NEU: Projektbericht als Download - Institut für ökologischen ...
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Tierheilkunde<br />
mit Hausmitteln<br />
„Meisterwurz & Aderlass“ –<br />
Tierheilkunde mit Hausmitteln<br />
Wie weit reicht das lokale Erfahrungswissen? Wo gilt es<br />
hinzuschauen, um das „Besondere“ aufzuspüren in einem<br />
Bergtal wie dem Großen W<strong>als</strong>ertal, bergbäuerlich<br />
geprägt? Mensch - Vieh - Natur, ein Beziehungsdreieck<br />
von zentraler Bedeutung, leben doch die Landwirte<br />
im Tal allesamt von der Viehwirtschaft.<br />
Und nicht selten kam, wenn wir nach den Verwendungen<br />
der Pflanzen fragten, zur Sprache: „Was <strong>für</strong> den<br />
Menschen gut ist, ist auch <strong>für</strong>s Vieh gut“. Kein Wunder,<br />
denn in früheren Zeiten wurden Hausmittel nicht nur<br />
beim Menschen, sondern auch im Stall bei den Tieren<br />
ausprobiert. Früher war die Nutzung von Hausmitteln<br />
im Stall wohl aus einer gewissen Not heraus bedingt.<br />
Man konnte sich einen Tierarzt einfach nicht leisten.<br />
Geht das Wissen in der Tierheilkunde mit der Zeit<br />
verloren, weil die moderne Veterinärmedizin bessere,<br />
sicherere, schnellere Erfolge erzielt, weil heutzutage<br />
Tierärzte verfügbar sind und man nicht mühselig und<br />
langwierig selbst herumdoktern will? Weil die Anwendung<br />
von Hausmitteln eben wirkliches Erfahrungswissen<br />
braucht?<br />
Das Klauenschneiden ist eine wichtige Pflegemaßnahme<br />
zur Gesunderhaltung der Tiere.<br />
(Foto Martina Grabowski)<br />
Tierheilkunde im Wandel<br />
Wir befragten zum Thema der Tierheilkunde 16 Bäuerinnen<br />
und Bauern im Großen W<strong>als</strong>ertal. Ein Landwirt<br />
erzählte, dass früher alle Bewohner des Großen W<strong>als</strong>ert<strong>als</strong><br />
etwas über Hausmittel <strong>für</strong> Menschen und Tiere<br />
gewusst hätten. Allerdings hätte sich in den 1960er<br />
Jahren ein Wandel vollzogen, weg von den Hausmitteln.<br />
Diese Hausmittel seien dann einfach nicht mehr<br />
„angesagt“ gewesen. In der Landwirtschaft sei auch<br />
der Zeitdruck sehr hoch geworden, was der Verwendung<br />
von Hausmitteln entgegengewirkt habe. Deren<br />
Anwendung habe stetig abgenommen, proportional<br />
zur ansteigenden Verfügbarkeit des Tierarztes durch<br />
Straßenbau und Motorisierung. Es habe jedoch noch<br />
eine Trendwende eingesetzt im Sinne von „zurück zur<br />
Natur“ und zurück zur Naturheilkunde.<br />
Ein Gesprächspartner berichtet, dass in der Zeit dieser<br />
Trendwende wieder vermehrt Pflanzen wild gesammelt<br />
worden wären und die Wertschätzung gegenüber den<br />
Heilpflanzen zugenommen hätte. Diese Rückbesinnung<br />
halte immer noch an. Es ist auffallend, dass die älteren<br />
Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen immer<br />
wieder auf die Veterinärmedizin verweisen, welche so<br />
effektiv und einfach anwendbar sei: Heutzutage könne<br />
man bei allem den Tierarzt oder die Tierärztin holen,<br />
und dann sei das Problem rasch gelöst. Die Anwendung<br />
von Hausmitteln wird von den Älteren oft <strong>als</strong><br />
etwas Veraltetes dargestellt, was gerechtfertigt werden<br />
muss, auch wenn sie keineswegs an deren Wirksamkeit<br />
zweifeln. Die Jüngeren sind oft sehr von den<br />
Hausmitteln überzeugt und verweisen gar nicht auf die<br />
Verfügbarkeit der modernen Veterinärmedizin, da dies<br />
<strong>für</strong> sie eine Selbstverständlichkeit darstellt.<br />
Die Bauern und Bäuerinnen im Großen W<strong>als</strong>ertal geben<br />
an überwiegend äußerliche Verletzungen, Wunden oder<br />
Verstauchungen und selten schwerere Gesundheitsprobleme<br />
mit Hausmittel zu behandeln.<br />
„Wenn sie innerlich was gha hend, hed ma ned vill<br />
Husmittel gha.“ 5<br />
5 Wörtliche Zitate sind in diesem Kapitel teils in Schriftdeutsch, teils in<br />
Mundart. Je nachdem, wie die GesprächspartnerInnen sich unserer hörbar<br />
„nicht-einheimischen“ Sprache anpassten in ihrer Ausdrucksweise oder<br />
doch in ihrem eigenen Dialekt blieben. Zitate in W<strong>als</strong>er Mundart<br />
entsprechen auch den Regeln der Mundart-Schreibweise.<br />
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