leseprobe - Hase und Igel Verlag
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„Julius wird zu Hause einen Aufsatz schreiben zum<br />
Thema: Wie ich meinen Klassenkameraden wirklich helfen<br />
kann. Pit <strong>und</strong> Stefan, ihr meldet euch nach der sechsten<br />
St<strong>und</strong>e im Lehrerzimmer. Eure Notizen dürft ihr<br />
mitbringen.“<br />
Pit kochte vor Wut. Wenn nicht so viele Schüler <strong>und</strong><br />
Lehrer in den Gängen unterwegs gewesen wären, hätte er<br />
Julius sicher sofort verprügelt. Stefan war erstaunlich ruhig,<br />
was Julius noch mehr beunruhigte als die Beschimpfungen<br />
von Pit. Stefan ging mit gesenktem Kopf neben<br />
ihnen her <strong>und</strong> sagte kein Wort.<br />
„Hey, was ist los mit dir?“ Pit stieß seinen Fre<strong>und</strong> an.<br />
„Warum sagst du nichts?“<br />
„Wenn ich in diesem Aufsatz keine Drei schreibe, kriege<br />
ich eine Fünf in Deutsch <strong>und</strong> in Mathe stehe ich auch<br />
auf der Kippe. Mein Vater … wenn ich sitzen bleibe …“,<br />
sagte Stefan leise. Er war ganz blass. „Und ich hab keine<br />
Ahnung von Einstein. Wir sollen unsere Notizen mitbringen?<br />
Welche denn? Ich hab mir nie welche gemacht.“<br />
„Nun mach dir mal nicht in die Hose. Seit wann machst<br />
du dir Sorgen?“, lachte Pit höhnisch. „Du mit deiner<br />
großen Gärtnerei. Dann bleibst du eben sitzen. Die Ausbildung<br />
haste doch sicher! Was soll ich denn sagen? Ich<br />
hab keine Ahnung <strong>und</strong> keinen reichen Vater.“<br />
„Halt die Klappe!“, schrie Stefan auf einmal <strong>und</strong> boxte<br />
Pit mit der Faust ins Gesicht. „Du hast ja keine Ahnung!<br />
Mein Vater ist pleite. So sieht’s aus. Nix mit Ausbildung!“<br />
Dann rannte er den Gang herunter <strong>und</strong> verschwand auf<br />
dem Schulhof.<br />
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14<br />
Pit war so verblüfft, dass er für einen Moment seinen<br />
Zorn auf Julius vergaß. Er rieb sich seine Backe <strong>und</strong> murmelte<br />
nur: „Der spinnt ja, der Typ. Was kann ich denn<br />
dafür, dass sein Vater kein Geld mehr hat? Soll er doch<br />
selber Geld verdienen. Wenigstens kann er jetzt nicht<br />
mehr Mister Großkotz spielen.“<br />
„Es tut mir leid mit den Aufsätzen. Ich wollte euch<br />
nicht reinreißen“, versuchte Julius zu erklären.<br />
„Hast du aber! Dein Mitleid kannst du dir sonst wo<br />
hinstecken. Und mein Geld will ich sofort zurückhaben!“,<br />
schrie Pit ihn wütend an <strong>und</strong> streckte die Hand aus.<br />
Hastig wühlte Julius in seinen Hosentaschen. „Hier<br />
sind acht Euro. Den Rest kriegst du gleich in der Klasse.“<br />
Pit riss ihm das Geld aus der Hand.<br />
„Du … du kannst meine Stichworte haben. Für den<br />
neuen Aufsatz“, bot Julius an. „Du musst sie nur noch<br />
abschreiben, damit Frau Bungert denkt, es sind deine.<br />
Das schaffst du bis zur sechsten St<strong>und</strong>e.“<br />
„Glaubst du, ich nehm noch was von dir? Damit du<br />
mich wieder reinlegen kannst?“, schrie Pit. Ehe Julius<br />
sich ducken konnte, hatte er ihn mitten ins Gesicht geschlagen.<br />
Julius’ Nase blutete. Er lief auf die Toilette, um sich das<br />
Blut abzuwaschen. Er ließ sich viel Zeit <strong>und</strong> auch als es<br />
klingelte, kühlte er weiter seine Nase. Dann öffnete er<br />
vorsichtig die Tür <strong>und</strong> schaute hinaus. Nur leere Gänge.<br />
Kein Schüler <strong>und</strong> kein Lehrer zu sehen. Die dritte St<strong>und</strong>e<br />
hatte begonnen.