09.10.2012 Aufrufe

Franz Josef Degenhardt

Franz Josef Degenhardt

Franz Josef Degenhardt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

C M<br />

Y B<br />

HEAD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 24 PAGE 1<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

06007 5340001 2<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

Die Liedermacher<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

Die Liedermacher <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

PAGE 2 PAGE 3<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

01. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern 5:01<br />

p 1965 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

02.Väterchen <strong>Franz</strong> 6:40<br />

p 1966 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

03. So sind hier die Leute 4:22<br />

p 1968 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

04. Rumpelstilzchen 4:10<br />

p 1963 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

05. Deutscher Sonntag 6:05<br />

p 1965 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

06. Tonio Schiavo 3:40<br />

p 1966 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

07. Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen 4:37<br />

p 1973 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

08. Ballade vom verlorenen Sohn 6:43<br />

p 1977 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

09. Portugal 4:01<br />

p 1974 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

10. Rondo Pastorale 4:40<br />

p 1977 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

11. Sacco und Vanzetti 3:12<br />

p 1972 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

12. Drumherumgerede 6:30<br />

p 1980 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

13. Ich ging im letzten Mai 4:40<br />

p 2000 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

14. Die Ernte droht 3:21<br />

p 2008 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

BONUS:<br />

15. Tango du Midi – Live 6:56<br />

p 1989 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

16. Für Mikis Theodorakis – Live 4:34<br />

p 1968 Koch/Universal Music - a division of Universal Music GmbH<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

HEAD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 4 PAGE 5<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

Künstler, Intellektueller, Revolutionär<br />

von Ingar Solty<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong> wurde 1931 in Schwelm im südöstlichen Teil des Ruhrgebiets geboren<br />

und wuchs in kleinbürgerlich-katholischen Verhältnissen auf. <strong>Degenhardt</strong>s Frühwerk ist<br />

gekennzeichnet durch die intellektuelle Auseinandersetzung und künstlerische Denunziation<br />

dieses als einengend und lebensfeindlich erlebten Milieus. Dabei spielte für <strong>Degenhardt</strong>, der<br />

antifaschistisch erzogen worden und zudem zu jung für die fanatisierte Volkssturmgeneration<br />

gewesen war, insbesondere das Unbehagen angesichts der postfaschistischen<br />

Elitenkontinuität in der BRD eine bedeutende sozialisatorische Rolle. Das kulturelle<br />

Unbehagen angesichts der restaurativen Tendenzen in der Adenauer-Republik und der<br />

Versuch, sich von den spezifischen „gesellschaftlichen Zwängen“ in seiner Klasse zu befreien,<br />

spiegelte sich zunächst in <strong>Degenhardt</strong>s Orientierung an der Jugendbewegung wieder, die im<br />

ausgehenden 19. und bis in die 1950er Jahre in etwa dieselbe (Aussteiger-)Funktion spielte,<br />

wie sie später von Popsubkulturen wie den Hippies oder dem Punk erfüllt worden ist.<br />

Das Zentrum der Jugendbewegten waren in den frühen 1960er Jahren die Chanson-Folklore-<br />

Festivals auf der Burg Waldeck, wo sich Jugendbewegte um Peter Rohland, die Gebrüder Hein<br />

und Oss Kröher und Arno Klönne nicht nur mit der partiellen Vereinnahmung ihrer bündischen<br />

Bewegung durch den Faschismus auseinandersetzten, sondern auch darum bemühten, durch<br />

den Faschismus verschüttete Liedtraditionen (demokratisches und Arbeiterlied,<br />

Internationales etc.) wiederzubeleben.<br />

<strong>Degenhardt</strong>s Rolle auf der Waldeck war ambivalent: Aufgrund seiner literarischen und<br />

musikalischen Qualitäten war der promovierte Rechtswissenschaftler von der Universität<br />

Saarbrücken einerseits hoch angesehen, zumal er durch seinen Erfolg mit „Spiel nicht mit den<br />

Schmuddelkindern“ von 1965 bereits ein Star war, der die Aufmerksamkeit des bürgerlichen<br />

Feuilletons auf das Festival und damit die anderen Liedermacher zog, deren Karrieren hier<br />

begannen: Walter Mossmann, Hannes Wader, Reinhard Mey, Katja Ebstein, Insterburg und Co.<br />

u.v.a. Andererseits traf der bis hierhin im engeren Sinne unpolitische <strong>Degenhardt</strong> auf ein<br />

Umfeld, das ihn stark beeinflussen sollte. Denn auf der Waldeck versammelten sich eine Reihe<br />

von politischen Künstlern, die aus der linken Anti-Atomtod-Bewegung hervorgegangen waren,<br />

und die wie Dieter Süverkrüp, Hannes Stütz, Wolfgang Neuss und später Wolf Biermann und<br />

Rudi Dutschke <strong>Degenhardt</strong>s politisch-ästhetische Vision maßgeblich beeinflussen sollten.<br />

Mit ihrer Hilfe und unter dem Eindruck der zeitgleich entstehenden außerparlamentarischen<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

Opposition ab 1966, die mit einer Wiederaneignung des Marxismus einherging, beging<br />

<strong>Degenhardt</strong> in seinem eigenen Verständnis einen „Klassenverrat“, der sich auch in seiner<br />

Kunst niederschlug. An die Stelle der bis dato gepflegten individualistisch-subjektivistischen<br />

Melancholie, die <strong>Degenhardt</strong> nun als einen kulturellen Ausdruck der gesellschaftlichen<br />

Ohnmacht seiner eigenen kleinbürgerlichen Herkunftsklasse begriff, trat nun – im Zuge der<br />

Verknüpfung seiner Befreiungssehnsüchte mit der sozialistischen Arbeiterbewegung – eine<br />

betont politisch-kämpferische Haltung. Dies ging mitunter so weit, dass <strong>Degenhardt</strong> einige<br />

seiner alten Lieder umschrieb: Die Unterdrückten nur als Opfer äußerer Kräfte und Strukturen<br />

darzustellen, wie in seinem Lied über den italienischen Einwanderer „Tonio Schiavo“ (1966),<br />

erschien ihm nun als linksbürgerlich und unmarxistisch. Mit der Hinzunahme einer neuen<br />

Strophe wollte <strong>Degenhardt</strong> signalisieren, dass die Menschen Subjekte ihrer eigenen<br />

Geschichte sind, sich also selbst befreien können. Und während sich <strong>Degenhardt</strong> in einer<br />

kurzen Phase revolutionären Eifers, in denen er seinen Texten eine Brechtsche<br />

„Nutzanwendung“ geben wollte, den von ihm selbst reflektierten und persiflierten Vorwurf<br />

einhandelte, aus seiner Kunst sei „Tendenzliteratur“ oder gar Agitprop ohne „Zwischentöne“<br />

geworden, so behielt <strong>Degenhardt</strong> diese Überzeugung bei, als er nach 1969/70 – auf neuer<br />

Stufe – schon längst wieder zu seinen Zwischentönen zurückgekehrt war.<br />

Als Teil seiner politisch-eingreifenden Lieder entstanden nun u.a. lehrstückartige Porträts von<br />

in konkreten historischen Umfeldern handelnden Revolutionären wie Rudi Schulte (1971),<br />

Natascha Speckenbach (1972) oder Joß Fritz (1973), denen eine Tendenz zum Epischen<br />

innewohnte, weshalb <strong>Degenhardt</strong> sich 1973 mit der teilautobiografischen Erzählung<br />

„Zündschnüre“, der bis 1999 noch sechs literarisch hochwertige Romane und ein Kinderbuch<br />

folgen sollten, auch erfolgreich als Schriftsteller etablierte.<br />

Politisch vertrat <strong>Degenhardt</strong> seit den späten 1960ern eine Strategie eines großen Bündnisses<br />

aller Lohnabhängigen und ihrer Verbündeten und stützte sich dabei auf die Drei-Säulen-<br />

Theorie, der zufolge die Perspektive des Sozialismus in der BRD abhänge von der Stärke der<br />

Arbeiterbewegung im Westen, der nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und<br />

der Existenz des realsozialistischen Lagers einschließlich der DDR, das als sogenannter<br />

dritter Tarifverhandlungspartner Einfluss nähme auf die Durchsetzungsfähigkeit der<br />

organisierten Lohnabhängigen im westlichen Kapitalismus. Für <strong>Degenhardt</strong>, der seit 1961<br />

Mitglied der SPD war, bedeutete dies auch eine Zusammenarbeit mit der 1968 in der Tradition<br />

der KPD gegründeten und sich als Arbeiterpartei begreifenden DKP. Unter den Bedingungen<br />

des Kalten Krieges und einer regierenden SPD war dies jedoch riskant, weshalb <strong>Degenhardt</strong><br />

HEAD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 6 PAGE 7<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

1971 in einem aufsehenerregenden Parteiverfahren aus der SPD ausgeschlossen wurde.<br />

<strong>Degenhardt</strong>, der wenigstens bis zu seiner offenen Parteinahme für die APO 1967/68 im<br />

Feuilleton als „Deutschlands Chansonnier Nr. 1“ euphorisch gefeiert worden war, wurde nun<br />

zur Persona non grata. Im Rundfunk und der bürgerlichen Presse wurden seine Lieder und<br />

Romane ab jetzt boykottiert, weshalb <strong>Degenhardt</strong> – anders als in Frankreich sein Alter Ego<br />

Georges Brassens – im öffentlichen Leben der BRD nicht mehr stattfand, schon gar nicht, als er<br />

1978 der DKP beitrat.<br />

Nichtsdestotrotz behielt <strong>Degenhardt</strong>, dessen literarische Begabung und bemerkenswerte<br />

Intellektualität niemand bestreiten konnte, seinen großen Anhängerstamm aufrecht, und durch<br />

seine kulturpolitische Bedeutung für die radikale Linke gewann er, dessen Publikum zunächst<br />

rein akademisch-intellektuell geprägt gewesen war, zunehmend auch Anhänger unter<br />

linksorientierten Arbeitern. Seinen Grundüberzeugungen blieb <strong>Degenhardt</strong>, auch wenn die –<br />

von ihm als bürgerliche Konterrevolution verstandenen – Ereignisse von 1989/91 in seinem<br />

ästhetischen Werk tiefe Spuren hinterlassen haben und u.a. zur Rückkehr der melancholischen<br />

Töne aus seinem Frühwerk führte, bis zum Schluss treu. Mit seinem Werk hat <strong>Degenhardt</strong><br />

darum – im Gewand der Ästhetik – eine einzigartige Chronik der an der Arbeiterbewegung<br />

orientierten radikalen Linken und ihrer Sicht auf die deutsche und Weltgeschichte der letzten<br />

rund 50 Jahre hinterlassen.<br />

Die Frage, ob <strong>Degenhardt</strong>s Werk dadurch bloß historisch-dokumentarischen Wert hat, kann<br />

nicht beantwortet werden. Seine Stellung als revolutionärer Dichter wird wie bei allen<br />

Revolutionären in der Literatur vom Standpunkt und von den geschichtlichen Konstellationen<br />

abhängen. Revolutionäre in der Kunst, die wie <strong>Degenhardt</strong> davon ausgehen, dass der<br />

Kapitalismus nicht das letzte Wort der Geschichte sein wird, werden sich von seinem Werk<br />

genauso magisch angezogen fühlen wie <strong>Degenhardt</strong> sich selbst zu Heine, Tucholsky,<br />

Majakowski, Brecht, Peter Weiss u.a. hingezogen fühlte. Andere, die diese Auffassung aus<br />

Interesse oder geschichtspessimistischer Überzeugung nicht teilen, werden ihn als<br />

„Tendenzliteratur“ zu verdammen suchen. Eines scheint jedoch sicher: Solange jene Dinge,<br />

die <strong>Degenhardt</strong> sein Leben lang mit den Mitteln der Kunst bekämpfte – Ausbeutung,<br />

Unterdrückung und Entfremdung – fortbestehen, solange wird auch der Streit um die<br />

literarische Bedeutung und die Kanonisierung des belletristischen und musikalischen Werkes<br />

<strong>Degenhardt</strong>s andauern. Und dieser Streit hat mit seinem Tod am 14. November 2011 inmitten<br />

der größten Krise des Kapitalismus seit den 1930er Jahren erst begonnen.<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

SPIEL NICHT MIT DEN<br />

SCHMUDDELKINDERN<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1963 Masterphon Musikverlag GmbH, Bergisch Gladbach<br />

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,<br />

sing nicht ihre Lieder.<br />

Geh doch in die Oberstadt,<br />

mach’s wie deine Brüder!<br />

So sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor.<br />

Er schlich aber immer wieder durch das Gartentor<br />

und in die Kaninchenställe,<br />

wo sie Sechsundsechzig spielten<br />

um Tabak und Rattenfälle,<br />

Mädchen unter Röcke schielten,<br />

wo auf alten Bretterkisten<br />

Katzen in der Sonne dösten,<br />

wo man, wenn der Regen rauschte,<br />

Engelbert, dem Blöden, lauschte,<br />

der auf einen Haarkamm biss,<br />

Rattenfängerlieder blies.<br />

Abends am Familientisch, nach dem Gebet zum Mahl,<br />

hieß es dann: Du riechst schon wieder nach Kaninchenstall.<br />

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,<br />

sing nicht ihre Lieder.<br />

Geh doch in die Oberstadt,<br />

mach’s wie deine Brüder!<br />

Sie trieben ihn in eine Schule in der Oberstadt,<br />

kämmten ihm die Haare und die krause Sprache glatt.<br />

Lernte Rumpf und Wörter beugen.<br />

Und statt Rattenfängerweisen<br />

musste er das Largo geigen<br />

und vor dürren Tantengreisen<br />

unter roten Rattenwimpern<br />

par coeur Kinderszenen klimpern<br />

und, verklemmt in Viererreihen,<br />

Knochen morsch und morscher schreien,<br />

zwischen Fahnen aufgestellt,<br />

brüllen, dass man Freundschaft hält.<br />

Schlich er abends zum Kaninchenstall davon,<br />

hockten da die Schmuddelkinder, sangen voller Hohn:<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 8 PAGE 9<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,<br />

sing nicht ihre Lieder.<br />

Geh doch in die Oberstadt,<br />

mach’s wie deine Brüder!<br />

Aus Rache ist er reich geworden. In der Oberstadt<br />

hat er sich ein Haus gebaut, nahm jeden Tag ein Bad.<br />

Roch wie bessre Leute riechen,<br />

lachte fett, wenn alle Ratten<br />

ängstlich in die Gullis wichen,<br />

weil sie ihn gerochen hatten.<br />

Und Kaninchenställe riss er<br />

ab. An ihre Stelle ließ er<br />

Gärten für die Kinder bauen.<br />

Liebte hochgestellte Frauen,<br />

schnelle Wagen und Musik,<br />

blond und laut und honigdick.<br />

Kam sein Sohn, der Nägelbeißer,<br />

abends spät zum Mahl,<br />

roch er an ihm, schlug ihn, schrie:<br />

Stinkst nach Kaninchenstall.<br />

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,<br />

sing nicht ihre Lieder.<br />

Geh doch in die Oberstadt,<br />

mach’s wie deine Brüder!<br />

Und eines Tages hat er eine Kurve glatt verfehlt.<br />

Man hat ihn aus einem Ei von Schrott herausgepellt.<br />

Als er später durch die Straßen<br />

hinkte, sah man ihn an Tagen<br />

auf nem Haarkamm Lieder blasen,<br />

Rattenfell am Kragen tragen.<br />

Hinkte hüpfend hinter Kindern,<br />

wollte sie am Schulgang hindern<br />

und schlich um Kaninchenställe.<br />

Eines Tags in aller Helle<br />

hat er dann ein Kind betört<br />

und in einen Stall gezerrt.<br />

Seine Leiche fand man,<br />

die im Rattenteich rumschwamm.<br />

Drum herum die Schmuddelkinder<br />

bliesen auf dem Kamm:<br />

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,<br />

sing nicht ihre Lieder.<br />

Geh doch in die Oberstadt,<br />

mach’s wie deine Brüder!<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

VÄTERCHEN FRANZ<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1967 by Masterphon Musikverlag GmbH, Bergisch Gladbach<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> hebt an:<br />

Seht ihr drüben, Mitbewohner, das Hygieneinstitut,<br />

da, wo heut die weißen Riesen die Gehirne waschen?<br />

– Gut, genau bis dorthin reichte damals unsre Vaterstadt,<br />

und da lebten die im Aussatz, die man nicht ertragen hat:<br />

Der SS-Offizier, der nachts nicht schlief, sondern schrie,<br />

und der Zoodirektor, abgehalftert wegen Sodomie,<br />

der schwule Kommunist mit TBC und ohne Pass<br />

und der abgefallne Priester, der noch schwarze Messen las,<br />

das Hasenschartenkind, das biss, wenn’s bitte sagen sollt,<br />

und der Schreiner, der partout so wie Jesus leben wollt.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> fährt fort:<br />

Viele Jahre lebten sie dort<br />

zwischen Trümmern, Schrott und Müll,<br />

aßen Krähen, tranken Wermut,<br />

rauchten Pfefferminz mit Dill.<br />

Ihre Haare waren lang und ihre Bärte kraus und dick<br />

und sie stanken wie die Füchse, jeder hatte seinen Tick:<br />

Der SS-Offizier, der suchte Massengräber und<br />

stach überall mit einer Eisenstange in den Grund.<br />

Der Zoodirektor schuf aus Pappe, Polsterzeug und Draht<br />

ein riesengroßes Tier, das seufzen konnte,wenn man’s trat.<br />

Der Kommunist, der malte rote Sonnen,prophezeite schon<br />

für das nächste Wochenende die Weltrevolution.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> fährt fort:<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

Und der Priester psalmodierte monoton von früh bis spät<br />

ein aus Kurs-, Konzils- und Kriegsbericht<br />

bestehendes Gebet.<br />

Und der Schreiner, der vermehrte<br />

meist den Wermutwein-Vorrat<br />

und das Kind baute den Ratten eine richtige Rattenstadt.<br />

Und so hätten sie gelebt, vielleicht bis heute irgendwann,<br />

doch es fing dann diese peinliche Geschichte plötzlich an:<br />

Töchter und die Söhne aus den allerbesten Familien<br />

zogen, zunächst heimlich, später offen nach dorthin,<br />

sangen rohe Lieder, tranken,<br />

liebten sich die kreuz und quer,<br />

und sie ließen ihre Haare wachsen,<br />

wuschen sich nicht mehr.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> fährt fort:<br />

Viele schlugen sogar mit den Fäusten ihre Erbschaft aus,<br />

schütteten die Mitgift in das Fass voll Saus und Braus.<br />

Sie verbannten - dazu tanzend - gar den Abendlandaltar<br />

und verleugneten ganz öffentlich die rote Gefahr.<br />

Das ging nun freilich weiter als ein Highlife-Schabernack.<br />

Voll Angst verschloss man alle Tempeltüren, auch am Tag.<br />

Doch im Hirtenbrief erklärte unser Zeitungszar zuletzt<br />

das saubere Empfinden unsrer Stadt als grob verletzt,<br />

sprach dem Senat das Misstraun aus, befahl in barschem<br />

Ton dem fetten Polizeichef eine Säuberungsaktion.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> fährt fort:<br />

Es war an einem Montag, als die Säuberung begann.<br />

Zwanzig Bagger robbten sich zum Aussatzrevier ran.<br />

Das Hasenschartenkind, das mit den Ratten spielte, das<br />

bemerkte sie als erstes, brüllte, hüpfte in ein Fass.<br />

Der SS-Offizier, der grade bohrte, hört’ es schrei’n,<br />

gab Alarm, legte die Stange so wie eine Lanze ein,<br />

galoppierte auf die Bagger zu, sang das Horst-Wessel-Lied,<br />

der Baukolonnenführer riss die Hand hoch und sang mit.<br />

Die Baggerrachen – tief am Boden – fauchten, und in ein’<br />

preschte, blind vor Glück und Wut, der SS-Ritter hinein.<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

he,Väterchen <strong>Franz</strong>, sag du, wie es ist.<br />

He,Väterchen <strong>Franz</strong>, he,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> fährt fort:<br />

Es formierten sich die Bagger dann zu einem offnen Kreis,<br />

rollten vor zu jenem Panzerlied. Der Tag war glühend heiß.<br />

Mit riesengroßen Seufzern fiel das riesengroße Tier<br />

ineinander. Ein paar Eisenraupen knirschten drüber her.<br />

Dann zunächst fing man mit Netzen alle Bürgerkinder ein,<br />

warf den zappeligen Fang in große Waschtröge hinein.<br />

Nur die Aussätzigen ließ man, und die rannten hin und her.<br />

Doch der Kreis wurd enger, schloss sich, und dann sah man<br />

sie nicht mehr. Schließlich spritzte man noch Napalm.<br />

Wollt ihr wissen, was geschah,<br />

wie das Hasenschartenkind zum Beispiel hinterher aussah?<br />

Nee,Väterchen <strong>Franz</strong>, versoffner Chronist,<br />

nee,Väterchen <strong>Franz</strong>, sei’s wie es ist.<br />

Nein,Väterchen <strong>Franz</strong>, nein,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

hör auf mit der Geschichte, Kunst ist doch Genuss.<br />

Nun gut,Väterchen <strong>Franz</strong> macht Schluss.<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 10 PAGE 11<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

SO SIND HIER DIE LEUTE<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

He, Fremder mit dem Hinkefuß,<br />

ich bin der Wirt. Kommt, tretet ein.<br />

Ich sah, wie Ihr die Kurve nahmt,<br />

Ihr rutschtet in den Graben rein.<br />

Ein hübscher Wagen, schnell und rot,<br />

wir zieh’n ihn morgen früh heraus.<br />

Trinkt einen Schnaps, vielleicht auch zwei.<br />

Ich rat Euch, bleibt in meinem Haus.<br />

Die sind voll Misstraun hier, die Leut,<br />

und haben Hunde scharf gemacht,<br />

die spüren jeden Fremden auf,<br />

und dies ist eine helle Nacht.<br />

Ihr sagt:Wir leben doch heute!<br />

Ja, gewiss – aber so sind hier die Leute.<br />

Die Leute sind verbittert, weil<br />

die Ernte fault und auch das Geld.<br />

Sie suchen den, der schuldig ist<br />

an all dem Unglück in der Welt.<br />

August der Schäfer hat den Mann<br />

im Traum geseh’n. Und in der Tat,<br />

derselbe ist’s, der Papst Johann<br />

und Kennedy ermordet hat.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

Und der hat einen Hinkefuß<br />

wie Ihr und rotes Haar wie Ihr,<br />

fährt einen Wagen, schnell und rot,<br />

trägt einen Kinnbart so wie Ihr.<br />

Ihr sagt:Wir leben doch heute!<br />

Ja, gewiss – aber so sind hier die Leute.<br />

Hört! Ihre Hunde haben die Spur.<br />

Sie kommen.Werft den Mantel um.<br />

Warum ist Euer Wagen auch<br />

so rot? Das spricht sich schnell herum.<br />

Sie haben ihre Forken mit,<br />

der Schulze führt den Haufen an.<br />

Der Mond ist voll. Das ist die Zeit,<br />

wo keiner nachts hier schlafen kann.<br />

Geht raus! Die Flucht hat keinen Zweck,<br />

denkt nur an Euren Hinkefuß.<br />

Und ihre Hunde sind sehr schnell.<br />

Nein, Ihr erreicht nicht mehr den Fluss.<br />

Ihr sagt:Wir leben doch heute!<br />

Ja, gewiss – aber so sind hier die Leute.<br />

Sie haben ihn noch eingeholt,<br />

die Uferböschung war zu hoch,<br />

zu hoch für seinen Hinkefuß,<br />

zu weit – zu hoch. Ich sagt es doch.<br />

An einem Telegrafenmast,<br />

da hängt schon morgen früh ein Mann.<br />

Er hängt an einem Hinkefuß,<br />

am andern hängt ein Zettel dran.<br />

Und wenn die Leute morgen früh<br />

zum Hochamt geh’n, dann lesen sie:<br />

Hier hängt der, der der Mörder war<br />

von Papst Johann und Kennedy.<br />

Ihr sagt:Wir leben doch heute!<br />

Ja, gewiss – aber so sind hier die Leute.<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

RUMPELSTILZCHEN<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1963 Masterphon Musikverlag GmbH, Bergisch Gladbach<br />

Wenn morgens schon die Schule brennt,<br />

wenn ein Pfarrer aus der Kirche rennt,<br />

ein Schutzmann in die Pfütze fällt,<br />

ein Hund durch ein Museum bellt,<br />

wenn der Friedhofswärter, der niemals trinkt,<br />

noch am offnen Grab an zu lachen fängt,<br />

wenn der Mond sich vor die Sonne schiebt<br />

ein Greis ein Mädchen von siebzehn liebt,<br />

da habe ich, mal kaum, mal viel, die Hand im Spiel.<br />

Ich bin mit jedem blutsverwandt,<br />

doch bleibt mein Name ungenannt.<br />

Es ist gut, dass niemand weiß,<br />

dass ich Rumpelstilzchen heiß.<br />

Hemba – hemba hé<br />

Hemba – hemba hé<br />

Soldaten, wenn sie vor der Schlacht<br />

heimlich rückwärts lauern und ganz sacht<br />

die Waffen von den Schultern zieh’n,<br />

nicht glauben, dass die Feinde flieh’n,<br />

wenn ein Richter vorm Automaten steht,<br />

einen Blechknopf zwischen Fingern dreht,<br />

seine Frau, schon ziemlich angegraut,<br />

verträumt nach Italienern schaut,<br />

die lachend um die Ecke geh’n und stark ausseh’n,<br />

da pfeif ich einen leisen Ton<br />

und flüstre: Na, nun macht doch schon.<br />

Es ist gut, dass niemand weiß,<br />

dass ich Rumpelstilzchen heiß.<br />

Hemba – hemba hé<br />

Hemba – hemba hé<br />

Ich bin es, der so oft bei Nacht<br />

unterm Bett liegt und so hämisch lacht,<br />

und der, der hinterm Spiegel steckt,<br />

der grinst, wenn man das Kinn vorreckt,<br />

der von jeder Geschichte den Schluss verrät,<br />

der beim dritten Mal wie ein Hahn aufkräht,<br />

der auch gnädge Fraun ans Kreischen bringt,<br />

wenn ein Wort fällt, das so glitschig klingt.<br />

Und der Spruch an der Toilettentür stammt auch von mir.<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

Ich beiß auf Glas und knirsche laut<br />

und so entsteht die Gänsehaut.<br />

Es ist gut, dass niemand weiß,<br />

dass ich Rumpelstilzchen heiß.<br />

Hemba – hemba hé<br />

Hemba – hemba hé<br />

Am Bahndamm, wo der Zug verkehrt,<br />

der von Schilda nach Schlaraffia fährt,<br />

wo Kinder ihre Höhlen bau’n,<br />

weil sie sich nicht nach Hause trau’n,<br />

wo der Rattenfänger von Hameln pfeift,<br />

wo der Ziegenjunker der Scheren schleift,<br />

wo der Wind durch tote Autos fegt,<br />

wo der bucklige Oskar die Trommel schlägt,<br />

da zünde ich am Abend dann mein Feuer an.<br />

Ich tanze bis der Mond aufgeht,<br />

und sing dazu mein altes Lied:<br />

Es ist gut, dass niemand weiß,<br />

dass ich Rumpelstilzchen heiß.<br />

Hemba – hemba hé<br />

Hemba – hemba hé<br />

DEUTSCHER SONNTAG<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1965 Masterphon Musikverlag GmbH, Bergisch Gladbach<br />

Sonntags in der kleinen Stadt,<br />

sonntags in der kleinen Stadt.<br />

Wenn die Spinne Langeweile<br />

Fäden spinnt und ohne Eile<br />

giftig-grau die Wand hochkriecht,<br />

wenn’s blank und frisch gebadet riecht,<br />

dann bringt mich keiner auf die Straße<br />

und aus Angst und Ärger lasse<br />

ich mein rotes Barthaar steh’n,<br />

und lass den Tag vorübergeh’n,<br />

hock am Fenster, lese meine<br />

Zeitung, decke Bein mit Beine,<br />

seh, hör und rieche nebenbei<br />

das ganze Sonntagseinerlei.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 12 PAGE 13<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Da treten sie zum Kirchgang an,<br />

Familienleittiere voran,<br />

Hütchen, Schühchen, Täschchen passend,<br />

ihre Männer unterfassend,<br />

die sie heimlich vorwärts schieben,<br />

weil die gern zu Hause blieben.<br />

Und dann kommen sie zurück<br />

mit dem gleichen bösen Blick,<br />

Hütchen, Schühchen, Täschchen passend,<br />

ihre Männer unterfassend,<br />

die sie heimlich heimwärts zieh’n,<br />

dass sie nicht in Kneipen flieh’n.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Wenn die Bratendüfte wehen,<br />

Jungfrauen den Kaplan umstehen,<br />

der so nette Witzchen macht,<br />

und wenn es dann so harmlos lacht,<br />

wenn auf allen Fensterbänken<br />

Pudding dampft und aus den Schenken<br />

schallt das Lied vom Wiesengrund<br />

und dass am Bach ein Birklein stund,<br />

alle Glocken läuten mit,<br />

die ganze Stadt kriegt Appetit,<br />

das ist dann genau die Zeit,<br />

da frier ich vor Gemütlichkeit.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Da hockt die ganze Stadt und mampft,<br />

dass Bratenschweiß aus Fenstern dampft.<br />

Durch die fette Stille dringen Gaumenschnalzen,<br />

Schüsselklingen, Messer, die auf Knochen stoßen,<br />

und das Blubbern dicker Soßen.<br />

Hat nicht irgendwas geschrien?<br />

Jetzt nicht aus dem Fenster seh’n,<br />

wo auf Hausvorgärtenmauern<br />

ausgefranste Krähen lauern.<br />

Was nur da geschrien hat?<br />

Ich werd so entsetzlich satt.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Wenn Zigarrenwolken schweben,<br />

aufgeblähte Nüstern beben,<br />

aus Musiktruhn „Donauwellen“<br />

plätschern, über Mägen quellen,<br />

dann hat die Luft sich angestaut,<br />

die ganze Stadt hockt und verdaut.<br />

Woher kam der laute Knall?<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

Brach ein Flugzeug durch den Schall?<br />

Oder ob mit 'm Mal die Stadt<br />

ihr Bäuerchen gelassen hat?<br />

Die Luft riecht süß und säuerlich.<br />

Ich glaube, ich erbreche mich.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Dann geht’s zu den Schlachtfeldstätten,<br />

um im Geiste mitzutreten,<br />

mitzuschießen, mitzustechen,<br />

sich für wochentags zu rächen,<br />

um im Chor Worte zu röhren,<br />

die beim Gottesdienst nur stören.<br />

Schinkenspeckgesichter lachen<br />

treuherzig, weil Knochen krachen<br />

werden. Ich verstopf die Ohren<br />

meiner Kinder. Traumverloren<br />

hocken auf den Stadtparkbänken<br />

Greise, die an Sedan denken.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Und dann ist die Spaziergangstunde,<br />

durch die Stadt, zweimal die Runde.<br />

Hüte ziehen, spärlich nicken,<br />

wenn ein Chef kommt, tiefer bücken.<br />

Achtung, dass die Sahneballen<br />

dann nicht in den Rinnstein rollen.<br />

Kinder baumeln, ziehen Hände,<br />

man hat ihnen bunte, fremde<br />

Fliegen – Beine ausgefetzt –<br />

sorgsam an den Hals gesetzt,<br />

dass sie die Kinder beißen soll’n,<br />

wenn die zum Bahndamm fliehen woll’n.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

Wenn zur Ruh die Glocken läuten,<br />

Kneipen nur ihr Licht vergeuden,<br />

dann wird’s in Couchecken beschaulich.<br />

Das ist dann die Zeit, da trau ich<br />

mich hinaus um nachzusehen,<br />

ob die Sterne richtig stehen.<br />

Abendstille überall. Bloß<br />

manchmal Lachen wie ein Windstoß<br />

über ein Mattscheibenspäßchen.<br />

Jeder schlürft noch rasch ein Gläschen<br />

und stöhnt über seinen Bauch<br />

und unsern kranken Nachbarn auch.<br />

Tada-da-da-dam…<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

TONIO SCHIAVO<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Das ist die Geschichte von Tonio Schiavo,<br />

geboren, verwachsen im Mezzo-giorno.<br />

Frau und acht Kinder, und drei leben kaum,<br />

und zweieinhalb Schwestern in einem Raum.<br />

Tonio Schiavo ist abgehau’n.<br />

Zog in die Ferne, ins Paradies,<br />

und das liegt irgendwo bei Herne.<br />

Im Kumpelhäuschen oben auf dem Speicher<br />

mit zwölf Kameraden vom Mezzo-giorno<br />

für hundert Mark Miete und Licht aus um neun,<br />

da hockte er abends und trank seinen Wein.<br />

Manchmal schienen zum Dachfenster rein<br />

richtige Sterne ins Paradies,<br />

und das liegt irgendwo bei Herne.<br />

Richtiges Geld schickte Tonio nach Hause.<br />

Sie zählten’s und lachten im Mezzo-giorno.<br />

Er schaffte und schaffte für zehn auf dem Bau.<br />

Und dann kam das Richtfest und alle waren blau.<br />

Der Polier, der nannte ihn: Itaker-Sau.<br />

Das hört’ er nicht gerne im Paradies,<br />

und das liegt irgendwo bei Herne.<br />

Tonio Schiavo, der zog sein Messer,<br />

das Schnappmesser wars aus dem Mezzo-giorno.<br />

Er hieb’s in den fetten Bauch vom Polier<br />

und daraus floss sehr viel Blut und viel Bier.<br />

Tonio Schiavo, den schnappten gleich vier.<br />

Er sah unter sich Herne, das Paradies,<br />

und das war gar nicht mehr so ferne.<br />

Und das ist das Ende von Tonio Schiavo,<br />

geboren, verwachsen im Mezzo-giorno:<br />

Sie warfen ihn zwanzig Meter hinab.<br />

Er schlug auf das Pflaster und zwar nur ganz knapp<br />

vor zehn dünne Männer, die waren müde und schlapp,<br />

die kamen grad aus der Ferne – aus dem Mezzo-giorno –<br />

ins Paradies, und das liegt irgendwo bei Herne.<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

KOMMT AN DEN TISCH<br />

UNTER PFLAUMENBÄUMEN<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen,<br />

der Hammel ist gar überm Lauch.<br />

Paprika soll uns im Halse brennen,<br />

der reife Kartoffelschnaps auch.<br />

Lachen wollen wir wieder wie damals,<br />

bis morgens der Nachtvogel schreit.<br />

Wieder gute Geschichten erzählen<br />

von damals und von dieser Zeit,<br />

denn unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht.<br />

Sicher, wir sind ganz schön mitgenommen,<br />

die Stimmen sind heiser vom Schreien.<br />

Töne gibt’s da manchmal im Lachen,<br />

da muss man schon vorsichtig sein.<br />

Misstrauisch sind wir beim Spaß geworden,<br />

nein, machen wir uns da nichts vor,<br />

schmaler Verdacht in den Augenwinkeln,<br />

die Hand am geschlitzten Ohr.<br />

Doch unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht.<br />

Erzählt von euren Fahrten, Genossen,<br />

von Chile und wie man da singt,<br />

Hanoi, von der Großen unbesiegten,<br />

und wie man die Ernte einbringt.<br />

Vom Vollmond über Havanna, der Schönen,<br />

im Schutz von Raketen aus Stahl<br />

vom Donez. Erzählt von georgischen Festen,<br />

erzählt bei unserem Mahl,<br />

denn unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht.<br />

Sicher sind auch unsere Schwierigkeiten.<br />

Das Einfache ist ziemlich schwer.<br />

Vorsicht ist in unsere Träume geschlichen,<br />

die Maultrommel spielen wir nicht mehr.<br />

Erzählt aber von den Streiks und Aktionen,<br />

von den Festen und von unserem Spaß,<br />

und wie allmählich die Steine tanzten,<br />

die Mauern aus Dummheit und Hass.<br />

Und unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht.<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 14 PAGE 15<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Also, kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen,<br />

der Hammel ist gar überm Lauch.<br />

Paprika soll uns im Halse brennen,<br />

der reife Kartoffelschnaps auch.<br />

Harmonika spielen wir und Trompeten,<br />

elektrischen Bass und Schalmei,<br />

und werden noch unter den Bäumen liegen,<br />

wenn morgens der Nachtvogel schreit,<br />

denn unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht,<br />

denn unsere Sache, unsere Sache, die steht nicht schlecht.<br />

BALLADE VOM<br />

VERLORENEN SOHN<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

An einem Sonntag, so blauweißgestreift,<br />

legten sie ab vom bewimpelten Kai.<br />

Abfallen, killen und Segel fest – los.<br />

Vater und Sohn und ne Katze dabei.<br />

Was dann geschah auf der Kieler Bucht,<br />

außer den dreien hat das niemand geseh’n.<br />

Gab keinen Sturm auf der Kieler Bucht, doch<br />

manchmal da drehen da plötzliche Böen.<br />

Abends im Wind lief das Boot an den Kai.<br />

Fischer war’n da und der Mond schien auch schon.<br />

An Bord saß der Vater, und oben am Top<br />

hockte die Katze. Es fehlte der Sohn.<br />

Der kam nicht mit,<br />

der kam nicht mit.<br />

Crazy, die Katze, die kam nicht vom Top,<br />

schlich aber nachts in das Ferienhaus,<br />

sprang auf den Vater, der saß da und soff,<br />

riss ihm die Halsschlagader fast raus.<br />

Schreien und Weinen. Man hat ihn geliebt,<br />

Hänsel, den Sohn, der war grad sechzehn Jahr,<br />

weil oder trotzdem, das weiß man ja nie,<br />

Hänsel so was wie’n Problemkind war.<br />

Und in der Klasse, in der man so lebt,<br />

diszipliniert und sehr sauber verpackt,<br />

Vater im mittleren Management, da<br />

ist das schon schlimm, wenn man von einem sagt:<br />

Der kommt nicht mit,<br />

der kommt nicht mit.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

Dass was Bedrohliches da heranwuchs,<br />

ahnten sie früh, denn ihr Kind Nummer zwo<br />

lutschte zu gierig und brüllte zu schrill,<br />

saß viel zu glücklich und oft auf dem Klo.<br />

Einige Zeit blieb das alles intern,<br />

auch, dass er katzenverrückt war und log,<br />

bis er im Kindergarten auffiel,<br />

weil er Mädchen und Jungen die Hosen auszog.<br />

Lächelten damals die Nachbarn auch nur,<br />

trösteten die Psychologen auch noch,<br />

blödelten Freunde von saftigem Sex,<br />

in der Familie ahnten sie doch:<br />

Der kommt nicht mit,<br />

der kommt nicht mit.<br />

Ach ja, die Schule, die Schule, ach ja.<br />

Nachmittags saß da die Mutter und schrie<br />

Zahlen und Sätze in Hänsels Gesicht.<br />

Klappte dann noch über „Legasthenie“.<br />

Doch im Gymnasium klappte es nicht,<br />

auch wenn der Vater im Elternbeirat<br />

clever, mit Eifer und Partys und Geld<br />

um seinen Sohn hart gepokert hat.<br />

Der begriff nur, dass er gar nichts begriff,<br />

weil, das hatt man ihm ganz genau beigebracht.<br />

Als man bei ihm Hasch und Pornos fand,<br />

hieß es natürlich auch gleich: Gute Nacht!<br />

Der kommt nicht mit,<br />

der kommt nicht mit.<br />

Lösungen gibt es für alles für Geld:<br />

Kam in ein Zwölfhundert-Mark-Internat.<br />

Schmiss man ihn raus, weil er Nacht und für Nacht<br />

mit Katzen und Jungen geschlafen hat.<br />

Und aus dem zweiten entfernte man ihn,<br />

tauchte dann unter bis nach Amsterdam.<br />

Klaute, hing rum, bis man ihn wieder fing<br />

und er in irgendein drittes reinkam.<br />

Lief aus dem vierten auch gleich wieder weg,<br />

aber das sechste war zu gut bewacht.<br />

Das fing dann Feuer und brannte fast ab.<br />

Da haben auch die Psychologen gesagt:<br />

Der kommt nicht mit,<br />

der kommt nicht mit.<br />

Vater und Mutter warn ziemlich kaputt.<br />

Kamen auch Krise und Teuerung ins Land.<br />

Was soll aus uns werden, sprach er zur Frau,<br />

und der Klassenauftrag war auch beiden bekannt:<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

Vorbild nach unten, nach oben loyal,<br />

dafür ein Leben Marke „Freie Welt“,<br />

sechs braune Riesen im Monat und so,<br />

dieser Deal hält nur, solange er hält.<br />

Dafür steht viel, steht auch Sippenhaft.<br />

Jedenfalls glaubt man das, und das genügt,<br />

wenn Nachbarn, Kollegen und Freunde und Chef<br />

teilnahmsvoll fragen mit hartem Gesicht:<br />

Kommt er nicht mit,<br />

kommt er nicht mit?<br />

Hat man sich öfter Gedanken gemacht:<br />

Wär vielleicht eigentlich besser doch, wenn…<br />

Wer weiß schon, was man zu Ende gedacht.<br />

Jedenfalls fuhr man in Ferien.<br />

Was dann geschah auf der Kieler Bucht –<br />

außer den dreien hat das niemand geseh’n.<br />

Gab keinen Sturm auf der Kieler Bucht, doch<br />

manchmal, da drehen da plötzliche Böen.<br />

Abends im Wind lief das Boot an den Kai.<br />

Fischer war’n da und der Mond schien auch schon.<br />

An Bord saß der Vater, und oben am Top<br />

hockte die Katze. Es fehlte der Sohn.<br />

Der kam nicht mit,<br />

der kam nicht mit.<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

PORTUGAL<br />

(FADO TROPICAL)<br />

Musik: Francisco Buarque Holanda / Originaltext: Francisco Buarque<br />

Holanda und Ruy Alexandre / Deutscher Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1973 Cara Nova Editora Musical Ltda. (via Arlequim Editora Musical<br />

Ltda., via I.Q. Music Ltd.) / Edition Nordton, Berlin<br />

Wir haben dich geseh’n:<br />

Verschlossenes Gesicht,<br />

zerpflügt in fünfzig Jahrn,<br />

Funken im Augenlicht,<br />

das kahle Trauertuch,<br />

das aus den Händen fiel,<br />

und flatterte im Wind:<br />

Portugiesischer April.<br />

Sagt allen, die im Kampf steh’n,<br />

sagt und singt es überall:<br />

Die rote Nelke blüht,<br />

ist erblüht in Portugal.<br />

Wir haben dich geseh’n:<br />

Die Freiheit, wie sie lacht,<br />

die Freiheit, wie sie tanzt<br />

und wie sie mutig macht,<br />

die Blume im Gewehr,<br />

die Faust, die kämpfen will.<br />

Wir haben dich geseh’n:<br />

Portugiesischer April.<br />

Sagt allen, die im Kampf steh’n,<br />

sagt und singt es überall:<br />

Die rote Nelke blüht,<br />

ist erblüht in Portugal.<br />

Ihr alle, wo ihr seid<br />

und die ihr weitermacht<br />

und oft kein Ende seht<br />

von einer langen Nacht,<br />

ihr alle auf der Flucht,<br />

im Lager, im Exil:<br />

Nur eine Blume – doch:<br />

Portugiesischer April.<br />

Sagt allen, die im Kampf steh’n,<br />

sagt und singt es überall:<br />

Die rote Nelke blüht,<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 16 PAGE 17<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

ist erblüht in Portugal.<br />

Dass diese Blume brennt<br />

und niemand sie zertritt,<br />

dass einmal glühend rot<br />

die schwarze Erde blüht:<br />

Gieß jetzt die Gläser voll.<br />

Akkordeon komm spiel.<br />

Wir tanzen zu dem Lied:<br />

Portugiesischer April.<br />

Sagt allen, die im Kampf steh’n,<br />

sagt und singt es überall:<br />

Die rote Nelke blüht,<br />

ist erblüht in Portugal.<br />

RONDO PASTORALE<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Ja, war nicht leicht, euch hier zu finden,<br />

weil die Hecke steht sehr hoch und dicht.<br />

Und ein Namensschild an dem kaputten<br />

Törchen gibt es ja auch nicht.<br />

Nein, ihr habt euch nicht verändert,<br />

bisschen dünner seid ihr vielleicht, und<br />

eure selbstgewebten Kleider<br />

steh’n euch gut – nein, ich mein, sind gesund.<br />

Ja, der Garten ist phantastisch,<br />

wuchert wild, ich riech den Thymian.<br />

Nein, eure Hände sind ganz trocken,<br />

fühl’n sich überhaupt nicht fiebrig an.<br />

Ja, das Mädchen am Klavier da<br />

zwischen Fliederbüschen ist Aimée<br />

und ihr Haarkranz ist aus Kresse,<br />

spielt das gleiche Stück wie eh und je.<br />

Ja, euer Haus aus Ziegelsteinen<br />

ist sehr alt und schön das Dach aus Ried.<br />

Eure Tomaten schmecken wirklich<br />

nach Tomaten, so, wie ihr sie zieht.<br />

Nein, die Sonne, die auf unsren Händen<br />

mit dem Schatten spielt, ist nicht zu heiß.<br />

Und ich spüre keine Angst und<br />

keine Kälte hier in eurem Kreis.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

Ja, die Jahre zähl’n nach Jahren,<br />

in den Städten merkt man das nicht mehr.<br />

Ja, unser Kampf ist noch der gleiche<br />

und noch immer ist er ziemlich schwer.<br />

Nein, ihr seid nicht abgehauen,<br />

wie man das so einfach daher quatscht,<br />

und ihr habt auch eure Gründe.<br />

Niemand sagt, ihr wärt reichlich vermatscht.<br />

Ja, ich trinke noch ein Glas von<br />

eurem schwarzen Hagebuttenwein<br />

und ich streichele die Katzen<br />

auf dem Tisch, den Hund an meinem Bein.<br />

Ja, verstreut sind die Genossen,<br />

die von damals, ja, und einige ruh’n.<br />

Aber viele machen weiter,<br />

und sie wissen auch, warum sie’s tun.<br />

Nein, ich weiß nicht, warum Rudi<br />

nichts von der Enzymbedüngung hält.<br />

Ja, das Dach werdet ihr flicken,<br />

eh der große Regen wieder fällt.<br />

Nein, dass Ulrike in Peru bei<br />

Indianern lebt, das glaub ich nicht.<br />

Ja. Aimée spielt wirklich gut. Nein,<br />

ist nicht wichtig, dass sie gar nicht spricht.<br />

Ja, auf Autobahnen wandern<br />

mit den Kindern, das wär wirklich schön.<br />

Nein, aus den Beton-Miethäusern bricht noch<br />

immer nicht das alte, junge Grün.<br />

Ja, eure Weidenflöten klingen<br />

wie wenn Hirtenflöten abends fleh’n.<br />

Nein, lasst mich sitzen, wenn ihr tanzt,<br />

und so allmählich muß ich jetzt auch geh’n.<br />

Ja, vielleicht komm ich mal wieder,<br />

so in sieben Jahren oder zehn.<br />

Und die Rosenhecke wuchert immer weiter.<br />

Ich werd euch nicht sehn.<br />

Ein Klavier hör ich und Flöten,<br />

und ich rat, woher die Töne weh’n.<br />

Und ich werd nochmal versuchen,<br />

ehrlich, euch auch wirklich zu versteh’n.<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

SACCO UND VANZETTI<br />

Musik: E. Morricone / Englischer Text: J. Baez<br />

Deutscher Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© 1972 Universal Music Publishing Ricordi Srl. / Musik<br />

Edition Discoton GmbH (Universal Music Publishing Group)<br />

Dieses Lied ist für Nicola Sacco und Bart Vanzetti, zwei<br />

amerikanische Arbeiterführer. Sie hatten Streiks<br />

organisiert und Demonstrationen gegen die Herrschaft<br />

des Kapitals. Deshalb sollten sie beseitigt werden und<br />

man klagte sie an wegen Mord, den sie nie begangen<br />

hatten. Trotzdem wurden sie zum Tode verurteilt.<br />

Hunderttausende in allen Ländern der Welt gingen<br />

gegen dieses Unrechtsurteil auf die Straße, streikten<br />

und forderten die Freilassung von Sacco und Vanzetti.<br />

Zwar konnte der Mord nicht verhindert werden.<br />

Am 22. August 1927 wurden Sacco und Vanzetti auf dem<br />

elektrischen Stuhl zu Tode gefoltert. Aber der Kampf<br />

der internationalen Bewegung zur Befreiung der beiden<br />

Arbeiterführer öffnete Millionen die Augen über<br />

den wahren Charakter des kapitalistischen Systems<br />

und seiner Justiz. Sacco und Vanzetti blieben Kämpfer<br />

bis zum letzten Augenblick. Aus dem Gefängnis heraus<br />

forderten sie zu weiteren Aktionen auf. Sie wussten,<br />

weshalb sie hingerichtet werden sollten, und starben<br />

als Opfer des internationalen Befreiungskampfes.<br />

Euer Kampf, Nicola und Bart,<br />

brannte weit und wurde Fanal.<br />

Brannte rot und wurde zum Schrei:<br />

Gebt Sacco und Vancetti frei!<br />

Und der Schrei lief rund um die Welt.<br />

Und im Kampf hat jeder gefühlt<br />

diese Kraft, die hinter euch steht,<br />

die Kraft der Solidarität.<br />

Diese Kraft, Nicola und Bart,<br />

sie ist heute mächtig und stark<br />

und sie hat Millionen erfasst,<br />

wie blutig auch der Feind sie hasst.<br />

Euer Kampf, Nicola und Bart,<br />

und auch dein Kampf, Angela,<br />

euer Kampf wird weitergeh’n,<br />

weil hinter euch Millionen steh’n.<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

Dieses Lied, Nicola und Bart,<br />

ist für euch und Angela.<br />

Hinter euch steht heute die Welt,<br />

in der das Volk die Macht schon hält.<br />

Dieses Lied, Nicola und Bart,<br />

ist für euch und Angela.<br />

Hinter euch steht heute die Welt,<br />

in der das Volk die Macht schon hält.<br />

DRUMHERUMGEREDE<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Na, was sagen sie denn jetzt.<br />

Der Wind hat sich gedreht im Lande<br />

mit einem Paukenschlag aus Bayern<br />

und damit hätten sie wohl nicht gerechnet wie?<br />

Dass das die ganze Zeit so weiterlaufen würde<br />

haben sie doch geglaubt?<br />

So langsam in den Sozialismus schlittern<br />

und wir, wir steh‘n daneben und sehen einfach zu dabei<br />

und hören uns das an das<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

Da haben sie sich die ganze Mühe<br />

all die Jahre durch gemacht,<br />

nach dem Zusammenbruch fing das schon an<br />

mit Entnazifizierung.<br />

Die Bescheinigung darüber hab ich heute noch.<br />

Die hängt auf meiner Vorstands-Toilette unter Glas.<br />

Der Aufsichtsrat lacht jedes Mal darüber Tränen.<br />

Dann Umerziehung, Menschenskind,<br />

was haben sie sich dabei bloß gedacht?<br />

Besonders clever war das ja nun nicht.<br />

Zum Beispiel ich, ich hab das drüben<br />

in den Staaten absolviert. Und das war beste Schulung.<br />

Zusammen übrigens mit einem Mann von ihnen,<br />

der sitzt mir bei Tarifverhandlungen<br />

am Tische heute gegenüber.<br />

Na jedenfalls, dass ohne uns nichts läuft,<br />

habt ihr ja ziemlich schnell kapiert.<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 18 PAGE 19<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Trotz allem<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

dass wir so falsch gar nicht gelegen hatten<br />

damals in den tausend Jahren<br />

habt ihr ja ziemlich schnell gespürt im Kalten Krieg.<br />

Da hattet ihr ganz schönes Muffensausen, wie?<br />

Aber die neue Wehrmacht mußten wir dann,<br />

gegen eure geschlossene Phalanx<br />

haben wir die durchgesetzt.<br />

Was hättet ihr denn ohne uns gemacht?<br />

Und dann in all den ruhigen fetten Jahren<br />

mit sozialer Symmetrie und Partnerschaft und pipapo,<br />

wer hat uns denn da vor Systemveränderern geschützt?<br />

Aus euren eigenen Reihen, wir.<br />

Notstandsgesetze beispielsweise,<br />

da haben sich viele doch von euch gedrückt.<br />

Obwohl ihr wußtet, dass es ohne das nicht ging.<br />

Trotz allem<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

Und wir,<br />

wir mußten dann trotz allem noch den Buhmann spielen.<br />

Unverbesserliche alte Nazis, Kriegsverbrecher.<br />

Sowas mußten wir uns anhör‘n all die Jahre,<br />

so und damit ist nun endlich Schluß.<br />

Den Laden schmeißen,<br />

aber bitte nur in Sack und Asche und im Büßerhemd.<br />

Und jedes Mal sich an die Brust geschlagen<br />

bei Auschwitz Maidanek und Holocaust und pipapo.<br />

Noch nie hat sich ein Volk in der Geschichte so etwas geleistet.<br />

Die eigene Elite 35 Jahre durch den Dreck zu ziehen.<br />

Nun gut, wir haben geschwiegen.<br />

Aber manchmal, kann ich Ihnen sagen,<br />

da ist einem der Kragen schon geplatzt bei diesem<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

Was ihr aus unserem Land gemacht habt,<br />

unserem Deutschland,<br />

das ist schon eine Sauferei, gelinde ausgedrückt.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

Ich sag nur Ostverträge.<br />

Die Perspektive auf die unser Volk<br />

bei Strafe seines Unterganges<br />

niemals verzichten darf,<br />

habt ihr doch einfach weggedrückt.<br />

Die Linie Chemnitz Krakau Kiew.<br />

Daran zu denken war doch schon verboten.<br />

Und seht euch eure Jugend an,<br />

von wegen Leistung,Weiterkommen, neue Grenzen.<br />

Stattdessen händchenhalten, schmusen, Nabelschau.<br />

Beim ersten Knall, da zittern denen doch die morschen Knochen.<br />

Aber der Wind hat sich gedreht im Lande<br />

mit einem Paukenschlag aus Bayern<br />

und jetzt wird aufgeräumt<br />

bis zur Jahrtausendwende sag ich ihnen.<br />

Und darüber, da ist nun endlich Schluß mit diesem<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

Na, und was meint ihr dazu das Publikum?<br />

Draußen im Lande<br />

solle mer ne rinlasse mit Paukenschlag<br />

diesen aus Bayern oder<br />

machen wir jetzt endlich Schluß mit seinem<br />

Drumherumgerede<br />

Drumherumgelaber<br />

Drumherumgequatsche<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

ICH GING IM<br />

LETZTEN MAI<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Ich ging im letzten Mai<br />

noch mal spazieren durch Bonn.<br />

Da stand an seinem Platz<br />

noch immer Beethoven.<br />

Und plötzlich sah ich wieder rot.<br />

Ich setzte mich auf eine Bank:<br />

Zigtausend rote Fahnen und<br />

zigtausendstimmiger Gesang.<br />

Auch Beethoven hielt in der Hand<br />

die rote Fahne: A Ia marche!,<br />

rief er, los zur Regierung hin,<br />

reißt ihnen auf den klammen Arsch!<br />

Ja, es war einmal,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

und wenn sie nicht gestorben sind…<br />

Ja, ja, doch dass es möglich war,<br />

vergiss das nie und nie, mein Kind.<br />

Erwachsen, sagen sie, sei,<br />

wer möglichst bald vergisst,<br />

dass hinterm Horizont<br />

dass möglich Andere ist.<br />

Vor Brockdorf in der Elbmarsch hing<br />

der Horizont zum Beispiel tief,<br />

wie auf den Deichen Trupp auf Trupp<br />

zum Sturm auf die Atomburg lief.<br />

Gerichtsvollzieher zogen mit.<br />

Ein Priester schwang sogar die Axt.<br />

Trotz Tränengas und Rotzgeheul<br />

knirschte die Staatsmacht angeknackst.<br />

Erinner Dich, mon vieux copain,<br />

wie manchem coolen Herrschaftsherrn<br />

die Muffe ging, wenn er bloß sah<br />

die Knarre vor dem Fünfzackstern.<br />

Und paarmal schien uns auch<br />

ein Schein der Möglichkeit<br />

von hinterm Horizont,<br />

der schien uns nicht mehr weit:<br />

Wir stritten, hassten, liebten uns,<br />

und jeder ging im andern Tritt.<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

Alles gehörte uns und nichts,<br />

und auch die Kinder stimmten mit.<br />

Wir schafften, was zu schaffen war,<br />

und keiner schaffte dabei an,<br />

und spielten Spiele, einfach so,<br />

bei denen niemand gewann.<br />

Das klappt nicht oft mitten im Fluss,<br />

auf einer Insel vor der Welt,<br />

wo Krokodile warten,<br />

dass man traumverlor’n ins Wasser fällt.<br />

So ganz unmöglich hört<br />

das Mögliche sich an,<br />

dass man zur Zeit davon<br />

eben nur singen kann.<br />

Und dabei flackern ja schon längst<br />

an allen Ecken in der Welt<br />

die Feuer, die Signale sind,<br />

dass bald nichts mehr zusammenhält.<br />

Und im Gedächtnis bleibt ja auch:<br />

Letztmal gelang es siebzig Jahr,<br />

während davor die Kommune schon<br />

nach siebzig Tagen geschlagen war.<br />

Ja, es war einmal,Väterchen <strong>Franz</strong>,<br />

und wenn sie nicht gestorben sind…<br />

Ja, ja, doch dass es möglich war,<br />

vielleicht, dass es nochmal<br />

und besser dann gelingt.<br />

DIE ERNTE DROHT<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Die Ernte droht, es ist die Zeit.<br />

Die letzten Früchte sind so weit,<br />

voll schwerer Süße wie noch nie.<br />

Ein Hauch nur, und dann platzen sie.<br />

Die Arsenale sind gefüllt,<br />

die Herzenswünsche fast gestillt,<br />

die Ziele sind längst ausgesucht,<br />

die Flüge alle schon gebucht,<br />

die dürren Models drängeln sich<br />

um letzte Tickets auf dem Strich.<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 20 PAGE 21<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Die Konsumenten lecken sich<br />

die Lippen, und sie glauben nicht,<br />

dass irgendwas sich ändern soll.<br />

Es läuft doch eigentlich alles toll.<br />

„Après nous“, das gilt nicht mehr,<br />

Nachher ist so wie Vorher.<br />

In diesen Popsong der Saison<br />

hallt manchmal ein Gewitterton.<br />

Ein Loser, der sich fürchtet jetzt.<br />

Die Siegertreppchen sind gesetzt.<br />

Talkshow, Pfaffe, Schutzpatron<br />

trainieren den Beruhigungston.<br />

Die Habenichtse warten gern,<br />

bis dass die Zeiten besser wer’n.<br />

Die Spekulanten wetten, dass<br />

nicht überläuft das volle Fass.<br />

Herr Ackermann drückt und probiert,<br />

ob die Verdauung funktioniert.<br />

So schwitzt’s und knistert’s vor sich hin:<br />

Was du verlierst, ist mein Gewinn.<br />

Die Sophie lächelt, „Hinterher“,<br />

sagt sie, „ist alles herrlich leer.“<br />

Der Klapse wieder mal entfloh’n,<br />

sucht sie den absoluten Ton.<br />

Im Kinderwagen, gut versteckt,<br />

mit Dynamitstangen bedeckt,<br />

das Büffelhorn, das wütend brüllt,<br />

weil sich die Welt in Schweigen hüllt,<br />

damit man wieder mal vergisst,<br />

was letztes Mal geschehen ist.<br />

Die Ernte droht, jetzt ist die Zeit<br />

für alle Früchte weit und breit.<br />

Es gärt und tröpfelt überall.<br />

Der Apfel klatscht und matscht im Fall.<br />

Spezialraumschiffe steh’n bereit<br />

für die ganz einflussreichen Leut.<br />

Und auf dem Berge Ararat<br />

die nachgebaute Arche hat<br />

für ganz kostbare Tiere Platz:<br />

Der Milliardäre Hund und Katz.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

TANGO DU MIDI<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Die Place im Dorf um Mittag mitten im Midi:<br />

Das Licht gesprenkelt unter den Platanen<br />

und der Brunnen plätschert<br />

und die Kugeln klacken beim Pétanque.<br />

Das ist ein Film, der ist uralt und der läuft immer noch.<br />

Noch immer hocken sie an Tischen vor der Bar:<br />

Der Bäcker, Schäfer, Lehrer, Garagist,<br />

und alle reden übers Wetter<br />

und den Wein für dieses Jahr<br />

und dass sich auch seit Mitterrand<br />

noch nichts geändert hat.<br />

Die Alte, krumm gebuckelt,<br />

unterm Arm ihr täglich Brot, schleicht in ihr Haus.<br />

Um sie herum fahren die Kinder Tour de France,<br />

der fou d‘ village läuft immer lachend hinterher.<br />

Und ich, ich sitz<br />

beim zweiten Glas Pastis.<br />

Die Flöte aus dem Weinberg bläst mein Bruder Pan.<br />

Zur Sonnenhymne fallen die Zikaden ein.<br />

Die Zeit bewegt sich langsam seitwärts<br />

und nicht mehr nach vorn.<br />

So wird es sein, wenn die Geschichte mal zu Ende ist.<br />

Bis dahin lies die fünfzehn Namen an der Wand,<br />

der Mauerwand, die vor dem Oleander steht.<br />

Die Wand,vor vierzig Jahren war sie vollgespritzt mit Blut,<br />

als die SS hier fünfzehn Männer<br />

und zwei Frauen des Maquis erschoss.<br />

Ob Zeit die Wunden heilt, auch wenn sie steht,<br />

fragt hier kein Mensch, und alle schauen auf den Bus<br />

aus meinem Land, der plötzlich hält.<br />

Auf einmal geht sie wieder los, die alte Zeit.<br />

Und ich trink schnell<br />

ein drittes Glas Pastis.<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

Die Place im Dorf um Mittag im Midi wird voll.<br />

Der Reiseleiter gibt nur zehn Minuten für das Knipsen.<br />

Dies hier, sagt er, typisch, sehen wir noch oft.<br />

Man ist gepflegt und ist diskret und ist was Besseres:<br />

Ein Kunstverein, der sucht Romanik mitten im Midi.<br />

Die Kirche hier im Dorf soll karolingisch sein.<br />

Die Witwe sagt es streng und sieht dann über mich hinweg,<br />

und ich denk, sie ist ganz genau der Nazi-Witwe-Typ.<br />

Die reisen auf den Spuren ihrer Männer,<br />

die die Welt in Scherben schlugen.<br />

Dafür kriegen sie Pensionen.<br />

Warum macht bloß die Geschichte,<br />

fragst du, diesen schlechten Witz?<br />

Und ich trink wütend<br />

noch ein Glas Pastis.<br />

Die Place im Dorf um Mittag mitten im Midi wird leer.<br />

Der Kunstverein besichtigt diese Kirche<br />

und die Leute aus dem Dorf begeben sich zu ihrem Mahl.<br />

Der Lehrer bleibt und trinkt und gähnt über der Humanité.<br />

Und über diesen leeren Platz kommt sie allein,<br />

die Witwe, in den Händen rote Rosen. Es sind fünfzehn,<br />

und sie legt die Rosen einzeln an die Wand,<br />

die Wand, an der untereinander fünfzehn Namen steh’n.<br />

Die Stille hat ein Echo, wenn Zikaden plötzlich schweigen,<br />

und die Flöte aus dem Weinberg<br />

bläst auf einmal einen Tango,<br />

diesen wundersamen Tango du Midi.<br />

Und ich trink irritiert<br />

noch ein’ Pastis.<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)


C M<br />

Y B<br />

FÜR MIKIS THEODORAKIS<br />

Musik und Text: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

© Kulturmaschinen Verlag, Liederbuch I + II, Berlin 2013<br />

Da sind sie, die Konzern- und Landbesitzer,<br />

Generäle, Popen, Panzer,<br />

die bekannte Kumpanei.<br />

Immer wieder wollen sie die Zeit aufhalten<br />

in Athen und Kapstadt, Bogota,<br />

Berlin und Quang Ngai.<br />

Ihre greisen, kalten Hände suchen<br />

jedes heiße Herz, Theodorakis,<br />

und du weißt, wie kalt sie sind.<br />

Doch wir wissen auch, dass sie zu kalt sind,<br />

dass sie viel zu alt sind, dass sie tot sind<br />

dann, wenn unser Tag beginnt.<br />

Jener Tag,<br />

an dem die Sonne tanzt.<br />

Roter Tag der Freiheit in Athen.<br />

Jener Tag,<br />

an dem wir auf den Straßen tanzen<br />

und uns wiederseh’n.<br />

Die Feinde dieser Parasiten – es sind<br />

deine Freunde. Sie sind zahlreich<br />

und sie leben überall.<br />

Deine Lieder sind auf ihrem langen Marsch<br />

die kurze Rast in einem quellenkühlen Tal.<br />

Darum hassen sie die Lieder, unsere Feinde.<br />

Ihre wurmstichigen Ohren<br />

trifft dein Name wie ein Schlag.<br />

Und im Bellen ihrer Stimmen,<br />

in den kurzsichtigen Augen,<br />

in den zitterigen Gesten<br />

ist die Angst vor jenem Tag,<br />

jenem Tag,<br />

an dem die Sonne tanzt.<br />

Roter Tag der Freiheit in Athen.<br />

Jener Tag,<br />

an dem wir auf den Straßen tanzen<br />

und uns wiederseh’n.<br />

HEAD<br />

FOLD<br />

C M<br />

Y B<br />

PAGE 22 PAGE 23<br />

120.5MM<br />

(4.74”) 241MM<br />

(9.49”)<br />

SEL#: 06007 5340001 2 DATE: L/S: TECH:<br />

CYAN MAGENTA<br />

LABEL: Universal Music Strategic Marketing<br />

ARTIST: <strong>Franz</strong> <strong>Josef</strong> <strong>Degenhardt</strong><br />

TITLE: Die Liedermacher<br />

TEMPLATE: UMG_CD_BOOK_SADDLE_JUL00.qxt<br />

Und sie frieren in den weißen Häusern,<br />

diese alten Männer. Ihre tausendfache Angst<br />

wird tausendfach bewacht.<br />

Wie ihr großer weißer Vater,<br />

dieser Völkermörder Johnson,<br />

löschen sie das Licht nicht mehr bei Nacht.<br />

Denn sie wissen, die, die auf den Morgen<br />

warten, sie sind überall<br />

und sie sind wach.<br />

Seht! Die Nacht geht schon zu Ende.<br />

Ihre Sterne, sie verlöschen.<br />

Bald beginnt der Tag.<br />

Jener Tag,<br />

an dem die Sonne tanzt.<br />

Roter Tag der Freiheit in Athen.<br />

Jener Tag,<br />

an dem wir auf den Straßen tanzen<br />

und uns wiederseh’n.<br />

FILE NAME:<br />

JOB #:<br />

SEPARATOR:<br />

0 1 1 2 2 3 3 4 4 25 25 50 50 75 75 100 100 95 95 97 97 99 99 75 50 25 10 CM MY CY<br />

C M<br />

Y B<br />

YELLOW BLACK<br />

PMS PMS<br />

TOTAL<br />

NUMBER OF<br />

COLORS<br />

120.5MM<br />

(4.74”)<br />

BACK<br />

CTP<br />

TARGET<br />

FRONT<br />

Product Manager: Christina Sas<br />

Design: Stefan Kassel / www.stefankassel.com<br />

Coverfoto: ullstein bild – ADN-Bildarchiv<br />

Foto Seite 4: © Universal Music GmbH<br />

Ein besonderer Dank an die Musikverlage für ihre freundliche Unterstützung<br />

www.universal-music.de<br />

© 2012 Universal Music Strategic Marketing, a division of Universal Music GmbH<br />

CD BOOK SADDLE STITCH<br />

C M<br />

Y B<br />

SAFETY<br />

TRIM<br />

BLEED<br />

119.5MM<br />

(4.71”)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!