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Zur beiderseitigen iliosakralen Luxation bei der Katze - Tierärztliche ...

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<strong>Tierärztliche</strong> Klinik für Kleintiere, Ettlingen<br />

Dres. Röpcke, Gröschl, Lautersack<br />

<strong>Zur</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong>-<br />

ein modifiziertes Verfahren zur transsakralen Schaubenfixation<br />

mit Kontermutter<br />

Zusammenfassung<br />

Dr. Oliver Lautersack<br />

Die chirurgische Versorgung <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> durch eine<br />

transsakrale Schraube, Unterlegscheiben und einer Kontermutter ist eine Technik, die durch<br />

die heute bestehenden anatomischen Kenntnisse sicher angewandt werden kann und durch die<br />

eine hohe Kompression <strong>der</strong> Kreuzdarm<strong>bei</strong>ngelenke erreicht wird. Durch die Verwendung <strong>der</strong><br />

Kontermutter besteht eine sehr geringe Gefahr <strong>der</strong> Implantatlockerung, was eventuell auch<br />

auf nicht optimal platzierte Bohrkanäle zutrifft.<br />

Die bisher untersuchte Patientenanzahl ist relativ gering, so dass weitere Untersuchungen<br />

sowie Langzeitergebnisse ausstehen. Wir haben diese Methode bisher erfolgreich <strong>bei</strong> einem<br />

Hund angewandt, die Übertragbarkeit dieser Technik muss an weiteren Patienten ebenfalls<br />

überprüft werden.<br />

Schlüsselwörter: <strong>Katze</strong>, Ileosakrale <strong>Luxation</strong>, <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitig, Zugschraube<br />

Summary<br />

The surgical therapy of bilateral sacroiliac luxation in the cat by a single transsacral screw,<br />

washers an a counternut is a technique, which can be applied safely with today knowledge of<br />

the cats anatomy and by which a high compression of the sacroiliac joints can be achieved. By<br />

using a counternut there is little risk of implant loosening, which might be true as well for not<br />

exactly placed screw tunnels.<br />

The number of patients in this study is small, so further investigations and long term results<br />

are missing. We used this technique once in the dog, but the usefulness in this species has to<br />

be proved in more patients as well.<br />

Keywords: Cat, sacroiliac luxation, bilateral, lag screw<br />

Einleitung<br />

Die iliosakrale <strong>Luxation</strong> ist eine <strong>der</strong> häufigsten Verletzungsarten des knöchernen Beckenrings<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> und tritt <strong>bei</strong> etwa 59 % betroffener Tiere auf. Von diesen sind etwa 20%<br />

<strong>bei</strong><strong>der</strong>seitig (Bookbin<strong>der</strong> et al., 1992). Die meisten <strong>Luxation</strong>en entstehen durch Autounfälle<br />

o<strong>der</strong> Stürze aus großer Höhe, wo<strong>bei</strong> durch die einwirkende Kraft das Ilium nach kranial o<strong>der</strong><br />

kraniodorsal verlagert wird (Brinker und Braden, 1984).<br />

Die iliosakrale <strong>Luxation</strong> kann konservativ o<strong>der</strong> chirurgisch behandelt werden. Schmerzhafte<br />

arthrotische Verän<strong>der</strong>ungen des Iliosakralgelenks sowie instabile Zustände durch mangelnde<br />

Überlappung <strong>der</strong> Gelenkflächen sollen durch entsprechende Selektion <strong>der</strong> Patienten<br />

vermieden werden.<br />

1


Die konservative Behandlung ist <strong>bei</strong> geringgradiger Dislokation (< 50%), <strong>bei</strong> geringer<br />

Instabilität des Beckenrings sowie <strong>bei</strong> fehlenden neurologischen Ausfällen gerechtfertigt<br />

(Averill et al., 1997). Sie umfasst die ausreichende Schmerzabdeckung sowie Boxenruhe über<br />

etwa 14 Tage mit anschließend kontrollierter Bewegung über etwa 6 Wochen.<br />

Indikationen zur chirurgischen Versorgung <strong>der</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> bestehen <strong>bei</strong> hoher<br />

Instabilität des Beckenrings, <strong>bei</strong> medialer Verlagerung des Iliums in die Beckenhöhle, <strong>bei</strong><br />

Verschiebung <strong>der</strong> Gelenkflächen um mehr als 50% sowie <strong>bei</strong> neurologischen Ausfällen. Das<br />

Ziel <strong>der</strong> chirurgischen Versorgung ist die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gelenkstabilität,<br />

Schmerzfreiheit und eine schnelle Belastung. Die <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitige iliosakrale <strong>Luxation</strong> stellt auf<br />

Grund <strong>der</strong> fast immer vorhandenen hochgradigen Instabilität eine absolute Indikation für eine<br />

chirurgische Versorgung dar. Als Methode <strong>der</strong> Wahl gilt die Zugschraubenfixation mit einer<br />

Kortikalisschraube (DeCamp und Braden, 1985). Varianten dieser Methode sind die Fixation<br />

mit einer o<strong>der</strong> zwei Zugschrauben in Kombination mit einem Steinmannnagel (Brinker et al,<br />

1997), die Kombination mit einer transilialen Gewindequerstange (Brinker und Braden,<br />

1984), die Fixation mit einem transartikulären Steinannagel (Hulse et al., 1985), die gedeckte<br />

Zugschraubenfixation (Tomlinson et al., 1999), die transsakrale Zugschraube (Ka<strong>der</strong>ly, 1991)<br />

sowie die Tension Band Technik (Raffan et al., 2002).<br />

Durch anatomische Studien am Becken <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> liegen inzwischen gute Kenntnisse über die<br />

optimale Implantatplatzierung sowohl im Os ilium als auch im Os sakrum vor (Burger et al.,<br />

2004 und 2005). Die relativ kleine Fläche von etwa 0,5 cm 2 , die im Kreuz<strong>bei</strong>n <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> zur<br />

Positionierung <strong>der</strong> Zugschraube zur Verfügung steht, erschwert jedoch die korrekte<br />

Einbringung des Implantats an <strong>der</strong> in zwei Ebenen schräg stehenden Gelenkfläche des<br />

Kreuz<strong>bei</strong>ns (Burger et al., 2004).<br />

Die Fixation <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> stellt da<strong>bei</strong> eine beson<strong>der</strong>e<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Das Volumen des Kreuz<strong>bei</strong>ns, das zur Schraubenfixation zur Verfügung<br />

steht, ist kaum größer als die geeignete 2.7 mm Kortikalisschraube. Das Einbringen einer<br />

zweiten, optimal platzierten Schraube ist daher in den meisten Fällen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> kaum<br />

möglich, wenn nicht auf eine kleinere Schraubengröße zurückgegriffen wird. Die Fixation <strong>der</strong><br />

<strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> durch eine transsakrale Zugschraube wurde von Ka<strong>der</strong>ly<br />

(1991) beschrieben. Wir haben diese Technik modifiziert, um das Risiko einer<br />

Schraubenlockerung im kontralateralen Ilium zu minimieren.<br />

Material und Methode<br />

6 <strong>Katze</strong>n mit <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitiger iliosakraler <strong>Luxation</strong> wurden mit einer transsakralen Zugschraube<br />

und Kontermutter chirurgisch versorgt. Weitere Frakturen des knöchernen Beckenrings o<strong>der</strong><br />

Gliedmaßenfrakturen lagen nicht vor. 1 <strong>Katze</strong> hatte eine zusätzliche <strong>Luxation</strong> zwischen dem<br />

dritten Kreuz<strong>bei</strong>nwirbel und dem ersten Schwanzwirbel („Schwanzabriss <strong>der</strong> <strong>Katze</strong>“) und<br />

konnte selbständig über 14 Wochen keinen Urin absetzen. Sie wurde zusätzlich mit einem<br />

präpubischen Katheter versorgt. Das Alter <strong>der</strong> Tieren lag zwischen 13 Monaten und 11 Jahren<br />

(median 2 Jahre), das Gewicht zwischen 2,5 und 4,9 kg. Präoperativ konnte <strong>bei</strong> keinem Tier<br />

eine neurogene Parese <strong>der</strong> Nachhand festgestellt werden, wo<strong>bei</strong> diese Befunde wegen <strong>der</strong><br />

nicht vorhandenen Stehfähigkeit sowie den bestehenden Schmerzen nur eingeschränkt zu<br />

werten sind.<br />

2


Abb. 1: Becken in ventro-dorsalem und latero-lateralem Strahlengang. Bei<strong>der</strong>seitige<br />

Ileosakrale <strong>Luxation</strong> <strong>bei</strong> einer 13 Monate alten <strong>Katze</strong>.<br />

Operationsbeschreibung<br />

Die Narkose wurde <strong>bei</strong> allen <strong>Katze</strong>n mit Diazepam 1 und Saffan ®,2 eingeleitet und mit<br />

Isofluran 3 erhalten. Pre- und postoperativ wurde Fentanyl 4 über einen Perfusor verabreicht.<br />

Die Tiere wurden in Brust-Bauchlage <strong>bei</strong> 90° seitlich zum Körper abgewinkelten<br />

Hintergliedmaßen ausgebunden und aseptisch zur Operation vorbereitet.<br />

Der Zugang zu jedem Iliosakralgelenk erfolgte durch eine Inzision <strong>der</strong> Faszie und Präparation<br />

<strong>der</strong> Muskulatur über dem jeweiligen Gelenk. Nach ausreichen<strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong><br />

<strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> Gelenkflächen von Os sakrum und Ilium wurde eine Querbohrung durch das<br />

Zentrum des ersten Kreuz<strong>bei</strong>nkörpers (Burger et al., 2004) mit einem 2.0 mm Bohrer<br />

durchgeführt. Bei korrekter Position wurde das Bohrloch auf 2.7 mm erweitert. Anschließend<br />

wurde <strong>der</strong> Mittelpunkt <strong>der</strong> Gelenkfläche am medialen Ilium aufgesucht und <strong>der</strong> entsprechende<br />

Punkt auf <strong>der</strong> Lateralfläche des Iliums mit einer Backhausklemme markiert. An dieser Stelle<br />

wurde ein Loch mit 2,7 mm Durchmesser 90° zur Darm<strong>bei</strong>noberfläche gebohrt. Anschließend<br />

wurde die Bohrung mit 2,0 mm Durchmesser am gegenüberliegenden Ilium entsprechend<br />

durchgeführt.<br />

Die 2.7mm Kortikalisschraube (44 mm bis 50 mm Länge) wurde in das 2.7 mm Loch im<br />

Ilium eingesetzt und geringgradig über die mediale Oberfläche vorgeschoben. Die iliosakrale<br />

<strong>Luxation</strong> wurde reponiert und die Schraube in das Bohrloch des Os sacrum eingedreht.<br />

Reposition und Eindrehen <strong>der</strong> Schraube in das gegenüberliegende Ilium erfolgte in gleicher<br />

Weise. Auf das überstehende Schraubenende wurde eine Kontermutter aufgesetzt und unter<br />

gleichzeitigem Eindrehen <strong>der</strong> Schraube fest angezogen. Bei 3 <strong>Katze</strong>n wurde da<strong>bei</strong> unter den<br />

Schraubenkopf sowie unter die Kontermutter je eine Unterlegscheibe eingelegt, um ein<br />

Einbrechen <strong>der</strong> Implantate in die dünne Kortikalis des Iliums zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Die Wunde wurde durch Naht <strong>der</strong> Faszie, <strong>der</strong> Subkutis und <strong>der</strong> Haut verschlossen.<br />

3


Abb. 2: Selber Patient wie auf Abbildung 1. Schraubenfixation <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong><br />

Ileosakralen <strong>Luxation</strong>.<br />

Die <strong>Katze</strong>n wurden 1 bis 2 Tage stationär unter Boxenruhe gehalten und danach nach Hause<br />

entlassen. Die Besitzer wurden angewiesen, Sprünge und Spielen mit an<strong>der</strong>en Tieren über 6<br />

Wochen zu unterbinden.<br />

Kontrollen konnten <strong>bei</strong> 3 Tieren durch eigene klinische und röntgenologische<br />

Untersuchungen durchgeführt werden, 2 Patientenbesitzer wurden telefonisch befragt. Ein<br />

Patient wurde nach 10 Tagen euthanasiert.<br />

Ergebnisse<br />

Bei 6 <strong>Katze</strong>n wurde die Fixation <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> mit <strong>der</strong><br />

modifizierten transsakralen Zugschraubentechnik durchgeführt.<br />

Die Position <strong>der</strong> transsakralen Bohrlochs war <strong>bei</strong> 5 von 6 Patienten korrekt. Bei einem Tier<br />

erfolgte die Bohrung in de Wirbelkanal (Patient 4).<br />

Die postoperative Reposition lag <strong>bei</strong> 5/6 Tieren über 90%, <strong>bei</strong> einer <strong>Katze</strong> (Patient 4) betrug<br />

die postoperative Überlappung <strong>der</strong> Gelenkflächen etwa 50%. Die Reposition wurde <strong>bei</strong><br />

diesem Patienten in einem zweiten Eingriff um etwa 10% überkorrigiert, da wegen des<br />

mehrfachen Einbruchs <strong>der</strong> Implantate in die weiche Außenkortikalis des Iliums im<br />

eigendlichen Gelenksbereich des Iliums keine ausreichend große Fläche zur sicheren<br />

Platzierung <strong>der</strong> Schraube mehr vorhanden war. Bei den folgenden Patienten 5 und 6 wurden<br />

standardmäßig Unterlegenscheiben eingelegt.<br />

5 von 6 <strong>Katze</strong>n belasteten die Gliedmaßen spätestens 2 Tage postoperativ wie<strong>der</strong><br />

zufriedenstellend. In keinem Fall wurde eine Läsion des Nervus ischiadicus festgestellt.<br />

Patient 4 entwickelte postoperativ eine Überlaufblase und konnte willkürlich keinen Urin<br />

absetzen. Die Hintergliedmaßen wurden postoperativ nicht belastet. Ausfälle von Reflexen<br />

<strong>der</strong> Gliedmaßen konnten <strong>bei</strong> diesem Patienten nicht beobachtet werden.<br />

5 von 6 Tieren zeigten zur Kontrolle nach 8 Wochen keine Anzeichen einer Lahmheit mehr<br />

und durften alle bereits wie<strong>der</strong> ungehin<strong>der</strong>t belasten. Ein Patient (Patient 4) wurde wegen <strong>der</strong><br />

neurologischen Ausfälle <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Miktion nach 10 Tagen auf Wunsch <strong>der</strong> Besitzerin<br />

euthanasiert.<br />

4


Bei den röntgenologischen Kontrollen nach 8 Wochen (3 von 6 Patienten) zeigten sich keine<br />

Reaktionen um die Schraube sowie keine Anzeichen einer Implantatlockerung. Wir konnten<br />

keine arthrotischen Verän<strong>der</strong>ungen an den Iliosakralgelenken feststellen. Die Stellung <strong>der</strong><br />

Ossa coxae war in allen 3 Fällen unverän<strong>der</strong>t.<br />

Diskussion<br />

Die <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitige iliosakrale <strong>Luxation</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> stellt nach den bestehenden Kriterien fast<br />

immer eine Indikation zur chirurgischen Versorgung und Stabilisation dar. In vielen Fällen<br />

wird jedoch konservativ therapiert, da verschiedene Probleme einer chirurgischen Versorgung<br />

entgegenstehen (Raffan et al., 2002). Die anatomischen Schwierigkeiten des Iliosakralgelenks<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> in Verbindung mit <strong>der</strong> fehlenden Darstellbarkeit des Wirbelkörpers des Os<br />

sakrum stellen ein Hin<strong>der</strong>nis dar, zudem ist <strong>der</strong> Bereich zum Einbringen von 2 korrekt<br />

platzierte Schrauben über mindestens 60% des ersten Kreuz<strong>bei</strong>nwirbelkörpers kaum<br />

ausreichend und <strong>bei</strong> einer Implantatlockerung sind die Ausheilungsergebnisse oft nicht viel<br />

besser als <strong>bei</strong> konservativ behandelten Patienten.<br />

Durch die Untersuchungen zur Anatomie des Iliosakralgelenks <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> (Burger et al., 2004)<br />

wurden die Voraussetzungen zum korrekten Einbringen von Implantaten entscheidend<br />

verbessert. Die Bohrung sollte geringfügig über dem Kreuzungspunkt von 2 Diagonalen über<br />

<strong>der</strong> Kreuz<strong>bei</strong>nflügelhöhe und –länge erfolgen, die jeweils im rechten Winkel zueinan<strong>der</strong><br />

stehen. Orientierungsmerkmale wie eine kraniale Inzisur am Kreuz<strong>bei</strong>nflügel, die <strong>bei</strong>m Hund<br />

Anwendung finden, kommen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> nur sehr unregelmäßig vor (Burger et al., 2004;<br />

Joseph et al., 2006). Ebenso liegt die optimale Bohrlochposition <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> weiter kaudal<br />

und dorsal als <strong>bei</strong>m Hund. Von großer Bedeutung ist die Beachtung <strong>der</strong> Neigungswinkel des<br />

Kreuzdarm<strong>bei</strong>ngelenks (Shales et al., 2005). Burger et al. (2004) konnten einen<br />

durchschnittlichen dorso-ventralen Winkel von 13° und kranio-kaudalen Winkel von 18°<br />

ermitteln. Finden diese Neigungen keine Beachtung, kann das Bohrloch nicht durch den<br />

Kreuz<strong>bei</strong>nkörper gelegt werden.<br />

Unterschiedliche Techniken zur Fixation <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> sind<br />

beschrieben worden (Brinker und Braden, 1984; DeCamp und Braden, 1985; Brinker et al,<br />

1997; Tomlinson et al., 1999). Da die Projektionsfläche des ersten Kreuz<strong>bei</strong>nwirbelkörpers<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> nur etwa 0,5 cm 2 beträgt, muss <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> Fixation mit je einer<br />

Schraube immer auf eine 2,0 mm Kortikalisschraube zurückgegriffen werden. Zum einen ist<br />

jedoch die Auszugskraft auf Grund des deutlich niedrigeren Gewindes signifikant geringer als<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> 2,7 mm Schraube, zum an<strong>der</strong>en bricht sie wegen des geringeren Kerndurchmessers<br />

deutlich früher. Beide Faktoren kommen hier beson<strong>der</strong>s zum tragen, da die gesamte Kraft <strong>der</strong><br />

Hintergliedmaßen über die <strong>bei</strong>den Implantate auf den Rumpf übertragen wird. Ka<strong>der</strong>ly (1991)<br />

hat mit <strong>der</strong> transsakralen Schraube eine Möglichkeit beschrieben, <strong>bei</strong> beschränktem Raum ein<br />

dickeres Implantat (2,7 mm) für <strong>bei</strong>de Iliosakralgelenke zu verwenden. Dadurch können <strong>bei</strong><br />

optimaler Platzierung <strong>der</strong> Schraube <strong>bei</strong> großer Knochen-Implantatkontaktfläche sowohl das<br />

höhere Gewinde, als auch <strong>der</strong> größere Kerndurchmesser ausgenutzt werden. Der Nachteil<br />

dieser Methode liegt unserer Meinung darin, dass ein Ilium nur durch das Gewinde <strong>der</strong><br />

Schraube, nicht aber durch die größere Auflagefläche des Schraubenkopfes o<strong>der</strong> einer<br />

Unterlegscheibe fixiert wird. Da das Ilium <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitig eine dünne Kortikalis sowie einen<br />

flachen Spongiosabereich besitzt, halten wir die Auszugskraft <strong>der</strong> Schraube <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>Luxation</strong> für zu gering. Studien hierzu sind uns jedoch nicht bekannt.<br />

Raffan et al. (2002) haben mit <strong>der</strong> Tension Band-Technik eine von <strong>der</strong> üblichen<br />

Schraubenfixation abweichende Methode beschrieben, die sich nach ihren Ergebnissen auch<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>Luxation</strong> anwenden lässt. Der Vorteil dieser Technik ist die<br />

verhältnismäßig einfache Durchführbarkeit sowie eine geringere Schadwirkung <strong>bei</strong><br />

versehentlichem Eindringen in den Spinalkanal durch die glatte Oberfläche <strong>der</strong> verwendeten<br />

5


Kirschner Bohrdrähte. Bei <strong>der</strong> Tension-Band-Technik werden die nach lateral divergierenden<br />

Kräfte, die <strong>bei</strong> Belastung auf das kraniale Ilium einwirken, über die Kirschner Bohrdrähte im<br />

Iliosakralgelenk in Kompressionskräfte auf das Kreuzdarm<strong>bei</strong>ngelenk umgewandelt. Die<br />

da<strong>bei</strong> auftretende Mikrobewegung kann zur Lockerung und Migration <strong>der</strong> Pins führen (3 von<br />

19 Patienten. Raffan et al., 2002).<br />

Wir haben die von Ka<strong>der</strong>ly (1991) beschriebene Methode durch eine Kontermutter,<br />

Unterlegscheiben und einer Gleitlochbohrung im Wirbelkörper von S1 leicht modifiziert.<br />

Durch Anwendung <strong>der</strong> anatomischen Ergebnisse und den Vorgaben <strong>der</strong><br />

Schraubenlochplatzierung auf <strong>der</strong> Gelenkfläche des Kreuz<strong>bei</strong>ns durch die Untersuchung von<br />

Burger et al. (2004) lässt sich die iliosakrale Schraube relativ sicher und konstant platzieren.<br />

Da <strong>bei</strong>de Gelenkflächen einsehbar sind, kann durch Anwendung eines Zielgerätes die<br />

Sicherheit <strong>der</strong> Querbohrung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>bei</strong><strong>der</strong>seitigen</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> zusätzlich erhöht<br />

werden.<br />

Nach einer Studie von DeCamp und Braden (1985) kam es <strong>bei</strong> 41% <strong>der</strong> Patienten zur<br />

Implantatlockerung, <strong>bei</strong> denen ein Repositionsgrad von weniger als 90% erreicht wurde,<br />

während <strong>bei</strong> Patienten mit einer Überlappung <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den Gelenkanteile von 90 bis 100% eine<br />

Implantatlockerung nur in 22% auftrat. Diese Ergebnisse waren jedoch statistisch nicht<br />

signifikant. An<strong>der</strong>e Studien (Hulse et al., 1985; Raffan et al., 2002) bewerten vor allem die<br />

stabile Fixation <strong>der</strong> Iliosakralgelenke als die Hauptursache, eine Implantatlockerung zu<br />

vermeiden. Das chirurgische Ziel sollte daher sein, <strong>bei</strong> möglichst großer Kontaktfläche einen<br />

hohen Kompressionsdruck auszuüben, um so einer Implantatlockerung optimal entgegen zu<br />

wirken. Durch das oben beschriebene Vorgehen besteht eine gute intraoperative Übersicht, so<br />

dass die Reposition sehr exakt erfolgen kann. Wir konnten <strong>bei</strong> allen Patienten außer Patient 4<br />

eine Überlappung <strong>der</strong> Gelenkflächen von 95 bis 100% erreichen.<br />

Da <strong>bei</strong> <strong>der</strong> transsakralen Schraube nur ein Bohrloch angelegt werden muss, kann dieses<br />

optimal platziert und in ausreichendem Durchmesser gebohrt werden. Wir konnten <strong>bei</strong> allen<br />

<strong>Katze</strong>n eine 2,7 mm Gleitlochbohrung in den Wirbelkörper des ersten Kreuz<strong>bei</strong>nwirbels<br />

anlegen. Die anschließend eingesetzte 2,7 mm Kortikalisschraube ist nach bisherigen<br />

Empfehlungen für die <strong>bei</strong><strong>der</strong>seitige iliosakrale <strong>Luxation</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong> ausreichend (Radasch et<br />

al., 1990; Burger et al., 2005). Die Gewindehöhe ist <strong>bei</strong> <strong>der</strong> von uns angewandten Technik<br />

nicht von Bedeutung, da es durch die Gegenmutter nicht zur Schraubenlockerung im<br />

kontralateralen Ilium kommen kann.<br />

Obwohl wir keine diesbezüglichen Untersuchungen durchgeführt haben, sind wir <strong>der</strong><br />

Meinung, dass durch das gleichzeitige Anziehen von Schraube und Gegenmutter im<br />

Unterschied zur bisherigen Schraubenfixation eine höhere Kompression <strong>der</strong> Gelenkflächen<br />

erreicht werden kann. Dies trifft theoretisch auch auf Patienten zu, <strong>bei</strong> denen <strong>der</strong> Bohrkanal<br />

zu weit ventral angelegt wurde. Da die Abstützfunktion <strong>der</strong> Kreuz<strong>bei</strong>nflügel vorhanden ist<br />

und die Kompression von Ilium zu Ilium aufgebaut wird, kann durch die hier beschriebene<br />

Technik auch <strong>bei</strong> einer weniger als 60% im Os sakrum greifenden Schraube eine gute<br />

Stabilität erreicht werden.<br />

5 von 6 <strong>Katze</strong>n belasteten nach 2 Tagen bereits zufriedenstellend, wo<strong>bei</strong> wir <strong>bei</strong> unseren<br />

Patienten keine Schäden des Nervus ischiadicus beobachten konnten. Nach 8 Wochen zeigte<br />

keine dieser 5 <strong>Katze</strong>n Anzeichen einer Lahmheit o<strong>der</strong> eingeschränkter Funktionalität <strong>der</strong><br />

Iliosakralgelenke und Hintergliedmaßen. Wir konnten <strong>bei</strong> den 3 <strong>Katze</strong>n, die nach 8 Wochen<br />

röntgenologisch kontrolliert wurden, keine Sekundärreaktionen an den Iliosakralgelenken<br />

o<strong>der</strong> dem lumbosakralen Übergang feststellen. Wir führen dies auf die gute Stabilität zurück,<br />

die durch die hohe Kompression durch die Gegenmutter erreicht werden konnte.<br />

1 : Diazep-ct ® , 10 mg Inj.Lsg., ct-Arzneimittel GmbH, 13407 Berlin<br />

2 : Saffan ® , Schering-Plough Animal Health, Welwyn Garden City<br />

6


3 : Isofluran CP ® , CP Pharma GmbH, 31303 Burgdorf<br />

4 : Fentanyl-Janssen ® Inj-Lsg., Janssen-Cilag GmbH, 41457 Neuss<br />

Danksagung:<br />

Ich bedanke mich <strong>bei</strong> Herrn Sprung sen. <strong>der</strong> Firma Eickemeyer Medizintechnik, Tuttlingen,<br />

für die Beschaffung <strong>der</strong> 2.7 mm Kontermuttern.<br />

Literatur:<br />

RAFFAN, P.J., C.L. JOLY, P.G. TIMM UND J.E. MILES (2002): A tension band technique<br />

for stabilisation of sacroiliac separations in cats. J. Small Anim. Pract. 43, 255-260. –<br />

BOOKBINDER, P.F. UND J.A. FLANDERS (1992): Characteristics of pelvic fracture in<br />

the cat. V.C.O.T. 5, 122-127. – BRINKER, W.O. und T.D. BRADEN in: Manual of Internal<br />

Fixation in Small Animals. W.O. Brinker, R.B. Hohn und W.D. Prieur. Springer-Verlag, 1984<br />

– BURGER, M., F. FORTERRE, H. WAIBL UND L. BRUNNBERG (2004): <strong>Zur</strong><br />

<strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong> <strong>der</strong> <strong>Katze</strong>. Teil 1: Morphometrische Untersuchungen zur Position des<br />

Bohrkanals für die Zugschraubenosteosynthese. Kleintierpraxis, 49, 763-770. – BURGER,<br />

M., F. FORTERRE, H. WAIBL UND L. BRUNNBERG (2005): <strong>Zur</strong> <strong>iliosakralen</strong> <strong>Luxation</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Katze</strong>. Teil 2: Kasuistik und Operationsergebnisse. Kleintierpraxis, 50, 287-297. -<br />

RADASCH, R.M., D.F. MERKLEY, W.D. HOEFLE UND J. PETERSON (1990): Static<br />

strength evaluation of sacroiliac fracture-separation repairs. Vet. Surg., 19, 155-161. –<br />

TOMLINSON, J.L., J.L. COOK, J.T. PAYNE, C.C. ANDERSON UND J.C. JOHNSON<br />

(1999): Closed reduction and lag screw fixation of sacroiliac luxations and fractures. Vet.<br />

Surg., 28, 188-193. – JOSEPH, R., J. MILGRAM, K. ZHAN UND R. SHAHAR (2006): In<br />

vitro study of the first sacral vertebra of the intact canine sacroiliac joint. Vet. Surg., 35, 510-<br />

517. – SHALES, C.J. UND S.J. LANGLEY-HOBBS (2005): Canine sacroiliac luxation:<br />

Anatomic study of dorsoventral articular surface angulation and safe corridor fpr placement of<br />

screws used for lag fixation. Vet. Surg., 34, 324-331. – KADERLY, R.E. (1991):<br />

Stabilisation of bilateral sacroiliac fracture – luxation in small animals with a single<br />

transsacral screw. Vet. Surg., 20, 91-96.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. O. Lautersack, <strong>Tierärztliche</strong> Klinik für Kleintiere, Hertzstr. 25, 76275 Ettlingen.<br />

(dr.lautersack@kleintierklinik-ettlingen.de)<br />

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