Stimmgewitter
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11ter Jahrgang<br />
März 09<br />
Freiburgs Freiburgs Unabhängige Unabhängige Soziale Soziale Straßenzeitung<br />
Straßenzeitung<br />
<strong>Stimmgewitter</strong><br />
<strong>Stimmgewitter</strong><br />
<strong>Stimmgewitter</strong><br />
Preis: Preis: 1,50 Euro, Euro, davon davon 70 Cent Cent für den Verkäufer Verkäufer
02 FREIeBÜRGER<br />
Ich spende: einmalig monatlich jährlich Euro<br />
Ich werde Fördermitglied:<br />
per Überweisung auf das Spendenkonto FREIeBÜRGER e.V.:<br />
Volksbank Freiburg - Konto-Nr.: 24 77 327 - BLZ: 680 900 00<br />
per Einzugsermächtigung:<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Hausnummer<br />
PLZ, Ort<br />
monatlich 5 Euro jährlich 60 Euro<br />
Ich werde Seitensponsor: monatlich 45 Euro jährlich 450 Euro<br />
Ich werde Sponsor mit:<br />
oder in folgender Form:<br />
INHALT<br />
Vorwort........................................................................Seite 03<br />
Neue Wege..........................................................Seiten 04-06<br />
Alles für die Statistik..................................................Seite 07<br />
Schneeflocke im Haifischbecken.......................Seiten 08-09<br />
So schnell kann’s gehn..............................................Seite 10<br />
Neues aus dem FWH.................................................Seite 11<br />
Aus der Regio....................................................Seiten 12-14<br />
Ein Apfel für die Kleinen..........................................Seite 15<br />
Krachiges Wochenende.......................................Seiten 16-18<br />
Kampfheilkunst...........................................................Seite 19<br />
Überwachungswahn...................................................Seite 20<br />
Nevada-Joe..................................................................Seite 21<br />
Gemischtes..........................................................Seiten 22-24<br />
Ein Topf für Alle........................................................Seite 25<br />
Spocht.................................................................Seiten 26-27<br />
Job-Paten....................................................................Seite 28<br />
Rätsel...........................................................................Seite 29<br />
Roman................................................................Seiten 30-31<br />
monatlich jährlich<br />
Euro<br />
Bank<br />
Konto-Nummer<br />
Bankleitzahl<br />
Datum, Unterschrift<br />
(11 Ausgaben)<br />
Ab einer Höhe von 100 Euro sind wir zur Ausstellung einer Spendenbescheinigung verpflichtet<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Der FREIeBÜRGER e.V.<br />
verantwortlich für den Inhalt<br />
Uli Herrmann<br />
Titelbild: Uli<br />
Layout: Carina<br />
Fotos: Uli, Carina, Ella, Michaela, Mikel,<br />
Gäste und www.pixelio.de<br />
Comic: Roland Frenzel<br />
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />
Uli, Carina, Carsten, Micky, Micha,<br />
Michaela, Alexander, Mikel, Regine, H.<br />
M. Schemske, Ella, Didi, Alberto, Gina<br />
und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & CoKG<br />
Auflage: 5.000<br />
Erscheinung: monatlich<br />
Kontakt:<br />
Ensisheimerstr.20<br />
79110 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
Fax: 0761 / 319 65 27<br />
E-Mail: redaktion@frei-e-buerger.de<br />
Im Web: www.frei-e-buerger.de<br />
Mitglied im Internationalen<br />
Netzwerk der Straßenzeitungen (INSP)
FREIeBÜRGER 03<br />
Liebe LeserInnen,<br />
sicherlich werden mich einige meiner Stammkunden im Januar/Februar an meinem Verkaufsplatz in der Eisenstraße vermisst haben. Ich<br />
hatte mir einfach mal eine Auszeit – nicht nur wegen den frostigen Temperaturen – gegönnt und werde nun wieder mit der März-Ausgabe<br />
aktiv den FREIeBÜRGER an meinem Stammplatz verkaufen. Ich freue mich schon auf die vielen netten Gespräche mit Ihnen.<br />
Im Januar 2009 hat das Bundessozialgericht in Kassel festgestellt, dass die Hartz IV-Sätze für Kinder verfassungswidrig sind. Der 14.<br />
Senat des höchsten deutschen Sozialgerichts begründet dies unter anderem damit, dass für eine Festsetzung der Regelsätze für diese<br />
Kinder die dafür notwendige Bedarfsermittlung weder erfolgt noch definiert sei. Ob es dabei auch zu einer Erhöhung dieser Sätze kommt,<br />
wird noch diskutiert.<br />
Der 29-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Junge Union Vorsitzende Philipp Mißfelder kommentierte im Februar 2009 bei einem<br />
Frühschoppen des nordrhein-westfälischen CDU-Ortsverbandes Haltern die letzte Regelsatzerhöhung von 2008 folgendermaßen: „Die<br />
Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie“. Der Gute möchte diese Regelsatzerhöhung deshalb<br />
in Form von Gutscheinen auszahlen, denn „dies würde ganz klar einem Missbrauch von Transferleistungen vorbeugen und gleichzeitig<br />
dem Wohl der Kinder und Jugendlichen dienen“, erklärt er auf seiner Homepage.<br />
Kann es sein, dass dieser eigentlich unbekannte Nachwuchs-Politiker an diesem Morgen einfach nur selber etwas zu tief ins Glas geschaut<br />
hatte?<br />
Leider nein, denn dieser Herr Mißfelder hatte schon Jahre vorher ganz anderen geistigen Müll von sich gegeben, wie z.B. dies: „Ich halte<br />
nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“, erklärte er dem Tagesspiegel<br />
am 3.8.2003 und „früher seien die Leute schließlich auch auf Krücken gelaufen“. Mißfelder geht auch davon aus, dass das<br />
Renteneintrittsalter von 67 Jahren viel zu niedrig ist und hält deshalb ein Eintrittsalter von 70 Jahren für realistisch.<br />
Wenn man sich einmal auf der Homepage den Lebenslauf von Herrn Mißfelder anschaut, muss man feststellen, dass dieser Schnösel nach<br />
seinem abgeschlossenen Studium (1999) noch nie richtig gearbeitet hat. Stattdessen hat er sofort den Weg eines Berufspolitikers eingeschlagen,<br />
bezieht eine monatliche Abgeordnetenentschädigung von 7.668,- Euro und nebenbei verdient er sich noch ein kleines Zubrot<br />
bei einem Verlag (Stufe 3 über 7.000,- Euro).<br />
Einen weiteren Kommentar zu seinen Äußerungen möchte ich mir ersparen.<br />
Bleiben wir noch ein bisschen bei unseren (?) Politikern. Dass der Oskar Metzger 2008 von den Grünen zur CDU wechselte, weil er sich<br />
dort besser aufgehoben fühlt, ist seine ganz persönliche Entscheidung. Den Wechsel kann ich ja noch nachvollziehen, denn Metzger ist<br />
für Studiengebühren, für einen radikalen Stellenabbau im öffentlichen Dienst, fordert mehr Eigenverantwortung der Bürger für die persönlichen<br />
Risiken des Lebens und den Abbau des „bevormundenden Sozialstaates“ mit seiner „Volksbeglückungspolitik“.<br />
Da ist er doch in der CDU genau richtig aufgehoben, allerdings will er unbedingt in den Bundestag und da gibt es in seiner Partei einige<br />
Schwierigkeiten. Dreimal bewarb er sich in verschiedenen CDU-Wahlkreisen in Baden-Württemberg als Neuling um ein Direktmandat und<br />
wurde jedes Mal von der Basis nicht gewählt. Böse Welt!<br />
Ähnlich verhält es sich mit dem noch Freiburger Stadtrat Florian Braune. Der weiß auch nicht so ganz genau, wo er nun politisch zu<br />
Hause ist. Weil er vor Jahren keinen guten Listenplatz für den Gemeinderat bei den Grünen bekam, kandidierte er für Junges Freiburg. Jetzt<br />
ist Herr Braune mit 31 Jahren zu alt für diese Jungen und versuchte es nochmals mit den Grünen für die kommende Kommunalwahl. Wieder<br />
bekam er keinen erfolgreichen Listenplatz und weil er nun unbedingt im nächsten Gemeinderat sitzen möchte, führt er momentan Gespräche<br />
mit den Freien Wählern, um dort einen aussichtsreichen Listenplatz zu bekommen. Anscheinend ist es ihm ziemlich egal für wen er<br />
kandidiert, Hauptsache, er sitzt wieder im Gemeinderat<br />
Auch hier noch ’ne kurze Anmerkung: Florian Braune arbeitet in der Rechtsanwaltskanzlei Gröger & Kollegen und der Kreisvorsitzende der<br />
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Öffnungszeiten Redaktion:<br />
Ensisheimer Straße 20<br />
Mo, Di, Do 12.00 - 16.00<br />
und Freitag 12.00 - 15.00<br />
Öffentliche Redaktionssitzungen:<br />
in den Redaktionsräumen<br />
jeden 1. und 2. Mittwoch im Monat<br />
14.00 bis 15.00 Uhr<br />
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Freien Wähler ist rein zufällig Herr Dr. Johannes Gröger.<br />
Da kann man nur noch sagen: Macht macht geil!<br />
So, dies waren meine ganz persönlichen (nachträglichen) Gedanken zum<br />
Aschermittwoch.<br />
Uli<br />
Ab sofort kann man jeden ersten Mittwoch nach Erscheinen<br />
der neuen Ausgabe in der Zeit zwischen<br />
12 und 13 Uhr im Mittagsmagazin von Radio<br />
Dreyeckland (102,3 Mhz oder www.rdl.de) jeweils<br />
etwas über die Inhalte der aktuellen Ausgabe vom<br />
FREIeBÜRGER erfahren - diesmal am 1.4. für die<br />
April-Ausgabe. Schalten Sie doch mal ein!<br />
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Die nächste Ausgabe des FREIeBÜRGER erscheint am 31.3.2009
04 FREIeBÜRGER<br />
Bedingungsloses Grundeinkommen (Teil I)<br />
Der Sozialismus ist weitgehend Geschichte, der Kapitalismus ist<br />
in der schwersten Krise seit seinem Bestehen. Wie soll es weitergehen?<br />
Überholte Systeme stützen? Oder Neues wagen? Wie könnte<br />
zum Beispiel ein gerechteres System aussehen?<br />
Sowohl im real existierenden Sozialismus<br />
wie im Kapitalismus haben wenige besonders<br />
reichhaltig von der Arbeitskraft<br />
aller profitiert. Die Bonzen der DDR waren<br />
die vom Partei-Kader, vom so genannten<br />
Aufschwung der letzten Jahre<br />
haben in Deutschland nur die 10 % der<br />
Bevölkerung mit dem größten Vermögen<br />
profitiert. Gleichzeitig nimmt die Zahl der<br />
Arbeitnehmer, die prekär beschäftigt<br />
sind (bei den unter 30-Jährigen sind es<br />
60 %) und die Zahl derer, die ihren Lohn<br />
durch Hartz IV aufstocken müssen, ständig<br />
zu. Die Schere zwischen arm und<br />
reich geht immer weiter auf.<br />
Wie können wir gegensteuern? Wie<br />
kommen wir zu mehr Gerechtigkeit, zu<br />
einem sozialen Ausgleich?<br />
Wie wäre es mit einem bedingungslosen<br />
Grundeinkommen (BGE)?<br />
Oh, ich höre schon die Skeptiker. Wie<br />
soll das funktionieren? Ein Einkommen<br />
für alle ohne Arbeit, wer geht dann arbeiten?<br />
Wer erwirtschaftet das ganze<br />
Geld, das verteilt wird?<br />
Heute hat jeder Mensch ein Einkommen. Denn jeder Mensch braucht<br />
ein Einkommen. Und alle Einkommen werden erwirtschaftet. Dabei<br />
gehen nur 4 von 10 Deutschen einer bezahlten Arbeit (Erwerbsarbeit)<br />
nach. 3 von 10 bekommen ihr Einkommen von den Angehörigen<br />
(hauptsächlich Kinder und Jugendliche), 2 von 10 beziehen<br />
Rente oder Pension, 1 von 10 Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe.<br />
Also bekommen mehr als die Hälfte der Bürger ein Einkommen obwohl<br />
sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Sie bekommen ein so<br />
genanntes Transfereinkommen, ein Einkommen, für das sie keiner<br />
Arbeit nachgehen müssen. So fremd kann uns also ein Grundeinkommen<br />
gar nicht sein.<br />
Neu daran ist lediglich die Bedingungslosigkeit!<br />
Wie ist die Situation heute? Vollbeschäftigung ist längst in weite<br />
Ferne gerückt, der Arbeitsmarkt bietet nicht genug Arbeitsplätze<br />
für alle, er bringt dazu die Leistung der sozialen Integration in Zukunft<br />
nicht mehr auf.<br />
Alle politischen Kräfte von links bis<br />
rechts rufen nach Wirtschaftswachstum<br />
und verdrängen die Chance, qualitativ<br />
höherwertige und neue Organisationsmodelle<br />
für die Gesellschaft zu entwerfen.<br />
Dabei bedeutet Wirtschaftswachstum<br />
nicht mehr Arbeitsplätze. Unter<br />
dem Strich hat es in den letzten Jahren<br />
mehr Arbeitslose geschaffen. Und dem<br />
Staat, um was geht es dem? Um mehr<br />
Arbeitsplätze oder um die Steuereinnahmen<br />
aus diesen?<br />
Die Logik der Erfolgsgeschichte ist ja<br />
gerade Arbeit zu verringern (Rationalisierung).<br />
Kein Manager wird einen Weg in der<br />
Produktion einschlagen, der mehr Arbeit<br />
schafft.<br />
Das Ziel der Wirtschaft ist also, mit immer<br />
weniger Arbeit immer mehr zu produzieren<br />
und nicht mehr Arbeitsplätze<br />
zu schaffen!<br />
Unser System ist also in einer Sackgasse. Soll man nun auf „Teufel<br />
komm raus“ auf Wirtschaftswachstum setzen oder offen sein für<br />
neue Formen des Zusammenlebens und dessen Finanzierung?<br />
Es gibt verschiedene Modelle für ein bedingungsloses Grundeinkommen,<br />
allen gemeinsam ist die Definition des Netzwerks Grundeinkommen:<br />
„Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das bedingungslos<br />
jedem Mitglied einer politischen Gemeinschaft gewährt wird.“<br />
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FREIeBÜRGER 05<br />
Es gibt 4 Kriterien: Das Grundeinkommen soll<br />
1. die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen<br />
2. einen individuellen Rechtsanspruch darstellen<br />
3. ohne Bedürftigkeit ausgezahlt werden<br />
4. keinen Zwang zur Arbeit bedeuten<br />
Ein Grundeinkommen bedeutet jedoch nicht für jeden mehr Geld. Es<br />
kommt nicht von oben und nicht obendrauf, es wächst in das bestehende<br />
Einkommen. Es wird nur der Anteil des Erwerbseinkommens<br />
geringer. Das Grundeinkommen ist eine andere Art von<br />
Einkommen, kein Mindestlohn oder Bezahlung für irgendetwas. Es<br />
ist nicht an die Arbeit gebunden, sondern bleibt bei der Person<br />
auch bei allen Veränderungen.<br />
Vorteile für den Einzelnen:<br />
- Absicherung durch Grundeinkommen<br />
- Möglichkeit, frei über seinen Arbeitsplatz zu entscheiden<br />
- Individuelle Ideen umsetzen<br />
- Zeit für Kreatives<br />
- Höhe so, dass er nicht unbedingt arbeiten muss<br />
Menschen, die heute auf Sozialhilfe<br />
angewiesen sind, wären<br />
es dann nicht mehr. Das bedingungslose<br />
Grundeinkommen<br />
ersetzt staatliche Hilfe bis zu<br />
seiner Höhe. Nur wo Sozialleistungen<br />
darüber hinaus nötig<br />
sind, bleiben sie bis zu diesem<br />
Betrag erhalten.<br />
Mehr Geld haben nur die in der<br />
Tasche, die vorher weniger<br />
hatten. Das heißt, vor allem<br />
Kinder und Jugendliche, Familien,<br />
Empfänger von zu geringen<br />
Renten, prekär Beschäftigte<br />
und Selbstständige, die sich<br />
arm arbeiten, würden davon<br />
profitieren.<br />
Ein Grundeinkommen hebt<br />
also Armut auf und stabilisiert<br />
den Mittelstand auf einer Ausgangsbasis und es nimmt die Angst<br />
vor dem Alter!<br />
Das bedingungslose Grundeinkommen ist jedoch kein Geld, welches<br />
die einen den anderen geben, keine nachtragende Hilfe bei<br />
Not, sondern eine Perspektive für alle.<br />
Ein Grundeinkommen setzt nicht den besseren Menschen voraus.<br />
Es löst auch nicht die Probleme mit Geld, aber es ermöglicht mehr<br />
Lösungen durch die Menschen!<br />
Thomas Paine (1737-1809) ist der Begründer der Menschenrechte.<br />
Seine Ideen hatten großen Einfluss auf die erste demokratische<br />
Verfassung der Welt. Der Name „United States of America“ war<br />
seine Idee. Er ist der Ansicht, dass die Rechte aller Menschen gleich<br />
sind aufgrund des Menschseins! Schon er war für eine Art Grundeinkommen<br />
und begründet es so: Die Erde ernährt alle, die darauf<br />
leben. Also steht jedem etwas Land zu. Wenn alles Land schon<br />
verteilt ist, dann muss es einen Ausgleich geben...<br />
Würde dann noch jemand arbeiten gehen, wenn es ein Grundeinkommen<br />
gibt?<br />
Die Leistungen im Jahr 2001, Quelle statistisches Bundesamt: 56<br />
Milliarden Arbeitsstunden in bezahlter Arbeit stehen 96 Milliarden<br />
Arbeitsstunden in ehrenamtlicher, privater, Haus- und Elternarbeit<br />
gegenüber. Schon heute wird also mehr Arbeit unentgeltlich erledigt.<br />
Die Befürchtung, dass alle faul in der Hängematte liegen, ist also<br />
grundlos!<br />
Allerdings reicht das Geld als Anreiz eine Arbeit anzunehmen nicht<br />
mehr aus. Vielleicht muss man neue Anreize schaffen, damit die<br />
Leute Arbeit annehmen. z.B. bessere Arbeitsbedingungen, höhere<br />
Bezahlung, sinnvollere Arbeitsaufgaben.<br />
Natürlich kann ein Grundeinkommen auch missbraucht werden:<br />
Wenn man es zu niedrig ansetzt und alle weiteren Sozialleistungen<br />
streicht. Dann ist es nicht ausreichend zum Leben und dann herrscht<br />
faktisch Arbeitszwang für jeden.<br />
Oder wenn man das BGE verfälscht durch Auflagen und Sondermodelle.<br />
Dann hat man eine Situation wie heute... nur verschärft!<br />
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Was ist Wirtschaft? Für wen<br />
ist sie eigentlich da?<br />
Wirtschaft ist ein Teilbereich<br />
des menschlichen Zusammenlebens.<br />
Sie sollte uns Menschen<br />
neue Produkte schaffen,<br />
neue Möglichkeiten eröffnen,<br />
Lebensqualität erhöhen...<br />
Die Realität sieht allerdings<br />
anders aus: Die Wirtschaft ist<br />
ein eigenständiger Kreislauf,<br />
der nicht unbedingt zum Wohle<br />
des Menschen funktioniert.<br />
Er kann heute sogar Menschen<br />
zerstören!<br />
Wir müssen uns vom Gedanken<br />
frei machen, dass nur wer<br />
arbeitet, auch das Recht zum<br />
Essen hat. Lebensmittel und<br />
Produkte haben wir mehr als<br />
genug. Unser Problem ist: Die<br />
Arbeit geht uns aus!<br />
Alle Investitionen in neue Arbeitsplätze sind in Wahrheit Rationalisierungsmaßnahmen.<br />
Es werden Möglichkeiten und Wege<br />
entwickelt, um Arbeit einzusparen!<br />
Viele Menschen, die einen Arbeitsplatz haben, haben in Wirklichkeit<br />
einen Einkommensplatz, d.h., sie üben eine Tätigkeit aus, nur<br />
damit sie ein Einkommen bekommen. Wünsche und Ideen bleiben<br />
auf der Strecke, Fähigkeiten bleiben unberücksichtigt. Oft sehen<br />
Arbeitnehmer keinen Sinn in ihrer Tätigkeit, das schafft gesellschaftliche<br />
Probleme wie Frustration oder Dauerkrankheiten!<br />
In Deutschland sehen sich nur 12 % der Arbeitnehmer ganz und gar<br />
am richtigen Arbeitsplatz, 54 % sind einigermaßen unzufrieden, sehen<br />
aber auch gute Aspekte, 34 % (das ist jeder dritte!) sind außerordentlich<br />
unzufrieden mir ihrer Arbeitsstelle (Quelle: DGB).<br />
Der so genannte Arbeitskampf ist eigentlich ein Einkommenskampf.<br />
Weil die Arbeitnehmer ein Einkommen für ihre Arbeitsleistung erhalten,<br />
kämpfen sie um ihren Arbeitsplatz. Würden sie das tun,
06 FREIeBÜRGER<br />
wenn sie ein Grundeinkommen hätten? Und: Es gibt kein Recht auf<br />
zugewiesene Arbeit. Es gibt kein Recht auf Pflicht. Und kein Recht<br />
darauf, gekauft zu werden.<br />
Ein Recht auf Arbeit kann immer nur das Recht zu der Arbeit sein,<br />
die jemand von sich aus tut. Und ein solches Recht braucht ein<br />
Recht auf Einkommen!<br />
Eine Umfrage in Deutschland: Wenn sie ein bedingungsloses<br />
Grundeinkommen hätten, würden sie selber dann noch arbeiten<br />
gehen?<br />
60 % Ja<br />
30 % Ja, aber vielleicht etwas<br />
anderes oder nicht mehr Vollzeit<br />
10 % würden erst einmal ausschlafen,<br />
würden verreisen,<br />
sich um andere kümmern, vielleicht<br />
nochmals studieren.<br />
Die Befürchtungen, dass niemand<br />
mehr Geld erwirtschaftet<br />
und alle nur noch faul Zuhause<br />
bleiben, sind also unbegründet.<br />
Das Grundeinkommen<br />
soll zum Lebensnotwendigen<br />
auf einem kulturtauglichen Niveau reichen.<br />
Mehr Geld verdienen zu wollen wird also weiterhin so normal wie<br />
vorher sein, um sich Wünsche zu erfüllen und die steigenden Bedürfnisse<br />
zu befriedigen!<br />
Doch wer macht dann die so genannte Drecksarbeit?<br />
Da gibt es drei Möglichkeiten:<br />
1. Die Arbeit besser bezahlen und bessere Bedingungen<br />
schaffen<br />
2. 2. Automatisieren und rationalisieren<br />
(Beispiel: Müllabfuhr: Früher fuhren 3 Leute auf einem Wagen<br />
mit, der Fahrer und 2 Arbeiter, welche die Tonnen zum Wagen<br />
brachten, sie entleerten. Heute gibt es in machen Orten schon<br />
Fahrzeuge mit einem mechanischen Greifarm, der die Tonnen<br />
greift und in den Wagen leert. Nur noch ein Fahrer ist nötig!)<br />
3. Selber machen.<br />
Was bringt das Grundeinkommen<br />
für die Gesellschaft?<br />
Der Schweizer Soziologe Ulrich<br />
Maeder sieht den Vorteil,<br />
dass die Leute ihr Leben weniger<br />
an der Erwerbsarbeit<br />
ausrichten. Es gibt eine Fokusierung<br />
auf die Sinnfrage. Was<br />
ist mir wirklich wichtig im Leben?<br />
Ein Grundeinkommen<br />
würde vielen Menschen den<br />
Rücken stärken, ihnen mehr Sicherheit<br />
verleihen.<br />
Dazu würde es seiner Meinung nach einen Kreativitätsschub geben<br />
und einen Zufriedenheitsschub.<br />
Außerdem würden die Menschen weniger kontraproduktiv mit dem<br />
Ellenbogen vorangehen. Sie würden weniger drauf erpicht sein, auf<br />
Kosten anderer profitieren zu können. Im heutigen System herrscht<br />
eine extreme Konkurrenz, bei dem die Mechanismen der Solidarität<br />
unterlaufen werden.<br />
Da man mit dem Grundeinkommen finanziell auf einem gewissen<br />
Niveau unabhängig ist, muss man nicht unbedingt arbeiten oder<br />
kann Teilzeit arbeiten und hat so mehr Zeit für seine Familie oder die<br />
Pflege von Angehörigen. Familienbande würden verstärkt und viele<br />
Angehörige hätten im Alter eine bessere Betreuung.<br />
Dadurch, dass man nicht jeden Job annehmen muss, ist die Position<br />
des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber gestärkt. Der<br />
Arbeitnehmer kann auf gleicher Augenhöhe verhandeln und seine<br />
Vorstellungen von Arbeit (Bedingungen, Lohn, Ideen) besser einbringen,<br />
was zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas führen kann.<br />
Zeit für neue Ideen und Kreativität schaffen Innovation und damit<br />
neue Produkte und Arbeitsplätze.<br />
Die Frage ist doch: In was für einer Welt wollen wir leben?<br />
Wollen wir weiter einen Wirtschaftskreislauf unterstützen, der nur<br />
einige Wenige reicher macht, während viele von ihrem Lohn nicht<br />
mehr leben können?<br />
Wollen wir zu einer Erwerbsarbeit gehen, in der wir keinen Sinn<br />
sehen? Wollen wir weiter unsere Fähigkeiten ungenutzt lassen und<br />
unsere Wünsche hinten anstellen?<br />
Oder wollen wir nach dem technischen Fortschritt auch einen sozialen<br />
Fortschritt, also ein qualitativ höherwertiges Leben für alle?<br />
Micky<br />
Im Teil II geht es dann um die Finanzierung des bedingungslosen<br />
Grundeinkommens. Kritiker sagen immer, es wäre nicht zu finanzieren.<br />
Einige Volkswirtschaftler sind da allerdings anderer Meinung.
FREIeBÜRGER 07<br />
Beschäftigung auf Teufel komm raus!<br />
Der renommierte Tübinger Politikwissenschaftsprofessor Josef<br />
Schmid und sein Mitarbeiter Harald Kohler haben eine Studie<br />
zum Thema „Wer sind die Langzeitarbeitslosen?“ erstellt. Der<br />
rasante Anstieg der Zahl der Langzeitarbeitslosen in den letzten<br />
Jahren, sowie die besondere Situation auf dem Freiburger Arbeitsmarkt<br />
waren der Auslöser der Studie.<br />
Es kristallisierte sich immer<br />
mehr folgende Problematik heraus:<br />
Qualifizierte Kräfte fehlen,<br />
aber andererseits gibt es viele<br />
Arbeitslose „mit multiplen<br />
Vermittlungshemmnissen“.<br />
Eine bedeutende Gruppe sind<br />
Langzeitarbeitslose über 50<br />
Jahre ohne Berufsausbildung.<br />
Um auch sie in den ersten Arbeitsmarkt<br />
zu vermitteln, wurden<br />
die 1-Euro-Jobs innerhalb<br />
der Hartz-Gesetze installiert.<br />
Doch Freiburg schnitt schlecht<br />
ab: Die Eingliederungsquote<br />
lag in den Jahren 2006 und 2007<br />
bei jeweils 8-9 % unter der von<br />
Baden-Württemberg. Südbadens<br />
DGB-Chef Jürgen Höfflin<br />
hat beobachtet, dass vielen 1-Euro-Jobbern ihre Arbeit Spaß macht,<br />
die Dauer der Beschäftigung (6 oder 9 Monate) aber viel zu kurz sei.<br />
Durch die kurze Dauer gäbe es so kaum Vermittlungschancen. Sein<br />
Vorschlag heißt daher, dass ein viel größerer Zeitraum in Erwägung<br />
gezogen werden sollte. Herr Jürgen Höfflin empfiehlt 10 Jahre!<br />
Eine weitere besondere Gruppe in Freiburg sind die Hartz IV-Empfänger<br />
mit Hochschulreife. Die Anzahl derer ist nämlich doppelt so<br />
hoch als im Vergleich zum Land. Seit Juli 2008 versucht der Gesetzgeber<br />
Schritt für Schritt mit einer neuen Förderung das Problem zu<br />
beheben. Es gibt für über 50-Jährige einen langfristigen Beschäftigungszuschuss,<br />
bei der die Arge 75 % bezahlt, die restlichen 25 %<br />
muss der Arbeitgeber aufbringen. 52 solcher Arbeitsverhältnisse<br />
gibt es inzwischen in Freiburg.<br />
Das Projekt heißt ÖBS (Öffentlicher Beschäftigungssektor). Die<br />
Arge will den ÖBS systematisch aufbauen: Bis zu 200 Arge-Kunden<br />
kämen dafür in Frage, sagte Wilfried Weiher, der Bereichsleiter<br />
der Agentur für Arbeit. Vorstellbar wären diese Jobs im öffentlichrechtlichen<br />
Bereich und auch in der Privatwirtschaft. Die wichtigste<br />
Bedingung der ÖBS-Jobs ist, dass sie sozialversicherungspflichtig<br />
sind. Ein Befürworter des ÖBS ist auch unser Sozialbürgermeister<br />
Herr Ulrich von Kirchbach.<br />
Meine Meinung dazu:<br />
Grundsätzlich ist es ja gut, dass die Arge nun doch ihre Aufgabe<br />
des „FÖRDERNS“ aktiv wahrnehmen will. Allerdings: Warum musste<br />
erst eine Studie erstellt werden? Es war doch schon lange klar, dass<br />
der Freiburger Arbeitsmarkt stets schlechter ist, als im Landesdurchschnitt<br />
und welche Personengruppen davon betroffen sind. Hatte<br />
sich das noch nicht zu den Finanzierern der Studie herumgesprochen?<br />
(Arge Freiburg, DGB Südbaden-Hochrhein und die Hans-<br />
Böckler-Stiftung)<br />
Das neue Projekt ÖBS der Arge wirkt auf den ersten Blick positiv:<br />
Die Arge zahlt 75 % des Lohns, wenn die Beschäftigung sozialver-<br />
sicherungspflichtig ist. Den Rest zahlt der Arbeitgeber. Aber je nachdem<br />
wie das Projekt umgesetzt wird, ist es entweder wettbewerbsverzerrend<br />
oder bietet nur für eine sehr kleine Zahl langzeitarbeitsloser<br />
Menschen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.<br />
Ich bin beispielsweise noch nicht 50 Jahre alt. Außerdem dürften<br />
viele Minijobber und 400-Euro-Jobber nicht „in den Genuss“ dieses<br />
neuen Programms kommen.<br />
Jetzt rächt es sich, dass viele<br />
Langzeitarbeitslose eine solche<br />
Beschäftigung angenommen<br />
haben. Ich vermute, dass<br />
die ÖBS-Jobs im Niedriglohnbereich<br />
angesiedelt sind. Der<br />
Beschäftigte dürfte nicht mehr<br />
als ca. 800-1000 Euro Netto im<br />
Monat verdienen. Die Arge<br />
rechnet damit, dass bis zu 200<br />
Langzeitarbeitslose für den<br />
ÖBS in Frage kommen: Das<br />
sind im Verhältnis sehr wenige<br />
Menschen – bezüglich der<br />
Arge gilt aber wohl mittlerweile<br />
das Motto: „Besser wenig<br />
als Nix“.<br />
Alexander
08 FREIeBÜRGER<br />
Schneeflocke im Haifischbecken<br />
Wiedermal auf Budensuche<br />
in Freiburg. In Freiburg<br />
und trotzdem voller<br />
Optimismus, wenn auch<br />
eher zweckbeding-tem,<br />
denn meine maroden, zugigen<br />
12 qm Stühlinger-Altbau<br />
mit Klo über’n Hof für<br />
320 Euro „warm“ sollen<br />
zuerst renoviert, und danach<br />
an jemanden vermietet<br />
werden, der es sich dann<br />
noch leisten kann. Ich kann<br />
es sicherlich nicht mehr,<br />
denn es war bisher schon<br />
mein Privatvergnügen, was<br />
ich dank Amtsbescheid<br />
vom Hartz IV/ALG II-Satz<br />
auf die Mietkosten draufbezahlen<br />
musste, aber die<br />
Übernahme von Miet- und<br />
Nebenkosten durch die Arge ist wieder ein ganz anderes Thema.<br />
Also dann: Die Kündigung mangels amerikanischem Staranwalt<br />
akzeptieren, Kaffee kochen, Kippe drehen und den Markt sondieren.<br />
Beim ersten neugierigen Blick in die Zypresse stelle ich freudig<br />
überrascht fest, dass Freiburgs Wohnungsmarkt mich eigentlich<br />
mit offenen Armen empfängt, es gibt tatsächlich einiges an gutem<br />
und bezahlbarem Wohnraum. Uneigentlich wird es schon beim zweiten<br />
Blick: dann, wenn man/frau die 80 Prozent der Wohnungs- und<br />
Zimmerangebote wegstreicht, die von Haifischen... hoppla, Verzeihung...<br />
wollte sagen: ‘Immobilienmaklern’... zu unglaublichen finanziellen<br />
Konditionen angeboten werden. Konditionen die ich nicht<br />
erfüllen KANN und die meine Arge nicht erfüllen WIRD. (Bevor<br />
sich jetzt jemand auf seinen Seidenschlips getreten fühlt: Es gibt<br />
sicher auch korrekte Makler die Menschen wie mir/uns helfen wollen,<br />
mir ist leider nur noch keiner begegnet.)<br />
Weitere zehn Prozent gehen durch Herkunft und Lebensweg komplett<br />
auf meine eigene Kappe, denn für viele Anbieter von Zimmern<br />
bin ich scheinbar schon am Telefon als nicht WG-tauglich zu entlarven:<br />
entweder aufgrund meines wirklich biblischen Alters von 42<br />
Jahren, oder wegen der Tatsache nur einen Hauptschulabschluss<br />
zu besitzen („Ach Gottchen du Armer, da kannst du ja nie studieren!“),<br />
oder schlicht und ergreifend weil ich als Freiburger so blöd<br />
und uncool bin badisch zu schwätze! Vielleicht auch nur, weil ich<br />
von Dr. Hartz lebe, und nicht von Professor BaFöG?! Wie auch<br />
immer: Bei unzähligen „so genannten“ Vorstellungsgesprächen, besser<br />
gesagt ‘Verhören’ mit dieser Art von WG-Bewohnern habe ich<br />
regelmäßig wahrgewordene Alpträume erlebt, mehr als einmal das<br />
Gefühl gehabt vor der versammelten heiligen römischen Inquisition<br />
zu sitzen, und bei schlechtem Gesprächsverlauf eventuell auf dem<br />
Scheiterhaufen in der Gemeinschaftsküche verbrannt zu werden.<br />
Seither schenke ich mir einen Teil der Anzeigen, und den damit<br />
verbundenen entwürdigenden Seelen-Striptease vor grinsenden<br />
Idioten, und das in alle Ewigkeit!<br />
Es sind ja noch zehn Prozent, die bei näherer Betrachtung der geforderten<br />
Mieten jedoch furchtbar schnell zu mageren fünfen schrumpfen,<br />
will man seinen zuständigen Sachbearbeiter in der Leistungsabteilung<br />
nicht in den Wahnsinn treiben, angesichts von 350 Euro<br />
Miete und/oder drei Monatsmieten Kaution. Das will ich natürlich<br />
auf gar keinen Fall...<br />
Der Tragödie erster Teil<br />
Schlimm genug, dass sein<br />
linkes Augenlid nervös zu<br />
zucken beginnt, wenn ich<br />
sein Büro betrete! Ebenso<br />
wenig möchte ich auf einem<br />
Einöd-Hof im Hotzenwald<br />
wohnen, oder mich als vollkommen<br />
ausgelieferter<br />
Hartz’ler in einer der einschlägigen<br />
Adressen (die<br />
da heißen Lehener Straße<br />
soundsoviel, Kandelstraße<br />
irgendwas, etc.) einmieten.<br />
In diesen Genuss<br />
bin ich unter anderem direkt<br />
nach meiner Wohnsitzlosigkeit<br />
gekommen und<br />
das war weder gut für meinen<br />
Schönheitsschlaf noch<br />
für mein Selbstwertgefühl.<br />
Es war einfach nur besser<br />
als weiter auf der Straße zu leben. Das ist jetzt wohl der falsche<br />
Moment an diese Zeiten zu denken, aber es sind schon wieder ein<br />
paar durchgestrichene Anzeigen mehr.<br />
Mir bleiben zwei Prozent. Nach einigen Telefonaten habe ich verdammt<br />
viel an Menschenkenntnis gewonnen, gleichzeitig wieder<br />
ein gutes Prozent an Möglichkeiten verloren, denn ich bin meinem<br />
Gegenüber am Telefon entweder zu wenig Student, zu sehr arbeitslos,<br />
rauche die weißen Wände gelb, oder habe schlicht und ergreifend<br />
das falsche Geschlecht. Ich denke es kurz an, aber die Kosten<br />
für eine Geschlechtsumwandlung übernimmt die Arge vermutlich<br />
nicht, die zahlen ja nicht mal meinen Strom, also arbeite ich mich<br />
weiter durch die letzten verbliebenen Annoncen. Inzwischen ist der<br />
Kaffee kalt... und mein Optimismus im Arsch.<br />
Noch ein Prozent Hoffnung und einen dicken Kloß im Hals, da<br />
rappelt mein Handy. Ruft tatsächlich noch einer von denen zurück<br />
auf deren AB ich gesprochen hab? Eine ältere Dame ist dran, und<br />
während sie mich fragt ob ich Zeit habe, spring ich schon in die<br />
Stiefel. Die zieht es mir direkt wieder aus als ich kurz darauf vor ihr<br />
stehe, ihr zieht es die Pumps aus als sie vor MIR steht. Schön wenn<br />
Kommunikation einmal nur über die Augen stattfindet... wir wissen<br />
beide sofort, dass es sinnlos und eine Farce wäre die „Zimmerbesichtigung“<br />
fortzusetzen, oder besser gesagt sie überhaupt ernsthaft<br />
zu beginnen. Die Bude ist zwar günstig und aushaltbar klein,<br />
aber es riecht wie im Münster am Volkstrauertag und man sieht<br />
kaum die Treppenhauswände vor lauter Verbotsschildern, ob man<br />
hier im Haus auch etwas darf? Und viel abschreckender: sie verachtet<br />
mich offensichtlich vom ersten Augenblick an, in ihren Augen<br />
lese ich was von „Penner“!<br />
Während mir der Wind in der Klarastraße den Geruch von Mottenkugeln<br />
aus den Klamotten pustet, klingelt schon wieder mein Handy.<br />
Hört, hört, schon der zweite Rückruf! Ein Herr ist dran, sagt „Grüß<br />
Gott!“ und gibt mir die genauen Daten eines Zimmers durch: 23qm,<br />
Altbau, eigenes Klo und Dusche... mein Puls rast... auch noch zentral<br />
gelegen, 250 warm... ein Highlight jagt das andere, ich drohe vor<br />
Freude ohnmächtig zu werden. Kaum zappele ich an seinem Haken<br />
reißt er ihn brutal wieder raus: „dann bräuchte ich noch einen aktuellen<br />
Kontoauszug von Ihnen, die letzte Gehaltsabrechnung oder<br />
eine Mietgarantie von ihrem Vater, und selbstverständlich auch die<br />
schriftliche Referenz ihres Vorvermieters“. „Selbstverständlich“, sag<br />
ich noch, und „danke für’s Gespräch“.
FREIeBÜRGER 09<br />
Der erste Tag: anscheinend massig Angebote, dann viel Durchgestrichenes,<br />
noch mehr Enttäuschungen, eine leertelefonierte<br />
Handykarte, immerhin noch mit einem kurzen Live-Auftritt bei Frau<br />
Blockwart, und „selbstverständlich“ nicht zu vergessen das Gespräch<br />
mit dem freundlichen Herrn von dem ich Gott grüßen sollte,<br />
der aber trotzdem ganz unchristlich und wenig nächstenliebend<br />
alles von mir wissen wollte außer meiner Blutgruppe und der Häufigkeit<br />
meines Geschlechtsverkehrs. Und was nun? Sämtliche Annoncen<br />
sind weggestrichen, nichts mehr für mich übrig, null Prozent.<br />
Wie schon so oft, zu oft, wie viele andere auch seit Jahren,<br />
steck ich schon wieder bis zum Hals, gefühlt noch tiefer drin in<br />
dieser Scheiße, in diesem Horror namens „Wohnungsmarkt in Freiburg“.<br />
Und das als Empfänger von Sozialleistungen, und damit von<br />
amtswegen schon mit stark eingeschränkten, mit richtig mies geringen<br />
Chancen, Chancen auf eigene vier Wände. Vier Wände die<br />
nicht groß sein müssen, oder besonders schön... aber bezahlbar<br />
und vor allem eines: menschenwürdig! Mit den Auflagen vom Amt<br />
und den Erwartungen der meisten Vermieter (und/oder Makler!)<br />
scheint das, nein, ist das schier unmöglich. Es gibt diese Bude, für<br />
jeden, aber wir kommen verdammt nochmal nicht dran. Erzähl mir<br />
bloß keiner mehr was über die Chancen einer Schneeflocke in der<br />
Hölle... ich fühl mich gerade eher wie die Schneeflocke im Haifischbecken.<br />
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MIETERAUSKUNFT<br />
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Immer mehr Vermieter verlangen vor Abschluss eines Mietvertrags<br />
immer umfassendere Informationen über den Mietinteressenten.<br />
In einer so genannten Selbstauskunft soll der Mieter<br />
Fragen zu seiner Person, seinem Einkommen, etc. beantworten.<br />
Mich hat deshalb interessiert, wie viel der Mieter seinem<br />
Vermieter mitteilen muss und ob es Fragen nach bestimmten<br />
Bereichen gibt, die der Mieter nicht beantworten muss. Und<br />
in wie weit es rechtliche Folgen haben kann, wenn der Mieter<br />
manche Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet.<br />
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Zunächst gilt, dass keine Verpflichtung besteht, einen Fragebogen<br />
auszufüllen bzw. auf alle Fragen des Vermieters zu antworten.<br />
Die Chance eine Wohnung zu bekommen, vergrößert<br />
sich allerdings, wenn man den Wünschen nach Auskunft nachkommt.<br />
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Allerdings muss der Mietinteressent nur soweit wahrheitsgemäß<br />
Auskunft geben, wie der Vermieter daran ein berechtigtes<br />
Interesse hat. Dazu gehören Fragen, ob der Mieter die Wohnung<br />
bezahlen kann, z.B. die Frage nach dem monatlichen<br />
Einkommen. Auch wenn die Miete nur mit Unterstützung des<br />
Sozialamts aufgebracht werden kann, muss der Vermieter hierüber<br />
informiert werden.<br />
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Folgende Fragen z.B. sind zulässig und müssen wahrheitsgemäß<br />
beantwortet werden:<br />
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Fragen nach der Person des Bewerbers und derjenigen Personen,<br />
die mit in die Wohnung einziehen wollen.<br />
Fragen nach dem bestehenden Arbeitsverhältnis (Dauer und<br />
Bestand)<br />
Fragen nach Haustieren, die in die neue Wohnung mitgenommen<br />
werden sollen<br />
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Mikel<br />
Diese Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden,<br />
bei falschen Antworten kann der Vermieter u. U. den Mietvertrag<br />
wegen arglistiger Täuschung anfechten. Manche Vermieter<br />
verlangen auch, dass der Mieter eine Selbstauskunft bei<br />
einer Auskunftsdatei (z.B. Schufa) einholt und dem Vermieter<br />
vorlegt.<br />
Fragen, die mit dem Mietvertrag nichts zu tun haben, muss der<br />
Mieter hingegen nicht korrekt beantworten. Dazu gehören u.a.<br />
Fragen nach Schwangerschaft, Nationalität, Hautfarbe;<br />
Zugehörigkeiten zu einer Religionsgemeinschaft; zum Vorvermieter/früheren<br />
Mietverhältnissen; Mitgliedschaft im Mieterverein;<br />
Mitgliedschaft in einer Partei; sexuellen Neigungen;<br />
Krankheiten; Aufenthaltsberechtigungen; Musikvorlieben; Hobbies.<br />
Werden solche Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet,<br />
hat das für den Mieter keine rechtlichen Folgen.<br />
Einige Vermieter fordern eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung<br />
vom letzten Vermieter, aus der sich ergibt, dass keine<br />
offenen Mietforderungen bestehen. Dies ist allein deshalb problematisch,<br />
weil noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein<br />
Mieter überhaupt einen Anspruch auf eine solche Bescheinigung<br />
hat.<br />
Da es in Freiburg eine Unterversorgung besonders mit preisgünstigem<br />
Wohnraum gibt, können die Vermieter aus einem<br />
großen Angebot ihren zukünftigen Mieter aussuchen. Klar ist,<br />
wer am bereitwilligsten Auskunft gibt, der hat die besten Chancen<br />
auf eine Wohnung. Da sitzen die Vermieter leider am längeren<br />
Hebel.<br />
Micky<br />
Ich danke dem Mieterverein Regio Freiburg e.V. für die schnelle<br />
Beantwortung meiner Fragen zu diesem Thema!
10 FREIeBÜRGER<br />
Schneller als man möchte…<br />
...kann man auf der anderen Seite des Lebens landen!<br />
Ich habe einen Schulabschluss und eine<br />
Ausbildung gemacht, was das wichtigste<br />
fürs spätere Leben ist. Habe immer<br />
gearbeitet und mir dadurch viel leisten<br />
können. In den letzten 20 Jahren, die ich<br />
größtenteils in Weil am Rhein gelebt<br />
habe, hatte ich das Glück, 11 Jahre als<br />
Bedienung und dann als Putze in Basel<br />
arbeiten zu können. Mein Mann hatte<br />
auch einen Job in der Schweiz und wir<br />
kamen auf einen Netto-Lohn von ca. 6000<br />
Franken. Wir hatten eine tolle zweistökkige<br />
Wohnung, 4 Motorräder und zwei<br />
Autos. Uns ging es echt verdammt gut.<br />
Als ich jedoch mit 38 Jahren durch meine<br />
Drogensucht im Gefängnis landete,<br />
musste ich mich entscheiden: Entweder<br />
zurück in mein altes Leben, Luxus und<br />
Drogen oder in eine fremde Stadt und<br />
obdachlos. Ich entschied mich für das<br />
zweite. Zum ersten Mal in meinem Leben<br />
hatte ich kein Dach überm Kopf und nur<br />
das, was ich am Leib trug. Durch den<br />
Kontaktladen erfuhr ich, dass es eine<br />
Notunterkunft gibt, wo ich für wenig Geld<br />
übernachten konnte. Dumm war, dass wir zwischen 8 Uhr und 18<br />
Uhr nicht ins Zimmer durften. Es gab dort eine Küche, die uns als<br />
Aufenthaltsraum zur Verfügung stand. Zweimal fand ich ein junges<br />
Mädchen auf der Toilette, das noch die Nadel im Arm stecken hatte<br />
und auch sonst waren dort echt viele, die Drogen und Tabletten<br />
konsumierten. Es war schrecklich! Ich kam mir so erbärmlich vor<br />
und bereute schon fast meinen Entschluss, nicht doch zu meinem<br />
Mann zurückgegangen zu sein.<br />
Ich blieb stark und lief mir die Füße heiß, um eine geeignete Wohnung<br />
oder Zimmer zu finden. Ich fand Einrichtungen, die mir halfen,<br />
warme Klamotten zu bekommen und die mir für 3 Monate ein kleines<br />
Zimmer zur Verfügung stellten.<br />
Durch Mitbewohner lernte ich das Ferdinand-Weiß-Haus kennen.<br />
Ich fand dort schnell Kontakt zu anderen Leuten, die auch durch<br />
Schicksalsschläge oder Tragödien auf der Straße gelandet sind.<br />
Super, dass es Institutionen gibt, die Unterstützung und Hilfe bieten,<br />
denn es gibt Menschen, die gar nicht allein die Kraft haben,<br />
sich noch mal aufzuraffen. Da ich schon sehr früh gelernt habe, auf<br />
eigenen Füßen zu stehen, fiel es mir relativ leicht, hier einen Neuanfang<br />
zu starten. Ich konnte erst mal für fast eineinhalb Jahren im<br />
Aufnahmehaus für Frauen bleiben, musste mich aber auch dort<br />
bewähren, indem ich mich selbstständig um Ämterangelegenheiten,<br />
Therapie und zum Schluss auch um eine eigene Wohnung gekümmert<br />
habe.<br />
In den 3 Jahren, die ich jetzt hier bin, verkehre ich weiterhin viel im<br />
Ferdi-Weiß-Haus. Es haben sich gute Freundschaften gebildet und<br />
auch sonst ist es ein Ort, wo man nicht nur gute Unterstützung von<br />
sehr kompetenten Sozialarbeitern bekommt, günstig essen kann und<br />
auch noch unter Gleichgesinnten ist. Schade ist, wenn ich sehe,<br />
dass sich echt nette Menschen einfach aufgeben oder keinen Antrieb<br />
haben, das Ruder noch mal rumzureißen. Sie schlafen lieber<br />
unter der Brücke oder in einem zugigen Schuppen, bevor sie sich<br />
aufraffen und sich um eine Wohnung kümmern. Ich habe natürlich<br />
schon mitbekommen, dass es gar nicht so leicht ist einen Wohnberechtigungsschein<br />
zu bekommen oder in einem Wohnheim einen Platz<br />
zu kriegen. Einige möchten sich nicht an Regeln halten (die natür-<br />
lich im Wohnheim einzuhalten sind) und<br />
wieder andere sind so am Boden zerstört,<br />
dass sie meinen, sie hätten eh keine<br />
Chance als Mieter angenommen zu werden.<br />
Bei sehr vielen ist der Alkoholkonsum<br />
schuld, dass sie immer wieder unangenehm<br />
auffallen und sie kassieren<br />
dadurch ein mehrwöchiges Hausverbot<br />
in öffentlichen Einrichtungen.<br />
Ich habe schon so einige gute Kollegen<br />
durch den übermäßigen Genuss von Alkohol<br />
und Medikamenten verloren. Die<br />
meisten waren jünger als ich. Bei jeder<br />
Trauerfeier, die wir im Ferdi-Weiß-Haus<br />
für unsere Kollegen abhalten, überlegen<br />
wir uns, wie wir dem, von dem wir eigentlich<br />
denken, dass er der nächste<br />
sein könnte, helfen können. Es tut oft<br />
weh, wenn wir merken, dass wir gar<br />
nichts ändern können. Sie haben sich<br />
aufgegeben!<br />
Im Fernsehen schau ich immer die Serie<br />
„ Ausreißer“. Da kümmert sich ein<br />
Streetworker um junge Leute und versucht<br />
sie wieder zurück auf die gerade Bahn zu bringen. Von den<br />
erwachsenen „Ausreißern“ verlangt man, dass sie die Kraft selbst<br />
aufbringen. Wenn sie es aber doch nicht schaffen, was dann? Dann<br />
lässt man sie halt liegen, oder wie?<br />
Ich musste auch zu meinem Glück gezwungen werden. Bei mir war<br />
es halt ein Richter, der mich ins Gefängnis geschickt hat. Es war<br />
heftig, aber ich bin ihm dankbar dafür, ehrlich!<br />
Das soll nicht heißen das man jeden, der sein Leben nicht in den<br />
Griff kriegt, wegsperren soll. Aber ist es denn verdammt noch mal<br />
nicht möglich, den Leuten einen neuen Sinn im Leben zu geben?!<br />
Diesen Artikel habe ich über mehrere Tage geschrieben und fast<br />
täglich kamen immer mehr neue Ereignisse dazu, die zu diesem Thema<br />
passen. Denn ich denke, dass auch unsere Gesellschaft nicht<br />
ganz unschuldig an der aussichtslosen Perspektive meiner Kollegen<br />
ist!<br />
Da sind ja seit einigen Wochen zwei Streetworker (Angelika u. Sebastian)<br />
im Stühlinger Park unterwegs, die Bedürftigen mit Rat und<br />
Tat zur Seite stehen. Letzte Woche waren sie bei diesem kalten<br />
Wetter mit Kaffee unterwegs und bioten diesen auch jedem an. Da<br />
war eine Frau oder Pflegerin Mitte Fünfzig mit einem im Rollstuhl<br />
sitzendem Herrn unterwegs. Sebastian bot den Herrschaften ebenfalls<br />
einen Kaffe an, denn er unterscheidet nicht zwischen obdachlos<br />
oder nicht, jedenfalls schaute die Dame (?) ihn von oben bis<br />
unten abwertend an und meinte:“ Er solle sie in Ruhe lassen.“ Als er<br />
ihr darauf hin seinen Ausweis als offizieller Sozialarbeiter zeigte,<br />
erwiderte sie, dass sie sich bei der Stadt Freiburg beschweren wolle,<br />
wegen Aufdringlichkeit, oder so ähnlich.<br />
Sebastian war ganz schön geschockt, wie manche Mitmenschen<br />
doch so arrogant auf uns reagieren. Da wundert es mich wirklich<br />
nicht, dass wir lieber unter uns bleiben und auch viele nicht in die<br />
„Normalo-Welt“ zurück wollen. Klar sind nicht alle so, das sieht<br />
man ja an unsern Lesern, aber es ist schon traurig wie manch andere<br />
Mitmenschen unter sich miteinander umgehen!<br />
Ich kann nur hoffen, dass sich diesbezüglich die Situation nicht<br />
immer noch mehr verschlechtert!<br />
Gina
FREIeBÜRGER 11<br />
Achtzehn, zwanzig, zwo und weg<br />
Am 9. und 10. Februar fand das 20. Skatturnier<br />
im Ferdinand-Weiß-Haus statt und dieses Jubiläum<br />
war Grund genug, dass sich die gesamte<br />
Freiburger Skat-Elite an diesen Tagen<br />
versammelte. Um 12.00 Uhr sollte<br />
es losgehen und eine Viertelstunde<br />
vorher gab es<br />
schon den Einmarsch der<br />
Heroen, einer nach dem anderen<br />
traf am Spielort ein und<br />
schon begannen die taktischen<br />
Spielchen, wie geringschätzige<br />
Blicke auf die Mitspieler und verbale<br />
Verunsicherung des Gegners usw.<br />
Pünktlich um zwölf begann dann die Turnierleitung auch mit der<br />
Auslosung, es fanden sich einige interessante Tische zusammen<br />
und schon konnten die Spiele losgehen. Kurz darauf ging es an den<br />
sechs Tischen rund, überall wurde auf Teufel komm raus gereizt,<br />
gezockt und natürlich im Anschluss über eventuelle Fehler diskutiert.<br />
Ständig wechselte die Führung, an den einzelnen Tischen, wie<br />
auch im Gesamtklassement. Als nach einer Stunde die erste Bierpause<br />
eingelegt wurde und sich die Kontrahenten draußen trafen,<br />
gingen die Diskussionen weiter. Wer hat welche Chancen, wer hat<br />
welche Fehler gemacht und wer hat keine Chance mehr. Am Ende<br />
des ersten Tages lag dann Hans in Führung gefolgt vom Rieselfeld-<br />
Ingo. Allerdings hatten die ersten acht noch ganz gute Aussichten<br />
auf den Turniersieg, sodass es einen spannenden zweiten Tag geben<br />
würde.<br />
Am Dienstag um 12.00 Uhr kam es dann zur Entscheidung. Die<br />
Auslosung der einzelnen Tische für Tag zwei wurde vorgenommen<br />
und zu meiner Freude stellte ich fest, dass ich mit dem Führenden<br />
Theater Freiburg spendet ans Ferdinand-Weiß-Haus<br />
Für die Laien-SchauspielerInnen war die Bettleroper ein Riesenerfolg: Von der Straße zum Proben ins Ferdinand-<br />
Weiß-Haus - und dann auf die Bühne des Stadttheaters.<br />
An diesem Samstag profitierten auch Ferdinand-<br />
Weiß-Haus, FreiRaum und St. Gabriel: Die Profi-<br />
SchauspielerInnen haben auf ihre Einkünfte verzichtet<br />
und einen Betrag von je 500.- Euro an die<br />
drei Einrichtungen der Freiburger Wohnungslosenhilfe<br />
gespendet!<br />
Das Team des Ferdinand-Weiß-Hauses führt im<br />
Sommer eine 4-tägige Freizeit mit BesucherInnen<br />
ins Elsass durch. Um die Kosten zu decken, freuen<br />
wir uns sehr über die Spende und bedanken uns -<br />
und zwar nicht nur für das finanzielle Engagement,<br />
sondern auch für das spürbare „Miterleben“ von<br />
Wohnungslosigkeit.<br />
Klaus Fournell<br />
Ferdinand-Weiß-Haus-Team<br />
an einem Tisch saß. So hatte ich als Viertplatzierter doch noch die<br />
Chance, aus eigener Kraft noch den Turniersieg zu erringen, ich<br />
musste nur besser sein als er! Das Unternehmen nahm seinen Lauf!<br />
Gleich am Anfang der Runde bekam ich einen Grand mit vieren,<br />
gewann ihn souverän und hatte somit schon mal ne Menge Punkte<br />
gut gemacht. Gleich im nächsten Spiel bekam ich vier Asse und zwei<br />
Zehner auf die Hand, allerdings keinen Buben und so spielte ich<br />
dann auch noch einen Grand ohne Vieren, welchen ich dann aber<br />
dank beschissener Kartenverteilung verloren habe, somit waren<br />
meine Chancen auf den Turniersieg auf ein Minimum geschrumpft.<br />
Wenigstens ist es mir gelungen, dem Spitzenreiter das eine oder<br />
andere Spiel umzudrehen, so dass er auch nicht mehr wie der sichere<br />
Sieger aussah. Aber wie so oft stellt sich das Glück als wechselhafte<br />
Hure heraus und Hans im Glück wurde am Ende doch noch<br />
Sieger des Events. Überraschender zweiter wurde Genosse Veetgyan,<br />
obwohl der das Skat spielen erst vor kurzem erlernt hatte. Ingo<br />
landete auf Rang drei und vertrat das Rieselfeld somit würdig. Danach<br />
folgten die Vertreter vom FREIeBÜRGER, nämlich Reinhold<br />
und ich.<br />
Skat-Oberguru Klaus Fournell, seines Zeichens Veranstalter vom<br />
FWH, landete übrigens weit abgeschlagen auf dem 14. Platz! (Hallo<br />
Klaus, in der Einladung stand: keine Anfänger!).<br />
Am Ende war trotzdem fast jeder zufrieden, nach der Siegerehrung<br />
wurden noch diverse Frustbiere getrunken und das ein oder andere<br />
Revanchematch vereinbart. Alles in allem war es eine gelungene<br />
Veranstaltung und wir alle hoffen, dass es nicht das letzte Skatturnier<br />
im Ferdinand-Weiß-Haus war, denn angesichts der Umbaumaßnahmen<br />
macht man sich darüber schon Gedanken.<br />
Dankeschön an die Veranstalter und die zahlreichen Teilnehmer!<br />
Carsten
12 FREIeBÜRGER<br />
Breisgau-Hochschwarzwald Die Leistungen des Sozialstaats sollen<br />
vor allem „aktivierend wirken“, äußerte unser Bundesfinanzminister<br />
noch aufmunternd 2006. Wie sinnig! Wenn gleichzeitig die<br />
Politik zum Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel umgebaut wird. Wie viele<br />
Rauswürfe hat der „Kleine Mann“ einzuplanen?<br />
Ach ja! – Ich vergaß: Wenn etwas schief gelaufen ist, handelt es<br />
sich ja immer nur um einen bedauerlichen Einzelfall. Einen solchen<br />
Einzelfall will der FREIeBÜRGER diesmal vorstellen. Kennen gelernt<br />
habe ich Stephan Böhler 2007 als Kurzzeitmieter und Ein-Euro-<br />
Jobber im Aufnahmehaus der Wohnungslosenhilfe des Landkreises.<br />
Immerhin wurde dem jungen Mann dort jener Weg gewiesen,<br />
den er heute mit Zuversicht beschreitet.<br />
Stephan, mit 24 Jahren bist du<br />
erst Azubi. Das ist ungewöhnlich.<br />
Was hattest du für eine Kindheit<br />
und Schulzeit? Gab es früher<br />
keine Lehrstelle für dich?<br />
Ich bin im Wiesental groß geworden,<br />
bei der Mutter. In Lörrach bin<br />
ich auf die Pestalozzi Förderschule<br />
gekommen, denn mit dem Lesen,<br />
Schreiben und Rechnen konnte<br />
ich mich nicht so gut anfreunden.<br />
Der Pestalozzi Schule verdanke ich<br />
viel. Nach neun Jahren konnte ich<br />
einen guten Abschluss machen.<br />
Nur leider ist eine Förderschule<br />
nicht gut angesehen.<br />
Langer Weg, zahlreiche Baustellen<br />
Hast du dann den Hauptschulabschluss<br />
nach geholt?<br />
Nein, das nicht. Das Jugendamt<br />
hat vorgeschlagen ich soll auf dem<br />
Bau lernen. Nach einem Praktikum<br />
als Zimmermann hätte ich nach Stuttgart-Vaihingen/Enz gehen sollen,<br />
doch dazu kam es dann nicht, weil der Zimmermann, bei dem ich<br />
arbeitete, mich für zu schwach für den Beruf des Zimmermanns<br />
gehalten hat. Eine Schnupperlehre als Maurer endete genauso erfolglos.<br />
Später hat mich das Jugendamt nach Tuttlingen vermittelt.<br />
Dort war ich in einem Berufsförderungszentrum in einem Internat.<br />
Und welcher Beruf erschien nach dieser Fördermaßnahme vielversprechend<br />
für dich?<br />
Ich wollte anschließend nach Bad Säckingen gehen. Dort hätte<br />
ich eine Kochlehre machen können. Das ist auch mit einem Internat<br />
verbunden, wo ich hätte wohnen können. Aber daraus ist nichts<br />
geworden. Das hing mit dem Jugendamt zusammen. Die waren nicht<br />
zuständig.<br />
Wofür nicht zuständig? Für den Bereich Bad Säckingen oder<br />
nicht mehr zuständig für dich – aufgrund deines inzwischen erlangten<br />
Alters vielleicht?<br />
Das weiß ich auch nicht mehr. Jedenfalls war ich damals auch<br />
schon bei der Agentur für Arbeit in Lörrach und mein Berufsberater<br />
hat die Ausbildung in Bad Säckingen abgelehnt. Dass eine andere<br />
Sachbearbeiterin mich darin unterstützt hat, nutzte dabei auch nichts<br />
mehr. Kurze Zeit habe ich dann als Gehilfe von einem Dachdecker<br />
und Hilfsarbeiter auf dem Bau geschafft. Ein paar Monate war ich<br />
auch arbeitslos und habe wieder bei meiner Mutter gewohnt. 2005<br />
konnte ich dann bei der IFAS eine Weiterbildung machen. Dort<br />
lernte ich acht Monate lang Hauswirtschaft, Service und Küche.<br />
Gleich danach wurde ich nach Grenzach-Wyhlen vermittelt. Der Job<br />
Mit 24 endlich Azubi<br />
war in einer Pizzeria und ich bekam vom Chef auch ein Zimmer, damit<br />
ich nicht den weiten Weg von Wieslet fahren musste, wo ich damals<br />
wohnte. Das wäre schon ganz gut gewesen, nur, die Chefin<br />
konnte mich nicht leiden. Die erzählte doch sogar einmal, ich hätte<br />
sie geschlagen. Da wurde es mir aber zuviel und ich kündigte.<br />
Du hast von dir aus gekündigt?<br />
Ja, genau! Mir hat es einfach gereicht. Aber natürlich hatte ich<br />
dann keinen Job, kein Arbeitslosengeld und auch kein Zimmer mehr.<br />
Kollegen haben mich eine zeitlang aufgenommen. Als Saison-Kraft<br />
war ich wieder in einer anderen Pizzeria. Das Arbeitsamt hat mich<br />
schließlich im November 2007 als Ein-Euro-Jobber vermittelt. Dort<br />
in dem Aufnahmehaus in Müllheim konnte ich wohnen und ich<br />
bekam Beratung von den dortigen<br />
Sozialarbeitern.<br />
Dort hast du mich mal als „Küchenjunge“<br />
bedient, Stephan.<br />
Doch als ich wieder einmal zum<br />
Essen kam, hieß es, du seiest zu<br />
einem Kurs in Freiburg.<br />
Es hat schon nach kurzem Aufenthalt<br />
geklappt. Ich konnte im IB<br />
aufgenommen werden. IB ist ein<br />
internationaler Förderer für Personal<br />
in der Gastronomie und im Hotelgewerbe.<br />
Bei denen habe ich<br />
meinen jetzigen Chef, Markus<br />
Maier, kennen gelernt. Der sagte,<br />
ich arbeite gut. Und das Tollste: Er<br />
konnte mir eine Lehrstelle anbieten.<br />
Jetzt bin ich schon ein halbes<br />
Jahr bei ihm. Hier bin ich gern. Der<br />
Chef ist echt okay, die Kollegen<br />
auch. Zwei Tage in der Woche besuche<br />
ich die Berufsschule. An einem Tag die IB. In der restlichen<br />
Zeit arbeite ich im Restaurant Erzherzog Albrecht. Noch zwei Jahre,<br />
dann bin ich endlich ein richtiger Koch. Also, Beikoch heißt der<br />
Abschluss, den ich dann erreicht habe.<br />
Beikoch? Gibt es denn auch einen Abschluss „Hauptkoch“?<br />
Vollkoch. Voll-Koch gibt es. (Stephan prustet und Herr Maier erklärt:<br />
„Durch die Ausbildung in der IB verbringt der Auszubildende<br />
weniger Zeit im Betrieb. Demzufolge ist er nach drei Jahren Beikoch,<br />
kann aber noch den höheren Abschluss darauf bauen.“)<br />
Als der Chef es nicht mehr hören kann, verrät mir Stephan noch<br />
etwas von seinen Zukunftsabsichten. Er hat sich vor kurzem eine<br />
Wohnung in Norsingen eingerichtet. Genauer gesagt: Er ist noch<br />
dabei sie einzurichten, denn seit einigen Wochen ist klar, dass die<br />
Wohnung für Zwei sein soll. Eine junge Frau, ebenfalls in Ausbildung<br />
fürs Gastgewerbe, soll sein neues Domizil und vielleicht –<br />
seine Stimme verfällt in ein weicheres Moll – sein zukünftiges Leben<br />
teilen. Wenn er mit 27 dann endlich einen anerkannten<br />
Abschluss haben wird, brauche er sich um Anstellungen keine großen<br />
Sorgen mehr zu machen, schließt er hoffnungsvoll.<br />
Na dann – ist nach vielen Irrwegen endlich alles in „trockenen Tüchern“.<br />
Glücklicherweise finden sich „in Einzelfällen“ noch immer<br />
Menschen, die „aktivierend“ eingreifen, wo der Amtsschimmel sich<br />
verstolpert hat. Der FREIeBÜRGER wünscht dem späten Kochlehrling<br />
in Zukunft alles Gute.<br />
Ella
FREIeBÜRGER 13<br />
Zwei gegen die Abschaffung der sozialen Stadt<br />
Mitglieder der LandesArbeitsGemeinschaft (LAG) von Betroffeneninitiativen<br />
in Baden-Württemberg folgt der Einladung der<br />
Gruppe aus dem Neckar/Baar Kreis.<br />
Zugegeben: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir fast drei Stunden<br />
unterwegs, aber das, was uns erwartet, übertrifft unsere Vorstellungen<br />
bei Weitem.<br />
Der Zwillingsstadt auf dem klimarauen schwäbischen Hochplateau<br />
eilt seit einiger Zeit in Kreisen, die sich so wie wir von der LandesarbeitsgemeinschaftWohnungslosenhilfe<br />
zentral mit<br />
zunehmender Armut in Baden-Württembergbefassen,<br />
der Ruf voraus, ein<br />
Beispiel gebendes Projekt<br />
auf die Füße gestellt zu haben.<br />
Andreas Güntter und Kurt<br />
Seemüller heißen die<br />
Gründungsväter der Bewegung<br />
„Vesperkirche“. Andreas<br />
Güntter ist Pfarrer der<br />
Pauluskirche und Kurt<br />
Seemüller war Pfarrer der<br />
Johanneskirche. Seemüller<br />
ist vor einem Jahr in den<br />
(amtlichen) Ruhestand getreten<br />
und hat sein Arbeitsfeld<br />
dem jüngeren Markus<br />
Grapke überantwortet. Johanneskirche<br />
und Pauluskirche<br />
sind de facto nur die Bezeichnungen für die beiden Gotteshäuser,<br />
die als evangelische Kirchengemeinde Schwenningen/<br />
Neckar zusammengeschlossen sind. Folglich arbeiten die Priester<br />
eng zusammen; sie tun dies auch in der Ökumene.<br />
Vom 19. Januar bis zum 16. Februar wandelt sich das Gebetshaus<br />
Pauluskirche zum sechsten Mal zum Gasthaus Vesperkirche.<br />
VESPERKIRCHE, EINE GASTSTÄTTE AUF ZEIT<br />
In den Anfängen fand das gemeinsame Essen in durchaus bescheidenerem<br />
Rahmen statt, doch kamen weit mehr Gäste als erwartet<br />
und irgendwie gelang es, dem Andrang gerecht zu werden und<br />
entsprechend immer mehr helfende Hände zu mobilisieren. Aus allen<br />
Kirchengemeinden und der Arbeiterwohlfahrt meldeten sich<br />
Menschen, die gern zum Mithelfen kamen. Ein Förderverein wurde<br />
gegründet, um das zeitlich begrenzte Projekt Vesperkirche auf sichere<br />
Säulen zu stellen und mit dem Dauerprojekt „Wärmestube im<br />
Paradies“ den Bedürftigen einen Treffpunkt zu geben, wo sie sich<br />
jederzeit willkommen fühlen dürfen. Heute läuft der Betrieb in der<br />
Vesperkirche nicht nur profimäßig und durchorganisiert ab – nein,<br />
geradezu nobel spielt sich in Schwennigen ab, was andernorts unter<br />
den Begriff „Armenspeisung“ oder „Suppenküche“ fallen würde.<br />
Ehrenamtliche HelferInnen und Sponsoren setzen echten Ehrgeiz<br />
daran, die vier Winterwochen der Kälte und Tristesse zwischen<br />
Weihnacht und Fasnacht, die Zeit der Nachzahlungen, Jahresrechnungen,<br />
ungeplanten aber notwendigen Anschaffungen, von<br />
denen vielfältig die Finanzschwachen geplagt sind, zu Wochen<br />
umzuformen, in denen man in gepflegter Atmosphäre bei gesunden<br />
reichhaltigen Mahlzeiten sich Mitmenschen mitteilen kann und bei<br />
handfesten Sorgen auch brauchbaren Rat bekommt.<br />
Gekocht wird frisch und professionell täglich um die 250 zusätzliche<br />
Portionen im nachbarschaftlich gelegenen St. Franziskus Altenheim.<br />
Ebenfalls sehr professionell – sogar von „Personal“ in Schürzen,<br />
die das Logo „Vesperkirche“ tragen – werden die Speisen in Containern<br />
zur Austeil- und Geschirrküche im Eingang des Kirchenschiffs<br />
gerollt. Dem Engagement einiger Betriebe der Stadt dankt die Vesperkirche<br />
ihr vorzeigbares Auftreten. So sind beispielsweise alle Tische<br />
wie in einem gut bürgerlichen Restaurant eingedeckt. Die viele<br />
dadurch anfallende Wäsche übernimmt eine Wäscherei und betrachtet<br />
diese Arbeit als den ihr gemäßen Solidarbeitrag zum Projekt.<br />
Convivialità – zwangloses<br />
Beisammensein zwischen<br />
Betroffenen und Unterstützern,<br />
auch dafür ist<br />
Raum: Nach jeder Mahlzeit,<br />
die schon mit einer<br />
Suppe begann, erfolgt<br />
auch eine Einladung zum<br />
Kaffee oder Tee zu bleiben.<br />
Zahlreiche Kuchenspenden<br />
krönen den Aufenthalt<br />
auf süße Art und<br />
Weise. Gerade bei diesem<br />
Dessert, nachdem der erste<br />
Hunger gestillt ist, finden<br />
auch meist die<br />
menschlichen Begegnungen<br />
und verbindende Gespräche<br />
statt.<br />
Was macht nun das Projekt<br />
für Betroffene anderer<br />
Regionen so interessant?<br />
Weshalb drängt es mich, das Erfahrene in Müllheim, im Landkreis<br />
Breisgau-Hochschwarzwald mitzuteilen?<br />
SCHWENNINGEN ZEIGT, WIE MAN ES MACHT<br />
Das Projekt Vesperkirche ist, wie schon erwähnt, ein Handeln im<br />
zeitlich begrenzten Rahmen an vier Wochen des Jahres. Dennoch<br />
hat sich die Gesamtsituation für arme und von Wohnungslosigkeit<br />
bedrohte Menschen in Schwenningen seither gebessert. Die Vesperkirche<br />
wurde als Angebot in derart breitem Umfang angenommen<br />
(200-300 Gäste pro Tag), dass Kreis und Kommune sich nicht länger<br />
auf ihre Position des Blockierens zurückziehen konnten. Das rege,<br />
eifrige Handeln vieler mitmenschlich orientierter HelferInnen und<br />
die Zahlen der Essensgäste bewiesen eine Notwendigkeit, die zuvor<br />
hartnäckig abgestritten worden war. Der Bürgermeister in eigener<br />
Person überzeugte sich vor Ort. Die beiden Pfarrer hatten quasi<br />
einen Schneeball losgetreten, der bald auch Widerwillige mitriss.<br />
Mit der Arbeiterwohlfahrt als Träger wurde die ehemalige Gaststätte<br />
Paradies zu neuem Leben erweckt. „Im Paradies“ ist nach der<br />
Renovierung, die Betroffene auch mit eigener Hände Arbeit ergänzt<br />
haben, eine ganzjährige Wärmestube entstanden.<br />
Auch die „Wärmestube im Paradies“ haben die LAG-Mitglieder bei<br />
ihrem Besuch natürlich in Augenschein genommen und dort ihre<br />
Versammlung abgehalten. Es ist, mit einem Wort, urgemütlich dort.<br />
Der Besuch sei jedem, insbesondere auch Menschen aus Entscheidungsgremien<br />
nicht nur empfohlen, sondern auch ans Herz<br />
gelegt. Nähere Auskünfte erteilt Bärbel Wagner den Interessierten<br />
unter waermestube-vs@gmx.net<br />
Ella
14 FREIeBÜRGER<br />
Kategorie Eins: „Ich bin ein freier Bürger!“<br />
Diese Antwort hat wohl schon jeder<br />
bekommen, der bemüht ist, unsere<br />
Straßenzeitung an die Leserin/ den Leser<br />
zu bringen. Es folgt ein breites Grinsen<br />
und – husch! In drei betont zügigen<br />
Schritten hat einen der Passant passiert.<br />
Zählt er wirklich zu den glücklichen<br />
oder dank Sonnenbrille und Ohrstöpsel<br />
eher zur Herde der noch unwissend<br />
Gläubigen? Man lässt ihn seiner<br />
Wege ziehen. Man wünscht ihm laut einen<br />
Guten Tag. Man wünscht ihm im<br />
Stillen, der Stein über den er irgendwann<br />
stolpern muss, solle weder zu groß noch<br />
zu kantig für seine Belastbarkeit sein.<br />
Die Beweiskunst der Konfrontation<br />
Kategorie Zwei: Andere, meist ebenso<br />
beschäftigt wirkende Passanten rufen<br />
herüber: „Freie Bürger gibt’s keine<br />
mehr!“ Da lohnt der Versuch, ins Gespräch<br />
zu kommen. In der Aussage<br />
schwingt die Erfahrung von Beschneidung<br />
und Einengung ja schon mit. Kürzlich<br />
veranschaulichte mir ein in dieser<br />
Weise demotivierter Passant seine persönliche<br />
Reaktion auf Politik und<br />
Gesellschaftsspaltung. Er werde auch<br />
in diesem Jahr – wie schon bei Wahlen zuvor – zwar zur Wahlurne<br />
schreiten, jedoch einen ungültig gemachten Wahlzettel einwerfen.<br />
„So drücke ich mein „Vertrauen“ aus gegen die ganze Bande“ pol-<br />
terte er. Eine Zeitung kaufte er auch<br />
nicht. „Man kenne die Missstände zur<br />
genüge aus dem Fernsehen. Und der<br />
Kleine Mann könne ja sowieso nichts<br />
ändern.“<br />
Zeitgleich war ein kleiner Mann, er mochte<br />
etwa vierjährig sein, vor dem Wurststand<br />
gegenüber zu beobachten. Der<br />
Knirps beackerte seine Mama, ihm eine<br />
heiße Wurst zu kaufen. Er tat das lautstark<br />
und mit Nachdruck. Schließlich<br />
wurde aus einem halben Dutzend Mal<br />
„Nein!“ und einigem Hin und Her ein<br />
„Ja“ der Mutter. Hat der Wicht nicht einen<br />
entscheidenden Schritt mehr getan<br />
als mein resignierter Gesprächspartner?<br />
Ich glaube schon. Lediglich Protest hätte<br />
ihm schlimmstenfalls einen Klaps von<br />
der Mutter einbringen können. Nun, da<br />
er sein Wollen aber unmissverständlich<br />
kundgetan hat, darf er doch noch in die<br />
heiß ersehnte Wurst beißen.<br />
Was wir als soziale Missstände empfinden,<br />
findet seine Wurzel allzu häufig in<br />
Entscheidungsgremien, die sich verhalten,<br />
als existiere einzig Kategorie Eins in<br />
der Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft: Die einen beziehen unisono<br />
einen eigenen Erfahrungsmangel ein, plappern auswendig Gelerntes,<br />
wenden sich ab. Die anderen wagen es nicht, ihnen Brille<br />
und Ohrstöpsel, eventuell das Mandat, wegzureißen, obwohl es<br />
um Gemeinwohl geht. Wenn jeder sein Streben nach Unversehrtheit<br />
mit der Perspektive der Opfer vergliche... Der größere Schaden<br />
geht gegenwärtig davon aus, wie Menschen nicht handeln und<br />
stattdessen geschehen lassen.<br />
Es lohnt jeder Versuch ins Gespräch zu kommen.<br />
Nicht wegen Ein-Euro-Fünfzig lohnt es, sondern damit die Gesellschaft<br />
zusammenwächst. Damit auch die Unbehausten ihren Platz<br />
erhalten.<br />
Ella
FREIeBÜRGER 15<br />
Wir sind ein Zusammenschluss von Pflege- und Adoptiveltern<br />
und uns unterstützenden Fachkräften und stellen uns und unsere<br />
Arbeit hier bei euch in der Zeitung FREIeBÜRGER gerne vor,<br />
um zu berichten, was sind überhaupt Pflegeeltern, was tun sie<br />
und was möchten sie erreichen.<br />
Vielen Menschen ist der Begriff Pflegeeltern gar nicht so geläufig<br />
und viele wissen wenig über Pflegeeltern. Wir sind z.B. eine Pflegefamilie,<br />
die z. Zt. vier Pflegekinder betreut. Pflegekinder sind Kinder<br />
aus anderen Familien, die vorübergehend oder auf Dauer in einer<br />
Pflegefamilie leben, weil sie derzeit nicht bei ihren leiblichen Eltern<br />
leben können.<br />
Wir Pflegeeltern möchten diesen<br />
Kindern ermöglichen, dass sie eine<br />
möglichst gesunde und gute Entwicklung<br />
machen können und<br />
selbstständig und stabil werden.<br />
Unsere Kinder kamen zum Teil schon<br />
sehr jung zu uns. Zwei Jungen sind<br />
jetzt schon 11 Jahre bei uns, ein<br />
Mädchen schon fast 12 Jahre.<br />
Die Kinder wachsen bei uns in der<br />
Familie auf wie eigene Kinder, allerdings<br />
gibt es einen wichtigen Unterschied,<br />
sie haben immer auch<br />
noch ihre leiblichen Eltern, zu denen<br />
sie Kontakte pflegen, manche haben<br />
auch noch Kontakte zu Geschwistern.<br />
Für die Pflegekinder und uns als Pflegeeltern ist es wichtig,<br />
dass ein möglichst positiver Kontakt zur Herkunftsfamilie der Kinder<br />
besteht. Das ist nicht immer ganz einfach, da es für die Herkunftseltern<br />
oft sehr schwer ist, ihr Kind in eine andere Familie zu geben.<br />
In manchen Fällen werden die Kinder auch gegen den Willen ihrer<br />
Eltern aus deren Familien genommen, weil das Kindeswohl dort<br />
nicht mehr gewährleistet war.<br />
Es ist verständlich, dass es Herkunftseltern oft nicht sehr positiv<br />
auf Pflegeeltern zugehen können. Aber wir Pflegeeltern sind bemüht,<br />
die Kontakte zu den Herkunftseltern im Interesse der Kinder<br />
APFEL e.V. stellt sich vor<br />
möglichst positiv zu gestalten, da die Pflegekinder in der Regel ihre<br />
leiblichen Eltern natürlich auch lieben. Sehr schwierig ist es manchmal,<br />
wenn ein Kind schon im Säuglingsalter in eine Pflegefamilie<br />
gekommen ist, und eigentlich gar keine Beziehung zu den leiblichen<br />
Eltern aufbauen konnte.<br />
Uns ist die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern wichtig, aber<br />
wir haben natürlich in erster Linie die Verantwortung für die Pflegekinder<br />
und den Auftrag, gut für ihr leibliches und geistiges Wohl zu<br />
sorgen und sie auch vor ungünstigen Einflüssen zu schützen. Wir<br />
haben z.B. ein Pflegekind, dessen Eltern wegen Drogen- und Alkoholkonsum<br />
ihr Kind nicht mehr selbst versorgen konnten und das<br />
sehr jung zu uns kam. Die Eltern signalisieren diesem Kind, dass sie<br />
froh sind, dass es bei uns so gut aufwachsen kann und helfen ihm<br />
damit enorm, da es dadurch nicht in einem Loyalitätskonflikt zwischen<br />
den doppelten Eltern gerät. Für die Pflegekinder ist es manchmal<br />
nicht leicht, mit der „doppelten Elternschaft“, nämlich der der<br />
Pflegeeltern und der der leiblichen Eltern zurecht zu kommen.<br />
In unserem Verein beschäftigen wir uns mit diesen Fragestellungen<br />
und helfen uns gegenseitig in schwierigen Situationen, indem wir<br />
uns regelmäßig treffen und austauschen. Wir laden auch Referenten<br />
(z.B. Psychologen, Pädagogen oder Therapeuten) zu unseren<br />
Treffen ein, um uns fortzubilden. Jedes Pflegeverhältnis wird vom<br />
zuständigen Jugendamt begleitet, welches auch den individuellen<br />
Hilfeplan für das Pflegekind mit allen Beteiligten erstellt.<br />
Für die Aufgabe als Pflegefamilie erhält<br />
man ein monatliches Pflegegeld,<br />
welches den materiellen Bedarf des<br />
Pflegekindes (Wohnen, Essen, Kleidung,<br />
Schule, Kindergartenbeitrag,<br />
Freizeitangebote usw.) deckt und einen<br />
kleinen, symbolischen Anteil<br />
für die „Erziehungsleistung“ der<br />
Pflegeeltern enthält. Wenn man Kinder<br />
hat und weiß wie viele Kosten<br />
mit Kindern heute verbunden sind,<br />
wird man leicht nachvollziehen können,<br />
dass niemand nur wegen des<br />
Pflegegeldes Kinder aufnimmt, wie<br />
manchmal behauptet wird.<br />
Wir hoffen, euch mit diesem Artikel die Arbeit von Pflegeeltern und<br />
unseres Pflegeelternvereins ein bisschen näher gebracht zu haben.<br />
Wenn jemand Fragen zu diesem Artikel hat, kann er sich gerne über<br />
die Redaktion an uns wenden.<br />
Sigrid Kreienkamp<br />
APFEL,<br />
Adoptiv- und Pflegeelternverein<br />
Markgräflerland e.V.<br />
Müllheim
16 FREIeBÜRGER<br />
Soundtrack zur Revolution<br />
„Wenn ich dazu nicht tanzen kann, dann ist es nicht meine Revolution“<br />
(Emma Goldmann geb. 27. Juni 1869 in Kowno, heute<br />
Litauen; † 14. Mai 1940 in Toronto. E. Goldmann war eine USamerikanische<br />
Anarchistin und Friedensaktivistin).<br />
Als wir vor gut zwei Jahren von unseren Wiener KollegInnen der<br />
Straßenzeitung Augustin die CD „Kitsch & Revo“ des <strong>Stimmgewitter</strong>s<br />
zugeschickt bekamen, war ich schon nach dem ersten<br />
Reinhören voll begeistert und das hat sich bis heute nicht geändert.<br />
Nachdem ich dann von<br />
Bernadette erfuhr, dass<br />
das <strong>Stimmgewitter</strong> im<br />
Februar in Freiburg im<br />
Rahmen der Thementage<br />
„CAPITALISM<br />
NOW“ im Theater auftritt,<br />
war natürlich sofort<br />
klar, dass wir diesen<br />
Chor unbedingt<br />
kennen lernen müssen.<br />
Anscheinend dachte<br />
das <strong>Stimmgewitter</strong> genauso,<br />
denn eine Woche<br />
vor seinem Auftritt<br />
bekamen wir eine nette<br />
Mail, dass man uns –<br />
den FREIeBÜRGER –<br />
unbedingt treffen wollen.<br />
Wir haben dann schon mal klargemacht, dass wir auf alle Fälle<br />
ein Interview mit dem <strong>Stimmgewitter</strong> für die Märzausgabe machen<br />
wollen.<br />
Bernadette La Hengst hatte am Abend zuvor ein Konzert in der<br />
„Jackson-Pollock-Bar“ und eine Woche vor dem Auftritt hat sie<br />
ein paar von uns – den Bettlerchor – gefragt, ob wir nicht Lust<br />
hätten bei einem Stück mitzusingen. Logisch, dass wir ihr diese<br />
Bitte nicht ausgeschlagen haben.<br />
Am Freitag ruft mich Riki, Sozialarbeiterin beim Augustin und Mitglied<br />
vom <strong>Stimmgewitter</strong> an, dass sie am Samstag in Freiburg ankommen<br />
und wir wollten uns dann so um 13 Uhr am Hotel treffen,<br />
um das Interview zu machen.<br />
George, Christin und ich treffen uns dann abends vor der „Jackson-<br />
Pollock-Bar“. In solche Lokalitäten kommt unsereins normalerweise<br />
nicht so ohne weiteres rein und erst nachdem wir den Türstehern<br />
erklärt haben, dass wir auf der Gästeliste stehen, können wir die Bar<br />
betreten. So um Mitternacht beginnt das Konzert und schon beim<br />
ersten Stück springt der Funke auf das Publikum über. Das Konzert<br />
ist eine einzige ausgelassene Party. Bernadette schafft es, nur mit<br />
Gitarre, Elektronik und von einem Bassisten begleitet, das Publikum<br />
zu begeistern.<br />
Es ist diese Mischung aus tanzbarer Musik, intelligenten Texten<br />
und Bernadettes gnadenlosem Optimismus, der allerdings nie die<br />
Realität aus den Augen verliert, was den Reiz dieses Konzertes<br />
ausmacht. Nach etlichen Zugaben ist das Konzert leider zu Ende.<br />
Wir feiern danach noch etwas länger weiter und morgens um fünf<br />
bin ich dann endlich zu Hause.<br />
Nach einem ziemlich kurzen Schlaf und ein paar Tassen Kaffee,<br />
fahre ich in die Stadt um mich mit dem <strong>Stimmgewitter</strong> zu treffen.<br />
Pünktlich um eins treffe ich das <strong>Stimmgewitter</strong> vor dem Hotel am<br />
Bahnhof und nachdem wir uns erst einmal allesamt begrüßt haben,<br />
machen wir die Fotos für das Titelbild dieser Ausgabe. Die Idee<br />
habe ich von ihrer CD geklaut, allerdings etwas abgewandelt und<br />
ich würde gerne mal wissen, was die Taxifahrer dachten, als ich die<br />
Machete und den<br />
Hammer (ein Symbol<br />
der Revolution) aus<br />
meinem Rucksack herausholte.<br />
So eine lange Fahrt<br />
macht hungrig und da<br />
in dem Hotel, wo das<br />
<strong>Stimmgewitter</strong> übernachtete,<br />
eine Scheibe<br />
Bauernbrot, belegt mit<br />
Schwarzwälder Schinken,<br />
6,- Euro kostet,<br />
beschließen wir ins<br />
„Cafe Atlantik“ zu<br />
gehen, um dort zu vernünftigen<br />
Preisen etwas<br />
zu essen. Ursprünglich<br />
wollten wir<br />
nun das Interview machen, aber wir entscheiden uns kurzfristig,<br />
das Ganze auf den Sonntagmorgen zehn Uhr zu verschieben. So<br />
haben wir beim Essen genug Zeit uns erst einmal näher kennen zu<br />
lernen. Mit dem Wiener Dialekt habe ich keine Probleme, allerdings<br />
bitten mich die Stimmgewittler etwas langsamer zu reden, damit sie<br />
mich besser verstehen können. Wir unterhalten uns über alles Mögliche<br />
und sind gespannt, wie ihr Konzert beim Publikum ankommen<br />
wird. Schließlich ist es der erste Auftritt des <strong>Stimmgewitter</strong>s in<br />
Deutschland.<br />
Um 23.00 Uhr ist es dann soweit und das <strong>Stimmgewitter</strong> betritt die<br />
Bühne. Schon nach dem zweiten Stück fangen die ersten Zuschauer<br />
an zu schunkeln und vor der Bühne zu tanzen. Von Stück zu Stück<br />
wird die Stimmung ausgelassener und die Stimmgewittler gönnen<br />
dem Publikum eine kleine Verschnaufpause. Sie singen deshalb ein<br />
paar Wiener Lieder und die Befürchtung von Mario (Fotograf beim<br />
Augustin), dass die Freiburger den Wiener Dialekt nicht verstehen,<br />
stellt sich als unbegründet heraus. Danach geht’s wieder weiter<br />
und es herrscht eine tolle Partystimmung. Sogar ein paar Stadträte<br />
der Linken Liste feiern diesen Auftritt begeistert mit.<br />
Kurz vor Ende des Konzertes wird noch der Bettlerchor mit auf die<br />
Bühne geholt und gemeinsam singen wir die letzten Stücke.<br />
Nach dem Konzert beenden wir diesen herrlichen Abend noch in<br />
einer Kneipe und hier entsteht dann auch die Idee, das <strong>Stimmgewitter</strong><br />
im Herbst nochmals nach Freiburg einzuladen. Morgens um 6 Uhr<br />
war ich dann auch mal zu Hause und nach ein paar Tassen starkem<br />
Kaffee gings wieder Richtung Stadt, denn um 10 Uhr hatten wir uns<br />
ja zum folgenden Interview verabredet.
FREIeBÜRGER<br />
Das <strong>Stimmgewitter</strong> ist ja nun schon ein paar Jahre alt. Wie kam<br />
es zu der Idee diesen Chor zu gründen?<br />
Riki: Es gibt jedes Jahr auf dem Prater ein Fest der Kommunistischen<br />
Partei und vor neun Jahren haben der Mario und ich uns dort<br />
getroffen. An diesem<br />
Abend hatten wir einiges<br />
getrunken und<br />
wir haben dann das<br />
ganze Repertoire von<br />
Revolutionsliedern,<br />
die wir kannten, lauthals<br />
gesungen und<br />
danach beschlossen<br />
wir, einen Gesangsverein<br />
zu gründen. Am<br />
nächsten Tag habe<br />
ich dann ein Plakat im<br />
Büro des Augustin<br />
aufgehangen und so<br />
nach Chormitgliedern<br />
gesucht, die Interesse<br />
am Singen haben.<br />
Mario: Das war wirklich<br />
eine Schnapsidee,<br />
das Gute daran<br />
war, dass sich die Riki und ich noch am nächsten Tag daran erinnern<br />
konnten, denn sonst würde es diesen Chor heute nicht geben.<br />
Am Anfang sollte es eine Freizeitbeschäftigung für die Augustin-<br />
VerkäufeInnenr sein. Die Riki war schon in einem Gesangsverein<br />
und hatte deshalb so ein dickes Liederbuch. Wir haben uns dann in<br />
einem Wirtshaus getroffen und im Uhrzeigersinn Lieder aus diesem<br />
Buch herausgesucht, die wir dann mehr schlecht als recht gesungen<br />
haben. Das waren am Anfang hauptsächlich deutsche Schlager<br />
und alles irgendwie ohne einen Qualitätsanspruch. Es war echt<br />
nur als Freizeitbeschäftigung der VerkäuferInnen gedacht. An Konzerte<br />
haben wir dabei nie gedacht. Dass wir mal auf Tour gehen und<br />
ein Konzert in Freiburg geben, hätten wir damals nicht für möglich<br />
gehalten. Es war echt als Freizeit-Idee gedacht.<br />
Am Anfang wart ihr teilweise über vierzig Leute habe ich mal<br />
gelesen…<br />
Mario & Riki: Nee, das waren am Anfang so um die dreißig Leute.<br />
17<br />
Viele von den damaligen Chormitglie-dern haben ja auch auf der<br />
Straße gelebt und den Augustin verkauft.<br />
Mario: In der Anfangszeit des <strong>Stimmgewitter</strong>s haben einige vom<br />
<strong>Stimmgewitter</strong> auf der Straße gelebt. Manche von ihnen haben auf<br />
der Donauinsel in<br />
Wien im Zelt geschlafen,<br />
da hatten viele<br />
von ihnen noch keine<br />
Wohnung. Heute<br />
haben sie ihre kleine<br />
Wohnung oder leben<br />
in Wohnheimen.<br />
Heute seid ihr mit<br />
neun Leuten in Freiburg.<br />
Ist das nur ein<br />
kleiner Teil des<br />
<strong>Stimmgewitter</strong>s?<br />
Mario: Seit 2003 sind<br />
wir eine feste Gruppe…<br />
Riki: Wir haben keine<br />
Ersatzleute. Wo<br />
wir noch keine Tourneen<br />
gemacht haben,<br />
waren wir teilweise zwölf Leute. Es ist einfacher mit einer kleineren<br />
Gruppe zu arbeiten. Heute ist die Zahl von neun Chormitgliedern<br />
auch praktisch, denn wenn wir auf Tour gehen, brauchen wir nur<br />
einen Neunsitzer-Bus anzumieten und kein zusätzliches Auto. Das<br />
spart natürlich auch Geld.<br />
Mario, du bist glaube ich, der jüngste im Chor oder?<br />
Mario: Das stimmt, das Durchschnittsalter beim <strong>Stimmgewitter</strong> liegt<br />
bei fünfzig Jahren. Man kann deshalb sagen, dass wir eine der ältesten<br />
Punkrockgruppen der Welt sind.<br />
2006 ist eure CD „Kitsch & Revo“ erschienen. Habt ihr dazu die<br />
Stücke gemeinsam rausgesucht?<br />
Mario: Mehr oder weniger, aber nicht wirklich. Am Anfang wollten<br />
wir eigentlich nur eine Revolutions-CD machen, also nur mit<br />
Revolutionsliedern. Bei den Proben haben wir dann allerdings gemerkt,<br />
dass das irgendwie so nicht geht. Wir haben dann einen
18 FREIeBÜRGER<br />
probenfreien Tag gemacht und gesagt, dass jetzt jeder mal das singen<br />
kann, was er will und es hat sich herausgestellt, dass die meisten<br />
Schlager singen wollten. So haben wir dann aus der Not eine<br />
Tugend gemacht und nicht nur Revo sondern auch Kitsch eingespielt.<br />
Die Song-Auswahl ist zum Teil eine Gruppenentscheidung<br />
und ich habe dann zusammengesucht, was passen könnte. Für die<br />
nächste CD haben Riki und ich uns etliche Seemannslieder ausgesucht<br />
und die Texte ausgedruckt…<br />
Riki: …und jeder konnte inhaltlich die Lieder aussuchen, die er<br />
gerne singen würde und wir haben das auf einer Strichliste festgehalten.<br />
Dazu möchte ich noch anmerken, dass das <strong>Stimmgewitter</strong><br />
keine homogene Gruppe ist. Wir haben unterschiedliche politische<br />
Einstellungen und kommen auch aus verschiedenen Lebenswelten.<br />
Es gibt einen Christen bei uns, ich bin da eher so die linke Abteilung<br />
und es gibt auch konservative Ansichten innerhalb des <strong>Stimmgewitter</strong>s.<br />
Gestern auf eurem<br />
Konzert habe ich<br />
festgestellt, dass gerade<br />
diese Mischung<br />
von Liedern zwischen<br />
Kitsch & Revo<br />
beim Publikum sehr<br />
gut ankommt. Wenn<br />
es nur Schlager oder<br />
nur Revolutionslieder<br />
wären, würde<br />
das Ganze auf der<br />
Bühne, meiner Meinung<br />
nach nicht<br />
funktionieren.<br />
Stimmt mein Eindruck?<br />
Mario: Wie schon<br />
gesagt, haben wir auf<br />
den Proben festgestellt, wenn es nur Revo wird, setzt sich das auf<br />
der Bühne nicht durch. Aber wenn wir das Ganze mit Schlagern<br />
auflockern funktioniert es. Es geht ja in beiden Teilen um die Sehnsucht.<br />
Beim Schlager geht es um die Sehnsucht nach der Ferne/<br />
Liebe und auch bei der Revo geht es um die Sehnsucht, nämlich<br />
nach einer besseren Welt.<br />
Ihr habt mit der Linzer Punkband „SEVEN SIOUX“ zwei Stücke<br />
produziert. Diese Single gibt es nicht auf CD, sondern nur auf<br />
Vinyl gepresst. Warum?<br />
Mario: Vielleicht erst einmal zur Band. Die Band gibt es schon seit<br />
Mitte der Achtziger Jahre und so aus dem Umfeld der KAPU, das ist<br />
so ein Hardcore-Café und Autonomes Zentrum in Linz. Der Rainer<br />
Krispel, der Häuptling von SEVEN SIOUX ist ein guter Freund von<br />
uns und so ist die Single entstanden. Vinyl, das war ganz einfach so<br />
’ne Art Selbstbefriedigung, weil so etwas wollten wir einfach mal<br />
machen, denn in vielen Kreisen ist nämlich auch heute noch das<br />
Vinyl das Medium für Musik. Mit der Single verdienen wir nichts,<br />
der Verkauf deckt mal gerade die Produktionskosten.<br />
Gestern hattet ihr nun euren ersten Auslandsauftritt hier in Freiburg.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Mario: Ich glaub das hat die Bernadette eingefädelt. Sie hat uns<br />
’ne Mail geschickt, dass sie hier in Freiburg bei der Bettleroper<br />
mitmacht und sie hatte uns schon in Wien erzählt, dass wir sie auf<br />
die Idee eines Bettlerchors gebracht haben .Und weil wir halt die<br />
Ideengeber waren, hat sie uns übers Theater zu diesem Auftritt<br />
nach Freiburg eingeladen.<br />
Was war denn euer Eindruck vom gestrigen Konzert. Ihr spielt ja<br />
bestimmt nicht so oft im Theater?<br />
Mario: Das ist ganz unterschiedlich, wo wir auftreten. Die Auftrittsorte<br />
sind mal im Autonomen Zentrum, mal im Theater oder in<br />
einer Kirche, es kann aber auch schon mal in einer Blockhütte sein.<br />
Das Konzert gestern war schon etwas Einmaliges und das dann bei<br />
„Kalkutta liegt am Ganges“ der ganze Saal tanzt, das haben wir echt<br />
noch nicht erlebt.<br />
Riki: Das war wirklich eines der schönsten Konzerte.<br />
Der Funke ist ja sofort übergesprungen und fast das ganze Publikum<br />
hat ja so ziemlich am Anfang ’ne Polonaise rund um die<br />
Bühne gemacht. Ist diese ausgelassene Stimmung normal für eure<br />
Konzerte?<br />
Riki: Dass wir das Publikum zum Tanzen gebracht haben, ist schon<br />
öfters vorgekommen, aber ’ne Polonaise hat es bei unseren Konzerten<br />
bisher noch nicht gegeben. Wir waren mal auf einer Kirchenmesse<br />
in Vorarlberg. Dort konnte man über den Wimpel bis zur Bibel<br />
alles an Kirchenbedarf kaufen. Das war eine riesige Veranstaltung.<br />
Man hatte uns für ein Konzert engagiert und dort sollten wir morgens<br />
um neun Uhr<br />
auftreten. Um neun<br />
Uhr morgens zu singen,<br />
das ist die Härte.<br />
Um die Uhrzeit<br />
hast du noch keine<br />
richtige Stimme und<br />
der letzte Abend<br />
steckt dir auch noch<br />
in den Knochen. Der<br />
Mario hat uns dann<br />
einfach gesagt, dass<br />
wir als erstes Stück<br />
den Revoluzzer von<br />
Erich Mühsam singen.<br />
Das ist so von<br />
der Melodie her,<br />
eher ein Discostück.<br />
Er hat den Leuten vor<br />
der Bühne einfach<br />
gesagt: „Wenn wir schon morgens um neun auf der Bühne singen<br />
müssen, dann müsst ihr auch aufstehen und mittanzen.“ Es sind<br />
wirklich alle aufgestanden, um uns zu unterstützen und ich hatte<br />
einen Bischoff im Auge gehabt, denn sogar der hat wirklich mitgerockt.<br />
Das war ein phantastisches Konzert.<br />
Der Funke muss überspringen, das ist ganz wichtig für uns. Denn<br />
wenn keine Kommunikation zwischen uns und Publikum ist, dann<br />
ist das fürs Publikum nicht schön und auch nicht für uns, denn<br />
dann singt man nämlich ganz anders.<br />
Wir hatten das einmal im Burgenland, wo der Funke überhaupt nicht<br />
übergesprungen ist und da hab ich mich nur tonnenschwer gefühlt,<br />
denn du arbeitest nur das Programm ab und bist verkrampft, damit<br />
du ja keine Fehler machst.<br />
Bisher habt ihr ja einen eigenen Text (Zeitgeist) und der war ja als<br />
Beitrag für den ProtestSongContest 2006 gedacht. Habt ihr in<br />
Zukunft vor, mehr eigene Texte zu machen?<br />
Riki: Das war mehr aus Spaß gedacht und trotzdem hatten wir uns<br />
vorgenommen, mit diesem Lied zumindest unter die ersten zehn zu<br />
kommen. Leider haben wir das aber nicht geschafft.<br />
Mario: Den ProtestSongContest gibt es mittlerweile schon seit<br />
sechs Jahren und immerhin haben wir es geschafft unter den 400<br />
eingesendeten Beiträgen auf Platz 25 zu kommen.<br />
Deshalb haben wir ein eigenes Lied geschrieben.<br />
Könnt ihr euch vorstellen, demnächst öfter in Deutschland zu spielen?<br />
Riki: Das würden wir nach dem gestrigen Abend sehr gerne öfters<br />
machen. Wir wollen auf alle Fälle noch einmal in Freiburg spielen<br />
und wenn es sich einrichten lässt in Hamburg und Berlin.<br />
Uli
FREIeBÜRGER 19<br />
Wohlfühlen mit dem Flair asiatischer Kampfkunst und Gesundheitsmethoden<br />
Geplagt durch meine Rücken- und Nackenprobleme war ich auf<br />
der Suche nach Lösungen, nach Methoden, die mir helfen sollten,<br />
dies in den Griff zu bekommen. Fitness-Studio, Medikamente etc.<br />
kamen für mich nicht in Frage.<br />
Auf Empfehlung eines Bekannten<br />
– dieser hatte bei TV-<br />
Südbaden einen Filmbericht<br />
über eine neue Methode gesehen,<br />
die hier in Freiburg entwickelt<br />
wurde – begab ich<br />
mich mit Neugier gepaart auf<br />
den Weg zum Budokan e.V.<br />
Freiburg in der Neunlindenstraße<br />
6, denn hier sollte ein<br />
spezielles System entwickelt<br />
worden sein. Hatte ich doch<br />
eine ganz andere Vorstellung<br />
von Kampfsport und, als ich<br />
dann das wunderschöne Torii<br />
(ein japanisches Tor) durchschritten<br />
hatte, bekam ich<br />
doch ein mulmiges Gefühl im<br />
Bauch.<br />
Was erwartet mich dort? Ist<br />
es so, wie ich es in den Filmen<br />
gesehen habe? Wie passt<br />
Kampfkunst und Gesundheit<br />
zusammen? Dies waren Fragen,<br />
die mich beschäftigten. Angetrieben durch den Willen, meine<br />
Rückenprobleme in den Griff zu bekommen und den heißen Empfehlungen<br />
meines Bekannten, verbannte ich dies alles aus meinem<br />
Kopf und wollte es wissen!<br />
Doch es war alles ganz anders als gedacht. Ich wurde von den<br />
beiden Haupttrainern des Budokan e.V., Heinz-W. Köhnen und Carmen<br />
Köhnen, freundlich empfangen und bekam<br />
alle Informationen, die ich mir gewünscht habe.<br />
Da ich kurz vor dem eigentlichen Training erschienen<br />
war, kam ich dann auch direkt in den<br />
Genuss eines Probetrainings. Ich entschloss<br />
mich für das Taikido. Das Taikido, so wurde mir<br />
erklärt, ist eine von Heinz-W. Köhnen entwickelte<br />
Gesundheitsmethode, die sämtliche Varianten<br />
der bekannten Gesundheitssysteme enthält und<br />
durch ihn in über 30-jähriger Trainerpraxis erfolgreich<br />
angewendet wurde. Darüber hinaus<br />
erhält man auch noch wertvolle Ernährungstipps<br />
Die Wirkungsweise des Systems konnte ich<br />
dann auch direkt selbst verspüren. Keine 08/15-<br />
Gruppenbehandlung, der Teilnehmer – obwohl<br />
in der Gruppe, wird individuell behandelt und<br />
angeleitet. Ich spürte Muskeln, die ich vorher<br />
noch gar nicht kannte und merkte zum Ende der<br />
Stunde hin, wie sich alles entspannte und ein<br />
wohliges Gefühl der Mattigkeit aufkam. Gespräche<br />
mit den anderen Teilnehmern bestätigten dieses<br />
Gefühl und ich beschloss, unbedingt die<br />
nächste Stunde auch mitzumachen. Ich möchte<br />
an dieser Stelle erwähnen, dass ich nun festes<br />
Mitglied des Budokan geworden bin und auch<br />
an den anderen Angeboten des Vereins teilnehmen<br />
möchte.<br />
Alle in diesem Verein verhalten sich so, wie in einer großen Familie,<br />
nichts Befremdendes, man fühlt sich einfach von Anbeginn wohl.<br />
Dies ist sicher auf die Besonderheit der gelehrten Systeme zurückzuführen,<br />
da hier Respekt, Höflichkeit und Disziplin einen hohen<br />
Stellenwert besitzen.<br />
Ich werde mir beim Besuch der anderen<br />
Trainingseinheiten ein Bild von dem vielfältigen<br />
Angebot des Budokan machen.<br />
Angeboten werden:<br />
Taikido, das noch in Europa einzigartige<br />
Goshinryu-Kempo (Kempo ist die<br />
okinawanische Variante des Karate) – hier<br />
wird das Ursprüngliche, Rudimentäre der<br />
Kampfkunst unterrichtet – Taikijutsu (ein<br />
kompaktes Selbstverteidungssystem),<br />
Kobojutsu (dies sind die Systeme mit asiatischen<br />
Waffen), Taikibo (hierunter versteht<br />
man eine Art Fitness-Kickboxen), sowie<br />
Kickboxen (Leicht-, Semi- und Vollkontakt,<br />
sowie Thaiboxen) und Aikido. Es handelt<br />
sich bei den Systemen, die im Budokan angeboten<br />
werden, sowohl um Möglichkeiten<br />
der sportlichen Betätigung, als auch um<br />
besonders wirksame Methoden der Selbstverteidigung.<br />
Darüber hinaus ist das Budokan sehr erfolgreich<br />
in der Kinder- und Jugendarbeit,<br />
hier stehen neben der Haupttrainerin Carmen<br />
Köhnen noch zwei andere hochqualifizierte Trainer zur Verfügung.<br />
Auch einige Mütter waren mit mir im Taikido-Training und<br />
voller Begeisterung und lobten auch das „Kinder-Budo“.<br />
Der Verein verfügt über einige Räume, dadurch ist ein kontinuierliches,<br />
unterbrechungsfreies Training das ganze Jahr über möglich,<br />
und die Akteure können hier unabhängig von den Ferien ihrer Betätigung<br />
in den Kampfkünsten<br />
nachgehen.<br />
Was ich besonders angenehm<br />
empfand, war neben<br />
der freundschaftlichen/kameradschaftlichen<br />
Atmosphäre die<br />
Disziplin und der Respekt,<br />
den die Mitglieder<br />
sich untereinander entgegenbrachten.<br />
Dies sind auch Inhalte,<br />
auf die man bei Budokan<br />
sehr großen Wert legt<br />
und die – so die Aussage<br />
der Trainingsteilnehmer<br />
– heute von<br />
großer Bedeutung sind<br />
und letztendlich auch ein<br />
miteinander Arbeiten,<br />
voneinander Lernen und<br />
damit die körperliche und<br />
charakterliche Entwicklung<br />
fördern, die ja Ziel<br />
der Kampfkünste sind.<br />
Michaela
20 FREIeBÜRGER<br />
Die Bürgerrechtsgruppen La Quadrature du Net, European Digital<br />
Rights (EDRi), Netzpolitik.org und AK Vorrat fordern das<br />
Europäische Parlament auf, dem Rat des Europäischen Datenschutzbeauftragten<br />
Peter Hustinx zu folgen und einen Vorschlag<br />
zu streichen, der als „freiwillige Vorratsdatenspeicherung“ bekannt<br />
geworden ist.<br />
„Das Europäische Parlament diskutiert zur Zeit im Rahmen des<br />
‘Telekom-Pakets’ einen Vorschlag, der es Anbietern ermöglichen<br />
würde, eine potenziell unbegrenzte Menge an sensiblen, vertraulichen<br />
Kommunikationsdaten aufzuzeichnen, etwa unsere Telefonund<br />
E-Mail-Kontakte, die geografische Position unserer Handys<br />
und die von uns im Internet besuchten<br />
Webseiten“, warnt<br />
Patrick Breyer von der Datenschutzorganisation<br />
Arbeitskreis<br />
Vorratsdatenspeiche-rung.<br />
„Neben der Schaffung unüberschaubarer<br />
Datenhalden, die<br />
weit über die nach der Richtlinie<br />
zur Vorratsdatenspeicherung gespeicherten<br />
Daten hinaus gehen<br />
könnten, würde es der Vorschlag<br />
auch ermöglichen, Telekommunikationsdaten<br />
zu ‘Sicherheitszwecken’<br />
an andere Unternehmen<br />
weiterzugeben. Wir dürfen<br />
nicht zulassen, dass eine<br />
potenziell unbegrenzte Menge<br />
an vertraulichen Daten auf diese<br />
Weise Offen-legungs- und<br />
Missbrauchsrisiken ausgesetzt<br />
wird.“<br />
Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!<br />
„Für diesen Vorschlag wird unter<br />
dem Vorwand der ‘Sicherheit’<br />
Lobbying betrieben, aber was er<br />
wirklich bedeutet, ist, dass Nutzer<br />
und Bürger im Internet keine Privatsphäre mehr zu erwarten<br />
hätten“, ergänzt Ralf Bendrath von EDRi. „Dies ist ein klarer Bruch<br />
mit der Europäischen Tradition, die Privatsphäre als grundlegendes<br />
Menschenrecht zu achten.“<br />
In einem Positionspapier schloss sich der Europäische Datenschutzbeauftragte<br />
Peter Hustinx den Kritikern an und warnte, der Vorschlag<br />
schaffe ein „Missbrauchsrisiko“ und „könnte so ausgelegt<br />
werden, dass er die Erhebung und Verarbeitung von Verkehrsdaten<br />
für Sicherheitszwecke auf unbestimmte Zeit ermöglicht“.Hustinx<br />
kommt zu „dem Schluss, dass es am besten wäre, den vorgeschlagenen<br />
Artikel 6.6(a) insgesamt zu streichen“ - eine Auffassung, die<br />
La Quadrature du Net, EDRi, netzpolitik.org und der Arbeitskreis<br />
Vorratsdatenspeicherung uneingeschränkt teilen.<br />
Obwohl der Europäische Gerichtshof nun die von schwarz-rot beschlossene<br />
EG-Richtlinie zur verdachtslosen Sammlung der<br />
Verbindungs- und Standortdaten der gesamten Bevölkerung (Vorratsdatenspeicherung)<br />
vorerst nicht für nichtig erklärt hat, bleibt<br />
der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung als Initiator der Verfassungsbeschwerde<br />
optimistisch.<br />
„Die Entscheidung betrifft nur die formale Frage der einschlägigen<br />
Rechtsgrundlage und hat die Verletzung der Grundrechte durch die<br />
anlasslose Erfassung des Telekommunikations- und Bewegungsverhaltens<br />
der gesamten Bevölkerung nicht zum Gegenstand“, sagt<br />
Werner Hülsmann FIfF*-Vorstandsmitglied und aktiv im Arbeitskreis<br />
Vorratsdatenspeicherung. „Die 34.000 deutschen Beschwerdeführer/innen<br />
haben bereits beantragt, dass das Bundesverfassungsgericht<br />
den Europäischen Gerichtshof in einem zweiten Verfahren<br />
über die Vereinbarkeit der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung<br />
mit unseren Grundrechten entscheiden lässt.“<br />
Ralf Bendrath vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betont:<br />
„Die jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu<br />
Vorratsdatenspeicherung, Computerspionage und Kfz-Massenabgleich<br />
zeigen deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht dem<br />
Sicherheitswahn der Innenminister die Grundrechte entgegenhält.“<br />
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung<br />
fordert: SPD, CDU<br />
und CSU müssen das deutsche<br />
Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung<br />
aufheben und sofort<br />
den neuerlichen Plan stoppen,<br />
Anbieter zur anlasslosen Surfprotokollierung<br />
im Internet zu<br />
ermächtigen. In einem freiheitlichen<br />
Rechtsstaat ist eine anlasslose,<br />
massenhafte, computerisierte<br />
Erfassung beliebiger<br />
Personen ins Blaue hinein nicht<br />
hinnehmbar.<br />
Allgemein ist ein Stopp für<br />
neue Überwachungs- und<br />
Sicherheitsgesetze und eine<br />
unabhängige Überprüfung aller<br />
seit 1968 beschlossener<br />
Überwachungsgesetze auf ihre<br />
Wirksamkeit und schädlichen<br />
Nebenwirkungen dringend erforderlich.<br />
Eine „systematische<br />
Evaluation“ fordert inzwischen<br />
selbst der Zweite Sicherheitsbericht<br />
der Bundesregierung mit der Begründung, „ohne gesichertes<br />
Wissen lässt sich alles irgendwie rechtfertigen“.Nach den spektakulären<br />
Verfassungsbrüchen der Bundesregierung in den letzten<br />
Jahren (Lauschangriff, Luftsicherheitsgesetz, Europäischer Haftbefehl,<br />
Vorratsdatenspeicherung) brauchen wir zudem eine unabhängige<br />
Grundrechteagentur, die alle Gesetzesvorhaben schon im<br />
Planungsstadium auf ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten<br />
begutachtet.<br />
Bis zur endgültigen Entscheidung über die Vorratsdatenspeicherung<br />
rät der Arbeitskreis, sich wirksam vor einer Aufdeckung seiner persönlichen<br />
und beruflichen Kontakte und Bewegungen zu schützen:<br />
1. Nutzen Sie kostenlose und vorausbezahlte Dienste nur noch<br />
unter falschem Namen (z.B. E-Mail-Konten, Prepaid-Handykarten).<br />
Dies ist auch in Zukunft vollkommen legal.<br />
2. Nutzen Sie Anonymisierungsdienste für sensible Aktivitäten<br />
im Internet.<br />
Quelle:<br />
http://www.vorratsdatenspeicherung.de<br />
*Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung<br />
e.V.
FREIeBÜRGER 21<br />
Endlich nähern wir uns einer Erholungs-, Wasch- und sicher auch<br />
gemütlichen Schlafstätte, „Mum’s Lodge-Motel“, eine Art Gästehaus<br />
im Motel Stil. Unser Schiff blubbert in den Hafen, dass<br />
das Dröhnen unseres Hubraummonsters in den typisch U-Formmäßigen<br />
Straßenherbergen, von keinem unbemerkt bleiben konnte.<br />
Unseren mit Staub zugeblasenen<br />
Ohren kam es schon merkwürdig<br />
vor, als da plötzlich kein Laut mehr<br />
zu vernehmen war, dort, direkt vor<br />
dem Schild „Rooms“ , das grell blinkend,<br />
all die freien Zimmer kundtat,<br />
unter denen wir sogar freie Auswahl<br />
zu haben schienen.<br />
Nur die Zikaden, die dir – wo auch<br />
immer du dich nachts draußen aufhältst<br />
– mit ihrem Gezirpe/die einzelnen<br />
übrig gebliebenen Nervenstränge<br />
Stück für Stück abknabbern!/Aber<br />
das Gefühl wieder mal<br />
aus dem Wagen raus, direkt, man<br />
bemerke nachts so gegen eins, in<br />
den Backofen steigen zu dürfen,<br />
einfach einzigartig die 44 Grad!<br />
In der Wüste Nevadas - Teil 4<br />
Meine Liebe und ich schauten also nach „Mum“, die uns Obdach<br />
bieten sollte, nicht bevor wir natürlich den Sparbereich, mit hoffentlich<br />
all seinen Raffinessen aufzusuchen bereit waren. „Ich klopf<br />
mal“, sagte sie und tat dies dann auch. Vor der „Office“ Türe wartend,<br />
...klopf, klopf. Dann hörten wir sie, die Schritte Mums! war<br />
wohl eine etwas betagte Mum, weil man da eben sehr langsame<br />
Schritte, die in Richtung Türe kamen, hörte, doch sicher hätte sie<br />
hungrigen Pilgern auch etwas anzubieten, so sie endlich die Türe<br />
erreichen würde. Auch schien ihr Gang sehr unregelmäßig zu sein<br />
und naja, Mum war wohl auch ein schwerer Brummer, denn mit<br />
jedem ihrer Schritte, man konnte sie einfach nur hören, kam sie der<br />
blöden Türe ja auch näher und näher. Die Holzbohlen stöhnten<br />
immer lauter, würden wir Mum nicht im aller nächsten Augenblick<br />
erwarten, wer hätte geahnt, was da auf die Türe zuzukommen drohte!<br />
Schon statisch standen wir da, die Blicke auf die Türklinke gerichtet,<br />
die Luft anhaltend, endlich hörten wir, während es die Falle<br />
langsam, unter wirklich komischem Geräusch hinunter drückte.<br />
Selbst die Zikaden stellten in diesen Sekunden ihren ohrenbetäubenden<br />
Gesang ein, ich würde heute schwören, dass auch meine<br />
Armbanduhr kurz innehielt, um die abstürzende Fliege nicht zu übertönen.<br />
Uhhhhhhhh...!<br />
Mum hatte ’nen Vollrausch, dazu den passenden Vollbart, dem Geruch<br />
nach zu urteilen die Hosen voll und rotzte uns irgendwas entgegen,<br />
an dessen Ende nur Fragmente wie:? „...shit“ oder auch<br />
„...fuck“ zu hören waren. Nachdem wir uns die vermutlichen Reste<br />
seines Abendessens aus dem Gesicht wischten, der Fast-Tinitus<br />
nachließ und wir vernahmen, ein Zimmer zu bekommen, um die Übelkeit<br />
zu kurieren, die uns beide im Griff hatte, ging das Zweibein vor<br />
uns weg.<br />
Wir tapsten seiner Dunstglocke hinterher, direkt zu den Zimmern,<br />
das hofften wir nun endlich mal! Dann endlich öffnete „Es“, wir<br />
nennen ihn mal Leo Mc Kenzy, mit laut klirrenden Schlüsseln die<br />
vorletzte Türe, aus der der Zug der großen weiten, aber auch stinkenden<br />
Welt, in Form eines warmen Sommernachtwinds abfuhr!<br />
Es war sicher kein Problem zu warten, bis „Leo“ sich endlich verdünnisierte,<br />
um doch noch schnell den „Topf“ zu finden, in dem ich<br />
mein Frühstück platzierte. Meine Liebe war da schon tapferer, eben<br />
hart im Nehmen, hielt sie es Sekunden länger aus, da es ja auch nur<br />
einen Topf gab. Als ich der Ausscheidungskammer endlich entrinnen<br />
konnte, sah ich, einer weißen Wand gleich, das Gesicht meiner<br />
Süßen, während sie im Sprint dicht an mir vorbei, in Richtung Topf<br />
stürzte. Die Geräusche die man dann vernahm, oh backe!<br />
Als wir uns nach und nach beruhigten,<br />
die Schmach in der Wüstenkanalisation<br />
ihren Weg suchte,<br />
versuchten wir den Schlaf der<br />
Gesegneten zu zelebrieren und<br />
das bei dem draußen immer stärker<br />
werdenden Wind, der mittlerweile<br />
vor der Türe ganze Aufräumungsarbeit<br />
zu leisten schien.<br />
Nach ein paar unruhigen Stunden<br />
– keiner redet da von netten unruhigen<br />
Stunden, sondern von<br />
windigen und lauten unruhigen<br />
Stunden, sendeten unsere leer gepumpten<br />
Mägen ein deutliches<br />
Hungersignal! Futter fassen und<br />
einen starken, eher mocca-ähnlichen<br />
Nevadakaffee!<br />
Rein in die sandigen Klamotten,<br />
kurz die Bürste noch durch die Kauleiste und zwischendurch einen<br />
Blick Richtung Auto, doch das was ich dort sah, kam der Form nach<br />
schon hin, doch der hatte’ne andere Farbe!<br />
Das Sandstrahlgebläse hat in der Nacht ganze Arbeit geleistet und<br />
unser Schmuckstück, das da vorher stahlblau herkam, zu ’nem mausgrauen<br />
Haufen gemacht.<br />
„Egal, den können wir nachher ausgraben, lass uns nach Mum<br />
schauen“.Im Gänsemarsch also zum Office, doch der Kerl war nirgends<br />
zu finden. Kurz kam ich mir schon wie im „Bad Motel“ vor,<br />
fehlte wirklich nur noch der hübsche Anbau.<br />
„Lass uns verschwinden“ grummelte meine Kleine und traf damit<br />
auch meine Meinung, diese nette Ansammlung von Zimmern doch<br />
jetzt und gleich zu verlassen, notfalls ohne Cash!<br />
Das Individuum hatte nicht mal unsere Papiere einbehalten, man ist<br />
der doof! Also schnell die paar ausgepackten Sachen wieder einpacken,<br />
den Sandhaufen fahrbar machen und weg hier.<br />
Das kleine Gatter, das wir gestern gar nicht bemerkt hatten, hatte<br />
sogar ein kleines Tor und wer da jetzt raten würde, ob dies fest<br />
verschlossen war, er läge richtig!<br />
„Wo ist der Alte?“, schnaubte ich, leicht erregt und doch gleichsam<br />
ertappt, bei diesem unseren kleinen Fluchtversuch durch die Mitte.<br />
Leo Mc Kenzy kam dann auch, genau im richtigen Moment, als wir<br />
doch so bescheuert vor dem dämlichen Tor standen, sicher um uns<br />
rasch’ne wirklich gute Ausrede einfallen zu lassen, wieso wir sein<br />
Domizil so fluchtartig verlassen wollten.<br />
Diese schräge völlig unglaubwürdige Argumentation möchten wir<br />
an dieser Stelle den Lesern ersparen, auch Leo war wirklich sauer<br />
und glaubte uns sicher all unsere Worte. Nach der warmherzigen<br />
Verabschiedung und der gesalzenen Rechnung – muss wohl ’ne<br />
Art Sonderzuschlag gewesen sein – atmeten wir auf, heil aus der<br />
Nummer raus zu sein.<br />
On the Road again...<br />
Alberto
22 FREIeBÜRGER<br />
feiert seine<br />
Second-Hand-Kauf-Rausch-Party<br />
Motto:<br />
„Wenig Geld - und trotzdem chic “<br />
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am 12. März 2009 ab 19:00 Uhr<br />
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Boutique LeSac – Sedanstraße 22 – Kellerräume unter Waschbär<br />
Dienstag 15.00 – 19.00 h, Donnerstag 10.00 – 14.00 h<br />
Ein Projekt von OFF – Obdach Für Frauen – Förderverein Wohnungslose Frauen e.V.<br />
79023 Freiburg, Postfach 5631, off.freiburg@freenet.de<br />
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FREIeBÜRGER 23<br />
Umbauarbeiten<br />
Bald soll der Neukauf in der Lörracherstraße für ungefähr<br />
ein Jahr geschlossen werden. Er soll größer werden<br />
und es soll mehr Parkplätze geben.<br />
Für meinen Kollegen Markus und mich wird es eine lange<br />
Zeit sein und nicht nur, weil die Filiale ganz in meiner Nähe<br />
ist, werden wir viele nette Kunden nicht mehr sehen. Wir<br />
arbeiten jetzt seit fast ein-einviertel Jahre dort und einige der<br />
Kunden haben uns oft sehr geholfen. Sie sind uns nicht nur<br />
moralisch zur Seite gestanden, sondern sie hatten auch gute<br />
Tipps für uns, wenn es amtliche Probleme gab oder konnten<br />
uns Adressen von Institutionen geben, die einen bei Problemen<br />
unterstützen.<br />
Wir, mein Kolleg und ich, müssen uns jetzt schon einen neuen<br />
Platz suchen, wo wir unsere FREIeBÜRGER verkaufen können.<br />
Wir hoffen, dass wir dort genauso gut aufgenommen<br />
werden, wie an unserem alten Platz!<br />
Wir möchten uns herzlichst bei der Kundschaft, aber auch<br />
bei den Mitarbeitern des Neukaufs bedanken. Wir sehen uns<br />
wieder, versprochen!<br />
Gina<br />
Sonntagstreffs im März 2009<br />
1.3. 2009 St. Konrad und Elisabeth<br />
13 Uhr Pfarrsaal Emmendingerstr. 43<br />
Straßenbahn 5/ Halt Rennweg<br />
8. 3. 2009 Heilige Familie<br />
14 Uhr Gemeindehaus Hofackerstr. 29<br />
Bus 10/ Halt Hofackerstr.<br />
15. 3. 2009 St. Blasius/ Zähringen<br />
13.30 Uhr Gemeindehaus Burgdorfer Weg 15<br />
S 5 bis Endhaltestelle Zähringen<br />
Der Hartz-Vierler<br />
(In der Lehener Straße 77, Freiburg)<br />
Vom langen Warten ist sein Rücken schon<br />
so rund geworden, dass kein Hund mehr bellt.<br />
er braucht nicht so zu tun, als müsse er<br />
sich bücken, wenn ihm etwas runterfällt.<br />
Wie er so dasteht, in zerbeulten Hosen,<br />
der Haltung nach schon fast ein Greis,<br />
ist eine Nummer er im Heer der Arbeitslosen<br />
und gibt am Schalter seine Nummer preis.<br />
Doch plötzlich hellen seine irgendwie<br />
entgleisten Züge sich seltsam auf:<br />
Er rennt die Türe ein<br />
– für einen Augenblick herrscht Stille<br />
– dann schallt von drinnen lautes Schrei’n...
24 FREIeBÜRGER<br />
Veranstaltungs-Tipps zum Internationalen Frauentag<br />
China Blue – Dokumentarfilm<br />
über Textilarbeiterinnen in China<br />
USA 2005 OmU 87 Min.<br />
China Blue gibt einen konkreten, meist unsentimentalen Einblick in<br />
die Arbeits- und Lebensbedingungen von drei jungen Frauen. Sie<br />
sind Arbeiterinnen in einer chinesischen Textilfabrik. Gemeinsam<br />
mit der 17-jährigen Jasmin, die alleine vom Land in die Stadt gekommen<br />
ist, entdecken die Zuschauerinnen diese neue Welt: 14-Stunden-Arbeitstage,<br />
Überstunden, 7-Tage-Wochen, vorenthaltener<br />
Lohn, enge Wohnheime, neue Freundschaften; Versuche, durchzuhalten<br />
oder Widerstand zu leisten.<br />
Ein weiterer Strang des Filmes zeigt den Fabrikbesitzer, stolz auf<br />
das, was er sich aufgebaut hat, ignorant gegenüber den Bedingungen,<br />
unter denen die Frauen für ihn arbeiten, und unterwürfig gegenüber<br />
westlichen Firmenvertretern, die die Preise diktieren.<br />
Wer China Blue gesehen hat, entwickelt nicht nur Respekt und<br />
Mitgefühl für die Frauen, die die Kleider nähen, die wir hier billig<br />
kaufen, sondern auch mehr Wissen über Arbeitsbedingungen und<br />
globale Marktzusammenhänge.<br />
Sonntag, 8. März (Internationaler Frauentag)<br />
um 19:30 h im Kommunalen Kino Freiburg, Urachstr. 40<br />
Anschließend: Gespräch und Informationen<br />
zur „Kampagne für Saubere Kleidung“ mit Martina Backes<br />
(iz3w) und Dagmar Große (Eine Welt Forum)<br />
Weitere Termine: Di, 10.03. - 21.30 h und Do, 12.03. - 21.30 h<br />
Bilder von Hildegard Wohlgemuth<br />
AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG:<br />
Montag, 9.3. um 19.00 mit einer Lesung<br />
aus dem Pariser Tagebuch der Hildegard Wohlgemuth<br />
von Traute Hensch<br />
AUSSTELLUNGSABSCHLUSS<br />
Sonntag, 15.3. um 19.00 mit dem Film<br />
„Meine Geister, die Kinder. Ein Leben in Schizophrenie.“<br />
NDR 1994<br />
Donnerstag, 12.3. von 17.00 -19.00<br />
Schnupperworkshop Tanztherapie<br />
Veranstalterin: FrauenZimmer<br />
Suchtberatunggstelle für Frauen und Mädchen<br />
Leitung: Martina Allgäuer, Tanztherapeutin ;<br />
Anmeldung bis zum 06.03. (Tel. 32211)<br />
Eintritt: auf Spendenbasis<br />
Öffnungszeiten: Montag, 09.3. - Sonntag, 15.3.<br />
täglich, außer Mittwoch,14.00 -18.00 h<br />
FrauenLesbenZentrum e.V.<br />
Faulerstr. 20, barrierefrei<br />
Tel: 0761 - 33676<br />
www.lebenskuenstlerinnen.de
FREIeBÜRGER<br />
Aufgrund der derzeitig in Deutschland<br />
herrschenden Eiszeit, haben<br />
wir uns entschlossen, mal wieder<br />
einen Eintopf zuzubereiten. Erstens<br />
kocht der nach der Schnippelei von<br />
allein und zweitens ist das bei diesen<br />
Temperaturen das richtige Essen<br />
um sich aufzuwärmen. Nach<br />
langem Hin und Her entschieden<br />
wir uns für den Pichelsteiner Eintopf,<br />
einem klassisch deutschen Gericht,<br />
mit viel Gemüse und Rindfleisch.<br />
Der Eintopf ist übrigens eines der<br />
ältesten überlieferten Rezepte für<br />
warme Mahlzeiten, ist vor ewigen<br />
Zeiten erfunden worden, war praktisch<br />
und einfach, denn daher leitet<br />
sich ja auch der Name ab: Man<br />
brauchte für Gemüse, Fleisch und<br />
sämtliche anderen Zutaten nur einen<br />
Topf und kann darin so nach<br />
und nach alles kochen lassen.<br />
Der Pichelsteiner Eintopf hat sogar eine spezielle Geschichte, wobei<br />
es davon zwei Varianten gibt: Die erste wäre, dass in früheren<br />
Zeiten ein großer Kessel, in dem man Gemüse kocht, als „Pichel“<br />
bezeichnet wurde und daher der Name des Gerichtes abgeleitet<br />
wurde. Die zweite Episode ist allerdings glaubhafter, nämlich dass<br />
der Eintopf im bayrischen Wald am Berg Bichelstein erfunden wurde.<br />
Die Geschichte begann am 17.06.1839, als ein gewisser Landrichter<br />
Storlein aus Grafenau, Bekannte und Stadtobere zu einer<br />
Wanderung am Bichelstein einlud und man später noch in einem<br />
Gasthaus einkehrte. Da alle Beteiligten Spaß an der Sache hatten,<br />
beschloss man diese Wanderung jedes Jahr zu wiederholen. Neun<br />
Jahre später servierte die Wirtin Auguste Winkler dann statt der<br />
erwarteten Brotzeit mal etwas anderes: ein warmes Gericht mit viel<br />
Gemüse und Fleisch darin. Die Wirtin, die damals die Zutaten noch<br />
mit einem Pferdefuhrwerk auf den Berg fahren ließ, hatte noch nicht<br />
einmal einen Namen für das Gericht und da auch die Gäste das<br />
schmackhafte Essen nicht kannten, benannte man es schließlich<br />
nach dem Bichelsteiner Berg. Irgendwann kam auch Fürst von Bismarck<br />
in die Gegend und lernte diese Art von Eintopf kennen. Der<br />
schmeckte ihm so gut, dass er ihn weiter empfahl und 1894 schaffte<br />
es der „Pichelsteiner“ zum ersten Mal in ein deutsches Kochbuch.<br />
Inzwischen gibt es ihn wohl überall in Deutschland.<br />
Es ist noch Suppe da...<br />
25<br />
Nun haben eben auch wir diesen<br />
leckeren Eintopf entdeckt und beschlossen<br />
diesen mal auszuprobieren.<br />
Nach einer kurzen Absprache<br />
über die Einkaufsliste, besorgte<br />
Micky all die Zutaten, welche ich<br />
zum Kochen benötigte und schon<br />
konnte es losgehen.<br />
Die Hauptarbeit bei diesem Rezept<br />
besteht im Kleinschneiden der Zutaten.<br />
Als erstes kommt natürlich das<br />
Rindfleisch an die Reihe, weil es länger<br />
zum Garen braucht als das Gemüse.<br />
Das Fleisch wird etwas kleiner<br />
als Gulasch geschnitten und<br />
dann in einem Topf scharf angebraten.<br />
In der Zwischenzeit kann man<br />
die Kartoffeln schälen und zusammen<br />
mit dem Gemüse klein schneiden.<br />
An Gemüse kann man eigentlich<br />
alles nehmen, was der Garten<br />
oder der nächste Supermarkt so hergeben. Ich habe das herkömmliche<br />
Rezept ein wenig abgeändert und Grünzeug meiner Wahl verwendet.<br />
Ich nahm Karotten, Wirsing, Sellerie, Lauch, rote Paprikaschoten,<br />
Petersilien-wurzeln, Kohlrabi und natürlich Erdäpfel. Dazu<br />
kommen dann noch ein paar Zwiebeln und Knoblauchzehen.<br />
Nachdem die kleinen Rindfleischstücke gut angebraten sind, wird<br />
das Gemüse darüber geschichtet. Nach jeder Lage würze ich dann<br />
mit Salz und Pfeffer, wobei man statt Salz auch klare Brühe verwenden<br />
kann, das schmeckt einfach würziger. Das geht nun so weiter,<br />
bis der Topf etwa ¾ voll ist (die Größe des Topfes und die Menge<br />
der Zutaten richtet sich nach der Anzahl und dem Hunger der Mitesser).<br />
Nun habe ich das Ganze ein wenig schmoren lassen und<br />
dann immer wieder mit der inzwischen vorbereiteten Fleischbrühe<br />
übergossen. Dabei habe ich normale Rindfleischbrühwürfel genommen,<br />
denn durch das Anbraten des Fleisches konnte ja keine Brühe<br />
entstehen.<br />
Jetzt lasse ich den Topf etwa eine Stunde auf dem Herd vor sich<br />
hinköcheln und dann ist er auch schon fertig unser Pichelsteiner<br />
Eintopf! Jetzt muss ich ihn nur noch probieren und eventuell etwas<br />
nachwürzen.Dazu reicht man am besten frisches Brot oder Baguette.<br />
Guten Appetit und bis zum nächsten Mal!<br />
Euer Didi
26 FREIeBÜRGER<br />
Hallöchen, liebe Sportfreunde<br />
endlich haben wir März und können darauf hoffen, dass das Winterwetter<br />
so allmählich zu Ende geht. Ist zwar noch nicht viel zu merken<br />
davon, deswegen habe ich mir in letzter Zeit den Sport auch<br />
lieber im Fernsehen angeschaut, als mich draußen zu bewegen. Aber<br />
vor der Glotze gab es im letzten Monat ja auch jede Menge an<br />
sportlichen Sachen zu erleben.<br />
So zum Beispiel die Fußball-Bundesliga, die endlich ihren Winterschlaf<br />
beendet hat und nun in die (hoffentlich spannende) Rückrunde<br />
gestartet ist. Die ersten vier Spieltage waren jedenfalls an<br />
Dramatik nicht zu übertreffen, man könnte fast glauben, der längst<br />
verstorbene Alfred Hitchcock hätte das Drehbuch dafür geschrieben.<br />
Jede Woche gibt es einen neuen Tabellenführer und die ersten<br />
sechs Mannschaften sind nur 6 Punkte auseinander. So spannend<br />
war es seit Jahren nicht. Vor allem die Spitze der Tabelle, Hamburg<br />
vor Hoffenheim und Berlin, hätte vor der Saison außer Wahrsagern<br />
wohl kein Mensch erwartet.<br />
Jeder erwartete doch die Ära Klinsmann, in der die Bayern im Spaziergang<br />
jeden Titel holen, zumindest war es so in etwa angekündigt!<br />
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!<br />
Auf jeden Fall ist die Chefetage bei Deutschlands Vorzeige-Club zur<br />
Zeit nicht sehr amüsiert, denn Tabellenplatz vier in der Bundesliga<br />
würde ja nicht zur Teilnahme an der Champions-League berechtigen<br />
und das war Pflicht, genau wie der Meistertitel, den man sich ja<br />
eigentlich nur abholen brauchte. Aber wenn ich bedenke, dass die<br />
Bajuwaren in der Rückrunde von vier Spielen gleich drei verloren<br />
haben, kommen mir doch arge Zweifel über die Leichtigkeit dieses<br />
Vorhabens! Und wenn man dann noch sieht, wie der FCB kürzlich<br />
zu Hause gegen Köln (!) verloren hat, kann man auch ein paar Wochen<br />
nach Weihnachten davon ausgehen, dass in München der<br />
Baum (wieder) brennt! Ich glaube Hoeneß, Rummenigge & Co. werden<br />
sich das wohl nicht mehr lange mit anschauen, wie die Millioneninvestition<br />
FC Bayern München den Bach runter geht, denn Finanzpleiten<br />
gab es ja in letzter Zeit genug! Na ja mal sehen, wie lange der<br />
schwäbische Bäckerbursche noch Trainer in Bayerns Hauptstadt<br />
bleibt, bis er wieder zurück nach Kalifornien darf? Angesichts der<br />
nächsten drei Spiele die innerhalb einer Woche anstehen, nämlich<br />
in Lissabon in der Königsklasse Europas, in Bremen in der Bundesliga<br />
und dann in Leverkusen im Pokal, könnte sein Umzug wohl<br />
doch schneller erfolgen als er erwartet! Aber er behauptet ja seit<br />
einem Jahr, dass er jeden Spieler jeden Tag etwas besser machen<br />
will (?). Mach so weiter, Jürgen – du bist auf dem richtigen Weg!<br />
Aber wie schon erwähnt, die eigentlichen Überraschungen bleiben<br />
die drei Mannschaften, die vor den Bayern platziert sind. Nun gut,<br />
der Hamburger SV und Hertha BSC gehören jetzt nicht unbedingt<br />
zu meinen Lieblingsmannschaften in der Liga, aber solange die vor<br />
den Nobelkickern aus dem Freistaat stehen, soll es mir doch recht<br />
sein. Imponierend ist vor allem, wie klammheimlich sich die Berliner<br />
nach vorn geschlichen haben, auf die hätte doch zu Saisonbeginn<br />
keiner einen Pfifferling gesetzt! Ich hoffe nur, die bleiben auch da<br />
oben und vermasseln Beckenbauers Dream-Team den Einzug in die<br />
Champions-League!<br />
Auch der Herbstmeister aus dem beschaulichen Dorf Hoffenheim<br />
steht in der Tabelle immer noch vor den Münchnern und das ist gut<br />
so! Zwar schwächeln die Nordbadener zurzeit ein wenig, denn die<br />
haben in der Rückrunde auch erst 5 Punkte eingefahren, aber der<br />
von vielen erwartete komplette Absturz ist nicht erfolgt. Leider sind<br />
sie in diesem Jahr ein wenig vom Pech verfolgt. Zuerst verlieren sie<br />
ihren Top-Torjäger, dann ihre Sympathien bei den Gegnern, weil sie<br />
angeblich unfair spielen und dann kommt auch noch ein Dopingskandal<br />
dazu. Mehr braucht man ja eigentlich gar nicht um Meister<br />
zu werden. Ein Witz ist allerdings wirklich die Sache mit den „gedopten<br />
Spielern“, die ja eigentlich gar keine Mittelchen eingenommen<br />
haben. Der Sachverhalt war folgender: Zwei Spieler des Aufsteigers<br />
wurden zur Dopingkontrolle auserwählt, was ja völlig in<br />
Ordnung war. Nun sind die beiden aber erst zu den Fans, welche<br />
mitgereist waren, gelaufen und haben sich dort feiern lassen. Danach<br />
gingen sie kurz in ihre Kabine, um das verschwitzte Trikot in<br />
ein frisches umzutauschen und kamen demzufolge etwa 10 Minuten<br />
zu spät bei den Kontrolleuren an, was dann gleich als Vergehen<br />
gegen die Dopingbestimmungen ausgelegt wurde. Das entspricht<br />
ja den Bestimmungen der WADA, der Antidoping-Agentur, aber
FREIeBÜRGER 27<br />
was zum Teufel soll das? Erstens bringen irgendwelche<br />
Pillen einem Fußballer gar nichts,<br />
er kann wohl schneller laufen, aber nicht besser<br />
spielen! Denn das Kicken muss man im Blut<br />
haben, nicht die Medikamente! Zweitens:<br />
Wenn nach zehn Minuten die Probe negativ<br />
ausfiel, was gibt es dann daran zu bemängeln?<br />
Wie kann man in dieser relativ kurzen Zeit seinen<br />
Urin manipulieren? Und Drittens: Hätte es<br />
solch einen Aufstand gegeben, wenn es sich<br />
um zwei Spieler vom FC Beckenbauer gehandelt<br />
hätte?<br />
Meiner Meinung nach dreht es sich hier um<br />
einen Aufstand der Großen gegen einen Kleinen.<br />
Man kann einfach nicht einsehen, dass<br />
sich ehrliche Arbeit auszahlt, anders ist ja nicht<br />
zu erklären, dass alle meinen, die Nordbadener<br />
wären mit Dietmar Hopp seinem Geld nach oben<br />
katapultiert worden. Denn wenn man bedenkt,<br />
was die Hoffenheimer in junge Spieler investiert<br />
haben, um diese dann auszubilden und<br />
was die Bayern für Superstars ausgegeben haben,<br />
kann man doch beim Aufsteiger nicht vom<br />
Kauf einer Mannschaft reden, oder?<br />
Jedenfalls droht den beiden „Dopingsündern“ jetzt eine Sperre von<br />
einem Jahr und über die Wertung diverser Spiele, an denen die<br />
beiden teilnahmen, wird auch noch mal entschieden. Ich finde es<br />
einfach lächerlich!<br />
Über meine Schalker brauche ich diesmal gar nichts zu schreiben,<br />
denn es hat sich nichts geändert. Die krebsen immer noch im Mittelfeld<br />
herum, ohne irgendwelche Möglichkeiten noch in das internationale<br />
Geschäft, also die Europapokal-Plätze zu kommen. Na ja, die<br />
Chancen auf einen Abstieg sind dafür genauso aussichtslos!<br />
Wenigtens hat es im Derby gegen Lüdenscheid zu einem Unentschieden<br />
gereicht, aber einen Aufreger gab es trotzdem wieder. Der<br />
Doofmunder Boateng grätschte nach einer Viertelstunde in die Beine<br />
unseres Kapitäns und verletzte ihn so, dass er vom Rasen getragen<br />
wurde. In meinen Augen war das versuchter Totschlag, aber<br />
der Schiedsrichter gab nur Gelb. Hinterher bei der Spielanalyse sagte<br />
Fernseh- und Fußballexperte Olaf Thon, das wäre klar rot gewesen,<br />
wo er auch Recht hat! Und dann kam der Lüdenscheider Trainer<br />
Klopp (welchen ich bis dahin sehr sympathisch fand) und meinte,<br />
er habe wohl gesehen, dass es ein Foul war, aber das vom Gegner<br />
eine rote Karte eingefordert würde, fände er unfair! Bitte!? Wer<br />
hat denn wem was getan?<br />
Noch schlimmer hat es Werder Bremen erwischt. Der Meisterschafts-<br />
Anwärter liegt nur auf dem 11. Platz und hat zur Tabellenspitze<br />
bereits 15 Punkte Rückstand, irgendwas läuft bei denen in dieser<br />
Saison wohl falsch? Aber egal, ich wünsche ihnen, dass endlich der<br />
Knoten platzt und zwar an diesem Wochenende, wenn sie daheim<br />
gegen die Bayern spielen. Lasst euren Frust endlich raus und<br />
schießt die Bayern aus dem Stadion und den Klinsmann nach Kalifornien!<br />
Viel erfreulicher geht es da doch in Liga zwei zu, denn da steht nach<br />
wie vor der Sportclub Freiburg an der Tabellenspitze und kommt<br />
Woche für Woche dem Aufstieg ein Stück näher. Nach vier Jahren<br />
wird es ja auch endlich mal wieder Zeit, dass wir hier Erstliga-Fußball<br />
zu sehen bekommen. In der Rückrunde gab es jetzt in vier Spielen<br />
4 Siege und daran gibt es ja nichts zu kritisieren, ich hoffe nur,<br />
dass es noch eine Weile so weiter geht!<br />
Auch meine geheime Liebe, der FC St. Pauli, hat sich gemausert,<br />
steht inzwischen auf Rang 8, hat aber nur fünf Punkte Rückstand<br />
auf die Aufstiegsplätze.<br />
Unsere Nationalmannschaft hat ja in diesem<br />
Jahr auch schon wieder „gespielt“ und dabei<br />
ganz knapp mit 0:1 verloren. Kann ja mal passieren,<br />
gegen Argentinien oder Brasilien oder<br />
so, aber Gott verdammt der Gegner hieß Norwegen<br />
und das war auch noch ein Heimspiel!<br />
Das war mit Abstand die schlechteste Leistung<br />
der deutschen Elf, die sie in den letzten Jahren<br />
dem zahlenden Zuschauer zugemutet haben!<br />
Wenn man die Vorwärtsbewegungen der Truppe<br />
gesehen hat, hätte man meinen können, eine<br />
Schnecke wäre ein Eilzug! Von Einsatz oder gar<br />
Engagement war gar nichts zu beobachten. Klar<br />
man kann sagen, es ging dabei um nichts, aber<br />
bald steht wieder die WM-Quali an und so brauchen<br />
die da gar nicht erst anzutreten. Das soll<br />
es mal gewesen sein vom Fußball, ich habe mich<br />
ja inzwischen genug darüber aufgeregt.<br />
Aber in den letzten Wochen gab es ja noch<br />
genügend Wintersport und da sind die deutschen<br />
Athleten mal wieder positiv aufgefallen.<br />
Nein, keine Angst, nicht doping-technisch,<br />
sondern durch Leistungen! Das mit dem Doping<br />
waren die Russen beim Biathlon und da gab es ja wirklich<br />
richtig Ärger. Zu Beginn der Weltmeisterschaften wurden bei drei<br />
russischen Sportlern eine gewisse Substanz festgestellt und nach<br />
dem auch die B-Probe positiv ausfiel, durften sie nach Hause fahren.<br />
Ist ja nichts Neues im modernen Leistungssport, aber trotzdem<br />
traurig. Noch schlimmer ist, dass der Verband aus Russland sich<br />
weigert, eine konkrete Stellungsnahme abzugeben. Egal, die WM<br />
war spannend und mit dem Norweger Björndalen und unserer Kati<br />
Wilhelm gab es ja dann auch noch zwei wirkliche Skikönige, denn<br />
beide sind mit vier Medaillen abgereist.<br />
Überraschend war auch die WM der alpinen Skiartisten, bei der die<br />
deutschen eine Woche hinterherliefen, um dann an den letzten beiden<br />
Tagen noch zweimal Gold zu holen. Solch ein Ergebnis gab es<br />
seit zig- Jahren nicht mehr!<br />
Die nordische Ski-WM läuft auch, aber da haben die deutschen<br />
Sportler bisher enttäuscht. Sieht man mal vom Freiburger Martin<br />
Schmitt ab, welcher in diesem Jahr sein Comeback feiert und beim<br />
Springen von der Normalschanze immerhin 5. wurde. Schade, ich<br />
hätte ihm eine Medaille gegönnt!<br />
Na ja, soviel mal für heute, bis zum nächsten Mal.<br />
Ciao<br />
Carsten
28 FREIeBÜRGER<br />
Die Arbeit beim FREIeBÜRGER ist vielfältig: Bürotätigkeiten<br />
und das Erstellen der Straßenzeitung lässt sich längst nicht mehr<br />
durch ehrenamtliche Kräfte allein bewerkstelligen. Deshalb suchen<br />
wir seit Jahren Möglichkeiten, unseren Mitarbeitern ihre<br />
Arbeit zu finanzieren. Seit dem 3.11.haben wir nun mit Unterstützung<br />
der ARGE Freiburg den 3. Arbeitsplatz eingerichtet. Für<br />
unseren mildtätigen Verein ist es nicht einfach, die Kosten für<br />
diese Arbeitsplätze aufzubringen. Deshalb suchen wir Menschen,<br />
die unsere Arbeit zu würdigen wissen und die Finanzierung dieser<br />
Jobs unterstützen wollen.<br />
Werden Sie Arbeitsplatz-Pate bei uns!!!<br />
Im Augenblick werden die Arbeitsplätze durch Werbeeinnahmen,<br />
Spenden und zum Teil durch Verkaufseinnahmen finanziert. Unser<br />
Dank geht an unsere Werbekunden, unsere Spender und Sponsoren<br />
und die Käufer unserer Straßenzeitung!<br />
Uli<br />
ist seit Einführung der Hartz IV-Gesetze als Chefredakteur/Fotograf<br />
bei uns beschäftigt und zusätzlich zur Monatskarte erhält er für<br />
seine Arbeit ein Nettogehalt von 360,51 Euro. Weil Uli in der Wagenburg<br />
Biohum lebt, zahlt er nur 50,- Euro Miete und ist daher mit<br />
seinem kleinen Gehalt zufrieden. Der Vorteil für uns alle beim<br />
FREIeBÜRGER ist auch wie für ihn: Er kann hier seinen Interessen<br />
nach sinnvoller Arbeit nachgehen, damit über eine sozialversicherte<br />
Tätigkeit sein eigenes Einkommen erzielen und muss sich nicht von<br />
der ARGE abhängig machen, zumal er als Mensch in seinem Alter<br />
auf dem heutigen Arbeitsmarkt keine reale Chance mehr hätte, einen<br />
Job zu bekommen.<br />
Carina<br />
ist allein erziehende Mutter von zwei Kindern und beim FREIeBÜR-<br />
GER für das Layout verantwortlich. Damit sie und ihre Familie komplett<br />
von der ARGE unabhängig wären, müsste sie mindestens<br />
Job-Paten gesucht!<br />
1300,- Euro netto verdienen. Da wir dies aber nicht finanzieren konnten,<br />
hatten wir sie zuerst über einen so genannten Mini-Job beim<br />
FREIeBÜRGER beschäftigt, um wenigstens einen Teil ihres enormen<br />
Arbeitsaufwandes zu bezahlen. Glücklicherweise konnten wir<br />
diesen Mini-Job im Oktober 2007 in eine Teilzeitstelle mit 25 Wochenarbeitsstunden<br />
aufstocken und diesen auch für das nächste Jahr<br />
sichern. Carina ist nun mit einem Gehalt von 650,- Euro netto beim<br />
FREIeBÜRGER beschäftigt.<br />
Micky<br />
machte bei uns zweimal einen 2-Euro-Job. Im Anschluss an die zweite<br />
Maßnahme konnten wir ihn dank Unterstützung durch die Beschäftigungsförderung<br />
„JobPerspektive“ am 3. November bei uns anstellen.<br />
Er bekommt für seine Vollzeit-Beschäftigung 900,- Euro netto.<br />
Er ist beim FREIeBÜRGER für die Anzeigen-Akquise und die<br />
Kundenbetreuung verantwortlich, schreibt redaktionelle Beiträge,<br />
kümmert sich auch um alltägliche Sachen wie z.B. Zeitungsausgabe<br />
an Verkäufer. Die ARGE übernimmt im Rahmen von „JobPerspektive“<br />
75 % der Bruttokosten, 331,- Euro müssen vom Verein aufgebracht<br />
werden. Für ihn ist die Anstellung ein erster Schritt weg von der<br />
ARGE und ihren Auflagen, er hofft, dass in Zukunft irgendwann<br />
auch sein Arbeitsplatz ohne die Zuschüsse durch das Amt finanzierbar<br />
sein wird.<br />
So liebe LeserInnen, vielleicht konnten wir Sie ja überzeugen, unser<br />
Arbeitsplatzkonzept finanziell zu unterstützen, wobei wir Ihnen als<br />
Gegenleistung Folgendes anbieten können: Die monatliche Herausgabe<br />
des FREIeBÜRGER und wenn Sie möchten, werden Sie in<br />
unserer Zeitung monatlich als Arbeitsplatz-Pate erwähnt. Außerdem<br />
können Sie dann mit Stolz von sich selbst behaupten, dass SIE<br />
– im Gegensatz zu den Politikern und ihren meist leeren Versprechen<br />
– direkt und konkret Arbeitsplätze ausbauen und erhalten,<br />
über deren Entwicklungen Sie sich zudem jederzeit vor Ort ein eigenes<br />
Bild machen können.<br />
Sollten Sie weitere Fragen haben, rufen Sie uns einfach zu unseren<br />
Bürozeiten unter 0761 / 319 65 25 an oder schicken uns eine<br />
E-Mail. Als mildtätiger Verein können wir Ihnen auch eine<br />
Spendenbescheinigung für das Finanzamt ausstellen.<br />
BISHERIGE ARBEITSPLATZ-SPONSOREN SIND:<br />
M. Riem, Freiburg<br />
OFF (Obdach Für Frauen) Freiburg<br />
Hendrijk Guzzoni (LisSt) Freiburg<br />
I. von Boetticher, Bad Krozingen<br />
U. Schäfer, Freiburg<br />
B. und M. Assies<br />
+ 4 weitere Sponsoren (auf Wunsch ungenannt)
FREIeBÜRGER 29<br />
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIEL-RÄTSEL:<br />
von<br />
Carina<br />
1. Flauschiger Abwasch-Erlediger<br />
2. Ein Schmuckstück mit Metzgereiprodukten<br />
3. Obst-Wichte<br />
4. Chinesisches Essbesteck für<br />
Wasserbewohner<br />
5. Lebensabend-Prophylaxe<br />
6. Puste-Unstärke<br />
7. Ein Joint, um Substanzen zurückzuhalten<br />
8. Sitzgelegenheit für Briefzustellung<br />
9. Eine Salbe für den Knast<br />
10.Markenpapiertaschentuch für ein<br />
wirbelloses Weichtier<br />
LÖSUNGSWORT:<br />
ZU GEWINNEN:<br />
für das korrekte Lösungswort<br />
1.- 3. Preis: ACHTUNG - DIESMAL<br />
je 1 CD von STIMMGEWITTER !!!<br />
UND:<br />
Im Dezember 2009 wird von ALLEN korrekten Einsendungen<br />
ein zusätzlicher Gewinner gezogen, der eine<br />
besondere Überraschung erhält!!!<br />
EINSENDESCHLUSS:<br />
ist diesmal der 23. März 2009 !<br />
(es gilt das Datum des Post-Stempels bzw. der Email!)<br />
Unsere Postanschrift findet ihr im Impressum auf<br />
Seite 2! E-Mails NUR mit Adressen-Angabe !!!<br />
Teilnahmeberechtigt: sind alle, außer die Mitglieder des Redaktions-<br />
Teams! Wenn es mehr richtige Einsendungen als Gewinne gibt, entscheidet<br />
das Los! Der Rechtsweg ist ausgeschlossen!<br />
Fett-umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben<br />
des endgültigen Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen.<br />
Sind pro Einzel-Lösung mehrere Kästchen fett umrandet, sind<br />
diese Buchstaben identisch! Alles klar?! Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Hallöchen liebe Rätselbande,<br />
freut mich, dass ihr immer so zahlreich mitmacht! ☺ Obwohl ich nicht<br />
so der Mensch bin, der groß vor der Glotze abhängt, bleibt es nicht<br />
aus, dass sich trotzdem etwas recht schnell ins Gedächtnis einnistet, selbst<br />
wenn man vergesslich ist oder wegschaltet - schließlich werden für eben diesen<br />
Effekt Unsummen ausgegeben. Diese bekomme ich übrigens hierbei nicht und<br />
es liegt mir fern, genau das mit meinen Begriffen zu bezwecken: Richtig: es<br />
dreht sich diesmal alles um die Werbung - aber nur weil’s schee, äh Spaß macht!<br />
VIEL<br />
GLÜCK!<br />
LÖSUNGSWORT der letzten Ausgabe: SCHAUSPIEL<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1.KUNSTSTOFF, 2. STREICHORCHESTER, 3. AFFEN-<br />
THEATER, 4. KRAFTAKT, 5. TRAUMTAENZER,<br />
6.KAMMERSPIELE, 7. OPERNGLAS, 8. AUFTRITT,<br />
9. EIERTANZ, 10. GENERALPROBE<br />
Gewonnen haben: (aus 44 korrekten Einsendungen)<br />
L. Gräf, Freiburg<br />
U. Grödel, Freiburg<br />
C. Pochmann, Denzlingen<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !!!<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt!
30 FREIeBÜRGER<br />
H. M. Schemske<br />
Magic Island<br />
Nur hier im Vorabdruck!<br />
Der neue Kriminalroman erscheint<br />
in Fortsetzungen und nur bei uns!<br />
Wolf Hammer kam endlich dazu, die Briefe zu lesen. Er ließ das dicke<br />
Bündel Umschläge durch seine Finger gleiten. Das meiste davon<br />
war Reklame, aber ein Umschlag erregte seine Aufmerksamkeit. Er<br />
drehte ihn um, seltsam, die Rückseite war braun, zumindest auf den<br />
ersten Blick schien es so. Beim genauen hinsehen merkte er, dass<br />
ein zweiter Umschlag an der Rückseite fest hing. Vielleicht hatte es<br />
geregnet, als der Briefträger die Post aus seiner Tasche nahm, um<br />
sie in den Briefkasten zu stecken, und das braune Papier des zweiten<br />
Briefes blieb durch die Feuchtigkeit am ersten kleben.<br />
Er öffnete den braunen, festen Umschlag und schaute dabei nach<br />
der Adresse, aber Regen hatte die Tinte abgewaschen. Innen war<br />
ein kleines, dünnes Buch aus hartem, schwarzem Leder. Es war voll<br />
von Zahlen, Adressen, Codes, und Abkürzungen. Ein Name, Dietmar<br />
Eckert, Buenos Aires, 901 Cavientes Avenue, fiel ihm ins Auge.<br />
Dicht dabei stand eine zweite Adresse, diesmal in der Schweiz. Es<br />
handelte sich um eine Bank, die Credit-Suisse in der Lauterenstraße,<br />
Basel. Darunter stand in noch enger gekritzelter Handschrift, eine<br />
lange Zahlenfolge, offensichtlich ein Code. Wem gehörte das Notizbuch,<br />
war das sein eigener Name, oder was immer, Wolf rätselte<br />
schwer.<br />
Es war schon weit nach Mittenacht, als Wolf nach dem Handy griff<br />
und mit Deutschland telefonierte. Duft-Michel, rief er, als sein Freund<br />
sich meldete, hast du was zum Schreiben? Er diktierte ihm den Namen,<br />
den Code und die Daten der Basler Bank. Dann bat er ihn da<br />
mal nachzuforschen. Er fand, dass Duft-Michel ein wenig müde<br />
wirkte. Wie spät isses denn? Sechse, morgens, gähnte Duft-Michel.<br />
Deshalb bist du so müde. Hier ist es etwa ein Uhr, also, geh<br />
wieder schlafen, sagte Wolf. Es konnte ebenfalls nicht einschlafen,<br />
die Ereignisse drehten sich in seinem Kopf. Er öffnete die Minibar<br />
und trank ein Kubuli. Das half.<br />
***<br />
Auch Duft-Michel im fernen Deutschland konnte nicht wieder einschlafen.<br />
Er stand auf, duschte, trank im Stehen einen Kaffee und<br />
rief ein Taxi. Er kam gerade rechtzeitig zum Bahnhof, um einen ICE<br />
nach Basel zu erwischen und erreichte die Bank, als deren gläserne<br />
Türen sich gerade öffneten. Ohne Probleme ging ein Angestellter<br />
mit ihm in den großen Tresorraum im Untergeschoss, nachdem er<br />
die Adresse und den Code auswendig vortrug.<br />
In dem nüchternen Raum gab es nur Reihen von Schließfächern,<br />
jedes mit einer eingeprägten Nummer. Bevor der Bankmensch ihn<br />
Über den Helden ist nicht viel bekannt,<br />
er heißt Wolf Hammer und er ist Esoteriker,<br />
er hält Vorträge an Wochenend-<br />
Seminaren, die von gut betuchten<br />
Interessierten besucht werden.<br />
Siebte Folge<br />
Der Veranstalter dieser Seminare ist<br />
leider ein Tunichtgut, der unseren Helden<br />
eher schmal hält und ihm die<br />
Früchte seiner Arbeit nicht gönnen<br />
will. Unter der Woche hat Hammer<br />
frei, und da spaziert er in Freiburg auf<br />
der Kajo herum. Wie man hört, mit geschlossenen<br />
Augen.<br />
Was da alles passieren kann, erfahren<br />
Sie gleich, nach der Werbung!<br />
verließ, deutete er auf ein Telefon, das auf einem Tischchen in der<br />
Mitte des Raumes stand. Wenn Sie abheben, sind Sie mit unserer<br />
Telefonzentrale verbunden, die können Ihnen auch eine außerschweizerische<br />
Nummer geben, sagte er, und zeigte Duft-Michel<br />
noch im Weggehen das Schließfach mit derselben Nummer, die er<br />
eben auswendig gelernt hatte.<br />
Duft-Michel stand alleine im Tresorraum und wartete. Mit einem<br />
leisen Klicken öffnete sich das Fach. Er schrak auf und sah hinein.<br />
Ein sanftes Glühen, ein matter Schein aus rötlichem Gelb, sanft abgerundete<br />
Ecken aus glänzendem Metall sammelten das Licht der<br />
Neonröhren an der Decke und warfen es zurück in seine Augen. Es<br />
war Gold, eine Menge Gold. Reihen von Barren, aufeinander gestapelt,<br />
und als er seinen Kopf darüber beugte, bemerkte er die winzigen<br />
Gravierungen der rechtshändigen Swastika.<br />
In dem geräumigen Schließfach waren Hunderte Barren, Feingold,<br />
999,90, 1000 g, oben prangte ein Sonne-Mond-Zeichen, in der Mitte<br />
das Hakenkreuz. Es war Nazi-Gold, oder besser gesagt, jüdisches<br />
Gold, denn die Juden hatten ihr Leben und ihr Vermögen verloren<br />
an die erbarmungslosen Massenmörder in Hitlers Auftrag.<br />
Was sollte er tun, überlegte er und geistesabwesend nahm er einen<br />
in die Hand und völlig gedankenlos steckte er ihn in die linke hintere<br />
Hosentasche. In einem totalen Blackout nahm er noch einen und<br />
steckte ihn in hinten rechts rein. Dann zückte er sein Handy und<br />
fotografierte die übrig gebliebenen Barren. Hier unten bekam das<br />
Handy keine Verbindung, er steckte es wieder ein und nahm den<br />
Hörer des Telefons auf dem Tischchen. Er ließ sich mit seiner Zeitung<br />
verbinden, der Freiburger Straßenzeitung FREIeBÜRGER.<br />
Danach telefonierte er noch mit weiteren Zeitungen, der Badischen<br />
Zeitung aus Freiburg, mit dem Spiegel, und mit der Bild-Zeitung.<br />
Dann ließ er sich mit einer Nummer in USA verbinden. Das Büro<br />
von Eli Rosenbaum, Direktor des U.S. DOJ Office of Special<br />
Investigations (OSI), des amerikanischen Büros zur Aufklärung von<br />
Naziverbrechen im Auftrag des Justizministeriums. Eine Sekretärin<br />
erklärte ihm, er könne Rosenbaum nicht sprechen, er sei in Deutschland.<br />
Wo, fragte er und sie wiederholte, in DEUTSCHLAND! Duft-<br />
Michel erklärte es noch mal. Ah, rief sie belustigt, er ist in Karlsruhe,<br />
beim Bundesverfassungsgericht, aber was würde Ihnen das helfen,<br />
er ist frühestens nächste Woche zurück. Eine Menge, meinte er,<br />
geben Sie mir seine Handynummer, bat Duft-Michel.<br />
Der Nazijäger Rosenbaum aus den USA hörte ihm genau zu, unterbrach<br />
kein einziges Mal, schrieb sich Duft-Michels Kontakte auf,
FREIeBÜRGER 31<br />
die er soeben angerufen hatte und versprach noch am selben Nachmittag<br />
anzurufen, vermutlich nachdem er die Kontakte Duft-Michels<br />
bei den Zeitungen und in der Bank gecheckt hatte. Schließlich<br />
rief Duft-Michel noch Wolf Hammer an und erzählte ihm die<br />
Ergebnisse seiner Nachforschungen.<br />
Wolf hörte zu und sagte dann leise, aber deutlich, ich weiß, du bist<br />
in erster Linie Journalist, aber bitte wirf nun einen zweiten Blick ins<br />
Schließfach, und schau dich mal genau da drin um. Zu seinem eigenen<br />
Erstaunen fand Duft-Michel hinter den Barren ein altmodisch<br />
aussehendes Sparbuch. Er las alles darin laut vor, während Wolf<br />
lauschte. Danach gebrauchte Wolf seine geheime Stimme, damit<br />
sein Freund auch gehorchte.<br />
***<br />
Wolf Hammer erwachte mit einem inneren Stirnrunzeln. Es war lange<br />
nach Mitternacht, aber ein Gefühl schwerer Verantwortung drückte<br />
ihn. Wie lange würde es dauern, bis das Geld auf seinem neuen<br />
Konto war, und konnte eine Summe dieses Ausmaßes so schnell<br />
und leicht transferiert werden, wie der Angestellte der Schweizer<br />
Bank Duft-Michel versprochen hatte? Das Geld würde über den<br />
Ozean und durch verschiedene Banken gehen, einschließlich so<br />
zweifelhafter Plätze wie die Cayman Inseln, Lichtenstein und Monaco.<br />
Konnte eine Summe von zwei Millionen Dollar unauffällig nach<br />
Antigua verschoben werden? Die anderen achtzehn Millionen, die<br />
auf dem altmodischen Sparbuch gewesen waren, hatte er dem World<br />
Jewish Congress (WJC), einer internationalen Gesellschaft jüdischer<br />
Gemeinden und Organisationen in New York City, USA, überwiesen.<br />
Seinen Betrag betrachtete er als Finderlohn und hatte ihn bereits<br />
stillschweigend abgezogen. Er wusste nicht, wie viel das Gold<br />
wert war, das er ebenfalls gespendet hatte und er wusste auch nichts<br />
von den zwei Barren in Duft-Michels hinteren Hosentaschen.<br />
Wo war der Fehler, dachte Wolf. Er versuchte sich vorzustellen, wie<br />
der Schatz seinen Weg nach Antigua nahm, wie er sein neues Konto<br />
erreichte, und die neue Kreditkarte gewaltig auffüllen würde, die<br />
seinen neuen Namen trug. Sein neuer Name, das war es, wurde ihm<br />
plötzlich klar. Was wäre, wenn der echte Torres nach seinem Konto<br />
sähe? Wie konnte er so dumm sein, schimpfte Wolf mit sich selbst,<br />
das Leichteste wäre ein anderes Konto, ein Geschäftskonto für ihn<br />
als Torres, neben dem Privatkonto seines jetzt auf dem Luxusdampfer<br />
schippernden Kollegen mit der Sonnebrille und dem Leinenanzug<br />
und der deutschen Freundin.<br />
Er musste unbedingt dieses neue Geschäftskonto haben, zusammen<br />
mit einer neuen Gold-Card und einem neuen Passwort. Aber<br />
wie ein neues erstellen ohne das alte zu kennen? Er langte zum<br />
Nachttischchen an der Seite seines Hotelbettes und krallte sich<br />
sein Handy. Manuela, raspelte er fleißig Süßholz, hast du schon<br />
geschlafen? Ah, Wolfie, krähte sie, nein, wir waren spielen, im Casino,<br />
und jetzt im Moment bin ich mir die Nase pudern, für kleine Mädchen,<br />
kicherte sie. Wolfie, äh, mein neuer Freund, ich meine der, äh,<br />
sie unterbrach sich, plötzlich unsicher geworden. Wolf gebrauchte<br />
seine Stimme, um sie zu beruhigen. Wo ist er, fragte er noch mal.<br />
Ich denke, er ist völlig zu, hat viel verloren, ich kriege ihn jetzt nicht<br />
wach, antwortete die Freiburger Esoterik-Expertin. Verschaffe mir<br />
seine Bankdaten, sie werden in einem kleinen Buch in seiner Innentasche<br />
oder als Code in seinem Handy sein, verlangte Wolf. Du<br />
hast sein Handy und er hat dein Handy, erinnerte sie ihn maliziös.<br />
Das hatte Wolf übersehen. Während er auf sie einredete, tippte er<br />
sich durchs Handy. Kein Code. Schau nach dem Notizbuch, befahl<br />
er.<br />
Wie kann ich das, es wäre ein Vertrauensbruch, widersprach Manuela.<br />
Wolf fragte, seid ihr in einem Zimmer und habt ihr das andere<br />
als Wohnzimmer? Ah, und er ist so nett, er schließt die Verbindungstüre<br />
nie ab, quietschte Manuela. Liebt er dich, fragte Wolf. Mmh, ja,<br />
murmelte sie. Und du bist Langschläferin, nicht wahr? Und schaut<br />
er nach dem Zimmermädchen? Sie wurde still. Wolf fragte weiter.<br />
Während sie das Wohnzimmer reinigt, schläfst du da noch? Schließt<br />
er dann ab? Darauf kam lange keine Antwort.<br />
Warte, flüsterte sie, ich filze sein Jackett, er schläft. Nach einer Weile<br />
murmelte sie Zahlenreihen und Wolf tippte den Code ins Handy. Es<br />
war ganz früh am Morgen, und Wolf war online. Wenn der echte<br />
Torres den Eingang einer solchen Summe bemerkte, und Minuten<br />
später den Ausgang, musste er an einen Bankfehler denken, er würde<br />
nie die Wahrheit erfahren und über sein neues Geschäftskonto und<br />
den PIN würde er auch nicht informiert werden.<br />
Reich zu sein hatte Wolf bisher nur Schlaflosigkeit beschert. Er griff<br />
in die Minibar. Das Kubuli sollte ihm eigentlich Schlaf bringen, dachte<br />
er, und öffnete das letzte Probierfläschchen. Mit Dankbarkeit und<br />
Bewunderung gedachte er Simon Wiesenthal, Beate Klarsfeld, Eli<br />
Rosenbaum und den anderen Nazi-Jägern. Bevor er seinen Laptop<br />
schloss, wollte er noch im Internet schauen, welche Wellen die<br />
Aktion in der Schweiz geworfen hatte.<br />
Die Nachrichten waren komplett falsch. Einige deutsche<br />
Internetseiten der vermuteten, dass der Spiegel-Reporter den verlorenen<br />
Nazischatz gefunden habe und ihn einem nicht näher bezeichneten<br />
internationalen jüdischen Erbe zurückgegeben habe.<br />
Nirgends wurde die Badische Zeitung, geschweige denn der<br />
FREIeBÜRGER erwähnt. Das was nichts Neues. Wolf überlegte noch<br />
mal, wie alles gelaufen war. Wer immer die Bankdaten zu einem<br />
Schweizer Nummernkonto besitzt, dachte er, wird treu bedient. Das<br />
ist Service. Und die Schweizer Bank würde ihr Schweigen eisern<br />
wahren, da war sich Wolf ganz sicher.<br />
- Fortsetzung folgt! -
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