Zwang und Gewalt in der Psychiatrie Prof. Konrad Stolz - AMIDEA
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Art. 2 Gr<strong>und</strong>gesetz:<br />
Hilfe wi<strong>der</strong> Willen:<br />
<strong>Zwang</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Konrad</strong> <strong>Stolz</strong>: Rechtliche Aspekte<br />
(1)Je<strong>der</strong> hat das Recht auf freie Entfaltung se<strong>in</strong>er Persönlichkeit, soweit er<br />
nicht die Rechte an<strong>der</strong>er verletzt <strong>und</strong> nicht gegen die verfassungsmäßige<br />
Ordnung <strong>und</strong> das Sittengesetz verstößt.<br />
(2)Je<strong>der</strong> hat das Recht auf Leben <strong>und</strong> körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit<br />
<strong>der</strong> Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Gesetzes<br />
e<strong>in</strong>gegriffen werden.<br />
Artikel 104 GG<br />
(1) …<br />
(2) Über die Zulässigkeit <strong>und</strong> Fortdauer e<strong>in</strong>er Freiheitsentziehung hat nur <strong>der</strong><br />
Richter zu entscheiden. Bei je<strong>der</strong> nicht auf richterlicher Anordnung<br />
beruhenden Freiheitsentziehung ist<br />
unverzüglich e<strong>in</strong>e richterliche Entscheidung herbeizuführen.<br />
Freiheitsentziehung durch Unterbr<strong>in</strong>gung auf e<strong>in</strong>er geschlossenen Station<br />
e<strong>in</strong>er psychiatrischen Kl<strong>in</strong>ik<br />
1. „zivilrechtlich“ <strong>und</strong> 2. „öffentlich-rechtlich“<br />
1. Zivilrechtliche Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
• Bestellung e<strong>in</strong>es Betreuers mit Aufgabenkreis<br />
Aufenthaltsbestimmung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitssorge<br />
• Antrag des Betreuers<br />
• Eigengefährdung (konkrete erhebliche Gefahr für Leben o<strong>der</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit) 1906 BGB<br />
• E<strong>in</strong>sichts- <strong>und</strong> E<strong>in</strong>willigungsunfähigkeit
§ 1896 BGB<br />
Bestellung e<strong>in</strong>es rechtlichen Betreuers<br />
(1) Kann e<strong>in</strong> Volljähriger auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er psychischen Krankheit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />
körperlichen, geistigen o<strong>der</strong> seelischen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung se<strong>in</strong>e<br />
Angelegenheiten ganz o<strong>der</strong> teilweise nicht besorgen, so bestellt das<br />
Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht auf se<strong>in</strong>en Antrag o<strong>der</strong> von Amts wegen für ihn e<strong>in</strong>en<br />
Betreuer. ….<br />
(1a) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf e<strong>in</strong> Betreuer nicht bestellt<br />
werden.<br />
§ 1906 BGB<br />
Genehmigung des Vorm<strong>und</strong>schaftsgerichts bei <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
(1) E<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung des Betreuten durch den Betreuer, die mit<br />
Freiheitsentziehung verb<strong>und</strong>en ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des<br />
Betreuten erfor<strong>der</strong>lich ist, weil<br />
auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er psychischen Krankheit o<strong>der</strong> geistigen o<strong>der</strong> seelischen<br />
1. Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet<br />
o<strong>der</strong> erheblichen ges<strong>und</strong>heitlichen Schaden zufügt, o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>e Untersuchung des Ges<strong>und</strong>heitszustands, e<strong>in</strong>e Heilbehandlung o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong> ärztlicher E<strong>in</strong>griff notwendig ist, ohne die Unterbr<strong>in</strong>gung des Betreuten<br />
nicht durchgeführt werden kann <strong>und</strong> <strong>der</strong> Betreute auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />
2.<br />
psychischen Krankheit o<strong>der</strong> geistigen o<strong>der</strong> seelischen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung die<br />
Notwendigkeit <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung nicht erkennen o<strong>der</strong> nicht nach dieser<br />
E<strong>in</strong>sicht handeln kann.<br />
(2) Die Unterbr<strong>in</strong>gung ist nur mit Genehmigung des Vorm<strong>und</strong>schaftsgerichts<br />
zulässig…<br />
(3)…<br />
(4)….<br />
(5)…..
<strong>Zwang</strong>sbehandlung im Rahmen e<strong>in</strong>er zivilrechtlichen Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
1. <strong>Zwang</strong>sbehandlung im Unterbr<strong>in</strong>gungsbeschluss enthalten<br />
2. E<strong>in</strong>willigungsunfähigkeit des Patienten (ke<strong>in</strong> “freier“ Wille)<br />
3. Mediz<strong>in</strong>ische Erfor<strong>der</strong>lichkeit<br />
4. Verhältnismäßigkeit<br />
5. E<strong>in</strong>willigung des Betreuers<br />
Im Notfall: § 34 Strafgesetzbuch Rechtfertigen<strong>der</strong> Notstand<br />
Wer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gegenwärtigen, nicht an<strong>der</strong>s abwendbaren Gefahr für Leben, Leib,<br />
Freiheit, Ehre, Eigentum o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Rechtsgut e<strong>in</strong>e Tat begeht, um die<br />
Gefahr von sich o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig,<br />
wenn bei Abwägung <strong>der</strong> wi<strong>der</strong>streitenden Interessen, namentlich <strong>der</strong><br />
betroffenen Rechtsgüter <strong>und</strong> des Grades <strong>der</strong> ihnen drohenden Gefahren, das<br />
geschützte Interesse das bee<strong>in</strong>trächtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch<br />
nur, soweit die Tat e<strong>in</strong> angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.<br />
2. „Öffentlich-rechtliche“ Unterbr<strong>in</strong>gung:<br />
Gesetz über die Unterbr<strong>in</strong>gung psychisch Kranker<br />
(Unterbr<strong>in</strong>gungsgesetz - UBG)<br />
§ 1 Voraussetzungen <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
(1) Psychisch Kranke können gegen ihren Willen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nach § 2 anerkannten<br />
E<strong>in</strong>richtung<br />
untergebracht werden, wenn sie unterbr<strong>in</strong>gungsbedürftig s<strong>in</strong>d.<br />
(2) Psychisch Kranke im S<strong>in</strong>ne dieses Gesetzes s<strong>in</strong>d Personen, bei denen e<strong>in</strong>e<br />
geistige o<strong>der</strong> seelische<br />
Krankheit,<br />
Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung o<strong>der</strong><br />
Störung von erheblichem Ausmaß<br />
e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er physischen o<strong>der</strong> psychischen Abhängigkeit von<br />
Rauschmitteln o<strong>der</strong> Medikamenten vorliegt (Krankheit).<br />
(3)…<br />
(4) Unterbr<strong>in</strong>gungsbedürftig s<strong>in</strong>d psychisch Kranke, die <strong>in</strong>folge ihrer Krankheit<br />
ihr Leben o<strong>der</strong> ihre Ges<strong>und</strong>heit erheblich gefährden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
gegenwärtige Gefahr für Rechtsgüter an<strong>der</strong>er darstellen, wenn die Gefährdung<br />
o<strong>der</strong> Gefahr nicht auf an<strong>der</strong>e Weise abgewendet werden kann.
Antrag des Ordnungsamtes o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik<br />
§ 8 UBG Heilbehandlung<br />
(1)…<br />
<strong>Zwang</strong>sbehandlung im Rahmen <strong>der</strong><br />
öffentlich-rechtlichen Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
(2) Der Untergebrachte ist über die beabsichtigte Untersuchung o<strong>der</strong><br />
Behandlung angemessen aufzuklären. Er hat diejenigen Untersuchungs- <strong>und</strong><br />
Behandlungsmaßnahmen zu dulden, die nach den Regeln <strong>der</strong> ärztlichen Kunst<br />
erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, um die Krankheit zu untersuchen <strong>und</strong> zu behandeln, soweit<br />
die Untersuchung o<strong>der</strong> Behandlung nicht unter Absatz 3 fällt.<br />
§ 12 Unmittelbarer <strong>Zwang</strong><br />
(1) Bedienstete <strong>der</strong> anerkannten E<strong>in</strong>richtungen dürfen gegen<br />
Untergebrachte unmittelbaren <strong>Zwang</strong> nur dann anwenden, wenn <strong>der</strong><br />
Untergebrachte zur Duldung <strong>der</strong> Maßnahme verpflichtet ist.<br />
Unmittelbarer <strong>Zwang</strong> zur Untersuchung <strong>und</strong><br />
Behandlung ist nur auf ärztliche Anordnung zulässig.<br />
Gegen <strong>Zwang</strong>smaßnahmen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 70l FGG)