nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV
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Vormundschaft<br />
Vormundschaften und Pflegschaften<br />
Auf die Weichenstellung kommt es an<br />
Ein Vormund oder Pfleger wird vom Vormundschaftsgericht<br />
bestellt, wenn die<br />
gesetzliche Vertretung des Kindes von den<br />
Eltern nicht oder nur in Teilbereichen ausgeübt<br />
werden kann. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />
ist mit Vormundschaften für etwa 75<br />
Kinder und Jugendliche betraut. Eine<br />
Sozialpädagogin und ein Sozialpädagoge<br />
erfüllen ganz oder in Teilbereichen die<br />
Personensorge, d.h. die Pflege, Erziehung,<br />
Beaufsichtigung und Aufenthaltsortbestimmung<br />
eines jungen Menschen die<br />
Vertretung in allen Rechtsgeschäften und<br />
die Vermögenssorge. Sie sind auch für die<br />
Organisation von geeigneten Hilfen, die<br />
Kooperation mit Schule, Ausbildungsbetrieb,<br />
Eltern sowie dem sozialen Umfeld<br />
verantwortlich.<br />
Oftmals stellen Pfleger und Vormunde<br />
ganz maßgebliche Weichen im Leben der<br />
Mündel. Der 9-jährige Sebastian würde<br />
heute eine andere Schullaufbahn verfolgen,<br />
hätte sein Pfleger nicht das Potenzial<br />
gesehen, das in dem quirligen Jungen<br />
steckte. Sebastian lebt bei Pflegeeltern,<br />
die Pflegschaft für den Bereich „Regelung<br />
der schulischen Belange“ wurde dem<br />
<strong>Kinderschutz</strong> e.V. übertragen. Bei der<br />
Einschulung hatte der betreuende Sozialpädagoge<br />
die Schulwahl zu treffen.<br />
Sebastian besuchte seit zwei Jahren eine<br />
Heilpädagogische Tagesstätte. Sein Betreuer<br />
in der HPT beschrieb den Jungen als<br />
intelligent. Allerdings sei er sehr unruhig<br />
und lasse sich leicht ablenken. Da eine<br />
reguläre Grundschule mit großen Klassen<br />
den „Problemjungen“ vermutlich vollkommen<br />
überfordern würde, empfahl er eine<br />
Schule zur Erziehungshilfe.<br />
Der mit der Pflegschaft betraute Mitarbeiter<br />
bestand jedoch darauf, der Einschätzung<br />
der Pflegeeltern zu vertrauen<br />
und den künftigen ABC-Schützen mit<br />
Zustimmung des Rektors in die nächstgelegene<br />
Grundschule einzuschulen. Heute,<br />
in der 3. Klasse, sind seine Noten „gut“ bis<br />
„sehr gut“. Sein Sozialverhalten und seine<br />
Lern- und Arbeitsmotivation werden gelobt.<br />
Sebastian kann sehr wahrscheinlich<br />
nach der 4. Klasse auf ein Gymnasium<br />
wechseln.<br />
Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge<br />
Allein in einem fremden Land<br />
Eine Sonderform der Vormundschaft ist<br />
die Sorge für unbegleitete minderjährige<br />
Flüchtlinge (UmF). Diese sind nach Flucht<br />
vor Krieg, Verfolgung, Vertreibung, Gewalt,<br />
Hunger oder Naturkatastrophen nach<br />
Deutschland gelangt. So wurden sie von<br />
ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer<br />
Heimat abgeschnitten. Der weitere Lebensweg<br />
ist für sie völlig ungewiss. Die<br />
entwurzelten Kinder und Jugendlichen<br />
brauchen insbesondere Unterstützung bei<br />
der Beantragung von Asyl, bei der Sicherung<br />
ihres Lebensunterhalts und der Entwicklung<br />
neuer Perspektiven. Zwei Juristinnen<br />
mit Schwerpunkt Ausländerrecht<br />
sind beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V. für etwa 45<br />
Minderjährige, die ohne sorgeberechtigte<br />
Begleitung nach Deutschland geflohen<br />
sind, Helferinnen in allen Lebenslagen.<br />
Oft wurden die jungen Flüchtlinge von<br />
Schleppern aus krisengeschüttelten Ländern<br />
wie bei-spielsweise dem Irak, Afghanistan,<br />
Äthiopien, Sierra Leone, Somalia<br />
oder dem Kongo nach Deutschland geschleust.<br />
Aus ihrer Heimat und den Tagen<br />
oder sogar Wochen ihrer Flucht haben sie<br />
unterschiedlichste Erfahrungen mitgebracht.<br />
Viele sind traumatisiert, sei es<br />
durch Kriegserlebnisse, weil sie Gewalt<br />
ausgesetzt waren, als Kindersoldaten dienen<br />
mussten, vergewaltigt wurden oder<br />
auf der Flucht traumatisierende Situationen<br />
erlebt haben. Um damit umgehen zu<br />
können, benötigen sie Sicherheit in ihrem<br />
persönlichen Umfeld. Die Betreuerinnen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. fördern diese<br />
Sicherheit und Geborgenheit, indem sie<br />
stabile Beziehungen pflegen und die jungen<br />
Menschen bei der Organisation ihres<br />
Lebensalltags unterstützen.<br />
Auch in Deutschland haben die jungen<br />
Menschen einige Hürden zu überwinden:<br />
Falls sie nicht gleich „untertauchen“,<br />
werden sie in der Erstauf<strong>nah</strong>meeinrichtung<br />
durch das Jugendamt in Obhut<br />
genommen. Nach einem Zeitraum von oft<br />
mehreren Monaten bestellt das Vormundschaftsgericht<br />
einen Vormund. Jugendliche<br />
über 16 Jahre bleiben dann oft in der Gemeinschaftsunterkunft.<br />
Wird keine<br />
Jugendhilfe gewährt, müssen sie sich sogar<br />
ohne Betreuung hier zurechtfinden.<br />
Für die Mündel üben die Mitarbeiterinnen<br />
des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Zusammenarbeit<br />
mit dem Jugendamt und den betreuenden<br />
Einrichtungen die Personensorge aus. Sie<br />
kümmern sich darum, dass die Jugendlichen<br />
deutsch lernen, zur Schule gehen<br />
können, sich in Deutschland eingewöhnen<br />
und realistische Lebensperspektiven für ein<br />
Leben in Deutschland entwickeln – und<br />
auch Szenarien für eine eventuell erforderliche<br />
Rückkehr in ihr Heimatland.<br />
Zusätzlich begleiten und vertreten die<br />
Mitarbeiterinnen des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. die<br />
Kinder und Jugendlichen im Asylverfahren<br />
und vor der Ausländerverwaltung.<br />
Zahlen und Standort<br />
4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />
Bereich tätig.<br />
121 Kinder und Jugendliche wurden 2007 als<br />
Mündel betreut und begleitet.<br />
Vormundschaft<br />
Liebherrstraße 5<br />
80538 München<br />
Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />
vormundschaft@kinderschutz.de<br />
<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />
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