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er einige wohl unbedeutende Posten in<br />
Nordfrankreich; aber nur wenige Jahre nach<br />
dem Jahrhundertwechsel wurde er zum obersten<br />
Musiker am königlichen Hof, Kapellmeister<br />
der Königin Anne de Bretagne, von König<br />
Ludwig XII. und, nach dessen Tod, von König<br />
Franz I. Seine Arbeit wurde derweil in ganz<br />
Westeuropa bekannt und zu einem Vorbild<br />
für eine ganze Generation von Komponisten.<br />
Leos Bewunderung für Mouton überwand<br />
eindeutig politische Grenzen: Exalta regina<br />
Gallie, eine Motette, mit der der Komponist<br />
den französischen Sieg bei Marignano feierte,<br />
ist einzig im Codex Medici erhalten.<br />
Mouton beherrschte eine Reihe von verschiedenen<br />
Stilen. In Nesciens mater zeigt<br />
sich seine Virtuosität besonders unauffällig:<br />
Das Wunder der jungfräulichen Geburt wird<br />
in einem achtstimmigen Kanon in der Quinte<br />
ausgedrückt – die letzten vier Stimmen werden<br />
von den ersten vier Stimmen erzeugt.<br />
Die Musik will nicht blenden, sondern sie<br />
webt einen schimmernden Klangteppich,<br />
bezwingend in seiner harmonischen<br />
Bewegung und am Schluss geerdet durch<br />
die wiederholten Worte ‚Sola virgo lactabat,<br />
ubere de celo pleno’. Wiederholte Sätze verankern<br />
auch den Schluss der ansonsten sehr<br />
andersartigen fünfstimmigen Ostermotette<br />
Per lignum salvi: Obwohl die Musik um einen<br />
dichten Kanon der zwei Mittelstimmen<br />
gebaut ist, ist die Melodik stilistisch freier, fast<br />
schon rhapsodisch, bis sie die Schlüsselworte<br />
‚filius Dei redemit nos’ erreicht.<br />
Und schließlich zeigt Exalta regina Gallie<br />
am deutlichsten die Seite von Moutons<br />
Schaffen, die ihn so einflussreich machte:<br />
Nach einem energischen homophonen<br />
Beginn besteht die Musik hauptsächlich aus<br />
ausgedehnten Echo-Duos, normalerweise<br />
imitiert, manchmal überschnitten oder um<br />
eine Begleitstimme ergänzt. Sie bilden den<br />
Grundstock seines vierstimmigen Stils. Und<br />
wieder bringt ein wiederholter Satz die Musik<br />
zu ihrem Ende. Gleichgewicht, Grazie und<br />
melodische Eleganz charakterisieren sämtliche<br />
Werke von Mouton – kein Wunder, dass<br />
Leo, ein großer Bewunderer Raffaels, so viel<br />
von Mouton hielt.<br />
Unter Leos Pontifikat hatte sich Josquin<br />
Desprez, der damals wie heute als größter<br />
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