27.04.2013 Aufrufe

nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV

nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV

nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

14<br />

Beratung<br />

kibs<br />

Tabuthema: Sexuelle Gewalt<br />

gegen Jungen<br />

Die Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller<br />

Gewalt bis 21 Jahre (kibs) des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist bisher bayernweit die einzige<br />

Anlaufstelle speziell für männliche Opfer sexueller Gewalt. Die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter von kibs betreuen Jungen bis 21 Jahre, die sexuelle Gewalt erlebt haben.<br />

Vielfach werden über die Opfer und deren Angehörige hinaus auch weitere<br />

Bezugspersonen in den Beratungsprozess mit einbezogen, zum Beispiel Lehrkräfte<br />

oder pädagogische Fachkräfte aus dem Hilfesystem oder dem Jugendamt. Zusätzlich<br />

berät kibs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer Einrichtungen wie beispielsweise<br />

Kindergärten, Heilpädagogische Tagesstätten, Horte, Freizeiteinrichtungen,<br />

Vereine und Schulen.<br />

Statistisch gesehen hat in jeder Schulklasse<br />

mindestens ein Junge sexuellen<br />

Missbrauch erlebt. Denn – was kaum<br />

jemand ahnt – jeder fünfte bis achte<br />

Junge wird Opfer sexueller Gewalt. Doch<br />

die Taten und das Leiden der Jungen<br />

bleiben zumeist im Dunkeln. Das<br />

Schweigen der Opfer trifft auf die mangelnde<br />

Bereitschaft ihrer Umgebung,<br />

sexuellen Missbrauch an Jungen überhaupt<br />

als Realität anzuerkennen.<br />

Jedes Opfer hat seine individuelle<br />

Geschichte. Deshalb ist das Unterstützungsangebot<br />

von kibs speziell auf die<br />

Situation des einzelnen Kindes oder Jugendlichen<br />

bezogen. Und dennoch gibt es<br />

Gemeinsamkeiten, die viele männliche Opfer<br />

sexueller Gewalt teilen. Entweder, weil sie<br />

noch zu klein sind oder aber jungentypisch<br />

„nicht gern reden“, ist es nicht leicht, an sie<br />

„heranzukommen“. So bedarf es für die<br />

Hilfe von Betroffenen immer wieder nonverbaler<br />

Methoden, wie z.B. Musiktherapie<br />

oder erlebnispädagogische Angebote.<br />

Beratung und Begleitung<br />

Etwa die Hälfte der Jungen, die Unterstützung<br />

von kibs erhalten, sind zwischen drei<br />

und zehn Jahre alt. Die Täter stammen meist<br />

aus dem sozialen Umfeld – aus dem Freundes-,<br />

Familien- oder Bekanntenkreis.<br />

Da es den Missbrauchten schwer fällt, mit<br />

Bezugspersonen über ihre Situation zu<br />

sprechen, ist es für viele hilfreich, anonym<br />

über das Internet oder telefonisch Kontakt<br />

aufnehmen und um Unterstützung bitten<br />

zu können.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Das Angebot von kibs reicht von der Verdachtsabklärung<br />

bis zur Krisenintervention.<br />

Die Beratung und Begleitung der Opfer und<br />

Angehörigen kann durch Familien-, Trauma-<br />

und Musiktherapie unterstützt werden.<br />

Gleichzeitig werden therapeutische Kindergruppen,<br />

erlebnispädagogische Gruppenangebote<br />

und Selbstbehauptungstrainings für<br />

die Opfer angeboten. Wenn es zum für die<br />

Jungen vielfach belastenden Gerichtsprozess<br />

kommt, können die männlichen Opfer<br />

bei Prozessvorbereitung, -begleitung und<br />

-nachbereitung auf das Hilfsangebot der<br />

Beratungsstelle zurückgreifen.<br />

Fachberatung und<br />

Multiplikatorenarbeit<br />

kibs wird von Fachkräften meist dann hinzugezogen,<br />

wenn der Missbrauch bereits<br />

geschehen ist und das Opfer, die Familie,<br />

der Kindergarten oder die Schule akut<br />

Unterstützung benötigen. Deshalb trägt kibs<br />

durch entsprechende Fortbildungen und<br />

Vorträge zur Sensibilisierung von Fachkräften<br />

bei, mit dem Ziel, dass diese rechtzeitiger<br />

auf missbrauchte oder gefährdete<br />

Jungen aufmerksam werden und geeignete<br />

Maß<strong>nah</strong>men einleiten können.<br />

Im Rahmen eines Modellprojektes zur<br />

bayernweiten Schulung der Erziehungsberatungsstellen<br />

und Notrufe leistet kibs<br />

wichtige Multiplikatorenarbeit im Auftrag<br />

des bayerischen Sozialministeriums.<br />

kibs war gemeinsam mit dem Arbeitskreis<br />

„Runder Tisch gegen Männergewalt“ und<br />

der Gleichstellungsstelle der Landeshauptstadt<br />

München aktiv an der Erstellung und<br />

Veröffentlichung der Opferschutzbroschüre:<br />

„Opfer stärken – Verfahrensrechte nutzen,<br />

Opfer stärken im Strafrecht“ beteiligt.<br />

KIM – eine Kooperation von<br />

IMMA und kibs<br />

Nachdem sich der Kinder- und Jugendhilfeausschuss<br />

im Landkreis Fürstenfeldbruck<br />

seit sieben Jahren mit dem Thema<br />

Fachberatung bei sexueller Gewalt an<br />

Kindern und Jugendlichen beschäftig hatte<br />

und regelmäßig an der Finanzierung<br />

gescheitert war, stand der Beschluss Anfang<br />

2007 endlich fest: Fürstenfeldbruck<br />

bekommt eine Einrichtung, die Kinder und<br />

Jugendliche berät, die Opfer von sexueller<br />

Gewalt geworden sind.<br />

Im Frühjahr 2007 wurde einstimmig<br />

beschlossen, diese Aufgabe an IMMA e.V.,<br />

Initiative für Münchner Mädchen und kibs<br />

zu übertragen. Im Dezember 2007 wurde in<br />

Fürstenfeldbruck der Vertrag unterzeichnet.<br />

Die neue Beratungsstelle heißt KIM und<br />

unterstützt Mädchen und Jungen mit<br />

sexuellen Gewalterfahrungen, ihre Bezugspersonen<br />

sowie Fachkräfte – sowohl bei<br />

erlebter Gewalt als auch bei der Verdachtabklärung.<br />

Seit Februar <strong>2008</strong> finden jeweils<br />

donnerstags die Sprechzeiten im Zentrum<br />

von Fürstenfeldbruck statt. Mit dem vom<br />

Kreistag bewilligten Zuschuss von 25.000<br />

Euro jährlich können rund zehn Beratungsstunden<br />

pro Woche angeboten werden, das<br />

ist zunächst nur ein Tropfen auf den heißen<br />

Stein – aber es ist ein Anfang.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!