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Exposé zur Wandarbeit „1/8 (Faltbild Schwarz-Blau)“ (1968) von ...

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<strong>Exposé</strong> <strong>zur</strong> <strong>Wandarbeit</strong> <strong>„1</strong>/8 (<strong>Faltbild</strong> <strong>Schwarz</strong>-<strong>Blau</strong>)<strong>“</strong> (<strong>1968</strong>) <strong>von</strong> Lothar Quinte<br />

Lothar Quinte:<br />

1/8 (<strong>Faltbild</strong> <strong>Schwarz</strong>-<strong>Blau</strong>), <strong>1968</strong><br />

Acryl auf Leinwand, zwei Diptychen, 116 x 60 cm (4 Teile à 116 x 30 cm)<br />

jeweils verso auf dem rechten Bildteil signiert, datiert und bezeichnet: quinte 68 1/8<br />

Provenienz: Sammlung Wilfried Beck-Erlang, Stuttgart<br />

Literatur: Gert Reising, Lothar Quinte. Opus. Werkverzeichnis der Gemälde 1951–2000, Mainz /<br />

München 2000, Nr. 68007<br />

Zum Künstler und zu dieser Arbeit<br />

Lothar Quinte gilt gemeinhin als einer der erfolgreichsten Künstler der Op(tical) Art in Deutschland. Mit<br />

der konstruktiven Kühle seiner Op-Art-Kollegen hat Quinte aber nicht viel gemeinsam. Während<br />

andere Künstler im Bereich der konkreten Kunst auf die laute Pop-Ära mit grellen Schockfarben<br />

kontern, strahlen Quintes Bilder eine eher kontemplative Poesie aus, welche die konstruktiven Formen<br />

zum sinnlichen Erlebnis werden lässt.


Nachdem Quinte in seinen frühen Werken seine Existenz wie Peitschenhiebe über die Leinwände<br />

drosch, beruhigen und konkretisieren sich die gestischen Zeichen allmählich und breiten sich als<br />

große Farbklänge im Bild aus. Zusammen mit Arnulf Rainer, Markus Prachensky und dem frühen<br />

Georg Karl Pfahler bannte er Chiffren der Welt auf seine Bilder. Später integrierte Quinte in diese<br />

Farbraumkörper tektonische Felder und betonte die Kontakte der Körper untereinander.<br />

Das »<strong>Faltbild</strong>« <strong>von</strong> <strong>1968</strong> stellt eine der wenigen plastischen Arbeiten <strong>von</strong> Lothar Quinte dar. Im<br />

Gegensatz zu Quintes Werkserien der so genannten Schlitz- und <strong>Faltbild</strong>er, bei denen Quadrate und<br />

Rechtecke als gemalte Farbräume ihre Energie verströmen, sind die »Schlitze« und »Faltungen« beim<br />

vorliegenden »<strong>Faltbild</strong>« real, finden also tatsächlich im dreidimensionalen Raum statt. Die Farbflächen<br />

sind nicht nur auf der Oberfläche prismatisch aufgefächert, sondern existieren tatsächlich, als<br />

vierflächiger, im 90-Grad-Winkel angeordneter »Paravant«. Die Leinwand ist hier buchstäblich in<br />

Bewegung versetzt. Reizvoll, ohne gefällig zu sein, ist das Verhältnis <strong>von</strong> Statik und Dynamik.<br />

Während die großen, blauen und schwarzen Farbflächen <strong>zur</strong> Mitte hin symmetrisch angeordnet sind,<br />

gehorchen die an den »Knickkanten« sichtbaren, kleineren Farbfelder eigenen, da<strong>von</strong> unabhängigen<br />

Gesetzen. Jeweils zwei weiße vertikale Farbbalken und ein blauer und ein schwarzer Streifen sind<br />

diagonal, über Kreuz angeordnet und ausbalanciert eingereiht.<br />

Die Farbflächen dienen nicht <strong>zur</strong> Darstellung einer äußeren Wirklichkeit, sondern sind eigentlicher<br />

Gegenstand der Aufmerksamkeit. Quinte zelebriert hier die Malerei bzw. den durch sie evozierten<br />

farbigen Klang im Raum als Mittelpunkt des sinnlichen Erlebens. Auf Sichtachse an die Wand<br />

gehängt, erinnert das »<strong>Faltbild</strong>« an klappbare Andachtsbilder. Ingesamt löst das »<strong>Faltbild</strong>« eine<br />

hypnotische, meditative Wirkung aus.<br />

1997 sagte Lothar Quinte in einem Gespräch mit Peter Iden: »Ich erachte das Bild als komplexes<br />

optisches Ereignis, reduziert auf das Wesentliche. Und je mehr es mir gelingt, zu reduzieren, desto<br />

eindeutiger wird das Bild. Ich habe immer die Ruhe in der Bewegung, die Implosion der Farbe statt der<br />

Explosion gesucht, einen Bildzustand – aliterarisch, akompositionell – eine Aufforderung zum<br />

sinnlichen Schauen.«<br />

Kurzbiografie<br />

1923 geboren in Neisse (heute: Nysa)<br />

1937–41 Malerlehre in Leipzig<br />

1946–51 Studium an der Kunstschule Kloster Bernstein<br />

1951 Schüler <strong>von</strong> HAP Grieshaber<br />

1959–60 Gastdozentur an der Werkkunstschule Krefeld<br />

1956 Kunstpreis Junger Westen, Recklinghausen<br />

1975/76 Weltreise<br />

1977 Teilnahme an der documenta 6 in Kassel<br />

1980–94 jährliches Winteratelier in Colva/Goa, Indien<br />

1993 Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen<br />

1995 Verleihung des Professorentitels<br />

1997 Lovis Corinth-Preis der Künstlergilde Esslingen<br />

2000 gestorben in Wintzenbach, Elsaß<br />

(c) 2009: Galerie Schlichtenmaier, Grafenau

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