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Buch „Schwellenräume“ als PDF-Download - Siedle

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SCHWELLEN


Die vorliegenDe Broschüre enthält Die<br />

ergeBnisse Des seminars »Schwellenräume #04«.<br />

es fanD im Wintersemester 2011/12 an Der<br />

Bauhaus-universität Weimar unter Der leitung<br />

von Till BoeTTger s tat t.<br />

Das seminar WurDe von <strong>Siedle</strong> initiiert<br />

unD unterstützt.<br />

inhalt<br />

5 4 3 2 1<br />

THEma<br />

s. 3<br />

SiEdLE<br />

s. 11<br />

aNaLySEN<br />

s. 19<br />

ENTWürfE<br />

s. 41<br />

NaCHWorT<br />

s. 105


2<br />

1<br />

Thema


schwellen<br />

unterbrechen räumliche Grenzen für den Über gang<br />

aus einer Zone in eine andere. Schwellen öffnen Räume und organisieren<br />

Zu gänge; gleichzeitig werden sie <strong>als</strong> Teil der Grenze gelesen und kön-<br />

nen <strong>als</strong> Hindernis wahrgenommen werden. Das Phänomen der Schwelle<br />

lebt von der räumlichen Ambivalenz. Schwellen sind oft Ankündigun-<br />

gen und Auftakt für den Eingang zu Räumen. Sie sind in die Abfolge des<br />

Ankommens integriert und verzögern in ihrer bremsenden Wirkung<br />

den Ankommenden. In ihrer Ausdehnung oder in ihrer Addition können<br />

Schwellen Raum bilden.<br />

Die Schwelle liefert den Schlüssel zum Übergang von<br />

Bereichen mit unterschiedlichem territorialem Anspruch und<br />

deren Verbindung; <strong>als</strong> Raum per se bildet sie die wichtigste<br />

räumliche Voraussetzung (conditio) für die Begegnung und<br />

den Dialog von Bereichen unterschiedlicher Ordnung.<br />

Die Bedeutung des Begriffs wird am deutlichsten in der eigent-<br />

lichen Schwelle, dem Eingang zu einem Haus. Hier handelt<br />

es sich um die Begegnung und Versöhnung von Straße<br />

und Privatbereich. 1<br />

Der Schwellenraum definiert die Öffnung der räumlichen Begrenzung<br />

im Passieren. Er bildet einen Übergang zwischen zwei verschiedenen Raum-<br />

welten, d.h., er verbindet und trennt Räume gleichermaßen. Schwellen-<br />

räume sind Übergangsräume, die <strong>als</strong> räumlicher Auftakt Funktionsräume<br />

erschließen. Meistens bilden sie eine räumliche Sequenz, die in der<br />

Bewegung wahrgenommen wird und von der Erwartung des folgenden<br />

räumlichen Ereignisses lebt. Schwellenräume übernehmen beim Emp-<br />

fangen und Ankommen wichtige Funktionen und leiten den Menschen im<br />

„Dazwischen”. Verschiedene Apparaturen können in die Übergangs-<br />

sequenz integriert sein und helfen, die verschiedenen Welten miteinander<br />

zu verbinden und voneinander zu trennen.<br />

Herman Hertzberger<br />

5


6<br />

thema: kooperation & methode<br />

1<br />

Herman Hertzberger:<br />

Vom Bauen, Aries,<br />

München 1995, s. 30<br />

2<br />

Heinz-Norbert Jocks<br />

in Kunstforum Häuser II<br />

Band 182:<br />

Der Geist der schwelle,<br />

2007, s. 47<br />

Technische Apparaturen nehmen <strong>als</strong> Ein-<br />

bauten in der Planung neuer Gebäude<br />

erheblich zu und verändern den Schwel-<br />

lenraum. Einbauten, welche die räumliche<br />

Organisation des Schwellenraumes unter-<br />

stützen sollen, könnte man <strong>als</strong> „Schwellen-<br />

raum-Apparaturen“ bezeichnen. Sie ermöglichen<br />

Zugangskontrollen, indem sie<br />

das Empfangspersonal unterstützen oder<br />

ersetzen. Es können Details des Ankommenden<br />

genauer erkannt und kontrolliert<br />

werden, damit man sich besser auf ihn<br />

einstellen kann. Der Bodyscanner organisiert<br />

zum Beispiel den Zugang zum Flugzeug.<br />

Er entkleidet den Menschen grafisch<br />

und soll Waffen sichtbar machen. Die<br />

sogenannte Gegensprechanlage und deren<br />

neuere Kombination mit Kamera erleichtert<br />

die Kontrolle des Zugangs zu Bereichen,<br />

zu denen es räumlich keinen direkten<br />

Bezug gibt.<br />

Wenn Schwellenraum-Apparaturen in die<br />

Entwurfsplanung integriert werden, können<br />

sie die Raumkonzeption und die<br />

Raumgestaltung unterstützen. Technische<br />

Neuerungen führen zu immer genaueren<br />

Zugangskontrollen. Außerdem können<br />

technische Apparaturen immer kleinräumiger<br />

produziert werden und lassen sich<br />

teilweise ohne Kabel verbinden. Dieser<br />

technische Fortschritt ermöglicht neue,<br />

fast unsichtbare Montagen. Inwieweit sich<br />

die Raumwahrnehmung und die Schwellenraum-Erfahrung<br />

durch neuartige, versteckte<br />

Schwellenraum-Apparaturen ver-<br />

ändert, ist noch unklar. Die Funktionsweisen<br />

von ortsunabhängigen Zutrittskommunikationen<br />

erfordern mobile<br />

Schwellenraum-Apparaturen und hinterfragen<br />

den räumlichen Übergang mit seiner<br />

fest installierten Gebäudetechnologie<br />

neu.<br />

ko<br />

ope<br />

raTi<br />

on<br />

Für die Gestaltung des Schwellenraumes<br />

ist das Wissen um die technischen Apparaturen<br />

von großer Relevanz. Die Kooperation<br />

zwischen der Bauhaus-Universität<br />

Weimar und dem Unternehmen SIEDlE<br />

soll den Studierenden die technischen<br />

Möglichkeiten und Forderungen für diesen<br />

sensiblen Bereich aufzeigen. Die Wahrnehmung<br />

für die Sequenz des räumlichen<br />

Übergangs soll geschärft und neue Szenarien<br />

sollen entworfen werden. Das Ziel des<br />

Seminars liegt in der Suche nach einer<br />

Darstellung, die Übergangssituationen zwischen<br />

Räumen beschreiben und klären<br />

kann. Räumlich selbst erlebte Übergänge<br />

sollen erläutert werden, um dem „Geist der<br />

Schwelle” 2 näher zu kommen. Der szenische<br />

Übergang des Menschen im Schwellenraum<br />

soll mit Hilfe von Diagrammen<br />

und Modellen besser nachvollziehbar gemacht<br />

werden.<br />

meTh<br />

ode<br />

Das Seminar des Masterstudiengangs Architektur<br />

im Wintersemester 2011/12 ist in<br />

zwei Teile gegliedert. Zuerst werden grundsätzliche<br />

Fragen des Schwellenraumes geklärt.<br />

Dabei wird analytisch und diagrammatisch<br />

gearbeitet, indem herausragende<br />

Beispiele der Architekturen des 20. Jahrhunderts<br />

gegenübergestellt werden. Im<br />

zweiten Abschnitt des Seminars werden<br />

durch die Erarbeitung eines kleinen Entwurfes<br />

verschiedenste architektonische<br />

Aspekte und neueste Zutrittskommunikationen<br />

im Schwellenraum neu hinterfragt.<br />

Folgende Themen werden im Rahmen<br />

des Seminars detailliert bearbeitet:<br />

die orTlose<br />

schwelle<br />

Mobilität, Verknüpfung neuer<br />

Medien, Technologie<br />

Privater Wohnungsbau<br />

der schwellenlose<br />

übergang<br />

Universal Design, transparente<br />

Materialität, technische Hilfsmittel<br />

Öffentlicher Wohnungsbau,<br />

öffentliche Gebäude<br />

der inszenierTe<br />

ausgang<br />

Verlassen, licht, Automatisierung<br />

Kino, Theater<br />

Schwellenräume<br />

der inTelligenTe<br />

eingang<br />

Komfort, Identifikation, Kontrolle<br />

Wohnungsbau, Verwaltungsgebäude<br />

der enTschleunigTe<br />

eingang<br />

Antizipation, erzählender<br />

Wegraum, langsamkeit<br />

Museumsbau, privater<br />

Wohnungsbau<br />

die kommunikaTion<br />

beim überTreTen<br />

Wahrnehmung, leitsysteme,<br />

Kommunikationstechnologie<br />

Museumsbau, privater<br />

Wohnungsbau<br />

die unsichTbare<br />

schwelle<br />

Grenzenlosigkeit, Auflösung,<br />

versteckte Technologie<br />

Öffentlicher Raum<br />

der konTrollier-<br />

Te zugang<br />

Sicherheit, Überblick, Videotechnik<br />

Privater Wohnungsbau,<br />

Bürogebäude, Museumsbau<br />

7


8<br />

Literatur<br />

thema: aufgabenstellungen<br />

– Francis D.K. Ching:<br />

Architecture: Form, space<br />

& Order, van Nostrand<br />

Reinold company,<br />

New York, 1979<br />

– Boris Podrecca:<br />

Almanach der Architektur,<br />

Institut für die Grundlagen<br />

des Entwerfens und Raumkonzeptionen,<br />

Fakultät 1 Architektur<br />

und stadtplanung,<br />

Universität stuttgart,<br />

Verlag Anton Pustet,<br />

salzburg, 2009<br />

– Egon schirmbeck:<br />

Zur Analyse von Raumkonzepten<br />

in Architektur und<br />

Raum, Gestaltungskonzepte<br />

im 20. Jahrhundert, Egon<br />

schirmbeck / Till Boettger /<br />

Christian Hanke, DOM publishers,<br />

Berlin, 2011<br />

Die formulierten Themen mit ihren stich-<br />

wortartigen Unterpunkten sollen die ver-<br />

schiedenen Facetten des architektonischen<br />

Übergangs aufzeigen und versuchen, die<br />

Ambivalenz der Schwelle zu berücksichti-<br />

gen. Sie können miteinander verbunden<br />

werden. Jedes Thema ist <strong>als</strong> Rahmen für ein<br />

Konzept zu verstehen, das in räumlicher,<br />

technischer und schließlich gebäudetypo-<br />

logischer Dimension konkretisiert werden<br />

kann. Jeder Studierende benutzt eines der<br />

Themen <strong>als</strong> Startpunkt und entwickelt<br />

von ihm aus seine individuelle Konzeption<br />

des Schwellenraumes.<br />

Bei der Bearbeitung der Themen sollen sich<br />

die Studierenden nicht auf den gegenwärtigen<br />

Wissensstand in der Architektur<br />

und der Kommunikationstechnologie<br />

beschränken, sondern sie sollen einen Ausblick<br />

in die Zukunft wagen und Mögliches<br />

und Unmögliches denken.<br />

analyse<br />

Der Analyseteil des Seminars ist in<br />

folgende vier Teile gegliedert:<br />

1. Vorbereitung, Darstellung des<br />

Themas, Vorstellen der Analysetechnik<br />

2. Recherche über Analyseobjekt,<br />

Vorstellung des Schwellenraumes<br />

3. Wahrnehmung vor Ort, Beobachtung,<br />

Notationen<br />

4. Auswertung der Beobachtungen,<br />

Ausarbeitung der Analysen<br />

In einem ersten Schritt wird das Thema des<br />

Schwellenraumes dargestellt und die nötigen<br />

Begriffe anhand von Beispielen in der<br />

Architektur diskutiert. Die Analysetechnik<br />

zur Betrachtung des Schwellenraums wird<br />

vorgestellt, um die Methode für die Raumbetrachtung<br />

vorzubereiten. Im Folgenden<br />

wird sich intensiv mit dem jeweiligen<br />

Analyseobjekt auseinandergesetzt, indem<br />

eine literaturrecherche die Basis für<br />

Raumerfahrung vor Ort bildet. Das Passieren<br />

des Schwellenraums wird mit Hilfe<br />

der Darstellungen in der ausgewählten<br />

literatur vorgedacht. Vor Ort werden<br />

räumliche Erfahrungen bewusst ausprobiert.<br />

Das Durchwandern des Schwellenraums<br />

soll mit allen Sinnen erlebt und<br />

mit Hilfe von Fotografien und Skizzen<br />

notiert werden. Schließlich soll das Beobachtete<br />

ausgewertet und dargestellt<br />

werden.<br />

Folgende Parameter sollen bei der<br />

Schwellenraumbetrachtung analysiert<br />

werden:<br />

Begrenzungen, Sequenz, Geometrie,<br />

Materialität, Topografie, Einrichtungen<br />

Abgabeleistungen<br />

(Analyse)<br />

Bildsequenz aus zehn<br />

Fotos, die den Übergang in<br />

seiner zeitlichen Dimension<br />

erklären. Die Fotos<br />

sind aus der menschlichen<br />

Perspektive aufgenommen.<br />

Außerdem müssen die<br />

Fotos nachbearbeitet sein.<br />

Diagrammatische Zeichnungen<br />

des schwellenraums.<br />

Mindestens fünf<br />

Diagramme, die jeweils ein<br />

Parameter bearbeiten.<br />

Kurzreferat von 15min mit<br />

anschließender Diskussion,<br />

Vorstellen der Diagramme.<br />

Abgabeleistungen<br />

(Entwurf)<br />

Modell im Maßstab 1:20<br />

Volumen innen / außen<br />

jeweils 4m x 4m x 4m<br />

– Abgabeleistung für die<br />

Zwischenpräsentationen:<br />

Prototyp des Modells<br />

– Abgabeleistung für die<br />

Endabgabe:<br />

Modell in Museumsqualität<br />

monochrom<br />

frei wählbares Material<br />

Fotosequenz fünf Bilder<br />

21cm x 21cm<br />

Die vorgestellten Parameter versuchen,<br />

diese Fragen zu beantworten:<br />

1. Begrenzungen des Schwellenraumes<br />

(Raumbildung)<br />

Wie wird der Schwellenraum gebildet?<br />

2. Sequenz des Schwellenraumes<br />

(Raumfolge)<br />

Wie wird der Weg inszeniert?<br />

Welcher Wegefluss wird produziert?<br />

3. Geometrie des Schwellenraumes<br />

(Raumstruktur)<br />

Welche Ordnung besitzt der Schwellenraum?<br />

4. Topografie des Schwellenraumes<br />

(Raumlage)<br />

Welchen Ort bildet der Schwellenraum?<br />

5. Materialität des Schwellenraumes<br />

(Raumgestalt)<br />

Welche Farbe, welche Helligkeit,<br />

welchen Kontrast besitzt der<br />

Schwellenraum?<br />

6. Einrichtungen des Schwellenraumes<br />

(Raumfunktion)<br />

Welche Auswirkungen hat die<br />

Möblierung und der Ausbau auf<br />

den Schwellenraum?<br />

Die Analysen sollen einfach und direkt die<br />

beobachteten Raumzusammenhänge darstellen.<br />

Die Diagramme sind in Graustufen<br />

<strong>als</strong> linienzeichnungen anzufertigen, die<br />

sich selbsterklärend lesen lassen. Die Referate<br />

sind <strong>als</strong> Vorstellung des jeweiligen<br />

Schwellenräume<br />

Arbeitsstandes gedacht. Die Vorstellung<br />

des Analyseobjektes selbst ist sehr kurz zu<br />

halten.<br />

enTwurf<br />

9<br />

Zu entwerfen ist ein räumlicher Übergang,<br />

ein Schwellenraum, der zwischen außen<br />

und innen vermittelt und sich mit den formulierten<br />

Themen auseinandersetzt.<br />

Es soll versucht werden, eine in die Zukunft<br />

weisende lösung zu finden, die sich mit<br />

dem zu erlebenden Phänomen des „Dazwischen”<br />

auseinandersetzt. Es ist zu prüfen,<br />

welche technische Installation bzw. Medien<br />

an welcher Stelle <strong>als</strong> Schwellenraum-<br />

Apparatur genutzt werden können, um die<br />

räumliche Konzeption zu stützen. Im Besonderen<br />

ist darauf Wert zu legen, dass die<br />

Passage <strong>als</strong> räumliche Sequenz gedacht<br />

wird und mit mehreren Sinnen erfahrbar ist.<br />

Die Funktionsweise der Schwellenraum-<br />

Apparatur ist schematisch sowohl im Modell<br />

<strong>als</strong> auch in Zeichnungen darzustellen.<br />

Der räumliche Ausschnitt der Betrachtung<br />

wird von zwei Volumen, welche außen und<br />

innen darstellen, gebildet. Die Raumkörper<br />

können neben <strong>als</strong> auch übereinander liegen<br />

und sich berühren oder mit Abstand zueinander<br />

liegen. Der Schwellenraum wird<br />

<strong>als</strong> „Dazwischen” liegender Raum entworfen<br />

und gestaltet. Das Innen und das Außen<br />

sind fragmentarisch anzudeuten und<br />

sollen die Konzeption des Schwellenraumes<br />

unterstützen. Falls ein längerer vorgelagerter<br />

Weg geplant wird, ist dieser <strong>als</strong><br />

Appendix zu ergänzen.


10<br />

entwürfe: » rückblick« friederike wollny<br />

2<br />

siedle


14<br />

sIedle: peter strobel<br />

peter strobel<br />

Unternehmenskommunikation<br />

S. <strong>Siedle</strong> & Söhne<br />

Telefon- und Telegrafenwerke<br />

OHG<br />

der mensch im dazwischen<br />

KommunIKatIon an der schwelle<br />

Was geschieht, wenn wir ein Gebäude betreten oder verlassen?<br />

Was erlebt der Mensch dabei, welche Rolle spielt die Architektur, welchen Einfluss hat die<br />

Technik und wie wirken beide zusammen? Das Seminar <strong>„Schwellenräume“</strong> an der Archi-<br />

tektur-Fakultät der Bauhaus-Universität Weimar ging diesen Fragen nach. <strong>Siedle</strong> initiierte<br />

die Veranstaltung, gab den angehenden Architekten Einblick in die Entwicklung und<br />

Herstellung von Türkommunikationssystemen und setzt sich mit ihren Entwürfen aus-<br />

einander.<br />

25 Seminarteilnehmer besuchten das Unternehmen. Sie setzten Sprechanlagen<br />

zusammen, programmierten sie und nahmen sie in Betrieb. Im Planungsworkshop<br />

erkundeten sie anhand realer Projekte, wie weit die <strong>Siedle</strong>-Systeme baulichen und pla-<br />

nerischen Anforderungen entgegenkommen. Diesen Einblick in die Praxis erlebten<br />

die Studenten bei <strong>Siedle</strong>. Doch umgekehrt lernt auch ein Traditionsunternehmen dazu.<br />

Über die Zukunft, zum Beispiel.<br />

Werden Digitalisierung und Vernetzung die etablierten Verfahren auflösen? Wie<br />

wird sich das Spannungsfeld zwischen stetig zunehmender Transparenz einerseits<br />

und dem ebenfalls wachsenden Bedürfnis nach Abschottung andererseits entwickeln?<br />

Können Schwellenräume der Architektur vorgelagert werden, und muss es dann<br />

überhaupt noch punktuelle Technikinstallationen geben?<br />

Nur wer eine Vorstellung davon hat, wie die Schwelle morgen aussieht, kann die<br />

richtige Technik dafür entwickeln. Technischer Fortschritt verschafft zwar die Mög-<br />

lichkeit zur Innovation, aber die Richtung kann er nicht bestimmen. Es ist entscheidend zu<br />

wissen, welche Technologie gebraucht und wie sie eingesetzt wird. Natürlich denkt<br />

ein Unternehmen wie <strong>Siedle</strong> darüber ständig nach, doch die Studenten nähern sich dem<br />

Thema unbelastet von den Machbarkeits- und Rentabilitätsschranken, die uns allzu oft<br />

auf dem Boden halten, wenn Höhenflüge und visionäre Ausblicke gefragt wären.<br />

Diese Dokumentation verdeutlicht die Vielfalt der Ansätze, mit denen die Teilnehmer<br />

das Thema Schwelle interpretieren. Wie Architektur, Mensch und Technik interagieren,<br />

wie ein Schwellenraum Bewegung in Gang setzt, be- oder entschleunigt, wie er Besucher<br />

lenkt und leitet und wie er zwischen verschiedenen Zonen vermittelt – solche Aspekte<br />

demonstrieren die Entwürfe auf sehr unterschiedliche Weise.<br />

Ein erstes Fazit können wir ziehen: Jede Schwelle ist Kommunikation. Nicht<br />

erst durch eingebaute Technik, sondern durch ihre pure Existenz. Sie gibt vielfältige Signale,<br />

kann einladend sein oder abweisend, schön oder hässlich. Sie öffnet sich und das<br />

Gebäude, oder sie verschließt es. Das alles tut sie, ob wir es wollen, planen und gestalten<br />

oder nicht. Das Gesetz, nach dem es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren, gilt<br />

auch hier. Die Schwelle offenbart viel über das, was hinter ihr liegt. Wir tun gut daran,<br />

die Sprache, die ein Eingang spricht, bewusst zu wählen.<br />

Schwellenräume<br />

15


16<br />

sIedle: exkursion<br />

Schwellenräume<br />

17


18<br />

sIedle: zwischenpräsentation<br />

3<br />

analysen


Schwellenräume<br />

1) weissenhofsiedlung<br />

Thomas Frisse,<br />

ChrisTian müller<br />

2) weissenhofsiedlung<br />

Friederike Wollny<br />

3) alTenwohnen in<br />

zuffenhausen<br />

Till hoFFmann,<br />

Xingmeng Wang<br />

4) sTadTbiblioThek<br />

sTuTTgarT<br />

lukas BarTke,<br />

Julia naumann,<br />

miChaela BoTTke,<br />

li JuanChao<br />

5) porsche museum<br />

adriaen unger<br />

6) kunsTmuseum<br />

Teresa rieThmüller<br />

7) neue sTaaTsgalerie<br />

ekaTerina galkina,<br />

Johanna kleeWein<br />

8) bruder klaus kapelle<br />

Fanny PirsChel,<br />

kinga urBan<br />

9) zugang zum<br />

kölner dom<br />

ChrisToPher haase,<br />

lilia Bel hadJ slimane<br />

21


22 AnAlysen: wohnhäuser Schwellenräume 23<br />

J.J.P. OUD<br />

weissenhofsiedlung<br />

pankokweg 1-9, sTuTTgarT<br />

Sequenz<br />

Geometrie<br />

Topografie<br />

Materialität<br />

Begrenzungen<br />

thomas frIsse<br />

chrIstIan müller


24 AnAlysen: wohnhäuser Schwellenräume 25<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

weissenhofsiedlung<br />

raThenausTrasse 1-3, sTuTTgarT<br />

Sequenz<br />

lE CORBUsIER<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

Einrichtungen<br />

Topografie<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

Erstellt mit einer Studentenversion von Allplan<br />

Begrenzungen<br />

Geometrie<br />

frIederIKe wollny


26 AnAlysen: wohnhäuser Schwellenräume 27<br />

ARNO lEDERER, JóRUNN RAGNARsDóTTIR, MARC OEI<br />

alTenwohnen in<br />

zuffenhausen<br />

Sequenz<br />

Einrichtungen<br />

e<br />

f<br />

c c c c c c d<br />

Geometrie<br />

b<br />

e<br />

f<br />

a<br />

c c c c c c d<br />

b<br />

b<br />

b<br />

a<br />

b<br />

a<br />

b<br />

b<br />

b<br />

a<br />

Materialität<br />

Topografie<br />

Begrenzungen<br />

tIll hoffmann<br />

XIngmeng wang


28 analysen: bibliothek<br />

Schwellenräume 29<br />

EUN YOUNG YI<br />

sTadTbiblioThek<br />

sTuTTgarT<br />

Geometrie<br />

Geometrie<br />

Topografie<br />

Raumkörper<br />

Eingänge<br />

Begrenzungen<br />

Sequenz Einrichtungen<br />

Materialität<br />

luKas BartKe,<br />

JulIa naumann,<br />

mIchaela BottKe,<br />

lI Juanchao


30 analysen: museen<br />

Schwellenräume 31<br />

porsche museum<br />

Geometrie<br />

Sequenz<br />

DElUGAN MEIssl<br />

sTuTTgarT<br />

Geometrie<br />

Begrenzungen<br />

adrIaen unger<br />

Materialität und Einrichtungen


32 analysen: museen<br />

Schwellenräume 33<br />

RAINER HAsCHER, sEBAsTIAN JEHlE<br />

kunsTmuseum<br />

sTuTTgarT<br />

Sequenz<br />

Raum-Körper<br />

Begrenzungen Begrenzungen<br />

Materialität<br />

Geometrie<br />

Topografie<br />

Geometrie<br />

teresa rIethmüller


34 analysen: museen<br />

Schwellenräume 35<br />

JAMEs sTIRlING, MICHAEl wIlFORD<br />

neue sTaaTsgalerie<br />

sTuTTgarT<br />

Begrenzungen<br />

Sequenz<br />

Materialität<br />

Einrichtungen<br />

Geometrie<br />

Johanna KleeweIn<br />

eKaterIna galKIna


36 analysen: sakralbauten<br />

Schwellenräume 37<br />

PETER ZUMTHOR<br />

bruder-klaus-kapelle<br />

köln<br />

Begrenzungen<br />

Begrenzungen Licht<br />

Einrichtungen<br />

Geometrie<br />

Topografie<br />

Sequenz außen<br />

Sequenz innen<br />

Materialität<br />

fanny pIrschel<br />

KInga urBan


38 analysen: sakralbauten<br />

Schwellenräume 39<br />

KAsPAR KRäMER<br />

zugangsbauwerk zum<br />

südTurm der domkirche<br />

Begrenzungen<br />

Raumkörper<br />

köln<br />

Geometrie<br />

Einrichtungen<br />

Sequenz<br />

Materialität<br />

chrIstopher haase<br />

lIlIa Bel hadJ<br />

slImane


40<br />

entwürfe: » rückblick« friederike wollny<br />

4<br />

enTwürfe


Schwellenräume<br />

1) rückblick<br />

Friederike Wollny<br />

2) der mäander<br />

Fanny PirsChel<br />

3) sTufenraum<br />

ekaTerina galkina<br />

4) schichTenTunnel<br />

leTiCia CamaCho<br />

CaBallero<br />

5) blickfang<br />

miChaela BoTTke<br />

6) sirkel<br />

adriaen unger<br />

7) Vikbar<br />

ChrisToPher haase<br />

8) welcomebooTh<br />

ChrisTian müller<br />

9) das schwellenkarussell<br />

Julia naumann<br />

10) inTerakTiVer<br />

lichTraum<br />

maria loPez<br />

11) open end – ariadne<br />

im freien fall<br />

Johanna kleeWein<br />

12) long way down<br />

luis guTierrez<br />

13) die schwelle <strong>als</strong> raum<br />

Teresa rieThmüller<br />

14) zwischen würfeln<br />

maXi BergT<br />

15) kombinaTorik des<br />

übergangs<br />

Till hoFFmannn<br />

43


44<br />

1<br />

rückblick<br />

friederike<br />

wollny


46<br />

entwürfe: » rückblick« friederike wollny<br />

Der Ankommende betritt zuerst<br />

einen schmalen Gang mit einer nach oben<br />

führenden Treppe. Ein transluzentes Fenster<br />

ermöglicht eine Vorahnung auf das Kom-<br />

mende. Nach einer Wende bekommt man<br />

einen kurzen Einblick. Dann wendet man<br />

sich wieder ab, um durch einen weiteren<br />

Blickfang – das Fenster – zurückzuschauen:<br />

Es ergibt sich ein Rückblick. Mit einer weite-<br />

ren Drehung hat man das Ziel erreicht,<br />

man ist angekommen. Das freistehende<br />

Wandelement, das zuerst die Tür schützte<br />

und abschirmte, bildet jetzt einen Haltepunkt.<br />

Es wird zur Begleitung, die verschiedene<br />

Funktionen aufnehmen könnte.<br />

Schwellenräume<br />

47


48<br />

2<br />

der<br />

mäander<br />

fanny<br />

pirschel


50<br />

entwürfe: » der mäander« fanny pirschel<br />

Der Schwellenraum ist <strong>als</strong> zusam-<br />

menhängende räumliche Sequenz gedacht<br />

und folgt somit den räumlichen Konzep-<br />

tionen von Mies van der Rohe und dessen<br />

Raumkontinuum. Der Besucher wird mit<br />

Hilfe von Wandscheiben geführt und gelei-<br />

tet. Zunächst berühren sich die Wand-<br />

scheiben nicht und stehen locker in Bezie-<br />

hung zueinander, sodass Optionen zum<br />

Wählen des Weges gegeben sind. Je näher<br />

man der Schwelle kommt, desto geschlos-<br />

sener wird der Weg. Die Wände berühren<br />

sich nun und bilden einen l-förmigen Raum.<br />

Als letzte Schwelle kann der erste über-<br />

dachte Bereich gelesen werden, der eine<br />

Drehung zum Eingang einleitet.<br />

Schwellenräume<br />

51


52<br />

3<br />

stufenraum<br />

ekaTerina<br />

galkina


54<br />

entwürfe: » stufenraum« ekaterina galkina<br />

Der Schwellenraum stellt einen<br />

inszenierten Zugang und Ausgang zu einem<br />

würfelartigen Ausstellungsraum bereit. Der<br />

Raum-Körper des Schwellenraumes wird<br />

von einem starken Rhythmus geprägt, der<br />

mit Hilfe von Schlitzen entsteht, die licht<br />

ins Innere bringen. Verstärkt wird dieser<br />

Effekt durch Verengungen, die durch Modi-<br />

fikationen der Rauminnenseiten und der<br />

Decke erreicht werden: Es entsteht ein stu-<br />

fenartiger, trichterförmiger Raum. Die<br />

Schwelle ist mit einer dreistufigen Treppe<br />

markiert. Durch eine zusätzliche Schaltung<br />

von künstlichem licht könnten Sensoren<br />

den Ankommenden und den Verlassenden<br />

erkennen und mit einer abgestuften licht-<br />

intensität begleiten. Dieses lichtspiel würde<br />

die Übergangs-Sequenz nach außen kom-<br />

munizieren.<br />

Schwellenräume<br />

55


56<br />

4<br />

schichtentunnel<br />

leTicia<br />

camacho<br />

caballero


58<br />

entwürfe: » schichtentunnel« leticia camacho caballero<br />

Ein langgestreckter Raum bietet<br />

die Möglichkeit eines sukzessiven Zugangs,<br />

der durch mehrere Schichten den direk-<br />

ten Einblick verwehrt. Die Schichten sind<br />

so angeordnet, dass sie auf spielerische<br />

Weise einen Durchgang ermöglichen. Der<br />

angebotene Weg ist durch Aufweitungen<br />

und Verengungen bestimmt und schafft<br />

eine einladende Sequenz. Die Außenhaut<br />

des „Tunnels“ ist durch quadratische löcher<br />

perforiert. Sie lassen lichtblitze ins Innere<br />

und laden <strong>als</strong> weiteres System die Zwi-<br />

schenräume atmosphärisch auf.<br />

Schwellenräume<br />

59


60<br />

5<br />

blickfang<br />

michaela<br />

boTTke


62<br />

entwürfe: » blickfang« michaela bottke<br />

Die öffentliche Skulptur lädt zum<br />

Begehen ein, indem sie sich <strong>als</strong> offener<br />

Körper darstellt. Trichterförmige Ausstül-<br />

pungen wirken <strong>als</strong> empfangende Geste<br />

und sollen Neugierde wecken. Taucht man<br />

in den Raum-Körper ein, wird der Einstieg<br />

zum Ausblick. Es können auf einem öffent-<br />

lichen Platz mit Hilfe dieser Schwellen-<br />

raum-Installation besondere Situationen,<br />

Orte oder Details der Umgebung in Szene<br />

gesetzt werden. Der Raum bildet den<br />

Übergang zu einem neuen Weg oder Ort.<br />

Schwellenräume<br />

63


64<br />

6<br />

sirkel<br />

adriaen<br />

unger


66<br />

entwürfe: » sirkel« adriaen unger<br />

Der drehbare Schwellenraum ist<br />

<strong>als</strong> be sonderer Showroom zu nutzen.<br />

Der Raum-Kör per beschreibt im Grundriss<br />

einen Halbkreis und kann in zwei Posi-<br />

tionen mit dem öffentlichen Raum kom-<br />

munizieren. Das eine Szenario lässt eine<br />

zurückhaltende Nutzung <strong>als</strong> Galerie zu,<br />

bei der matte Glasscheiben die Fassade<br />

strukturieren und einen geschlossenen<br />

Zustand kommunizieren. Ist der „Rotati-<br />

onskörper“ herausgedreht, kann er <strong>als</strong><br />

Raum in direkter und offensiver Weise mit<br />

dem Straßenraum in Beziehung stehen.<br />

Eine räumliche Aussparung ermöglicht<br />

den Zugang. Im Inneren öffnet dann<br />

der „leere“ Halbkreis eine neue Kommuni-<br />

kationsfläche. Diese Operation schafft<br />

die geometrische Figur eines Vollkreises.<br />

Schwellenräume<br />

67


68<br />

7<br />

vikbar<br />

chrisTopher<br />

haase


70<br />

entwürfe: » vikbar« christopher haase<br />

VIKBAR regelt den Zugang zu un-<br />

terschiedlichen Einrichtungen. Dabei<br />

wird das Eintreten in das Gebäude durch<br />

ein räumliches Auffalten des Übergangs<br />

in Szene gesetzt. Die Konstruktion be-<br />

steht aus einem aus Sichtbeton gefertig-<br />

ten Rahmen, an welchem eine faltbare<br />

Stahlkonstruktion angebracht ist. Die<br />

hydraulischen Klappen ermöglichen das<br />

Aufspannen eines Übergangs oder das<br />

Verschließen des Zugangs. Der Mechanis-<br />

mus erinnert an eine Art Zugbrücke und<br />

ermöglicht eine kontrollierbare Regelung<br />

von Besucherströmen und betont durch<br />

die besondere Form den Moment des<br />

Übertritts.<br />

Schwellenräume<br />

71


72<br />

8<br />

welcomebooth<br />

chrisTian<br />

müller


74<br />

entwürfe: » welcomebooth« christian müller<br />

»Naturraum«<br />

Übergang vom städtischen, dichten,<br />

öffentlichen Raum zum Privatbereich<br />

– weite<br />

– archaisch<br />

– haptisch<br />

– Irritation<br />

Die Welcomebooth ist ein Emp-<br />

fangsmöbel für den Wohnungsbau, das auf<br />

die heutigen Ansprüche an Individualität,<br />

Kommunikation und Sicherheit reagiert. Der<br />

Briefkasten und die Klingel werden zum<br />

Raum. Über Bildschirme, die individuell be-<br />

spielt werden, können Nachrichten hin-<br />

terlassen werden. Die Fotokabine kann da-<br />

bei <strong>als</strong> Übertragungsmedium für physische<br />

und virtuelle Nachrichten oder <strong>als</strong> zusätz-<br />

liche Sicherheitsbarriere dienen. Die The-<br />

men Entschleunigung und Sicherheit wer-<br />

den mit High-Tech spielerisch in den Alltag<br />

integriert. Um einen solchen Ort eigen-<br />

ständig erlebbar zu machen, steht der tech-<br />

nischen Apparatur ein Naturraum <strong>als</strong><br />

Kontrast gegenüber. In ruraler Umgebung<br />

bewirkt die umgekehrte Reihenfolge von<br />

Naturraum und Nachrichtenraum den<br />

Effekt von Entschleunigung und Bewusst-<br />

machung.<br />

»Nachrichtenraum«<br />

Übergang von natürlicher weite in<br />

technische Enge<br />

– technisch<br />

– virtuell<br />

– Kontrolle<br />

– Kommunikation<br />

Schwellenräume<br />

75<br />

»Fotokabine«<br />

– virtuelle & physische Nachrichten<br />

– Kommunikation<br />

– Autorisierung<br />

»Display«<br />

– individualisierter Bereich<br />

– Nachrichtenstatus<br />

– Kommunikation<br />

– »Bildergalerie«<br />

»Briefkasten«<br />

– physische Nachrichten<br />

– private Aufbewahrung<br />

– schließfach<br />

»Schwelle«<br />

– Markierung des Eingangs<br />

– archaischer Übergang


76<br />

9<br />

das<br />

schwellenkarussel<br />

julia<br />

naumann


78<br />

entwürfe: » das schwellenkarussell« julia naumann<br />

Es gibt Dinge, die wir ablegen<br />

möchten, wenn wir nach Hause kommen,<br />

und es gibt Dinge, die wir mitnehmen<br />

müssen, wenn wir das Haus verlassen.<br />

Manchmal sind es dieselben Dinge.<br />

Ausgehend von dem Film »The Truman<br />

Show «, der in extremer Weise den Aus-<br />

gang <strong>als</strong> Eingang thematisiert, trennt<br />

dieser Entwurf den Ein-und Ausgang,<br />

um das „Ablegen“ und „Mitnehmen“ zu be-<br />

leuchten. Entstanden ist eine Schicht,<br />

die Ein-und Ausgang sowie ein Verbindungselement<br />

beherbergt. Das Verbindungselement<br />

wird durch einen rotierenden<br />

Zylinder gebildet, der beide<br />

sich konisch verengenden Räume bedienen<br />

kann. In ihm befindet sich ein<br />

Fach zum Ablegen und Mitnehmen für<br />

jeden Bewohner.<br />

Schwellenräume<br />

79


80<br />

10<br />

interaktiver<br />

lichtraum<br />

maria lopez


82 entwürfe: » interaktiver lichtraum« maria lopez<br />

ScHWELLENRäUME 83<br />

Die Konzeption dieses Schwellen-<br />

raumes beruht auf der Inszenierung mit<br />

Hilfe von licht. Zwischen einem öffentli-<br />

chen Straßenraum und einem erhöht<br />

liegenden Innenraum liegt eine fast un-<br />

sichtbare Treppe. Der Schwellenraum<br />

wird erst durch die Aktivierung der „licht-<br />

fliesen“ erreicht und setzt den öffent-<br />

lichen Raum in Szene, indem er den Auf-<br />

gang nach oben sichtbar werden lässt.<br />

Die Bodenfliesen reagieren auf Druck und<br />

zeigen zum Beispiel Besucherströme<br />

an und lassen sie sichtbar werden. Dieser<br />

Effekt unterstützt die einladende Geste<br />

des Raumes und stärkt die Übergangsfunk-<br />

tion des Schwellenraumes.


84<br />

11<br />

open end –<br />

ariadne im<br />

freien fall<br />

johanna<br />

kleewein


86<br />

entwürfe: » open end – ariadne im freien fall« johanna kleewein<br />

wir bewegen uns in eine richtung: vorwärts.<br />

lässt sich die am weg verbrachte zeit nicht zurückdrehen?<br />

wir umgehen oder winden uns durch unbekanntes.<br />

vorwärts wird seitwärts, aufwärts, einwärts<br />

übergänge, rampen, podeste und stufen<br />

perspektivenwechsel.<br />

wir sind zwischen gestern und morgen<br />

wir ziehen am faden<br />

ein blick zurück: ist das der weg in die vergangenheit?<br />

zaudernd ein schritt nach vorne: ist das die zukunft?<br />

wir schrauben uns nach oben<br />

und am ende steht der abgrund<br />

können wir fliegen, daidalos?<br />

Schwellenräume<br />

87


88<br />

12<br />

long way<br />

down<br />

luis guTierrez


90<br />

entwürfe: » long way down« luis gutierrez<br />

Anfangs steht man außen auf<br />

einem breiten Pfad. Alles ist überschaubar.<br />

Es fällt nicht schwer, dem leicht abfallenden<br />

Pfad zu folgen. Noch vor der ersten<br />

Biegung kann man das Ziel erblicken. Mit<br />

jedem weiteren Schritt, mit jeder weiteren<br />

Biegung, die man hinter sich lässt, erhöhen<br />

sich die Wände. Das licht, welches<br />

noch von oben einfällt, wird stetig weniger,<br />

bis die Wände sich schließlich berühren<br />

und kein licht mehr einlassen. Nach der<br />

letzten Biegung hat sich der einst weite, helle<br />

Pfad in einen immer enger und dunkler<br />

werdenden Stollen gewandelt. Schließlich<br />

erreicht man das Ende des Tunnels,<br />

man befindet sich nicht mehr im Außen,<br />

auch nicht im Dazwischen, sondern<br />

im Innen.<br />

Schwellenräume<br />

91


92<br />

13<br />

die schwelle<br />

<strong>als</strong> raum<br />

Teresa<br />

rieThmüller


94<br />

entwürfe: » die schwelle <strong>als</strong> raum« teresa riethmüller<br />

Dass Schwellen Raum bildend sind,<br />

wird bei dieser Schwellenraum-Konzep-<br />

tion wörtlich genommen. In einer prototy-<br />

pischen Weise bilden mehrere Schwellen<br />

den Zugang. Sie sind teilweise vom Boden-<br />

belag abgelöst und betonen so einzeln<br />

die Stufen. Im Zentrum des Schwellenrau-<br />

mes schaffen ein Bild und ein Ausblick<br />

einen starken Kontrast zur räumlichen Ver-<br />

engung. Außerdem ermöglichen in die<br />

Sequenz eingebaute Möbel Stauraum für<br />

Dinge, die man beim Ankommen able-<br />

gen bzw. beim Verlassen mitnehmen möch-<br />

te.<br />

Schwellenräume<br />

95


96<br />

14<br />

zwischen<br />

würfeln<br />

maxi bergT


98<br />

entwürfe: » zwischen würfeln« maxi bergt<br />

Durch eine Verschachtelung<br />

von einem Würfel in einem kugelförmigen<br />

Inneren, in den Grenzen eines großen<br />

Würfels, wird eine Sequenz von Enge und<br />

Weite erzeugt. Scheinbar betritt man<br />

einen Kubus. Der Durchblick zeigt Klarheit,<br />

gerade Formen. Die Schwelle lässt ver-<br />

muten, dass sich dahinter etwas verbirgt –<br />

etwas Unerwartetes. Ein schmaler Gang<br />

führt ins Innere, hinein in einen weiteren<br />

Kubus: ein Raum zum Innehalten, zum<br />

Denken, zum Fühlen. Der Übertritt in den<br />

kleinen Würfel lässt den Besucher in<br />

einem grenzenlosen Raum ankommen,<br />

der den Moment des Übergangs selbst<br />

thematisiert.<br />

Schwellenräume<br />

99


100<br />

15<br />

kombinatorik<br />

des übergangs<br />

Till hoffmann


102<br />

entwürfe: » kombinatorik des übergangs« till hoffmann<br />

Es werden verschiedene ex-<br />

treme Varianten von Schwellenräumen <strong>als</strong><br />

räumliche Bausteine abstrahiert und an-<br />

schließend zu einer zusammenhängenden<br />

Schwellenraum-Architektur gefügt. Die<br />

Bausteine zeigen die unterschiedlichen<br />

Geometrien & Wirkungsweisen von<br />

Schwellenräumen auf und lassen ihr Po-<br />

tential, Räume zu trennen und zu ver-<br />

binden, im Zusammenspiel erkennen. In<br />

abstrakter Weise werden zum Beispiel<br />

Schwellenräume wie Tunnel, Treppenhaus,<br />

Eingang oder Flur dargestellt und mit-<br />

einander in Beziehung gesetzt. Im Vorder-<br />

grund stehen das Aufzeigen der Kom-<br />

binatorik des Übergangs und das Vermö-<br />

gen der einzelnen Typen.<br />

Schwellenräume<br />

103


104 entwürfe: » rückblick« friederike wollny<br />

5<br />

nachworT


KonteXt<br />

Schwellenräume 107<br />

Die vorliegende Broschüre möchte einen Überblick über das Seminar Schwellenräume 04<br />

an der Fakultät Architektur der Bauhaus-Universität Weimar geben. Es fand im Winter-<br />

semester 2011-2012 statt und ist Teil einer Reihe von vier Seminaren zum Thema Schwel-<br />

lenräume, die jeweils besondere Schwerpunkte hatten. Die Konzeption des Seminars<br />

steht im engen Zusammenhang mit der Dissertationsschrift „Schwellenräume - Räumliche<br />

Übergänge in der Architektur“, die im Jahre 2008 begonnen und von Herrn Prof. Egon<br />

Schirmbeck betreut wurde.<br />

KategorIen<br />

Ausgehend von den im einleitenden Text beschriebenen Themen, wie zum Beispiel „Die<br />

ortlose Schwelle“ oder „Der schwellenlose Übergang“, die jeweils im Kontext der Bau-<br />

typologien betrachtet wurden, kann man bei den Entwürfen im Überblick schwerpunkt-<br />

mäßig drei Kategorien oder Strategien erkennen:<br />

Raumerlebnis, Technik und Prinzip<br />

Geprägt durch den unterschiedlichen Blickwinkel wurden Übergangssituationen zwischen<br />

extremen Polen, wie zum Beispiel öffentlich und privat, Natur und Technik oder räum-<br />

liche Weite und Enge, beleuchtet. Für einige Arbeiten war der Kontext einer Situation sehr<br />

wichtig, um überhaupt einen Zwischenzustand aufbauen zu können. So mussten sich<br />

einige Studierende zunächst zwei Welten definieren, um herausfinden zu können, wie sie<br />

diese verbinden wollten.<br />

raumerleBnIs<br />

Es wurde sich intensiv mit extremen Übergangssituationen auseinandergesetzt. Bei dieser<br />

Bearbeitung ging es um eine räumliche Sequenz, die eine <strong>als</strong> besonders zu erlebende<br />

Zwischensituation in einem starken Kontext zum Inhalt hatte. Wenn es zum Beispiel um<br />

das Trennen und Verbinden von Öffentlichem und Privatem ging, standen oft die Blick-<br />

beziehungen im Vordergrund, die jeweils die Antizipation des nächsten Raumerlebnisses<br />

ermöglichten.<br />

technIK<br />

Bei einigen Arbeiten unterstützten technische Apparaturen den räumlichen Übergang.<br />

Das bedeutet, ein Mechanismus verstärkte das Raumerlebnis und machte den räumlichen<br />

Übergang erst wahrnehmbar. Der technische Apparat im Schwellenraum ist inhärenter<br />

Bestandteil des Erlebnisses. Auch bei dieser Herangehensweise spielte der Kontext eine<br />

große Rolle, indem gut vorstellbare Situationen generiert wurden.<br />

prInzIp<br />

Ein weiterer möglicher Schwerpunkt war es, die räumliche Erfahrung im Schwellenraum<br />

<strong>als</strong> ein Prinzip darzustellen. D.h., der Kontext nahm eine weniger wichtige Rolle ein, um<br />

eine eher abstrakte Ebene zu erlangen. Bei dieser Auseinandersetzung konnten Regeln,<br />

Strukturen und Potentiale des Schwellenraumes erkannt, dann analysiert und präsentiert<br />

werden.


108 nachWort<br />

unterstützung<br />

Das Seminar Schwellenräume 04 wurde in Kooperation mit der Firma <strong>Siedle</strong> aus Furtwan-<br />

gen entwickelt und von ihr sowohl inhaltlich <strong>als</strong> auch finanziell unterstützt. Für diese<br />

Unterstützung möchte ich mich herzlich bedanken. Der besondere Dank gilt Peter Strobel,<br />

Leiter der Unternehmenskommunikation, der diese Kooperation von Anfang an begleitet<br />

hat. Außerdem möchte ich mich bei Stephanie Eckerskorn von Meiré und Meiré bedanken,<br />

welche die Zusammenarbeit mit angeregt und begleitet hat. Für eine zweite Zwischen-<br />

kritik an der Bauhaus-Universität Weimar konnten Sandra Bartoli vom Büro für Konstrukti-<br />

vismus und Tina Wallbaum von at 11 – atelier for architecture eingeladen werden. Ich<br />

hoffe, dass sich deren Kritik und Anregungen in den Entwürfen finden lässt und möchte<br />

mich für ihren Besuch und Einsatz bedanken.<br />

gestaltung<br />

Weiterhin konnte ich Yoshiko Jentczak von der Fakultät Gestaltung der Bauhaus-Universität<br />

Weimar gewinnen, die maßgeblich für die Gestaltung dieser Broschüre verantwortlich ist.<br />

Till BoeTTger<br />

Bauhaus-Universität Weimar<br />

Fakultät Architektur<br />

Lehrstuhl Entwerfen und Raumgestaltung<br />

herauSgeBer: till Boettger<br />

TexTe<br />

thema & nachWort: till Boettger<br />

sieDle: Peter stroBel<br />

entWürfe: stuDierenDe, üBerarBeitung till Boettger<br />

analysen & entWurfsPläne: stuDierenDe<br />

FoToS<br />

entWurfsmoDelle: © toBias aDam<br />

s.9 & s.14 (jeWeils oBeres BilD): © DaviD von Becker<br />

s.13 (alle BilDer): fotoDesign nielsen, freiBurg, © sieDle<br />

restliche fotos: stuDierenDe<br />

geSTalTung & SaTz: yoshiko jentczak<br />

SchriFTen: museo, ashBy<br />

druck & Bindung: <strong>Buch</strong>- unD kunstDruckerei kessler<br />

Weimar; <strong>Buch</strong>BinDerei WeisPflug grossBreitenBach<br />

PrinteD in germany<br />

isBn: 978-3-86068-482-5<br />

auflage: 800<br />

unterstützung<br />

© 2012<br />

verlag@uni-Weimar.De<br />

fax: 03643/581156<br />

Verlag


Ä U m E<br />

analysen & entwürfe<br />

bauhaus-universität<br />

in kooperation<br />

mit s i e d le

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