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Tiergesundheit aktuell

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Die Weidezeit steht kurz bevor oder hat in<br />

einigen Regionen Deutschlands aufgrund des<br />

vergleichsweise milden Winters bereits<br />

begonnen. Mit der Weidezeit steigt das Risiko,<br />

dass die Rinder an der Blauzungenkrankheit<br />

erkranken, weil die Gnitzen, die Überträger<br />

des Virus, vorwiegend auf den Weiden zu finden<br />

sind. Von Rind zu Rind ist die<br />

Blauzungenkrankheit nicht übertragbar, es<br />

gehört immer ein Überträger wie die Gnitzen<br />

dazu. Auch eine mechanische Übertragung<br />

durch andere Arthropoden (Stechmücken,<br />

Zecken oder Schaflausfliegen) wird vermutet.<br />

Die Gnitzen vom Vorjahr sind aufgrund<br />

der mangelnden Kälte nicht verendet, und<br />

neue Gnitzen, die als Ei oder Larve den Winter<br />

überdauern, schlüpfen, sobald es wärmer<br />

wird. In diesem jungen Stadium sind die<br />

Insekten noch virusfrei, da aber der Erreger<br />

der Blauzungenkrankheit in infizierten<br />

Rindern über einhundert Tage nachweisbar<br />

ist, können die frisch geschlüpften Mücken<br />

schnell Viren in sich aufnehmen. Aber Panik<br />

ist unangebracht: Die Gnitze nimmt nicht mit<br />

jedem Stich das Virus von einem infizierten<br />

Rind auf, das Übertragungsrisiko von Rind<br />

auf Gnitze ist relativ gering. Geschätzt wird<br />

eine Übertragung auf 10.000 Stiche. Hat die<br />

Gnitze das krankmachende Virus dann doch<br />

aufgenommen, kommt es in den Speicheldrüsen<br />

der Gnitzen zur Virusvermehrung, die<br />

temperaturabhängig ist. Bei 30°C Umgebungstemperatur<br />

vermehrt sich das Virus<br />

schnell innerhalb von 4 Tagen, bei 25°C dauert<br />

es schon 6 bis 8 Tage, bis die maximale<br />

Konzentration erreicht ist. Unter 10°C stellt<br />

das Virus seine Vermehrung in der Gnitze ein.<br />

So infizierte Gnitzen tragen das Virus<br />

wahrscheinlich über ihre ganze Lebensdauer<br />

(10 bis 20 Tage) in sich. Nur die Gnitzen-<br />

Weibchen sind gefährlich, denn nur diese saugen<br />

Blut, die Männchen leben vegetarisch. Bei<br />

jedem Blutsaugakt an Wiederkäuern wird so<br />

das Virus im Prinzip bei jedem Stich weiter<br />

übertragen. Da die Infektion der Mücken eine<br />

gewisse Zeit in Anspruch nimmt, und das<br />

Virus für die Vermehrung auch einige Tage<br />

benötigt, kann eine einzelne Gnitze in ihrem<br />

kurzen Leben gar nicht so viele Rinder infizieren,<br />

glauben Experten. Trotzdem: Um zu verhindern,<br />

dass sich das Virus weiter ausbreitet,<br />

sind zur Zeit viele Tierhalter auf der Suche<br />

nach geeigneten Schutzmaßnahmen für ihre<br />

Rinder.<br />

Aufstallung oder Insektizide<br />

Die Gnitzen direkt zu bekämpfen ist wohl<br />

nicht möglich, daher sind vorbeugende<br />

Maßnahmen zu ergreifen. Eine Empfehlung<br />

zum Schutz der Rinder ist, die Tiere in den<br />

Abend- und Nachtstunden, wenn die Gnitzen<br />

besonders aktiv sind, wieder in den Stall zu<br />

holen. Im Stall sind zwar nicht so viele<br />

Gnitzen vorhanden, aber ein kompletter<br />

Schutz der Rinder vor der Blauzungenkrankheit<br />

wird so nicht erreicht. Außerdem<br />

ist diese Variante für viele Betriebe, die ihre<br />

Weiden nicht arrondiert um den Hof liegen<br />

haben, allein aus praktischen Gründen gar<br />

nicht oder nur mit einem erheblichen<br />

Mehraufwand umzusetzen.<br />

Als weitere Schutzmaßnahme stehen verschiedene<br />

Insektizide bzw. Repellentien, zur<br />

Verfügung, die durch die enthaltenen synthetischen<br />

Pyrethroide eine abschreckende<br />

Wirkung gegen bestimmte Insekten haben.<br />

Zusätzlich wirken sie bei entsprechend langer<br />

Foto: Engels<br />

Einwirkzeit als Kontakt- und Nervengift, was<br />

zum Tod der Insekten führt (Knock-down-<br />

Effekt). Normalerweise werden diese<br />

Produkte zum Schutz der Weidetiere gegen<br />

alle wirtschaftlich bedeutenden Weidefliegen<br />

verwendet. Das sind stechende Weidefliegen<br />

(z. B. Wadenstecher (Stomoxys calcitrans),<br />

kleine und große Weidestechfliege (Haemotobia<br />

irritans, Haemotobia stimulans) sowie<br />

nicht-stechende Weidefliegen (z. B. Gesichtsund<br />

Augenfliege (Musca autumnalis), Kopffliege<br />

(Hydrotaea irritans) sowie die große<br />

(Musca domestica) und kleine Stubenfliege<br />

(Fannia canicularis)). Die Bekämpfung der<br />

Gnitzen mit diesen Wirkstoffen gilt als<br />

schwierig, da die Wirkung auf Gnitzen nach<br />

derzeitigem Kenntnisstand nicht geprüft ist.<br />

Wegen des breiten Wirkspektrums wird aber<br />

bis auf weiteres von einer Wirkung ausgegangen,<br />

deswegen empfiehlt das Niedersächsische<br />

Landesamt für Verbraucherschutz<br />

und Lebensmittelsicherheit den Rinderhaltern,<br />

diese Produkte auch gegen Gnitzen<br />

zu verwenden.<br />

Gnitzen sind eine bestimmte, aber nicht neue Mückenart, der Fachbegriff lautet Culicoides. Mittlerweile wurden die Gnitzen, die hier in<br />

Deutschland das Virus in sich tragen, näher bestimmt. Es handelt sich um einheimische, an sich völlig ungefährliche Arten wie Culicoides<br />

dewulfi, Culicoides Obsoletus sowie Culicoides pulicaris. Bisher trat die Blauzungenkrankheit ausschließlich in wärmeren Regionen südlich<br />

der Alpen auf, der Überträger in diesen Gebieten ist Culicoides imicola. Diese Mückenart ist wärmeliebend und in Nordeuropa deshalb nicht<br />

heimisch. Die drei Mückenarten jedoch, die hier das Virus tragen, sind in Deutschland heimisch und damit perfekt an die kühlen Klimate<br />

angepasst. Der nachgewiesene Serotyp 8 (es gibt 24 Serotypen) trat bisher noch nie in Europa auf und wurde letztmalig südlich der Sahara<br />

festgestellt. Dadurch, und weil nicht die Gnitzen aus Südeuropa plötzlich hier heimisch sind, sondern bereits einheimische Gnitzen das Virus in<br />

sich tragen, liegt der Verdacht nahe, dass das Blauzungenvirus über ein infiziertes Zootier oder infizierte Gnitzen mit dem Flugzeug eingeschleppt<br />

wurde und einheimische Gnitzen sich beim Blutsaugen infiziert haben. Gnitzen haben eine geringen Aktionsradius von wenigen<br />

hundert Metern, der Wind kann sie aber auch schon mal über viele Kilometer verbreiten. Die Insekten legen ihre Eier im Gegensatz zu Mücken<br />

nicht im Wasser ab, sondern z. B. in Schlamm, Schwimmdecken der Gülle, Moor oder Silageresten.

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