1. Vorspann_2. Ikonografie
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3. <strong>Ikonografie</strong>: BILDBEGRIFFE und METHODEN ZUR<br />
BILDANALYSE<br />
In Wolfgang Kemps „Christliche Kunst“ (1994) heißt es, daß die Kunst „unabdingbares<br />
Agens in jenem unabschließbaren Prozeß [ist], der Christentum heißt und der<br />
gleichermaßen von der Faszination wie von den Desideraten seiner Textgrundlage lebt,<br />
die zuallererst Erzählung ist“5. Auf eindrucksvolle Weise erscheint die Kunst dabei als<br />
„Organon einer religiösen Kultur, die eine Schrift in ihrer Mitte erhält, die niemals von<br />
sich aus leisten kann, was ihr zugemutet wird“6.<br />
Christliche <strong>Ikonografie</strong> hat mit einer Großerzählung zu tun. Deshalb ist in einer<br />
kunstgeschichtlichen Vorlesung noch immer auf Erwin Panofskys Methode der auf die<br />
Ikonographie aufbauende ikonologische Bildanalyse bedeutsam..7 Da es Aufgaben<br />
einer kunsthistorisch orientierten Bildbefragung sei, in der Spur eines „Kulturkosmos“8<br />
jene Zeugnisse der Vergangenheit zu verstehen, „insofern sie Ideen artikulieren“9, geht<br />
es in der hier beabsichtigten Fragestellung vor allem um die textlichen Referenzen, die<br />
den Bildern zu Grunde liegen.<br />
Um die Bilder in diesem Sinne zu verstehen, greife der Kunst-Historiker zurück auf<br />
erläuternde „Dokumente, die ihrerseits im Verlauf des Prozesses entstanden sind, den er<br />
untersuchen will“10. Die Dokumente, die hier in Frage kommen, sind die Elemente der<br />
Großerzählung: die Bibel, sowie darüber hinaus Legenden, die Leerstellen, speziell<br />
magistrale Leerstellen, mit erzählerischer Imaginationskraft gefüllt haben.<br />
Die Betrachtung der Werke allein, so Panofsky, führe also nicht zu deren Verständnis,<br />
vielmehr gehöre dazu auch ein kulturgeschichtliches „Rüstzeug“11, das erst die<br />
Integration des Werkes in einen kulturellen Zusammenhang ermögliche, was für unsere<br />
Fragestellungen auch den Rückgang in die theologische Tradition erforderlich macht.<br />
Umgekehrt ist die Auswahl eines bestimmten Dokumentes zur Erläuterung (und<br />
5 W. Kemp, Christliche Kunst. Ihre Anfänge. Ihre Strukturen, München 1994.<br />
6 Ebd., 19.<br />
7 Zur ausführlichen Darstellung der Entwicklung der Konzeption Panofskys vgl. R. Heidt, Erwin Panofsky – Kunsttheorie und<br />
Einzelwerk, Köln/Wien 1977. Vgl. auch: J. K. Eberlein, Inhalt und Gestalt: die ikonographisch-ikonologische Methode, in:<br />
Kunstgeschichte, a.a.O., 169-190; vgl. auch S. Ferretti, Cassirer, Panofsky, and Warburg, Symbol, Art and History, New Haven<br />
and London 1989, 177ff., 202ff.<br />
8E. Panofsky, Kunstgeschichte als geisteswissenschaftliche Disziplin, in: Ders., Sinn und Deutung in der bildenden Kunst, Köln<br />
1996, 1<strong>1.</strong><br />
9Ebd., 1<strong>1.</strong><br />
10Ebd., 13.<br />
11Ebd., 2<strong>1.</strong><br />
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