Estland Allgemeines: Lage: Nordosteuropa ... - RheinAhrCampus
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<strong>Allgemeines</strong>:<br />
<strong>Estland</strong><br />
<strong>Lage</strong>: <strong>Nordosteuropa</strong>, grenzend: im Norden an den Finnischen Meerbusen,<br />
im Osten zu Russland und im Süden zu Lettland<br />
Fläche: 45.226 km ²<br />
Hauptstadt: Tallinn (ca. 400.000 Einwohner)<br />
ISO 3166 Code: EE / EST / 233<br />
Vorwahl: 00372<br />
Bevölkerung: 1,37 Mio. Einwohner, davon 68 % Esten, 26 % Russen, 2 % Ukrainer,<br />
4 % andere, Urbanisierung von 70 %<br />
Sprachen: Estnisch (Amtssprache), Russisch, Englisch, Deutsch, Finnisch<br />
Staats- /<br />
Regierungsform: Republik, parlamentarische Demokratie<br />
Zeitzone: MEZ + 1 h (osteuropäische Zeit, wie in Finnland)<br />
BIP pro Kopf: 4.500 Euro (etwa 33 % vom EU-Durchschnitt)<br />
Währung: Estnische Krone (EEK), 1 Euro = 15,6466 EEK<br />
Staatsfeiertage: 01. Januar: Neujahrstag<br />
24. Februar: Tag der Unabhängigkeit<br />
Karfreitag, Ostermontag<br />
01. Mai: Tag der Arbeit<br />
23. Juni: Tag des Sieges<br />
24. Juni: Sommersonnenwende<br />
20. August: Wiederherstellung der Republik <strong>Estland</strong><br />
25. Dezember: 1. Weihnachtsfeiertag<br />
26. Dezember: 2. Weihnachtsfeiertag<br />
Attribut Mann: Este<br />
Attribut Frau: Estin
<strong>Estland</strong><br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />
Verträge können, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, frei von Formvorschriften<br />
geschlossen werden (§ 77 EAZGB). Dem estnischen Recht sind Formerfordernisse bekannt,<br />
die zum Teil gesetzlich vorgeschrieben sind oder vertraglich vereinbart werden können. Dazu<br />
zählen u.a. Schriftform, elektronische Form, öffentliche Beglaubigung und notarielle<br />
Beurkundung (§§ 77-82 EAZGB). Sie entsprechen inhaltlich den Regelungen des deutschen<br />
BGB. Auch der Bürgschaftsvertrag bedarf der Schriftform.<br />
2) Gibt es ein Sonderrecht für Kaufleute?<br />
Im estnischen Recht gibt es, wie auch in Deutschland, ein Handelsgesetzbuch für Kaufleute,<br />
welches deren Sonderrechte regelt. Dieses Handelsgesetzbuch vom 01. September 1995<br />
(Äriseadustik, im folgenden EHGB) wurde stark an das deutsche Handelsgesetzbuch<br />
angelehnt und teilweise vereinfacht, es entspricht daher weitgehend den deutschen<br />
Bestimmungen.<br />
3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />
Der Verbraucherschutz in <strong>Estland</strong> ist in einem gesonderten Verbraucherschutzgesetz geregelt.<br />
Es wird durch verschiedene staatliche Einrichtungen, wie z.B. die Verbraucherschutzbehörde,<br />
das Gesundheits- und das Veterinäramt, gewährleistet. Ferner sind auch die Städte und<br />
Gemeinden dem Verbraucherschutz verpflichtet. Bei Verstoß gegen Vorschriften des<br />
Verbraucherschutzgesetzes können nach Maßgabe des Gesetzes Strafen auferlegt werden.<br />
4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie sind diese<br />
ausgestattet?<br />
Der Verbraucherschutz im Sinne von Gewährleistung von Verbraucherrechten ist im<br />
estnischen Verbraucherschutzgesetz von 1994 geregelt. Danach hat der Verbraucher folgende<br />
Rechte:<br />
• Waren und Dienstleistungen angeboten zu bekommen, die dem vorgeschriebenen<br />
Standard entsprechen<br />
• vor Waren und Dienstleistungen, die gesundheits- oder lebensgefährdend, vermögensoder<br />
umweltschädigend sind oder deren Gebrauch gesetzlich verboten ist geschützt zu<br />
werden<br />
• notwendige und inhaltlich richtige Produktinformationen zu erhalten, um eine<br />
vernünftige Auswahl zwischen den Angeboten treffen zu können<br />
• die Berücksichtigung der Verbraucherinteressen zu fordern und sich zu diesem Zweck<br />
in Verbraucherverbänden zusammenzuschließen<br />
• Rechtsschutz nach Maßgabe der Gesetze zu fordern
<strong>Estland</strong><br />
Das Gesetz enthält Bestimmungen über die Voraussetzungen an die Beschaffenheit und die<br />
Qualität von Waren und Dienstleistungen. Ferner sind Verpflichtungen und Verbote für<br />
Verkäufer und Dienstleistungsanbieter gesetzlich vorgeschrieben. Die Organisation der<br />
Verbraucher in Verbänden erfolgt nach den Bestimmungen des § 9 Verbraucherschutzgesetz.<br />
5) Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z.B.<br />
Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z.B. Grundschuld) vor?<br />
Die estnischen Rechtsordnung kennt verschiedene Sicherungsmittel für bewegliches und<br />
unbewegliches Vermögen und Forderungen. Vorschriften diesbezüglich sind im estnischen<br />
Schuldrechtsgesetz (ESchRG), dem Gesetz über das Handelspfand und dem estnischen<br />
Sachenrechtsgesetz enthalten.<br />
a) Bürgschaft (“käendus”)<br />
Die Bürgschaft ist in den §§ 142-154 ESchRG geregelt. Es handelt sich um einen Vertrag,<br />
durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger verpflichtet für die Erfüllung der<br />
Verbindlichkeiten eines Dritten einzustehen.<br />
b) Garantie (“garantii”)<br />
Im Gegensatz zur Bürgschaft wird durch den Garantievertrag ein eigenständiges<br />
Schuldverhältnis begründet, welches unabhängig von der zu sichernden Forderung ist, auch<br />
wenn die Garantie im Zusammenhang mit dieser steht (§ 155 II ESchRG). Durch den<br />
Garantievertrag übernimmt eine wirtschaftlich tätige Person im Rahmen dieser beruflichen<br />
Tätigkeit die Verpflichtung eines Schuldners gegenüber einem Gläubiger.<br />
c) Pfand (“pant”)<br />
Das estnische Recht unterscheidet neben dem Unternehmerpfandrecht, vier Arten von<br />
Pfandrechten. Vorschriften hinsichtlich dieser finden sich im estnischen Sachenrechtsgesetz.<br />
Normiert sind das Besitzerpfandrecht, das besitzlose Pfandrecht sowie das Pfandrecht an<br />
geistigem Eigentum und das Wertpapierpfandrecht. Bei einem Pfandrecht handelt es sich<br />
grundsätzlich um die Belastung einer Sache zur Sicherung einer Forderung in der Weise, dass<br />
der Gläubiger Befriedigung aus der Sache zu suchen berechtigt ist<br />
(§ 276 I SachenRG). Nach estnischem Recht kann ein Pfandrecht grundsätzlich an<br />
beweglichen wie auch unbeweglichen Sachen bestellt werden (§ 276 II ESachenRG).<br />
ca) Besitzerpfandrecht (“käsipant”):<br />
Es zeichnet sich dadurch aus, dass dem Pfandgläubiger Besitz an der Sache eingeräumt wird.<br />
Zwischen dem zu sichernden Anspruch und dem vereinbarten Pfandrecht besteht strenge<br />
Akzessorität, d.h. die Übertragung des Pfandrechtes ohne die gleichzeitige Übertragung der<br />
Forderung ist nicht möglich (§ 289 ESachenRG). Das Pfandrecht als solches entsteht mit der<br />
Inbesitznahme oder, wenn der Gläubiger bereits in Besitz der Sache ist, durch Vertrag.
<strong>Estland</strong><br />
cb) Besitzloses Pfandrecht (“registerpant”):<br />
Bei einem besitzlosen Pfandrecht wird eine bewegliche Sache in der Art belastet, dass der<br />
Schuldner zwar im Besitz der Sache bleibt, das Pfandrecht jedoch in das Register für<br />
Sicherheiten eingetragen wird (§ 297 ESachenRG).<br />
cc) Unternehmerpfandrecht (“kommertspant”):<br />
Das Unternehmerpfandrecht ist ein Pfandrecht, welches das Vermögen eines in das<br />
Handelsregister eingetragenen Unternehmens belastet. Es ist nicht akzessorisch zu der zu<br />
sichernden Forderung und kann auch auf das Vermögen einer ausländischen Filiale in <strong>Estland</strong><br />
bestellt werden (§§ 1,2 Kommertspandiseadus). Auf das Unternehmerpfandrecht finden die<br />
Vorschriften über das besitzlose Pfandrecht (§§ 297 ff. ESachenRG) ergänzende Anwendung.<br />
Das Pfandrecht entsteht mit Eintragung in das Handelsregister auf Grundlage eines notariellen<br />
Pfandvertrags und erlischt mit Streichung aus demselben.<br />
cd) Wertpapierpfandrecht (“väärtpaberite pantimine”):<br />
Das Wertpapierpfandrecht ist in den §§ 314-319 ESachenRG geregelt. Soweit diese<br />
Vorschriften nichts gegenteiliges bestimmen sind die Bestimmungen über das<br />
Besitzerpfandrecht ergänzend anzuwenden. Ein Pfandrecht an Inhaberpapieren entsteht mit<br />
Übergabe an den Pfandgläubiger.<br />
ce) Pfandrecht an geistigem Eigentum (“intellektuaalse omandi pantimine”):<br />
Gemäß § 313 ESachenRG besteht die Möglichkeit zur Sicherung einer Forderung Patente,<br />
Marken, Urheberrechte und gewerbliche Muster zu verpfänden. Das Pfandrecht entsteht mit<br />
Eintragung in das Patentregister.<br />
d) Hypothek (“hüpoteek”):<br />
Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die<br />
Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung einer ihm zustehenden<br />
Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist (Hypothek, § 325 I ESachenRG). Weitgehend<br />
entsprechen die estnischen Bestimmungen über die Hypothek denen des deutschen Rechts.<br />
Die Hypothek entsteht mit Eintragung in das Grundbuch.<br />
e) Eigentumsvorbehalt:<br />
Auch die estnische Rechtsordnung kennt das Rechtsinstitut des Eigentumsvorbehalts. In § 233<br />
ESchRG ist dieser, den deutschen Vorschriften entsprechend, geregelt. Danach können die<br />
Parteien eines Kaufvertrags vereinbaren, dass das Eigentum an der Kaufsache erst mit<br />
vollständiger Bezahlung des Kaufpreises an den Käufer übergehen soll.
<strong>Estland</strong><br />
6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen?<br />
Vorschriften über die Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in das<br />
estnische Schuldrecht integriert (§§ 35-45 ESchRG). Diese finden auf vorformulierte<br />
Vertragsbedingungen Anwendung, die nicht individuell zwischen den Vertragsparteien<br />
vereinbart wurden, sondern vielmehr von einer Partei verwendet werden (Verwender). Sie<br />
sind Bestandteil des Vertrags, sofern sie ordnungsgemäß einbezogen wurden. Gemäß<br />
§ 37 I ESchRG hat der Verwender vor Vertragsschluss auf die Verwendung der AGB<br />
hinzuweisen und dem Vertragspartner die Möglichkeit zur Kenntnisnahme zu geben. Sie<br />
werden auch dann Bestandteil des Vertrags, wenn nach der Art des Geschäfts die<br />
Verwendung von AGB zu erwarten ist und der Vertragspartner wiederum die Möglichkeit zur<br />
Kenntnisnahme hat. Wie auch im deutschen AGB-Recht hat die Individualabrede Vorrang vor<br />
einseitig verwendeten AGB-Klauseln (§ 38 ESchRG). Die Auslegung der Klauseln erfolgt<br />
gemäß § 39 I ESchRG im Zweifel zum Nachteil des Verwenders. In einen Vertrag<br />
einbezogene allgemeine Geschäftsbedingungen sind unwirksam, soweit sie den<br />
Vertragspartner des Verwenders wider Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und<br />
so ein unzumutbares Missverhältnis zwischen den Vertragspartnern entsteht oder die<br />
Verwendung der AGB gegen die guten Sitten verstößt (§ 42 I ESchRG). Unwirksame<br />
Klauseln sind auf den Vertrag nicht anzuwenden, der Vertrag bleibt ungeachtet dessen jedoch<br />
wirksam, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien diesen auch ohne die<br />
Klauseln geschlossen hätten (§ 41 ESchRG).<br />
7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />
Das estnische Sachenrecht entspricht weitgehend den deutschen Bestimmungen. So bedarf die<br />
Übertragung des Eigentums an einer Immobilie auch nach estnischem Recht einer notariell<br />
beglaubigten Einigung (Auflassung) sowie einer Eintragung in das Grundbuch<br />
(§§ 118 I, 120 ESG). Auch das estnische Grundbuch enthält alle Informationen über die ein<br />
Grundstück betreffenden Eigentumsverhältnisse sowie etwaige belastende Rechte.<br />
In <strong>Estland</strong> ist es allen natürlichen und juristischen Personen erlaubt, Eigentum an<br />
Grundstücken und Gebäuden zu erwerben. Nach dem estnischen Sachenrechtgesetz vom<br />
1. Dezember 1993 (ESachenRG) stehen grundsätzlich allen Eigentümern dieselben Rechte zu,<br />
§ 6 II ESG. Dem deutschen Recht entsprechend werden Gebäude und Häuser als Bestandteil<br />
des Grundstücks betrachtet. Im Gegensatz zur Regelung nach früherem estnischen Recht kann<br />
das Eigentum am Grundstück und das Eigentum an den darauf errichteten Gebäuden und<br />
Häusern nunmehr nicht auseinanderfallen. Gemäß § 5 I des estnischen Privatisierungsgesetzes<br />
ist sicherzustellen, dass der Restitutionsprozess abgeschlossen ist, bevor eine Immobilie<br />
erworben werden kann.
<strong>Estland</strong><br />
8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />
Rechtliche Grundlage eines Insolvenzverfahrens gegen eine natürliche oder juristische Person<br />
mit Sitz in <strong>Estland</strong> ist die estnische Insolvenzordnung<br />
(Pankrotiseadus, im folgenden EInsO). Die Insolvenz eines Schuldners kann nach estnischem<br />
Recht nur durch Gerichtsurteil festgestellt werden (§ 3 I EInsO). Ein entsprechendes<br />
gerichtliches Verfahren kann vom Schuldner selbst, durch dessen Erben oder durch einen<br />
Gläubiger beantragt werden. Der Insolvenzantrag des Schuldners muss den Insolvenzgrund,<br />
eine Auflistung der gesamten Verbindlichkeiten sowie die Namen der Gläubiger und eine<br />
Darstellung der vorhandenen Vermögensmasse beinhalten; er ist vom Schuldner zu<br />
unterzeichen (§ 8 EInsO). Der Gläubiger ist zur Stellung eines Insolvenzantrages berechtigt,<br />
sofern er einen der in § 9 I EInsO aufgelisteten Gründe geltend machen kann. Ein solcher<br />
Grund liegt vor, wenn der Schuldner die Insolvenz durch eine Straftat verursacht hat, das<br />
Vermögen bewusst beiseite geschafft hat oder die Insolvenz durch einen gravierenden Fehler<br />
in der Geschäftsführung verursacht hat. Gleiches gilt für den Fall, dass jedwede<br />
Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners im Laufe der vergangenen drei<br />
Monate mangels Masse erfolglos war, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mitunter<br />
offensichtlich ist oder Forderungen des Gläubigers innerhalb von 10 Tagen seit Fristsetzung<br />
und schriftlicher Insolvenzandrohung vom Schuldner nicht beglichen wurden. Der Gläubiger<br />
muss die Höhe, den Grund und die Fälligkeit des Anspruchs sowie den geltendgemachten<br />
Grund vor Gericht glaubhaft machen (§ 9 III EInsO). Dies gilt lediglich dann nicht, wenn ein<br />
vollstreckbarer Titel gegen den Schuldner vorliegt.<br />
Die Gläubiger des Insolvenzschuldners haben ihre Ansprüche gemäß § 69 I i.V.m.<br />
§ 23 I EInsO schriftlich innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des das<br />
Insolvenzverfahren eröffnenden Urteils beim Insolvenzverwalter anzumelden. Diese<br />
Anmeldung soll gemäß § 69 I EInsO den Inhalt des Anspruchs, seinen Grund und die Höhe<br />
angeben. Ferner soll er eine Erklärung darüber beinhalten, ob der Anspruch ein Recht auf<br />
bevorzugte Befriedigung gewährt. Die den Anspruch begründenden Tatsachen sind anhand<br />
von Urkunden zu beweisen. Wird die Anmeldung als nicht rechtzeitig angesehen, kann der<br />
Anspruch dennoch durch die Gläubigerversammlung anerkannt werden, er steht dann jedoch<br />
im Rang hinter den fristgemäß angemeldeten Forderungen und wird erst nach diesen<br />
befriedigt (§ 69 V EInsO). Nach § 53 EInsO müssen aussonderungsberechtigte Gläubiger ihre<br />
Forderungen ebenfalls innerhalb von zwei Monaten beim Insolvenzverwalter geltend machen.<br />
Dem deutschen Recht entsprechend sind diejenigen Personen aussonderungsberechtigt, die<br />
geltend machen können, eine sich im Besitz des Schuldners befindende Sache stehe in ihrem<br />
Eigentum.
<strong>Estland</strong><br />
Die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen werden vom Insolvenzverwalter auf ihr<br />
tatsächliches Bestehen geprüft. Sowohl der Schuldner als auch andere Gläubiger haben das<br />
Recht bis zum Prüfungstermin der Gläubigerversammlung Einwände gegen die geltend<br />
gemachten Forderungen zu erheben und können die zum Beweis eingereichten Urkunden<br />
einsehen und prüfen (§ 70 V EInsO). In der Gläubigerversammlung erfolgt die Anhörung der<br />
Ansprüche in der Reihenfolge ihrer Anmeldung (§ 72 I EInsO). Entweder die<br />
Gläubigerversammlung erkennt die Ansprüche an oder das mit dem Insolvenzverfahren<br />
befasste Gericht hat über die Berechtigung des Anspruchs zu befinden.<br />
9) Gibt es ein geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie sind dessen Grundstrukturen?<br />
Das estnische Wettbewerbsrecht basiert auf dem estnischen Wettbewerbsgesetz<br />
(Konkurentsiseadus, im folgenden EWettbG) vom 1. Oktober 2001. Dieses ist deutlich an den<br />
Vertrag der Europäischen Gemeinschaft (EGV) angelehnt und entspricht daher den<br />
europäischen Bestimmungen. Ziel des EWettbG ist es den freien Markt zu schützen sowie den<br />
freien und fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Anwendbar ist das Gesetz auf alle<br />
unternehmerisch tätigen Personen, auch auf Behörden des Staates und der Gemeinden, soweit<br />
sie auf dem Wirtschaftsmarkt auftreten (§ 2 EWettbG). Im estnischen Wettbewerbsgesetz<br />
geregelt ist:<br />
• das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen Unternehmen<br />
(§§ 4-8 EWettbG)<br />
• das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung<br />
(§§ 13-18 EWettbG)<br />
• die Fusionskontrolle (§§19-29 EWettbG)<br />
• die staatliche Förderung von Unternehmen durch Zuschüsse (§§ 30-49 EWettbG)<br />
• der Umgang mit unlauterem Wettbewerb (§§ 50-53 EWettbG).<br />
Die Aufsicht über den Wettbewerb am freien Markt wird durch den Staat in Gestalt der<br />
Wettbewerbsbehörde (das sog. “Konkurentsiamet”) durchgeführt. Hinsichtlich der staatlichen<br />
Förderung durch Zuschüsse hat der Finanzminister die Kontroll- und Aufsichtsfunktion<br />
(§ 54 II EWettbG).
<strong>Estland</strong><br />
Absprachen und abgestimmte Verhaltensweisen<br />
Gemäß § 4 I EWettbG sind alle wettbewerbsbeschränkenden Absprachen sowie abgestimmte<br />
Verhaltensweisen zwischen verschiedenen Unternehmen unzulässig. Dies gilt insbesondere<br />
für:<br />
• direkte oder indirekte Preisabsprachen<br />
• Absprachen, welche die Herstellungs- bzw. Verkaufsmengen einer bestimmten Ware<br />
festsetzen, sowie Beschränkungen des technischen Fortschritts und der Investitionen<br />
• Absprachen zur Aufteilung des Marktes unter einigen Anbietern zum Nachteil eines<br />
dritten Unternehmens<br />
• Informationsaustausch, welcher zu einer Wettbewerbsbeschränkung führt<br />
• Vereinbarung unterschiedlicher Vertragsbedingungen bei gleichartigen Verträgen,<br />
wodurch einige Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt werden<br />
• Verträge, die einer Partei zusätzliche Verpflichtungen auferlegen, die in keinem<br />
Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand stehen.<br />
Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung<br />
§ 16 EWettbG enthält das Verbot der missbräuchlichen, direkten oder indirekten Ausnutzung<br />
einer marktbeherrschenden Stellung. Eine solche marktbeherrschende Stellung wird vermutet,<br />
sobald ein Unternehmen einen Marktanteil von mindestens 40 % des Gesamtumsatzes hat (§<br />
13 EWettbG). Ferner kann eine marktbeherrschende Stellung auch durch spezielle und<br />
exklusive Rechte begründet sein, die ein Unternehmen vom Staat oder der Gemeinde erhalten<br />
hat und welche zu einem Vorteil im Wettbewerb bis hin zu einer Monopolstellung des<br />
Unternehmens<br />
führen. Gemäß § 16 EWettbG ist es insbesondere verboten:<br />
• unangemessene Preise oder unlautere An- und Verkaufsbedingungen zu erzwingen<br />
• die Produktion oder das Angebot von Waren sowie den technischen Fortschritt und<br />
Investitionen zu beschränken<br />
• unterschiedliche Bedingungen, die gleiche Leistung betreffend, gegenüber<br />
•<br />
verschiedenen Vertragspartnern zu stellen und dadurch eine Benachteiligung am<br />
Wettbewerb zu unterstützen oder zu verursachen<br />
Verträge abzuschließen, die eine Verpflichtung zu zusätzlichen Leistungen der<br />
anderen Vertragspartei beinhalten, die in keinem Zusammenhang mit dem<br />
eigentlichen Vertragsgegenstand stehen<br />
• ein anderes Unternehmen dazu zu drängen, den Betrieb auf einen oder mehrere<br />
Bereich(e) zu konzentrieren, einen Vertrag zu schließen, welcher zu einer<br />
Wettbewerbsbeschränkung führt oder an verbotenen Absprachen und<br />
•<br />
Geschäftspraktiken teilzunehmen<br />
den An- und Verkauf von Waren in ungerechtfertigter Weise zu verweigern
<strong>Estland</strong><br />
• gegen erteilte Auflagen oder Bedingungen zu verstoßen, welche Unternehmen<br />
auferlegt wurden, die über exklusive Rechte sowie über die für eine bestimmte<br />
Branche oder einen bestimmten Tätigkeitsbereich notwendigen Einrichtungen<br />
verfügen.<br />
Um einer Wettbewerbsverzerrung entgegenzuwirken, kann die staatliche Behörde oder die<br />
Gemeinde, die einem Unternehmen exklusive Rechte zugesteht, die Rechtsposition solcher<br />
Unternehmen durch Preisbestimmungen und andere Bedingungen bzw. Auflagen belasten (§<br />
17 EWettbG). Schließlich sind Unternehmen, welche die alleinige Herrschaft über<br />
notwendige Einrichtungen haben, gemäß § 18 EWettbG verpflichtet, anderen Unternehmen<br />
den Zugang und die Nutzung dieser Einrichtungen zu fairen Bedingungen zu ermöglichen.<br />
Fusionskontrolle<br />
Das Wettbewerbsgesetz enthält in den §§ 19–29 EWettbG den Zusammenschluss von<br />
Unternehmen betreffende Regelungen. Danach unterliegt die sog. Fusion der Kontrolle der<br />
Wettbewerbsbehörde, wenn der Gesamtumsatz der an der Fusion beteiligten Parteien im<br />
letzten Geschäftsjahr mindestens 500 Mio. EEK (ca. 30 Mio. EUR) und der Jahresumsatz<br />
mindestens zweier Parteien jeweils mehr als 100 Mio. EEK (ca. 6 Mio. EUR) betrug. Als<br />
Berechnungsgrundlage dient das estnische Buchhaltungsgesetz nach Maßgabe des § 24<br />
EWettbG. Zudem müssen die Geschäfte mindestens eines Unternehmens bzw. eines<br />
Unternehmensteils in <strong>Estland</strong> durchgeführt worden sein. Die geplante Fusion ist der<br />
Wettbewerbsbehörde innerhalb einer Woche nach Abschluss des Fusionsvertrags schriftlich<br />
anzuzeigen (§ 26 EWettbG). Es findet dann die Überprüfung durch die Wettbewerbsbehörde<br />
statt an deren Ende, spätestens nach 30 Tagen, die Fusion genehmigt oder das<br />
Prüfungsverfahren fortgesetzt wird. Wird das Prüfungsverfahren fortgesetzt, ist das<br />
Verfahren durch die Wettbewerbsbehörde innerhalb von vier Monaten zu beenden<br />
(§ 27 EWettbG).<br />
Unlauterer Wettbewerb<br />
Bestimmungen über den Umgang mit unlauterem Wettbewerb finden sich in den §§ 50-53<br />
EWettbG. Dem Begriff des unlauteren Wettbewerbs unterliegen alle Handlungen eines<br />
Unternehmens, die der gewissenhaften Praxis und den guten Sitten der wirtschaftlichen<br />
Tätigkeit widersprechen. Insbesondere muss in folgenden Fällen vom Vorliegen unlauteren<br />
Wettbewerbs ausgegangen werden (§ 50 I EWettbG):<br />
• die Veröffentlichung von missverständlichen Informationen bzw. die Unterstützung<br />
oder Ermöglichung der Veröffentlichung solcher Informationen<br />
• die Verunglimpfung eines Konkurrenten oder der von diesem angebotenen Waren<br />
• der Missbrauch von vertraulichen Informationen.
<strong>Estland</strong><br />
Gemäß § 50 II EWettbG ist unlauterer Wettbewerb verboten. Bei einem Verstoß kann das<br />
geschädigte Unternehmen auf Unterlassen und Schadensersatz klagen. Gemäß § 53 EwettbG<br />
findet eine Überprüfung ausschließlich bei den Gerichten im Rahmen einer zivilrechtlichen<br />
Klage statt.<br />
10) Gilt das UN-Kaufrecht in den betreffenden Ländern?<br />
<strong>Estland</strong> ist wie auch Deutschland, Partner der “United Nations Convention on Contracts for<br />
the International Sale of Goods” (CISG). Daher findet automatisch UN-Kaufrecht<br />
Anwendung, soweit die Vertragspartner unterschiedlicher nationaler Herkunft sind und die<br />
Anwendung von UN-Kaufrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.<br />
Deutschland hat dieses Übereinkommen bereits am 01.01.1991 ratifiziert, wohingegen<br />
<strong>Estland</strong> der CISG erst am 01.10.1994 beigetreten ist.<br />
Quellenangaben:<br />
Internet:<br />
www.estemb.de<br />
www.estonica.de<br />
www.auswaertiges-amt.de<br />
Literatur:<br />
Wirtschaftsrecht der Republik <strong>Estland</strong> „Ein Praxisratgeber“<br />
Delegation der Deutschen Wirtschaft in <strong>Estland</strong>,<br />
Verfasser: Christine Hemmer – 2. Auflage – Mai 2003 – Tallinn