines Kindes,<br />

das für Momente die traumatischen Erlebnisse<br />

vergessen lässt.«<br />

KiRA Consult<br />

27


»<br />

Bana-<strong>Afrika</strong>«<br />

für Bildungs- und<br />

Aufklärungsarbeit<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V. leistet auch in Europa und besonders<br />

in Deutschland Aufklärung durch entwicklungspolitische Bildungsarbeit.<br />

Regelmäßige Vorträge (zum Beispiel in<br />

Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen) und Pressekonferenzen<br />

zu brisanten aktuellen Themen sowie Workshops<br />

in Schulen dienen dazu, die breite Öffentlichkeit und insbesondere<br />

Kinder und Jugendliche über die Lebenssituation<br />

vieler Kinder in <strong>Afrika</strong> aufzuklären.<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>«, rechte für Kinder, auch in <strong>Afrika</strong>?<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>« bedeutet »Kinder <strong>Afrika</strong>s«. Das Projekt »Bana-<br />

<strong>Afrika</strong>« möchte die Kinder und Jugendlichen aus Europa<br />

durch entwicklungspolitische Bildungsarbeit informieren und<br />

sensibilisieren. Die schwierige Lebenssituation vieler Kinder<br />

aus Mali, Togo, Kongo, Benin und Kamerun wird<br />

erklärt und dadurch vertrauter gemacht.<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>« möchte aber auch die Erwachsenen auf die<br />

manchmal dramatische Situation der Kinder und Jugendlichen<br />

in <strong>Afrika</strong> aufmerksam machen und besonders über den unzureichenden<br />

Zugang zu Bildung informieren. Viele Kinder haben<br />

keine Geburtsurkunde, die Eltern kein Geld für die Schulgebühren<br />

oder die Berufsausbildung. Mädchen werden oft diskriminiert<br />

und sogar häufig, als Gegenleistung für bessere<br />

Schulnoten, sexuell missbraucht.<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V. hat sich zum Ziel gesetzt, diese<br />

besonders benachteiligten Kinder und Jugendlichen in <strong>Afrika</strong><br />

zu unterstützen. Auch wir in Europa können schon mit einem<br />

kleinen Beitrag ihre Chancen auf eine lebenswerte Zukunft<br />

verbessern. Die »Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage sollen uns daran erinnern,<br />

dass auch diese Kinder unsere Hilfe brauchen. Sie haben ein<br />

Recht auf Zukunft!<br />

28<br />

Gemeinsame Planung der Bana-<strong>Afrika</strong> Tage<br />

in Lahr: (v. l.) Lothar Hainz, 1. Vorsitzender,<br />

Natacha Manet, Bildungsarbeit, Oberbürgermeister<br />

Dr. Wolfgang Müller, Horst Buchmann,<br />

General sekretär <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V.<br />

(Foto: Elisabeth Munsch)<br />

Die Bigband des Clara-Schumann-Gymnasiums<br />

Lahr hat mit einem schwungvollen Konzert<br />

die »Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage abgeschlossen.<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>« tage in Lahr: 17. bis 19. november<br />

Die »Bana-<strong>Afrika</strong>« Botschaft haben wir im Herbst 2010<br />

in der Ortenau (Ettenheim, Lahr, Offenburg) unter der<br />

Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters der Stadt Lahr,<br />

Dr. Wolfgang Müller, vermittelt.<br />

Die Planung der »Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage in Lahr begann schon<br />

im März 2010 mit einer Pilotgruppe von engagierten Mitarbeitern<br />

des Schulamtes Offenburg, einiger Schulen aus Lahr und<br />

Umgebung und natürlich des Vereins <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e. V.<br />

Ein buntes pädagogisches Programm, das die Stadt Lahr, ihre<br />

Schulen und Vereine einbeziehen sollte, wurde zusammengestellt.<br />

Die Projekttage wurden am 7. Oktober 2010 mit einem Solidaritätslauf<br />

eröffnet. Mehr als 150 Kinder aus der Schutterlindenberg<br />

Schule und der Grundschule Kuhbach in Lahr haben<br />

im Park einige »Runden« gedreht und Spenden für Kinder<br />

erworben, die keine Geburtsurkunde besitzen und dadurch nicht<br />

eingeschult werden können. Während der Hauptprojekttage<br />

vom 17. bis 19. November beteiligten sich mehr als 300 Kinder<br />

aus 10 regionalen Schulen und Vereinen. Sie haben sich vorher<br />

mehrere Stunden mit <strong>Afrika</strong> auseinandergesetzt und dann<br />

mit einem Lied, einem Theater- oder Musikstück, einem Tanz<br />

oder mit Bastel- und Malarbeiten Solidarität mit den afrikanischen<br />

Kindern gezeigt.<br />

Die vielen Besucher der »Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage in Lahr lernten<br />

dank der Ausstellung »Kinder haben Rechte, auch in <strong>Afrika</strong>«,<br />

den Vorträgen sowie den kulturellen und kulinarischen Angeboten,<br />

viele Aspekte des afrikanischen Kontinents kennen.


Frau Annerose Lauer (rechts), Rektorin der<br />

Grundschule Oberweier, überreicht Natacha<br />

Manet, der »Bana-<strong>Afrika</strong>« Projektleiterin,<br />

einen Scheck: das Ergebnis der vielen Aktionen,<br />

Sommerfest, Solidaritätswanderung und Schuhputzaktion,<br />

die die Schule im Rahmen der<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage organisiert hat.<br />

(Veranstaltungsbilder: Natacha Manet)<br />

für die wertvolle Unterstützung bei den »Bana-<strong>Afrika</strong>«<br />

tagen 2010 in Lahr möchten wir uns besonders<br />

bedanken bei:<br />

Herrn Dr. W. Müller, Oberbürgermeister der Stadt Lahr, dem<br />

Schulamt Offenburg, der Volkshochschule Lahr, den Lahrer<br />

Schulen, der Sparkasse, REWE Lahr, REAL Markt Lahr, Cafe Burger<br />

Lahr, dem Europapark, der »Big Band« vom Clara-Schumann-<br />

Gymnasium, der Band »Move your voice« von der St Landolin<br />

Schule Ettenheim, dem Tanzstudio Meineke, der Musik-Schule<br />

Lahr, P. Tshisungu Kalomba, allen Kindern, die sich engagiert<br />

haben, unseren Spendern und allen, die einen Beitrag zum<br />

erfolgreichen Gelingen dieser Aktion geleistet haben.<br />

Wir konnten 2712 eUr Spenden sammeln und<br />

dadurch 150 Kindern zur nachträglichen Ausstellung<br />

einer Geburtsurkunde verhelfen.<br />

»Bana-<strong>Afrika</strong>« Tage<br />

29


Ausgaben des Vereins 2010<br />

272.792 euro<br />

30 Einnahmen und Aufwendungen<br />

euro %<br />

Personalkosten (Gehälter, Fortbildung, Berufsgenossenschaft) 225.481 82,7%<br />

Büroeinrichtung / EDV 2.195 0,8%<br />

Miete, Post, Telekom und laufende Bürokosten 20.367 7,5%<br />

Mitgliederversammlungen / Sitzungen des Vorstandes und<br />

des Finanzkontrollausschusses 664 0,2%<br />

Finanz- und Lohnbuchhaltung, externe Wirtschaftsprüfung<br />

Projekte und Wirtschaftlichkeit, DZI-Gebühren 7.960 2,9%<br />

Rechtsanwaltskosten 800 0,3%<br />

Nachlassverwaltung 990 0,4%<br />

Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit, Reisekosten 8.870 3,3%<br />

Mitgliedschaften 851 0,3%<br />

Bank-, Depotgebühren 4.614 1,7%<br />

total* 272 .792 100,0%<br />

* weitere Kosten wurden von der <strong>Afrika</strong>delegation von Bice getragen<br />

Die durch Projektbegleitung unmittelbar entstandenen Personalkosten<br />

wurden von den jeweiligen Projekten getragen.


Aufwendungen für<br />

Projekte in <strong>Afrika</strong> 2010<br />

1.097.186 euro 598.297 euro Globalprojekt,<br />

D.R. Kongo (55%)<br />

einnahmen 2010<br />

1.010.907 euro<br />

Einschließlich institutioneller Zuwendungen für fachliche Begleitung,<br />

Projektkontrolle und laufende Betriebskosten des Vereins<br />

199.431 euro Kinder in Gefängnissen<br />

und Mädchen in Notsituationen, Mali (18%)<br />

163.086 euro Lastenträgerinnen,<br />

Togo (15%)<br />

41.015 euro Kinder in Gefängnissen,<br />

Togo (4%)<br />

40.570 euro Projekte Benin (4%)<br />

23.111 euro Projekte Kamerun (2%)<br />

11.662 euro Regionalprojekt (1%)<br />

10.014 euro Haushaltshilfen,<br />

Elfenbeinküste (1%)<br />

10.000 euro Straßenkinder<br />

Elfenbeinküste (1%)<br />

644.459 euro<br />

Öffentliche Finanzgeber (63,8%)<br />

205.300 euro<br />

Private Finanzgeber (20,3%)<br />

112.520 euro<br />

Spenden und Beiträge (11,1%)<br />

25.609 euro<br />

KiRA Consult (2,5%)<br />

23.019 euro<br />

Sonstiges (Zinsen, Verkaufserlöse<br />

afrikanisches Kunsthandwerk) (2,3%)<br />

Einnahmen und Aufwendungen<br />

31


<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V. | Zukunft für Kinder in not<br />

info@kinderrechte-afrika.org | www.kinderrechte-afrika.org<br />

Schillerstrasse 16 | D-77933 Lahr (Schwarzwald)<br />

T 07821 388 55 | F 07821 985 755<br />

Spendenkonten<br />

Sparkasse Offenburg/Ortenau | Konto-Nr. 76004044 | BLZ 664 500 50<br />

BIC SOLADES1OFG | IBAN DE 69664500500076004044<br />

Sparkasse Offenburg/Ortenau | Konto-Nr. 4044 | BLZ 664 500 50<br />

BIC SOLADES1OFG | IBAN DE 86664500500000004044<br />

Foto: Susanne Souaré-Michel<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

Vorstand<br />

Lothar Hainz, 1. Vorsitzender<br />

Klaus Sänger, 2. Vorsitzender<br />

Horst Buchmann, Generalsekretär<br />

Hubert Henninger, Schatzmeister<br />

Prof. Dr.med. Peter Stingl, Ehrenvorsitzender<br />

Ordentliche Mitglieder<br />

Irene Berger<br />

Dr. med. Michael Brünger<br />

Dr. med. Albrecht Eberth-Heldrich<br />

Karin Flurer-Brünger<br />

Claus Hemker<br />

Gudrun Hemker<br />

Peter Klein<br />

Dr. Erhard Kropp<br />

Dr. med. Ariane Küster<br />

herausgeber<br />

<strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

Schillerstraße 16<br />

D 77933 Lahr<br />

Telefon 0049 7821 388 55<br />

Fax 0049 7821 985 755<br />

redaktion<br />

Horst Buchmann, Christa Maria Holte,<br />

Natacha Manet, Elisabeth Munsch,<br />

Susanne Souaré-Michel, Katja Zug<br />

fotos<br />

Fotoarchiv von <strong>Kinderrechte</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

Titelfoto: J. Naegelen<br />

Grafische Gestaltung<br />

Erasmi + Stein, Stephanie Roderer, München<br />

druck<br />

Druckerei Kössinger, Schierling<br />

Wir danken dem Büro Erasmi + Stein,<br />

grafische Kommunikation, München für die<br />

kostenlose Gestaltung dieses Berichts.

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