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ei Heinse Ausdruck einer Lebensreligion, die eng mit <strong>de</strong>m spinozistischen Hen kai Pan und<br />

<strong>de</strong>m dynamisierten Pantheismus Her<strong>de</strong>rs zusammenhängt. Diesen Pantheismus breitet<br />

Demetri in seiner philosophischen Rhapsodie <strong>de</strong>s Ardinghello aus, und wenn er zweimal <strong>de</strong>n<br />

Aristophanes zitiert mit „Unser Vater Äther, heiligster, aller Lebengeber!“ (A 267, 304), dann<br />

lässt Höl<strong>de</strong>rlin ihn in Brod und Wein dies wie<strong>de</strong>rum an <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>r griechischen<br />

Kulturentwicklung setzen:<br />

Vater Äther! so riefs und flog von Zunge zu Zunge<br />

Tausendfach, es ertrug keiner das Leben allein;<br />

Ausgetheilet erfreut solch Gut und getauschet, mit Frem<strong>de</strong>n,<br />

Wird’s ein Jubel, es wächst schlafend <strong>de</strong>s Wortes Gewalt<br />

Vater! heiter! Und hallt, so weit es gehet, das uralt<br />

Zeichen, von Eltern geerbt, treffend und schaffend hinab.<br />

Denn so kehren die Himmlischen ein, tiefschütternd gelangt so<br />

Aus <strong>de</strong>n Schatten herab unter die Menschen ihr Tag. (V. 65-72)<br />

Kulturentwicklung als gesellschaftliche Gestaltung <strong>de</strong>s sich offenbaren<strong>de</strong>n göttlichen Lebens,<br />

das ist eine plausible Interpretation <strong>de</strong>r Grundanschauung Heinses, <strong>de</strong>r schrieb: „Form und<br />

Wesen, und Wesen und Form! das sind die zwei Pole <strong>de</strong>s Weltalls, um welche sich alles<br />

herumdreht“ (A 304). Leben<strong>de</strong>s Dasein, gestaltlos, aorgisch, wie Höl<strong>de</strong>rlin sagt, und sein<br />

Hervorgehen in die Gestalt, das Organische in Höl<strong>de</strong>rlins Ausdruck, das ist die Basis dieser<br />

Kulturtheorie, die er Heinse in <strong>de</strong>n Mund legt, wenn es auch sein mag, dass Heinse selbst<br />

diese Kulturtheorie in <strong>de</strong>n Driburger Gesprächen nicht formuliert hat. Zugrun<strong>de</strong> liegt bei<br />

bei<strong>de</strong>n, und das ist eine weitere gemeinsame Gesprächsbasis, Johann Gottfried Her<strong>de</strong>rs<br />

Dynamisierung <strong>de</strong>s Pantheismus, die insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Schrift Gott. Einige Gespräche<br />

(1787) dargelegt wird, die Heinse jedoch schon 1784 zur Kenntnis nahm. Her<strong>de</strong>r schrieb am<br />

6. Februar und im Dezember 1784 Briefe an Friedrich Heinrich Jacobi, bei <strong>de</strong>m Heinse von<br />

1783-1786 Hausgenosse war und sicherlich über die brisanten Briefe mitdiskutierte, die auch<br />

Jacobis Position im sogenannten Pantheismusstreit beeinflussten. 7 Alle Grundbegriffe Heinses<br />

wie „Wesen“, „Wesen <strong>de</strong>r Wesen“ als Übersetzung von Spinozas ens entium , <strong>de</strong>r<br />

Genussbegriff als das sinnliche Schmecken <strong>de</strong>s daseien<strong>de</strong>n Göttlichen, sind in diesen Briefen<br />

enthalten und bestimmen fortan Heinses Denken. Höl<strong>de</strong>rlin seinerseits wur<strong>de</strong> seit 1788 durch<br />

seinen Lehrer Carl Philipp Conz mit Her<strong>de</strong>r vertraut gemacht, zitierte ihn schon in seiner<br />

Magisterarbeit und entwickelte Her<strong>de</strong>rs System- und Organismustheorie weiter. Auch hier<br />

war also nicht nur gemeinsamer Gesprächsstoff während <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rungen durch <strong>de</strong>n<br />

7<br />

Johann Gottfried Her<strong>de</strong>r Briefe, hrsg. von Wilhelm Dobbek und Günter Arnold. 10 B<strong>de</strong>. Weimar 1984-2001.<br />

Bd. 5, 27-29 und 89-91.

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