PROSIT NEUJAHR - lautundspitz.ch
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maNdY<br />
sChiller<br />
NatioNal geoPraPhiCs<br />
Eine Zugfahrt die ist lustig, eine Zugfahrt die<br />
ist s<strong>ch</strong>ön. Ja, besonders dann, wenn man<br />
während der Olma allein um 4.35 Uhr von<br />
St.Gallen na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong> fährt. Als der Zug in den<br />
Bahnhof fuhr, ma<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> auf Einiges<br />
gefasst und versu<strong>ch</strong>te so cool und selbstbewusst<br />
wie nur irgendwie mögli<strong>ch</strong> zu wirken.<br />
In meinem fett gepolsterten Parka plusterte<br />
i<strong>ch</strong> meinen Oberkörper in eine starke Position,<br />
setzte einen eisigen Blick auf, spannte die<br />
Lippen (ja, das geht), hob mein Kinn gen<br />
Himmel und wartete selbstbewusst auf den<br />
einfahrenden Zug. Nur meine halbnackten<br />
Beine, die aus meinem Ausgehkleid<strong>ch</strong>en<br />
rauskuckten verrieten dur<strong>ch</strong> vehementes<br />
Zittern, dass i<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t so obercool war.<br />
I<strong>ch</strong> betrat den Zug und liess mi<strong>ch</strong> am Fensterplatz<br />
nieder. Ein junges Mäd<strong>ch</strong>en stieg ein<br />
und mit hilflosen Blicken versu<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> sie in<br />
meine Ri<strong>ch</strong>tung zu hypnotisieren. Es klappte!<br />
Sie sass mir gegenüber und ass Pommes<br />
aus einer Aluminiums<strong>ch</strong>ale. Während i<strong>ch</strong> sie<br />
beoba<strong>ch</strong>tet, füllten si<strong>ch</strong> alle Plätze um mi<strong>ch</strong><br />
herum und i<strong>ch</strong> erkannte, dass meine Reise<br />
ni<strong>ch</strong>t alltägli<strong>ch</strong> werden würde. Es wurde<br />
zunehmend offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er, dass die<br />
gesammelte Promilleanzahl aller Zuggäste<br />
in meiner Nähe, eine Summe errei<strong>ch</strong>te, die<br />
normalerweise auf Hauptstrassen als<br />
Ges<strong>ch</strong>windigkeitsbegrenzung gilt. Und nun<br />
kommt die s<strong>ch</strong>öne Erkenntnis dieser Reise:<br />
Alkoholisierte, junge Mens<strong>ch</strong>en verlieren zwar<br />
ihre Hemmungen, sind laut und übers<strong>ch</strong>ätzen<br />
si<strong>ch</strong>, aber wenn man sie um 4.40 Uhr in einen<br />
Zug packt, dann wird na<strong>ch</strong> ein paar Minuten<br />
GESCHLAFEN.<br />
Mit einem salzig und lustig zerdrückten<br />
Pommes in der Hand s<strong>ch</strong>lief au<strong>ch</strong> das blonde<br />
Mäd<strong>ch</strong>en ein. Ihr Sitzna<strong>ch</strong>bar (die beiden<br />
waren si<strong>ch</strong> völlig unbekannt)<br />
neigte seinen Kopf im<br />
s<strong>ch</strong>lafenden Zustand<br />
bereits in Ihre Ri<strong>ch</strong>tung.<br />
«Ui fein!» da<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong>.<br />
«Ni<strong>ch</strong>t mehr lange und<br />
der landet auf ihrer<br />
S<strong>ch</strong>ulter.» Ein paar<br />
Minuten später war es<br />
dann wirkli<strong>ch</strong> soweit und<br />
das Mäd<strong>ch</strong>en ma<strong>ch</strong>te....<br />
NICHTS. I<strong>ch</strong> ki<strong>ch</strong>erte vor mi<strong>ch</strong> hin, nahm mein<br />
Handy und ma<strong>ch</strong>te ein Foto davon. In diesem<br />
Moment sah i<strong>ch</strong> die umliegenden Personen<br />
auf ihren Plätzen und feierte innerli<strong>ch</strong> ab. Die<br />
Köpfe derjenigen, die keine fremde S<strong>ch</strong>ulter<br />
fanden, baumelten entweder na<strong>ch</strong> vorn oder<br />
unansehnli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> hinten. Gern au<strong>ch</strong> mit<br />
offenem Mund und<br />
fliessender Spucke.<br />
Neben mir sass<br />
einer, dessen<br />
Kopf alle dreissig<br />
Sekunden in meine<br />
Ri<strong>ch</strong>tung knickte<br />
und kurz vor dem<br />
Aufprall wieder na<strong>ch</strong><br />
oben s<strong>ch</strong>nellte. Ohne<br />
dass er es bemerkte<br />
ma<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> mit ihm ein<br />
lustiges Gruppenfoto. Bitte Lä<strong>ch</strong>eln!<br />
Als der Typ neben dem blonden Mäd<strong>ch</strong>en