leseprobe - Hase und Igel Verlag
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auchte. Ausnahmsweise bestand er deshalb auch nicht<br />
auf einer Anzahlung.<br />
„Es darf nicht schief gehen!“, wiederholte Stefan. „Ich<br />
brauche in Deutsch jede gute Note, sonst kann ich die<br />
Versetzung vergessen.“<br />
„Warum sollte es schief gehen? Ich habe noch allen<br />
meinen K<strong>und</strong>en gute Noten verschafft“, meinte Julius<br />
hochmütig.<br />
„Na ja, es könnte ja sein“, stotterte Stefan ein wenig<br />
hilflos, „weil ich kein … großer Fan von dir bin.“<br />
„Ich hab einen Laden <strong>und</strong> keinen Fanclub“, sagte Julius<br />
<strong>und</strong> ließ Stefan einfach stehen. Jeder Euro brachte ihn<br />
näher an sein Traumbrett heran, egal, von wem er kam.<br />
Normalerweise fiel es Julius nicht schwer, mehrere Versionen<br />
von ein <strong>und</strong> demselben Thema zu schreiben. Er<br />
hatte inzwischen Übung darin. Aber an diesem Abend<br />
konnte er kaum die Augen offen halten. Er hatte seinen<br />
eigenen Text im Computer gespeichert <strong>und</strong> änderte jetzt<br />
nur ein paar Wörter <strong>und</strong> stellte einige Sätze um, schrieb<br />
jeweils eine neue Überschrift <strong>und</strong> druckte dann einen<br />
Text für Stefan <strong>und</strong> einen für Pit aus.<br />
,Bei 25 Aufsätzen wird Frau Bungert das schon nicht<br />
merken‘, dachte Julius. Zufrieden schaltete er seinen<br />
Computer aus <strong>und</strong> fiel in sein Bett.<br />
Am nächsten Morgen überreichte er Pit <strong>und</strong> Stefan die<br />
fertigen Aufsätze, die sie jetzt nur noch in ihrer eigenen<br />
Handschrift abschreiben mussten.<br />
Zwei Tage später sammelte Frau Bungert die Hefte ein.<br />
Julius gab genau acht, dass die drei Hefte nicht direkt<br />
hintereinander abgegeben wurden, <strong>und</strong> atmete dann erleichtert<br />
auf.<br />
Aber bereits am übernächsten Tag rief Frau Bungert<br />
Stefan, Pit <strong>und</strong> Julius in der Pause zu sich. Schon von<br />
Weitem sahen sie, dass ihre Klassenlehrerin nicht gut gelaunt<br />
war.<br />
Als sie die Tür zum Sprechzimmer öffnete, wurde allen<br />
dreien leicht übel, denn in diesem Raum fanden erfahrungsgemäß<br />
Gespräche statt, die oft sehr unangenehme<br />
Folgen hatten.<br />
„Die hat was gemerkt!“, zischte Stefan Julius zu. „Wenn<br />
das schief geht, kannst du was erleben!“<br />
„Glaub ich nicht! Was soll denn schief gehen?“ Das<br />
klang sicherer, als Julius sich wirklich fühlte. Bislang hatte<br />
noch kein Lehrer etwas gemerkt. Es würde schon auch<br />
dieses Mal gut gehen.<br />
„Für wie dumm haltet ihr mich eigentlich?“ Frau Bungert<br />
schwenkte verärgert die drei Hefte in der Luft. Niemand<br />
sagte etwas.<br />
„Ich habe gestern Abend eure Aufsätze korrigiert! Hat<br />
mir jemand dazu was zu sagen?“<br />
Schweigen.<br />
„Schweigen ist auch eine Antwort! Ich brauche ja nicht<br />
erst zu fragen, von wem ihr abgeschrieben habt. Julius,<br />
wenn du den anderen hilfst, ist das in Ordnung. Das<br />
finde ich sogar gut. Aber wenn du sie abschreiben lässt,<br />
lernen sie selber nichts <strong>und</strong> das ist nicht in Ordnung.“<br />
Frau Bungert ging selbstverständlich davon aus, dass Julius<br />
das Original geschrieben hatte.<br />
„Ich … ich hab sie nicht abschreiben lassen“, stotterte<br />
Julius.<br />
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