29.06.2013 Aufrufe

Stimmgewitter

Stimmgewitter

Stimmgewitter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

11ter Jahrgang<br />

März 09<br />

Freiburgs Freiburgs Unabhängige Unabhängige Soziale Soziale Straßenzeitung<br />

Straßenzeitung<br />

<strong>Stimmgewitter</strong><br />

<strong>Stimmgewitter</strong><br />

<strong>Stimmgewitter</strong><br />

Preis: Preis: 1,50 Euro, Euro, davon davon 70 Cent Cent für den Verkäufer Verkäufer


02 FREIeBÜRGER<br />

Ich spende: einmalig monatlich jährlich Euro<br />

Ich werde Fördermitglied:<br />

per Überweisung auf das Spendenkonto FREIeBÜRGER e.V.:<br />

Volksbank Freiburg - Konto-Nr.: 24 77 327 - BLZ: 680 900 00<br />

per Einzugsermächtigung:<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Hausnummer<br />

PLZ, Ort<br />

monatlich 5 Euro jährlich 60 Euro<br />

Ich werde Seitensponsor: monatlich 45 Euro jährlich 450 Euro<br />

Ich werde Sponsor mit:<br />

oder in folgender Form:<br />

INHALT<br />

Vorwort........................................................................Seite 03<br />

Neue Wege..........................................................Seiten 04-06<br />

Alles für die Statistik..................................................Seite 07<br />

Schneeflocke im Haifischbecken.......................Seiten 08-09<br />

So schnell kann’s gehn..............................................Seite 10<br />

Neues aus dem FWH.................................................Seite 11<br />

Aus der Regio....................................................Seiten 12-14<br />

Ein Apfel für die Kleinen..........................................Seite 15<br />

Krachiges Wochenende.......................................Seiten 16-18<br />

Kampfheilkunst...........................................................Seite 19<br />

Überwachungswahn...................................................Seite 20<br />

Nevada-Joe..................................................................Seite 21<br />

Gemischtes..........................................................Seiten 22-24<br />

Ein Topf für Alle........................................................Seite 25<br />

Spocht.................................................................Seiten 26-27<br />

Job-Paten....................................................................Seite 28<br />

Rätsel...........................................................................Seite 29<br />

Roman................................................................Seiten 30-31<br />

monatlich jährlich<br />

Euro<br />

Bank<br />

Konto-Nummer<br />

Bankleitzahl<br />

Datum, Unterschrift<br />

(11 Ausgaben)<br />

Ab einer Höhe von 100 Euro sind wir zur Ausstellung einer Spendenbescheinigung verpflichtet<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Der FREIeBÜRGER e.V.<br />

verantwortlich für den Inhalt<br />

Uli Herrmann<br />

Titelbild: Uli<br />

Layout: Carina<br />

Fotos: Uli, Carina, Ella, Michaela, Mikel,<br />

Gäste und www.pixelio.de<br />

Comic: Roland Frenzel<br />

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />

Uli, Carina, Carsten, Micky, Micha,<br />

Michaela, Alexander, Mikel, Regine, H.<br />

M. Schemske, Ella, Didi, Alberto, Gina<br />

und Gastschreiber<br />

Druck: Freiburger Druck GmbH & CoKG<br />

Auflage: 5.000<br />

Erscheinung: monatlich<br />

Kontakt:<br />

Ensisheimerstr.20<br />

79110 Freiburg<br />

Tel.: 0761 / 319 65 25<br />

Fax: 0761 / 319 65 27<br />

E-Mail: redaktion@frei-e-buerger.de<br />

Im Web: www.frei-e-buerger.de<br />

Mitglied im Internationalen<br />

Netzwerk der Straßenzeitungen (INSP)


FREIeBÜRGER 03<br />

Liebe LeserInnen,<br />

sicherlich werden mich einige meiner Stammkunden im Januar/Februar an meinem Verkaufsplatz in der Eisenstraße vermisst haben. Ich<br />

hatte mir einfach mal eine Auszeit – nicht nur wegen den frostigen Temperaturen – gegönnt und werde nun wieder mit der März-Ausgabe<br />

aktiv den FREIeBÜRGER an meinem Stammplatz verkaufen. Ich freue mich schon auf die vielen netten Gespräche mit Ihnen.<br />

Im Januar 2009 hat das Bundessozialgericht in Kassel festgestellt, dass die Hartz IV-Sätze für Kinder verfassungswidrig sind. Der 14.<br />

Senat des höchsten deutschen Sozialgerichts begründet dies unter anderem damit, dass für eine Festsetzung der Regelsätze für diese<br />

Kinder die dafür notwendige Bedarfsermittlung weder erfolgt noch definiert sei. Ob es dabei auch zu einer Erhöhung dieser Sätze kommt,<br />

wird noch diskutiert.<br />

Der 29-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Junge Union Vorsitzende Philipp Mißfelder kommentierte im Februar 2009 bei einem<br />

Frühschoppen des nordrhein-westfälischen CDU-Ortsverbandes Haltern die letzte Regelsatzerhöhung von 2008 folgendermaßen: „Die<br />

Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie“. Der Gute möchte diese Regelsatzerhöhung deshalb<br />

in Form von Gutscheinen auszahlen, denn „dies würde ganz klar einem Missbrauch von Transferleistungen vorbeugen und gleichzeitig<br />

dem Wohl der Kinder und Jugendlichen dienen“, erklärt er auf seiner Homepage.<br />

Kann es sein, dass dieser eigentlich unbekannte Nachwuchs-Politiker an diesem Morgen einfach nur selber etwas zu tief ins Glas geschaut<br />

hatte?<br />

Leider nein, denn dieser Herr Mißfelder hatte schon Jahre vorher ganz anderen geistigen Müll von sich gegeben, wie z.B. dies: „Ich halte<br />

nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“, erklärte er dem Tagesspiegel<br />

am 3.8.2003 und „früher seien die Leute schließlich auch auf Krücken gelaufen“. Mißfelder geht auch davon aus, dass das<br />

Renteneintrittsalter von 67 Jahren viel zu niedrig ist und hält deshalb ein Eintrittsalter von 70 Jahren für realistisch.<br />

Wenn man sich einmal auf der Homepage den Lebenslauf von Herrn Mißfelder anschaut, muss man feststellen, dass dieser Schnösel nach<br />

seinem abgeschlossenen Studium (1999) noch nie richtig gearbeitet hat. Stattdessen hat er sofort den Weg eines Berufspolitikers eingeschlagen,<br />

bezieht eine monatliche Abgeordnetenentschädigung von 7.668,- Euro und nebenbei verdient er sich noch ein kleines Zubrot<br />

bei einem Verlag (Stufe 3 über 7.000,- Euro).<br />

Einen weiteren Kommentar zu seinen Äußerungen möchte ich mir ersparen.<br />

Bleiben wir noch ein bisschen bei unseren (?) Politikern. Dass der Oskar Metzger 2008 von den Grünen zur CDU wechselte, weil er sich<br />

dort besser aufgehoben fühlt, ist seine ganz persönliche Entscheidung. Den Wechsel kann ich ja noch nachvollziehen, denn Metzger ist<br />

für Studiengebühren, für einen radikalen Stellenabbau im öffentlichen Dienst, fordert mehr Eigenverantwortung der Bürger für die persönlichen<br />

Risiken des Lebens und den Abbau des „bevormundenden Sozialstaates“ mit seiner „Volksbeglückungspolitik“.<br />

Da ist er doch in der CDU genau richtig aufgehoben, allerdings will er unbedingt in den Bundestag und da gibt es in seiner Partei einige<br />

Schwierigkeiten. Dreimal bewarb er sich in verschiedenen CDU-Wahlkreisen in Baden-Württemberg als Neuling um ein Direktmandat und<br />

wurde jedes Mal von der Basis nicht gewählt. Böse Welt!<br />

Ähnlich verhält es sich mit dem noch Freiburger Stadtrat Florian Braune. Der weiß auch nicht so ganz genau, wo er nun politisch zu<br />

Hause ist. Weil er vor Jahren keinen guten Listenplatz für den Gemeinderat bei den Grünen bekam, kandidierte er für Junges Freiburg. Jetzt<br />

ist Herr Braune mit 31 Jahren zu alt für diese Jungen und versuchte es nochmals mit den Grünen für die kommende Kommunalwahl. Wieder<br />

bekam er keinen erfolgreichen Listenplatz und weil er nun unbedingt im nächsten Gemeinderat sitzen möchte, führt er momentan Gespräche<br />

mit den Freien Wählern, um dort einen aussichtsreichen Listenplatz zu bekommen. Anscheinend ist es ihm ziemlich egal für wen er<br />

kandidiert, Hauptsache, er sitzt wieder im Gemeinderat<br />

Auch hier noch ’ne kurze Anmerkung: Florian Braune arbeitet in der Rechtsanwaltskanzlei Gröger & Kollegen und der Kreisvorsitzende der<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

Öffnungszeiten Redaktion:<br />

Ensisheimer Straße 20<br />

Mo, Di, Do 12.00 - 16.00<br />

und Freitag 12.00 - 15.00<br />

Öffentliche Redaktionssitzungen:<br />

in den Redaktionsräumen<br />

jeden 1. und 2. Mittwoch im Monat<br />

14.00 bis 15.00 Uhr<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678<br />

Freien Wähler ist rein zufällig Herr Dr. Johannes Gröger.<br />

Da kann man nur noch sagen: Macht macht geil!<br />

So, dies waren meine ganz persönlichen (nachträglichen) Gedanken zum<br />

Aschermittwoch.<br />

Uli<br />

Ab sofort kann man jeden ersten Mittwoch nach Erscheinen<br />

der neuen Ausgabe in der Zeit zwischen<br />

12 und 13 Uhr im Mittagsmagazin von Radio<br />

Dreyeckland (102,3 Mhz oder www.rdl.de) jeweils<br />

etwas über die Inhalte der aktuellen Ausgabe vom<br />

FREIeBÜRGER erfahren - diesmal am 1.4. für die<br />

April-Ausgabe. Schalten Sie doch mal ein!<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234<br />

Die nächste Ausgabe des FREIeBÜRGER erscheint am 31.3.2009


04 FREIeBÜRGER<br />

Bedingungsloses Grundeinkommen (Teil I)<br />

Der Sozialismus ist weitgehend Geschichte, der Kapitalismus ist<br />

in der schwersten Krise seit seinem Bestehen. Wie soll es weitergehen?<br />

Überholte Systeme stützen? Oder Neues wagen? Wie könnte<br />

zum Beispiel ein gerechteres System aussehen?<br />

Sowohl im real existierenden Sozialismus<br />

wie im Kapitalismus haben wenige besonders<br />

reichhaltig von der Arbeitskraft<br />

aller profitiert. Die Bonzen der DDR waren<br />

die vom Partei-Kader, vom so genannten<br />

Aufschwung der letzten Jahre<br />

haben in Deutschland nur die 10 % der<br />

Bevölkerung mit dem größten Vermögen<br />

profitiert. Gleichzeitig nimmt die Zahl der<br />

Arbeitnehmer, die prekär beschäftigt<br />

sind (bei den unter 30-Jährigen sind es<br />

60 %) und die Zahl derer, die ihren Lohn<br />

durch Hartz IV aufstocken müssen, ständig<br />

zu. Die Schere zwischen arm und<br />

reich geht immer weiter auf.<br />

Wie können wir gegensteuern? Wie<br />

kommen wir zu mehr Gerechtigkeit, zu<br />

einem sozialen Ausgleich?<br />

Wie wäre es mit einem bedingungslosen<br />

Grundeinkommen (BGE)?<br />

Oh, ich höre schon die Skeptiker. Wie<br />

soll das funktionieren? Ein Einkommen<br />

für alle ohne Arbeit, wer geht dann arbeiten?<br />

Wer erwirtschaftet das ganze<br />

Geld, das verteilt wird?<br />

Heute hat jeder Mensch ein Einkommen. Denn jeder Mensch braucht<br />

ein Einkommen. Und alle Einkommen werden erwirtschaftet. Dabei<br />

gehen nur 4 von 10 Deutschen einer bezahlten Arbeit (Erwerbsarbeit)<br />

nach. 3 von 10 bekommen ihr Einkommen von den Angehörigen<br />

(hauptsächlich Kinder und Jugendliche), 2 von 10 beziehen<br />

Rente oder Pension, 1 von 10 Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe.<br />

Also bekommen mehr als die Hälfte der Bürger ein Einkommen obwohl<br />

sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Sie bekommen ein so<br />

genanntes Transfereinkommen, ein Einkommen, für das sie keiner<br />

Arbeit nachgehen müssen. So fremd kann uns also ein Grundeinkommen<br />

gar nicht sein.<br />

Neu daran ist lediglich die Bedingungslosigkeit!<br />

Wie ist die Situation heute? Vollbeschäftigung ist längst in weite<br />

Ferne gerückt, der Arbeitsmarkt bietet nicht genug Arbeitsplätze<br />

für alle, er bringt dazu die Leistung der sozialen Integration in Zukunft<br />

nicht mehr auf.<br />

Alle politischen Kräfte von links bis<br />

rechts rufen nach Wirtschaftswachstum<br />

und verdrängen die Chance, qualitativ<br />

höherwertige und neue Organisationsmodelle<br />

für die Gesellschaft zu entwerfen.<br />

Dabei bedeutet Wirtschaftswachstum<br />

nicht mehr Arbeitsplätze. Unter<br />

dem Strich hat es in den letzten Jahren<br />

mehr Arbeitslose geschaffen. Und dem<br />

Staat, um was geht es dem? Um mehr<br />

Arbeitsplätze oder um die Steuereinnahmen<br />

aus diesen?<br />

Die Logik der Erfolgsgeschichte ist ja<br />

gerade Arbeit zu verringern (Rationalisierung).<br />

Kein Manager wird einen Weg in der<br />

Produktion einschlagen, der mehr Arbeit<br />

schafft.<br />

Das Ziel der Wirtschaft ist also, mit immer<br />

weniger Arbeit immer mehr zu produzieren<br />

und nicht mehr Arbeitsplätze<br />

zu schaffen!<br />

Unser System ist also in einer Sackgasse. Soll man nun auf „Teufel<br />

komm raus“ auf Wirtschaftswachstum setzen oder offen sein für<br />

neue Formen des Zusammenlebens und dessen Finanzierung?<br />

Es gibt verschiedene Modelle für ein bedingungsloses Grundeinkommen,<br />

allen gemeinsam ist die Definition des Netzwerks Grundeinkommen:<br />

„Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das bedingungslos<br />

jedem Mitglied einer politischen Gemeinschaft gewährt wird.“<br />

Naturmode für Damen<br />

Geschenkartikel aus aller Welt<br />

Reichhaltiges Teesortiment<br />

Niemenstraße 4, 79098 Freiburg<br />

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-18.30 Uhr, Sa 10-16 Uhr<br />

www.malina-shop.de


FREIeBÜRGER 05<br />

Es gibt 4 Kriterien: Das Grundeinkommen soll<br />

1. die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen<br />

2. einen individuellen Rechtsanspruch darstellen<br />

3. ohne Bedürftigkeit ausgezahlt werden<br />

4. keinen Zwang zur Arbeit bedeuten<br />

Ein Grundeinkommen bedeutet jedoch nicht für jeden mehr Geld. Es<br />

kommt nicht von oben und nicht obendrauf, es wächst in das bestehende<br />

Einkommen. Es wird nur der Anteil des Erwerbseinkommens<br />

geringer. Das Grundeinkommen ist eine andere Art von<br />

Einkommen, kein Mindestlohn oder Bezahlung für irgendetwas. Es<br />

ist nicht an die Arbeit gebunden, sondern bleibt bei der Person<br />

auch bei allen Veränderungen.<br />

Vorteile für den Einzelnen:<br />

- Absicherung durch Grundeinkommen<br />

- Möglichkeit, frei über seinen Arbeitsplatz zu entscheiden<br />

- Individuelle Ideen umsetzen<br />

- Zeit für Kreatives<br />

- Höhe so, dass er nicht unbedingt arbeiten muss<br />

Menschen, die heute auf Sozialhilfe<br />

angewiesen sind, wären<br />

es dann nicht mehr. Das bedingungslose<br />

Grundeinkommen<br />

ersetzt staatliche Hilfe bis zu<br />

seiner Höhe. Nur wo Sozialleistungen<br />

darüber hinaus nötig<br />

sind, bleiben sie bis zu diesem<br />

Betrag erhalten.<br />

Mehr Geld haben nur die in der<br />

Tasche, die vorher weniger<br />

hatten. Das heißt, vor allem<br />

Kinder und Jugendliche, Familien,<br />

Empfänger von zu geringen<br />

Renten, prekär Beschäftigte<br />

und Selbstständige, die sich<br />

arm arbeiten, würden davon<br />

profitieren.<br />

Ein Grundeinkommen hebt<br />

also Armut auf und stabilisiert<br />

den Mittelstand auf einer Ausgangsbasis und es nimmt die Angst<br />

vor dem Alter!<br />

Das bedingungslose Grundeinkommen ist jedoch kein Geld, welches<br />

die einen den anderen geben, keine nachtragende Hilfe bei<br />

Not, sondern eine Perspektive für alle.<br />

Ein Grundeinkommen setzt nicht den besseren Menschen voraus.<br />

Es löst auch nicht die Probleme mit Geld, aber es ermöglicht mehr<br />

Lösungen durch die Menschen!<br />

Thomas Paine (1737-1809) ist der Begründer der Menschenrechte.<br />

Seine Ideen hatten großen Einfluss auf die erste demokratische<br />

Verfassung der Welt. Der Name „United States of America“ war<br />

seine Idee. Er ist der Ansicht, dass die Rechte aller Menschen gleich<br />

sind aufgrund des Menschseins! Schon er war für eine Art Grundeinkommen<br />

und begründet es so: Die Erde ernährt alle, die darauf<br />

leben. Also steht jedem etwas Land zu. Wenn alles Land schon<br />

verteilt ist, dann muss es einen Ausgleich geben...<br />

Würde dann noch jemand arbeiten gehen, wenn es ein Grundeinkommen<br />

gibt?<br />

Die Leistungen im Jahr 2001, Quelle statistisches Bundesamt: 56<br />

Milliarden Arbeitsstunden in bezahlter Arbeit stehen 96 Milliarden<br />

Arbeitsstunden in ehrenamtlicher, privater, Haus- und Elternarbeit<br />

gegenüber. Schon heute wird also mehr Arbeit unentgeltlich erledigt.<br />

Die Befürchtung, dass alle faul in der Hängematte liegen, ist also<br />

grundlos!<br />

Allerdings reicht das Geld als Anreiz eine Arbeit anzunehmen nicht<br />

mehr aus. Vielleicht muss man neue Anreize schaffen, damit die<br />

Leute Arbeit annehmen. z.B. bessere Arbeitsbedingungen, höhere<br />

Bezahlung, sinnvollere Arbeitsaufgaben.<br />

Natürlich kann ein Grundeinkommen auch missbraucht werden:<br />

Wenn man es zu niedrig ansetzt und alle weiteren Sozialleistungen<br />

streicht. Dann ist es nicht ausreichend zum Leben und dann herrscht<br />

faktisch Arbeitszwang für jeden.<br />

Oder wenn man das BGE verfälscht durch Auflagen und Sondermodelle.<br />

Dann hat man eine Situation wie heute... nur verschärft!<br />

www.drooker.com<br />

Was ist Wirtschaft? Für wen<br />

ist sie eigentlich da?<br />

Wirtschaft ist ein Teilbereich<br />

des menschlichen Zusammenlebens.<br />

Sie sollte uns Menschen<br />

neue Produkte schaffen,<br />

neue Möglichkeiten eröffnen,<br />

Lebensqualität erhöhen...<br />

Die Realität sieht allerdings<br />

anders aus: Die Wirtschaft ist<br />

ein eigenständiger Kreislauf,<br />

der nicht unbedingt zum Wohle<br />

des Menschen funktioniert.<br />

Er kann heute sogar Menschen<br />

zerstören!<br />

Wir müssen uns vom Gedanken<br />

frei machen, dass nur wer<br />

arbeitet, auch das Recht zum<br />

Essen hat. Lebensmittel und<br />

Produkte haben wir mehr als<br />

genug. Unser Problem ist: Die<br />

Arbeit geht uns aus!<br />

Alle Investitionen in neue Arbeitsplätze sind in Wahrheit Rationalisierungsmaßnahmen.<br />

Es werden Möglichkeiten und Wege<br />

entwickelt, um Arbeit einzusparen!<br />

Viele Menschen, die einen Arbeitsplatz haben, haben in Wirklichkeit<br />

einen Einkommensplatz, d.h., sie üben eine Tätigkeit aus, nur<br />

damit sie ein Einkommen bekommen. Wünsche und Ideen bleiben<br />

auf der Strecke, Fähigkeiten bleiben unberücksichtigt. Oft sehen<br />

Arbeitnehmer keinen Sinn in ihrer Tätigkeit, das schafft gesellschaftliche<br />

Probleme wie Frustration oder Dauerkrankheiten!<br />

In Deutschland sehen sich nur 12 % der Arbeitnehmer ganz und gar<br />

am richtigen Arbeitsplatz, 54 % sind einigermaßen unzufrieden, sehen<br />

aber auch gute Aspekte, 34 % (das ist jeder dritte!) sind außerordentlich<br />

unzufrieden mir ihrer Arbeitsstelle (Quelle: DGB).<br />

Der so genannte Arbeitskampf ist eigentlich ein Einkommenskampf.<br />

Weil die Arbeitnehmer ein Einkommen für ihre Arbeitsleistung erhalten,<br />

kämpfen sie um ihren Arbeitsplatz. Würden sie das tun,


06 FREIeBÜRGER<br />

wenn sie ein Grundeinkommen hätten? Und: Es gibt kein Recht auf<br />

zugewiesene Arbeit. Es gibt kein Recht auf Pflicht. Und kein Recht<br />

darauf, gekauft zu werden.<br />

Ein Recht auf Arbeit kann immer nur das Recht zu der Arbeit sein,<br />

die jemand von sich aus tut. Und ein solches Recht braucht ein<br />

Recht auf Einkommen!<br />

Eine Umfrage in Deutschland: Wenn sie ein bedingungsloses<br />

Grundeinkommen hätten, würden sie selber dann noch arbeiten<br />

gehen?<br />

60 % Ja<br />

30 % Ja, aber vielleicht etwas<br />

anderes oder nicht mehr Vollzeit<br />

10 % würden erst einmal ausschlafen,<br />

würden verreisen,<br />

sich um andere kümmern, vielleicht<br />

nochmals studieren.<br />

Die Befürchtungen, dass niemand<br />

mehr Geld erwirtschaftet<br />

und alle nur noch faul Zuhause<br />

bleiben, sind also unbegründet.<br />

Das Grundeinkommen<br />

soll zum Lebensnotwendigen<br />

auf einem kulturtauglichen Niveau reichen.<br />

Mehr Geld verdienen zu wollen wird also weiterhin so normal wie<br />

vorher sein, um sich Wünsche zu erfüllen und die steigenden Bedürfnisse<br />

zu befriedigen!<br />

Doch wer macht dann die so genannte Drecksarbeit?<br />

Da gibt es drei Möglichkeiten:<br />

1. Die Arbeit besser bezahlen und bessere Bedingungen<br />

schaffen<br />

2. 2. Automatisieren und rationalisieren<br />

(Beispiel: Müllabfuhr: Früher fuhren 3 Leute auf einem Wagen<br />

mit, der Fahrer und 2 Arbeiter, welche die Tonnen zum Wagen<br />

brachten, sie entleerten. Heute gibt es in machen Orten schon<br />

Fahrzeuge mit einem mechanischen Greifarm, der die Tonnen<br />

greift und in den Wagen leert. Nur noch ein Fahrer ist nötig!)<br />

3. Selber machen.<br />

Was bringt das Grundeinkommen<br />

für die Gesellschaft?<br />

Der Schweizer Soziologe Ulrich<br />

Maeder sieht den Vorteil,<br />

dass die Leute ihr Leben weniger<br />

an der Erwerbsarbeit<br />

ausrichten. Es gibt eine Fokusierung<br />

auf die Sinnfrage. Was<br />

ist mir wirklich wichtig im Leben?<br />

Ein Grundeinkommen<br />

würde vielen Menschen den<br />

Rücken stärken, ihnen mehr Sicherheit<br />

verleihen.<br />

Dazu würde es seiner Meinung nach einen Kreativitätsschub geben<br />

und einen Zufriedenheitsschub.<br />

Außerdem würden die Menschen weniger kontraproduktiv mit dem<br />

Ellenbogen vorangehen. Sie würden weniger drauf erpicht sein, auf<br />

Kosten anderer profitieren zu können. Im heutigen System herrscht<br />

eine extreme Konkurrenz, bei dem die Mechanismen der Solidarität<br />

unterlaufen werden.<br />

Da man mit dem Grundeinkommen finanziell auf einem gewissen<br />

Niveau unabhängig ist, muss man nicht unbedingt arbeiten oder<br />

kann Teilzeit arbeiten und hat so mehr Zeit für seine Familie oder die<br />

Pflege von Angehörigen. Familienbande würden verstärkt und viele<br />

Angehörige hätten im Alter eine bessere Betreuung.<br />

Dadurch, dass man nicht jeden Job annehmen muss, ist die Position<br />

des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber gestärkt. Der<br />

Arbeitnehmer kann auf gleicher Augenhöhe verhandeln und seine<br />

Vorstellungen von Arbeit (Bedingungen, Lohn, Ideen) besser einbringen,<br />

was zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas führen kann.<br />

Zeit für neue Ideen und Kreativität schaffen Innovation und damit<br />

neue Produkte und Arbeitsplätze.<br />

Die Frage ist doch: In was für einer Welt wollen wir leben?<br />

Wollen wir weiter einen Wirtschaftskreislauf unterstützen, der nur<br />

einige Wenige reicher macht, während viele von ihrem Lohn nicht<br />

mehr leben können?<br />

Wollen wir zu einer Erwerbsarbeit gehen, in der wir keinen Sinn<br />

sehen? Wollen wir weiter unsere Fähigkeiten ungenutzt lassen und<br />

unsere Wünsche hinten anstellen?<br />

Oder wollen wir nach dem technischen Fortschritt auch einen sozialen<br />

Fortschritt, also ein qualitativ höherwertiges Leben für alle?<br />

Micky<br />

Im Teil II geht es dann um die Finanzierung des bedingungslosen<br />

Grundeinkommens. Kritiker sagen immer, es wäre nicht zu finanzieren.<br />

Einige Volkswirtschaftler sind da allerdings anderer Meinung.


FREIeBÜRGER 07<br />

Beschäftigung auf Teufel komm raus!<br />

Der renommierte Tübinger Politikwissenschaftsprofessor Josef<br />

Schmid und sein Mitarbeiter Harald Kohler haben eine Studie<br />

zum Thema „Wer sind die Langzeitarbeitslosen?“ erstellt. Der<br />

rasante Anstieg der Zahl der Langzeitarbeitslosen in den letzten<br />

Jahren, sowie die besondere Situation auf dem Freiburger Arbeitsmarkt<br />

waren der Auslöser der Studie.<br />

Es kristallisierte sich immer<br />

mehr folgende Problematik heraus:<br />

Qualifizierte Kräfte fehlen,<br />

aber andererseits gibt es viele<br />

Arbeitslose „mit multiplen<br />

Vermittlungshemmnissen“.<br />

Eine bedeutende Gruppe sind<br />

Langzeitarbeitslose über 50<br />

Jahre ohne Berufsausbildung.<br />

Um auch sie in den ersten Arbeitsmarkt<br />

zu vermitteln, wurden<br />

die 1-Euro-Jobs innerhalb<br />

der Hartz-Gesetze installiert.<br />

Doch Freiburg schnitt schlecht<br />

ab: Die Eingliederungsquote<br />

lag in den Jahren 2006 und 2007<br />

bei jeweils 8-9 % unter der von<br />

Baden-Württemberg. Südbadens<br />

DGB-Chef Jürgen Höfflin<br />

hat beobachtet, dass vielen 1-Euro-Jobbern ihre Arbeit Spaß macht,<br />

die Dauer der Beschäftigung (6 oder 9 Monate) aber viel zu kurz sei.<br />

Durch die kurze Dauer gäbe es so kaum Vermittlungschancen. Sein<br />

Vorschlag heißt daher, dass ein viel größerer Zeitraum in Erwägung<br />

gezogen werden sollte. Herr Jürgen Höfflin empfiehlt 10 Jahre!<br />

Eine weitere besondere Gruppe in Freiburg sind die Hartz IV-Empfänger<br />

mit Hochschulreife. Die Anzahl derer ist nämlich doppelt so<br />

hoch als im Vergleich zum Land. Seit Juli 2008 versucht der Gesetzgeber<br />

Schritt für Schritt mit einer neuen Förderung das Problem zu<br />

beheben. Es gibt für über 50-Jährige einen langfristigen Beschäftigungszuschuss,<br />

bei der die Arge 75 % bezahlt, die restlichen 25 %<br />

muss der Arbeitgeber aufbringen. 52 solcher Arbeitsverhältnisse<br />

gibt es inzwischen in Freiburg.<br />

Das Projekt heißt ÖBS (Öffentlicher Beschäftigungssektor). Die<br />

Arge will den ÖBS systematisch aufbauen: Bis zu 200 Arge-Kunden<br />

kämen dafür in Frage, sagte Wilfried Weiher, der Bereichsleiter<br />

der Agentur für Arbeit. Vorstellbar wären diese Jobs im öffentlichrechtlichen<br />

Bereich und auch in der Privatwirtschaft. Die wichtigste<br />

Bedingung der ÖBS-Jobs ist, dass sie sozialversicherungspflichtig<br />

sind. Ein Befürworter des ÖBS ist auch unser Sozialbürgermeister<br />

Herr Ulrich von Kirchbach.<br />

Meine Meinung dazu:<br />

Grundsätzlich ist es ja gut, dass die Arge nun doch ihre Aufgabe<br />

des „FÖRDERNS“ aktiv wahrnehmen will. Allerdings: Warum musste<br />

erst eine Studie erstellt werden? Es war doch schon lange klar, dass<br />

der Freiburger Arbeitsmarkt stets schlechter ist, als im Landesdurchschnitt<br />

und welche Personengruppen davon betroffen sind. Hatte<br />

sich das noch nicht zu den Finanzierern der Studie herumgesprochen?<br />

(Arge Freiburg, DGB Südbaden-Hochrhein und die Hans-<br />

Böckler-Stiftung)<br />

Das neue Projekt ÖBS der Arge wirkt auf den ersten Blick positiv:<br />

Die Arge zahlt 75 % des Lohns, wenn die Beschäftigung sozialver-<br />

sicherungspflichtig ist. Den Rest zahlt der Arbeitgeber. Aber je nachdem<br />

wie das Projekt umgesetzt wird, ist es entweder wettbewerbsverzerrend<br />

oder bietet nur für eine sehr kleine Zahl langzeitarbeitsloser<br />

Menschen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.<br />

Ich bin beispielsweise noch nicht 50 Jahre alt. Außerdem dürften<br />

viele Minijobber und 400-Euro-Jobber nicht „in den Genuss“ dieses<br />

neuen Programms kommen.<br />

Jetzt rächt es sich, dass viele<br />

Langzeitarbeitslose eine solche<br />

Beschäftigung angenommen<br />

haben. Ich vermute, dass<br />

die ÖBS-Jobs im Niedriglohnbereich<br />

angesiedelt sind. Der<br />

Beschäftigte dürfte nicht mehr<br />

als ca. 800-1000 Euro Netto im<br />

Monat verdienen. Die Arge<br />

rechnet damit, dass bis zu 200<br />

Langzeitarbeitslose für den<br />

ÖBS in Frage kommen: Das<br />

sind im Verhältnis sehr wenige<br />

Menschen – bezüglich der<br />

Arge gilt aber wohl mittlerweile<br />

das Motto: „Besser wenig<br />

als Nix“.<br />

Alexander


08 FREIeBÜRGER<br />

Schneeflocke im Haifischbecken<br />

Wiedermal auf Budensuche<br />

in Freiburg. In Freiburg<br />

und trotzdem voller<br />

Optimismus, wenn auch<br />

eher zweckbeding-tem,<br />

denn meine maroden, zugigen<br />

12 qm Stühlinger-Altbau<br />

mit Klo über’n Hof für<br />

320 Euro „warm“ sollen<br />

zuerst renoviert, und danach<br />

an jemanden vermietet<br />

werden, der es sich dann<br />

noch leisten kann. Ich kann<br />

es sicherlich nicht mehr,<br />

denn es war bisher schon<br />

mein Privatvergnügen, was<br />

ich dank Amtsbescheid<br />

vom Hartz IV/ALG II-Satz<br />

auf die Mietkosten draufbezahlen<br />

musste, aber die<br />

Übernahme von Miet- und<br />

Nebenkosten durch die Arge ist wieder ein ganz anderes Thema.<br />

Also dann: Die Kündigung mangels amerikanischem Staranwalt<br />

akzeptieren, Kaffee kochen, Kippe drehen und den Markt sondieren.<br />

Beim ersten neugierigen Blick in die Zypresse stelle ich freudig<br />

überrascht fest, dass Freiburgs Wohnungsmarkt mich eigentlich<br />

mit offenen Armen empfängt, es gibt tatsächlich einiges an gutem<br />

und bezahlbarem Wohnraum. Uneigentlich wird es schon beim zweiten<br />

Blick: dann, wenn man/frau die 80 Prozent der Wohnungs- und<br />

Zimmerangebote wegstreicht, die von Haifischen... hoppla, Verzeihung...<br />

wollte sagen: ‘Immobilienmaklern’... zu unglaublichen finanziellen<br />

Konditionen angeboten werden. Konditionen die ich nicht<br />

erfüllen KANN und die meine Arge nicht erfüllen WIRD. (Bevor<br />

sich jetzt jemand auf seinen Seidenschlips getreten fühlt: Es gibt<br />

sicher auch korrekte Makler die Menschen wie mir/uns helfen wollen,<br />

mir ist leider nur noch keiner begegnet.)<br />

Weitere zehn Prozent gehen durch Herkunft und Lebensweg komplett<br />

auf meine eigene Kappe, denn für viele Anbieter von Zimmern<br />

bin ich scheinbar schon am Telefon als nicht WG-tauglich zu entlarven:<br />

entweder aufgrund meines wirklich biblischen Alters von 42<br />

Jahren, oder wegen der Tatsache nur einen Hauptschulabschluss<br />

zu besitzen („Ach Gottchen du Armer, da kannst du ja nie studieren!“),<br />

oder schlicht und ergreifend weil ich als Freiburger so blöd<br />

und uncool bin badisch zu schwätze! Vielleicht auch nur, weil ich<br />

von Dr. Hartz lebe, und nicht von Professor BaFöG?! Wie auch<br />

immer: Bei unzähligen „so genannten“ Vorstellungsgesprächen, besser<br />

gesagt ‘Verhören’ mit dieser Art von WG-Bewohnern habe ich<br />

regelmäßig wahrgewordene Alpträume erlebt, mehr als einmal das<br />

Gefühl gehabt vor der versammelten heiligen römischen Inquisition<br />

zu sitzen, und bei schlechtem Gesprächsverlauf eventuell auf dem<br />

Scheiterhaufen in der Gemeinschaftsküche verbrannt zu werden.<br />

Seither schenke ich mir einen Teil der Anzeigen, und den damit<br />

verbundenen entwürdigenden Seelen-Striptease vor grinsenden<br />

Idioten, und das in alle Ewigkeit!<br />

Es sind ja noch zehn Prozent, die bei näherer Betrachtung der geforderten<br />

Mieten jedoch furchtbar schnell zu mageren fünfen schrumpfen,<br />

will man seinen zuständigen Sachbearbeiter in der Leistungsabteilung<br />

nicht in den Wahnsinn treiben, angesichts von 350 Euro<br />

Miete und/oder drei Monatsmieten Kaution. Das will ich natürlich<br />

auf gar keinen Fall...<br />

Der Tragödie erster Teil<br />

Schlimm genug, dass sein<br />

linkes Augenlid nervös zu<br />

zucken beginnt, wenn ich<br />

sein Büro betrete! Ebenso<br />

wenig möchte ich auf einem<br />

Einöd-Hof im Hotzenwald<br />

wohnen, oder mich als vollkommen<br />

ausgelieferter<br />

Hartz’ler in einer der einschlägigen<br />

Adressen (die<br />

da heißen Lehener Straße<br />

soundsoviel, Kandelstraße<br />

irgendwas, etc.) einmieten.<br />

In diesen Genuss<br />

bin ich unter anderem direkt<br />

nach meiner Wohnsitzlosigkeit<br />

gekommen und<br />

das war weder gut für meinen<br />

Schönheitsschlaf noch<br />

für mein Selbstwertgefühl.<br />

Es war einfach nur besser<br />

als weiter auf der Straße zu leben. Das ist jetzt wohl der falsche<br />

Moment an diese Zeiten zu denken, aber es sind schon wieder ein<br />

paar durchgestrichene Anzeigen mehr.<br />

Mir bleiben zwei Prozent. Nach einigen Telefonaten habe ich verdammt<br />

viel an Menschenkenntnis gewonnen, gleichzeitig wieder<br />

ein gutes Prozent an Möglichkeiten verloren, denn ich bin meinem<br />

Gegenüber am Telefon entweder zu wenig Student, zu sehr arbeitslos,<br />

rauche die weißen Wände gelb, oder habe schlicht und ergreifend<br />

das falsche Geschlecht. Ich denke es kurz an, aber die Kosten<br />

für eine Geschlechtsumwandlung übernimmt die Arge vermutlich<br />

nicht, die zahlen ja nicht mal meinen Strom, also arbeite ich mich<br />

weiter durch die letzten verbliebenen Annoncen. Inzwischen ist der<br />

Kaffee kalt... und mein Optimismus im Arsch.<br />

Noch ein Prozent Hoffnung und einen dicken Kloß im Hals, da<br />

rappelt mein Handy. Ruft tatsächlich noch einer von denen zurück<br />

auf deren AB ich gesprochen hab? Eine ältere Dame ist dran, und<br />

während sie mich fragt ob ich Zeit habe, spring ich schon in die<br />

Stiefel. Die zieht es mir direkt wieder aus als ich kurz darauf vor ihr<br />

stehe, ihr zieht es die Pumps aus als sie vor MIR steht. Schön wenn<br />

Kommunikation einmal nur über die Augen stattfindet... wir wissen<br />

beide sofort, dass es sinnlos und eine Farce wäre die „Zimmerbesichtigung“<br />

fortzusetzen, oder besser gesagt sie überhaupt ernsthaft<br />

zu beginnen. Die Bude ist zwar günstig und aushaltbar klein,<br />

aber es riecht wie im Münster am Volkstrauertag und man sieht<br />

kaum die Treppenhauswände vor lauter Verbotsschildern, ob man<br />

hier im Haus auch etwas darf? Und viel abschreckender: sie verachtet<br />

mich offensichtlich vom ersten Augenblick an, in ihren Augen<br />

lese ich was von „Penner“!<br />

Während mir der Wind in der Klarastraße den Geruch von Mottenkugeln<br />

aus den Klamotten pustet, klingelt schon wieder mein Handy.<br />

Hört, hört, schon der zweite Rückruf! Ein Herr ist dran, sagt „Grüß<br />

Gott!“ und gibt mir die genauen Daten eines Zimmers durch: 23qm,<br />

Altbau, eigenes Klo und Dusche... mein Puls rast... auch noch zentral<br />

gelegen, 250 warm... ein Highlight jagt das andere, ich drohe vor<br />

Freude ohnmächtig zu werden. Kaum zappele ich an seinem Haken<br />

reißt er ihn brutal wieder raus: „dann bräuchte ich noch einen aktuellen<br />

Kontoauszug von Ihnen, die letzte Gehaltsabrechnung oder<br />

eine Mietgarantie von ihrem Vater, und selbstverständlich auch die<br />

schriftliche Referenz ihres Vorvermieters“. „Selbstverständlich“, sag<br />

ich noch, und „danke für’s Gespräch“.


FREIeBÜRGER 09<br />

Der erste Tag: anscheinend massig Angebote, dann viel Durchgestrichenes,<br />

noch mehr Enttäuschungen, eine leertelefonierte<br />

Handykarte, immerhin noch mit einem kurzen Live-Auftritt bei Frau<br />

Blockwart, und „selbstverständlich“ nicht zu vergessen das Gespräch<br />

mit dem freundlichen Herrn von dem ich Gott grüßen sollte,<br />

der aber trotzdem ganz unchristlich und wenig nächstenliebend<br />

alles von mir wissen wollte außer meiner Blutgruppe und der Häufigkeit<br />

meines Geschlechtsverkehrs. Und was nun? Sämtliche Annoncen<br />

sind weggestrichen, nichts mehr für mich übrig, null Prozent.<br />

Wie schon so oft, zu oft, wie viele andere auch seit Jahren,<br />

steck ich schon wieder bis zum Hals, gefühlt noch tiefer drin in<br />

dieser Scheiße, in diesem Horror namens „Wohnungsmarkt in Freiburg“.<br />

Und das als Empfänger von Sozialleistungen, und damit von<br />

amtswegen schon mit stark eingeschränkten, mit richtig mies geringen<br />

Chancen, Chancen auf eigene vier Wände. Vier Wände die<br />

nicht groß sein müssen, oder besonders schön... aber bezahlbar<br />

und vor allem eines: menschenwürdig! Mit den Auflagen vom Amt<br />

und den Erwartungen der meisten Vermieter (und/oder Makler!)<br />

scheint das, nein, ist das schier unmöglich. Es gibt diese Bude, für<br />

jeden, aber wir kommen verdammt nochmal nicht dran. Erzähl mir<br />

bloß keiner mehr was über die Chancen einer Schneeflocke in der<br />

Hölle... ich fühl mich gerade eher wie die Schneeflocke im Haifischbecken.<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

MIETERAUSKUNFT<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Immer mehr Vermieter verlangen vor Abschluss eines Mietvertrags<br />

immer umfassendere Informationen über den Mietinteressenten.<br />

In einer so genannten Selbstauskunft soll der Mieter<br />

Fragen zu seiner Person, seinem Einkommen, etc. beantworten.<br />

Mich hat deshalb interessiert, wie viel der Mieter seinem<br />

Vermieter mitteilen muss und ob es Fragen nach bestimmten<br />

Bereichen gibt, die der Mieter nicht beantworten muss. Und<br />

in wie weit es rechtliche Folgen haben kann, wenn der Mieter<br />

manche Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet.<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Zunächst gilt, dass keine Verpflichtung besteht, einen Fragebogen<br />

auszufüllen bzw. auf alle Fragen des Vermieters zu antworten.<br />

Die Chance eine Wohnung zu bekommen, vergrößert<br />

sich allerdings, wenn man den Wünschen nach Auskunft nachkommt.<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Allerdings muss der Mietinteressent nur soweit wahrheitsgemäß<br />

Auskunft geben, wie der Vermieter daran ein berechtigtes<br />

Interesse hat. Dazu gehören Fragen, ob der Mieter die Wohnung<br />

bezahlen kann, z.B. die Frage nach dem monatlichen<br />

Einkommen. Auch wenn die Miete nur mit Unterstützung des<br />

Sozialamts aufgebracht werden kann, muss der Vermieter hierüber<br />

informiert werden.<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Folgende Fragen z.B. sind zulässig und müssen wahrheitsgemäß<br />

beantwortet werden:<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Fragen nach der Person des Bewerbers und derjenigen Personen,<br />

die mit in die Wohnung einziehen wollen.<br />

Fragen nach dem bestehenden Arbeitsverhältnis (Dauer und<br />

Bestand)<br />

Fragen nach Haustieren, die in die neue Wohnung mitgenommen<br />

werden sollen<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

12345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121234567890123456789012345678901212345678901234567890123456789012123456789012345678901234567890121<br />

Mikel<br />

Diese Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden,<br />

bei falschen Antworten kann der Vermieter u. U. den Mietvertrag<br />

wegen arglistiger Täuschung anfechten. Manche Vermieter<br />

verlangen auch, dass der Mieter eine Selbstauskunft bei<br />

einer Auskunftsdatei (z.B. Schufa) einholt und dem Vermieter<br />

vorlegt.<br />

Fragen, die mit dem Mietvertrag nichts zu tun haben, muss der<br />

Mieter hingegen nicht korrekt beantworten. Dazu gehören u.a.<br />

Fragen nach Schwangerschaft, Nationalität, Hautfarbe;<br />

Zugehörigkeiten zu einer Religionsgemeinschaft; zum Vorvermieter/früheren<br />

Mietverhältnissen; Mitgliedschaft im Mieterverein;<br />

Mitgliedschaft in einer Partei; sexuellen Neigungen;<br />

Krankheiten; Aufenthaltsberechtigungen; Musikvorlieben; Hobbies.<br />

Werden solche Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet,<br />

hat das für den Mieter keine rechtlichen Folgen.<br />

Einige Vermieter fordern eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung<br />

vom letzten Vermieter, aus der sich ergibt, dass keine<br />

offenen Mietforderungen bestehen. Dies ist allein deshalb problematisch,<br />

weil noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein<br />

Mieter überhaupt einen Anspruch auf eine solche Bescheinigung<br />

hat.<br />

Da es in Freiburg eine Unterversorgung besonders mit preisgünstigem<br />

Wohnraum gibt, können die Vermieter aus einem<br />

großen Angebot ihren zukünftigen Mieter aussuchen. Klar ist,<br />

wer am bereitwilligsten Auskunft gibt, der hat die besten Chancen<br />

auf eine Wohnung. Da sitzen die Vermieter leider am längeren<br />

Hebel.<br />

Micky<br />

Ich danke dem Mieterverein Regio Freiburg e.V. für die schnelle<br />

Beantwortung meiner Fragen zu diesem Thema!


10 FREIeBÜRGER<br />

Schneller als man möchte…<br />

...kann man auf der anderen Seite des Lebens landen!<br />

Ich habe einen Schulabschluss und eine<br />

Ausbildung gemacht, was das wichtigste<br />

fürs spätere Leben ist. Habe immer<br />

gearbeitet und mir dadurch viel leisten<br />

können. In den letzten 20 Jahren, die ich<br />

größtenteils in Weil am Rhein gelebt<br />

habe, hatte ich das Glück, 11 Jahre als<br />

Bedienung und dann als Putze in Basel<br />

arbeiten zu können. Mein Mann hatte<br />

auch einen Job in der Schweiz und wir<br />

kamen auf einen Netto-Lohn von ca. 6000<br />

Franken. Wir hatten eine tolle zweistökkige<br />

Wohnung, 4 Motorräder und zwei<br />

Autos. Uns ging es echt verdammt gut.<br />

Als ich jedoch mit 38 Jahren durch meine<br />

Drogensucht im Gefängnis landete,<br />

musste ich mich entscheiden: Entweder<br />

zurück in mein altes Leben, Luxus und<br />

Drogen oder in eine fremde Stadt und<br />

obdachlos. Ich entschied mich für das<br />

zweite. Zum ersten Mal in meinem Leben<br />

hatte ich kein Dach überm Kopf und nur<br />

das, was ich am Leib trug. Durch den<br />

Kontaktladen erfuhr ich, dass es eine<br />

Notunterkunft gibt, wo ich für wenig Geld<br />

übernachten konnte. Dumm war, dass wir zwischen 8 Uhr und 18<br />

Uhr nicht ins Zimmer durften. Es gab dort eine Küche, die uns als<br />

Aufenthaltsraum zur Verfügung stand. Zweimal fand ich ein junges<br />

Mädchen auf der Toilette, das noch die Nadel im Arm stecken hatte<br />

und auch sonst waren dort echt viele, die Drogen und Tabletten<br />

konsumierten. Es war schrecklich! Ich kam mir so erbärmlich vor<br />

und bereute schon fast meinen Entschluss, nicht doch zu meinem<br />

Mann zurückgegangen zu sein.<br />

Ich blieb stark und lief mir die Füße heiß, um eine geeignete Wohnung<br />

oder Zimmer zu finden. Ich fand Einrichtungen, die mir halfen,<br />

warme Klamotten zu bekommen und die mir für 3 Monate ein kleines<br />

Zimmer zur Verfügung stellten.<br />

Durch Mitbewohner lernte ich das Ferdinand-Weiß-Haus kennen.<br />

Ich fand dort schnell Kontakt zu anderen Leuten, die auch durch<br />

Schicksalsschläge oder Tragödien auf der Straße gelandet sind.<br />

Super, dass es Institutionen gibt, die Unterstützung und Hilfe bieten,<br />

denn es gibt Menschen, die gar nicht allein die Kraft haben,<br />

sich noch mal aufzuraffen. Da ich schon sehr früh gelernt habe, auf<br />

eigenen Füßen zu stehen, fiel es mir relativ leicht, hier einen Neuanfang<br />

zu starten. Ich konnte erst mal für fast eineinhalb Jahren im<br />

Aufnahmehaus für Frauen bleiben, musste mich aber auch dort<br />

bewähren, indem ich mich selbstständig um Ämterangelegenheiten,<br />

Therapie und zum Schluss auch um eine eigene Wohnung gekümmert<br />

habe.<br />

In den 3 Jahren, die ich jetzt hier bin, verkehre ich weiterhin viel im<br />

Ferdi-Weiß-Haus. Es haben sich gute Freundschaften gebildet und<br />

auch sonst ist es ein Ort, wo man nicht nur gute Unterstützung von<br />

sehr kompetenten Sozialarbeitern bekommt, günstig essen kann und<br />

auch noch unter Gleichgesinnten ist. Schade ist, wenn ich sehe,<br />

dass sich echt nette Menschen einfach aufgeben oder keinen Antrieb<br />

haben, das Ruder noch mal rumzureißen. Sie schlafen lieber<br />

unter der Brücke oder in einem zugigen Schuppen, bevor sie sich<br />

aufraffen und sich um eine Wohnung kümmern. Ich habe natürlich<br />

schon mitbekommen, dass es gar nicht so leicht ist einen Wohnberechtigungsschein<br />

zu bekommen oder in einem Wohnheim einen Platz<br />

zu kriegen. Einige möchten sich nicht an Regeln halten (die natür-<br />

lich im Wohnheim einzuhalten sind) und<br />

wieder andere sind so am Boden zerstört,<br />

dass sie meinen, sie hätten eh keine<br />

Chance als Mieter angenommen zu werden.<br />

Bei sehr vielen ist der Alkoholkonsum<br />

schuld, dass sie immer wieder unangenehm<br />

auffallen und sie kassieren<br />

dadurch ein mehrwöchiges Hausverbot<br />

in öffentlichen Einrichtungen.<br />

Ich habe schon so einige gute Kollegen<br />

durch den übermäßigen Genuss von Alkohol<br />

und Medikamenten verloren. Die<br />

meisten waren jünger als ich. Bei jeder<br />

Trauerfeier, die wir im Ferdi-Weiß-Haus<br />

für unsere Kollegen abhalten, überlegen<br />

wir uns, wie wir dem, von dem wir eigentlich<br />

denken, dass er der nächste<br />

sein könnte, helfen können. Es tut oft<br />

weh, wenn wir merken, dass wir gar<br />

nichts ändern können. Sie haben sich<br />

aufgegeben!<br />

Im Fernsehen schau ich immer die Serie<br />

„ Ausreißer“. Da kümmert sich ein<br />

Streetworker um junge Leute und versucht<br />

sie wieder zurück auf die gerade Bahn zu bringen. Von den<br />

erwachsenen „Ausreißern“ verlangt man, dass sie die Kraft selbst<br />

aufbringen. Wenn sie es aber doch nicht schaffen, was dann? Dann<br />

lässt man sie halt liegen, oder wie?<br />

Ich musste auch zu meinem Glück gezwungen werden. Bei mir war<br />

es halt ein Richter, der mich ins Gefängnis geschickt hat. Es war<br />

heftig, aber ich bin ihm dankbar dafür, ehrlich!<br />

Das soll nicht heißen das man jeden, der sein Leben nicht in den<br />

Griff kriegt, wegsperren soll. Aber ist es denn verdammt noch mal<br />

nicht möglich, den Leuten einen neuen Sinn im Leben zu geben?!<br />

Diesen Artikel habe ich über mehrere Tage geschrieben und fast<br />

täglich kamen immer mehr neue Ereignisse dazu, die zu diesem Thema<br />

passen. Denn ich denke, dass auch unsere Gesellschaft nicht<br />

ganz unschuldig an der aussichtslosen Perspektive meiner Kollegen<br />

ist!<br />

Da sind ja seit einigen Wochen zwei Streetworker (Angelika u. Sebastian)<br />

im Stühlinger Park unterwegs, die Bedürftigen mit Rat und<br />

Tat zur Seite stehen. Letzte Woche waren sie bei diesem kalten<br />

Wetter mit Kaffee unterwegs und bioten diesen auch jedem an. Da<br />

war eine Frau oder Pflegerin Mitte Fünfzig mit einem im Rollstuhl<br />

sitzendem Herrn unterwegs. Sebastian bot den Herrschaften ebenfalls<br />

einen Kaffe an, denn er unterscheidet nicht zwischen obdachlos<br />

oder nicht, jedenfalls schaute die Dame (?) ihn von oben bis<br />

unten abwertend an und meinte:“ Er solle sie in Ruhe lassen.“ Als er<br />

ihr darauf hin seinen Ausweis als offizieller Sozialarbeiter zeigte,<br />

erwiderte sie, dass sie sich bei der Stadt Freiburg beschweren wolle,<br />

wegen Aufdringlichkeit, oder so ähnlich.<br />

Sebastian war ganz schön geschockt, wie manche Mitmenschen<br />

doch so arrogant auf uns reagieren. Da wundert es mich wirklich<br />

nicht, dass wir lieber unter uns bleiben und auch viele nicht in die<br />

„Normalo-Welt“ zurück wollen. Klar sind nicht alle so, das sieht<br />

man ja an unsern Lesern, aber es ist schon traurig wie manch andere<br />

Mitmenschen unter sich miteinander umgehen!<br />

Ich kann nur hoffen, dass sich diesbezüglich die Situation nicht<br />

immer noch mehr verschlechtert!<br />

Gina


FREIeBÜRGER 11<br />

Achtzehn, zwanzig, zwo und weg<br />

Am 9. und 10. Februar fand das 20. Skatturnier<br />

im Ferdinand-Weiß-Haus statt und dieses Jubiläum<br />

war Grund genug, dass sich die gesamte<br />

Freiburger Skat-Elite an diesen Tagen<br />

versammelte. Um 12.00 Uhr sollte<br />

es losgehen und eine Viertelstunde<br />

vorher gab es<br />

schon den Einmarsch der<br />

Heroen, einer nach dem anderen<br />

traf am Spielort ein und<br />

schon begannen die taktischen<br />

Spielchen, wie geringschätzige<br />

Blicke auf die Mitspieler und verbale<br />

Verunsicherung des Gegners usw.<br />

Pünktlich um zwölf begann dann die Turnierleitung auch mit der<br />

Auslosung, es fanden sich einige interessante Tische zusammen<br />

und schon konnten die Spiele losgehen. Kurz darauf ging es an den<br />

sechs Tischen rund, überall wurde auf Teufel komm raus gereizt,<br />

gezockt und natürlich im Anschluss über eventuelle Fehler diskutiert.<br />

Ständig wechselte die Führung, an den einzelnen Tischen, wie<br />

auch im Gesamtklassement. Als nach einer Stunde die erste Bierpause<br />

eingelegt wurde und sich die Kontrahenten draußen trafen,<br />

gingen die Diskussionen weiter. Wer hat welche Chancen, wer hat<br />

welche Fehler gemacht und wer hat keine Chance mehr. Am Ende<br />

des ersten Tages lag dann Hans in Führung gefolgt vom Rieselfeld-<br />

Ingo. Allerdings hatten die ersten acht noch ganz gute Aussichten<br />

auf den Turniersieg, sodass es einen spannenden zweiten Tag geben<br />

würde.<br />

Am Dienstag um 12.00 Uhr kam es dann zur Entscheidung. Die<br />

Auslosung der einzelnen Tische für Tag zwei wurde vorgenommen<br />

und zu meiner Freude stellte ich fest, dass ich mit dem Führenden<br />

Theater Freiburg spendet ans Ferdinand-Weiß-Haus<br />

Für die Laien-SchauspielerInnen war die Bettleroper ein Riesenerfolg: Von der Straße zum Proben ins Ferdinand-<br />

Weiß-Haus - und dann auf die Bühne des Stadttheaters.<br />

An diesem Samstag profitierten auch Ferdinand-<br />

Weiß-Haus, FreiRaum und St. Gabriel: Die Profi-<br />

SchauspielerInnen haben auf ihre Einkünfte verzichtet<br />

und einen Betrag von je 500.- Euro an die<br />

drei Einrichtungen der Freiburger Wohnungslosenhilfe<br />

gespendet!<br />

Das Team des Ferdinand-Weiß-Hauses führt im<br />

Sommer eine 4-tägige Freizeit mit BesucherInnen<br />

ins Elsass durch. Um die Kosten zu decken, freuen<br />

wir uns sehr über die Spende und bedanken uns -<br />

und zwar nicht nur für das finanzielle Engagement,<br />

sondern auch für das spürbare „Miterleben“ von<br />

Wohnungslosigkeit.<br />

Klaus Fournell<br />

Ferdinand-Weiß-Haus-Team<br />

an einem Tisch saß. So hatte ich als Viertplatzierter doch noch die<br />

Chance, aus eigener Kraft noch den Turniersieg zu erringen, ich<br />

musste nur besser sein als er! Das Unternehmen nahm seinen Lauf!<br />

Gleich am Anfang der Runde bekam ich einen Grand mit vieren,<br />

gewann ihn souverän und hatte somit schon mal ne Menge Punkte<br />

gut gemacht. Gleich im nächsten Spiel bekam ich vier Asse und zwei<br />

Zehner auf die Hand, allerdings keinen Buben und so spielte ich<br />

dann auch noch einen Grand ohne Vieren, welchen ich dann aber<br />

dank beschissener Kartenverteilung verloren habe, somit waren<br />

meine Chancen auf den Turniersieg auf ein Minimum geschrumpft.<br />

Wenigstens ist es mir gelungen, dem Spitzenreiter das eine oder<br />

andere Spiel umzudrehen, so dass er auch nicht mehr wie der sichere<br />

Sieger aussah. Aber wie so oft stellt sich das Glück als wechselhafte<br />

Hure heraus und Hans im Glück wurde am Ende doch noch<br />

Sieger des Events. Überraschender zweiter wurde Genosse Veetgyan,<br />

obwohl der das Skat spielen erst vor kurzem erlernt hatte. Ingo<br />

landete auf Rang drei und vertrat das Rieselfeld somit würdig. Danach<br />

folgten die Vertreter vom FREIeBÜRGER, nämlich Reinhold<br />

und ich.<br />

Skat-Oberguru Klaus Fournell, seines Zeichens Veranstalter vom<br />

FWH, landete übrigens weit abgeschlagen auf dem 14. Platz! (Hallo<br />

Klaus, in der Einladung stand: keine Anfänger!).<br />

Am Ende war trotzdem fast jeder zufrieden, nach der Siegerehrung<br />

wurden noch diverse Frustbiere getrunken und das ein oder andere<br />

Revanchematch vereinbart. Alles in allem war es eine gelungene<br />

Veranstaltung und wir alle hoffen, dass es nicht das letzte Skatturnier<br />

im Ferdinand-Weiß-Haus war, denn angesichts der Umbaumaßnahmen<br />

macht man sich darüber schon Gedanken.<br />

Dankeschön an die Veranstalter und die zahlreichen Teilnehmer!<br />

Carsten


12 FREIeBÜRGER<br />

Breisgau-Hochschwarzwald Die Leistungen des Sozialstaats sollen<br />

vor allem „aktivierend wirken“, äußerte unser Bundesfinanzminister<br />

noch aufmunternd 2006. Wie sinnig! Wenn gleichzeitig die<br />

Politik zum Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel umgebaut wird. Wie viele<br />

Rauswürfe hat der „Kleine Mann“ einzuplanen?<br />

Ach ja! – Ich vergaß: Wenn etwas schief gelaufen ist, handelt es<br />

sich ja immer nur um einen bedauerlichen Einzelfall. Einen solchen<br />

Einzelfall will der FREIeBÜRGER diesmal vorstellen. Kennen gelernt<br />

habe ich Stephan Böhler 2007 als Kurzzeitmieter und Ein-Euro-<br />

Jobber im Aufnahmehaus der Wohnungslosenhilfe des Landkreises.<br />

Immerhin wurde dem jungen Mann dort jener Weg gewiesen,<br />

den er heute mit Zuversicht beschreitet.<br />

Stephan, mit 24 Jahren bist du<br />

erst Azubi. Das ist ungewöhnlich.<br />

Was hattest du für eine Kindheit<br />

und Schulzeit? Gab es früher<br />

keine Lehrstelle für dich?<br />

Ich bin im Wiesental groß geworden,<br />

bei der Mutter. In Lörrach bin<br />

ich auf die Pestalozzi Förderschule<br />

gekommen, denn mit dem Lesen,<br />

Schreiben und Rechnen konnte<br />

ich mich nicht so gut anfreunden.<br />

Der Pestalozzi Schule verdanke ich<br />

viel. Nach neun Jahren konnte ich<br />

einen guten Abschluss machen.<br />

Nur leider ist eine Förderschule<br />

nicht gut angesehen.<br />

Langer Weg, zahlreiche Baustellen<br />

Hast du dann den Hauptschulabschluss<br />

nach geholt?<br />

Nein, das nicht. Das Jugendamt<br />

hat vorgeschlagen ich soll auf dem<br />

Bau lernen. Nach einem Praktikum<br />

als Zimmermann hätte ich nach Stuttgart-Vaihingen/Enz gehen sollen,<br />

doch dazu kam es dann nicht, weil der Zimmermann, bei dem ich<br />

arbeitete, mich für zu schwach für den Beruf des Zimmermanns<br />

gehalten hat. Eine Schnupperlehre als Maurer endete genauso erfolglos.<br />

Später hat mich das Jugendamt nach Tuttlingen vermittelt.<br />

Dort war ich in einem Berufsförderungszentrum in einem Internat.<br />

Und welcher Beruf erschien nach dieser Fördermaßnahme vielversprechend<br />

für dich?<br />

Ich wollte anschließend nach Bad Säckingen gehen. Dort hätte<br />

ich eine Kochlehre machen können. Das ist auch mit einem Internat<br />

verbunden, wo ich hätte wohnen können. Aber daraus ist nichts<br />

geworden. Das hing mit dem Jugendamt zusammen. Die waren nicht<br />

zuständig.<br />

Wofür nicht zuständig? Für den Bereich Bad Säckingen oder<br />

nicht mehr zuständig für dich – aufgrund deines inzwischen erlangten<br />

Alters vielleicht?<br />

Das weiß ich auch nicht mehr. Jedenfalls war ich damals auch<br />

schon bei der Agentur für Arbeit in Lörrach und mein Berufsberater<br />

hat die Ausbildung in Bad Säckingen abgelehnt. Dass eine andere<br />

Sachbearbeiterin mich darin unterstützt hat, nutzte dabei auch nichts<br />

mehr. Kurze Zeit habe ich dann als Gehilfe von einem Dachdecker<br />

und Hilfsarbeiter auf dem Bau geschafft. Ein paar Monate war ich<br />

auch arbeitslos und habe wieder bei meiner Mutter gewohnt. 2005<br />

konnte ich dann bei der IFAS eine Weiterbildung machen. Dort<br />

lernte ich acht Monate lang Hauswirtschaft, Service und Küche.<br />

Gleich danach wurde ich nach Grenzach-Wyhlen vermittelt. Der Job<br />

Mit 24 endlich Azubi<br />

war in einer Pizzeria und ich bekam vom Chef auch ein Zimmer, damit<br />

ich nicht den weiten Weg von Wieslet fahren musste, wo ich damals<br />

wohnte. Das wäre schon ganz gut gewesen, nur, die Chefin<br />

konnte mich nicht leiden. Die erzählte doch sogar einmal, ich hätte<br />

sie geschlagen. Da wurde es mir aber zuviel und ich kündigte.<br />

Du hast von dir aus gekündigt?<br />

Ja, genau! Mir hat es einfach gereicht. Aber natürlich hatte ich<br />

dann keinen Job, kein Arbeitslosengeld und auch kein Zimmer mehr.<br />

Kollegen haben mich eine zeitlang aufgenommen. Als Saison-Kraft<br />

war ich wieder in einer anderen Pizzeria. Das Arbeitsamt hat mich<br />

schließlich im November 2007 als Ein-Euro-Jobber vermittelt. Dort<br />

in dem Aufnahmehaus in Müllheim konnte ich wohnen und ich<br />

bekam Beratung von den dortigen<br />

Sozialarbeitern.<br />

Dort hast du mich mal als „Küchenjunge“<br />

bedient, Stephan.<br />

Doch als ich wieder einmal zum<br />

Essen kam, hieß es, du seiest zu<br />

einem Kurs in Freiburg.<br />

Es hat schon nach kurzem Aufenthalt<br />

geklappt. Ich konnte im IB<br />

aufgenommen werden. IB ist ein<br />

internationaler Förderer für Personal<br />

in der Gastronomie und im Hotelgewerbe.<br />

Bei denen habe ich<br />

meinen jetzigen Chef, Markus<br />

Maier, kennen gelernt. Der sagte,<br />

ich arbeite gut. Und das Tollste: Er<br />

konnte mir eine Lehrstelle anbieten.<br />

Jetzt bin ich schon ein halbes<br />

Jahr bei ihm. Hier bin ich gern. Der<br />

Chef ist echt okay, die Kollegen<br />

auch. Zwei Tage in der Woche besuche<br />

ich die Berufsschule. An einem Tag die IB. In der restlichen<br />

Zeit arbeite ich im Restaurant Erzherzog Albrecht. Noch zwei Jahre,<br />

dann bin ich endlich ein richtiger Koch. Also, Beikoch heißt der<br />

Abschluss, den ich dann erreicht habe.<br />

Beikoch? Gibt es denn auch einen Abschluss „Hauptkoch“?<br />

Vollkoch. Voll-Koch gibt es. (Stephan prustet und Herr Maier erklärt:<br />

„Durch die Ausbildung in der IB verbringt der Auszubildende<br />

weniger Zeit im Betrieb. Demzufolge ist er nach drei Jahren Beikoch,<br />

kann aber noch den höheren Abschluss darauf bauen.“)<br />

Als der Chef es nicht mehr hören kann, verrät mir Stephan noch<br />

etwas von seinen Zukunftsabsichten. Er hat sich vor kurzem eine<br />

Wohnung in Norsingen eingerichtet. Genauer gesagt: Er ist noch<br />

dabei sie einzurichten, denn seit einigen Wochen ist klar, dass die<br />

Wohnung für Zwei sein soll. Eine junge Frau, ebenfalls in Ausbildung<br />

fürs Gastgewerbe, soll sein neues Domizil und vielleicht –<br />

seine Stimme verfällt in ein weicheres Moll – sein zukünftiges Leben<br />

teilen. Wenn er mit 27 dann endlich einen anerkannten<br />

Abschluss haben wird, brauche er sich um Anstellungen keine großen<br />

Sorgen mehr zu machen, schließt er hoffnungsvoll.<br />

Na dann – ist nach vielen Irrwegen endlich alles in „trockenen Tüchern“.<br />

Glücklicherweise finden sich „in Einzelfällen“ noch immer<br />

Menschen, die „aktivierend“ eingreifen, wo der Amtsschimmel sich<br />

verstolpert hat. Der FREIeBÜRGER wünscht dem späten Kochlehrling<br />

in Zukunft alles Gute.<br />

Ella


FREIeBÜRGER 13<br />

Zwei gegen die Abschaffung der sozialen Stadt<br />

Mitglieder der LandesArbeitsGemeinschaft (LAG) von Betroffeneninitiativen<br />

in Baden-Württemberg folgt der Einladung der<br />

Gruppe aus dem Neckar/Baar Kreis.<br />

Zugegeben: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir fast drei Stunden<br />

unterwegs, aber das, was uns erwartet, übertrifft unsere Vorstellungen<br />

bei Weitem.<br />

Der Zwillingsstadt auf dem klimarauen schwäbischen Hochplateau<br />

eilt seit einiger Zeit in Kreisen, die sich so wie wir von der LandesarbeitsgemeinschaftWohnungslosenhilfe<br />

zentral mit<br />

zunehmender Armut in Baden-Württembergbefassen,<br />

der Ruf voraus, ein<br />

Beispiel gebendes Projekt<br />

auf die Füße gestellt zu haben.<br />

Andreas Güntter und Kurt<br />

Seemüller heißen die<br />

Gründungsväter der Bewegung<br />

„Vesperkirche“. Andreas<br />

Güntter ist Pfarrer der<br />

Pauluskirche und Kurt<br />

Seemüller war Pfarrer der<br />

Johanneskirche. Seemüller<br />

ist vor einem Jahr in den<br />

(amtlichen) Ruhestand getreten<br />

und hat sein Arbeitsfeld<br />

dem jüngeren Markus<br />

Grapke überantwortet. Johanneskirche<br />

und Pauluskirche<br />

sind de facto nur die Bezeichnungen für die beiden Gotteshäuser,<br />

die als evangelische Kirchengemeinde Schwenningen/<br />

Neckar zusammengeschlossen sind. Folglich arbeiten die Priester<br />

eng zusammen; sie tun dies auch in der Ökumene.<br />

Vom 19. Januar bis zum 16. Februar wandelt sich das Gebetshaus<br />

Pauluskirche zum sechsten Mal zum Gasthaus Vesperkirche.<br />

VESPERKIRCHE, EINE GASTSTÄTTE AUF ZEIT<br />

In den Anfängen fand das gemeinsame Essen in durchaus bescheidenerem<br />

Rahmen statt, doch kamen weit mehr Gäste als erwartet<br />

und irgendwie gelang es, dem Andrang gerecht zu werden und<br />

entsprechend immer mehr helfende Hände zu mobilisieren. Aus allen<br />

Kirchengemeinden und der Arbeiterwohlfahrt meldeten sich<br />

Menschen, die gern zum Mithelfen kamen. Ein Förderverein wurde<br />

gegründet, um das zeitlich begrenzte Projekt Vesperkirche auf sichere<br />

Säulen zu stellen und mit dem Dauerprojekt „Wärmestube im<br />

Paradies“ den Bedürftigen einen Treffpunkt zu geben, wo sie sich<br />

jederzeit willkommen fühlen dürfen. Heute läuft der Betrieb in der<br />

Vesperkirche nicht nur profimäßig und durchorganisiert ab – nein,<br />

geradezu nobel spielt sich in Schwennigen ab, was andernorts unter<br />

den Begriff „Armenspeisung“ oder „Suppenküche“ fallen würde.<br />

Ehrenamtliche HelferInnen und Sponsoren setzen echten Ehrgeiz<br />

daran, die vier Winterwochen der Kälte und Tristesse zwischen<br />

Weihnacht und Fasnacht, die Zeit der Nachzahlungen, Jahresrechnungen,<br />

ungeplanten aber notwendigen Anschaffungen, von<br />

denen vielfältig die Finanzschwachen geplagt sind, zu Wochen<br />

umzuformen, in denen man in gepflegter Atmosphäre bei gesunden<br />

reichhaltigen Mahlzeiten sich Mitmenschen mitteilen kann und bei<br />

handfesten Sorgen auch brauchbaren Rat bekommt.<br />

Gekocht wird frisch und professionell täglich um die 250 zusätzliche<br />

Portionen im nachbarschaftlich gelegenen St. Franziskus Altenheim.<br />

Ebenfalls sehr professionell – sogar von „Personal“ in Schürzen,<br />

die das Logo „Vesperkirche“ tragen – werden die Speisen in Containern<br />

zur Austeil- und Geschirrküche im Eingang des Kirchenschiffs<br />

gerollt. Dem Engagement einiger Betriebe der Stadt dankt die Vesperkirche<br />

ihr vorzeigbares Auftreten. So sind beispielsweise alle Tische<br />

wie in einem gut bürgerlichen Restaurant eingedeckt. Die viele<br />

dadurch anfallende Wäsche übernimmt eine Wäscherei und betrachtet<br />

diese Arbeit als den ihr gemäßen Solidarbeitrag zum Projekt.<br />

Convivialità – zwangloses<br />

Beisammensein zwischen<br />

Betroffenen und Unterstützern,<br />

auch dafür ist<br />

Raum: Nach jeder Mahlzeit,<br />

die schon mit einer<br />

Suppe begann, erfolgt<br />

auch eine Einladung zum<br />

Kaffee oder Tee zu bleiben.<br />

Zahlreiche Kuchenspenden<br />

krönen den Aufenthalt<br />

auf süße Art und<br />

Weise. Gerade bei diesem<br />

Dessert, nachdem der erste<br />

Hunger gestillt ist, finden<br />

auch meist die<br />

menschlichen Begegnungen<br />

und verbindende Gespräche<br />

statt.<br />

Was macht nun das Projekt<br />

für Betroffene anderer<br />

Regionen so interessant?<br />

Weshalb drängt es mich, das Erfahrene in Müllheim, im Landkreis<br />

Breisgau-Hochschwarzwald mitzuteilen?<br />

SCHWENNINGEN ZEIGT, WIE MAN ES MACHT<br />

Das Projekt Vesperkirche ist, wie schon erwähnt, ein Handeln im<br />

zeitlich begrenzten Rahmen an vier Wochen des Jahres. Dennoch<br />

hat sich die Gesamtsituation für arme und von Wohnungslosigkeit<br />

bedrohte Menschen in Schwenningen seither gebessert. Die Vesperkirche<br />

wurde als Angebot in derart breitem Umfang angenommen<br />

(200-300 Gäste pro Tag), dass Kreis und Kommune sich nicht länger<br />

auf ihre Position des Blockierens zurückziehen konnten. Das rege,<br />

eifrige Handeln vieler mitmenschlich orientierter HelferInnen und<br />

die Zahlen der Essensgäste bewiesen eine Notwendigkeit, die zuvor<br />

hartnäckig abgestritten worden war. Der Bürgermeister in eigener<br />

Person überzeugte sich vor Ort. Die beiden Pfarrer hatten quasi<br />

einen Schneeball losgetreten, der bald auch Widerwillige mitriss.<br />

Mit der Arbeiterwohlfahrt als Träger wurde die ehemalige Gaststätte<br />

Paradies zu neuem Leben erweckt. „Im Paradies“ ist nach der<br />

Renovierung, die Betroffene auch mit eigener Hände Arbeit ergänzt<br />

haben, eine ganzjährige Wärmestube entstanden.<br />

Auch die „Wärmestube im Paradies“ haben die LAG-Mitglieder bei<br />

ihrem Besuch natürlich in Augenschein genommen und dort ihre<br />

Versammlung abgehalten. Es ist, mit einem Wort, urgemütlich dort.<br />

Der Besuch sei jedem, insbesondere auch Menschen aus Entscheidungsgremien<br />

nicht nur empfohlen, sondern auch ans Herz<br />

gelegt. Nähere Auskünfte erteilt Bärbel Wagner den Interessierten<br />

unter waermestube-vs@gmx.net<br />

Ella


14 FREIeBÜRGER<br />

Kategorie Eins: „Ich bin ein freier Bürger!“<br />

Diese Antwort hat wohl schon jeder<br />

bekommen, der bemüht ist, unsere<br />

Straßenzeitung an die Leserin/ den Leser<br />

zu bringen. Es folgt ein breites Grinsen<br />

und – husch! In drei betont zügigen<br />

Schritten hat einen der Passant passiert.<br />

Zählt er wirklich zu den glücklichen<br />

oder dank Sonnenbrille und Ohrstöpsel<br />

eher zur Herde der noch unwissend<br />

Gläubigen? Man lässt ihn seiner<br />

Wege ziehen. Man wünscht ihm laut einen<br />

Guten Tag. Man wünscht ihm im<br />

Stillen, der Stein über den er irgendwann<br />

stolpern muss, solle weder zu groß noch<br />

zu kantig für seine Belastbarkeit sein.<br />

Die Beweiskunst der Konfrontation<br />

Kategorie Zwei: Andere, meist ebenso<br />

beschäftigt wirkende Passanten rufen<br />

herüber: „Freie Bürger gibt’s keine<br />

mehr!“ Da lohnt der Versuch, ins Gespräch<br />

zu kommen. In der Aussage<br />

schwingt die Erfahrung von Beschneidung<br />

und Einengung ja schon mit. Kürzlich<br />

veranschaulichte mir ein in dieser<br />

Weise demotivierter Passant seine persönliche<br />

Reaktion auf Politik und<br />

Gesellschaftsspaltung. Er werde auch<br />

in diesem Jahr – wie schon bei Wahlen zuvor – zwar zur Wahlurne<br />

schreiten, jedoch einen ungültig gemachten Wahlzettel einwerfen.<br />

„So drücke ich mein „Vertrauen“ aus gegen die ganze Bande“ pol-<br />

terte er. Eine Zeitung kaufte er auch<br />

nicht. „Man kenne die Missstände zur<br />

genüge aus dem Fernsehen. Und der<br />

Kleine Mann könne ja sowieso nichts<br />

ändern.“<br />

Zeitgleich war ein kleiner Mann, er mochte<br />

etwa vierjährig sein, vor dem Wurststand<br />

gegenüber zu beobachten. Der<br />

Knirps beackerte seine Mama, ihm eine<br />

heiße Wurst zu kaufen. Er tat das lautstark<br />

und mit Nachdruck. Schließlich<br />

wurde aus einem halben Dutzend Mal<br />

„Nein!“ und einigem Hin und Her ein<br />

„Ja“ der Mutter. Hat der Wicht nicht einen<br />

entscheidenden Schritt mehr getan<br />

als mein resignierter Gesprächspartner?<br />

Ich glaube schon. Lediglich Protest hätte<br />

ihm schlimmstenfalls einen Klaps von<br />

der Mutter einbringen können. Nun, da<br />

er sein Wollen aber unmissverständlich<br />

kundgetan hat, darf er doch noch in die<br />

heiß ersehnte Wurst beißen.<br />

Was wir als soziale Missstände empfinden,<br />

findet seine Wurzel allzu häufig in<br />

Entscheidungsgremien, die sich verhalten,<br />

als existiere einzig Kategorie Eins in<br />

der Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft: Die einen beziehen unisono<br />

einen eigenen Erfahrungsmangel ein, plappern auswendig Gelerntes,<br />

wenden sich ab. Die anderen wagen es nicht, ihnen Brille<br />

und Ohrstöpsel, eventuell das Mandat, wegzureißen, obwohl es<br />

um Gemeinwohl geht. Wenn jeder sein Streben nach Unversehrtheit<br />

mit der Perspektive der Opfer vergliche... Der größere Schaden<br />

geht gegenwärtig davon aus, wie Menschen nicht handeln und<br />

stattdessen geschehen lassen.<br />

Es lohnt jeder Versuch ins Gespräch zu kommen.<br />

Nicht wegen Ein-Euro-Fünfzig lohnt es, sondern damit die Gesellschaft<br />

zusammenwächst. Damit auch die Unbehausten ihren Platz<br />

erhalten.<br />

Ella


FREIeBÜRGER 15<br />

Wir sind ein Zusammenschluss von Pflege- und Adoptiveltern<br />

und uns unterstützenden Fachkräften und stellen uns und unsere<br />

Arbeit hier bei euch in der Zeitung FREIeBÜRGER gerne vor,<br />

um zu berichten, was sind überhaupt Pflegeeltern, was tun sie<br />

und was möchten sie erreichen.<br />

Vielen Menschen ist der Begriff Pflegeeltern gar nicht so geläufig<br />

und viele wissen wenig über Pflegeeltern. Wir sind z.B. eine Pflegefamilie,<br />

die z. Zt. vier Pflegekinder betreut. Pflegekinder sind Kinder<br />

aus anderen Familien, die vorübergehend oder auf Dauer in einer<br />

Pflegefamilie leben, weil sie derzeit nicht bei ihren leiblichen Eltern<br />

leben können.<br />

Wir Pflegeeltern möchten diesen<br />

Kindern ermöglichen, dass sie eine<br />

möglichst gesunde und gute Entwicklung<br />

machen können und<br />

selbstständig und stabil werden.<br />

Unsere Kinder kamen zum Teil schon<br />

sehr jung zu uns. Zwei Jungen sind<br />

jetzt schon 11 Jahre bei uns, ein<br />

Mädchen schon fast 12 Jahre.<br />

Die Kinder wachsen bei uns in der<br />

Familie auf wie eigene Kinder, allerdings<br />

gibt es einen wichtigen Unterschied,<br />

sie haben immer auch<br />

noch ihre leiblichen Eltern, zu denen<br />

sie Kontakte pflegen, manche haben<br />

auch noch Kontakte zu Geschwistern.<br />

Für die Pflegekinder und uns als Pflegeeltern ist es wichtig,<br />

dass ein möglichst positiver Kontakt zur Herkunftsfamilie der Kinder<br />

besteht. Das ist nicht immer ganz einfach, da es für die Herkunftseltern<br />

oft sehr schwer ist, ihr Kind in eine andere Familie zu geben.<br />

In manchen Fällen werden die Kinder auch gegen den Willen ihrer<br />

Eltern aus deren Familien genommen, weil das Kindeswohl dort<br />

nicht mehr gewährleistet war.<br />

Es ist verständlich, dass es Herkunftseltern oft nicht sehr positiv<br />

auf Pflegeeltern zugehen können. Aber wir Pflegeeltern sind bemüht,<br />

die Kontakte zu den Herkunftseltern im Interesse der Kinder<br />

APFEL e.V. stellt sich vor<br />

möglichst positiv zu gestalten, da die Pflegekinder in der Regel ihre<br />

leiblichen Eltern natürlich auch lieben. Sehr schwierig ist es manchmal,<br />

wenn ein Kind schon im Säuglingsalter in eine Pflegefamilie<br />

gekommen ist, und eigentlich gar keine Beziehung zu den leiblichen<br />

Eltern aufbauen konnte.<br />

Uns ist die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern wichtig, aber<br />

wir haben natürlich in erster Linie die Verantwortung für die Pflegekinder<br />

und den Auftrag, gut für ihr leibliches und geistiges Wohl zu<br />

sorgen und sie auch vor ungünstigen Einflüssen zu schützen. Wir<br />

haben z.B. ein Pflegekind, dessen Eltern wegen Drogen- und Alkoholkonsum<br />

ihr Kind nicht mehr selbst versorgen konnten und das<br />

sehr jung zu uns kam. Die Eltern signalisieren diesem Kind, dass sie<br />

froh sind, dass es bei uns so gut aufwachsen kann und helfen ihm<br />

damit enorm, da es dadurch nicht in einem Loyalitätskonflikt zwischen<br />

den doppelten Eltern gerät. Für die Pflegekinder ist es manchmal<br />

nicht leicht, mit der „doppelten Elternschaft“, nämlich der der<br />

Pflegeeltern und der der leiblichen Eltern zurecht zu kommen.<br />

In unserem Verein beschäftigen wir uns mit diesen Fragestellungen<br />

und helfen uns gegenseitig in schwierigen Situationen, indem wir<br />

uns regelmäßig treffen und austauschen. Wir laden auch Referenten<br />

(z.B. Psychologen, Pädagogen oder Therapeuten) zu unseren<br />

Treffen ein, um uns fortzubilden. Jedes Pflegeverhältnis wird vom<br />

zuständigen Jugendamt begleitet, welches auch den individuellen<br />

Hilfeplan für das Pflegekind mit allen Beteiligten erstellt.<br />

Für die Aufgabe als Pflegefamilie erhält<br />

man ein monatliches Pflegegeld,<br />

welches den materiellen Bedarf des<br />

Pflegekindes (Wohnen, Essen, Kleidung,<br />

Schule, Kindergartenbeitrag,<br />

Freizeitangebote usw.) deckt und einen<br />

kleinen, symbolischen Anteil<br />

für die „Erziehungsleistung“ der<br />

Pflegeeltern enthält. Wenn man Kinder<br />

hat und weiß wie viele Kosten<br />

mit Kindern heute verbunden sind,<br />

wird man leicht nachvollziehen können,<br />

dass niemand nur wegen des<br />

Pflegegeldes Kinder aufnimmt, wie<br />

manchmal behauptet wird.<br />

Wir hoffen, euch mit diesem Artikel die Arbeit von Pflegeeltern und<br />

unseres Pflegeelternvereins ein bisschen näher gebracht zu haben.<br />

Wenn jemand Fragen zu diesem Artikel hat, kann er sich gerne über<br />

die Redaktion an uns wenden.<br />

Sigrid Kreienkamp<br />

APFEL,<br />

Adoptiv- und Pflegeelternverein<br />

Markgräflerland e.V.<br />

Müllheim


16 FREIeBÜRGER<br />

Soundtrack zur Revolution<br />

„Wenn ich dazu nicht tanzen kann, dann ist es nicht meine Revolution“<br />

(Emma Goldmann geb. 27. Juni 1869 in Kowno, heute<br />

Litauen; † 14. Mai 1940 in Toronto. E. Goldmann war eine USamerikanische<br />

Anarchistin und Friedensaktivistin).<br />

Als wir vor gut zwei Jahren von unseren Wiener KollegInnen der<br />

Straßenzeitung Augustin die CD „Kitsch & Revo“ des <strong>Stimmgewitter</strong>s<br />

zugeschickt bekamen, war ich schon nach dem ersten<br />

Reinhören voll begeistert und das hat sich bis heute nicht geändert.<br />

Nachdem ich dann von<br />

Bernadette erfuhr, dass<br />

das <strong>Stimmgewitter</strong> im<br />

Februar in Freiburg im<br />

Rahmen der Thementage<br />

„CAPITALISM<br />

NOW“ im Theater auftritt,<br />

war natürlich sofort<br />

klar, dass wir diesen<br />

Chor unbedingt<br />

kennen lernen müssen.<br />

Anscheinend dachte<br />

das <strong>Stimmgewitter</strong> genauso,<br />

denn eine Woche<br />

vor seinem Auftritt<br />

bekamen wir eine nette<br />

Mail, dass man uns –<br />

den FREIeBÜRGER –<br />

unbedingt treffen wollen.<br />

Wir haben dann schon mal klargemacht, dass wir auf alle Fälle<br />

ein Interview mit dem <strong>Stimmgewitter</strong> für die Märzausgabe machen<br />

wollen.<br />

Bernadette La Hengst hatte am Abend zuvor ein Konzert in der<br />

„Jackson-Pollock-Bar“ und eine Woche vor dem Auftritt hat sie<br />

ein paar von uns – den Bettlerchor – gefragt, ob wir nicht Lust<br />

hätten bei einem Stück mitzusingen. Logisch, dass wir ihr diese<br />

Bitte nicht ausgeschlagen haben.<br />

Am Freitag ruft mich Riki, Sozialarbeiterin beim Augustin und Mitglied<br />

vom <strong>Stimmgewitter</strong> an, dass sie am Samstag in Freiburg ankommen<br />

und wir wollten uns dann so um 13 Uhr am Hotel treffen,<br />

um das Interview zu machen.<br />

George, Christin und ich treffen uns dann abends vor der „Jackson-<br />

Pollock-Bar“. In solche Lokalitäten kommt unsereins normalerweise<br />

nicht so ohne weiteres rein und erst nachdem wir den Türstehern<br />

erklärt haben, dass wir auf der Gästeliste stehen, können wir die Bar<br />

betreten. So um Mitternacht beginnt das Konzert und schon beim<br />

ersten Stück springt der Funke auf das Publikum über. Das Konzert<br />

ist eine einzige ausgelassene Party. Bernadette schafft es, nur mit<br />

Gitarre, Elektronik und von einem Bassisten begleitet, das Publikum<br />

zu begeistern.<br />

Es ist diese Mischung aus tanzbarer Musik, intelligenten Texten<br />

und Bernadettes gnadenlosem Optimismus, der allerdings nie die<br />

Realität aus den Augen verliert, was den Reiz dieses Konzertes<br />

ausmacht. Nach etlichen Zugaben ist das Konzert leider zu Ende.<br />

Wir feiern danach noch etwas länger weiter und morgens um fünf<br />

bin ich dann endlich zu Hause.<br />

Nach einem ziemlich kurzen Schlaf und ein paar Tassen Kaffee,<br />

fahre ich in die Stadt um mich mit dem <strong>Stimmgewitter</strong> zu treffen.<br />

Pünktlich um eins treffe ich das <strong>Stimmgewitter</strong> vor dem Hotel am<br />

Bahnhof und nachdem wir uns erst einmal allesamt begrüßt haben,<br />

machen wir die Fotos für das Titelbild dieser Ausgabe. Die Idee<br />

habe ich von ihrer CD geklaut, allerdings etwas abgewandelt und<br />

ich würde gerne mal wissen, was die Taxifahrer dachten, als ich die<br />

Machete und den<br />

Hammer (ein Symbol<br />

der Revolution) aus<br />

meinem Rucksack herausholte.<br />

So eine lange Fahrt<br />

macht hungrig und da<br />

in dem Hotel, wo das<br />

<strong>Stimmgewitter</strong> übernachtete,<br />

eine Scheibe<br />

Bauernbrot, belegt mit<br />

Schwarzwälder Schinken,<br />

6,- Euro kostet,<br />

beschließen wir ins<br />

„Cafe Atlantik“ zu<br />

gehen, um dort zu vernünftigen<br />

Preisen etwas<br />

zu essen. Ursprünglich<br />

wollten wir<br />

nun das Interview machen, aber wir entscheiden uns kurzfristig,<br />

das Ganze auf den Sonntagmorgen zehn Uhr zu verschieben. So<br />

haben wir beim Essen genug Zeit uns erst einmal näher kennen zu<br />

lernen. Mit dem Wiener Dialekt habe ich keine Probleme, allerdings<br />

bitten mich die Stimmgewittler etwas langsamer zu reden, damit sie<br />

mich besser verstehen können. Wir unterhalten uns über alles Mögliche<br />

und sind gespannt, wie ihr Konzert beim Publikum ankommen<br />

wird. Schließlich ist es der erste Auftritt des <strong>Stimmgewitter</strong>s in<br />

Deutschland.<br />

Um 23.00 Uhr ist es dann soweit und das <strong>Stimmgewitter</strong> betritt die<br />

Bühne. Schon nach dem zweiten Stück fangen die ersten Zuschauer<br />

an zu schunkeln und vor der Bühne zu tanzen. Von Stück zu Stück<br />

wird die Stimmung ausgelassener und die Stimmgewittler gönnen<br />

dem Publikum eine kleine Verschnaufpause. Sie singen deshalb ein<br />

paar Wiener Lieder und die Befürchtung von Mario (Fotograf beim<br />

Augustin), dass die Freiburger den Wiener Dialekt nicht verstehen,<br />

stellt sich als unbegründet heraus. Danach geht’s wieder weiter<br />

und es herrscht eine tolle Partystimmung. Sogar ein paar Stadträte<br />

der Linken Liste feiern diesen Auftritt begeistert mit.<br />

Kurz vor Ende des Konzertes wird noch der Bettlerchor mit auf die<br />

Bühne geholt und gemeinsam singen wir die letzten Stücke.<br />

Nach dem Konzert beenden wir diesen herrlichen Abend noch in<br />

einer Kneipe und hier entsteht dann auch die Idee, das <strong>Stimmgewitter</strong><br />

im Herbst nochmals nach Freiburg einzuladen. Morgens um 6 Uhr<br />

war ich dann auch mal zu Hause und nach ein paar Tassen starkem<br />

Kaffee gings wieder Richtung Stadt, denn um 10 Uhr hatten wir uns<br />

ja zum folgenden Interview verabredet.


FREIeBÜRGER<br />

Das <strong>Stimmgewitter</strong> ist ja nun schon ein paar Jahre alt. Wie kam<br />

es zu der Idee diesen Chor zu gründen?<br />

Riki: Es gibt jedes Jahr auf dem Prater ein Fest der Kommunistischen<br />

Partei und vor neun Jahren haben der Mario und ich uns dort<br />

getroffen. An diesem<br />

Abend hatten wir einiges<br />

getrunken und<br />

wir haben dann das<br />

ganze Repertoire von<br />

Revolutionsliedern,<br />

die wir kannten, lauthals<br />

gesungen und<br />

danach beschlossen<br />

wir, einen Gesangsverein<br />

zu gründen. Am<br />

nächsten Tag habe<br />

ich dann ein Plakat im<br />

Büro des Augustin<br />

aufgehangen und so<br />

nach Chormitgliedern<br />

gesucht, die Interesse<br />

am Singen haben.<br />

Mario: Das war wirklich<br />

eine Schnapsidee,<br />

das Gute daran<br />

war, dass sich die Riki und ich noch am nächsten Tag daran erinnern<br />

konnten, denn sonst würde es diesen Chor heute nicht geben.<br />

Am Anfang sollte es eine Freizeitbeschäftigung für die Augustin-<br />

VerkäufeInnenr sein. Die Riki war schon in einem Gesangsverein<br />

und hatte deshalb so ein dickes Liederbuch. Wir haben uns dann in<br />

einem Wirtshaus getroffen und im Uhrzeigersinn Lieder aus diesem<br />

Buch herausgesucht, die wir dann mehr schlecht als recht gesungen<br />

haben. Das waren am Anfang hauptsächlich deutsche Schlager<br />

und alles irgendwie ohne einen Qualitätsanspruch. Es war echt<br />

nur als Freizeitbeschäftigung der VerkäuferInnen gedacht. An Konzerte<br />

haben wir dabei nie gedacht. Dass wir mal auf Tour gehen und<br />

ein Konzert in Freiburg geben, hätten wir damals nicht für möglich<br />

gehalten. Es war echt als Freizeit-Idee gedacht.<br />

Am Anfang wart ihr teilweise über vierzig Leute habe ich mal<br />

gelesen…<br />

Mario & Riki: Nee, das waren am Anfang so um die dreißig Leute.<br />

17<br />

Viele von den damaligen Chormitglie-dern haben ja auch auf der<br />

Straße gelebt und den Augustin verkauft.<br />

Mario: In der Anfangszeit des <strong>Stimmgewitter</strong>s haben einige vom<br />

<strong>Stimmgewitter</strong> auf der Straße gelebt. Manche von ihnen haben auf<br />

der Donauinsel in<br />

Wien im Zelt geschlafen,<br />

da hatten viele<br />

von ihnen noch keine<br />

Wohnung. Heute<br />

haben sie ihre kleine<br />

Wohnung oder leben<br />

in Wohnheimen.<br />

Heute seid ihr mit<br />

neun Leuten in Freiburg.<br />

Ist das nur ein<br />

kleiner Teil des<br />

<strong>Stimmgewitter</strong>s?<br />

Mario: Seit 2003 sind<br />

wir eine feste Gruppe…<br />

Riki: Wir haben keine<br />

Ersatzleute. Wo<br />

wir noch keine Tourneen<br />

gemacht haben,<br />

waren wir teilweise zwölf Leute. Es ist einfacher mit einer kleineren<br />

Gruppe zu arbeiten. Heute ist die Zahl von neun Chormitgliedern<br />

auch praktisch, denn wenn wir auf Tour gehen, brauchen wir nur<br />

einen Neunsitzer-Bus anzumieten und kein zusätzliches Auto. Das<br />

spart natürlich auch Geld.<br />

Mario, du bist glaube ich, der jüngste im Chor oder?<br />

Mario: Das stimmt, das Durchschnittsalter beim <strong>Stimmgewitter</strong> liegt<br />

bei fünfzig Jahren. Man kann deshalb sagen, dass wir eine der ältesten<br />

Punkrockgruppen der Welt sind.<br />

2006 ist eure CD „Kitsch & Revo“ erschienen. Habt ihr dazu die<br />

Stücke gemeinsam rausgesucht?<br />

Mario: Mehr oder weniger, aber nicht wirklich. Am Anfang wollten<br />

wir eigentlich nur eine Revolutions-CD machen, also nur mit<br />

Revolutionsliedern. Bei den Proben haben wir dann allerdings gemerkt,<br />

dass das irgendwie so nicht geht. Wir haben dann einen


18 FREIeBÜRGER<br />

probenfreien Tag gemacht und gesagt, dass jetzt jeder mal das singen<br />

kann, was er will und es hat sich herausgestellt, dass die meisten<br />

Schlager singen wollten. So haben wir dann aus der Not eine<br />

Tugend gemacht und nicht nur Revo sondern auch Kitsch eingespielt.<br />

Die Song-Auswahl ist zum Teil eine Gruppenentscheidung<br />

und ich habe dann zusammengesucht, was passen könnte. Für die<br />

nächste CD haben Riki und ich uns etliche Seemannslieder ausgesucht<br />

und die Texte ausgedruckt…<br />

Riki: …und jeder konnte inhaltlich die Lieder aussuchen, die er<br />

gerne singen würde und wir haben das auf einer Strichliste festgehalten.<br />

Dazu möchte ich noch anmerken, dass das <strong>Stimmgewitter</strong><br />

keine homogene Gruppe ist. Wir haben unterschiedliche politische<br />

Einstellungen und kommen auch aus verschiedenen Lebenswelten.<br />

Es gibt einen Christen bei uns, ich bin da eher so die linke Abteilung<br />

und es gibt auch konservative Ansichten innerhalb des <strong>Stimmgewitter</strong>s.<br />

Gestern auf eurem<br />

Konzert habe ich<br />

festgestellt, dass gerade<br />

diese Mischung<br />

von Liedern zwischen<br />

Kitsch & Revo<br />

beim Publikum sehr<br />

gut ankommt. Wenn<br />

es nur Schlager oder<br />

nur Revolutionslieder<br />

wären, würde<br />

das Ganze auf der<br />

Bühne, meiner Meinung<br />

nach nicht<br />

funktionieren.<br />

Stimmt mein Eindruck?<br />

Mario: Wie schon<br />

gesagt, haben wir auf<br />

den Proben festgestellt, wenn es nur Revo wird, setzt sich das auf<br />

der Bühne nicht durch. Aber wenn wir das Ganze mit Schlagern<br />

auflockern funktioniert es. Es geht ja in beiden Teilen um die Sehnsucht.<br />

Beim Schlager geht es um die Sehnsucht nach der Ferne/<br />

Liebe und auch bei der Revo geht es um die Sehnsucht, nämlich<br />

nach einer besseren Welt.<br />

Ihr habt mit der Linzer Punkband „SEVEN SIOUX“ zwei Stücke<br />

produziert. Diese Single gibt es nicht auf CD, sondern nur auf<br />

Vinyl gepresst. Warum?<br />

Mario: Vielleicht erst einmal zur Band. Die Band gibt es schon seit<br />

Mitte der Achtziger Jahre und so aus dem Umfeld der KAPU, das ist<br />

so ein Hardcore-Café und Autonomes Zentrum in Linz. Der Rainer<br />

Krispel, der Häuptling von SEVEN SIOUX ist ein guter Freund von<br />

uns und so ist die Single entstanden. Vinyl, das war ganz einfach so<br />

’ne Art Selbstbefriedigung, weil so etwas wollten wir einfach mal<br />

machen, denn in vielen Kreisen ist nämlich auch heute noch das<br />

Vinyl das Medium für Musik. Mit der Single verdienen wir nichts,<br />

der Verkauf deckt mal gerade die Produktionskosten.<br />

Gestern hattet ihr nun euren ersten Auslandsauftritt hier in Freiburg.<br />

Wie kam es dazu?<br />

Mario: Ich glaub das hat die Bernadette eingefädelt. Sie hat uns<br />

’ne Mail geschickt, dass sie hier in Freiburg bei der Bettleroper<br />

mitmacht und sie hatte uns schon in Wien erzählt, dass wir sie auf<br />

die Idee eines Bettlerchors gebracht haben .Und weil wir halt die<br />

Ideengeber waren, hat sie uns übers Theater zu diesem Auftritt<br />

nach Freiburg eingeladen.<br />

Was war denn euer Eindruck vom gestrigen Konzert. Ihr spielt ja<br />

bestimmt nicht so oft im Theater?<br />

Mario: Das ist ganz unterschiedlich, wo wir auftreten. Die Auftrittsorte<br />

sind mal im Autonomen Zentrum, mal im Theater oder in<br />

einer Kirche, es kann aber auch schon mal in einer Blockhütte sein.<br />

Das Konzert gestern war schon etwas Einmaliges und das dann bei<br />

„Kalkutta liegt am Ganges“ der ganze Saal tanzt, das haben wir echt<br />

noch nicht erlebt.<br />

Riki: Das war wirklich eines der schönsten Konzerte.<br />

Der Funke ist ja sofort übergesprungen und fast das ganze Publikum<br />

hat ja so ziemlich am Anfang ’ne Polonaise rund um die<br />

Bühne gemacht. Ist diese ausgelassene Stimmung normal für eure<br />

Konzerte?<br />

Riki: Dass wir das Publikum zum Tanzen gebracht haben, ist schon<br />

öfters vorgekommen, aber ’ne Polonaise hat es bei unseren Konzerten<br />

bisher noch nicht gegeben. Wir waren mal auf einer Kirchenmesse<br />

in Vorarlberg. Dort konnte man über den Wimpel bis zur Bibel<br />

alles an Kirchenbedarf kaufen. Das war eine riesige Veranstaltung.<br />

Man hatte uns für ein Konzert engagiert und dort sollten wir morgens<br />

um neun Uhr<br />

auftreten. Um neun<br />

Uhr morgens zu singen,<br />

das ist die Härte.<br />

Um die Uhrzeit<br />

hast du noch keine<br />

richtige Stimme und<br />

der letzte Abend<br />

steckt dir auch noch<br />

in den Knochen. Der<br />

Mario hat uns dann<br />

einfach gesagt, dass<br />

wir als erstes Stück<br />

den Revoluzzer von<br />

Erich Mühsam singen.<br />

Das ist so von<br />

der Melodie her,<br />

eher ein Discostück.<br />

Er hat den Leuten vor<br />

der Bühne einfach<br />

gesagt: „Wenn wir schon morgens um neun auf der Bühne singen<br />

müssen, dann müsst ihr auch aufstehen und mittanzen.“ Es sind<br />

wirklich alle aufgestanden, um uns zu unterstützen und ich hatte<br />

einen Bischoff im Auge gehabt, denn sogar der hat wirklich mitgerockt.<br />

Das war ein phantastisches Konzert.<br />

Der Funke muss überspringen, das ist ganz wichtig für uns. Denn<br />

wenn keine Kommunikation zwischen uns und Publikum ist, dann<br />

ist das fürs Publikum nicht schön und auch nicht für uns, denn<br />

dann singt man nämlich ganz anders.<br />

Wir hatten das einmal im Burgenland, wo der Funke überhaupt nicht<br />

übergesprungen ist und da hab ich mich nur tonnenschwer gefühlt,<br />

denn du arbeitest nur das Programm ab und bist verkrampft, damit<br />

du ja keine Fehler machst.<br />

Bisher habt ihr ja einen eigenen Text (Zeitgeist) und der war ja als<br />

Beitrag für den ProtestSongContest 2006 gedacht. Habt ihr in<br />

Zukunft vor, mehr eigene Texte zu machen?<br />

Riki: Das war mehr aus Spaß gedacht und trotzdem hatten wir uns<br />

vorgenommen, mit diesem Lied zumindest unter die ersten zehn zu<br />

kommen. Leider haben wir das aber nicht geschafft.<br />

Mario: Den ProtestSongContest gibt es mittlerweile schon seit<br />

sechs Jahren und immerhin haben wir es geschafft unter den 400<br />

eingesendeten Beiträgen auf Platz 25 zu kommen.<br />

Deshalb haben wir ein eigenes Lied geschrieben.<br />

Könnt ihr euch vorstellen, demnächst öfter in Deutschland zu spielen?<br />

Riki: Das würden wir nach dem gestrigen Abend sehr gerne öfters<br />

machen. Wir wollen auf alle Fälle noch einmal in Freiburg spielen<br />

und wenn es sich einrichten lässt in Hamburg und Berlin.<br />

Uli


FREIeBÜRGER 19<br />

Wohlfühlen mit dem Flair asiatischer Kampfkunst und Gesundheitsmethoden<br />

Geplagt durch meine Rücken- und Nackenprobleme war ich auf<br />

der Suche nach Lösungen, nach Methoden, die mir helfen sollten,<br />

dies in den Griff zu bekommen. Fitness-Studio, Medikamente etc.<br />

kamen für mich nicht in Frage.<br />

Auf Empfehlung eines Bekannten<br />

– dieser hatte bei TV-<br />

Südbaden einen Filmbericht<br />

über eine neue Methode gesehen,<br />

die hier in Freiburg entwickelt<br />

wurde – begab ich<br />

mich mit Neugier gepaart auf<br />

den Weg zum Budokan e.V.<br />

Freiburg in der Neunlindenstraße<br />

6, denn hier sollte ein<br />

spezielles System entwickelt<br />

worden sein. Hatte ich doch<br />

eine ganz andere Vorstellung<br />

von Kampfsport und, als ich<br />

dann das wunderschöne Torii<br />

(ein japanisches Tor) durchschritten<br />

hatte, bekam ich<br />

doch ein mulmiges Gefühl im<br />

Bauch.<br />

Was erwartet mich dort? Ist<br />

es so, wie ich es in den Filmen<br />

gesehen habe? Wie passt<br />

Kampfkunst und Gesundheit<br />

zusammen? Dies waren Fragen,<br />

die mich beschäftigten. Angetrieben durch den Willen, meine<br />

Rückenprobleme in den Griff zu bekommen und den heißen Empfehlungen<br />

meines Bekannten, verbannte ich dies alles aus meinem<br />

Kopf und wollte es wissen!<br />

Doch es war alles ganz anders als gedacht. Ich wurde von den<br />

beiden Haupttrainern des Budokan e.V., Heinz-W. Köhnen und Carmen<br />

Köhnen, freundlich empfangen und bekam<br />

alle Informationen, die ich mir gewünscht habe.<br />

Da ich kurz vor dem eigentlichen Training erschienen<br />

war, kam ich dann auch direkt in den<br />

Genuss eines Probetrainings. Ich entschloss<br />

mich für das Taikido. Das Taikido, so wurde mir<br />

erklärt, ist eine von Heinz-W. Köhnen entwickelte<br />

Gesundheitsmethode, die sämtliche Varianten<br />

der bekannten Gesundheitssysteme enthält und<br />

durch ihn in über 30-jähriger Trainerpraxis erfolgreich<br />

angewendet wurde. Darüber hinaus<br />

erhält man auch noch wertvolle Ernährungstipps<br />

Die Wirkungsweise des Systems konnte ich<br />

dann auch direkt selbst verspüren. Keine 08/15-<br />

Gruppenbehandlung, der Teilnehmer – obwohl<br />

in der Gruppe, wird individuell behandelt und<br />

angeleitet. Ich spürte Muskeln, die ich vorher<br />

noch gar nicht kannte und merkte zum Ende der<br />

Stunde hin, wie sich alles entspannte und ein<br />

wohliges Gefühl der Mattigkeit aufkam. Gespräche<br />

mit den anderen Teilnehmern bestätigten dieses<br />

Gefühl und ich beschloss, unbedingt die<br />

nächste Stunde auch mitzumachen. Ich möchte<br />

an dieser Stelle erwähnen, dass ich nun festes<br />

Mitglied des Budokan geworden bin und auch<br />

an den anderen Angeboten des Vereins teilnehmen<br />

möchte.<br />

Alle in diesem Verein verhalten sich so, wie in einer großen Familie,<br />

nichts Befremdendes, man fühlt sich einfach von Anbeginn wohl.<br />

Dies ist sicher auf die Besonderheit der gelehrten Systeme zurückzuführen,<br />

da hier Respekt, Höflichkeit und Disziplin einen hohen<br />

Stellenwert besitzen.<br />

Ich werde mir beim Besuch der anderen<br />

Trainingseinheiten ein Bild von dem vielfältigen<br />

Angebot des Budokan machen.<br />

Angeboten werden:<br />

Taikido, das noch in Europa einzigartige<br />

Goshinryu-Kempo (Kempo ist die<br />

okinawanische Variante des Karate) – hier<br />

wird das Ursprüngliche, Rudimentäre der<br />

Kampfkunst unterrichtet – Taikijutsu (ein<br />

kompaktes Selbstverteidungssystem),<br />

Kobojutsu (dies sind die Systeme mit asiatischen<br />

Waffen), Taikibo (hierunter versteht<br />

man eine Art Fitness-Kickboxen), sowie<br />

Kickboxen (Leicht-, Semi- und Vollkontakt,<br />

sowie Thaiboxen) und Aikido. Es handelt<br />

sich bei den Systemen, die im Budokan angeboten<br />

werden, sowohl um Möglichkeiten<br />

der sportlichen Betätigung, als auch um<br />

besonders wirksame Methoden der Selbstverteidigung.<br />

Darüber hinaus ist das Budokan sehr erfolgreich<br />

in der Kinder- und Jugendarbeit,<br />

hier stehen neben der Haupttrainerin Carmen<br />

Köhnen noch zwei andere hochqualifizierte Trainer zur Verfügung.<br />

Auch einige Mütter waren mit mir im Taikido-Training und<br />

voller Begeisterung und lobten auch das „Kinder-Budo“.<br />

Der Verein verfügt über einige Räume, dadurch ist ein kontinuierliches,<br />

unterbrechungsfreies Training das ganze Jahr über möglich,<br />

und die Akteure können hier unabhängig von den Ferien ihrer Betätigung<br />

in den Kampfkünsten<br />

nachgehen.<br />

Was ich besonders angenehm<br />

empfand, war neben<br />

der freundschaftlichen/kameradschaftlichen<br />

Atmosphäre die<br />

Disziplin und der Respekt,<br />

den die Mitglieder<br />

sich untereinander entgegenbrachten.<br />

Dies sind auch Inhalte,<br />

auf die man bei Budokan<br />

sehr großen Wert legt<br />

und die – so die Aussage<br />

der Trainingsteilnehmer<br />

– heute von<br />

großer Bedeutung sind<br />

und letztendlich auch ein<br />

miteinander Arbeiten,<br />

voneinander Lernen und<br />

damit die körperliche und<br />

charakterliche Entwicklung<br />

fördern, die ja Ziel<br />

der Kampfkünste sind.<br />

Michaela


20 FREIeBÜRGER<br />

Die Bürgerrechtsgruppen La Quadrature du Net, European Digital<br />

Rights (EDRi), Netzpolitik.org und AK Vorrat fordern das<br />

Europäische Parlament auf, dem Rat des Europäischen Datenschutzbeauftragten<br />

Peter Hustinx zu folgen und einen Vorschlag<br />

zu streichen, der als „freiwillige Vorratsdatenspeicherung“ bekannt<br />

geworden ist.<br />

„Das Europäische Parlament diskutiert zur Zeit im Rahmen des<br />

‘Telekom-Pakets’ einen Vorschlag, der es Anbietern ermöglichen<br />

würde, eine potenziell unbegrenzte Menge an sensiblen, vertraulichen<br />

Kommunikationsdaten aufzuzeichnen, etwa unsere Telefonund<br />

E-Mail-Kontakte, die geografische Position unserer Handys<br />

und die von uns im Internet besuchten<br />

Webseiten“, warnt<br />

Patrick Breyer von der Datenschutzorganisation<br />

Arbeitskreis<br />

Vorratsdatenspeiche-rung.<br />

„Neben der Schaffung unüberschaubarer<br />

Datenhalden, die<br />

weit über die nach der Richtlinie<br />

zur Vorratsdatenspeicherung gespeicherten<br />

Daten hinaus gehen<br />

könnten, würde es der Vorschlag<br />

auch ermöglichen, Telekommunikationsdaten<br />

zu ‘Sicherheitszwecken’<br />

an andere Unternehmen<br />

weiterzugeben. Wir dürfen<br />

nicht zulassen, dass eine<br />

potenziell unbegrenzte Menge<br />

an vertraulichen Daten auf diese<br />

Weise Offen-legungs- und<br />

Missbrauchsrisiken ausgesetzt<br />

wird.“<br />

Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!<br />

„Für diesen Vorschlag wird unter<br />

dem Vorwand der ‘Sicherheit’<br />

Lobbying betrieben, aber was er<br />

wirklich bedeutet, ist, dass Nutzer<br />

und Bürger im Internet keine Privatsphäre mehr zu erwarten<br />

hätten“, ergänzt Ralf Bendrath von EDRi. „Dies ist ein klarer Bruch<br />

mit der Europäischen Tradition, die Privatsphäre als grundlegendes<br />

Menschenrecht zu achten.“<br />

In einem Positionspapier schloss sich der Europäische Datenschutzbeauftragte<br />

Peter Hustinx den Kritikern an und warnte, der Vorschlag<br />

schaffe ein „Missbrauchsrisiko“ und „könnte so ausgelegt<br />

werden, dass er die Erhebung und Verarbeitung von Verkehrsdaten<br />

für Sicherheitszwecke auf unbestimmte Zeit ermöglicht“.Hustinx<br />

kommt zu „dem Schluss, dass es am besten wäre, den vorgeschlagenen<br />

Artikel 6.6(a) insgesamt zu streichen“ - eine Auffassung, die<br />

La Quadrature du Net, EDRi, netzpolitik.org und der Arbeitskreis<br />

Vorratsdatenspeicherung uneingeschränkt teilen.<br />

Obwohl der Europäische Gerichtshof nun die von schwarz-rot beschlossene<br />

EG-Richtlinie zur verdachtslosen Sammlung der<br />

Verbindungs- und Standortdaten der gesamten Bevölkerung (Vorratsdatenspeicherung)<br />

vorerst nicht für nichtig erklärt hat, bleibt<br />

der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung als Initiator der Verfassungsbeschwerde<br />

optimistisch.<br />

„Die Entscheidung betrifft nur die formale Frage der einschlägigen<br />

Rechtsgrundlage und hat die Verletzung der Grundrechte durch die<br />

anlasslose Erfassung des Telekommunikations- und Bewegungsverhaltens<br />

der gesamten Bevölkerung nicht zum Gegenstand“, sagt<br />

Werner Hülsmann FIfF*-Vorstandsmitglied und aktiv im Arbeitskreis<br />

Vorratsdatenspeicherung. „Die 34.000 deutschen Beschwerdeführer/innen<br />

haben bereits beantragt, dass das Bundesverfassungsgericht<br />

den Europäischen Gerichtshof in einem zweiten Verfahren<br />

über die Vereinbarkeit der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung<br />

mit unseren Grundrechten entscheiden lässt.“<br />

Ralf Bendrath vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betont:<br />

„Die jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu<br />

Vorratsdatenspeicherung, Computerspionage und Kfz-Massenabgleich<br />

zeigen deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht dem<br />

Sicherheitswahn der Innenminister die Grundrechte entgegenhält.“<br />

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung<br />

fordert: SPD, CDU<br />

und CSU müssen das deutsche<br />

Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung<br />

aufheben und sofort<br />

den neuerlichen Plan stoppen,<br />

Anbieter zur anlasslosen Surfprotokollierung<br />

im Internet zu<br />

ermächtigen. In einem freiheitlichen<br />

Rechtsstaat ist eine anlasslose,<br />

massenhafte, computerisierte<br />

Erfassung beliebiger<br />

Personen ins Blaue hinein nicht<br />

hinnehmbar.<br />

Allgemein ist ein Stopp für<br />

neue Überwachungs- und<br />

Sicherheitsgesetze und eine<br />

unabhängige Überprüfung aller<br />

seit 1968 beschlossener<br />

Überwachungsgesetze auf ihre<br />

Wirksamkeit und schädlichen<br />

Nebenwirkungen dringend erforderlich.<br />

Eine „systematische<br />

Evaluation“ fordert inzwischen<br />

selbst der Zweite Sicherheitsbericht<br />

der Bundesregierung mit der Begründung, „ohne gesichertes<br />

Wissen lässt sich alles irgendwie rechtfertigen“.Nach den spektakulären<br />

Verfassungsbrüchen der Bundesregierung in den letzten<br />

Jahren (Lauschangriff, Luftsicherheitsgesetz, Europäischer Haftbefehl,<br />

Vorratsdatenspeicherung) brauchen wir zudem eine unabhängige<br />

Grundrechteagentur, die alle Gesetzesvorhaben schon im<br />

Planungsstadium auf ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten<br />

begutachtet.<br />

Bis zur endgültigen Entscheidung über die Vorratsdatenspeicherung<br />

rät der Arbeitskreis, sich wirksam vor einer Aufdeckung seiner persönlichen<br />

und beruflichen Kontakte und Bewegungen zu schützen:<br />

1. Nutzen Sie kostenlose und vorausbezahlte Dienste nur noch<br />

unter falschem Namen (z.B. E-Mail-Konten, Prepaid-Handykarten).<br />

Dies ist auch in Zukunft vollkommen legal.<br />

2. Nutzen Sie Anonymisierungsdienste für sensible Aktivitäten<br />

im Internet.<br />

Quelle:<br />

http://www.vorratsdatenspeicherung.de<br />

*Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung<br />

e.V.


FREIeBÜRGER 21<br />

Endlich nähern wir uns einer Erholungs-, Wasch- und sicher auch<br />

gemütlichen Schlafstätte, „Mum’s Lodge-Motel“, eine Art Gästehaus<br />

im Motel Stil. Unser Schiff blubbert in den Hafen, dass<br />

das Dröhnen unseres Hubraummonsters in den typisch U-Formmäßigen<br />

Straßenherbergen, von keinem unbemerkt bleiben konnte.<br />

Unseren mit Staub zugeblasenen<br />

Ohren kam es schon merkwürdig<br />

vor, als da plötzlich kein Laut mehr<br />

zu vernehmen war, dort, direkt vor<br />

dem Schild „Rooms“ , das grell blinkend,<br />

all die freien Zimmer kundtat,<br />

unter denen wir sogar freie Auswahl<br />

zu haben schienen.<br />

Nur die Zikaden, die dir – wo auch<br />

immer du dich nachts draußen aufhältst<br />

– mit ihrem Gezirpe/die einzelnen<br />

übrig gebliebenen Nervenstränge<br />

Stück für Stück abknabbern!/Aber<br />

das Gefühl wieder mal<br />

aus dem Wagen raus, direkt, man<br />

bemerke nachts so gegen eins, in<br />

den Backofen steigen zu dürfen,<br />

einfach einzigartig die 44 Grad!<br />

In der Wüste Nevadas - Teil 4<br />

Meine Liebe und ich schauten also nach „Mum“, die uns Obdach<br />

bieten sollte, nicht bevor wir natürlich den Sparbereich, mit hoffentlich<br />

all seinen Raffinessen aufzusuchen bereit waren. „Ich klopf<br />

mal“, sagte sie und tat dies dann auch. Vor der „Office“ Türe wartend,<br />

...klopf, klopf. Dann hörten wir sie, die Schritte Mums! war<br />

wohl eine etwas betagte Mum, weil man da eben sehr langsame<br />

Schritte, die in Richtung Türe kamen, hörte, doch sicher hätte sie<br />

hungrigen Pilgern auch etwas anzubieten, so sie endlich die Türe<br />

erreichen würde. Auch schien ihr Gang sehr unregelmäßig zu sein<br />

und naja, Mum war wohl auch ein schwerer Brummer, denn mit<br />

jedem ihrer Schritte, man konnte sie einfach nur hören, kam sie der<br />

blöden Türe ja auch näher und näher. Die Holzbohlen stöhnten<br />

immer lauter, würden wir Mum nicht im aller nächsten Augenblick<br />

erwarten, wer hätte geahnt, was da auf die Türe zuzukommen drohte!<br />

Schon statisch standen wir da, die Blicke auf die Türklinke gerichtet,<br />

die Luft anhaltend, endlich hörten wir, während es die Falle<br />

langsam, unter wirklich komischem Geräusch hinunter drückte.<br />

Selbst die Zikaden stellten in diesen Sekunden ihren ohrenbetäubenden<br />

Gesang ein, ich würde heute schwören, dass auch meine<br />

Armbanduhr kurz innehielt, um die abstürzende Fliege nicht zu übertönen.<br />

Uhhhhhhhh...!<br />

Mum hatte ’nen Vollrausch, dazu den passenden Vollbart, dem Geruch<br />

nach zu urteilen die Hosen voll und rotzte uns irgendwas entgegen,<br />

an dessen Ende nur Fragmente wie:? „...shit“ oder auch<br />

„...fuck“ zu hören waren. Nachdem wir uns die vermutlichen Reste<br />

seines Abendessens aus dem Gesicht wischten, der Fast-Tinitus<br />

nachließ und wir vernahmen, ein Zimmer zu bekommen, um die Übelkeit<br />

zu kurieren, die uns beide im Griff hatte, ging das Zweibein vor<br />

uns weg.<br />

Wir tapsten seiner Dunstglocke hinterher, direkt zu den Zimmern,<br />

das hofften wir nun endlich mal! Dann endlich öffnete „Es“, wir<br />

nennen ihn mal Leo Mc Kenzy, mit laut klirrenden Schlüsseln die<br />

vorletzte Türe, aus der der Zug der großen weiten, aber auch stinkenden<br />

Welt, in Form eines warmen Sommernachtwinds abfuhr!<br />

Es war sicher kein Problem zu warten, bis „Leo“ sich endlich verdünnisierte,<br />

um doch noch schnell den „Topf“ zu finden, in dem ich<br />

mein Frühstück platzierte. Meine Liebe war da schon tapferer, eben<br />

hart im Nehmen, hielt sie es Sekunden länger aus, da es ja auch nur<br />

einen Topf gab. Als ich der Ausscheidungskammer endlich entrinnen<br />

konnte, sah ich, einer weißen Wand gleich, das Gesicht meiner<br />

Süßen, während sie im Sprint dicht an mir vorbei, in Richtung Topf<br />

stürzte. Die Geräusche die man dann vernahm, oh backe!<br />

Als wir uns nach und nach beruhigten,<br />

die Schmach in der Wüstenkanalisation<br />

ihren Weg suchte,<br />

versuchten wir den Schlaf der<br />

Gesegneten zu zelebrieren und<br />

das bei dem draußen immer stärker<br />

werdenden Wind, der mittlerweile<br />

vor der Türe ganze Aufräumungsarbeit<br />

zu leisten schien.<br />

Nach ein paar unruhigen Stunden<br />

– keiner redet da von netten unruhigen<br />

Stunden, sondern von<br />

windigen und lauten unruhigen<br />

Stunden, sendeten unsere leer gepumpten<br />

Mägen ein deutliches<br />

Hungersignal! Futter fassen und<br />

einen starken, eher mocca-ähnlichen<br />

Nevadakaffee!<br />

Rein in die sandigen Klamotten,<br />

kurz die Bürste noch durch die Kauleiste und zwischendurch einen<br />

Blick Richtung Auto, doch das was ich dort sah, kam der Form nach<br />

schon hin, doch der hatte’ne andere Farbe!<br />

Das Sandstrahlgebläse hat in der Nacht ganze Arbeit geleistet und<br />

unser Schmuckstück, das da vorher stahlblau herkam, zu ’nem mausgrauen<br />

Haufen gemacht.<br />

„Egal, den können wir nachher ausgraben, lass uns nach Mum<br />

schauen“.Im Gänsemarsch also zum Office, doch der Kerl war nirgends<br />

zu finden. Kurz kam ich mir schon wie im „Bad Motel“ vor,<br />

fehlte wirklich nur noch der hübsche Anbau.<br />

„Lass uns verschwinden“ grummelte meine Kleine und traf damit<br />

auch meine Meinung, diese nette Ansammlung von Zimmern doch<br />

jetzt und gleich zu verlassen, notfalls ohne Cash!<br />

Das Individuum hatte nicht mal unsere Papiere einbehalten, man ist<br />

der doof! Also schnell die paar ausgepackten Sachen wieder einpacken,<br />

den Sandhaufen fahrbar machen und weg hier.<br />

Das kleine Gatter, das wir gestern gar nicht bemerkt hatten, hatte<br />

sogar ein kleines Tor und wer da jetzt raten würde, ob dies fest<br />

verschlossen war, er läge richtig!<br />

„Wo ist der Alte?“, schnaubte ich, leicht erregt und doch gleichsam<br />

ertappt, bei diesem unseren kleinen Fluchtversuch durch die Mitte.<br />

Leo Mc Kenzy kam dann auch, genau im richtigen Moment, als wir<br />

doch so bescheuert vor dem dämlichen Tor standen, sicher um uns<br />

rasch’ne wirklich gute Ausrede einfallen zu lassen, wieso wir sein<br />

Domizil so fluchtartig verlassen wollten.<br />

Diese schräge völlig unglaubwürdige Argumentation möchten wir<br />

an dieser Stelle den Lesern ersparen, auch Leo war wirklich sauer<br />

und glaubte uns sicher all unsere Worte. Nach der warmherzigen<br />

Verabschiedung und der gesalzenen Rechnung – muss wohl ’ne<br />

Art Sonderzuschlag gewesen sein – atmeten wir auf, heil aus der<br />

Nummer raus zu sein.<br />

On the Road again...<br />

Alberto


22 FREIeBÜRGER<br />

feiert seine<br />

Second-Hand-Kauf-Rausch-Party<br />

Motto:<br />

„Wenig Geld - und trotzdem chic “<br />

mit Modenschau und Ausverkauf<br />

billig, pfiffig, billig, pfiffig, billig, pfiffig, billig...<br />

am 12. März 2009 ab 19:00 Uhr<br />

Sedanstraße 22 (im Keller)<br />

(im Rahmen der Frauenaktionswoche 8. März )<br />

Eintritt frei<br />

Boutique LeSac – Sedanstraße 22 – Kellerräume unter Waschbär<br />

Dienstag 15.00 – 19.00 h, Donnerstag 10.00 – 14.00 h<br />

Ein Projekt von OFF – Obdach Für Frauen – Förderverein Wohnungslose Frauen e.V.<br />

79023 Freiburg, Postfach 5631, off.freiburg@freenet.de<br />

WER VERMIETET KLEINE WOHNUNGEN AN ALG II-EMPFÄNGER?<br />

Die Freiburger StrassenSchule betreibt mehrere Projekte für junge Menschen in Wohnungsnot. Für unsere Projektteilnehmer<br />

suchen wir Mietwohnungen in Freiburg, die dem ALG II-Satz entsprechen, d.h., 45 qm und eine Kaltmiete von<br />

290,70 Euro nicht übersteigen.<br />

Ihr Ansprechpartner ist Ingrid Glaser, Tel. 0176 / 12 606 131


FREIeBÜRGER 23<br />

Umbauarbeiten<br />

Bald soll der Neukauf in der Lörracherstraße für ungefähr<br />

ein Jahr geschlossen werden. Er soll größer werden<br />

und es soll mehr Parkplätze geben.<br />

Für meinen Kollegen Markus und mich wird es eine lange<br />

Zeit sein und nicht nur, weil die Filiale ganz in meiner Nähe<br />

ist, werden wir viele nette Kunden nicht mehr sehen. Wir<br />

arbeiten jetzt seit fast ein-einviertel Jahre dort und einige der<br />

Kunden haben uns oft sehr geholfen. Sie sind uns nicht nur<br />

moralisch zur Seite gestanden, sondern sie hatten auch gute<br />

Tipps für uns, wenn es amtliche Probleme gab oder konnten<br />

uns Adressen von Institutionen geben, die einen bei Problemen<br />

unterstützen.<br />

Wir, mein Kolleg und ich, müssen uns jetzt schon einen neuen<br />

Platz suchen, wo wir unsere FREIeBÜRGER verkaufen können.<br />

Wir hoffen, dass wir dort genauso gut aufgenommen<br />

werden, wie an unserem alten Platz!<br />

Wir möchten uns herzlichst bei der Kundschaft, aber auch<br />

bei den Mitarbeitern des Neukaufs bedanken. Wir sehen uns<br />

wieder, versprochen!<br />

Gina<br />

Sonntagstreffs im März 2009<br />

1.3. 2009 St. Konrad und Elisabeth<br />

13 Uhr Pfarrsaal Emmendingerstr. 43<br />

Straßenbahn 5/ Halt Rennweg<br />

8. 3. 2009 Heilige Familie<br />

14 Uhr Gemeindehaus Hofackerstr. 29<br />

Bus 10/ Halt Hofackerstr.<br />

15. 3. 2009 St. Blasius/ Zähringen<br />

13.30 Uhr Gemeindehaus Burgdorfer Weg 15<br />

S 5 bis Endhaltestelle Zähringen<br />

Der Hartz-Vierler<br />

(In der Lehener Straße 77, Freiburg)<br />

Vom langen Warten ist sein Rücken schon<br />

so rund geworden, dass kein Hund mehr bellt.<br />

er braucht nicht so zu tun, als müsse er<br />

sich bücken, wenn ihm etwas runterfällt.<br />

Wie er so dasteht, in zerbeulten Hosen,<br />

der Haltung nach schon fast ein Greis,<br />

ist eine Nummer er im Heer der Arbeitslosen<br />

und gibt am Schalter seine Nummer preis.<br />

Doch plötzlich hellen seine irgendwie<br />

entgleisten Züge sich seltsam auf:<br />

Er rennt die Türe ein<br />

– für einen Augenblick herrscht Stille<br />

– dann schallt von drinnen lautes Schrei’n...


24 FREIeBÜRGER<br />

Veranstaltungs-Tipps zum Internationalen Frauentag<br />

China Blue – Dokumentarfilm<br />

über Textilarbeiterinnen in China<br />

USA 2005 OmU 87 Min.<br />

China Blue gibt einen konkreten, meist unsentimentalen Einblick in<br />

die Arbeits- und Lebensbedingungen von drei jungen Frauen. Sie<br />

sind Arbeiterinnen in einer chinesischen Textilfabrik. Gemeinsam<br />

mit der 17-jährigen Jasmin, die alleine vom Land in die Stadt gekommen<br />

ist, entdecken die Zuschauerinnen diese neue Welt: 14-Stunden-Arbeitstage,<br />

Überstunden, 7-Tage-Wochen, vorenthaltener<br />

Lohn, enge Wohnheime, neue Freundschaften; Versuche, durchzuhalten<br />

oder Widerstand zu leisten.<br />

Ein weiterer Strang des Filmes zeigt den Fabrikbesitzer, stolz auf<br />

das, was er sich aufgebaut hat, ignorant gegenüber den Bedingungen,<br />

unter denen die Frauen für ihn arbeiten, und unterwürfig gegenüber<br />

westlichen Firmenvertretern, die die Preise diktieren.<br />

Wer China Blue gesehen hat, entwickelt nicht nur Respekt und<br />

Mitgefühl für die Frauen, die die Kleider nähen, die wir hier billig<br />

kaufen, sondern auch mehr Wissen über Arbeitsbedingungen und<br />

globale Marktzusammenhänge.<br />

Sonntag, 8. März (Internationaler Frauentag)<br />

um 19:30 h im Kommunalen Kino Freiburg, Urachstr. 40<br />

Anschließend: Gespräch und Informationen<br />

zur „Kampagne für Saubere Kleidung“ mit Martina Backes<br />

(iz3w) und Dagmar Große (Eine Welt Forum)<br />

Weitere Termine: Di, 10.03. - 21.30 h und Do, 12.03. - 21.30 h<br />

Bilder von Hildegard Wohlgemuth<br />

AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG:<br />

Montag, 9.3. um 19.00 mit einer Lesung<br />

aus dem Pariser Tagebuch der Hildegard Wohlgemuth<br />

von Traute Hensch<br />

AUSSTELLUNGSABSCHLUSS<br />

Sonntag, 15.3. um 19.00 mit dem Film<br />

„Meine Geister, die Kinder. Ein Leben in Schizophrenie.“<br />

NDR 1994<br />

Donnerstag, 12.3. von 17.00 -19.00<br />

Schnupperworkshop Tanztherapie<br />

Veranstalterin: FrauenZimmer<br />

Suchtberatunggstelle für Frauen und Mädchen<br />

Leitung: Martina Allgäuer, Tanztherapeutin ;<br />

Anmeldung bis zum 06.03. (Tel. 32211)<br />

Eintritt: auf Spendenbasis<br />

Öffnungszeiten: Montag, 09.3. - Sonntag, 15.3.<br />

täglich, außer Mittwoch,14.00 -18.00 h<br />

FrauenLesbenZentrum e.V.<br />

Faulerstr. 20, barrierefrei<br />

Tel: 0761 - 33676<br />

www.lebenskuenstlerinnen.de


FREIeBÜRGER<br />

Aufgrund der derzeitig in Deutschland<br />

herrschenden Eiszeit, haben<br />

wir uns entschlossen, mal wieder<br />

einen Eintopf zuzubereiten. Erstens<br />

kocht der nach der Schnippelei von<br />

allein und zweitens ist das bei diesen<br />

Temperaturen das richtige Essen<br />

um sich aufzuwärmen. Nach<br />

langem Hin und Her entschieden<br />

wir uns für den Pichelsteiner Eintopf,<br />

einem klassisch deutschen Gericht,<br />

mit viel Gemüse und Rindfleisch.<br />

Der Eintopf ist übrigens eines der<br />

ältesten überlieferten Rezepte für<br />

warme Mahlzeiten, ist vor ewigen<br />

Zeiten erfunden worden, war praktisch<br />

und einfach, denn daher leitet<br />

sich ja auch der Name ab: Man<br />

brauchte für Gemüse, Fleisch und<br />

sämtliche anderen Zutaten nur einen<br />

Topf und kann darin so nach<br />

und nach alles kochen lassen.<br />

Der Pichelsteiner Eintopf hat sogar eine spezielle Geschichte, wobei<br />

es davon zwei Varianten gibt: Die erste wäre, dass in früheren<br />

Zeiten ein großer Kessel, in dem man Gemüse kocht, als „Pichel“<br />

bezeichnet wurde und daher der Name des Gerichtes abgeleitet<br />

wurde. Die zweite Episode ist allerdings glaubhafter, nämlich dass<br />

der Eintopf im bayrischen Wald am Berg Bichelstein erfunden wurde.<br />

Die Geschichte begann am 17.06.1839, als ein gewisser Landrichter<br />

Storlein aus Grafenau, Bekannte und Stadtobere zu einer<br />

Wanderung am Bichelstein einlud und man später noch in einem<br />

Gasthaus einkehrte. Da alle Beteiligten Spaß an der Sache hatten,<br />

beschloss man diese Wanderung jedes Jahr zu wiederholen. Neun<br />

Jahre später servierte die Wirtin Auguste Winkler dann statt der<br />

erwarteten Brotzeit mal etwas anderes: ein warmes Gericht mit viel<br />

Gemüse und Fleisch darin. Die Wirtin, die damals die Zutaten noch<br />

mit einem Pferdefuhrwerk auf den Berg fahren ließ, hatte noch nicht<br />

einmal einen Namen für das Gericht und da auch die Gäste das<br />

schmackhafte Essen nicht kannten, benannte man es schließlich<br />

nach dem Bichelsteiner Berg. Irgendwann kam auch Fürst von Bismarck<br />

in die Gegend und lernte diese Art von Eintopf kennen. Der<br />

schmeckte ihm so gut, dass er ihn weiter empfahl und 1894 schaffte<br />

es der „Pichelsteiner“ zum ersten Mal in ein deutsches Kochbuch.<br />

Inzwischen gibt es ihn wohl überall in Deutschland.<br />

Es ist noch Suppe da...<br />

25<br />

Nun haben eben auch wir diesen<br />

leckeren Eintopf entdeckt und beschlossen<br />

diesen mal auszuprobieren.<br />

Nach einer kurzen Absprache<br />

über die Einkaufsliste, besorgte<br />

Micky all die Zutaten, welche ich<br />

zum Kochen benötigte und schon<br />

konnte es losgehen.<br />

Die Hauptarbeit bei diesem Rezept<br />

besteht im Kleinschneiden der Zutaten.<br />

Als erstes kommt natürlich das<br />

Rindfleisch an die Reihe, weil es länger<br />

zum Garen braucht als das Gemüse.<br />

Das Fleisch wird etwas kleiner<br />

als Gulasch geschnitten und<br />

dann in einem Topf scharf angebraten.<br />

In der Zwischenzeit kann man<br />

die Kartoffeln schälen und zusammen<br />

mit dem Gemüse klein schneiden.<br />

An Gemüse kann man eigentlich<br />

alles nehmen, was der Garten<br />

oder der nächste Supermarkt so hergeben. Ich habe das herkömmliche<br />

Rezept ein wenig abgeändert und Grünzeug meiner Wahl verwendet.<br />

Ich nahm Karotten, Wirsing, Sellerie, Lauch, rote Paprikaschoten,<br />

Petersilien-wurzeln, Kohlrabi und natürlich Erdäpfel. Dazu<br />

kommen dann noch ein paar Zwiebeln und Knoblauchzehen.<br />

Nachdem die kleinen Rindfleischstücke gut angebraten sind, wird<br />

das Gemüse darüber geschichtet. Nach jeder Lage würze ich dann<br />

mit Salz und Pfeffer, wobei man statt Salz auch klare Brühe verwenden<br />

kann, das schmeckt einfach würziger. Das geht nun so weiter,<br />

bis der Topf etwa ¾ voll ist (die Größe des Topfes und die Menge<br />

der Zutaten richtet sich nach der Anzahl und dem Hunger der Mitesser).<br />

Nun habe ich das Ganze ein wenig schmoren lassen und<br />

dann immer wieder mit der inzwischen vorbereiteten Fleischbrühe<br />

übergossen. Dabei habe ich normale Rindfleischbrühwürfel genommen,<br />

denn durch das Anbraten des Fleisches konnte ja keine Brühe<br />

entstehen.<br />

Jetzt lasse ich den Topf etwa eine Stunde auf dem Herd vor sich<br />

hinköcheln und dann ist er auch schon fertig unser Pichelsteiner<br />

Eintopf! Jetzt muss ich ihn nur noch probieren und eventuell etwas<br />

nachwürzen.Dazu reicht man am besten frisches Brot oder Baguette.<br />

Guten Appetit und bis zum nächsten Mal!<br />

Euer Didi


26 FREIeBÜRGER<br />

Hallöchen, liebe Sportfreunde<br />

endlich haben wir März und können darauf hoffen, dass das Winterwetter<br />

so allmählich zu Ende geht. Ist zwar noch nicht viel zu merken<br />

davon, deswegen habe ich mir in letzter Zeit den Sport auch<br />

lieber im Fernsehen angeschaut, als mich draußen zu bewegen. Aber<br />

vor der Glotze gab es im letzten Monat ja auch jede Menge an<br />

sportlichen Sachen zu erleben.<br />

So zum Beispiel die Fußball-Bundesliga, die endlich ihren Winterschlaf<br />

beendet hat und nun in die (hoffentlich spannende) Rückrunde<br />

gestartet ist. Die ersten vier Spieltage waren jedenfalls an<br />

Dramatik nicht zu übertreffen, man könnte fast glauben, der längst<br />

verstorbene Alfred Hitchcock hätte das Drehbuch dafür geschrieben.<br />

Jede Woche gibt es einen neuen Tabellenführer und die ersten<br />

sechs Mannschaften sind nur 6 Punkte auseinander. So spannend<br />

war es seit Jahren nicht. Vor allem die Spitze der Tabelle, Hamburg<br />

vor Hoffenheim und Berlin, hätte vor der Saison außer Wahrsagern<br />

wohl kein Mensch erwartet.<br />

Jeder erwartete doch die Ära Klinsmann, in der die Bayern im Spaziergang<br />

jeden Titel holen, zumindest war es so in etwa angekündigt!<br />

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!<br />

Auf jeden Fall ist die Chefetage bei Deutschlands Vorzeige-Club zur<br />

Zeit nicht sehr amüsiert, denn Tabellenplatz vier in der Bundesliga<br />

würde ja nicht zur Teilnahme an der Champions-League berechtigen<br />

und das war Pflicht, genau wie der Meistertitel, den man sich ja<br />

eigentlich nur abholen brauchte. Aber wenn ich bedenke, dass die<br />

Bajuwaren in der Rückrunde von vier Spielen gleich drei verloren<br />

haben, kommen mir doch arge Zweifel über die Leichtigkeit dieses<br />

Vorhabens! Und wenn man dann noch sieht, wie der FCB kürzlich<br />

zu Hause gegen Köln (!) verloren hat, kann man auch ein paar Wochen<br />

nach Weihnachten davon ausgehen, dass in München der<br />

Baum (wieder) brennt! Ich glaube Hoeneß, Rummenigge & Co. werden<br />

sich das wohl nicht mehr lange mit anschauen, wie die Millioneninvestition<br />

FC Bayern München den Bach runter geht, denn Finanzpleiten<br />

gab es ja in letzter Zeit genug! Na ja mal sehen, wie lange der<br />

schwäbische Bäckerbursche noch Trainer in Bayerns Hauptstadt<br />

bleibt, bis er wieder zurück nach Kalifornien darf? Angesichts der<br />

nächsten drei Spiele die innerhalb einer Woche anstehen, nämlich<br />

in Lissabon in der Königsklasse Europas, in Bremen in der Bundesliga<br />

und dann in Leverkusen im Pokal, könnte sein Umzug wohl<br />

doch schneller erfolgen als er erwartet! Aber er behauptet ja seit<br />

einem Jahr, dass er jeden Spieler jeden Tag etwas besser machen<br />

will (?). Mach so weiter, Jürgen – du bist auf dem richtigen Weg!<br />

Aber wie schon erwähnt, die eigentlichen Überraschungen bleiben<br />

die drei Mannschaften, die vor den Bayern platziert sind. Nun gut,<br />

der Hamburger SV und Hertha BSC gehören jetzt nicht unbedingt<br />

zu meinen Lieblingsmannschaften in der Liga, aber solange die vor<br />

den Nobelkickern aus dem Freistaat stehen, soll es mir doch recht<br />

sein. Imponierend ist vor allem, wie klammheimlich sich die Berliner<br />

nach vorn geschlichen haben, auf die hätte doch zu Saisonbeginn<br />

keiner einen Pfifferling gesetzt! Ich hoffe nur, die bleiben auch da<br />

oben und vermasseln Beckenbauers Dream-Team den Einzug in die<br />

Champions-League!<br />

Auch der Herbstmeister aus dem beschaulichen Dorf Hoffenheim<br />

steht in der Tabelle immer noch vor den Münchnern und das ist gut<br />

so! Zwar schwächeln die Nordbadener zurzeit ein wenig, denn die<br />

haben in der Rückrunde auch erst 5 Punkte eingefahren, aber der<br />

von vielen erwartete komplette Absturz ist nicht erfolgt. Leider sind<br />

sie in diesem Jahr ein wenig vom Pech verfolgt. Zuerst verlieren sie<br />

ihren Top-Torjäger, dann ihre Sympathien bei den Gegnern, weil sie<br />

angeblich unfair spielen und dann kommt auch noch ein Dopingskandal<br />

dazu. Mehr braucht man ja eigentlich gar nicht um Meister<br />

zu werden. Ein Witz ist allerdings wirklich die Sache mit den „gedopten<br />

Spielern“, die ja eigentlich gar keine Mittelchen eingenommen<br />

haben. Der Sachverhalt war folgender: Zwei Spieler des Aufsteigers<br />

wurden zur Dopingkontrolle auserwählt, was ja völlig in<br />

Ordnung war. Nun sind die beiden aber erst zu den Fans, welche<br />

mitgereist waren, gelaufen und haben sich dort feiern lassen. Danach<br />

gingen sie kurz in ihre Kabine, um das verschwitzte Trikot in<br />

ein frisches umzutauschen und kamen demzufolge etwa 10 Minuten<br />

zu spät bei den Kontrolleuren an, was dann gleich als Vergehen<br />

gegen die Dopingbestimmungen ausgelegt wurde. Das entspricht<br />

ja den Bestimmungen der WADA, der Antidoping-Agentur, aber


FREIeBÜRGER 27<br />

was zum Teufel soll das? Erstens bringen irgendwelche<br />

Pillen einem Fußballer gar nichts,<br />

er kann wohl schneller laufen, aber nicht besser<br />

spielen! Denn das Kicken muss man im Blut<br />

haben, nicht die Medikamente! Zweitens:<br />

Wenn nach zehn Minuten die Probe negativ<br />

ausfiel, was gibt es dann daran zu bemängeln?<br />

Wie kann man in dieser relativ kurzen Zeit seinen<br />

Urin manipulieren? Und Drittens: Hätte es<br />

solch einen Aufstand gegeben, wenn es sich<br />

um zwei Spieler vom FC Beckenbauer gehandelt<br />

hätte?<br />

Meiner Meinung nach dreht es sich hier um<br />

einen Aufstand der Großen gegen einen Kleinen.<br />

Man kann einfach nicht einsehen, dass<br />

sich ehrliche Arbeit auszahlt, anders ist ja nicht<br />

zu erklären, dass alle meinen, die Nordbadener<br />

wären mit Dietmar Hopp seinem Geld nach oben<br />

katapultiert worden. Denn wenn man bedenkt,<br />

was die Hoffenheimer in junge Spieler investiert<br />

haben, um diese dann auszubilden und<br />

was die Bayern für Superstars ausgegeben haben,<br />

kann man doch beim Aufsteiger nicht vom<br />

Kauf einer Mannschaft reden, oder?<br />

Jedenfalls droht den beiden „Dopingsündern“ jetzt eine Sperre von<br />

einem Jahr und über die Wertung diverser Spiele, an denen die<br />

beiden teilnahmen, wird auch noch mal entschieden. Ich finde es<br />

einfach lächerlich!<br />

Über meine Schalker brauche ich diesmal gar nichts zu schreiben,<br />

denn es hat sich nichts geändert. Die krebsen immer noch im Mittelfeld<br />

herum, ohne irgendwelche Möglichkeiten noch in das internationale<br />

Geschäft, also die Europapokal-Plätze zu kommen. Na ja, die<br />

Chancen auf einen Abstieg sind dafür genauso aussichtslos!<br />

Wenigtens hat es im Derby gegen Lüdenscheid zu einem Unentschieden<br />

gereicht, aber einen Aufreger gab es trotzdem wieder. Der<br />

Doofmunder Boateng grätschte nach einer Viertelstunde in die Beine<br />

unseres Kapitäns und verletzte ihn so, dass er vom Rasen getragen<br />

wurde. In meinen Augen war das versuchter Totschlag, aber<br />

der Schiedsrichter gab nur Gelb. Hinterher bei der Spielanalyse sagte<br />

Fernseh- und Fußballexperte Olaf Thon, das wäre klar rot gewesen,<br />

wo er auch Recht hat! Und dann kam der Lüdenscheider Trainer<br />

Klopp (welchen ich bis dahin sehr sympathisch fand) und meinte,<br />

er habe wohl gesehen, dass es ein Foul war, aber das vom Gegner<br />

eine rote Karte eingefordert würde, fände er unfair! Bitte!? Wer<br />

hat denn wem was getan?<br />

Noch schlimmer hat es Werder Bremen erwischt. Der Meisterschafts-<br />

Anwärter liegt nur auf dem 11. Platz und hat zur Tabellenspitze<br />

bereits 15 Punkte Rückstand, irgendwas läuft bei denen in dieser<br />

Saison wohl falsch? Aber egal, ich wünsche ihnen, dass endlich der<br />

Knoten platzt und zwar an diesem Wochenende, wenn sie daheim<br />

gegen die Bayern spielen. Lasst euren Frust endlich raus und<br />

schießt die Bayern aus dem Stadion und den Klinsmann nach Kalifornien!<br />

Viel erfreulicher geht es da doch in Liga zwei zu, denn da steht nach<br />

wie vor der Sportclub Freiburg an der Tabellenspitze und kommt<br />

Woche für Woche dem Aufstieg ein Stück näher. Nach vier Jahren<br />

wird es ja auch endlich mal wieder Zeit, dass wir hier Erstliga-Fußball<br />

zu sehen bekommen. In der Rückrunde gab es jetzt in vier Spielen<br />

4 Siege und daran gibt es ja nichts zu kritisieren, ich hoffe nur,<br />

dass es noch eine Weile so weiter geht!<br />

Auch meine geheime Liebe, der FC St. Pauli, hat sich gemausert,<br />

steht inzwischen auf Rang 8, hat aber nur fünf Punkte Rückstand<br />

auf die Aufstiegsplätze.<br />

Unsere Nationalmannschaft hat ja in diesem<br />

Jahr auch schon wieder „gespielt“ und dabei<br />

ganz knapp mit 0:1 verloren. Kann ja mal passieren,<br />

gegen Argentinien oder Brasilien oder<br />

so, aber Gott verdammt der Gegner hieß Norwegen<br />

und das war auch noch ein Heimspiel!<br />

Das war mit Abstand die schlechteste Leistung<br />

der deutschen Elf, die sie in den letzten Jahren<br />

dem zahlenden Zuschauer zugemutet haben!<br />

Wenn man die Vorwärtsbewegungen der Truppe<br />

gesehen hat, hätte man meinen können, eine<br />

Schnecke wäre ein Eilzug! Von Einsatz oder gar<br />

Engagement war gar nichts zu beobachten. Klar<br />

man kann sagen, es ging dabei um nichts, aber<br />

bald steht wieder die WM-Quali an und so brauchen<br />

die da gar nicht erst anzutreten. Das soll<br />

es mal gewesen sein vom Fußball, ich habe mich<br />

ja inzwischen genug darüber aufgeregt.<br />

Aber in den letzten Wochen gab es ja noch<br />

genügend Wintersport und da sind die deutschen<br />

Athleten mal wieder positiv aufgefallen.<br />

Nein, keine Angst, nicht doping-technisch,<br />

sondern durch Leistungen! Das mit dem Doping<br />

waren die Russen beim Biathlon und da gab es ja wirklich<br />

richtig Ärger. Zu Beginn der Weltmeisterschaften wurden bei drei<br />

russischen Sportlern eine gewisse Substanz festgestellt und nach<br />

dem auch die B-Probe positiv ausfiel, durften sie nach Hause fahren.<br />

Ist ja nichts Neues im modernen Leistungssport, aber trotzdem<br />

traurig. Noch schlimmer ist, dass der Verband aus Russland sich<br />

weigert, eine konkrete Stellungsnahme abzugeben. Egal, die WM<br />

war spannend und mit dem Norweger Björndalen und unserer Kati<br />

Wilhelm gab es ja dann auch noch zwei wirkliche Skikönige, denn<br />

beide sind mit vier Medaillen abgereist.<br />

Überraschend war auch die WM der alpinen Skiartisten, bei der die<br />

deutschen eine Woche hinterherliefen, um dann an den letzten beiden<br />

Tagen noch zweimal Gold zu holen. Solch ein Ergebnis gab es<br />

seit zig- Jahren nicht mehr!<br />

Die nordische Ski-WM läuft auch, aber da haben die deutschen<br />

Sportler bisher enttäuscht. Sieht man mal vom Freiburger Martin<br />

Schmitt ab, welcher in diesem Jahr sein Comeback feiert und beim<br />

Springen von der Normalschanze immerhin 5. wurde. Schade, ich<br />

hätte ihm eine Medaille gegönnt!<br />

Na ja, soviel mal für heute, bis zum nächsten Mal.<br />

Ciao<br />

Carsten


28 FREIeBÜRGER<br />

Die Arbeit beim FREIeBÜRGER ist vielfältig: Bürotätigkeiten<br />

und das Erstellen der Straßenzeitung lässt sich längst nicht mehr<br />

durch ehrenamtliche Kräfte allein bewerkstelligen. Deshalb suchen<br />

wir seit Jahren Möglichkeiten, unseren Mitarbeitern ihre<br />

Arbeit zu finanzieren. Seit dem 3.11.haben wir nun mit Unterstützung<br />

der ARGE Freiburg den 3. Arbeitsplatz eingerichtet. Für<br />

unseren mildtätigen Verein ist es nicht einfach, die Kosten für<br />

diese Arbeitsplätze aufzubringen. Deshalb suchen wir Menschen,<br />

die unsere Arbeit zu würdigen wissen und die Finanzierung dieser<br />

Jobs unterstützen wollen.<br />

Werden Sie Arbeitsplatz-Pate bei uns!!!<br />

Im Augenblick werden die Arbeitsplätze durch Werbeeinnahmen,<br />

Spenden und zum Teil durch Verkaufseinnahmen finanziert. Unser<br />

Dank geht an unsere Werbekunden, unsere Spender und Sponsoren<br />

und die Käufer unserer Straßenzeitung!<br />

Uli<br />

ist seit Einführung der Hartz IV-Gesetze als Chefredakteur/Fotograf<br />

bei uns beschäftigt und zusätzlich zur Monatskarte erhält er für<br />

seine Arbeit ein Nettogehalt von 360,51 Euro. Weil Uli in der Wagenburg<br />

Biohum lebt, zahlt er nur 50,- Euro Miete und ist daher mit<br />

seinem kleinen Gehalt zufrieden. Der Vorteil für uns alle beim<br />

FREIeBÜRGER ist auch wie für ihn: Er kann hier seinen Interessen<br />

nach sinnvoller Arbeit nachgehen, damit über eine sozialversicherte<br />

Tätigkeit sein eigenes Einkommen erzielen und muss sich nicht von<br />

der ARGE abhängig machen, zumal er als Mensch in seinem Alter<br />

auf dem heutigen Arbeitsmarkt keine reale Chance mehr hätte, einen<br />

Job zu bekommen.<br />

Carina<br />

ist allein erziehende Mutter von zwei Kindern und beim FREIeBÜR-<br />

GER für das Layout verantwortlich. Damit sie und ihre Familie komplett<br />

von der ARGE unabhängig wären, müsste sie mindestens<br />

Job-Paten gesucht!<br />

1300,- Euro netto verdienen. Da wir dies aber nicht finanzieren konnten,<br />

hatten wir sie zuerst über einen so genannten Mini-Job beim<br />

FREIeBÜRGER beschäftigt, um wenigstens einen Teil ihres enormen<br />

Arbeitsaufwandes zu bezahlen. Glücklicherweise konnten wir<br />

diesen Mini-Job im Oktober 2007 in eine Teilzeitstelle mit 25 Wochenarbeitsstunden<br />

aufstocken und diesen auch für das nächste Jahr<br />

sichern. Carina ist nun mit einem Gehalt von 650,- Euro netto beim<br />

FREIeBÜRGER beschäftigt.<br />

Micky<br />

machte bei uns zweimal einen 2-Euro-Job. Im Anschluss an die zweite<br />

Maßnahme konnten wir ihn dank Unterstützung durch die Beschäftigungsförderung<br />

„JobPerspektive“ am 3. November bei uns anstellen.<br />

Er bekommt für seine Vollzeit-Beschäftigung 900,- Euro netto.<br />

Er ist beim FREIeBÜRGER für die Anzeigen-Akquise und die<br />

Kundenbetreuung verantwortlich, schreibt redaktionelle Beiträge,<br />

kümmert sich auch um alltägliche Sachen wie z.B. Zeitungsausgabe<br />

an Verkäufer. Die ARGE übernimmt im Rahmen von „JobPerspektive“<br />

75 % der Bruttokosten, 331,- Euro müssen vom Verein aufgebracht<br />

werden. Für ihn ist die Anstellung ein erster Schritt weg von der<br />

ARGE und ihren Auflagen, er hofft, dass in Zukunft irgendwann<br />

auch sein Arbeitsplatz ohne die Zuschüsse durch das Amt finanzierbar<br />

sein wird.<br />

So liebe LeserInnen, vielleicht konnten wir Sie ja überzeugen, unser<br />

Arbeitsplatzkonzept finanziell zu unterstützen, wobei wir Ihnen als<br />

Gegenleistung Folgendes anbieten können: Die monatliche Herausgabe<br />

des FREIeBÜRGER und wenn Sie möchten, werden Sie in<br />

unserer Zeitung monatlich als Arbeitsplatz-Pate erwähnt. Außerdem<br />

können Sie dann mit Stolz von sich selbst behaupten, dass SIE<br />

– im Gegensatz zu den Politikern und ihren meist leeren Versprechen<br />

– direkt und konkret Arbeitsplätze ausbauen und erhalten,<br />

über deren Entwicklungen Sie sich zudem jederzeit vor Ort ein eigenes<br />

Bild machen können.<br />

Sollten Sie weitere Fragen haben, rufen Sie uns einfach zu unseren<br />

Bürozeiten unter 0761 / 319 65 25 an oder schicken uns eine<br />

E-Mail. Als mildtätiger Verein können wir Ihnen auch eine<br />

Spendenbescheinigung für das Finanzamt ausstellen.<br />

BISHERIGE ARBEITSPLATZ-SPONSOREN SIND:<br />

M. Riem, Freiburg<br />

OFF (Obdach Für Frauen) Freiburg<br />

Hendrijk Guzzoni (LisSt) Freiburg<br />

I. von Boetticher, Bad Krozingen<br />

U. Schäfer, Freiburg<br />

B. und M. Assies<br />

+ 4 weitere Sponsoren (auf Wunsch ungenannt)


FREIeBÜRGER 29<br />

WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />

WORTSPIEL-RÄTSEL:<br />

von<br />

Carina<br />

1. Flauschiger Abwasch-Erlediger<br />

2. Ein Schmuckstück mit Metzgereiprodukten<br />

3. Obst-Wichte<br />

4. Chinesisches Essbesteck für<br />

Wasserbewohner<br />

5. Lebensabend-Prophylaxe<br />

6. Puste-Unstärke<br />

7. Ein Joint, um Substanzen zurückzuhalten<br />

8. Sitzgelegenheit für Briefzustellung<br />

9. Eine Salbe für den Knast<br />

10.Markenpapiertaschentuch für ein<br />

wirbelloses Weichtier<br />

LÖSUNGSWORT:<br />

ZU GEWINNEN:<br />

für das korrekte Lösungswort<br />

1.- 3. Preis: ACHTUNG - DIESMAL<br />

je 1 CD von STIMMGEWITTER !!!<br />

UND:<br />

Im Dezember 2009 wird von ALLEN korrekten Einsendungen<br />

ein zusätzlicher Gewinner gezogen, der eine<br />

besondere Überraschung erhält!!!<br />

EINSENDESCHLUSS:<br />

ist diesmal der 23. März 2009 !<br />

(es gilt das Datum des Post-Stempels bzw. der Email!)<br />

Unsere Postanschrift findet ihr im Impressum auf<br />

Seite 2! E-Mails NUR mit Adressen-Angabe !!!<br />

Teilnahmeberechtigt: sind alle, außer die Mitglieder des Redaktions-<br />

Teams! Wenn es mehr richtige Einsendungen als Gewinne gibt, entscheidet<br />

das Los! Der Rechtsweg ist ausgeschlossen!<br />

Fett-umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben<br />

des endgültigen Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen.<br />

Sind pro Einzel-Lösung mehrere Kästchen fett umrandet, sind<br />

diese Buchstaben identisch! Alles klar?! Na dann viel Spaß!<br />

Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />

Hallöchen liebe Rätselbande,<br />

freut mich, dass ihr immer so zahlreich mitmacht! ☺ Obwohl ich nicht<br />

so der Mensch bin, der groß vor der Glotze abhängt, bleibt es nicht<br />

aus, dass sich trotzdem etwas recht schnell ins Gedächtnis einnistet, selbst<br />

wenn man vergesslich ist oder wegschaltet - schließlich werden für eben diesen<br />

Effekt Unsummen ausgegeben. Diese bekomme ich übrigens hierbei nicht und<br />

es liegt mir fern, genau das mit meinen Begriffen zu bezwecken: Richtig: es<br />

dreht sich diesmal alles um die Werbung - aber nur weil’s schee, äh Spaß macht!<br />

VIEL<br />

GLÜCK!<br />

LÖSUNGSWORT der letzten Ausgabe: SCHAUSPIEL<br />

bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />

1.KUNSTSTOFF, 2. STREICHORCHESTER, 3. AFFEN-<br />

THEATER, 4. KRAFTAKT, 5. TRAUMTAENZER,<br />

6.KAMMERSPIELE, 7. OPERNGLAS, 8. AUFTRITT,<br />

9. EIERTANZ, 10. GENERALPROBE<br />

Gewonnen haben: (aus 44 korrekten Einsendungen)<br />

L. Gräf, Freiburg<br />

U. Grödel, Freiburg<br />

C. Pochmann, Denzlingen<br />

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !!!<br />

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt!


30 FREIeBÜRGER<br />

H. M. Schemske<br />

Magic Island<br />

Nur hier im Vorabdruck!<br />

Der neue Kriminalroman erscheint<br />

in Fortsetzungen und nur bei uns!<br />

Wolf Hammer kam endlich dazu, die Briefe zu lesen. Er ließ das dicke<br />

Bündel Umschläge durch seine Finger gleiten. Das meiste davon<br />

war Reklame, aber ein Umschlag erregte seine Aufmerksamkeit. Er<br />

drehte ihn um, seltsam, die Rückseite war braun, zumindest auf den<br />

ersten Blick schien es so. Beim genauen hinsehen merkte er, dass<br />

ein zweiter Umschlag an der Rückseite fest hing. Vielleicht hatte es<br />

geregnet, als der Briefträger die Post aus seiner Tasche nahm, um<br />

sie in den Briefkasten zu stecken, und das braune Papier des zweiten<br />

Briefes blieb durch die Feuchtigkeit am ersten kleben.<br />

Er öffnete den braunen, festen Umschlag und schaute dabei nach<br />

der Adresse, aber Regen hatte die Tinte abgewaschen. Innen war<br />

ein kleines, dünnes Buch aus hartem, schwarzem Leder. Es war voll<br />

von Zahlen, Adressen, Codes, und Abkürzungen. Ein Name, Dietmar<br />

Eckert, Buenos Aires, 901 Cavientes Avenue, fiel ihm ins Auge.<br />

Dicht dabei stand eine zweite Adresse, diesmal in der Schweiz. Es<br />

handelte sich um eine Bank, die Credit-Suisse in der Lauterenstraße,<br />

Basel. Darunter stand in noch enger gekritzelter Handschrift, eine<br />

lange Zahlenfolge, offensichtlich ein Code. Wem gehörte das Notizbuch,<br />

war das sein eigener Name, oder was immer, Wolf rätselte<br />

schwer.<br />

Es war schon weit nach Mittenacht, als Wolf nach dem Handy griff<br />

und mit Deutschland telefonierte. Duft-Michel, rief er, als sein Freund<br />

sich meldete, hast du was zum Schreiben? Er diktierte ihm den Namen,<br />

den Code und die Daten der Basler Bank. Dann bat er ihn da<br />

mal nachzuforschen. Er fand, dass Duft-Michel ein wenig müde<br />

wirkte. Wie spät isses denn? Sechse, morgens, gähnte Duft-Michel.<br />

Deshalb bist du so müde. Hier ist es etwa ein Uhr, also, geh<br />

wieder schlafen, sagte Wolf. Es konnte ebenfalls nicht einschlafen,<br />

die Ereignisse drehten sich in seinem Kopf. Er öffnete die Minibar<br />

und trank ein Kubuli. Das half.<br />

***<br />

Auch Duft-Michel im fernen Deutschland konnte nicht wieder einschlafen.<br />

Er stand auf, duschte, trank im Stehen einen Kaffee und<br />

rief ein Taxi. Er kam gerade rechtzeitig zum Bahnhof, um einen ICE<br />

nach Basel zu erwischen und erreichte die Bank, als deren gläserne<br />

Türen sich gerade öffneten. Ohne Probleme ging ein Angestellter<br />

mit ihm in den großen Tresorraum im Untergeschoss, nachdem er<br />

die Adresse und den Code auswendig vortrug.<br />

In dem nüchternen Raum gab es nur Reihen von Schließfächern,<br />

jedes mit einer eingeprägten Nummer. Bevor der Bankmensch ihn<br />

Über den Helden ist nicht viel bekannt,<br />

er heißt Wolf Hammer und er ist Esoteriker,<br />

er hält Vorträge an Wochenend-<br />

Seminaren, die von gut betuchten<br />

Interessierten besucht werden.<br />

Siebte Folge<br />

Der Veranstalter dieser Seminare ist<br />

leider ein Tunichtgut, der unseren Helden<br />

eher schmal hält und ihm die<br />

Früchte seiner Arbeit nicht gönnen<br />

will. Unter der Woche hat Hammer<br />

frei, und da spaziert er in Freiburg auf<br />

der Kajo herum. Wie man hört, mit geschlossenen<br />

Augen.<br />

Was da alles passieren kann, erfahren<br />

Sie gleich, nach der Werbung!<br />

verließ, deutete er auf ein Telefon, das auf einem Tischchen in der<br />

Mitte des Raumes stand. Wenn Sie abheben, sind Sie mit unserer<br />

Telefonzentrale verbunden, die können Ihnen auch eine außerschweizerische<br />

Nummer geben, sagte er, und zeigte Duft-Michel<br />

noch im Weggehen das Schließfach mit derselben Nummer, die er<br />

eben auswendig gelernt hatte.<br />

Duft-Michel stand alleine im Tresorraum und wartete. Mit einem<br />

leisen Klicken öffnete sich das Fach. Er schrak auf und sah hinein.<br />

Ein sanftes Glühen, ein matter Schein aus rötlichem Gelb, sanft abgerundete<br />

Ecken aus glänzendem Metall sammelten das Licht der<br />

Neonröhren an der Decke und warfen es zurück in seine Augen. Es<br />

war Gold, eine Menge Gold. Reihen von Barren, aufeinander gestapelt,<br />

und als er seinen Kopf darüber beugte, bemerkte er die winzigen<br />

Gravierungen der rechtshändigen Swastika.<br />

In dem geräumigen Schließfach waren Hunderte Barren, Feingold,<br />

999,90, 1000 g, oben prangte ein Sonne-Mond-Zeichen, in der Mitte<br />

das Hakenkreuz. Es war Nazi-Gold, oder besser gesagt, jüdisches<br />

Gold, denn die Juden hatten ihr Leben und ihr Vermögen verloren<br />

an die erbarmungslosen Massenmörder in Hitlers Auftrag.<br />

Was sollte er tun, überlegte er und geistesabwesend nahm er einen<br />

in die Hand und völlig gedankenlos steckte er ihn in die linke hintere<br />

Hosentasche. In einem totalen Blackout nahm er noch einen und<br />

steckte ihn in hinten rechts rein. Dann zückte er sein Handy und<br />

fotografierte die übrig gebliebenen Barren. Hier unten bekam das<br />

Handy keine Verbindung, er steckte es wieder ein und nahm den<br />

Hörer des Telefons auf dem Tischchen. Er ließ sich mit seiner Zeitung<br />

verbinden, der Freiburger Straßenzeitung FREIeBÜRGER.<br />

Danach telefonierte er noch mit weiteren Zeitungen, der Badischen<br />

Zeitung aus Freiburg, mit dem Spiegel, und mit der Bild-Zeitung.<br />

Dann ließ er sich mit einer Nummer in USA verbinden. Das Büro<br />

von Eli Rosenbaum, Direktor des U.S. DOJ Office of Special<br />

Investigations (OSI), des amerikanischen Büros zur Aufklärung von<br />

Naziverbrechen im Auftrag des Justizministeriums. Eine Sekretärin<br />

erklärte ihm, er könne Rosenbaum nicht sprechen, er sei in Deutschland.<br />

Wo, fragte er und sie wiederholte, in DEUTSCHLAND! Duft-<br />

Michel erklärte es noch mal. Ah, rief sie belustigt, er ist in Karlsruhe,<br />

beim Bundesverfassungsgericht, aber was würde Ihnen das helfen,<br />

er ist frühestens nächste Woche zurück. Eine Menge, meinte er,<br />

geben Sie mir seine Handynummer, bat Duft-Michel.<br />

Der Nazijäger Rosenbaum aus den USA hörte ihm genau zu, unterbrach<br />

kein einziges Mal, schrieb sich Duft-Michels Kontakte auf,


FREIeBÜRGER 31<br />

die er soeben angerufen hatte und versprach noch am selben Nachmittag<br />

anzurufen, vermutlich nachdem er die Kontakte Duft-Michels<br />

bei den Zeitungen und in der Bank gecheckt hatte. Schließlich<br />

rief Duft-Michel noch Wolf Hammer an und erzählte ihm die<br />

Ergebnisse seiner Nachforschungen.<br />

Wolf hörte zu und sagte dann leise, aber deutlich, ich weiß, du bist<br />

in erster Linie Journalist, aber bitte wirf nun einen zweiten Blick ins<br />

Schließfach, und schau dich mal genau da drin um. Zu seinem eigenen<br />

Erstaunen fand Duft-Michel hinter den Barren ein altmodisch<br />

aussehendes Sparbuch. Er las alles darin laut vor, während Wolf<br />

lauschte. Danach gebrauchte Wolf seine geheime Stimme, damit<br />

sein Freund auch gehorchte.<br />

***<br />

Wolf Hammer erwachte mit einem inneren Stirnrunzeln. Es war lange<br />

nach Mitternacht, aber ein Gefühl schwerer Verantwortung drückte<br />

ihn. Wie lange würde es dauern, bis das Geld auf seinem neuen<br />

Konto war, und konnte eine Summe dieses Ausmaßes so schnell<br />

und leicht transferiert werden, wie der Angestellte der Schweizer<br />

Bank Duft-Michel versprochen hatte? Das Geld würde über den<br />

Ozean und durch verschiedene Banken gehen, einschließlich so<br />

zweifelhafter Plätze wie die Cayman Inseln, Lichtenstein und Monaco.<br />

Konnte eine Summe von zwei Millionen Dollar unauffällig nach<br />

Antigua verschoben werden? Die anderen achtzehn Millionen, die<br />

auf dem altmodischen Sparbuch gewesen waren, hatte er dem World<br />

Jewish Congress (WJC), einer internationalen Gesellschaft jüdischer<br />

Gemeinden und Organisationen in New York City, USA, überwiesen.<br />

Seinen Betrag betrachtete er als Finderlohn und hatte ihn bereits<br />

stillschweigend abgezogen. Er wusste nicht, wie viel das Gold<br />

wert war, das er ebenfalls gespendet hatte und er wusste auch nichts<br />

von den zwei Barren in Duft-Michels hinteren Hosentaschen.<br />

Wo war der Fehler, dachte Wolf. Er versuchte sich vorzustellen, wie<br />

der Schatz seinen Weg nach Antigua nahm, wie er sein neues Konto<br />

erreichte, und die neue Kreditkarte gewaltig auffüllen würde, die<br />

seinen neuen Namen trug. Sein neuer Name, das war es, wurde ihm<br />

plötzlich klar. Was wäre, wenn der echte Torres nach seinem Konto<br />

sähe? Wie konnte er so dumm sein, schimpfte Wolf mit sich selbst,<br />

das Leichteste wäre ein anderes Konto, ein Geschäftskonto für ihn<br />

als Torres, neben dem Privatkonto seines jetzt auf dem Luxusdampfer<br />

schippernden Kollegen mit der Sonnebrille und dem Leinenanzug<br />

und der deutschen Freundin.<br />

Er musste unbedingt dieses neue Geschäftskonto haben, zusammen<br />

mit einer neuen Gold-Card und einem neuen Passwort. Aber<br />

wie ein neues erstellen ohne das alte zu kennen? Er langte zum<br />

Nachttischchen an der Seite seines Hotelbettes und krallte sich<br />

sein Handy. Manuela, raspelte er fleißig Süßholz, hast du schon<br />

geschlafen? Ah, Wolfie, krähte sie, nein, wir waren spielen, im Casino,<br />

und jetzt im Moment bin ich mir die Nase pudern, für kleine Mädchen,<br />

kicherte sie. Wolfie, äh, mein neuer Freund, ich meine der, äh,<br />

sie unterbrach sich, plötzlich unsicher geworden. Wolf gebrauchte<br />

seine Stimme, um sie zu beruhigen. Wo ist er, fragte er noch mal.<br />

Ich denke, er ist völlig zu, hat viel verloren, ich kriege ihn jetzt nicht<br />

wach, antwortete die Freiburger Esoterik-Expertin. Verschaffe mir<br />

seine Bankdaten, sie werden in einem kleinen Buch in seiner Innentasche<br />

oder als Code in seinem Handy sein, verlangte Wolf. Du<br />

hast sein Handy und er hat dein Handy, erinnerte sie ihn maliziös.<br />

Das hatte Wolf übersehen. Während er auf sie einredete, tippte er<br />

sich durchs Handy. Kein Code. Schau nach dem Notizbuch, befahl<br />

er.<br />

Wie kann ich das, es wäre ein Vertrauensbruch, widersprach Manuela.<br />

Wolf fragte, seid ihr in einem Zimmer und habt ihr das andere<br />

als Wohnzimmer? Ah, und er ist so nett, er schließt die Verbindungstüre<br />

nie ab, quietschte Manuela. Liebt er dich, fragte Wolf. Mmh, ja,<br />

murmelte sie. Und du bist Langschläferin, nicht wahr? Und schaut<br />

er nach dem Zimmermädchen? Sie wurde still. Wolf fragte weiter.<br />

Während sie das Wohnzimmer reinigt, schläfst du da noch? Schließt<br />

er dann ab? Darauf kam lange keine Antwort.<br />

Warte, flüsterte sie, ich filze sein Jackett, er schläft. Nach einer Weile<br />

murmelte sie Zahlenreihen und Wolf tippte den Code ins Handy. Es<br />

war ganz früh am Morgen, und Wolf war online. Wenn der echte<br />

Torres den Eingang einer solchen Summe bemerkte, und Minuten<br />

später den Ausgang, musste er an einen Bankfehler denken, er würde<br />

nie die Wahrheit erfahren und über sein neues Geschäftskonto und<br />

den PIN würde er auch nicht informiert werden.<br />

Reich zu sein hatte Wolf bisher nur Schlaflosigkeit beschert. Er griff<br />

in die Minibar. Das Kubuli sollte ihm eigentlich Schlaf bringen, dachte<br />

er, und öffnete das letzte Probierfläschchen. Mit Dankbarkeit und<br />

Bewunderung gedachte er Simon Wiesenthal, Beate Klarsfeld, Eli<br />

Rosenbaum und den anderen Nazi-Jägern. Bevor er seinen Laptop<br />

schloss, wollte er noch im Internet schauen, welche Wellen die<br />

Aktion in der Schweiz geworfen hatte.<br />

Die Nachrichten waren komplett falsch. Einige deutsche<br />

Internetseiten der vermuteten, dass der Spiegel-Reporter den verlorenen<br />

Nazischatz gefunden habe und ihn einem nicht näher bezeichneten<br />

internationalen jüdischen Erbe zurückgegeben habe.<br />

Nirgends wurde die Badische Zeitung, geschweige denn der<br />

FREIeBÜRGER erwähnt. Das was nichts Neues. Wolf überlegte noch<br />

mal, wie alles gelaufen war. Wer immer die Bankdaten zu einem<br />

Schweizer Nummernkonto besitzt, dachte er, wird treu bedient. Das<br />

ist Service. Und die Schweizer Bank würde ihr Schweigen eisern<br />

wahren, da war sich Wolf ganz sicher.<br />

- Fortsetzung folgt! -


ANZEIGE<br />

<br />

Frühlingsfest und Flohmarkt<br />

Samstag den 28. März 2009<br />

von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr<br />

Begrüßen Sie mit uns den Frühling im Tierheim.<br />

Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt!<br />

Ich möchte als Mitglied dem Tierschutzverein Freiburg e.V. beitreten und verpflichte mich hiermit zur Zahlung<br />

Eines Jahresbeitrages von mindestens Euro 30,-<br />

Eines einmaligen Beitrages von mindestens Euro 370.-<br />

Per Einzugsermächtigung<br />

Name: Vorname:<br />

PLZ./Ort: Straße:<br />

Telefon: Geboren: Beruf:<br />

Kto.-Nr.: BLZ: Bank:<br />

Ort, Datum: Unterschrift:<br />

Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau, Kto.-Nr. 205 87 13, BLZ 680 501 01

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!