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Ueber das Verhältniss des Prologs des vierten Evangeliums zum ...

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!<br />

TORONTO<br />

OF<br />

(<br />

UNIVEHSITY<br />

310780<br />

01<br />

176<br />

N<br />

BS<br />

3615<br />

H29<br />

1899<br />

t. 1<br />

ROBA<br />

X<br />

f y 7 .-/^<br />

m^ ^^-wu^ifc«^ ^/ --^fy.<br />

Hamack, Adolf von<br />

<strong>Ueber</strong> <strong>das</strong> VerhSltnlss <strong>des</strong><br />

<strong>Prologs</strong> <strong>des</strong> <strong>vierten</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />

zxim ganzen Werk.


1<br />

i<br />

preßcntcö to<br />

of tbe<br />

üntvereit^ of ^Toronto<br />

bi2<br />

Uab^ falconer<br />

(rom tbe boohe et tbe latc<br />

Sir IRobert Jfalconer, ik.c./iD.G.,<br />

Iprcsföcnt et tbe "Glnlrerölt^ of<br />

Toronto, 1907*1932


3eiff(^riff<br />

für<br />

CI|e0(00te untr Itrtljß. S<br />

^n SScrbinbung mit<br />

D. ?l. ^oi-natf, 5profeffor ber Sfieologie in »erlin, D. 293. ^crrntttitn, ^rofejjor<br />

i)er Sljcologie in 3Jlar6urg, D. S. ßoftan, ^ßrofefior ber Sfieologie in SSerlin,<br />

Lic. an. 5leiitl^Ic, ^rofcffor in ©ießen, D. ß. ScU, ^rofeffor ber<br />

S^eologie in 25onn<br />

tion<br />

SProfeffor ber 3;^eologie in Tübingen.<br />

f^rciburg i. 2^. 1892.<br />

9(fabcmif^e 3)erlag^bu^l)anblung oon |. C. §. pofjr<br />

(!ßitu( «ie&eif).<br />

^


5t. ^tttnad. Über ba§ 33crl)ä(tnt§ be§ ^Prologe beö üievten güangeliüms<br />

Seite<br />

3um ganjen 2Berf 189<br />

SB. ^crnnann, Ser gefd)id)tricöe ß^riftuö ber ©nmb unseres ©rautiens 232<br />

Sie „Jcifftfjcifi für ®f|BxiIügtE unt» Eirrf|B"<br />

cricf)eint jä^rlic^ in 6 heften, bereit jebeö einen Umfang Don 5—6 Srudfbogen<br />

i)oben mirb. 2ltte 2 ajtonate toirb ein §eft ausgegeben. 3)er 5lbonnementö=<br />

^jreiö eine§ 3af)rgangö öon 6 §eften beträgt 9K. 6.—, eingelne §efte werben<br />

nur ju erl)b^tem ^rei§ abgegeben.<br />

^Briefe unb ginfenbungen finb an ben 5!)litt)erau§geber D. ©ottfcötd<br />

in 2;üDtnflen, 2öilf)elmftrüfee 2, ju richten. Sie 2Jlanufcri))te muffen in volU<br />

ftänbig brudEfertigem 3uftanb eingeliefert toerben. ®ie ^Beiträge ber §erren<br />

SDlitarbeiter Werben bonorirt. Siefeiben erbatten 12 ©eparatabsüge ibrer<br />

Seiträge gratig geliefert unb nacf) ®rfcE)einen be§ betreffenben §efte§ öon<br />

ber aSertagIfianblung franfo gugefanbt. ®ine größere Sln^abl öon ©e:|3arat=<br />

ab^ügen fann nur nad) 9}crftänbigung mit ber aSerIag§bcinbIung angefertigt<br />

Werben. Saö SBerlagSreiiit auf bie in ber .3eitfif)rift üeröffentliditen ^Beiträge<br />

bleibt ber SSerlagöfianblung auf 4 3at)re öom ©rfc^einen beg betreffenben §efteg<br />

an gewal^rt.<br />

3ufcnbung öon 9iecenfion§ejem:j)Iaren an bie ütebaftion ober bie<br />

SSerlagäbanblung bittet man ju unterlaffen, ba bie 3eitfc^rift aSefprec^ungen<br />

cinselner 2!öerfe nic^t üeröffentlicfit.<br />

Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. MOHR (Paul Siebeck)<br />

Soeben erschien:<br />

in Freiburg i. B,<br />

Grundriss<br />

der<br />

Fliilosopliie.<br />

Von<br />

Dr. Johannes Eitle.<br />

M. .5.—.


lieber bns ilcrljiiltniß iies |)roloci5<br />

bcs yicrtcu (Euangcliums jum piijcii Wtxk.<br />

189<br />

9lbo{f ^arnarf. ^ .^<br />

S)a^ i^erftänbuiü be§ inerten ©uangelininS I)at buvd) bie<br />

Unterjurf)unüien non Seijfäcfer Oilpüft. ;^eitalter. 2. 3luf(. erf. bes (Suangelinniv, nnter ber nuiditigen (Sinnnrfnng bes<br />

3eugniffeö einee Urapoftel!^ , bie Gombination bes perfönlid)en<br />

(S()riftU5glanbenö mit einer unioerfalen ^^eltanfd)annng uodsogen<br />

I)at — biefe ©rfenntni^ ^at er fo einbrudöüotl uorgetragen, ba|3 fie<br />

fd)rcerlid) mef)r uerloren gefien fnnn. „S}er 3d)ülerf'rei^, n)eld)er fid)<br />

biefe§ (£I)Qra!terbitb ^si]ü aneignete, ift eine erneuerte (£t)riftu5partei<br />

im f)öf)eren Sinne." 9Jiit biefem 9Borte, mag e§ mit ber alten<br />

(£f)riftu§partei mie immer fid) uertiatten, ii't felir uiel gefagt. '-K>ie<br />

e? in ber ^ßei^fäder'fdjen '3)ar[te(Iung bie Unter jud)nng be§ ^^er=<br />

t)Qltniffe§ bes jobanneifd)en ©(iriftue^bilbe^ jum pauliuifd}en einer=<br />

feit^, jum fi)noptifdjen anbererfeits abfd)lie^t, ift e? ber fürsefte<br />

3(u6brurf für bie (Eigenart nnb 'ilöirfung beei „pnenmatifd)en"<br />

(Soangeliums. tiefes pneumatifd)e (Suangelium ()at ben „gefd)id}t'<br />

lid)en (Jt)riftu§ be§ Q^Iauben^" uor bie 3lugen geftellt. @5 bat<br />

„bie ibeale ©rö^e be^ ©taubens rcieber iu ha§> l'eben ;3e^t felbft<br />

.^urücfnerlegt." „®§ t)at ber '^perfon ^u if)rem ganzen yied)te im<br />

©tauben üert)olfen." (£§ t)at ben entfd)eibenben ©inbrucf Don biefer<br />

"Perfon fo in bie @efd)ic^te projicirt, als märe ba^ ©mpfuubene<br />

unb i^erftanbene in ^.Kaum unb ^nt fid)tbar, börbar unb fapar<br />

gemefen, ja nod) eben fid)tbar. ^a^ nierte ©uangelium (äj3t bie<br />

paulinifd)e „£'ebre" uon ber .f-)eil5bebeutung ®t}rifti ebenfo biuter<br />

fid) mie bie fi)noptifd)en ©prüd)e unb ha§, fpnoptifdje (Stjriftusbilb.<br />

3eit!d)riit für ilieoUnvc unb ftirdy;, 2. ^»afirfl., 3. öeft. 13<br />

%^


190 -Sparnacf, lieber bas 3ierf)ältniß beö ^kologä bc§ inerten<br />

'Ülbtx in geiüiffem 5iun combinirt es beibe — uid}t mit ben<br />

Formeln irgenb iüe(rf)er S^unft ober Sd)ule, fonbevn in einer<br />

urfprünglidjen Intuition ober uielmebr al§ ^Jfusbruc! eines (Sriebten<br />

unb eines '-öefi^es. ©as (§r(ebte aber nnb ber ^^efi^ i[t ber er=<br />

fcf)ienene ^efu§ (£f)riftus, ber Sof)n @otte§.<br />

9lid)t mit ben Jormeln irgenb roeldjer £unft ober<br />

(5cf)ute: tft bamit nid)t juüiel gejagt? ^m ©inne ber 5lritif,<br />

ber mir gro^e Jortfdjritte in ber ©rfenntni^ bes (Soangeliums<br />

oerbanfen, un5meifelt)aft. (Sie ()at erfannt, ha^ ber ^^rolog be§<br />

®oangeUnm§ nid)t otine 9iecnr§ auf bie Sogostebre be§ aleran=<br />

brinifdjen ^ubentbums ('^^l)ilo's) gejd)id)t(id) uerftanben merben fann.<br />

on ber binimlifd}en 2Bett, in meld)er ber 53Zeffias<br />

unb bie ©üter be§ meffianifd)en 9^eid)§ oorausgefc^affen finb unb<br />

nur ber (SntbüUuug barreu, fo bient ber jof)anneifd)en Sef)re ber<br />

besi alex'anbrinifd)en ;3iibentbum5, burd) raeld)en biefes<br />

ben alten @otte§glauben ju einer ^]?f)ilofop{)ie umgeftaltet, bie alle<br />

') ©. §oI^mann, a. a. ö. ©. 36. ^*f leib er er, Urd^riftentf)unt<br />

©. 743. 754 f.; bagegen 21)oma, bie ©enefiö beö 3olö- @ti. ©. 194.


Soangeliumö jum gan.^en 2Berf. 191<br />

^J©eItrQtf)jel löfeu unb biefen ©lauben and] bem I)etbuifd)eu<br />

^ent'cn 3enef)m tuarf)en jolltc."') ^"IJIan föuute oorau§]e^en,<br />

baß ^Jöei,^fäcfev bem hinten Sal^e eine 'Jlniueubuufl auf bie 3(b=<br />

fid)ten aiid) bes* uicrten (iüangeliften geben luoüe. Mk'm, foüiel<br />

id) fef)e, gefd)tet)t bies; nid^t. 55ielmet)i* beftimnit er bie 33ebeutunc\<br />

ber Soc|0£itebre für beu '-Berfaffer mefentlid) ebenfo wie ^ol^^<br />

mann unb '^^fleiberer. „^ie ©rjäbtung felbft, ebenfo mie bie<br />

©orte ;3efu (im 4. (äu.), tonnen ben Urfprung au§ ber ^ogo5let)re<br />

nid)t uerleugnen" (S. 536). „®iefe ^^f)ilofopl)ie ift nid)t nur mie<br />

ein 9J?auteI, ber über bie @efd)id)te unb ben ©(auben gebangt ift,<br />

fonbevn fie beftimmt bie begriffe burd)gängig. i'id)t unb Seben<br />

im 'öemußtfein be^ ©laubenben al§ 93littt)eilung ^efn finb nid)t§<br />

anbereS al§ ha^, ma§ ber i'ogo5 überhaupt ber SBelt giebt" (©. 533). \<br />

^oiernad) ift bie So506let)re foroot)! aU ein llrfprung be§ eigen=<br />

tt)üm(idien ,3i^I)filt§ be^ @uangelium§ roic at§ ein i^n burdigängig<br />

beftimmenber ^-actor onjufe^en, menu aud) fofort (jin^ugefügt<br />

mirb: „tTie 5(nnabme ber Sogo5(ef)re ift nidit eine einfad)e <strong>Ueber</strong>= l<br />

tragung, foubern eine ^Verarbeitung unb Umgeftaltung berfetben.<br />

3(u§ ber jübifd)en '']>t)i(ofopI)ie gefd)öpft, ift fie bod) eine mefentlid) !<br />

neue i?ebre auf d)rifttid)em 'Boben geworben, ^nt ©runbe ift biee;<br />

fd)on barin gegeben, baf? ber Sogo§ bamit in einem gan5 anberen ;<br />

einn ^^serfon geworben ift, al§ er e§ bort roar."<br />

@§ fd)eint mir, ha^ aud) nad^ biefen fe{)r TOefenttid)en ®in=<br />

fd)ränfungen bie ^ebeutung ber alei'anbrinifdjen Sogo§tet)re im<br />

4. (güangelium nod) immer überfd)ä^t ift, fo gerai$ baran nid)t<br />

gebad)t werben barf, ha^ fie als ein btoßer SOIantel über ber @e=<br />

fd)id)te unb bem (Stauben bienen foÜte. 3Benn id) nid)t irre,<br />

t'ommt t)ier ^i(IIe§ barauf an, t)a^ 5^ert)ältniß bes ^]3rotog§ ju bem<br />

ganzen 3ßerf fid)er ju beftimmen. ®S t)anbelt fid) babei nid)t nur<br />

um ha§> formelle, fonbern cor 3t(tem um ha§ materiette 9Serf)äItniß.<br />

^^eld)en ßroecf I)at ha§ (Soangelium, meld)en ber ''^rotog? galten<br />

biefe 3TOed:e einfad) jufammen ober ift ber ^^rolog mirftid) ®in=<br />

leitung, Anleitung in ba§ ©oangelium? @e^t ha§ ©üangelium<br />

bort ein, mo ber ^]?roIog aufbort, ober ift ber '*]?ro(og g(eid)fam<br />

bie Doraueigefd)ic!te Guinteffenj bes (Soangeliums ? ^ft er ber<br />

') 33on mir gefperrt.<br />

13*<br />

|<br />

'


192 §arnQc{, lieber ba^ 5ßerf)äItmB t>ee '^Jrologs bec nicrten<br />

3d}IüffeI jum "Cerftänbiii^ ober ber Sdjlüffel jum (Eintritt in ha^<br />

^eüigtt)uin bes ©oangeliums ? l)ie[e 3^ragen raerbe id) im 5ot=<br />

gcnben 511 beantiüorten oevfudien. 5(((e5 ba'?, roovüber fein 3tveit<br />

ift, joll babci aufs füvjefte bef)anbelt roevben. 3unäd)[t fei bae<br />

©oangelium ins Stuge gefaxt of)ne ben ^^^roIog.<br />

1.<br />

^er ßraed bes (Suangeliums ift uom 23evfaffer im (Bd}luB=<br />

uerfe (20,31) unmi^uerftänölidj beutlid) angegeben. "i)iid)t boppelt<br />

ift in biefen Sßorten ber ßroecf beftimmt; benn, mie ba§ gange<br />

(Snangelium lefirt, folgt ba§ „^eben" als 33efi^ mit 9iotbmenbig=^<br />

feit bem ©lauben. ^en bas „l'eben" einfdjlie^enben ©lauben ,^u<br />

(Crrcerfen unb ju begrünben, ^efus fei bev iTReffias, roeld)ev ber<br />

3of)n ©ottes ift: bas mar bie 3(bfidit bes iserfaffers.<br />

^ie 3Iusfübrung entfprid)t in jebem Sapitel biefer ^i(bfid)t.<br />

3ie ift auf ben meiteften ']ilan geftetlt. Sie gilt bem Greife ber<br />

fd)on gemonnenen jünger, ben öalbgläubigen, ben ^uben in it)ren<br />

i)eVfd)iebenen 3d)attirungen — felbft bie 3amaritaner finb nid)t<br />

oergeffen — , ben @ried}en, ber ganzen 93Jeufd)lieit. 3Iud) jcitlid)<br />

DOÜjie^t fie fid) in unioerfalen 5^erl)ältniffen. Sie blicft ,^nrücf<br />

b\§ auf 3tbrabam, 3Rofes unb bas ©efet^ unb üoumärts auf aüe<br />

äufünftigen ©laubigen, ^od) aud) biefe ©renken finb nod) iiber^<br />

fd)ritten. 3Im 'iinfang unb am (Snbe liegt bie (Smigfeit; ber, von<br />

bem gerebet mirb, fd)lie^t fie jufammen. ^abei ift nid)t5 lebrbaft<br />

au5gefül)rt, unb alles {}iftorifd)e il^etail uerfdiminbet in ber @in-<br />

t)eit be§ ©angen. @s bat niemals, meber früber nod) fpäter,<br />

einen gdiriftfteller gegeben, ber in_biefer Söeife sub specie aeter-<br />

nitatis ©efd)id)te gu fd)reiben r»ermod)t bat. ^n 3Serfaffer l)ebt<br />

bie ^nt nid)t nur in bie (Smigfeit auf, fonbern er oermag burd)<br />

feine S)arftellung aud) bie entfpred)enbe Stimmung l)erDor5urufen.<br />

@r felbft fd)n)ebt unb atl)met in einem überirbifd)en (Elemente unb<br />

fül)rt bie, bie ibm laufd)en, mit ftarfem aber fanftem J^ügel ^u<br />

jener ^öl)e empor.<br />

^od) nur bem flüd)tigften ©inbrucf fann es fo erfd)einen,<br />

als banble es fid) um eine allgemeine ßrbcbung ins <strong>Ueber</strong>irbifd)e.<br />

^as, mogu er erl)eben miU, ift nid)t eine unbeftimmte neue 3pl)äre<br />

be§ ^afeins, fei fie aud) nod) fo Iid)t unb rein, fonbern er fül)rt


©uangeUum^ jitm flcinjen SÖJerf. 193<br />

5U einer '"].Un'fon. ©ie ift i{)m ha§ Sid)t, bie 2Baf)r^eit, ha^<br />

Seben. tiefer f)öd)fte ^^efi^ ift if)m als ^nlialt eine§ gefd)id)t(id)en t<br />

Seben§ eine 3öii'füd)feit an] (Srben geworben, ^ft ba§ SSermögen<br />

beö 95erfa[ferö evftaunlid), bie @ejd)id)te in bie ©iDigt'eit auf5uf)eben,<br />

|<br />

'<br />

fo ift fein 35ermögen nod) uiel erftanntid)er, biefe§ i^erfat)ren mit<br />

bei" .s^evnov()ebnng einer gefd)id)tlid)en '^^erfon jn oerfnüpfen, rce(d)e<br />

bie ^üüe aller übern)ett(id)en @üter umfaßt unb niitt{)ei(t.<br />

^nbern er ben ©lanben an biefe '^^erfon erined'en unb be=<br />

grünben initl, füf)rt er uor ^illtem if)r ©elbft^eugni^ uor. ®a§<br />

©elbftjeugni^ O^f" ^


j )<br />

194 .^arnac!, lleticr boS 5BerI)äItnif5 bcö ^^votogö be§ inerten<br />

^er 3tame „(Bgij\\_®otkß" für 3efii§ mirb in bem Selb[t=<br />

,^eiu]niffe 3t1*u iii ^i"tn' boppelteu ^)iid)tung beiuiejen. (£v ergibt<br />

jtd) cinerfeits au§ ber uoÜt'üinincuftcu @iu()eit bes Sol)ue5 mit<br />

bem 'initer, aubererjeit5 au5 ber uollfommenftcn 3tbf)ängigt'eit.<br />

3ene (Sinbeit braud)t bier nid}t weiter au^gefübrt ju lüevben. 3ic<br />

er]d}üpft fid) in ben Seiten, ha^ ber Sobn in bem Später uub<br />

ber 33ater in bem ©oI)n ift, ba^ 3]ater nnb @o()n (Sin§ finb,<br />

unb ha^ mer ben ©of)n fie{)et, ben 33ater fiebet. 3(u§ biefer @in=^<br />

beit folgt aber aud), ba^ ber ©obn alk^^ ba^ befi^t unb ift, luciö<br />

ber ä^ater befitjt unb ift. ®er Sol)n ift ba5 ßebeu, ba§ 2\d)t,<br />

bie ^iBabrbeit. ^JÖeil er fid) al§ Seben u. f.<br />

m. burd} fein ©etbft^<br />

jeugni^ unb burd) feine Jbaten ermei^ot, ift er ber ©ot)n; baf^<br />

Seben, Sid)t unb Sßabrbeit ber @ottI)eit, b. b. bem 93ater, aw-<br />

geboren, braud)te nid)t ausbrücflid) gefagt ju roerben. <strong>Ueber</strong>all<br />

gel)t bier ber 'Jiad)Riei£i nid)t au§ ber ©pitje in bie 'Breite, fonbern<br />

ben unujefebrtcn '-ß>eg. '3lid)t fo(( an§ bem sugeftanbenem ©obne§=<br />

präbifat nad)gemicfen werben, baf? biefer (Boijn lieben, iHd)t unb<br />

i2Baf)rf)eit ift, fonbern ane biefen offenbaren @igenfd)aften foU ge^<br />

igeigt werben, ha^ er „ber So{)n" ift.<br />

2tnbererfeit§ bemeift bie oollfommene 3(bbängigfeit, bap er<br />

1 1 ber So(}n ift. ®ie ©prüd)e, in benen in immer neuen Sßenbnngcn<br />

1 lebt<br />

gefagt wirb, ha^ ^efu§ nid)t5 oon fid) f eiber tbut, fonbern ha^^<br />

Serf au^fübvt, ba^ ibm ber 'Initer übertragen, mittbeilt, ma§ er<br />

üom i^ater gebort, ha^ ©ebot erfüllt, ioeld)eö il)m ber 5>ater<br />

gegeben l)at M, finb uielleid)t bie 5al)lreid)ften im ©oangelium. 3)er<br />

ftärffte 3(u5brurf in biefer 9iid)tung ift ber ©a^ , ha^ bie 93olI=<br />

jiebung be§ üäterlid)en 3Bitlen5 bie ©peife bc§ ©obtte§ ift; er<br />

alfo non biefeni^Jlöolleu ; ogl. 3,34 u. au^erbem 6,38 (id)<br />

') ©iefe Stellen fiiib iit biefem 3ujnmmeiif)ang bie widjtiflften 5)cr<br />

Sof)n tf)ut nicf)t nuv ben aBiücn beö 'Mkx^i, fonbern biefer 2SiKe tritt it)m<br />

aU ©efaot gegenüder, freilief) aU ein foldjeö, uielcfieß 3" erfüllen ber felbft=<br />

geUioKte 3nf)alt feineö Sebenö ift; lig(. 10,18; 12,49 (ber Spater fetbft l)nt<br />

mir ein ©e6ot gegetien, luüö ict) reben unb fugen foU unb id) meife, ba% fein<br />

®e5ot euiiaeö Seben ift); 14,31 (uiie mir ber Sinter ein ©ebot gegeben tiat,<br />

fo tt)ue id)); 15,10 (wie id) bie ©ebote bcS 5ßaterö beniat)rt fjabe unb bleibe<br />

in feiner Siebe).


©naiujcUumö jum ganjcn ißcrf. 195<br />

bin uoni ^"^imnicl lievab^eftiegeu, nid)t hafj \d) meinen Sillen t()ue,<br />

fonbevn ben Ül>i(Ien beffen, ber mid) t-^ejanbt 1:)at); 6,57 (id) lebe<br />

burd) ben 3Sater); 5,19 (ber Sof)n tann nid)t5 uon fid). felber<br />

t^un, er fäbe benn ben 'I^ntev etnm§ tbnn; benn inas ^>ucr t()nt,<br />

bn§ t()nt and) ber ©ü()n in C((eid)er ^Beife); 5,20 (ber i^ater liebt<br />

ben 5ülin nnb ,^eigt il)m 2((le§ wa§ er tbut). ^ie J^ortfe^nng<br />

bes legten 'Sprndjö: /.al jisiCova tcouov osi^s'. aöno spY^-, beroeift<br />

bentlid), bafä ber eolm nidit ein oont 3lnfang an fertiget, felb^<br />

ftänbige« 3Biffen nnb ©d)anen be§ @öttlid)en l}at, fonbern ba^,<br />

er üoni !i>ater SBiffen unb ©d^anen, 3Berfe unb ©ebot gugetbeitt<br />

erbalten bcit unb nod) erl)ält. „^d) fann nid)t5 non mir felber<br />

tf)un; rcie id) bore, fo rid)te id)" (5,3(j). „^^a^ id) uon bem,<br />

ber mid) gefanbt bat, gebort babe, i)a^ fpred)e id) jn ber SBett"<br />

(8,26).<br />

@5 märe überflüffig, bie 3(n|übrnngen äbnlid)er 8prüd)e ju<br />

Dermel)ren. oie merben nid)t aufgeboben burd) einen Sa^ mie<br />

ben 5,26: ,/^ie ber '-I>ater bat ba§ 'i!dmi in il)m felber, jo l)at<br />

er and) bem Sobue gegeben, jn baben ha^^ iieben in i()m felber,<br />

unb bat ibm 9JJad)t gegeben, ©erid)t 5U l)alten, meil er be? 9}ienfd)en<br />

vBof)n ift." 9Jian bat l)ier erftlid) ha§ „soojVwSv" unb ^meitenS<br />

ben ^tusbrucf 6,53 gn üergleid)en: „äBenn il)r nid)t effet ha^ ?5'leifd)<br />

bes 3}lenfd)enfol)u§ unb trinfet fein ^^lut, fo i)abt il)r nid)t ha§<br />

i^eben in eud) felber." ^iefe Stelle lel)rt, baJ3 ha^^ sv sa-jico<br />

nid)t gu preffen ift ^). 2lud) au5 10,17 f. barf nid)t gefolgert<br />

merben, t)a^ il)m bie abfolute Selbftbeftimmnng ebenfo ,^uftebt une<br />

bem '-ijater; benn ben '^^orten: „s-jooiiav s/w iyirrj.'. ty^v 'l'y/jf^<br />

;j.o'j. -/.ai 3C00017.V s-/(o -äX'.v Aaßsiv a'jTr|V, lüirb fofort bie näbere<br />

^eftimmung hinzugefügt: -a-jr/jv xr^v svtoXtjv sXaßov -apa toö<br />

-aijoöc ao'j. ®amit ift ausgefagt, ha^ eben au» ber 3tnorbnung<br />

be§ 2}ater§ bie oolle 5reil)eit be§ (Sol)neö entfpringt. ®er Sd)lüffel<br />

') ®unfel, aber auä) nic^t ouö ber 8ogoälef)re ju erflären, bleibt aüer=<br />

bingö bas betonte „o'k ö-e/.s'." in bem Satje 5,21 : oj-Tisp 6 r^r/.z-r^o j-si/ist touc<br />

V9V.&0ÖC v.'y.l .!(i>o-o'.sl. GOTOj; v.al ö u'.ö; o'k i)-g/.j'. U'JO-o-.si. (fö giebt bi^v in<br />

bem öoangelium feine beutlicf}e '•^araüele; jebenfaKö barf ber 9tuöbrucf aber nid;!<br />

fo gebeutet merben, baß ber abfolut au§gefprocf)ene ©ebanfe: „^rf) fann niä)tö<br />

üon mir felber tfiun", bccinträcf)tigt tnirb.


196 ^ornacf, llcliev haß $lU'rt)äItmfe beö ^^voloivj beö inerten<br />

jum 35erftänbni^ alkv ber 2Iu5fagen, in beuen ^efus fid) ate; @e=<br />

fanbter unb (Sof)n be5eid)net, liegt in bem 3^erfe 14,28: „®er<br />

>-ßater ift großer al§ id)." Ä'ein ©a^ finbet fid) in bem ®r)an=<br />

gelium, ber biefem Sa^e roiberfpric^t, üielmel)r fe^t jebe (Selbft=<br />

aufjage ^jefu bie Geltung beffetben üorou§ '). ^er ©oangelift<br />

lä^t eben bepalb bie :3w^^tt bem iperrn 5unäd)ft nid)t üovraevfen,<br />

er mad)e fi(^ ^um ©ott, fonbern ber SSormurf lautet, er nenne<br />

(5)ott feinen eigenen Qjater unb mad)e fid) baburd) jum<br />

©Ott (5,18). 3Bo ber 3>ovn)urf ^um gmeiten dJlai n)ieberfef)rt<br />

(10,33 f.) lautet er freilid) abfolut: „®u mad)ft bii^, n)ät)renb<br />

bu ein 9)]enfd) bift, felbft jum @ott." ^2(ber ber ©oangelift f)at<br />

ibn I)ier in fd)ärferer Raffung eingefüt)vt, um ®elegen{)eit §u nef)men,<br />

bie in feiner ^^\t un^roeifelbaft brennenbe ^-rage gu einer — bie,<br />

meldte fie aufgemorfen l)aben, ine(Ieid)t nic^t befriebigenben —<br />

3IntRiorl 3U bringen. 2)iefe Slntmort legt fid) in brei ©ä^en au5=<br />

einanber: 1) nad) ber t)eiligen ©c^rift bürfen im weiteren ©inn<br />

alle „©Otter" genannt merben, tz^jö:^ mz 6 A070C toö i^soö sysvsto,<br />

2) gebül)rt in biefem ©inn aud^ ^efu bie ^eäeid)nung „©ott",<br />

fo bat er bod) felbft bie Q3e5eid)nung „ol6c roO i>£0'j", nid)t „i>=oc"<br />

für fid) in Slnfprud) genommen ; biefe brüdt im ©inne be§ ®Dan=<br />

geliften met)r aus alfS bie jenen anberen ^utommenbe allgemeine<br />

^e5eid)nung „©ott", aber fie l)ebt anbererfeit^i bie ^5la§pl)emie,<br />

bie in ber oollfommenen ;3bentiftcirung ber ©o^ne§= unb ber SJater-<br />

perfönlid)feit liegen mürbe, auf, 3) ber (Srfenntni^grunb für ha^<br />

9ied)t ber 33e5eid)nung „ber ©otte§fol)n" liegt barin, "itoS^ ^jefu5<br />

„bie Serfe feine§ 5i>ater§ tl)ut", unb ber ©inn unb Siealgrunb<br />

ber ^e5eid)nung fa^t fid) in bem ©ebant'en ^ufammen: „in mir<br />

ift ber ä^ater unb id) bin in bem SSater" '-). 3Jlan barf nad)<br />

biefer entfd)eibenben ©teÜe mitbin fagen, 'i>a'\i eine „metapl)i)fifd)e<br />

©otte§fol)nfd)aft" in feinem ©inne im ©efid)t5freis bes ©oangeliften<br />

liegt, 'tia^ er meit baoon entfernt ift, bie Unterorbnung be§ ©ofines<br />

*) 6ö ift Ief)rreicf), bafe aud) unmitteUnu- uor bev J)Dc^[ten Selbftauöiage<br />

„^d) unb ber 93ater ftnb eins" (10,30), bie 2BoTte fte^^en, ha'ii ber ajater gröfeer<br />

ift alö Slüe" (fo na($ ber »afjrfc^einlicEieren, n^enn aud^ ntinber gut be5eugten<br />

S2t.). 6. 4,22 f(^aeJ5t fid) Sefue in bie .3af)l ber 3hUieter ©otteö mit ein.<br />

-) e. 10,34-38.<br />

:


6uan(ieUnm'j ,511111 flanjen SBert. 197<br />

unter ben iöatev nufäulieben, uub baf? er bod) bem ©of)ne ha^<br />

^]3räbicat „@ott" in einem oiel I)üf)eren ©inne ju geben uernuic;<br />

al§ aüen benen, -,00c o=k 6 Xoyoc toO Ihoö sysveio (2o,29: 6<br />

%6,o'.ö? ;j.o'j 7.7.1 6 i^Eöc |j.o'j) \). SBie bie üollfümniene Untevorbnung<br />

bei jener ;3mii^^i"*^"5 ^^^ ^^ater§ in bem .vi". Ser ©olj in bem SBrief (I, 5,20):<br />

OÜTÖc tzx'.-^ rj rjj.-r^^:'/rjc, %'Zrjq y.rj\ ^(.jTj r/.'.o'jV'.OC. t)e,}ief)t ficf) Qelüife nt(f)t QUf<br />

ben Sof)n, |onbern auf ©Ott felbft; f. -'pof^mann u. Söeftcott j. b. ©t.<br />

(gegen 2BeiB)-


198 £iarnacf, lieber haS i^eiiiaünif; bcö "^h'oloiVj t)cö ineiteit<br />

1. ^er 3(u5bvuc£ '[v^yy.nd-y.i fommt im ©nangelium an<br />

mehreren Stellen ucn ber Ieiblid)en ©ebuvt cor, d. 3,3—8 oon<br />

ber ©eburt au§ @ott (avtoö-sv — sx toO zvsöixaToc); an einer<br />

einzigen ^Uik luirb er oon 3eju§ fetbft gebraucht unb beäeid)net<br />

()ier nn,yüeifeU)aft feine irbi|d)e ©eburt (18,37: syco üc toöto<br />

'(B-(zyYr^iX'y.'. /.al tlc to'jio sAr|Xo{>a sie lov xöo|J-ov '/.tX.). 9Ürgenbn)0<br />

bejeidinet fid) Oefn§, wo er fid) ©of)n @otte§ (ober „©o^n") nennt<br />

unb babei auf fein eroigc§ !i^er{)ältnij3 ^um 5>ater §urü(i=<br />

b lieft, al» ben „geborenen" loeber im realiftifd)en nod) im über=<br />

tragenen Sinn M. 2)emgemä^ mürbe, roenn in bem ^uSbrucE<br />

|j.ovoY3vr]c ha§ „©eboven fein" überl)aupt fierüorjubeben märe, bei<br />

biefen 3Borten nur an bie irbifd)e ©eburt ^u benf'en fein. SlÜein<br />

im ©ebraud) ift biefe 3Bortbilbung mefentlid) gleid) „unicus" ge=<br />

morben-). ©ie fommt im (Soangelium — oom ^^^rolog abgefeben<br />

— nur 3,16. 18 oor-'). ®er ,3ufammenf)ang legt e§ nid)t nal)e,<br />

ba^ auf ber ^meiten ^älfte be§ 2ßort§ irgenbraie '9lad}brud liegt.<br />

33etont man fie aber, fo ift, bei bem uölligen Sd)roeigen be§<br />

(Suangelium§ über eine oorjeitlidje ©eburt, aud) l}ier ju urtljeilen,<br />

ba^ ber (Soangelift ben gefd)id)tlid)en x5^\u§ in ber Totalität<br />

feiner ®rfd)einung fo nennt. ®er i^z'iu^ (£t)riftuei, raie er nirf)t<br />

al§ ^-^^bantom, nid)t al§ ^oppetmefen, fonbern in menfd)lid)er 3lrt<br />

in 9\aum unb ;^)eii gelebt l)at, ift ber Sol)n ©ütte§. äßie allen<br />

^Wenf d)en fommt aud) i^m nur eine ©eburt gu, bie, burd) meldte<br />

er in bie (£rfd)einung getreten ift. ®er ©oangelift fpric^t e§ ni(^t<br />

auc^, ob unb inmiefern in ber 3lrt biefer ©eburt in§ 3rbifd)e<br />

bie befonbere ©otte5fol)nfd)aft biefes^ ^^efug begrünbet ift. ^Dlan<br />

fann bal)er aunebmen, ba^ er an eine munberbare ©eburt gebad)t<br />

bat, mie fie bei ^Dtattl)äu§ unb Suca§ er5cil)lt ift. 9Jian fann aber<br />

aud) annel)men, ha^ ber ©oangelift bie ©ol)nfd}aft lebiglid) in ber<br />

') "Kud) ber erfte oofianneöbrief brautfit ben 3(u6briicf „uoii ©oti ge=<br />

lioren fein" nur für bie (Slöutuöen, nid)t für ßljriftuö, f. 2,29; 3,9; 4,7; 5,1.<br />

4.18. ®iefc 23eobQd)tunö erlitte otlerbingä eine 3(uänaf)me, uienn 5,18 ö -^v/'/r^i^-v.c<br />

EX Toö ö-soö 6[)rifium bebeuteu foÜle, mie 9[öeft co 1 1 u. 3t. Qniicljmen. Stüein<br />

biefe 3luöleguni] ift ni(f)t ,5u f)alteii.<br />

') ©. SO e ft c D 1 1 ,3U I 3of). 4,9.<br />

•*) §ier im DJhinbe beö ©nanijeliften, uicf)t ^ffn fcÜift.


©üaiifleliuiUQ 511111 ganzen iöcvf. 199<br />

befonbci'eu '^ejie^ung augefd)aut ijat, in bic ]id) bev 'initer 511<br />

biefem ^efus uon ^itnfang angefe^t i)at. 9)lan lüürbe beu '^nn-teu<br />

bes (Suaugeliften ©emalt authun, inciin man hm cntKiieiben<br />

lüoüte. ''Man i[t uielmebr uerpflichtet, bort [te()en 5U bleiben, wo<br />

er felbft in bev 'Setrad)tnng ftefien geblieben ift. '^eftimmt au^--<br />

gefd}loffcn, ineil buvdi feinen 3lu§brurf angezeigt, ift nnr bie 'i^ov^<br />

ftednng einer uorjeitlidien • ^^ugnng<br />

unb Gkbnrt.<br />

''^hb^n bem 3(n5brnd: „ber Sobn" „ber ©ottesfobn" fiubet<br />

fid) aber in bem Soangelium., unb jmar im ^Wunbe ^s^]n jelbft,<br />

nid)t ganj feiten bie Q3e5eidmung „ber 'iWenfdienfobn". (S^ fragt<br />

fid) erftlid), ob biefe 'Se^eid^nnng bem (Soangeliften uon felbftänbigem<br />

'^ertl) ift ober ob er fie lebiglid) ber lleberlieferung al§ einen<br />

feftftel)enben terminus entnommen bat, 5n)eiten» roie er fie, menn<br />

fie il)m lüertbooll mar, oerftanben miffen mollte. 2^ie 53eantuiortung<br />

ber erften 'Jrage fd^eint mir nid}t ,5meifell)aft. ©in ^^erfaffer, ber<br />

fid) fo fouuerän ber fi)noptifd)en 3:rabition gegenüber geftellt l)at<br />

unb ber überall ^eigt, baß er bie uerl}ä(tni^mäJ3ig menigen 'i-^egriffe,<br />

bie er braud)t, mit '^ebad)t braud)t unb felbft in il)nen lebt, bat<br />

fid) jur 3öal)l jener 'öe5eid)nung nid)t burd) äußere ©rünbe nötl)igen<br />

laffen. '^a? aber ben Sinn ber Q3e5eid)nung „9}ienfdjenfol)n"<br />

betrifft, fo jeigt ber Kontert 1,51; 8,13. 14:


200 §arnacf, lieber bas 5yerf-)ä(tnif5 beö '•^^rologö beö liierten<br />

fommt mad)t e5 offenbar, 't)a^ tf)m bev ©laube an bte f)imm(ifd)e<br />

3lrt be§ 9[Reffta§ ebenfo c^eläufig max, luie ba§ ^^sort „'i9]cnid)en=<br />

jobn" 5ur 'Q3e5eid)nung biefer 2h-t\). '^lad) ben beutüd)en Stellen<br />

ftnb bie minbev beutlid^en ^u beurtlieücn. SJ^an borf baf)er an=<br />

nef)nien, haf^ 0,27 bei* Stusbvud „9Jlenfd)enfoi)n" ftet)t, meit uon<br />

ber l)immlifd)en ©peife bie 9iebe ifl, uield)e ^tiu§> nis ber l)imm^<br />

ltfd)e S[Reffia$ geben mivb. ^emgemäf? ift aud) 6,53 oont 'fa^elv<br />

TTjv O7.,o7.a roö 'v.oö :o'j äv»>[>w~o') bie 9tebe: nid)t um bas ©ffen<br />

be§ 3-teifd)e§ eine« 9}lenfd)en, fonbevn eine§ t)imnilifd)en 9}lenfd)en,<br />

nämlic^ bes 9)leffia5, i)anbelt e^s fic^. ^n (£. 12,23 unb 13,31<br />

fte^t berfelbe Slusbrud; benn buvd) bie I}immlifd)e iserflävung,<br />

bie nun anbvid)t, evbält ber l)imrnlifd)e SJJeffias, roas if)nt gebüf)rt.<br />

2)er '-Hu^ibrurf „Solin" „@otte§foI)n" brücft nad) bem ©uan^<br />

geliften bae; einzigartige 33erl}ältni^ gum 3]ater aus. ©ine ^t)Corie<br />

über ben Urfprung biefe§ iserlniUniffe^ ift babei nid)t gegeben,<br />

aud) überfd)reitet bie i^orftellung inenigftenS foiueit mir bie<br />

^eugniffe bi§f)er eingefef)en t)aben — nii^t bie ®ren,^en be§ menfd)*<br />

lid)en ^afeins ^ef"- 5^1 w§ ^ft «^^v „©oI)n" auf ©runb ber<br />

;3mntanen5 @otte$ be§ 3>ater5 in ibm unb ber il}r entfpred)enben<br />

/|9JZitt£)eilung beS 'Katers an ii)n. ®iefe „(Soi)nfd)aft" ift erkennbar<br />

'<br />

an ben Serfen unb an ber Sef)re, bie fic^ al§ göttlid)e ermeifen.<br />

^er 'Jtusbrucf „^Wenfdienfo^n" be5eid)net ^efum al§ ben ©ott<br />

untergebenen i^J^effia«; mit biefer ^^e5eid)nung aber ift unabtrenn^^<br />

bar bie 5öorfte((ung gefegt, baf? er im |)immel gemeilt liat, com<br />

^pimmel berabgeftiegen ift, auffabren unb i)erberrlid)t merben, eublid)<br />

ha^ ©eridjt I)alten mirb. ©5 ift alfo genau bas Umge!et)rte üon<br />

bem raabr, wa§ bie gemeine 9}|einung uorauSfe^t. ^ie 'öeseidjnung<br />

„^J}|enfd)enfo()n" für :^i]\B füt)rt birect ins |)immUfd]e unb in bie<br />

„SRetap^i)fif", nid)t bie 'öejeidjuung „@otte5fot)n".<br />

2. ^ie ^i^orfteüung ber binimlifd)en j^erfunft unb 'ipräei'iftenj<br />

erfd^eint alfo nad) bem ©oangelium 5unäd)ft au bie 3)leffianität<br />

^efu gefnüpft. @s ift mid)tig, bieS ^u conftatiren. ®a^ jübifd)e<br />

') eine Kombination Don „DJteffiaä" unb „©otteäiot^n" f.nbet ficf) 11,27:<br />

-3Ü SO b Xp'.-TÖg ö inbq xrjö {fsoö r> sl; xöv v.6-|j-ov sp-/_ö;j.svoc. §icr fpricf)t<br />

ÜJlartfia, bie fd^on ©läubine ift unb 3e)um fo erfannt f)at, luie er erfannt fein<br />

xoxü; ngl. biefelbe Spönnet am Sc^luf] beä 6d'ö.


6üQiu]clium5 jiim öüiijcn 2Bcrf. 201<br />

^^eiüUBtfein be^i '-i>erfaffev5 tritt bavin fciiavf uub beftimint licmor.<br />

3(uf ben ^IRefjia« luivb mau bie (Sugel (Lottes ()inauf= uiib lnnab=<br />

fteigen fefieu (l,51i. OJur ber, ber uom .pimmel bevabgeftiegeu<br />

ift, nämlid) bev iDiejfias, fciun ,^um ^immel auffaliveu (3,13) unb<br />

evf)ö()t luerben (3,14; 8,28; 12,34). ^iTlian nni-b ben 901ejfia5<br />

bortbiu auffahren fefien, luo er früJier geiiiefen i[t (6,02i. 'iBic<br />

jiub bieje 3äl3e ^u uerftelieu? 'iBoUcu fic bic 5)Jieufd)beit be§<br />

^Hleffias in ^3(brebe ftetleu? ober je^eu fie ben 9}ieffia5 aly ein<br />

Xoppeliuefen uoraiB? "öeibe» ift nict)t ber "^aü. 2)ie yjlen]d){)eit<br />

ift eben burd) ben ';Mu5brud „'r.bc zr/) ävö'fvw-o-V, ber gerabe in<br />

biefem 3ufLintmen()ang gebraud)t mirb, fo beutlid) wie niöglid) mn-'<br />

ausgefegt, unb eine 2)oppelperföu(id)feit ift burd) nidjts angebeutet.<br />

3(ud) liegt biefe '-ßorfteüung ber gan5en ^eit uoUftänbig fern. 3(lfo<br />

bleibt nur ber ^batbeftanb übrig, bats ber iDIeffia? jnnir „avihpco-oc"<br />

ift, aber bennod), unb ,^niar al5 foldier, uor feiner jeitlidjen (ir=<br />

fd)einung bei ©Ott geroeilt bat. 2Bie biefer -IbatbeUanb gefd}id)tlid)<br />

unb füd)lid) ju erflären ift, hab^s \d) in meinem i\'l)rbud) ber<br />

2)ogmengefd}. 1- 3. 710 ff. 717 f. ju feigen üerfnd)t. ''Man i)at<br />

üor allem jebe rationelle (Srf'lärung fern ju f)alten, aber aud) bie<br />

emptrifd)e '-i?orftellbarfeit '). 'Ä^eil @ott bie @efd]id)te l)erüorruft,<br />

ihre ^^^^^''-'ft^ i^^t unb fie lenft, barum ftcbt Dilles uor il)m, unb<br />

iüa5 üon ilim als ©ro^eö unb (£rl)abene5 au§gefül)rt merben foll,<br />

ift -f-ö 7.ataßoXrjC xö-jao'j oou il)m bereitet. So ift fd)on Dort)er<br />

im .^immel ha, roas nad)l)er auf (Srben in bie @rfd)einung treten<br />

foll, unb es ift um fo fid)erer ha, je größer unb erf)abener es ift.<br />

®iefe religiöfe Speculation biente urfprünglic^ ber 3Serl)errlid)ung<br />

©ottes. 'Jlber es fonnte nid)t ausbleiben, ha^ fie allmäblid) aud)<br />

ber 'iserl)errlid)ung ber Xinge unb 'j>erfonen biente, auf bie man<br />

fie anmanbte. ^m ^^^tölter ßt)rifti unb ber 'älpoftel nmrbe fie<br />

auf ben ^IReffias angemanbt. (iine ausbrücl:lid)e propl)etifd)e<br />

Cffenbarung beftätigte fie — bie -l>ifion bes Xaniel. ®er l^ieffias.<br />

') Xamit ift gefügt, biiB aud) bie '-üoriteüung eines „t)inimlijct)en 3Jlen=<br />

icfien", eines 3'5fal= unb Unnenid}eu 5U uerbanueu ift. ^n gewifien ©reuäen<br />

trifft fie für bie pauünifc^e 2t)eologie äu ; bod) wirb üuc^ f)ier fel)r SJieleö<br />

eingetragen, moran ber Stpoftel fic^erlid; nidjt gebatfit l)at. ^m 4. @d. aber I<br />

^at ber „^bealnienfd)" feine ©teile.


202 .Sparuücf, lieber baö 5)erl)ältnife beö 'iJ.h-Dlogö bea Dterten<br />

ber al5 9}lenfd) nu6 ben 5[)lenf(i)en geboren inevbeu lyivb, lueilt bereit?<br />

bei ©Ott im \")iinmel. ©eboren, mirb er in bie 'oerbürgenf)eit gef)eu<br />

— fei e§ bei ©ott, fei e? auf ®rben — , um bann ju erfd)eincn unb<br />

5U bleiben iic t6v a-.wva (^ofl- 12,3-i). ^^Jöie ^emanb, ber at5 9}tenfd)<br />

geboren werben wirb, fd)on üor (Srfd)affunci ber 3Belt bei ©ott<br />

lüeiten fann, fragte man nid)t, meil man nid)t |.)f)ilofopt)irte, fonbern<br />

©Ott unb ben 9Jlef fias buvd) f oId)e 'öetrad)tung preifen moüte. 9)lad)te<br />

man aber bie Erfahrung, baf? ber erfd)ienene 9)leifia§ nod) nid)t<br />

fofort in ()immlifd)er G)lorie auftrat, fo mar ber 3d)UiB geforbert,<br />

ha^ er ein oo^dCsaO-a-. erleben raerbe (^^ot). 12,23: 13,31), ba^ er,<br />

Tüie er uon: .'oinimel gefommen, in ben öiuimet aufgefaf)ren fei,<br />

um äum ©erid)t in .s^errlidjfeit ^urücf^ufetiren.<br />

©in Jfieil ber 3tu5fagen über bie '^räeriftenj ^s^in im 4. ©oan=<br />

geüum ift unter beut [)ier gegebenen ©efid)t5punft ju üerftei)en.<br />

©§ finb feine 2(u§fagen über „"j^räeriftenj" in bem ©inne, ben<br />

nmn Ijeute mit biefem ^-iBorte oerbinbet; benn fte behaupten md)t,<br />

l ba^ ^efu'o als güttlid)e§ ©eiftraefen (etrca a(5 Aöyoc aaaf-xo?)<br />

lüor feiner irbif dien ©riften^; eriftirt l)aU, fonbern fie uerfe^en ben<br />

'ganjeu 50hMi)d)en in Die uorme(ttid)e ;]Q\t ,^u ©ott.<br />

»^{ber finben fid) nid)t im 4. ©Dangelium anbere Stellen,<br />

jbie eine "präerifteng besi „Sobne^" — unabbiingig nom ©ebanfen<br />

ber 9)leffianität — unb in ber ^-orm eines fleifdilofen ©eiftmefens<br />

ausfagen? ©s mirb bies faft allgemein bel)auptet, unb in einer<br />

9iid)tung ift mirflid] im ©üangelium ein au^erorbentlid)er '^oü--<br />

fd)ritt ber '^etrad)tung gegeben, mie er fid) felbft bei 'paulus ntc^t<br />

fo beutlid) finbet. 2!er "Isräeriftenjgebanfe I)at eine felbft =<br />

ftänbige, bie gan5e "i^orfteUung non 3ßfusi be^errfrf)enbe<br />

Stellung erli alten, ©r liegt nid)t met)r am ^oovi^onte, er<br />

i bilbet nid)t mebr einen ungemiff en .öiutergrunb , er fd)lie^t ni(^t<br />

melir nur bie "»^^erfönlidifeit ^efu in hzn Sßeltjmed ©ottes ein,<br />

fonbern er mirb als eine entfd)eibenbe Stusfage über biefen<br />

^efus oorgetragen, unb er giebt if)m in gerciffer ^S^eife<br />

Selbft an bigfeit neben ©ott. So nur ift es gu üerfteljen,<br />

raenn ber 3läufer fein ßeugni^ über il)n in bie 3Borte 5ufammen=<br />

faffen fann (1,30): Ö-i-jO) ;j.oo zy/tzy.: c/.rqrj 8? siJ.r^ooaiJ'Sv »ioo<br />

-(sYovsv, ozi z^oöJTÖc [J-oo r,v. unb menn es (3,31 f.) l)ei^t: 6 avwö-sv


Grinitigeliumö jiim rtanjcn 2Serf. 203<br />

ogl. 8,23: 'J[J.;ic sx tcov '/.duo ior:. 3710 3/, twv avco siai. 'jjj.ei- 37.<br />

TO'JTOO TOO 7.0'j;i00 sati, S'j'cb 0'J7. 3l.|J.'. 37. TOÖ V.OIjJ.O'J tO'')':''/:). 3^^<br />

einen anberen 3"üi"^»if"^ii"3/ ^6" fP^äififci} ineffianijd)en, iie()ört<br />

üie(Ieid)t nod) bie 2(u§fage 6,33 ; aber bie Senbung, inelc()e bie 9^ebe<br />

mit ben 3»ben bann nimmt, 5eigt bcntlid), \}^^ bie ""^^väeriften,^<br />

uon il)nen al'? '^^nvabo^•ie, ja a(5 ^^la^ptiemie empfnnben merben<br />

fo(i. 2)aran§ gef)t f)evDor, ba^ bev !Cevf. fid) bemüht ift, ctmas<br />

5U jagen, ma§ über bie geuui(inlid)en 'iun-ftellnngen üoni 9)]ejfias<br />

meit f}inau§ gebt. 2)a5 „noni .pimmel gefommen" foll al§ reale<br />

£bat|ad)e oerftanben tnerben nnb erbätt ben ftvengften ©inn<br />

(6,38 ff.). ®ie ^-vage ber ^uben: „3Bie fann bev, beffen initev<br />

unb 9,1hitter mir fennen, jagen: id) bin üom -öimmel bcrabgefommen",<br />

mirb freilid) nid)t beantmortet — eei ift bae; für bie ipaltnng be«<br />

(SoangeIium§ bemer!en§mertl) — ; fie mirb üielme()r benn^t, um<br />

bie ftarfe 2lu§fage §u bringen: „^Jliemanb f)at ben ä>ater gefd)aut<br />

au^er 6 tov ~n.[A (toO) i>soO. oötoc 3corya7.3v tov -aTSfya." SOIan<br />

erfennt, meld}e '-öebentung für ben ©uangeliften "^qä slvai -apo;<br />

Toö ^>3oö befi^en mu^. ^icrt)er get)ören aud) 5(uöjagen mie bie<br />

8,14: o'.oa 7:öv)'3v y.O-ov y.al ;roö oTrdYco. 7,33: OTuäYw z.[jh^ tov<br />

7rs[j/|iavTä ;j.3. 13,3; 16,27. (Statt äzö (Ttci.rA) xoö tJ-soO sSr^Xöov<br />

t'ann ber ©nangelift fogar jraeimat ^ejum jagen lafjen: 37. wj<br />

•0-eoO s^V^'^^^'^ (8,42. 16,28); jeboc^ barf biefe§ „sx", eben raeit<br />

e§ mit 7.-0 nnb -y.rA med)jelt unb meil eei übert)aupt im inerten<br />

@ü. einen jet)r roeitjd)id)tigen ©ebraud) t)at, nid)t gepreßt unb<br />

etroa mit: „au§ bem SBejen" überjetjt merben. ®ie beuttid)jte<br />

©tede bafür, rceld)e ^ebeutung für ben ©uangetiften bie *'^rä-<br />

eyiftenj


I üoraujfet^ung<br />

204 .'ÖQrnacf, llekr bas 2]er()äItniB bee '^.'rtilDßo bco liierten<br />

an ^efus, (Ss fann fomit id)iDeviid) bejiceijelt luevben, tia^ er uid)t<br />

nur eine „ibeale" — rcenn man fie fo nennen wiii — inejftanifd)e<br />

^^iwiften^ ^efu norgefteüt f)at, fonbern eine reale @riften§ bei<br />

(^t '). 9(bev mcber bat er biefe reale ^'iNräeriften^ bei ©ott mit<br />

bem ©obne^namen uevfnüpft, nod) bat er fid) barüber au!Jigefprod)en,<br />

mie fie näber ju benfen ift. ^ie, meld)e ^ene§ bet)aupten unb ^u-<br />

gleid") eine näbere ^avlegunüi ber 2(rt ber ^'^.^räeriften,^ geben, tragen in<br />

bie Jerte ein, ma? bort nict)t 5U finben ift. 9hir ha^ (Sine (ä^t<br />

fid) fagen, bafi bie 3(u§fagen über bie "^iräeinftenj mit ber ©runb^^<br />

be^ ©uangeliften ,^ufammenbängen uon bem ©egeufat;<br />

bes Cben unb Unten, bes -S^immel» unb ber Grbe, bes ©eiftes<br />

unb be5 ^-leifd)e§, ©ottes imb ber ^ßelt. ''Man Ijat fid) aber aud)<br />

' I)ier nor „nu"tapbi)fifd)en" Slusbeutungen ju büten. ^ie ']^räeriften,^<br />

bes eobne? ift für ben in'rfaffer ber felbftüerftänblid)e Sd)lu^<br />

I<br />

iau5 ben 4:batfad)en, bai^ er ber ©efaubte ©ottes ift unb i)a^<br />

(er nid)t uon ber '^elt ift. 3ie entbält barum nid)t met)r, als<br />

mag in biefen beiben ^batfadjen liegt; aber fie bringt ha^ ^u uoUer<br />

unb bemußter 3lu5fage, mas fie entbalten. |^ier ift fein .!palb=<br />

bunfel, fein ß^^'f^i^B^" ^^^' -S^it tu bie ©roigfeit übrig gelaffen,<br />

uielmel)r füf)rt ber ©uangelift .^efum beftimmt in bie ©migteit<br />

,^,urüd unb bebt il)n fomit aus bem @egenfal3, ber ha^^ irbifd)e<br />

^afein beftimmt, berau?. 3{ber es ift bod) ju bead)ten, baJ3 ibni<br />

aud) in biefer "öe5iel)ung bie 9}]eufd)en, meld)e ibnt ber ^-ßater<br />

gegeben bat, nid)t lebiglid) entgegengefe^t finb. 3^ie 5crftreuten<br />

„Äinber ©ottes", bie er in eine (Siubeit ^ufammeufübren fotl<br />

(11,52), erfd)einen allerbing§ einerfeit» ber ^iiselt entnommen (17,6)<br />

-— alfo il)r urfprünglid) augebörenb — unb burd) eine neue @e=<br />

burt, bie eine ©eburt aus bem (Seift unb uon oben ift, erft bem<br />

'ßereid) bes ?5"lfifcl)e5 entrürft unb für ha5 9teid} @otte^ gefd)icft<br />

gemad)t (3,.3 ff.);<br />

aber anbererfeitg fönnen fie bo(^ al§ fold)e be-<br />

,^eid)net merben, bie „iv. ö-eoO" (8,47), ix r/)? cflr^xhiac (18,37) unb<br />

md)t „iy. zob /.6'j'j.o')" (15,19) finb. (Sie luaren fd)ou @ottes.<br />

') ®aö)elf)c g,\it uon ber 'SPoiteriftenj. 23}ie e§ üon bem SOieffiag 12,34<br />

(icißt: rj Xpizibc. aj/ri =:'.; tov alojva. fo i}ei]it e§ 8,3-5 Dom „


GiHingeliiimö ,^um gan3eu 2Berf. 205<br />

beuor er fie bem (Süf)ne gegeben I)at (17,6: csol r^^av xa|j,oi aöioo?<br />

soü)x.ac), unb ^e[u5i jagt üon i()nen : or/. siaiv ix toO y.öau-oo 7.7.i>wc;<br />

sYw o'jx sljil SV. Toö 7.o-![j.oo. 2)ie 2ßieberf)oIung (17,14. 16) mad)t<br />

Diefen (Sa^ befonberS bebeutjam. 5((Iein ha}i f)ier ber geld)id)Uid)e<br />

©ffect sub specie aeternitatis ange[rf)aut roirb, Ief)rt un§raeibeutig<br />

ber ©a^ : sv. roO zd^jj-oo ooy. sors. aüS syw i^sXsCaixrjV ojj.ä?; ix toO<br />

zdaij-oo (15,19). 9hd)t ba§ (5J(eid)e gilt üon ^efu§ felbft. :^xüax<br />

fd)eint eine Slusfage naf)e an biefen ©ebanfen fieranguftreifen —<br />

10,36: 6v 6 Tiarrjp y^^iaasv xal aTTsatsiXsv sie töv xdi[j,ov — unb e§<br />

roirb ftet§ bebeutfam bleiben, ba^ fid) ber ©Dongelift aud) fo<br />

ausbrücfen fonnte; aber biefe 33etrad)tung tritt bod) {)inter ber<br />

anberen ganj jurücE, ba^ ^efu§ ba§ oon ©roigfeit f)er bei @ott<br />

ift, iua§ bie, n)eld)e if)m gegeben finb, burd) if)n rc erben foüen<br />

unb nur proleptifd) bereite finb (al§ bie non @ott ^öeftiinmten unb<br />

@rn)äf)Iten unb be^fiatb @mpfängtid)en ').<br />

3ft aber in biefem Sinn bie ^^räeyiften?^ ^efu im oierten<br />

(Soangelium etma^, ma^ if)n oon allen Slnberen unterfc^eibet —<br />

fie finb nur ha§ sub spe.ciaaeternitatisi raaf^er ift — "), fü gilt<br />

') Tlan barf fic^ bagegen niti^t auf 3,21 beritfen; benn ber 2Ibfd)nitt<br />

3,19—21 jagt tücf)tQ barüber, luie es jum -faö/.a npia-Eiv unb jum tioisiv<br />

TYjv ä/,Y,iH'.av (ju ben in ©ott geti)anen 2ßer!en) fommt, fonbern nur, icas<br />

i^nen mirb.<br />

-) ®ie 23ef)auptung ber neueren ©regeten ()'. namentUd^ D. §oI^mann<br />

©. 88 f.), baß ber Guangelift ©otteö ©rbarmen gegen bie Sünber ni(i)t fennt,<br />

muß icf) tf)eilö für eine <strong>Ueber</strong>treibung tf)ei(ö für ein SJtifenerftänbnife t)alten.<br />

Ter ©öangclift fpricf)t bur(^n)eg fo, ai^ fei bereite 3tüeä entfd^ieben. ©efe^atb<br />

l^at er ftet§ baö ©rgebniß im 3Ujge unb trägt eö in ben Einfang jurüd. 2Bie<br />

crnft er eö mit ber ©ünbe nimmt unb öon mie entfd^eibenber 2öicf)tig!eit i^m<br />

bie ©ünbenoergebung ift, jeigt Mor 31üem 1,29 unb 20,23. (UJtan ngl. aud^<br />

9,41: ri ap.ry.pxia D[j.ü>v [j.£V£'., 15,22. 24 u. 8,21 — 34.) SUtit bem ^iniueiö<br />

auf büö ßamm ©otteä, iDeli^eö ber SÖelt Sünbe trägt, beginnt ba§ ©üangclium,<br />

unb mit ber <strong>Ueber</strong>tragung ber Sefugnife, Sünben ju »ergeben, fc^Iiefet e§.<br />

2)a§, ttjaö bei ben (Sijnoptifern [isxivo-.a ift, ift go. 3,3 ff. tief gefaxt unb<br />

ua(f)brücf(id^ geforbert; e§ flingt in jebem ©pruc^ mieber, ber baoon f)anbett,<br />

bafe man of)ne ©ott nic^tö tl)un fann. SCÖer ben Söerfaffer beö Söriefö mit bem<br />

be^ ©Dangelium^ für ibentifc^ ^ält, bem loirb eä Dottenbö ni(f)t in ben ©tnn<br />

fommen, ju bef^aupten, bafe Sünbe unb ©ünbenüergebung unterfcfiä^t lüürbcn.<br />

ßiegt f)ier ein 9JlifeDerftänbnife öor, mel^e§ fii^ fogar in bie SBorte gefleibet<br />

Seitlc^rift für Sfjeologte unb üixdie. 2. 3at)rg., 3. öeft.<br />

'<br />

14<br />

.<br />

'


, unb<br />

206 §arnacf, lieber ba§ 93erf)ältnife beö ^roIogS bc§ üierten<br />

aurf) f)ier, ba^ 3efu§ ba§, n)a§ ev üon ©lüigfeit ift, al§ biefer<br />

3efu§ ift. 2luc[) in biefem ßujammen^ang nämlicf) finbet fid)<br />

nirgenbS ein .^inioeig auf ein doppeltes m xi)m, auf eine güttlict)e<br />

eine menfd)Iic^e ^atux \). 3lber — luas nod) mei)r fagen<br />

n)iD[ — eä finbet ficf) ni(i)t einmal eine (Spur, ba^ bev ©oangelift<br />

f)ier ein D^öt^fel ober ein ^^roblem erfannt f)at. ®5 fann 'oa^<br />

nur barau liegen, ba^ er überf)aupt nid)t nad) ben ©inbrüd'en<br />

üon 9?aum nnb 3eit urttieilt, fonbern nad) bem ^n^alt. ©eine<br />

„9Jietapf)r)fif", oon ber bod) nur per abusum gefprod)en roerben<br />

barf, fo lange man auf ha5 (Suangelium felbft blidt, rcurjelt in<br />

bem ©a^e, ben er ^efum fpred)en lä^t (6,13): ra f/7][iaTa ä sycu<br />

XeXaXr^xa o[xiv :rvcö[j.ä saitv xai Cw


Soangeliums jum gan.^cn iffietf. 207<br />

befangene ©ebraud) be^ 2ßorte§ „6 Xö-p?" in bem ©uangelium ').<br />

(S§ finbet fid)<br />

, abgejef)eu von bem "»Prolog , 36 mal. 3Id)tmat<br />

loirb öa§ Söovt uon bei' Siebe ^^(nberer gebrani^t, neunmal oon<br />

@in§eImorten ^efu, clfmal non bei* ganzen ^;prebigt ^eW i'^A^'r<br />

5,24; 8,31. 37. 43. 51. 52; 14,23. 24; 15,3. 20'' )• ©d)on<br />

bie§ rcäre auffaüenb, ba§ ber ©oangeUft ^efu§ fo unbefangen oon<br />

„6 XÖ70? [xod" fpred)en läßt, wenn if)m mirflid) ber „l^ogo5>Sf)riftue!"<br />

ber „©entralbegriff" märe. 3lllein nod) mid)tiger finb bie nod)<br />

übrigen ad)t ©teilen. (Sine üon ibnen ift e§ be^l)alb, raeit ber<br />

„Sogo§ ^efu" t)ier eine 3lrt oon *5perfonification erfät)rt (12,48:<br />

6 aiJ-cKüv sp-s X7.1 [xfj Xa[j.ßäv(üV td f/rj|JLaxä |j.oo s/si tov xf>ivovTa aoxöv •<br />

6 XöYoc öv sXäÄTpa, ixEivo? x[>'.vsö aöiov sv f^] £0-/dTifj YjjjLSpc;.).<br />

©(^TOebte belli 3]erfaffer immer oor, ha^ -^efu^ felbft ber Sogo§<br />

(^otte§ ift, fo entftünbe l)ier eine feltfame Qnabrirung be§ 33egrip.<br />

3ln ben fteben anberen ©teilen ift überall uon bem Xöyoc toö t^soö<br />

(= Söort im ©inn ber ©nabenbotfd)aft) bie 9?ebe, unb jmar in<br />

einer SBeife, bie bie ^nnal)me fd)led)tl)in au§fd)lie^t, baJ3 ^efuS<br />

felbft biefer Sogo§ fei ober ba^ ber 3Serfaffer il)u al§ „ben Sogo§"<br />

neben jenem „l'ogos" gebad)t l)aben fann. :3n^ ^)ol)enpriefterlid}en<br />

©ebet f)ei^t e»: „fie (Die 9)lenfd)en, bie ©ott bem ©ol)n gegeben<br />

t)at) baben beinen ßogo§ bemabrt (17,6); id) i)ah^ il)nen beinen<br />

Sogo^ gegeben ('-B. 14): bein Sogos ift 3Bal)rl)eit" (33. 17).<br />

3Beber ift ber, ber bier fprid)t, felbft al§ ber Sogo§ gebad)t, nod)<br />

bebeutet 2ogo§ t)ier etmaS anbere§ al§ „Sel)re". 2)ie§ get)t be=<br />

fonberg fd)lagenb au§ 14,24'' im ^^ergleid) mit 7,16 {)eroor. ®ort<br />

l)ei^t e§: 6 X6'(oq öv äzoösts oox s-jt^v eu-o? dXXd toö 7rs[j.'|;avTÖ!; |j.£<br />

Tratfiöc, l)ier: r^ £arj oioa/r^ o'jx soitv sp/rj dXXd tod 7r£(j/|^avTÖtal xöv Xöyov aoroö xrjpö). ^n unbefangenfter<br />

^eife fagt l)ier ber ©uangelift, ha'^ ber l'ogo§ ©otte§ aud) für<br />

ben ©obn ba§ p beit>al}renbe @ut unb bie 3iorm ift. (Jnblid)<br />

') Siefer unbefangene ©ebraud) ift um fo 5emertcnQUiertf)ev, ali ber<br />

Soangelift ben 3Iusbrucf xä p-r,p.aTa nic^t feiten aniDcnbet unb if)n in bem=<br />

felben Sinne wie & ko-^oz braudjt. Gr l)ätte olfo hm le^tern ^tnöbrucf leidet<br />

öermeiben fbnnen.<br />

14*


208 ^nrncicf, Heber ba§ 3}ert)ältnife beö ^Prologö beä inerten<br />

^ei^t e§ 5,38: tov A670V (toö Traxpoc) ooz s/cts sv 'J[j/v [xsvovra. ort<br />

6v a:rs':5'C£iXsv i/csivoc toöko o'xslc 00 -msosTs. ®er Sogo5 @ottc§,<br />

b. f). feine 2lu§raivEung im fanoni]"d)en SBort, er[d)eint f)iev luie<br />

ein ©elbftänbiges. 3Iber roenn bem 93erfaffer, al» er biefe SBorte<br />

nieberfdjrieb, ber i^ogo§=®f)viftu§ t)orgejd)niebt {)ätte, rcie oerroorren<br />

roären ©ebanfen unb 2Iu§bnirf! „2ogo§ @otte§" ift ber ganje<br />

Umfang ber göttlid)en Se^re, jebeg einzelne @otte§raort, bie f)cilige<br />

©(^rift; aber fd)Iec^terbing§ nid)t§ im ganzen (Soangelium üon<br />

1,19 an rceift barauf f)in, ba}^ ^t]u§ felbft ber „Sogo§" ift ober<br />

fein tonnte ober ha^^ ein 2)oppetfein beab fid}tigt rcäre.


gnaiujcüumö ,511111 gan.^eu SÖcvf. 209<br />

beu '©evfen unb ^Borten, bie er bem Sot}ne gegeben f)at, fonbern<br />

luivb au-sbrücflid) uod) non if)nen uutev[d)ieben (ugt. 5,36 mit 5,37).<br />

'J)a^er fann ber ©oangelift fogar ^efum fpredjen (äffen<br />

: „'Oltemanb<br />

f'ann jn mir fommen, menn nid)t ber 23ater, ber mid) gefanbt<br />

I)at, i()n 3ief)e" unb: „^egtid^er, ber 00m 33ater (bie red)te Se{)re)<br />

gef)ört unb gelernt f)at, fommt ju mir" (6,44. 45). Qm folgenben<br />

!^er§ rcirb allerbing§ fofort ha§ SJlißüerftänbni^ abgefd)nitten, al§<br />

gäbe e^ 3Jlenfd)en auf^er unb neben bem (Sof)ne, bie @ott „gefd)nut"<br />

I)ätten; aber bamit mirb ber ©ebanfe nid)t aufgef)oben, ha^ ber<br />

'^ater ^um (Sofine §ie^t, ha'^ e§ atfo ein unmittelbare^ SBirfen<br />

be§ $iater§ auf bie ^erjen berer giebt, bie er bem ©ot)n gegeben<br />

I)at unb für bie er ba^ Seben beftimmt f)at (ugl. aud) 6,65:<br />

oüSst? Sövatai IXO-siv Tipiöc [le, sav [xrfi -q SsSöjasvov aoT(o ix xoü TraTpd?,<br />

unb 3,27 : 00 Sovaroct avi)-fjco;roc Xajxßdvs'.v ooSsv sav [j/?j fj Ssoouivov<br />

aoT(p £/, Toö oopavoö). ®a^ ber (Soangelift ein fold)e§ unmittelbares<br />

äßirfen be§ 33ater5 in ber SOBelt neben bem äßirfen be§ ©ol)ne§<br />

feftf)ält, ift üon l)ü(^fter ^Sebeutung; benn e§ §eigt, "öa^ er frei ift<br />

non jeber, bie felbftänbige 2öirffamt'eit @otte§ befd)ränfenben tl)eolo=<br />

gifd)en jtl)eorie über ba§ SOBirfen ©ottes. 3(n bie Sogü5tel)re mirb<br />

man l)ier nic^t nur nid)t erinnert, fonbern oielmetir in eine biefer<br />

Sel)re entgegengefe^te 9itc^tung uermiefen. SJian barf bagegen<br />

aurf) nid)t einroenben, ba^ ber 3^9 ^e§ SSater-g §um (Sof)ne lebiglic^<br />

bie 2(u§geftaltung bes ®ebanfen§ ift, ba^ ber ®ol)n nur fold)e<br />

für fid) geminncn fann, bie bereite Dorl)er non @ott ermä^lt unb<br />

für i()n beftimmt finb ; benn menn e§ fid) nur um biefen ©ebanfen<br />

gebanbelt l)ätte, märe eine „3(u§geftaltung" überflüffig, refp. ftörenb<br />

gemefen. ^at fie ber ©oangelift bennod) geboten, fo fann fie nur<br />

ein 2tu5bru(f bafür fein, ha^ er ha§ 3Birfen be§ 3}ater!§ nic^t<br />

in bem be§ (Sol)ne§ aufgeben laffen mollte ^), ha'^ il)m 3}ater unb<br />

©of)n bei aller (£inl)eit beä :3nl)altä il)re§ ^-IBefenS (al§ Sid)t,<br />

^eben unb 3Bal)rl)eit) jmei rcirflid) oerfc^iebene Subjecte finb (6<br />

Trar/jp [j.00 sco


210 ^üvuacf, Heber ba§ 3}erf)ältni6 be?; ''^^rologs beä üierten<br />

t)crfrf)iebene SBeltiuirffamfeit f)aben '), unb dou benen 'i)a§ eine ba§,<br />

n)a§ e§ t^ut, fraft feiner (5etbftl)crvli(i)!eit tf)ut, ba§ anbete fvaft<br />

be§ if)m übertragenen 33erut§, ber freilirf) nid)t nur bie lieber^<br />

tragung eine§ 2lmte§ i[t, fonbern bie Heiligung ber ^^erfon. 3)ie<br />

aJien[d)en fotlen ben (3of)n ef)ren roie fie ben 95ater e^ren (5/23);<br />

aber ber ©of)n i[t tro^bem ber ^^Beinftodf unb ber 5>ater ber<br />

©ärtner (15,1)-).<br />

©5 ift gerai^ eine irrige unb baju nocf) ganj f)o{)Ie Stnfdiau^<br />

ung, auf @runb beren bet)auptet roirb, ba§ 33en)u^tfein ^^\n, raie<br />

e§ im 4. ©oangelium oorgeftetlt rcirb, fei ein einfad) menf d)lid)e§.<br />

9lber es fd)eint mir faum minber irrig, ju bet)aupten, ba§ ^Se=<br />

mu^tfein ^efu in unferem (Söangetium fei \)a^ güttUd)e ober<br />

ein göttlid)e§. 2Ba§ biefes ^emu^tfein für bie neutral=pfi)(^os<br />

Iogifd)e Setra^tung ift, ()at ber ©Dangetift überhaupt nic^t gefagt.<br />

2)a^ er abfidjtlic^ fd)illernbe 33egriffe eingefüt)rt unb aud) für feine<br />

d)riftoIogifd)e ^etradjtung ber ^f)eorie oon bem breifad)en Sdjrift^<br />

finn gef)u(bigt t)at — ob er it)r fonft t)ulbigt,<br />

gefteüt — , t)at fid) unei nirgenb§ ergeben,<br />

laffe id) t)ier ba^in=^<br />

©benfo wenig fü{)rt<br />

Dom 19. SSerfe be^ 1. (Sapitets ab irgenb etmaS barauf, ha^ er<br />

auf bie ^bentificirung non ^efu§ unb einem irgenbroie gefaßten<br />

„Sogos" @en)id)t legt. 2öir f)aben üietmei)r gefel)en, 'öa^ er 2tu§-<br />

füt)rungen bietet, bie biefer ^bentificirung bireft entgegenftef)en.<br />

©ine Stelle im ©nangelium, rao fie fid) als bie natür(id)e @r=<br />

flärung refp. ©rgän^ung bes «Selbftäeugniffes ^efu bietet, f)abe id)<br />

nirgenbsi gefunben ^). ^d) glaube nid)t 5u irren, roenn ic^ be-<br />

') ®er ^ißater rebet bire!t ju 3of)anneä bem Säufer 1,33; er liebt bi»<br />

2ßelt 3,16; er toecft bie lobten auf 5,21 ; er I)at ju 2Jtofeä gerebet 9,29; bie<br />

Sprüche im Otiten Seftament finb feine SprücE)e 10,34 f.; er liebt bie jünger<br />

3efu 16,21 unb erf)ört Don fid^ aus bie ©ebete 16,23, 26 ; 9,31 u. f. Ju.<br />

') §ier tritt bie üoUe ©etbftänbigfeit be§ 2öir!ens beö S3ater§ in ber<br />

aScIt no(f) einmal befonbersi beutlid^ tieroor (2}. 2): tcöcv xX-?]fj.a ev Ifxol fi-rj<br />

tpspov xapKÖv a'ipst aotö, v.al itäv zb v.apjtöv '-pipo\i xaö-aipso auto iva viap-<br />

növ TtXslova cpipsc.<br />

•'') ®ie Sluslegcr {)aben fie an öielen Stellen gefunben. Um fie ju tt)iber=<br />

legen, müßte man eine fortlaufenbe grflörung beä goangeliumsi geben. §ier


©uangeüumö ,^um gonjen Sßevf. 211<br />

f)aupte, ba^ e§ nie ^emanbem in ben ©inn gefommen roäre, beni<br />

iof)anneifd)en ©tiriftug mit bem ate;i-anbvinijd)en ober mit irgenb<br />

einem pevfonificivten göttlid)en Sogo§ ju ibentificieven, wenn biefe<br />

^bentificivung nid)t im ^^Prologe üoUäogen märe. SJtan mivb nod)<br />

mef)r jagen bürfen: man t)ätte bie nic^t §u miberlegen Der=<br />

mod)t, it)eld}e (unter ber 3]ovau§je^ung, ha^ bem ©Dangelium ber<br />

^rolog fet)It) gezeigt {)ätten, ba^ ha§ ©üangelium bie 3bentifici=<br />

rung ^Jefu mit bem £ogo§ nid)t ^utaffe. 2)er 2ßeltt)eitanb, ber<br />

un§ in bem ©oangelium entgegentritt, mag er nun „9Jlenfd)enjot)n"<br />

ober „©ofm" ober „@otte§jof)n" genannt werben, i[t nid)t uon<br />

ber SBelt, fonbern au^ @ott; aber er märe nid)t „9Jlenfd)enjo^n",<br />

„©of)n" unb „@otte§fof)n", menn er nid)t geboren märe b. f).<br />

9}lenfd) märe. @r offenbart ben 33ater burd) feine 3öorte, feine<br />

^eben, feine ^erfon unb uerlangt, mie @ott geet)rt ju werben,<br />

bo er mit if)m ein§ ift. 2lber feine 53e5ief)ung ju @ott ru^t auf<br />

bem Sßillen be§ SSater§, auf feiner ^^egabung unb 3öillen§einf)eit mit<br />

bem 3?ater. ©ben be^f)alb mü^te man it)n al§ 9)lenfd)en be^eidjuen.<br />

^2(ber in ^eiliger @f)rfurd)t I}at ber (äoangelift bie§ nie uuämeibeutig<br />

auggefprod)en, roeil er oerlangt, ha'^ biefer ^eilanb nur nad) bem<br />

@eift unb bem Seben erfannt unb beurt^eitt werbe, bie oon if)m<br />

au§ge()en. 9lur fo erfennt er i^n felber. ^U'^^ot ber ©uangelift<br />

auf biefer "»^Nofition oerf)arrt, mu^ er jebem ^eüenen unb allen<br />

benen, bie wie fie forfd)en unb fragen, oöllig unoerftänblid) bleiben,<br />

^at er bod) bie ^ouptfrage nid)t runb beantwortet, ob biefer 3efu§<br />

„©Ott" ober „9Jienfd)" ift. ^yür if)n war e§ nic^t bie ipauptfrage,<br />

ja, in biefer ftrengen Raffung, überhaupt feine B^rage; benn er<br />

ftanb in ber jübifd)en lleberlieferung. ®iefe aber fannte ein SÖBefen,<br />

für weld)e§ jene bilemmatifd)e 3^rage im ftrengften ©inn aud)<br />

nid)t eyiftirte — ben 9}leffia§. ©ewi^ f)at ber (äoangelift ha§,<br />

muß e§ genügen, gezeigt ju t)aben, ba^ bie iüi(^tigften ©teüen, nitmlii^ bie beä<br />

©elbftjeugniyjeä '^i']u, eine folc^e ©rflarung ober ©rgänjung nic^t üerlangen.<br />

Stm »enigften fann man fie 16,23—26 finben (D. ^ol^mann, ©. 85: „®et<br />

Sogoö a(ä jcitioeilige Sc^ranfe jnDifc^en @ott nnb ben ©laubigen, barum aud)<br />

(Sfiriftuä seitoeiUge ©c^ranfe") ; man müfete benn ben ©ebanfen, bafe ber Söater<br />

größer ift a(§ ber Sof)n unb ba§ bie ©laubigen in unmittelbare ©emeinfd^aft<br />

mit ©Ott treten foHen, für „aleranbrinifd^" :^alten.


212 §ornacf, Webtx ba^ 3}er[)äItniB bce ^^^rologö bcö nicrteit<br />

rva§ ber 5Jleffia§ in feiner ^e5ief)ung ^u @ott unb al§ 3}evtveter<br />

©otteg ift auf @runb ber @rfenntni§ ^efu (i^n]ü in einer 3ßeife<br />

gefaxt bie bie jübifd)e meffiauifd)e ®ogmatif tief unter fid) lie$;<br />

aber bie ©runbform ber Q^orfteüungen uom SOIeffiag i)at er bei=<br />

behalten, @r tjat nid)t gefagt, luie fommt ber 9Jieffia§ gu ©tanbc<br />

unb iua§ ift er ber Ä'onftitution feinet 3Befen§ nad), fonbern er<br />

t)at nur gefagt, rcaS bringt ber 9}leffia!§. 3Bei( er aber erfannt<br />

f)at, ha^ ber 9)leffia§ 3^fu^ '^(^^ f^^^ft ift/ ^^^^ er bringt, ha^<br />

er alfo uor 9{(Iem fid) felbft bringt, unb rceil er beft)n(b biefen<br />

SDIeffiag al§ ha§ offenbare gött(id)e Sid)t, Seben unb SSa^rf)eit<br />

fd)ilbert unb ^um erften 9J^aI in ber @efd}id)te ber 9J^enfd}f)eit ntit<br />

aller ^larfieit §um 2tu§brud bringt, ha^ nur bie ^^erfon bie "ißerfon<br />

befreit — , ge()t er fd)einbar auf ha^ ©ebict ber ^rage nad) ber 5ion=<br />

flitution unb bem SBefen biefe^ ^efusi = 9)leffia5 über. Sldein e§<br />

ift nur fd)cinbar, ober oielme^r: er r)erftef)t unter ber ?yrage nad)<br />

bem SBefen nid)t ha§ „natür(id)e" Söefen. Überall nerfagt ba§<br />

(Soangelium non c. 1, 19 an, reo man e§ nac^ bem „natürlid)en"<br />

3Befen ;jefu befragt. (Sein '^erfaffer t)at bie Jrage mo^l gefannt,<br />

aber gerabe bie äßeife, loie er fie 10, 33—38 beantwortet {)at<br />

(f. oben on feiner ^^pofition ah--<br />

brängen laffen modte. ^ie Stntmort, bie er giebt, ift für ^eben,<br />

ber Don au^en f)erantritt unb mirfüc^ über ^onftitution unb SBefen<br />

3{uffd)Iu^ begef)rt, uöUig unbefriebigenb. (Sie ift „fdjitlernb", menn<br />

man fie f)eUenifd) auffaßt ober mit t)e(Ienifd)en ^-Borausfe^ungen<br />

an fie f)erantritt. 3(ber fie ift befriebigenb, menn man an htR<br />

Segriff be§ 9}leffiag benft unb menn man aus bem 9fial)men ber<br />

religiöfen Setraditung ni(^t heraustritt. Seibe§ fäüt mirflid) bi§<br />

5U einem gemiffen ©rabe jufammen. ®ie >)ie(igion fud)t nac^<br />

einem faparen ^eilanb, an bem fie @otte§ gemi^ mirb unb burd)<br />

ben fie ®oth§: Sirfung erfät)rt; a(Ie§ Übrige ift ii)r gleid)giltig.<br />

3(uc^ bie, rceldje einen 9J^effia§ erwarteten, blicften nad) einem<br />

9Jlenfd)en au§, ber in £raft ^ai)v^\)'§ ha§ 9^eid) :3af)oef)'£i oer-<br />

mirf(id)en foUte. ^n biefem (Sinne ift ber reügiöfe ©tanbpunft<br />

bes (Soangeüften bie nermirftid^te, burd) bie (5rt'enntnii3 ^t]u Gbrifti<br />

entroidelte, gereinigte unb jur abfotuten iKeligion erf)obene ipoff-<br />

nung ^^sraetg. ®er ©oangelift fonnte fid) be£if)a(b feine t)öf)ere


e^nangeliums jum c]nn3cii Äicrf. 213<br />

Slufgabe [teilen imb f)at fid) feine f)öf)eve 3lufgabe ge| teilt, nl§ ben<br />

©tauben 511 eviuccfen, 3eju§ fei ber 9J?effia§, ber ©ot)n ©otte«.<br />

3Ibev freilief) uevftanb er unter „9}^effia§" ei'tenfin unb inteufiu<br />

etRHi5 ganj anbeve?, at^ iiia§ bie :3u'^en unter biefem 'i^egriff uer--<br />

[tanben.<br />

3lber ba^ (Suangeliuin unrb burcl) ben ']5rotog eröffnet. !®ir<br />

f)aben bi^Ijer üon i^ni abgefel)en unb muffen un§ i^nt nun ^u^<br />

wenben.<br />

3unäd)ft — ba§, wa§ ben "Protog mit bem (Sunngetium<br />

oerbinbet, mas jebe 3(btrennung beffelben uom ©uangelium un^<br />

möglid) mad)t, ift bie Übereinftimmung in einer groBen Slnjaf)!<br />

non entfc^eibenben Q3egriffen unb bnrum in ber t()eolcigifd}en Seft=<br />

anfd)auung. 2)en 'iNerfudjon, ben ']3rotog abzutrennen ober gro^e<br />

""^Hirtieen au5 if)m au55ufd)eiben, wirb man baf)er entgegentreten<br />

muffen, fo fd)n}ierig aud) bie 53eftimmung feine§ 3}erf)ältniffe§ jum<br />

©anäen fein mag.<br />

®aj3 bie fünf erften Iserfe be» ')^rülog§ fid) meber aus bem<br />

2t. %. nod) au5 ber Sitteratur be§ fpäteren paläftinenftfd)en ^uben=<br />

tl)um§ erflären (äffen, ift in neuerer 3^if ^^^^^ ntet)reren au^ge-<br />

5eid)neten @elef)rten auf§ grünbfid)fte gegeigt morben ^). ^ e r<br />

Sogo^, ber f)ier eingefüfjrt mirb, ift ber £ogo§ be§<br />

ale;ranbrtnifd)en 3ubentf)um5, ber So g § ^^ f) i l o '§.<br />

'JUd)t^ ftebt m biefen "Werfen, menn man auf bie begriffe at5 ein=<br />

jelne blicft, \va^ nid)t aud) ein iübifd)er "-^^fiitofopl) 2fle;i-anbrien§<br />

l}ätU fd)reiben fonnen-), unb aubererfeit§ — e§ ift un§ fd)led)tf)in<br />

unbefannt, baf3 um ba-s ^laf)r 100 irgenb ein SInberer aU ein<br />

ateranbrinifd)er ']>f)ilofopt) fo fd)reiben tonnte ^).<br />

^er ©oangelift beginnt alfo ben ''^rolog, inbem er ben<br />

') ©tet)e bejoiibcvä 9leuiüe unb §. i^ol^maun, ü. u. D. 6. 34,<br />

uio iubefe nic^t alle aufijefii{)rten *4^araUeIen gleid) jdjlai^cnb finb.<br />

') iöou ber majeftäliicfien ^oi-'i"- i^i? "i^'i" einem ®eiüuö gelingen fonnte,<br />

ift natürlid} Qbjujefjen. lieber bie 5lusuial)t unb eigenttjiimlic^e Slnorbnung beö<br />

I)ier ©ebotenen f. unten.<br />

^) 5lamentlid) ber 3. Süer-j ma6)t ben ateranbrinijdjen Uripvang juieifelloä.


214 .^arnocf, lieber baö 3Serl)ä[tnife beö '^H-ologö beö uierteii<br />

aleyanbnm[d)en Sogo§begriff an bie ©pi^e [teilt unb, luie ba§<br />

O^olgenbe beraeift, biefen 53egriff fortfü()rt, il)n jum ©ubjeft ber<br />

@r5äf)tung mad)t. ®§ fragt ficf), wie er i{)n foi-tfü{)rt unb rcie<br />

lüeit er if)u fei-tl)ält. Um bie§ 311 evf'ennen, i[t eine 2lnaU)[e besi<br />

^rotog§ evforberlid).<br />

2)en und)tigften ^^ingerjeig für<br />

basi 5i]erftänbni§ be» ^rologg<br />

giebt bie 33ergteid)ung feinet 2tnfang§ unb ©d)hi[fe§:<br />

XÖ^OC • ODTOC TjV SV ip/'(i JTpÖ? TOV 1>£ÖV.<br />

Hsöv ooOili; iwpay.sv ttcöttots • [xovoYsvrj;; l>£6c\) 6 wv sie töv<br />

7.dX;rov toö TratpOi; s/.sivoe £:irjYrjaaro.<br />

®er ©ingang er^ät^It, ha^ ber Sogol „©ott" i[t unb im<br />

Slnfang a(Ie5 ©ein§ — b. f). oor allem ©ein — in einer leben=<br />

bigen Se^ieliung 5U @ott geftanben l)at. ®ev (5d)lu^ fe^t 1) an<br />

bie ©teile be§ unfid^tbaren Sogo§ ben fid)tbaren deus unigenitus<br />

(ober ben filius unicus), 2) on bie ©teile be§ ^iluöbrucfs „leben=<br />

bige 33c3iel)ung ^u @ott", ^a^ „in ben ©d)oo^ be§ 3Sater§ ^u--<br />

rücffel)ren unb bort lueilen", 3) an bie ©teile ber 3tu§fage über<br />

ein übcrn)eltlid)e§, für 'iia^ menfd)lid)e 3luge unb ben menf(^tid)en<br />

©inn un5ugönglid)e§ 9}liifterium bie 9}littl)eilung, ba^ bie @r=<br />

fenntnife be? göttlic^e^ 3Befen§ nun ^ugänglid) gemorben ift.<br />

2(ugen=<br />

fd)einlid) ift ber ©ingang bereits in ipinblid auf biefen ©d)lu^uer§<br />

gefd)rieben, unb roenn ber SSerfaffer mit it)m abfd)lie^t, um nun<br />

jur ®r3ät)lung ber @efd)id)te be§ 2Birfen§ ^efu über,5ugel)en, fo<br />

ift offenbar, ba§ er mit ber ©ubftitution be§ 18. 3^erfe§ für bie<br />

33erfe 1 u. 2 bie 2lbfid)t, bie er mit bem "»^rolog gel)abt, erfüllt l)at.<br />

3lllein ber 18. 2Ser5 ift für fid) nidjt ucrftänblid) ; benn \>a%<br />

obfolute „s|-irjYY]aaTo" meift auf ben 17. 3]er§ jurücf, unb eine<br />

Unterfud)ung be§ 33erl)ältniffe§ ber beiben ^^erfe ^eigt, \>0i^ ber<br />

Sroeite bie ^egrünbung be§ erften bringt, obgleich er afgnbetifd)<br />

angereit)t ift unb obgleid) er — n)a§ übrigen§ bei ^egrünbungen<br />

nic^tg 2luffallenbe5 ift — ben ^Segriff, auf ben e§ anfommt, erft<br />

in feiner ootlen ©ro^e entl)üllt. ®a^ nun ber 17. 3Ser§ feinerfeit^<br />

rcieber §ur 33egrünbung be§ 16. unb biefer jur ^egrünbung be§<br />

') Sie S2l. ift f)ier betanntlic^ fditoanfenb.


ßuanfleUumö jum ganjen Sßerf. 215<br />

14. bient, fann f)ier ^unädjft au^er 33etra(^t bleiben. 2)er 17. 23er§<br />

entf)ätt bie SQIittl^eilung, ba§ bie @nabe unb bie ^^abi'i)eit — b. t).<br />

bie üoUe @otte§erf"enntni§, bie nacf) ^nf)alt nnb ^ovm bem @efc^<br />

gegenüberftef)t — burc^ ^efu§ (Sf)riftu§ geiüorben fei. ©ie<br />

!onnte aber nur burd) ibn (un§) rcerben, roeil nur eine ©elbft^<br />

manifeftation @otte§ menfdjlidiem ©inn bie ©rfenntnis; @otte§<br />

entbüüen fonnte unb v^efu^ ®f)riftu^ al§ [xovoysvyj? ö-eöc bicje<br />

Selbftmanifeftation ift '). ®er ßrü(og§ ift mirflid) mie Über=<br />

frf)rift fo J^ema be§ folgenben „@DangeIium§". 5Bie in i^r nid)t<br />

mef)r com Sogo§ bie 9^ebe ift, fo and) nic^t im (Soangetium; ma§<br />

fie aber bef)auptct, roivb mirflid) in ber folgenben @efd)id)t§er5ät)lung<br />

au5gefü!)rt -).<br />

Siebt man genau gu, fo entbält fie in fi^ bereite eine ^e»<br />

grünbung be§ ..ö-sö? [xovoysvy]?'-, bie jebe anbere ^Scgrünbung über-<br />

flüffig 5u mad)en fd)eint. «Ste^t e^ feft, ha^ ^^f^^ (£i)riftu§ bie<br />

öodfommene ©otteserfenntni^ gebrad)t f)at, fo folgt ou» bem Ober=<br />

fa^: .,d-36v oo^sU iwpav.sv ttcozote". mit ftrenger 91ot{)roenbigfeit,<br />

ba^ er felbft ..9-3oc- ift, unb ba er nid)t „6 x)-=&?" fein f'ann, roeil<br />

') SJian erfennt l)ier leitet, luantm bie 82t. [j.civoY£V7]s ^söc, aucf) au^<br />

inneren ©rünben ber anberen ö [j.ovo-csvYji; -j'.ö; iiDräujief)en ift, ßumal ba aud^<br />

ber Sc^Iufe be§ ßDangeliumö ba^j „ö-jo?" loieberum bringt (20,28). 3n ber<br />

S2l. 6 fiovoYEvrjc olö; müfete man jebenfaüö eben bieö DOtoment ouäbrücflid^<br />

erft betonen, roa^ in ber anbern ßSl. aU baö entjd^eibenbe ficf) felber bietet,<br />

b. i). man müfete jenen Stuöbrud fo erüären, ulö ftünbe jj-ovo-pv-fj? 9'sö?.<br />

*) 5man bead^te, bafe ber ®d)lu6 beö eoangeliums ^. 20,28 ba§ „*s6


216 .^TQvnacf, Ucber baö 5]erf)ältiüB bc'j 'l^rotog^ bcä nicvtcu<br />

er gefd)id)t(id)e ^^jerfon tft, fo mu^ er .,»>s6c [j.ovoY£vf|C"- fein ').<br />

2ü]o [inb bie 'i^erfc 17 u. 18 in fid) gefd)lo[fen.<br />

3iber ber ^Cerfaffer fd)eint in bem '^^ii'olog bie 9Zot()iiienbig=<br />

feit empfuuben ,^u f)aben, bie er fouft nircjeub^ in [einer @e[d)id)t§=<br />

er3ät)lung enipfnnben ijat, nac^juiueifen, inie e§ möglid) i[t ba^<br />

biefer ^o^f"^ ®()ri[tu^ «>;öc '^ovoysvt^? ift. ©onft will er überatt<br />

nur geigen, baf? er e§ ift; f)ier fd)eint er einen "DkdjiüeiS geben<br />

ju wollen, mar um er e§ ift. ©5 genügt i()m nid)t, auf ©runb<br />

be§ ©elbft,5eugniffe§ ^s^\n, feiner ^Jöorte unb Sßerfe, ju jeigen, ba^<br />

er au§ @ott unb uid)t uon ber 2ßelt ift, fonbern er antioortet,<br />

mie e§ fd)eint, auf bie ^-rage: „2Bie fann ba§ ^ugefjen?" — mag biefe<br />

g-rage nun oon foId)en ert)oben fein morben, meld)e ben 3:;batbeftanb<br />

glauben ober it)n be^meifeln. ®em '9lad) roeife, mie e§ jugeben<br />

!ann, fd)einen bie ^-ßerfe 1—5 u. 9— 14 ju bienen. "Man beant=<br />

mortete in ber d)riftlid)en (S^emeinbe biefetbe ?yrage mit ben SBorten<br />

„^eiliger ©eift ift auf bie "ilJhitter 3efu gefommen unb .*ilraft be§<br />

.^öd)ften f)at fie überfd)attet ; barunt ift ber ddu i()r ©eborene f)eilig<br />

unb Sobn ©otte^". '3)iefe 3(ntmort t)at unferen ^-Cerfaffcr, fd)eint<br />

ey, nid)t befriebigt. @r get)t meiter gurüd, fuüpft an einen befannten<br />

unb geläufigen ^i^egriff an, aber bilbet i{)n entfd}eibenber äBeife um.<br />

@§ mirb jebod) fpäter feftjuftellen fein, ob ha§, ma§ mir l)ier a{§<br />

fd)einbare§ SJiotiu be^eidjuet ()aben, ba§ roirf(id)e gemefen ift.<br />

^ ®a^ es fid) um einen befannten unb geläufigen ^Begriff l)an=<br />

bett, jeigt bie 3lrt ber (äinfübrung, unb ha^ e§ fid) um eine Unt=<br />

bilbung banbett, lel)rt bie 3Iu5fül)rung. "Die @infül)rung : nid)t auf<br />

6 XöYoc liegt ber -ton, fonbern auf sv apyj^ t^v, auf :rpöc zbv i>aöv<br />

unb auf i}s6c. dlidjt baf? e§ einen Sogoä giebt, mitl er fagen.<br />

^) 3tit biefem "^Uiöbvucf Ueiit ein breifadjes: 1) bü^ göttlid)^ SÖefen,<br />

2) bie Unteri(i)iebent)eit üon (Sott unb bie gcii.t|icf}tU(l)e ©vfc^eiiumg, 3) bie<br />

©injigartiöfeit. ®aö göUlicfie Sßejen folgt aus ber i^r^^f^z^.;. bei (/.'lA^^t'.a^<br />

bie nac^ bem guanfleüum ßid)t, ßeben unb atle ©ütcr einfc^IieBt; bie gcfitii^t»<br />

Iid)e @rf(f)einimg ift eine Stjatfod^e ; bie ©injigartigfeit folgt bavauö, hü^ ei<br />

feftift SJ^ofeö tpeit t)inter fid) läßt. Seftvitteu luirb allerbingö — unb es gilt<br />

bicö aiid) für ben 'Jtuöbrucf ö oio; p.civoYJVfj; — , bafe ber 5lusbrucf bie ge«<br />

jc^id)ttid)e ®rfd)einung innoliurt. 2l(ier man fann lueber im "l'rolog no(^ im<br />

©oangelium eine Stelle nad)Uieifen, nad) ber i)efuö (£l)riftuä alö '£ol)n ©otteö<br />

aufeeri)alb feiner gefd)id)tlid)en grfdieinung tietrQcf)tct luirb ; ficfie aud^ ju 5^. 14.<br />

:


Suant^eliumö .jum gnnjeii ^JBevt. 217<br />

fonbern tpog^pon btefem gogog gilt. ))lki)t an i"oId)e vid)tet ev<br />

fid), bie barübev nufgeffävt lucrben folleu, ba^ ein Soc^o5 ba i[t,<br />

fonbevu an joldje, bie it)n uovau^ie^eu, bie aber l}öreu [oUeu, lua^<br />

er ift. 3Ber ben ^rolog aufmerfjam lieft, luirb nid)t finben, bafj<br />

t)ier eine nene Sebre gebrad)t lüerben joü — etiun bie, baß es einen<br />

Sogos @otte§ giebt, bev erjd)ienen ift — , fonbern er wirb erfenncn,.<br />

ba^ ber 3]erfaffer ein breifad)e§ oon bem befannten Sogo» anefagt:*<br />

1) ha'^ er ö-sö? ift unb iv apyj^ Tipo? zbv d'söv nmr, 2) ba^ ha§ 3)er>(<br />

^ättni^ be'8 bnrd) it)n gefd)affenen i^o5mü§ jn i()in, beni erfd)ienenen,!<br />

bem Seben nnb £'id)t, fein f)arniünifd)e5, nngetrübteg gemefen ift,<br />

3) ba^ er ^leifd) geworben ift. Um biefe brei 3(u§fagen fjanbelt e^^ I<br />

fid) für<br />

i{)n. ^nbem er fie burd)füt)rt, gewinnt nnb red)t^<br />

fertigt er einerfeitg bie 3:I)efe, anf bie e§ i()m anfommt,<br />

'öa'^ ^efu§ (S:t)riftu§ [xovoysvtj? ö-sö; ift, nnb fd)eint fid)<br />

anbererfeits gegen bie SSorftellungen fotd)er 5n rid)ten,<br />

bie in 3^!"^ ^^i"i Sogo§ (5Jotte§ ^umr anerfennen, aber fein<br />

äöefen aU @ott oon 2Irt oerfennen '), fein il^er^ältni^ jnni<br />

^o§mo§ nid)t burd)fd)anen -') nnb ha§ vJ-soc; sv ^apxi auf=i<br />

löfen=^).<br />

©ine furje 3tnati)fe bes '|>rologs! fod bie§ beftätigen. @l ift<br />

oben gefagt luorben, haf; in ben fünf erften ^i>erfen nid)t5 ftünbe,<br />

was nid)t ein aleyanbrinifd)er ^ube fd)reiben fonnte. ®ie^ ift genn|,<br />

aber ebenfo geroi^ ift and), bafi ha§, ma§ f)ier an§ ber Sogo§(ef)re<br />

geboten wirb, eine Stuswal)! ift, bie bereits in ^inblic! anf ojefn»<br />

®t)riftu5 getroffen ift, eine eigentf)ümlid)e Slnorbnung ber 53egriffe<br />

geigt, unb be^f)atb fc^werlid) fo oon einem beliebigen "^nf)änger bev<br />

Sogo§let)re getroffen worben wäre. ^3iad)bem ber ^^erfaffer gefagt<br />

t)at, waei uom Sogoö in feinem ^-i>erbältni^ jn @ott nnb gur 3^it<br />

gilt, f)ebt er ^eroor, wa§ in feinem 3]erf)ältni§ gur ^IBelt gilt. l)lid)t§,<br />

ma§ geworben ift, ift o^ne if)n geworben *). ®iefe negatioe 'iöen=<br />

') Snbem fie if)n für ein blofeeä t)immlifd^eö Söcfen, einen äton fialten.<br />

*) ^nbctn fie eine natürlidie Harmonie junft^en i^m nnb bem ,ßoömo§,<br />

refp. ben iS'.o'., üorauöfe^en.<br />

^) 3nbem fie ben /.öyo? (ben ävcu Xp-axö?) unb ben 3Sefuä fpalten; fief)e<br />

ben 1. unb 2. »rief.<br />

*) ®a§ ö -(i-^ayv^ auf ba§ Qfo^flenbe ju bejie^en, öerinicfeU in unlösbare<br />

©(iÖttjierigfeiten.<br />

^


218 ^"^arnacf, lieber bü§ 3}er{)äÜniB bes Prologe bes oierten<br />

bung be§ pofitiüen 5lu§brucf§: „Trävta ol aotoö k'it>=zo, ift jd)it)evlid}<br />

of)ne po(emi[die 2Ib[id)t. ®er 33erfaffer ge(}t nun gur 58efd)reibung<br />

be5 i^er()ältnif[e6 be? 2ogo5 ju ben 9}lenfd)en über : fie f)aben nic^t<br />

lieben in fid), fonbern in i^m rvax ßeben unb biefcs Seben raav if)v<br />

2id)t '). ®te ^bentificirung non Seben unb 2id)t ift ber Slusbvucf<br />

ber 2Infd)auung ber ibealen ©rößen, bie ber (Soangelift burd)raeg<br />

befolgt unb bie fid) nid)t ohm (£influ$ be§ ipeltenismu^ in i()m ge=<br />

bilbet f)at. 3(ber 5U beadjten ift, t)a^ er nid}t fagt, ba§ Sic^t b. t).<br />

bie @rfenntni§ loar ba5 i^eben, fonbern ba^ Seben raar ba§ 2id)t.<br />

„Seben" ift für if)n ber entfd)eibenbe '-öegriff, lüo „Seben" ift, ba ift<br />

and) bie @rtenntni$. ©eroi^, bie 9yienfd)en bebürfen auf @rben cor<br />

aüem bee; Sid)te5 — in biefem ©ebanfen ftimmt ber 5ßerfaffer mit<br />

Den ^^elleniften überein — , aber nur mer 'i)a^ Seben bat, f)at ha§<br />

Sid)t. ®iefe Orbnung ber 33egriffe ift ber ()eUeniftifd)en entgegen-<br />

gefegt. ®er Sogoä ift ba§ Sid)t. ®a$ ©efc^affene t)at nid)t nur<br />

feinen Urfprung burd) i()n empfangen, fonbern rcirb oon ibm burd)=<br />

leud)tet. A^ier aber i)tbt ha^ tragifd)e ikn1)ältni3 an. ^a^ Sid)t<br />

fd)eint -) in ber 5ii^fterni§, unb bie ^^infternis t)at e§ nid)t ergriffen<br />

(feftgef)alten) -^j.<br />

®er erfte 9iut)epunft im ''^^rolog ift f)ier ^u fud)en. 9tid)t<br />

') Sqö 3mpci^fcft"in ift i'ocf) immer hü§ ber 6rääl)lunfl.<br />

^) Ser 2öed)iel beä Tempus, aber ü5erf)aiipt ber ©ebraud) ber Tempora<br />

I)ot ben Stuälegeru große Stfiunerigfeiten gemacf)t. ©oü bie DormenftfiUc^e<br />

Sßirffamfeit beö Sogoä in ber 2Sett bejeic^net uierben? 2ßo fängt fie an unb<br />

lüo f)Drt fie auf ? Sie jutreffenbfte Söfuug im Sinne beö ©üangetiften fc^eint<br />

mir bie ju fein, baß er, fofern er an bie erleucf)tenbe SBirffamteit beö ßogoiS<br />

benft, beretii immer fc^on bie menf(f)ü(^e SBirtfamfeit im Stuge (jat, aber fie<br />

sub specie aeternitatis betrachtet. 2öie eä in jenen ©paaren fein Qbm unb<br />

fein Unten gicbt, fo aud) fein l^orf)er unb 5nad)I)er. §ätte aber ber (Soangelift<br />

ein lüirftid^e'j, felbftänbigeö ©emic^t auf ben ©ebanfeu gelegt, bafe ber Sogoä<br />

erftens cor ber gefcf)itf)tlicf)cn Srfc^einung, jlöeitenö ev aapx'' geloirft ^abe, fo<br />

I)ätte er fitf) uial)riif)einlii^ anberö ausgebrücft. ©tatt beffen get)t er in einer<br />

majeftätifdfien ©(f)ilberung au§ ber Slüigfeit unb öon ber 2öeltf(^öpfung jur<br />

gef^id^tU(^en Sßjirffamfeit beö Sogos, ber Siefuö (Ef)riftua ift, über. ^i)m ftraljlt<br />

ausi ber Söirffamfeit biefe^j (Sbriftuä bai Sic^t ebenfo über bie 33eraangenf)eit<br />

inie über bie eigene ©egemuart (33. 18: ö cLv zlc. xov xö/.ttov zo'j natpo;).<br />

©0 beurtf)eilt fdjeint mir ba5 ^räfenö (paivc: in 93. 5 befonberä ^arafterifttft^.<br />

®er 33erfaffcr fagt nid)t nur aue, loaä in ber 93or3eit ber i^aü war, noc^ mas


©iiangeliumö 311m gan.^en Sfficrf. 219<br />

eine ®ejcf)id)te t)at öer 55erfaffer ergäfilt — etiDa rcie ber<br />

2oci,o§ au§ ©Ott f)erDorge9angen i[t, n)a§ er Dorf)er unb nad)f)eri<br />

gett)an Iiat, u. f. ro. — , jonbern einen befannten, aber unbe=<br />

[timmten "öegviff eine§ '-JBefen^ i)at er beftimmt, unb er<br />

^at it)n fo beftimmt, baJ3 bieje» 3Befen immer concreter erfd)ien,<br />

@r ift 1) üon (Smigfeit, 2) :rf>6? tov O-söv, S) x^töc;, 4) (Sd)öp|ung5=<br />

mittler, 5) 3i^^)iJ^tn' uon „l\^ben", 6) al§ fold)er bas Sid)t ber<br />

SRen|rf)en. 3lun erft am ®d)lu^ tritt eine ge[d)id)tlid)e ^Husfage<br />

ein: „(^x fc^eint al» ba^ Sid)t in ber 3^in[terni§j unb bie ^infternijj<br />

f)at il)n nid)t ergriffen", ©ofort mirb nun üon bem gefd)id)t(id)en<br />

isorläufer ^efu, :3'^l)^^J^^^ߧ/ gefprod)en (iß. 6 — 8), fo ba^ fd)on<br />

^ier fein ^''^^^f^t barüber fein fann, mer unter bem nät)er be =<br />

ftimmten 'äBefen gemeint ift unb inmiefern fid) ha^ bemat)r^eitet,<br />

'Oa^ bie ^infterni^ it}n nid)t ergriffen I)at.<br />

^a§ ©injelne ber 33erfe (6—8) fann f)ier übergangen merben.<br />

^u bead)ten aber ift ber ©ontraft 5mifd)en: "Ky äp-/?j r^v 6 Xd^o? xal<br />

6 X670C r^v Trpo? töv {)'ädv, 7.7.1 ö-sö? r^v 6 Xöyoc . ooxoc y^v iv if>7tl<br />

TTpo? TÖV d'sdv unb Eysvsto avö-fvODTTO? ocTsaTaXasvo? vrapa ö-soö,<br />

ovo[j.a aÖTw 'IwävTjC * oöroc '/jXiJsv S'.c [lapxDptav. ®a^ t)ier 3Ib-<br />

fid)t oorüegt, r>ielleid)t po(emifd)e, lä^t fid) nid)t uerfennen. 33era 9<br />

greift auf ^^ers 5 jurücl ;3»^ erften 2I)eil be^ '<strong>Prologs</strong> foUte ba§<br />

unbeCtimmte 3Befen .,6 Xö-fo?- immer concreter erfd)einen; nun foU<br />

ber ©a^ : t6 (öc<br />

'f<br />

iv t|j o^oiia 'tv.bjzi, y.at, yj axotta aotö od xate-<br />

Xaßsv, feine concrete Q3eftimmtl]eit erljolten. ®§ gefd)ie{)t 'txx^<br />

1) burd) ^ii'irung be» 3^it"^t)i^^ci^t^ • bamalö als ^oI)auueg pre=<br />

bigte, mar ba§ ma{)rf)aftige Sid}t im 'begriff ju fommen, ja e§<br />

mar bereits gegenraärtig, 2) burd) näi)ere 53eftimmung be§ 53egriff§<br />

axox'la: er lüirb genauer präcifirt als „Seit", unb gmar al§ bie<br />

burd) ben Sogo§ gefd)affene Seit unb al§ bie miber il)n fid) Der=<br />

ftodenbe „Seit". (Sine näi)ere 33eftimmung gefd)id)tli(^er 2lrt<br />

3ur 3eit ^eö gejdjii^tlicfjen SBtrtens ^eju jic^ ereignete, jonbern luas noi) eöen<br />

jutrifft. ®r binbet ^plusquamperfeftum, ''!]3erfeftum unb ©egeinnort äuiammen.<br />

€r fümmt in feiner Sd)ilberiing 53. 1-14 nid^t ber ©egcniuart immer ncit}er,<br />

jonbern bem (£oncretum, iDelc^eö er iion Slnfan^ an im Sluge {)Qt.<br />

•'*) 22)iber bie Deutung betS oh y-ocxE/.aßsv alö „nic^t überuiältigt" fprid^t<br />

baS o&x e-cv(u beö 10. unb baä oo TCapeXaßov beä 11. 3}erfeä. 5(ucf) ift ipra(^=<br />

'


220 ^-xu-nocf, lieber bcvJ 93cvt)ä(tnife beä ''^}ro(og'3 beä uierten<br />

enb(id) ift e§, roenn bann nod) f)m5iu]cfugt roivb, ba§ er in fein<br />

eigentf)um gefommen tft, b. h. 511 bem ^-Bolf ^i^raet. 3{ber bie<br />

2;ragif be§ @rfolge§ evfd)eint nur uerftärft: bie ©einen nalimen<br />

il)n nid}t auf. 2)er allgemeine ©al5 : tö '^ä; sv zr^ 'jxotio;. 'f a-lv:'.<br />

-.ial i] azotia aorö 00 xarsXaßsv. t)at tilfo feiuc concrete ^^.h'äcifirung<br />

in hzn Sä^eu empfangen, ba§ htx, uon bem :5ol)tinne5 al5 bem<br />

2id)k gejeugt f)at in bie bnvc^ if)n gefd)affene 'iöelt gefommen ift,<br />

aber mit bem tragifd)en ©rfolg, ha^ bie „^Belt" i^n nid)t erfannt<br />

Ijat, unb ba^ er fogar üon bem S^olfe be? @igent{)um§ oermorfen<br />

lüorben ift.<br />

SIber nur biefcn 9Jli^erfüIg jur Stuöfage ju bringen, biitte<br />

ben 3:batfad)cn nid)t entfprodjen. ®er 5>erfaffer fügt beeibalb bei,<br />

M^ bei einigen ein berrlic^er ©rfolg bie ^-rudjt be» kommen?!<br />

geroefen ift. ®ie, meld)e meinen, e§ banble fid) im '»^rolog bis ju<br />

SSers 14 um ben „Xöyo? a^apxo?-, geratt)en angefid)t^ ber 3}erfe<br />

12 u. 13 in befonbere ©c^mierigfeiten. ^yn $Ba()rt)eit geigen eben<br />

biefe 5}erfe, ba^ ber i>erfaffer feine fortlaufenbe @efd)id)te be§<br />

Sogo§ er^ä^Ien moUte, fonbern fagen, mer er ift unb n)cld)e§ 3Ser=<br />

f)ältni^ ber erfd)ienene Sogos .^uv '2Beit t)at. ©0 ergänzt er benn<br />

'öen tragifd)en ©rfolg burd) bie ©rflärung, ba^ bas kommen be§<br />

Sogoä in bie 'JBett ben ©laubigen bie ^'inbfdjaft gebrad)t \)ahe,<br />

bie fie burd) eine ©eburt au§ ©ott ^) eriuerben -). ®amit ift ber<br />

gmcite ^u()epunft im "']?rolog gemonnen. Slber nun foU brittens<br />

ha^, roaä fd)on längft fti(tfd)uieigenb uorau^gefe^t mar, jur beut=<br />

tid)en 3{u§fage fommen. )iad)bem ber, ber al§ Sogo§ befannt ift,<br />

nad) ^ÜBefen unb Sirfung be5eid)net morben ift, folt er nad) feiner<br />

gefd)id)tlid)en ®rfd)einung, bie uon 2(nfang an bem S^erfaffer Dor=<br />

fd)mebte, beftimmt werben, ^^araboy roaren fd)on bie 3tu^fagen<br />

Don 5ßer§ 9 ab, roenn man an ben geläufigen Sogo§begriff benft;<br />

lid^ bie Überiettung faum möglich ; enbtid) empftefjlt fie fid) aud) be&t)alb nic^t,<br />

weil fie -rj axotia jit einem Stctiüum mai^t.<br />

') 5Dlan beachte ba^ „ex", f. oben ©. 203.<br />

'-) SM^ereä über bie S3erfe 12 u. 13 gehört nid^t l)ier^er. ®ie öorfano=<br />

iiifc^e S3l. 0? , . . sYövvijö-Tj entfpric^t bem jo^anneifd^en ©prae^gebraud^ nic^t<br />

ganä unb ift ba:^er, obfc^on fie ^öc^ft tt)af)rfii)einlici^ bem Suftin befannt \mx,<br />

tuo^l ju nerinerfen.


(fnangeliume ^um ganjen 2öerf. 221<br />

beim roie fann bie[er i^oc-^os in bie 3ßeit „fommen", unb roie fonnen<br />

\^n bie Seiniüien uid)t aufnelimen? ^itber bas ']3araboj:e[te folgt<br />

nun: „Unb ber Sogo» rourbe ^-leifd)". ^er 33erfa[fer fagt mrf)t<br />

„er raar A'icifd}" ober „er untrbe ^IRenfd)". ^ene^ fagt er nid)t,<br />

med ber Sogo§ nid)t immer ?v(eifd) gemefen ift, biefe§ nid)t, roeil<br />

„J^leifd)" ber ftärfere ©egeufa^ ^u „ßogo^" ift. Stber bas sYsvsro<br />

i[t nid)t fo 5U t)erftet)en, ba^ er nun erft üon bem „Xoyo? aaapxoc"<br />

,^u bem v/^oYoc svaapxoc- übergef)t, foubern bie gefd)id)tlid)e 3^(iat=<br />

fad)e, bie in if)ren Sföirfungen fd)on uon 'Cere; 5 nb in? 3(uge<br />

gefafet mar, mirb nun befonberS t)eroorgeboben.<br />

®er Sogo§ ift mirflid) ^yleifd) geworben unb {)at unter un§<br />

gegeltet, .^atte ber 33erfaffer in 'IserS 12 u. 13 oon ber fubjeftiüen<br />

Jiyolge gefprod)en, meldje bie @vfd)einung für bie ©laubigen batte, fo<br />

feiert er bier bie ®rfd)einung felber, beuor er ibren (Ertrag für. un§<br />

nod) einmal ^um 9(u$brud bringt: „Sßir fdjauten feine \")errlid)feit,<br />

uid)t bie .pevrlidjfeit beg .j.6';o"-, fonbern bie .f)errlid)feit bes ..Xöyoc;<br />

i.v aapT.'!". ®a^ biefe „oöiia" qualitatio bie göttlicfje ift, liegt fd]on<br />

im '^tarnen ; aber roeil fie an einem 9Jienf d)en erfd)aut loorbeu ift,<br />

mirb fie befd)rieben ab3 bie 5öi;a eine§ (Eingeborenen üom 3!}ater<br />

ber. 9lur in ber ^o^'ni eine§ @leid)niffe§ fübrt ber l^erfaffer ben<br />

begriff ber ©ot)nfc^aft ein, unb er fübrt ibn erft ein, nad)bem er<br />

über bie irbifd)e (Srfdjeinung feine ßmeifel gelaffen '). ^n ben<br />

'Porten: ..-XyjptjC yäfv.toc -/.ai äXr^il-sia-- liegt ber Übergang oon<br />

bem objeftiuen (Sinbrud jum fubjeftioen ©rfolg. ®er @rfd)ienene<br />

ift notl ©nabe unb 2öal)rbeit (b. b- ootlfommene @otte§erfenntni^<br />

= cpwc). tiefer Sbatbeftanb, ber in bem, mas bie "^^^erfon ift,<br />

feine objeftioe 'öegrünbung f)at, beftätigt fid) fubjef du : „benn au§<br />

feiner ^ütle l)aben mir aiiz empfangen unb jmar ©nabe in immer<br />

l)öl)erem SJia^e" (2S. 16) -). 3lu§ feiner ^üUe l)aben mir fie em=<br />

') Saß fj.ovoY3VYjC '/:ö- in Söerö 14 nur qIö ©leicfiinfe eingefül^rt ift,<br />

barüber foUte fein ^ii'eifel fein. 5!Jtan föunte aber U)o()l annel^men, ba^ eö<br />

ben Segriff ö [lovoYsvfjC atö? ca. 18) etnteiten foHte unb baß fid^ ber auf=<br />

faüenbe 3trtifel „ö- ^ier auö bem i)orf)ergcgangcnen ©Icidjniife erflärt. Seicfit<br />

ift aber biefe 'Jtnnat)me nicf)t ; eben beßfjatb ift bie 221. |j.ovrjY3VTjC *söc uor =<br />

äU5iel)en.<br />

^) Sen jnnfcfjenUegenben 5]erä 15, ber alö 'ipnrentf)efe ]n »crftel)en ift,<br />

loffe ic^ bei Seite. @r ift eingefc^oben — aus bemfelben (Srunbe luie bie Süerfe<br />

3citfc^rift für 2t)cologte uiib fiirif)e, 2. 3-i')i-''A- •>• 'öef--<br />

1'"^


222 §arnarf, UeBer ba^j 35erf)äItnlB be§ "^Pvologä beä <strong>vierten</strong><br />

pfangen ; benn burd) 9)^o|e5 rourbe (nur) ba5 @efe^ gegeben ; aber<br />

biivd) ^efuS (£briftu§ rouvbe (uns) bie ©nabe unb bie 3öabrf)eit.<br />

dlxin er[t ift bev 'Oiame, bev oom evften 'i^el•l"e nn über bem<br />

Prologe fdjraebte, ber 9lame ^eju (£t)rifti, entf)ü(It. Der 5>erfaffer<br />

ift lüie ein ^^Jtiiftagoge oerfabren. ^^nbem er bie entbütlte ^öabrbeit<br />

feiert, f)at er ben, ber fie gebrad)t Ijat, in ftufenmäßigem @ange<br />

ent{)ü[tt, nid)t inbem er feine @efd)id)te er5ä{)lte, fonbern inbem er<br />

immer beutUdjer ibn al§ ben, ber er ift, unb ber a(§ gefd)id)t(id)e<br />

^erfon befannt ift, oor bie Seele ftellte. „J^'öflft ^^h rc^v er ift<br />

— er t)ei^t ^efus ©brift". ßiiöl^id) aber liegt eine bemerfens^<br />

werte 2öenbung in bem g^ortgang ber 3(u6füi)rung barin, bajs er<br />

T3on 3Ser§ 14 ah bie 3(u5fagen über bie ']>erfon, bie in ber erften .'pätfte<br />

als ^^ebauptungeu uorgetragen luaren, nun au5 bem fubjeftinen (Sin=<br />

brucf unb ©rfolg begrünbet. @r fd)Iie^t mit bem 3eugni^, n)eld)e§<br />

wix bereite oben ^ufammengefapt t)aben : (Jine gefd)id)tlid)e 'IJerfon<br />

rcie 93^ofe5, 3^1"^ ^^niftuei, bat bie oolle @otte§erfenntni^, me(d)e<br />

nad) Jyorm unb ^nt)att bem ©efe^ gegenüber ftet)t, offenbart unb<br />

auf ßrben ju Q3eftanb gebrad)t; er ift — rceil nie ein 9Jlenf(±)<br />

(Sott gefd)aut f)at — ber einzig unb innigft mit @ott, non bem<br />

er ftammt, oerbunbene „@ott", ju bem er jurücfgefebrt ift unb bei<br />

bem er rceilt. — Damit ift ^a§ Dl)ema ber @ef(^id)t5er3ä()lung<br />

erreid)t. '^om Sogo5 aber ift in biejen entfdjeibenben ^i>erfen nid)t<br />

mebr bie 9iebe, fonbern oon ^efus ©briftuei, bem [xovoysv/j^ »"J-sö?.<br />

3.<br />

9Betd)e 9iefultate ergeben fid) aus ber 2tnalr)fe be§ ^^roIog§<br />

im 33ergleic^ mit ber be5 ©oangeliums?<br />

l) Unmöglich f'ann ber (äoangelift ber (Srfte geroefen fein,<br />

ber ben Sogosnamen für ^efu§ (refp. für ben 9Jleffia§) gebraudjt<br />

I)at, üiclmetjr mu^ er if)n als eine t)erftänbtid)e, refp. gebräud)lid)e<br />

6 bis 8 — , um ba§ „;>eyuö ei^riftug" be§ 17. a^erfeä oorjubereiten. 2Baä ber<br />

Säufer in ber ©ei^i($te bebeutet mit feinem Seugnife: „®iefer ift eä", baä<br />

bebeuten bie S^erfe 6—8 u. 15 in ber Öfonomie bes *Pro(og§.


(fpant^cUitm'j 51111: ganjeit SÖerf. 223<br />

S8e3eid)nuufl uoriiefuuben l}aben ')• ^rtbernfaKs er!(ävt firf) bie 2(rt<br />

feiner (äinfübniufl nid)t -).<br />

2) ^^lirft man auf bie 2lu5füt)rimgeu im 'l^roUuv fo evcieben<br />

fidj brei 9Jlö(.3(id)feiten in 33e5ug auf bie 3Saf)l be§ 'i(u5brucf§.<br />

^r fann geiüäl)lt fein, entraeber um t)elleniftifd)e Sefer in bae ^-ßer=<br />

ftänbni^ bev ^]>evfon ^efu ©tivifti, bes ©odnesi ©otte^, ein,^ufüt)ren<br />

(fie für biefes 'Iserftänbniffe^ üorjubereiten), ober um eine falfd)e<br />

2tuffaffung ber ©leidjung „^efu§ fö^riftug = Sogo^" §u berid)-<br />

tigen, ober um bie Set)re uon bem an^ @ott geborenen präeriftenten<br />

.;3efu§ (£bri[tu5 burd) objeftioe Segrünbung fid)er ju fteden. ®ie beiben<br />

erften SJlöglid) feiten fd)lie^en fid) nid)t au§, fonbern liegen fid),<br />

^umal ba bie ^ej^eidjmmg ..6 Xoyo^- für ©briftuö bet'annt mar, fo<br />

:mlie, ba§ man fie in (Sin§ ^ufammenfaffen barf. 'öeibe (äffen<br />

fid) ant-' bem ^'^Nrolog al6 .ßn*^"^^ ermeifen. ©teilt man fid) auf<br />

bcn 3tanbpun!t eine§ ^eÜeniftifc^en £efer§, fo ftebt nid)t, mie für<br />

un§, im "-^rolog ^^^arabore§ ooran, fonbern bie ©ntmidlung fd)reitet<br />

umgefe^rt oon '^ef'anntem gu ^].^araborem ; fie t)ält alfo einen ©ang<br />

inne, mie er angemeffen ift, rao e5 fid) um ^Vorbereitung unb @in=<br />

fü!)rung t)anbe(t. Sufli^iii)


224 §arnacf, Heber bas 58erf)ä(tnt§ bcß ^Prpfogö bcs <strong>vierten</strong><br />

woüen, jo t)ätte er bie 3tu»füf)rung nirf)t fo fd)lieBeu fönneii, luie<br />

er e§ 3>er§ 14— 18 tf)ut. 3lu^erbem rtditete er fidj an ioId)e, bie<br />

ben Q3egriff bes ßogos uorauefe^teu unb ibin entgegentrugen, illfo<br />

nid)t bie objeftioe 'öegrünbung lüar controuers, fonbern bas Subjeft,<br />

um ba^ e:o fid] t}nnbe(te, mar nid)t ftd)er unb ,vttreffenb be=<br />

nimmt, ©nblid) giebt ber '-Berfaffer in bem (Soangelium nirgenb=<br />

Tüo eine „objeftiue" 'öegrünbung ber ®o{)n|d)aft ^efu aus @ott,<br />

übgleid) er eine Q3egrünbung giebt. (Sr giebt nur bie 'Segrünbung, bie<br />

er 9}er6 16— 18 als ©d)(u§ feiner (Einleitung üorgetragen liat M.<br />

3) 5)ie geläufige isorftellung com Sogos t)at ber 'i>erfaffer<br />

nid)t nur üerarbeitet unb umgeftaltet, fonbern il)r bie ""^^erfon öc sv.e'Ivoc kirfCfi'^'y.zrj. 2) ba^<br />

er in feinem ganjen (Süangelium nie auf ben Sogos 5urüdfommt,<br />

fonbern com „eobue", „bem 9Jtenfd)enfol)n", „bem (5)otte5fot)n"<br />

fpric^t, 3) baß bie Unterfd)eibung oon 6 /.öyo? unb -tjäpl in ber<br />

@rlöferperfünlid)f'eit im ©oangelium ebenfo menig ^u finben ift, raic<br />

bie ibrftetlung ber ^)>räeriften5 eine§ aö^oc a'jap-z.oc, 4) ha^ in bem<br />

©oangelium in unbefangenfter 3Beife üom 6 aöyoc toö {^eo-j im<br />

Sinne ber ©nabenbotfdjaft ©ottes gefprod)en mirb -), fo fann man<br />

') 5Dleint man bennocf), bem SSerfaffer fei eö um eine Vernünftige 93e=<br />

grünbung ber ^;|3räeriftenj unb ©ött(icf)feit (£t)n]ti ju tf)un geiuefen, fo f^ättc<br />

biefe für feine eigentlidje Sarfteüung boc^ feine größere Sebeutung gel^abt, aU<br />

bie 2f)eoric oon ber ^ungfraungedurt für bie 3)arfteUung bes 9}tattt)äu3 unb<br />

:Ouca§.<br />

-j 3)er a]!erfucf) t>on Söenbt, ßefire 3efu I B. 306 f., ben ßogüö beö<br />

^roIog§ nac^ ben Stellen jn beftimmen, wo im Söongelium & 'ko-^o-; xoO Osoü<br />

öorfommt, fcbeint mir nicf)t geglücft.


©nangefiumö ,^um qanjen Höerf. 225<br />

fid) bem a§' Unbeftimmte nid)t mebr nötbig. ^niv ben yjcetapl)i)fit'ev, ben<br />

bes 1. unb ben be§ 19. ^at)vt)unbert§, freilid) ift „©o^n @otto§"<br />

.,aovo7=vr,c l>=oc'- bev imtje begriff unb 6 lö'ioc ber beterminirte<br />

aber ha^ für ben ©oangeliften ha^ Umget'et)rte ber J'^U geroefen<br />

ift, jeigt ber ^]5rolog für fid), ba§ ©oangelium für fid) unb ^eigt<br />

ha§ 3>erbältni^, in bem beibe ju einanber ftel)en M- 2Iud) fd)lie^t<br />

ha^ ©uangeliunt nid)t mit bem ©atje: „2)amit it)r glaubt, ^efu^<br />

fei ber l^ogo§", fonbern „ber ®l)riftug, ber ©ol)n @otte§".<br />

4) ^ft es erroiefen, "öa^ ber ©oongelift bem Sogo§ ben ©ol)n<br />

@otte5 O^fiis (£l)riftu§ fubftituirt t)at, fo barf man bie jot)anne=<br />

ifd)e JL'ogo5lel)re weber eine „^^ilfsoorftellung" nennen, nod) gar<br />

bet)aupten, ba^ bie ®aten ber j;ol)anneifd)en Söeltanfd)auung burd)<br />

') 5lu§ beut Srief er!ennt man, luie tonftant bie GeI)rtDetfe be§ 93erfnfferö<br />

t^eiuefen ift. 3tucf) f)ier fte[)t ö X6-,'o? (x-r,; Cwr;;) üoran ; auä) f}ter ift nic^t<br />

TÖ (Cüjc, fonbern -f^ Cwq ber l)Dcf)fte 5lu§brurf; anä) ijitx mirb ber ßogosbegriff<br />

fofort beterminirt: „Sas eiuige ßefien" — nic^t ber Sogoei ober bas Sid^t ift<br />

genannt — „war beim 33ater"; üuc^ f)ier enblitf) fcf)tiefet ber öoüe StusbrucE:<br />

„ö na-T,p -/.al ö fj'.br a-jToö 'Irpö'j; Xp'.:;tö;-' bie 5tuöfüf}rnng üb, unb nnn<br />

f)ei^t 3efu^ nxäft mef)r ber Sogoö, fonbern, wie int ©Dangetiuni, wirb oon<br />

ö Xö-i'o; xo'j *jo'j int neutraten Sinn gefprorfien. ®iefeö tnerfwürbige ä^er-<br />

fa^ren erftärt fic^ battn auf§ befte, wenn „ö Xö-^o?" in ben .^reifen, für bie<br />

ber a>erfaffer f(^rieb, bte beöoräugte Sßeäci(|nung ^tlu. gewefen ift, unter ber<br />

man itjn fannte unb feierte, wenn ber i^erfaffer fie gelten lie^, aber bod) baö<br />

SSebnrfniB füf)(te, fie 3U beterminiren, um bann felbft nur ben beterminirten<br />

SSegriff ju braucf)en. Siodjft beacf)tenswert[i ift eö babei, bafe ixä) aucf) in ben c^rift=<br />

Itd^en Stücfen ber Offenbarung berfelbe 3:t)atbeftanb finbet. ^efu^ 6^riftu§<br />

t)ctfet ber ©o^n ©otteg (2,18) unb f|)ric^t, wie im ©nangelium, oon feinem<br />

SSater (2,27; 3,5. 21); ö 'kö-(oc, [rA 'kö-jo'.) zob d-so^j n)irb in ber Siegel neutral<br />

^e6rau(f)t; aber einmal — an entfc^eibenber ©tetfe — f)ei§t e§: v.al v.ix/.Yjta: xo<br />

ovo}j.a aoTorj • '0 Xö-j-o; xoö Ö-soö (19,13). (Sine ©eterminirung war f)ier ni(|t<br />

nötf)ig, ba fie fic§ an^ bem 3iilontmen^ang non fetbft ergab. 5t(ä ben gött=<br />

liefen ßogos muffen bie Öefer ^efum gefannt unb gefeiert tiaben.<br />

;


226 ^ornacf, Heber bas 2}er()ättniB bcQ Prologe beö nterteit<br />

fie in (ebenbige '-Berbinbuug gebradjt ruerben. @§ lüivb aber aucf)<br />

iingtaublid), ha^ bie 'iöorte ^efu im (Süangelium ^um 2:eil ibven<br />

Urfpvung in bev :^ügo?lebre baben. Sine „ipilfsnorftedunci" i[t<br />

bie 2ogo6lef)re nid)t, lueil fie nirgenbS §u |)ilfe gerufen roirb, roa<br />

man fie erwartet; fie ift üielmebr bem 3>erfaffer geboten gemefen,<br />

unb er f)at fie benu^t, um jum i^eiligtbum be^ ©nangeüums ju<br />

führen, alfo lüirfüc^ alg Einleitung. |)ötte ferner bie Sogog-<br />

(ef)re gar bie ^^ebeutung, bie ^aten ber jobanneifcf)en SiSeIt=<br />

anfd)auung in eine lebenbige ^l^crbinbung ju bringen, fo mu^te fie<br />

in ben dl


(äiHuigcliumö juni saiijen !ilJerf. 227<br />

gelium uub beu übrigen 9xeben eine ^Kei{)e uoii fragen uub ^'^^ro^^<br />

bleinen ab[traf)iveu, bie ber ©üangelift jelbft entuiebev gar nid)t<br />

gefteUt ober anber5 aU mit .ipilfe ber Sogo§Iel)re beantraortet f)at.<br />

®r bt-tt fie nid)t gefteÜt, iimi i{)in bie ©igenart be§ 9Jle]fia§ ai§<br />

be§ t)intmlifd)en tllZenfd)eujot)n^ fein metap()i)fifd)e§ ^]3robtem ge=<br />

lücfeu ift, uub lueil er ha§ ix «')-soö sivai uub bie '^.^räei-iftenj uon<br />

i^m bezeugen fonute, of)ne in p()tlojopI}ifd}e ©frupeln gn geratf)en.<br />

93on einem „?ogo§euangelium" jn fpredjen nnb ben 3e[u§ be§<br />

4. föüfingelinm^ als „2ogo§^(£()riftu§" jn bejeidjnen, ift ba()er irre=<br />

füf)renb. '3)er ^tin§ ber 3(pologeten ift ber „Sogo§ = (£t)riftu§",<br />

©ie fte{)en, in if)rer ßeit beurteilt, auf einem uor ber 3}ernunft<br />

t)altbaren ©tanbpunft. „'JBenn il)r ha^ SBort ben ©ol)n nennt",<br />

läßt ®elfu5 feinen ^uben gegen bie ©Ijriften fagen, „fo ftimmen<br />

irir eud) bei". ®er 4. ©oangelift ^at aber nid)t ba§ „3ßort" ben<br />

„Sobn" genannt, fonbern er f)at ^efum fo genannt unb l)at biefe<br />

^5e5eid)nung burd) bie anbere „ha§ 9Bort" uorbereitet. ^abei l)at<br />

er nid)t geforgt, ob alle ^^üge, bie non bem gefd)id)tlid)en :jefu§<br />

gelten unb bie er felbft anfüt)rt, mit bem gen)öt)nlid) oorau§=<br />

gefegten ^nbalt bes Q3egriff5 „l'ogo§" ftimmten. Ober ftimmt e^,<br />

ba§ ber !i5ater bem ©ol)n fpäter nod) größere Üöert'e geigen luirb '?<br />

ha^ er neben bem (Sof)ne rairft unb ju biefem §iet)t? ©erci^ nid)t;<br />

aber alle ßüge ftimmen bamit, ba^ x^efuS felbft ..6 Xoyoc z'?ic Coyi^c" ift.<br />

5) ;3ebod), loirb man einmenben, in bem 4. (goangelium ftel)en<br />

bie Sßorte: 6 kö'(oc o-if^^ sysveto. 2Bo fie ftelien, ob im '»^rolog<br />

ober in ber gefd)id)tlid)en ^arftellung, ift uöllig gleid)giltig : fie<br />

l)aben überall baffelbe ©emidjt, unb biefeS @en)id)t ift ein ah--<br />

folute§. 3öer fie gefd)rieben i)at, ber t)at in it)nen 'Ozn ©djlüffel<br />

äu feiner tl)eologifd)en SBeltanfd)auung bavgeboten ; benn bie 3Sorte<br />

finb fo geroaltig, ha^ fie fd)led)terbing§ nid)t an bie jmeite Stelle<br />

gerüdt merben bürfen. 3(lfo ift e§ a priori gemi^, ba^ bie Xh^o--<br />

logie bes 4. ©wangeliften uon l)ier au§ §u üerftel)en ift. ^er<br />

vUionotbeismuS, ber ©egenfat^ uon Xoyoc; nnb ^apt, unb bie 3:l)at=<br />

fad)e: 6 1&(oq '^^[4 sysveto, finb biefer Xl)eologie gu @runbe ju<br />

legen.<br />

2)iefe£; Apriori erfd)eint in ber 2;l)at bag ftärffte @en)id)t §u be=<br />

fi^en, 3(llein bei genauerer (Srmägung ift il)m feine ^olge ju geben.


228 ^arnacf, lleBer bnä 2}erf)äItniB beö 'i^^rDlofiS beä üiertcn<br />

2ßir lefen f)eute unroitlfürUd) bas 4. (jDangeüum unter bem überiräl=<br />

ttgenben ©inbnicf ber bogmengejcf)id)türf)en @ntn)ic!Iung. ®a^er t[t<br />

e§ für uns felbftDerftänbüd), ba^ uns baS ..6 aöyo? Gar4 sy^vsto"<br />

— unb jroar genau in biefer g^ormulirung — wie ber £)öf)epunft<br />

bes (SüangeUums er|d)eint unb jugleid) mk ber Cueü etne§ «Stromes,<br />

ben luir burd) bie ^at)rf)unbevte oerfotgen fönnen unb ber bie (eben=<br />

bige ^Beinegung be§ d)riftlid)en @ebanfen§ in fid) gefaxt f)at. ^^ber<br />

lüir ^aben cor ^Xtlem bie '']?flic^t, ^u unter]ud)en, n)a§ ber 8a^<br />

feinem '-ßerfaffer bebeutete. '^id)tige bogmengefd)id)t(id)e 5oi*t=<br />

fd)ritte finb befanntlid) öfters aus „Derfud)ten ;jbeen" entftauben<br />

ober au§ ^ormulirungen, bie erft in ber ,5;iüeiten unb brttten soanh<br />

ben ©inn unb bie 'Sebeutung ert)ie(ten, in ber fie bogmengcfd)id)t=<br />

lid)e Jvflftoren mürben, ober bie man in einer '^eife fructificirte,<br />

bie i^ren Urhebern fern lag. ^Dlan beute an ben „9Jlenfd)enfot)n"<br />

bei Daniel ober an 5ab(reid}e ^-ormulirungen iJertutlian'g ober<br />

3Iuguftin'S. 'i>ergleid)t man nun ben Sa^: 6 X6';oq aaf^ sy^'^^to<br />

mit bem ganzen ©uangelium unb mit bem 'Brief, fo bebarf es<br />

freilid) feine§ ^Bemeife§, ba^ bem 'iierfaffer ber @ebanfe, „ber<br />

9Jlenfd)enfof)n ift oon Oben get'ommen", „ber ©otin ift bei @ott<br />

gercefen unb oon @ott gefommen", ber entfd^eibenbe gemefen ift;<br />

aber uon ber befonberen ^ovmulirung: ö kö'io:^ aa^ol sy^vsto. lä^t<br />

fid) bas nid)t fagen. ^QBeber ift fie if)m „bie ©rflärung" fenes<br />

(Sebanfens, nod) mieberbolt er bie in ibr tiegenben '-Begriffe (er<br />

braud)t jum ^f)eil anbere), nod) oerfolgt er fie in irgenb einer<br />

9fiid)tung, mät)renb er anbererfeit§ burd) feine ^^jvämiffen einfad)<br />

ge^roungen mar, fie einmal ,^u formuliren. 2lu§ ben ''^rämiffen<br />

^jefus (5t)riftu5 ift ber Sogoä unb ;3efu5 Gf)riftUö ift bie gefd)id)t''<br />

lid)e @rfd)einung, bie mir gefd)aut t)aben, ergab fi(^ ha§ „6 Xo-^oq<br />

oy-rjE, =Y3VETo" mit 'Jiott)menbigf'eit, jumal menn fd)on fold)e oor=<br />

t)anben rcaren, bie bie ®rlüferperfönlid)fcit fpalteten, in il)r jmar<br />

ben 2ogo§ anerfannten, aber biefen Sogo§ nid)t üoH unb gang mit<br />

ber gefd)id)tlid)en (£rfd)einung ibentificirten. 9iirgenbmo geigt ber<br />

4. (Soangelift etmaei oon bem beraufd)enben (Sinbrud, ben bie 3^olge=<br />

geit an bem ö Xöyoc aar4 rc^v^io gemonnen bat; nirgenbroo bringt<br />

er eine ^ormulirung, bie aus biefem ©a^e gefloffen ift. ®a§<br />

^renäif(^e: „(£r ift geraorben ma§ mir finb, bamit mir mürben


©iiaiu^eliumä ^um c]anjen Z'iiü. 229<br />

roa? er ift", liec^t ntd}t in feinem (5)e[ic{)t§t'i-ei]e. (Sv fennt einen<br />

oerroanbtcn ©ebant'en; aber biefer ©ebanfe tantet fet)r anbev^:<br />

„bamit fie ®in§ feien (5leirf)n)ie mir; bamit bie Öebe, mit ber bu<br />

mirf) liebteft in ibnen fei nnb id) in ibnen".<br />

3Iber, raenbet ntan ein, bie gnn,^e Unterfd)eibun(:5 uon ix toö iJ-soö<br />

unb S/t zob xöaij.oo, uon Oben nnb Unten, üon @eift nnb ^-leif d), bie ber<br />

2;f)eoIogie be§ ®iiangelinm§ ju @runbe liegt — biefer überbrüctte nnb<br />

bod) nic^t überbrücftc 2)naü§mu§ entbält in fid} fd)on ha^ ..6 XÖ70C<br />

•z^.[4 sYsvsTO" iiuplicite. 3)er 2)nali5mns, fagt man, ift pf)ilonifd);<br />

fomit ift in bem ®uali§mu§ ber £og,o§ mitgefe^t; ber ©bi'ift con=<br />

ftatirt ibn, f)ebt it)n aber für bie ©laubigen eben bnrd) jenen ©alj<br />

auf. SWein ber ®uali§mu§ ift an fidi nid)t aIeranbrinifd)=pbilo=<br />

nifd), fonbern er ift ber bem (Suangelinm felbft 5U ©runbe (iegenbe<br />

@egenfat) oon ^immetreid) unb ^rbifd)em in einer ^^ormuürung,<br />

bie aderbing^ nid)t gan^ obne ®influ0 ber bejieniftjfd)en ®enfmeife<br />

p Staube gefommen ift. 3Iber biefer ©infln^ liegt nid)t in bor<br />

9IufnaI)me oon ©djulfä^en ober in einem ermai^ten ^^"tereffe an<br />

ber S^osmologie ober an einer fo5molügifd)eu 'Begrünbung etl)ifd}er<br />

''Probleme '), fonbern in ber 33ergeiftigung unb reinen 3)arfteÜung<br />

ber ©egenfätie unb in if)rer ^-ormutirung uom ©tanbpunt't be^<br />

nun erft enuorbenen Seben§ unb ber noden @otte§erfenntni^ au§.<br />

.^pierauf baben aber oprüd)e ^yerfaffer in biefer ^^e,^ief)ung ben<br />

Porten 3^fii urib ma§ er ber t)eÜeniftifd)en üuft, bie er geatbmet<br />

t)at, oerbanft. :3


230 §arnacf, lletier baß iBei()äÜiüB beö '^-'I'o'liqö beö öierteu<br />

taffeii, a(6 mnu nad) bcm *']>rolog anjunediueu gcneiqt i[t '); aUeiu \6)<br />

leugne biefen (Siuflu^ uid)t. SDag aber mu^ id) in Slbvebe [teilen, ba^<br />

gerabe ber i^ogoöbcgriff uon f)iev au§ gef ovber t er|d)eint. ®ev 'Be-<br />

lüeig {}ievfür i[t nid)t evbrad)t, unb nad) bem, ina§ wir über ba§ S^ev-<br />

bältni^ bes *'|>rolog§ ^um (Snangeünm feftgefteUt baben, mu^ eei al§<br />

ein üevbängnisnoüev ^^'^tf)wi^i ev[d)einen, ben ale^-anbvinifdjen Sogog<br />

ober einen au§ bem ^'^^rolog al§ ber „Ouinteffen^" be§ ©uangelium^ ju-<br />

red)t gemad)ten £'ogoei ^um ftillen ©oefftcienten be§ 3^11^^ ©bviftu? ^u<br />

niadjen, ber im i&v. fpridjt, unb feine hieben au^ biefem (£oefficienten<br />

ju erfUiren. 2)er ''^rolog be§ ©uangeliumä ift nid}t ber<br />

(Sdjiüffel 5um 3Serftänbni^ be§ ©oangeliumS, fonbern<br />

er bereitet bie f)eUenifd}en Sefer auf biefe§ oor. ®r<br />

fnüpft an eine befannte ©rö^e, ben Sogo§, an, bearbeitet<br />

i()n unb geftaltet ibn um — falfd)e ®f)riftü(ogieen imiplicite<br />

befämpfenb — , um ibm ^efu^ (£^riftu5, ben<br />

jjLoyoYsvTj? »>söc. ^u fubftituiren, refp. if)n a(ö biefen .^efuS<br />

ßl)riftus 5u entt)üllen. "i^on bem 9}Zomente an, wo bie§<br />

gefcf)ef)en ift, ift ber Sogoöbegriff fallen getaffen. 2)er<br />

'-öerfaffer er^äblt nur nod) uon ^efug, um ben ©tauben<br />

(^u begrünben, tia^ er ber ^Dleffiaö, ber ©ol)n @ütte§<br />

fei. tiefer ©laube bat ju feinem .'pauptftüc! bie a(n=<br />

erfennung, ha^ -ö^U^"^ öus; ©ott flammt unb uom<br />

tS'^immel; aber ber '-üerfaffer ift lueit uon ber ^J(nfid)t<br />

entfernt, biefe 3lnerfennung aus f oSmologif d) = pbilo=<br />

fopl)ifd)en (Sriuägungcn ,^u bemirfen. 51 uf @runb<br />

feines Selbft^eugniffes unb roeil er uolle ©otteg-<br />

') Sie gntfcf)ctbuug über bas DJUiB bce einfluües (legt bariii, ob luic^<br />

beut (suarnjeliften ßi^t unb üibm nlö DJIittbeUung Cscfu lüdilö aubereö finb<br />

nl§ baö, )x>a§ ber Sogoö überf)Qupt ber iißelt giebt, ober ob Dom ßogoe nur<br />

tu §tnbltcf auf ^tin^ gejprod^en mirb. 3^erner, ob ber, uield)er bas 2Bort 3efu<br />

onniiuint, bamit nitr bie 23eftiininung erfüUt, bie id)on in t{)nt liegt, unb bie<br />

grofee Sd)eibuug beö ©laubenö unb llnglauben'3 nur anö Cid)! bringt, toaö<br />

fc^ou juoor liorl)anben ift. Sluf jene fyrage anttoortet unjere ganje 3lbl)anbUiug;<br />

biefe {Jrage barf nicfit otjne 3iürfticf)t auf 6ap. 3,3 ff. beanttt)ortet loerben.<br />

(fnblid) finb bie buatiftifd^eu 3Benbungen, bie in it)reu O^orinulirungen a!(ej;an=<br />

brinifdien ©influfe iierratf}en, aud^ unter ben ©efid)töpunft ber ^räbeftinationö=<br />

lct}re ju fteüeu.


©iHingeliume jum ganjcn SBerf. 231<br />

erfenntui^ unb ^eben — fcl)lerf)tf)in überirbijd)e, gött^<br />

lid)e @ütcr — gebraci)t f)at, ermeift jid) ^^ejus und)<br />

bem Guaugelifteu a{§ bev SJleffia^, ber ©o{}u ©ottes.<br />

6in au§ge[prüc^euer ©cbanfe luivft uid)t immer nuv in ber<br />

9^ic^tung iiub in bem '^Jla^^, iiie(d)e ibm fein Ur()eber gegeben bat,<br />

fonbern nad) eigener ^ogif unb eigenem Sdjmergeroid)!. ®er @e=<br />

bnnfe: 6 äöyoc lar^ sYsvcro, {)at eine @efd)id)te gebabt, bie non<br />

bem nierten ©uangeliften uid)t abfidjtlid) fo begonnen morben ift.<br />

^mar meiJB man nid)t, meld)eu 3lutbeil ber ^^rolog bes! (Suauge^<br />

lium§ an ber '-Verbreitung unb 'üusgeftaltung ber !L'ogo5(et)re in<br />

ber Slird)e gehabt i)at, u)ie man aud) nid)t mei^, mer juerft bie<br />

;3bentificirung be§ 9Jlef[ia§ ^e[u5 unb beei SogoS noU,n''gen i)at<br />

— aber ebne (Sinftufs auf bie ^Keception unb (Sntmicflung ber<br />

Sogoi5let)re ift ha^ 4. fönangelium fdjon im 2. 3al)vt)unbert uid)t<br />

gercefen, unb fet}r balb mirb nmn es fo gelefen ^aben, luie man<br />

e§ t)eute uod) meint lefen ^u muffen, al5 baei „Sogo^eDangelium".<br />

^jn äßabrbeit jebod) entl)ält t)aä (Soangelium feine Sogosleljre, fon==<br />

bern e§ enttjüüt ben 2ogo§ a(§ ^efus ben (£(}rift, ben ©ot)n @ütte§;<br />

e§ befc^reibt il}n, hm t)eibnifd)e, jübifdje unb d)riftlid)e ^ieligions-<br />

pbitofop{)en ju fennen glaubten, als hm emigen Sobn ©otte§, ber<br />

,3efuö (S;f}riftU5 ift.


232 §errmann, 3)cr gefc^ii^tltdje Stiriftug<br />

per gefdjidjtUdjc (ri|riftu5 öcr 05ninD unferes ©Inubeuö.<br />

3]on<br />

9B. ^crmmnii.<br />

^05 obige Jl^ema hcii^^ irf) in ber 3^itlrf)i>'ift „^^voeie De§<br />

(S^Iaubens" (1889— 90» in ':Mu6einanbeiiclunu]en mit ü. 9iatl)ufiu6<br />

unb @rau bet)anbelt. ^d) f)atte babei an bie 'Eingriffe biefer 2;beo=<br />

logen auf meine frü()even 3(uyfübrungeu angefnüpft. ®ie 5i>evf)anb=<br />

hing mit @vau im „Q3eniei5 bee ©laubens" fortzulegen, bin id)<br />

leiber baburd) uerbinbevt morben, bafe meine ^^\t buvd) unfere 3eit=<br />

fd)vift beonfpvud)t mürbe. 5Jhtgemirft bat babei aud) ber Umftanb,<br />

ha^ @rau in feinem legten gegen mid) gevid)teten 5(uffa^ ^ar=<br />

legungen oon 5iaftan mit ben meinigen ju einem Stngriffsobjeft<br />

oerbunben I)atte. ®enn fo febr id) mic^ aud) mit ^aftan in ber<br />

|)auptfad)e oerbunben roei^, fo giebt e§ bod) aud) 5iüifc^en un§<br />

tt)eologifd)e 3)ifferen5en, bie e5 als untf)unlid) erfd)einen (äffen, mir<br />

furjmeg bie ä^ertretung feiner Sä^e ober il)m bie ber meinigen §u=<br />

5ufd)ieben. 33or ^2((Iem aber ging bas nid)t an im 33erfoIg einer<br />

fold)en '2ßed)felrebe, mie id) fie mit @ r a u begonnen f)atte. ^enn<br />

menn babei etnuis ^Ocü^lidje^; fierauefommen foU, fo ift es nötbig,<br />

ha^ fid) jeber ber ©treitenben auf ha^ Strengfte an bie Xbefen i)äit,<br />

bie ber ©egner jur 5>erbanblung bargeboten bat. ^d) batte bas<br />

getban; @rau ift (eiber baoon abgemid)en. ©s ift mir bat)er fd)on<br />

besbatb na()e gelegt, ha§ 3:bema in anberer ^-orm roeiter ju erörtern.<br />

3u meiner großen ^reube f)aben aud) anbere bie ^^Md)tigfeit ber<br />

^rage cmpfunben. Cppenrieber (^}Mie Slird)lid)e 3^i(l"cbi'if(<br />

1891, S. 312 ff.), ©raalb (2)er gefd}id]t(id)e Sbriftusi unb bie<br />

fi)noptifd)en ©oangelien. Seipjig 1892) unb uor 2ll(en 5^ä()ler<br />

(2)er fogenannte biftorifd)e ©bviftus unb ber gefd)id)t(id}e, bib(ifd)e


ei" (Sriinb urtfcvcö (Slnubcns. 233<br />

©firiftug. ^eip^ig 1892) [inb mit 511111 2:()ei( fd)arfer 2Öenbung<br />

gegen mid) barauf eingegangen. ©5 rairb fid) immermet)r f)evan§=<br />

[teilen, ba^ auf bem 33oben biefer Jyrage ber ©tveit 5ir)ifd)en ber<br />

neuen t(}eoIogifdien '].Hi[ition, bie man bie fr{it]d)r]d)e Sdjute nennt,<br />

unb ben anbevn tf)eülogifd)en ©rnppeu entfdiieben rcerben luirb.<br />

^-SBer inneilialb ber enangeüfdKn Rheologie bev (^egeniuart feine<br />

Steüung nelimen luiÜ, bat an biefem ')?unfte bie iuid)tigfte (£nt=<br />

fd)eibung 511 treffen.<br />

®er Streitpuiitt ift bie alte ^^xaQt ber ^Deformation : luie werbe<br />

id) beffen geiui^, ba$ id) einen gnäbigen ©ott f)abe? ^n ber d)rift=<br />

tid)en ^ird)e ift feine anbere Slntmort barauf moglid) al§: burd)<br />

3efu§ (£f)riftu5. 3Iber biefe 3(ntiiiort treibt ^u einer neuen ^rage.<br />

@^ fragt fid), wie mir gegeniuärtig 3efu§ (Jbriftu^i als ben C^runb<br />

bes ©laubeuö erfaffeu, ba|3 q^ einen @ott giebt, ber un^ aus ader<br />

^Jiotb unb Siinbe berausfübren mid. ^afs uns bie i). Sdjrift ha^n<br />

bient, ift für eoangelifdie (£bi'iften felbftuerftänblid). 3lber fie f)i(ft<br />

uns nur, menu mir fie rid)tig gebraud}en. 2(us ber fatboIifd)en<br />

Äird)e h(^bm mir einen boppelten ©ebraud) ber i). ©d)rift über=<br />

nommen. Sie bient uns a(s ©efet^bud) reügiöfer 2ebre unb al§<br />

@rbauung§bud). ^ie eüange(ifd)e Slird)e ift ber <strong>Ueber</strong>^eugung, ha'^<br />

fie in beiben ^^ejiebungen mit bem @rbe ber alten ^ird)e erft red)ten<br />

(Srnft mad)e, benn fie bat bie '53ibe( bem '•-Polfe gegeben unb miÜ<br />

in ibrer 2ebre fid) ftreng an ben 'Jlusbruct bes ©laubens binben,<br />

ben bie f). ©d)rift bezeugt. ©0 gebraud)t fie bie b- Sd)rift, meil fie<br />

baoon überzeugt ift, ba§ burd) biefes 'Sud) ©ott gu uniS rebet. Slber<br />

in ber eüange(ifd)en Hird)e bat fid) nod) ein britter ©ebraud) ber<br />

b. Sd)rift ausgebreitet, ©ie mirb gebraud)t als eine Urfunbe ge--<br />

fd)id)tlid)er ^^uftänbe, bie ber ©egenftanb biftorifd)er (^orfd)ung finb.<br />

^a§ biefe miffenfd)aftlid)e 3{rbeit aus bem 4:riebe be§ ©lauben?<br />

entfprungen fei, beffen tbeuerfter irbifd)er '-öefi^ bie 'Sibel ift, mirb<br />

fid) fd)merlid) bebaupten laffen. 'über fie i)at in ber eöangelifd)en<br />

^b^ologie eine fold)e 9Jlad)t gemonnen, meil fid) bas ©laubensi^<br />

intereffe eoangelifdier (£briften mit ibr nerbinben fann. Denn fo=<br />

balb mir uns baoon überzeugt baben, ba^ mit hm ^Mtteln ber @e=<br />

fd)id)t§forfd)ung überbaupt etroas au55urid)ten ift, roerben mir aud),<br />

je tf)eurer uns bie 33ibel ift, münfd)en muffen, ha^ biefe 9Jlittel bei


2M §errniann, 3^er geic^icf)t(trf)e (ftiviftii^<br />

if)r gebmud)t raevben. @5 faun beni ©(aiiben nicf)t gleid)gt(tig fein,<br />

ob ba» '^efte getban inirb, um gerabe auf biefem @ebiete ha^ uac^-<br />

lueisbav '®tvflicl)e t'lar ju [teilen. 3Iuf jebeu ^-all unirbe euauge=<br />

üfd)ev (glaube e« nicl)t oevtragen tonnen, luenn ev fid) eingefteben<br />

müBte, bnf? ev um feinetmiüen bte Jan*id)ung nad) bev 3Bal)rt)eit<br />

aufbalte. ^a^ miü auf allen Seiten bev eiiangelifd)en Jbeologie<br />

nienmnb.<br />

3Ibev bev 3Iuffd)nning bev l)i[tovifd)en ^ovfd)ung t)at nun t)ier<br />

•libnlid) gemivft, mie bie gemaltige (Sntmidlung bev ied)nif auf<br />

i05ialem ©ebiete. 'QBa^ in unfevm ^abvbunbevt bie @efel{fd)aft<br />

buvd) bie 3iege bev ©efe^bud) veligiöfev Se^ve.<br />

9}land)en fd)eint biefev Sa^ ju meit gu gveifen. @v mivb and)<br />

babuvd) evft vid)tig begven§t unb in feinem rid)tigen @inn gefid)evt,<br />

't)a^ baneben bead)tet mivb, rcas tvo^bem hk l). Sd)vift bev ^ivc^e


ei- ©ruiib unfere^j tSlauben^. 235<br />

bleibt, ©ie bef)ält in bev .Viivd)e bie .s>cvrjd)aft. (Je iinive lange<br />

uid)t genufl, luenn unr bie '-Bibe( nur aU ha^^ uuuevc;leidilid)e (Sv=<br />

bauunti§bud) lüüvbigen luollten. ?yiii- einzelne (£bvi[tcu mag ba'?<br />

au$veid)en, für eine llird)e, bie Änod)en bat unb fid) nid)t in ein un-:<br />

bogmatifd)e§ ©bviftentuni auflöfen u)i(I, reid)t es nid)t au^. ®te<br />

!ÖibeI bleibt un? ha^ 'IBovt (^otte§, weit fie uns ben @ninb besi<br />

©taubenä bavveidit unb uuy ben ©tauben jetbft in feiner '^ottenbung<br />

:§eigt. 3tber trot^bent ift e-? nötl)ig, e§ unumnninbcn au'^,^ulpred)en,<br />

ha^ für feinen uon un^ bie l). 3d)rift nod) ba^ ©jfelUmd) roligiöfer<br />

Se^re fein fann. ^-löer fie unter uns nod) als fotd)e5 gebraud)t,<br />

f)anbe(t gegen feine Heberjeugung, wenn er fid) beffen oietteidjt and)<br />

nid)t bewußt ift.<br />

%\\ einzelne ©rgebniffe ber biftorifd)en 5o^')"rf)""9 t'v-aud)en<br />

wir nid)t 5U erinnern. ®a5 @ntfd)eibenbe ift bie 2;(}atfad)e, ba^ fie<br />

überbaupt auf bie biblifd)en 'öüd)er erftrecft wirb, ^enn fobalb<br />

bas gefd)iebt, wirb an biefeu 'öiid^ern etwas uorgenoinmen, mat-:<br />

gegenüber bem ©efepud) be§ @tauben§ abfotut un^utäffig ift.<br />

\hu<br />

antaftbar unb unerfd)üttertid) mu^ baS fein, bem ber ©eborfam bes<br />

@tauben§ gelten füll. Mn^k id) mir baber fagen, ha^ biefer @e=<br />

l)orfam ber l]. 3d)rift gebübre, fo würbe id) gegen bie l)iftorifc^e<br />

^orfd)ung, bie fid) il)rer bemäd)tigen will, wie gegen ben Teufel<br />

kämpfen. Jbnt ha^ bie euangelif d)e Rird)e ? ©§ giebt feine ©ruppe<br />

ber euangelifd)en Ideologie, bie bie 5lraft unb (Sntfd}loffenbeit ^iv^n<br />

aufbräd)te. Ob man fid) in ber ^ritif möglid)ft fonf eroatiu ober<br />

möglid)ft rabifal oerbält, trägt für bie .f)auptfad)e gar nid)t5 au§.<br />

@in ©efe^bud) bes @lauben§ üerträgt überbaupt feine ^lU'itif, weber<br />

an feinem 2ert, nod) an feinem ^nbalt. ®s ift begreiflid), t)a^ bie<br />

•c^riftlid)e ©emeinbe in weiten Greifen ben möglic^ft fonferöatioen<br />

^ritifern befonbere @unft fd)enft, weil fie uon bereu Slrbeit ben<br />

©inbrucf empfängt, ha^ fie im ©ruube alleS beim Otiten laffe. Um^<br />

fomel)r ift es bie Sßiiidjt fotd)er ^ritifer bie ©emeinbe barüber auf=<br />

juflären, t)a}i bog ein ^r^'t^um ift. SBenn bie 2Biffenfd)aft über=<br />

f)aupt an bie biblifd)en ^üd)er berantritt, fo fe^t fie l)ier, wie überall,<br />

il)ren ©egenftanb in 'Bewegung. (Sine SCBiffenfd)aft, bie it)ren @e=<br />

genftanb fo tie$e, wie fie il)n empfing, bie nid)t bie bi»t)evigen 33or=<br />

ftelluugen barüber berii^tigte, wäre il)re§ 3lamen§ nid)t wert^, bes=


236 ö e r r m a u it , Ter gefcfiic^thc^e (£f)iiftui3<br />

Iialb nutß eine 5^ird)e, bie mit bein ©edovfam tie§ ©(aubens (Srnft<br />

nmdieu fod, bie 9}ladit, bei* fie unbebincit ciebord)eu rciü, bem Um=<br />

bilbuugspro.^eB ber rDiffenfd)aftlid)eu SIrbeit eutrüdt trtiffen. Xev<br />

I). (£d)i'ift a(fo, 5U bev bie euaugelifd)e kkdyi hix 3Bi[feui"d)aft h^R<br />

^ugaiifl uevi'tattet, gebovd)! biefe 5livd)C nid)t uubebiugt.<br />

XiiB bie ^-urd)t uov ber ©emeiubeorttioboi-ie ober ha^ Ww<br />

uermögen, 511 prin^ipieüev 5^(av^eit oor^ubringen, biefe 3:batfad)e<br />

üerfd)(eiert, ift ein fd)tüeve5 Uebel. '-Ißiv flagen über bie ^^Jlad)t=<br />

tofigt'eit ber eDange(i[d)en '^rebigt gegenüber bem mobernen (S)eifte5=<br />

leben. 2Iber einige 3d)u(b baran trägt bod) aud) bie Slird)e, bie ber<br />

©emeinbe gegenüber fo tbut, al^ ob ber b. 3d}rift nnbebingt ge=<br />

bordit werben muffe, aber nid)t ben ^Jlutb finbct, ber l:beologie bie<br />

t)iftorifd}e 'Arbeit an hm biblifd)en 'öüd)ern 5U uerbieten. l)tefe<br />

.^albbeit bleibt nid)t uerborgen. Sie Iäf)mt nid)t nnr bie 3:f)atfraft<br />

bei ben amtlid)en '-ö^rtretern ber 5lird)e, fonbern fd)iLHid)t and) M^<br />

33ertrauen jn ibrer '-öerfünbigung. I)ie ortbobore ^nfpirationsiebre<br />

batte ben ßann um bie ^Sibel gemad)t, ber bie nnffenfd)aftlid)e<br />

^"yorfdiung anäifd)(oi3. 9)loberne Jl)eologen, mie ^ierff)off, Jranf,<br />

ij'ntbarbt nerfteben es nun uovtrefflid), ben ^ßiberfinn biefer l'ebre<br />

bar.^ulegen. 5lber „unfere Otiten" b.iben bod) loeuigften» bae 'Se=<br />

bürfniB ber ^ird)e befriebigen wollen, bie :Jlutorität, ber ber ©laube<br />

nnbebingt gebordim foU, ber ©cmeinb.' aU etiOvis Unantaftbare-^ ^n<br />

,vngen. 2)ie SJiobernen befriebigen biefer £ird)lid)e '^eöürfnif^ nid}t.<br />

S)enn Stiles, ma§ fie au» luarmem ^er^en über bie ^nfpi'-'itioi^ ber<br />

b. 3d)rift fagen mögen, ift fird)lid) mertlos, fo lange es nid)t 5U ber<br />

3d)ärfe ber alten l^ebre ausgeprägt ift unb bie ^-Ißiffenfd)aft au5=<br />

fdiließt, bie I>:ert unb 3»^ittt ber biblifd)en 'öüd)er jum biftorifd)en<br />

'firoblem madit. Slber ha^ bie S^ird)e infolge beffen in einer febr<br />

fd)n)ierigen l'age ift, füblen fie and).<br />

'Jlus biefer Oiotb erflärt fid) bie eigentbümlid)e -Unmenbung,<br />

bie Jvi'cinf uon ber 9Jletbobe 3 d) lei er m ad) er 6 mad)te. Jyür<br />

jeben einzelnen foll bas (Srlebniß feiner eigenen ^JOBiebergeburt bie<br />

Cuellc fein, aus ber bie in ber @efd)id)te unter febr fomplicierten<br />

!i^erbältniffcn entftanbenen Xogmen emporfteigcn. ©benfo foll biefes<br />

(Srlebni^ bie alles tragenbe Ölutorität fein, bie bann fdjlief^lid) aud)<br />

bie 3lutorität oon 3:l)rift unb ^5?fenntniB in gemiffen @ren,^en legi^


er ©riinb unferes (Slaubcns. 237<br />

tiiuire. 3(bev gauj abefe()en uon bem tt)eo(ogifd)en iHed)t bie]e§ 5ßer=<br />

fabreuS ^j roirb fid) ^ r a n f felbft nid)t oerbergen f'önuen, ba^ bem<br />

'^ebüvfni^ ber Rird)e auf fo{cf)e 'Jföeife nid)t gebient i[t. ^enn e§<br />

lüirb nid)t üiele ®f)vi[ten geben, bie bem 'Bemu^tfetn üon if)rer eigenen<br />

'^öiebergeburt eine foldje 2:ragfraft 5utrauen büvfen. ^ie 9Jlei[len<br />

lüiffen fid) Die(mef)v nur be§f)alb al§ miebergeboren, meit fie fic^ t)on<br />

einer objeftinen 9Jlad)t gebalten wiffen, an ber fid) if)r uerjagteg ^erj<br />

immer luieber aufrid)ten fann. ))tod) geringer luirb, felbft unter ben<br />

3:()eo(ogen, bie 3(n5al)I berer fein, bie ben fd)n)ierigen Sßeg oerfolgen<br />

fönnen, auf n)eld)em 5^'3id)erl)eit gegeben fein mirb,<br />

mollen mir nid)t bejmeifeln. 2(ber eä lä^t fid) bod) nid)t uerbeden,<br />

't)a^ bie ^ird)e für ben ©tauben ju forgen ^at, ber beftänbig um ben<br />

Q3efi^ feiner ©üter fämpft. tiefer ©taube fragt nad) bem oöllig<br />

©eroiffen, moran er fid) fd)lie^lid) 3U l)alten l)at, unb nad) ber 2(u=<br />

torität, bie unbebingte Untermerfung oerlangt. @r mei^ freilid) oon<br />

fid) felbft, ha^ er nid)t au§ menfd)lid)er ©rmägung unb @nt=<br />

fd)lie^ung entfpringt. 3(ber er tritt bennod) in§ 2zbtn al§ ein 3(ft<br />

be§ (5)el)orfam§, ber bie 3(utoritcit fennt, ber er unbebingt gebongt.<br />

3Birb bal)er bem ©tauben bie ätutorität unflar, fo mirb er felbft<br />

fraftlo§. darüber fann fein ßmeifel beftefien. ©^ märe aber ganj<br />

oergeblid), meun mir ber 5^*anffd)en 2;l)eologie eine runbe flare<br />

') Saß eine folt^eä 5Re^t ntdit bel'tef)t, ift üon ®ottfcf)icf (oergt. „3)i8<br />

ßitcfjli(^!eit ber jog. fircf)!. Xfieologie" S. 121—52) unb üon ft'aftan (oergl.<br />

„®ic 2öaf)rf)eit ber c^riftlic^en 3leIigxon" 1888 ©. 238 — 41) überseugenb<br />

nQ(i)geiine|en. 2er fonberbar l^ocfifa^renbe 2on, mit luetc^em ^J r a u f auf<br />

©ottjc^icfä ßritif geantwortet f)at, ift infofern nicf)t nnerfreuli^, alö er<br />

bie S3ermut()ung nü()e legt, ba§ iJranf fic^ felbft in feiner ''^^ofition nicf)t me^r<br />

fid)er fü^It.<br />

Seitf^rift für itjeotogie uiib ßircfte, 1. ^al^rg., 3. Jpeft. 16


238 ^errmann, ®er gefdiiditUc^e ß^riftuö<br />

3tntiüort bcirübev entnef)men wollten, worin ber ©laube bie unan^<br />

taftbare ^Olorm feine§ ®ent'en§ finbe. 2öir |et)en nnsi üielmef)r<br />

immer raieber barauf ^urürfgemiefen, ba^ ber ©laube firf) !Iar<br />

werben muffe über ba§, n)a§ if)m eben mit feiner ©riftenj r>on @ott<br />

gegeben fei. "ätber biefe ©i'iften^ ift ein fortn)ä()renbe§ @ntftel)en.<br />

Unb in biefem inneren ä^organg ift bie ^rage nad) ber 2tutorität<br />

nid)t 5U umge()en. ®urd) ben .^inmeiS auf bie !). (3d)rift fann<br />

^ranf fie nid)t erlebigen, benn an biefer übt er ^ritif. ®ie<br />

l). ©d)rift !ann er nur nod) baju benu^en, baJ3 er an ii)X bie<br />

©rgebniffe mi^t, bie er burd) feine g'Oi'J'ijungen über ben On^^lt<br />

feinet gläubigen Q3enni^tfein§ gewonnen hat 30er aber ber 3)lei=^<br />

nung ift, ba^ er ber au§ bem ©tauben geborenen ©ebanfen fid)<br />

bemäd)tigt t)abe, mag fid) nod) fo ernftlid) i)ornet)men, feinen @c^<br />

winn an ber t). ©djrift ju norntiren ; unwillfürlid) wirb er fid) bod)<br />

bei ber ^2lu§wal)l unb ^Sel)anblung ber ©d)riftftellen burd) eben bas<br />

leiten laffen, was er angeblid) einer ^öl)eren ^nftanj unterbreiten<br />

wollte. 2)ie i). Sdjrift ift babei nid)t ber unbefted)tid)e Diic^ter,<br />

fonbern ber gefallige 5Inwalt ber (Sebanfen, bie ba§ gläubige ©ub=<br />

jeft au5 fid) l)erüorgef)en lä^t. ©emitbert wirb bie§ 9Jti^oer^ältniJ5<br />

nur baburd), ba^ ^^^ranf, inbem er biefe (Sebanfen an§ Sid)t ful)rt,<br />

bereite bie l). t3:t)rift unb ba§ 'öefenntni^ oor Singen t)at, womit fie<br />

fpäter übereinftimmen muffen. 'Öei biefem 5Cerfal)ren, ba§ e5 in<br />

jebem einzelnen ^-oUe äweifetl)aft lä^t, bei wem bie le^te @ntfd)ei=<br />

bung liege, ift eä freilid) md)t nötig, bie l). Sdjrift mit ben ^^räbi-<br />

faten auSjuftatten, bie it)re unantaftbare Autorität au^er ^^^^H<br />

ftellen würben, ^ranf Ijat biefe ^'^iräbifate aufgegeben, wie wir<br />

alle. Slber er barf fid) begl)alb ebenfo wenig wie wir ber ^rage<br />

ent5iel)en, wo bie gläubige ©emeinbe bie 3lutorität finbe, ber ber<br />

@el)orfam i^res @lauben§ gilt.<br />

®ie eoangelifd)e 2:l)eologie t)at bie l)iftorifd)e 3^orfd)ung in fid)<br />

aufgenommen unb fiel)t fid) nun burc^ fie it)rer bi§l)erigen @runb=<br />

läge beraubt. ®iefe ^eunrul)igung l'ann jebod) für bie eüangelifd)e<br />

Hird)e ein ©egen werben, wenn fie nämlid) i^räfte be§ @lauben§ in<br />

un§ aufruft. ®ie beftruftioen ?}olgen ber t)iftorifd)en (^orfd)ung<br />

fönnen aber auf ben in ber eüangelifd)en ©emeinbe Dort)anbenen<br />

©lauben fe^r oerfdjieben wirt'en. (£ine§ freilid) wirb fid)er ein=


her ©runb unfereö ©(aubenä. 239<br />

Ireten. ®ei* ©laube lüirb e§ immer fdjmerjüd) empflnben, roenn<br />

d\va§, bn§ mit feinem eigenen Seben uevbunben mar, jerftovt mivb.<br />

@§ nxiue ba{)er fettfam, ber euangelifrf)en @emeinbe 5Uäumnt{)en, fie<br />

foKe e§ cTiteid)i]ittiü[ mit anfeilen, menn bie '^orfteUung, ha^ bie<br />

i). (5d)rift haä nnantaftbave ©efepud) veligiöfer Sef)rc fei, vettungS^<br />

Io§ äevfätit. 2)enn biefe 2]ovftetIung f)at bem ©tauben Don ®enera=<br />

tionen eoangelifdjer ©bviften einen i^alt gegeben, ^t)^'^"^ Untere<br />

gange mürben mir bal)er nnr bann gleid)müt()ig 5nfef)en fönnen,<br />

menn mir, ma§ 2tnbere baoon get)abt fjaben unb nod) t)aben, nid)t<br />

met)r nad)empfinben fonnten. 9kd) ()unbert ^af)ren roirb oielIeid)t<br />

fdjon ein entmicfetter t)i[torifd)er ©inn ba.^u ge^i3ren, um biefeS<br />

^lad)empfinben fertig ju bringen, .^e^t bagegen mürbe unfer ©taube<br />

lebtog fein, menn e§ un§ fef)tte.<br />

®§ ift nur natürtid), menn jener ©djmerj in ber ©emeinbe<br />

ben SBunfd) erjeugt, es! möge bie miffenfd)aftlid)e Strbeit, bie i^r<br />

Unrube gemad)t t)at, abgemiefen merben. 3Benn eoangetifdje<br />

©f)riften fid) ^u einem fotd)en SBiberftanbe aufraffen, fo ift auct) an<br />

biefer ^raftäu^erung ber ©taube bett)eiligt. Stber auf bie SDauer<br />

ift biefe Gattung bei uns nid)t mögtid). 2)enn unfer ©taube t)ält<br />

e§ nun einmat mit ber 2Bat)r^eit unb be§f)atb aud) mit ber g^or*<br />

fd)ung nad) ber äBaIirt)eit. @§ ift bat)er gan§ au§fid}t§lo§, eoangetifdje<br />

(£t)riften baburd) fd)ü^en unb beruhigen 5U motten, baf? man<br />

it)nen einrebet, mit ber 33ibet bürfe fid) bie f)iftorifd)e ^yorfdjung<br />

Tiid)t befaffeu. ®enn baburd) roirb etroa§ in fte eingeführt, roa§<br />

gegen ben eigenen Srieb it)re§ ©tauben§ get)t unb burc^ beffen<br />

5lraft, menn fie nid)t erfticft mirb, mieber auSgefto^en merben mu^.<br />

5lod) üerroerftid)er roäre e§ freitid), ber ©emeinbe oor^ureben, ba^<br />

bie t)iftorifd}e 3^orfd)ung of)ne ©d)aben jugetaffen merben bürfe,<br />

roeit fie, menn nur richtig ausgeübt, bie in ber gläubigen ©emeinbe<br />

ererbte i^orftettung dou ber ^ibel nid)t erfd)üttere. ©otc^eS 9ieben<br />

roürbe bei einem Sl^eotogen unferer ^ctt !aum etma§ anbere§ fein<br />

fönnen al§ bemühte Unmat)rf)eit, unb mürbe aud) t)on ben Unge=<br />

tet)rten batb al§ fold)e erfannt merben. Sßenu fotd)e Unternet)=<br />

mungen einen pofitioen ©rfolg t)aben, fo !ann e§ nur ber fein, ha^<br />

ber in ber ©emeinbe rege ©taube in ben Slatt)otici§mu§ gurüc!^<br />

gefüt)rt roirb. S)aun roerben freilid) eDangetifd)e (£f)riften berut)igt,<br />

16*


240 §errmann: ®er gefcfiid^tlid^e S^riftuä<br />

aber um ben ""^^rei§, 'i)a'^ fie im 3BeientIirf)en fat^olifd) gemarf)t<br />

werben. 2)enn ein ©laube, ber fid) gegen bie 3Ba^rf)eit i)erf)ärtet<br />

unb ben ^ampf mit ber 3^orfd)ung narf) ber 2öal}rf)eit aufnimmt, ift<br />

fatf)oIifc^er ©laube. (£r wirb immer bie ^rud)t be§


et ©runb unjerei ©loubenö. 241<br />

bringen auf perföntirfje lleberjeugung mu^ notf)TOenbig bagu fül)ren,<br />

ha^ bie Unantaftbarfeit be§ Sel)vgefe^e§ unb bie ®ef)or[am§pfiirf)t<br />

in§ ©d)iDanfen fommt. Wogegen luirb fonjequent ber ©ebanfe<br />

fortgejeljt, ba^ bie Slutorität be§ Sef)rgefe^e§ fid)er fein mü^e.<br />

2)tejem ,3n:'^cf^ ^i^i^t ^^e 9Innaf)me einer autoritatiuen <strong>Ueber</strong>jeljung<br />

unb 2lu§gabe ber f)l. ©d)rift [d)liei3lid) eine§ unfet)lbaren 3lu§:=<br />

Icger§. DI)ne biefe 9^equi[ite läj^t [id) nudi mirflid) bie 3httorität<br />

be§ £ef)rgefe^e§ jd)n)er beljaupten. ®enn bQ§ nnd)tig[te bei einer<br />

foId)en 2Iutorität ift bod), ha^ fie über()aupt prat'tifd) anwenbbar<br />

i[t. ®a§ wirb ibr aber erft burd) jene SJIittel ge[id)ert. ®er<br />

^rote[tanti§mu§ l)at eine folc^e ©id)erung niemals in annä()ernb<br />

gleid)er Söeife erreid)t. 3Soltenb§ jeM nad) ber ©ntfräftung ber<br />

ortt)obojen ;^vnfpiration§Ief)re ift feine Spur me^r baoon norf)anben.<br />

3tber ber eoangelifdje ©laube {)at überl)aupt üon üornfierein ^u<br />

bem £et)rgefe^, ba§ aud) für il)n befte()en blieb, eine anbere (Stellung<br />

eingenommen at§ ber fatl)oIifd)e. ®ie gef)orfame ^tnerfennung<br />

be§ Unuerftanbenen galt it)m nid)t al§ uerbienftlid). 3^ür il)n<br />

beftanb uielmefir bie g^orberung, ba^ bie uon @ott gegebene,<br />

burd) bie 1)1. Sd)rift bargereid)te ßel)re ju perfünlid)er <strong>Ueber</strong>jeugung<br />

angeeignet merbe. 9Hd)t in bem oerbienftlid)en 5lfte be» @lauben§,<br />

fonbern in bem §u perfönlid)er <strong>Ueber</strong>jeugung gemorbenen ^n^alt<br />

ber Sel)re fotlte ha§ |)eil liegen. Slber biefe§ ©ringen auf perfön^<br />

Iid)e <strong>Ueber</strong>jeugung Ijat and) non 3(nfang an bie 3lutorität beg<br />

Sel)rgefe^e§ untergraben unb t)at unuermerft an feine Stelle etmaS<br />

2Inbere§ gefd)oben, maß in ber ^l)at eine 3eit lang aiß ber 2Iu§=<br />

brucf ber perfünlid)en <strong>Ueber</strong>jeugung berer gelten konnte, bie in<br />

ben 9?eformation§fird)en aufmud)fen, ha§ fird)lid)e 53efenntni^.<br />

^n biefem ipergang l)at bie ©igenart be§ eüangelifdjen @lauben§<br />

ben 3^


242 § er r mann, Ser gefd^i(f)tlic^e ßfiriftu'S<br />

@Iaube tf)ut. 3ft bagegen her ©laube ©efinnung eine§ 5Ren]'(i)en,<br />

ber ümer(id) Don ber äßa()r()eit übernnmben ift, jo tüirb er notf)=<br />

lüenbig g(eid)güüig gegen ein Se£)rge]e^, ha§ il}n äu^erlid) binben<br />

lötU. SOBo^( roirb gerabe ein foId)ec ©laube in ber i}L ©d)rift<br />

tf)at{)fäd)(id) bwi§ 3ßU9ri^^ eitie§ Seben§ finben, ba§ unermeJ3lid)<br />

reid)er i[t ai§ ba§ feine. @r loirb be^f)alb oor mand}en bib(ijd)en<br />

Singen, bie ibm fremb geblieben finb, mit (£f)vfurd)t [tet)en bleiben<br />

aber folgen fann er nnr bem, roa§ il)n innerlid) überroinbet.<br />

2Iud) in bem ^^i^alter ber Ortboborie mar bie Biegung be§<br />

@(auben§ nid)t in bem bogmatifdjen 33erfa()ren, bag bem (5)ef)orfam<br />

^olge geben fodte, fonbern in ber ^reube an bem burd) @ott be=<br />

freiten Seben, ba§ bie f)l. ©djrift bem ©tauben ^eigt.<br />

3lber ber euangelifdje ©taube, ber fid) in foId)er Söeife<br />

üon 2lnfang an ber äu^ertid) binbenben Stutorität erroet)rt t)at,<br />

fann ber Slutorität ebenforcenig entbet)ren, mie ber fatt)otifd)e<br />

©taube. ®enn mie biefer roitt and) er ©et)orfam fein. S)ann<br />

entftet)t aber bie ^i^age, mie bas mögtid) fein fott, bei einem<br />

©tauben, ber perfüntid)e <strong>Ueber</strong>jeugung ober ©efinnung ift. ®er<br />

unbebingte ©et)orfam gegen ein ©efe^ retigiöfer Set)re oerträgt<br />

fid) mit ber ©igenart eine§ foldjen ©tauben§ nic^t. ©§ fd)eint<br />

aber, at§ ob fid) übert)oupt fein anberer ©e()orfam bamit oertrüge,<br />

ai§ ber gegen ha^ fitttii^e ©efe^. ^^n biefem fiet)t jeber, ber es<br />

übert)aupt Derftet)t, hm 2tu§brucf feine» eigenen SBittens. Ses-<br />

t)atb ift ber fitttid)e ©eborfam immer mit ber <strong>Ueber</strong>^eugung oon<br />

ber 9Zotf)menbigfeit be§ ©efe^e§ nerbunben. Sßenn atfo oon bem<br />

retigiöfen ©et)orfam ha§ ©teid): getten fott, fo mu^ er, roie e§<br />

fd)eint, eine befonbere Jorm be§ fitttid)en ©e^orfame; fein. Sie<br />

^orftettungen, benen er fid) unterwirft, werben in perföntid)er<br />

<strong>Ueber</strong>^eugung angeeignet werben fönnen, wenn it)r 3ufammenl}ang<br />

mit ber fitttid)en 5'^^"'5s^"ii"9 eingefet)en werben fann. Serfetbe<br />

©et)orfam, ber bem fitttidjen ©efe^e gilt, erftrecft fid) auf bie<br />

©ebanfen oon ©ott unb ber götttidjen Settorbnung , wenn e^<br />

einleud)tet, ba^ nur unter ber 33orau§fe^ung ber 2öat)rt)eit biefer<br />

©ebanfen ba§ ©ute wirflid) werben fann. Saun rut)t bie 9ieIigion<br />

auf ber fittlidjen ©efinnung; ber religiöfe ©ef)orfam ift bie uoUe<br />

53ett)ätigung be§ ftttlid)en. Sa§ ift ber ©ebanfe ber 2(ufftärung,<br />

;


er ©runb untere^ ®Iaufien§. 243<br />

bie in ^ant unb ?^td)te gipfelt. ®enfe(ben 2Beg [cl)lägt nod)<br />

immer ber ^beali§mu§ ber ^ugenb ein; unb baf? aud) reife SRänner,<br />

bie fict) 5ur 5lird)e freunbUd) ftellen, nod) immer in fü(d)en @e=<br />

banfen ben eigentüdjen Äern be§ ©f)riftentf)um§ finben, bat)on<br />

f)aben un§ SJloltfe's Sroftgebanfen oor ^urjem ein merfn)ürbige§<br />

Seifpiel gegeben, ©^on ausi biefem ©runbe märe e§ falfd), wenn<br />

n)ir e§ furjroeg at§ ^rrtljum bei ©eite werfen rooUten. ®iefer<br />

3Beg tft für oiele unter un^ ein unentbef)rlid)er S)urd)gang §u<br />

d)riftlid)em ©tauben, ^ie moratifd)e öegrünbung ber Dietigion<br />

ift aber aud) be$t)atb pon großem ^utereffe, roeit fid) in it)r bie<br />

9Had)t be§ c^riftlid)en ©tauben^ ebenfo jeigt, wie bie erfoIgreid)e<br />

@räiet)ung be§ religiöfen ^en!en§ burd) bie Ortboborie.<br />

@§ ift bod) roabr, ba^ mir @ott nid)t baben tonnen, ot)ne<br />

feinem @efe^ gu gef)ord)en. (S^i ift bod) roatjrtic^ eine ©rfenntni^<br />

d)rifttid)en @(auben§, ba^ ber SJlenfd), je aufrid)tiger fein ©e-<br />

roiffenSernft ift, um fo ratblofer werben roirb, roenn er obne ©ott<br />

in ber Söelt ift. 2öir {£t)riften erleben e§ aud), ba^ bie mutf)ige<br />

<strong>Ueber</strong>jeugung non ber 3öat)rt)eit beffen, ma§ über alle 33ernunft<br />

get)t, on bie ftare ©rfenntni^ gefnüpft ift, ha^ altein ha^ fittlid)<br />

©Ute un§ ein ^enfeit§ im ©migen eröffnet. 9lur bie, bie ba<br />

bungert unb bürftet nad) ber ©ered)tigfeit, foüen fatt werben.<br />

2)a§ alle§ erflingt mit, wenn bie großen 3(ufflärer üon ber 9^eIigion<br />

reben. S)aoon finb aud) if)re (Epigonen ergriffen, wenn fie auf=<br />

rid)tig finb. @§ fann aber leid)t fein, ba^ ein SDIenfd), ben biefe<br />

©ebanfen gefeffelt ^aben, burd) fie 5U bem lebenbigen @ott ge=<br />

sogen wirb. Stuf feben %ali t)ot er an it)nen felbft etwa§<br />

lebenbigen, wälirenb ein anberer, ber in bem fatbolifd)en @el)orfam<br />

au§ ber 1)1. ©d)rift oiel reid)ere ©d)ä^e religiöfer ©rfenntni^ ent=<br />

nimmt, haxan allein bod) nur eine tobte Saft l)at.<br />

älber ebenfo beutlid) ift bei biefer moralifd)en 33egrünbung<br />

ber 9^eligion burd) bie 2Iuf!lärer, ha^ fie fid), rüa§ ba§ 3Ser=<br />

ftänbni^ ber Oteligion betrifft, bod) fd)tie^lid) in bemfelben ©eleife<br />

bewegt, wie bie Ortl)oborie, gegen bie fie fid) rid)tet. ®enn auf<br />

beiben ©eiten liegt ber ^rrt^um nor, ba^ ber ©rwerb allgemeiner<br />

©ebanfen oon @ott, bie man al§ waf)r erfennt ober al§ wat)r<br />

annimmt, bie 9ieligion l)erftelle. ®a^ man alSbann auf biefe


244 ^errmann, S)er gefd^ic^tftdEie 6l)riftiiö<br />

©ebanfen fein 23ertrauen fe^en muffe, roirb bei beiben 9iid}tungen<br />

at§ fetbftüevftänblid) angenommen, beffert aber an bem gu ©runbe<br />

liegenben :3^'^'tl)um gar ntd)t§. 2)iefer :3rrtl}um tritt r)ielmel)r<br />

gerabe barin 5U S^age, ha^ man ba§ 93ertrauen auf fold)e @e=<br />

banden für möglid) {)ält. Unfere ©egner foßten bod) nid)t meinen,<br />

ba^ fie un§ raiberlegen, menn fie auf bie befannte 2:;tiatfad)e meifen,<br />

ha^ in ber übUd)en £el)re ber eoangelifdjen Ortt)obojie an ben<br />

assensus bie fiducia gefnüpft mirb. @erabe auf biefe Stt)atfad)e<br />

berufen mir un§. ^ei ber S^etigion be§ fitt(id)en ^bealismuS<br />

t)oben bie ©ebanfen, ouf bie fie fid^ üerlaffen milt, infofern bie<br />

21 rt be§ eoangelifdjen @Iauben§, al§ fie bie SebcnSformen perfön=<br />

Ud)er <strong>Ueber</strong>jeugung finb. ^ei einer 9^eIigion, bie fid) nad) ber<br />

ortf)oboyen 3}orfd)rift mirüid) auf ber ©runblage eine§ !'at()oIifd)en<br />

@ef)orfam§ gegen bie ^ibel aufbaut, roerben bie ©ebanfen über<br />

©Ott fid^ t)ie(fad) mit bem ^ n () a 1 1 eDangeIifd)en ®lauben§ beden.<br />

©emeinfam aber ift beiben 9iid}tungen, ba|3 ber SOBertb ber religiöfen<br />

©ebanfen für bie D^eligion überfdjö^t rairb. @emi§ t'ommt of)ne<br />

fie ^Jieligion nid)t gu ©tanbe. Slber ha^ if)r ^aften im ©emütt)<br />

bie Oieligion begrünbe, ift nid}t roa()r. ©•§ ift t)ierfür gleid)güttig,<br />

ob bie ©ebanfen uon @ott unb göttlid)en 2)ingen im ©emiffen<br />

murmeln ober burd) ben ©eI)orfam gegen bie 2tutorität be§ Seiir-<br />

gefe^eg feftgef)alten roerben. 2Iuf jeben %aU ift man baburd)<br />

nod) ni(^t fromm, ba^ man fid) auf bie eine ober bie onbere<br />

*'2Beife foldjer ©ebanf'en bemäd)tigt. ©onbern fromm ift nur ber<br />

SJ^enfc^, ber burd) bie Offenbarung @otte§ gu einem 33erfef)r mit<br />

@ott erf)oben ift, ber atfo au§ ber Offenbarung merft, ba^ fid)<br />

©Ott um it)n fümmert imb au§ it)r ben SJlutf) fdjöpft, bei @ott<br />

bie 2:f)eitnal)me gu fud)en, bie il)m 9^uf)e giebt. "^ad) bem @runb=<br />

fa^ ber Ortt)übojie rcar bie Offenbarung bie f)t. ©(^rift felbft,<br />

bie bie religiöfen ©ebanfen mit gött(id)er 3Iutorität barreid)t. 9^ad)<br />

bem @runbfal3 ber 3(uff'Iärer mar bie Offenbarung bie SSernunft<br />

felbft, au§ ber bie religiöfen ©ebaufen f)ert)orge^en. Slber für bie<br />

roirüid) ^-rommen in beiben 9\id)tungen ift bod) bie Offenbarung<br />

notf)roenbig bie ^t)atfad)e geroefen, an ber if)nen ha^ Eingreifen<br />

@otte§ in if)r eigene^ 2th^n tlar rcurbe, unb bie Don ha an if)r<br />

2)enfen unb ^anbeln beftintmte. 2ll§ fold)e St)atfad)e fann ein


er ©nmb uujereö ©laubenö. 245<br />

9Jien[rf) and) ha^ nennen, ba^ tf)m bie ^l ©c^rift 3ugefüt)rt tüurbe<br />

ober ba^ \i)m bie nad) oben tragenbe Üxa^t ber [itttidjen ©ebanfen<br />

gum ^ercu^tjein tarn. 93on fo(d)en 2;I)at[ad)en fann er ben @in=<br />

brucf geroinnen, ba^ @ott fid) aud) mit if}m befaßt, unb bnmtt<br />

erft f)at er 9ieIigion. dagegen eine Summe religiöfer ©ebanfen,<br />

mie intmer fie gegeben fein möge, Offenbarung §u nennen, ift ein<br />

SRi^griff, rceil fie ein 9Sert)ä(tni^ be§ ©injelnen gu @ott felbft<br />

nidjt f)erfte[(t. ®ag fann obne ßmeifel nur eine 3:f)atfad)e be-<br />

mirfen, bie ber ©injelne felbft al^ ein entfd)eibenbe§ ©reigni^<br />

erlebt ^at. ®a§ bie§ allein, moburd) fid) ber 9)tenfd) oor bie<br />

2Birfüd)feit ©otte» gefteUt mei^, Offenbarung ju f)ei^en üerbient,<br />

barin bürften je^t alle, bie überf)aupt auf bie ^-rage eingeben unb<br />

nidjt Diationaliften fein motten, einig fein.<br />

äßenn bem nun fo ift, fo fönnen mir an biefer ©teüe oon<br />

einer meitcren 2Iu§einanberfe^ung mit bem 9iationaIi§mu5 abfet)en.<br />

S[Ba§ gegen if)n ^u fagen ift ^) , trifft aud) ben ©tanbpunft ber<br />

Orttjoboyie. ®enn bie nad) orttjobojer SSorfd)rift ber ^ibel ent=<br />

nommenen ©ebanfen gef)üren in biefer g^orm ebenforoenig ju bem<br />

mirt'Iid)en Seben ber &{eligion roie bie burd) ben rationaliftifd)en<br />

beweis geroounenen. <strong>Ueber</strong>bie^ pftegt ba§ ^eftreben, auf bem<br />

©tanbpunft ber Ortt)oborie 5U perfönlid)er <strong>Ueber</strong>geugung §u ge==<br />

langen, in 9iationali§muö p enbigen. 9Jlan fud)t bann oermittelft<br />

einer oeralteten ^^l)ilofopt)ie bie 2Birf(id)feit @otte§ unb oermittelft<br />

f)iftorifd)er 33eit)eife bie 2Bir!lid)feit ber gefd)id)tlid)en ©runblage<br />

bes @lauben§ 3U fid)ern. @in ©taube aber, ber au§ folc^en<br />

©rünben feine ^raft gietjt, t)at bie eigentt)ümtid)e ^ilrt be§ d)rift=<br />

Iid)en ©laubenS abgelegt. SBenn man it)m auf ben @runb fief)t,<br />

fo ftö^t man auf bie 3öei§t)eit, bie ber 9Jienfd) au§ fid) p er=<br />

geugen oermag, nid)t aber auf bie Offenbarung, bie ben 9}ienfd)en<br />

in einen neuen geiftigen ^^ereid) ert)ebt. 2Bir bet)aupten nun,<br />

biefe munberbare Offenbarung fei für ben (£t)riften bie gefd)id)tlid)e<br />

(£rfd)einung ^^\n. Tlan fottte meinen, für einen eoangetifdjen<br />

©Triften mü^te ha§ felbftoerftänblid) fein. Sro^bem finb mir<br />

barin nid)t einig. Qnm 3:t)eil liegt has baran, ba^ in bem ©a^e<br />

') SJergt. meine ©d^rift: „SBarum Bebarf unfer ©laube gefd)tc^tttc^er<br />

%i)ai]aä)inV 2. Stufl. ^olle 1892.


246 öerrmann, ©er gejditt^tUc^e 6f)riftu§<br />

„ber gejd}id)tlid)e {£()ri[tu§ her @runb unfereg @(auben§" Unflar^<br />

Reiten liegen, bie, lüenn fte beftef)en bleiben, einige oon bev ^n--<br />

[timmung abf)alten unb anbere oerleiten, if)n in einem (Sinne §u<br />

nehmen, ber im ©runbe mieber auf bie !at^oIifd}e Stellung mit ad<br />

ibvem 9Jienfd}enn)erf ^inousfomnit.<br />

^ener ©a^ fann ba{}in nerftanben merben, ba^ bie ^n=<br />

fd)auung be§ gefd)id)t{ic^en ©tiriftuS ha§ SD^ittel fei, um einen<br />

SRenfd)en ber 53e|angen{)eit burd) bie SBelt §u entreißen unb if)n<br />

baf)in p bringen, ba^ er ©otte§ inne mirb. S)ann i[t ber |3erfonen, bie ben 3u9


cr förimb uuiercQ ©(aubeiis. 247<br />

<strong>Ueber</strong>tvetungen, burd) bie 25evtiefung be§ inneren ßebens; bie Sfn^<br />

|ed)tung, wo er crjaf)reu muf3, ba|3 bie 9}lenfdien, bie if)nt bi6l)er<br />

gef)o(fen {)atten, ibnt feinen ^alt mdjx geben fönnen. 9Benn er<br />

fid) bann in ber SBelt oerlaffen füf)It, fo f'anu bie 3;;{)atfad)e, bafj<br />

;3efu§ (£l)ri[tu5 in berfelben SBelt rairt'üd) ift, bie (Bünbe in if)nt<br />

entfräften unb bie 9}lutf)lofigfeit überminben. ©o rcirb i^m afe<br />

ber iüat)re ©runb be^ felbftänbig luerbenben, in ber 2(nfed)tung<br />

fid) ben)ät)renben G^(auben§ C^efue; ßbriflu? flar. '^ei aller '^awU<br />

barfeit gegen bie 9)lenjd)en, auf bcren .pülfe nur angeiuiefen bleiben,<br />

roerben lüir es bann bod) empfinben, bafe ®f)riftu§ uu§ von ben<br />

9Jlenfd)en frei nmdjt.<br />

3raeitenö füll jiuar geiui^ uid)t geleugnet werben, ba^ bie<br />

2>erfünbigung uüu Sl)ri[tu$ ha^ üornebmfte 9}littel ber ©laubigen<br />

tft, um anbere für @ott ^u geiuinnen. ®enn au bem, roa» ber<br />

©laube uon (£l)riftu5 ju fageu lueif?, unrb uou anbern ha^ neue<br />

Seben unb bie Straft, bie in it)ui wirft, enipfunbeu. (Sine fold)e<br />

^ßerfünbigung fann beslialb ©tauben luecfen, w'w überbauet nur<br />

burd) bie 5eugenbe Straft ber ^].%föulid)feit perfönlidje^ ,<br />

Seben<br />

entftebeu fann. ^ilber feinesrcegs tritt in il)r ha^, u)a§ bem er^<br />

raecften ©tauben §um legten ipalt feiner ©emifel)eit mirb, flar ^u<br />

2;age. 3Hd)t ber gefd)id}tlid)e 6;l)riftus, in bem jeber eingelue ben<br />

legten ©runb feine? ©laubens finben foK, mirb uerfünbigt, fonbern<br />

{£l)riftu6 rcie er ;jnbalt unb ©egenfuinb bes ©laubeu§ ift. 3Benu<br />

bie 3Serfünbigung lebiglid) ha^, mas ben legten |)alt be§ ©tauben^<br />

bilben foU, bar bieten mollte, fo mürbe ha^ ben ©inbrucf nmd)en,<br />

al§ füllte ber ©taube au^ möglid)ft einfad}en unb unjmeifelljafteu<br />

©fementen burd) menfd)lid}e S\uuft 5|Ufammengefe§t merben. ©in<br />

fold)er SSerfud) aber mürbe fein Seben meden, fonbern mürbe<br />

t)ielmel)r ba§ oielleid)t fd)on oorbanbene i>erftänbnif3 für bie munber^^<br />

bare 3(rt bes ©laubens jerftören. ©Ijriftus foll fo uerfünbigt<br />

merben, mie er bem ©tauben erfd)eint. S)enn ba§, mas er für<br />

ben ©lauben mirb, gel)ört mit ju bem $iefi^, burd) ben ©f)rifti<br />

•»^erfou fid) bie 93lenfd)en geminnt. ©5 ift be^l}alb oon großem<br />

äßertl), ber folgenben Steufaerung üon Släl)ler^) gu begegnen, bie<br />

') 3n ^ei; inicfitigen Sd)rift „Ser jogenannte f)iftoriicf)e ^efuö unb ber<br />

öet(f)td)tad)e, bibüfc^c et)nftu5". ßeipjig 1892. SSergl. S. 29.


248 © er r mann, 3^er gef(^t(i)tlid^e 5f)riftus<br />

auf meine Qlu^füfirungen Q3e§ug nimmt: „SBenn man neuevbings<br />

Ief)rt, ber d}riftlidie ©laube fei ein übermältigtmerben üon (£f)rifto<br />

in feinem an uns bemntretenben 'Silbe, fo fdjeint mir biefe 33e=<br />

ftimmung jutreffenb, roenn e§ fid) um ben legten entfd)eibenben<br />

unb 3ureid)enben ^Seroeggrunb für ©lauben unb ©läubigfeit f)anbe(t,<br />

•Olur balte id) bie '53efdireibung nid)t für gureidjenb, roenn fie auc^<br />

bie Sntftebung unb 9]cnnitte(ung biefes ©tauben? umfaffen folt;<br />

unb ic^ ^alte fie fo lange für unbeftimmt, al§ biefe§ ^ilb felbft<br />

nid)t flarer be^eidjuet ift. ®enn es ift nur eben ha^^ ^ilb be§ im<br />

©tauben ©rfaßten, e§ ift bas au§ unb in ©tauben gcprebigte<br />

^itb (£t)rifti, meld^es biefe SSirtung ausübt; eben barum nie unb<br />

nirgenb i)a§ ^itb einer auffattenben 9Jlenfd)engefta(t, fonbern jenes<br />

^ilb, roeld)es in fid) unb märe es aud) nur in ert)obenem 2(n=<br />

fprud)e, ein ^ogma, ein ©taubensbefenntni^ trägt. ®5 bietet fid)<br />

nämlid) als bie ©eftalt be5 öerrn, bes 2ÖeItbeitanbe§ bar, be§<br />

(5rlöfer§ von 3d)utb unb Sünbe, be§ offenbaren ©ottes. 9'lid)t<br />

nur fad)lid), nein ausbrücflid) fommt biefes 'Sitb an einen jeben<br />

mit bem entmeber^ober : ©cfftein ober ^els bes 3Iergerni^es (1 ^etri<br />

2, 6. 7)". liefen Sorten ftimme id) ju, aud) in bem, ma§ fie<br />

an ber er)"ten 2Iuftage meines Q3ud)e5 „^er ^erfet)r bes ©briften<br />

mit ©Ott" beanftanben, ha^ nümlid) bort bas 'Silb, in metd)em<br />

ber ©taube ben legten ©runb feiner ©eroi^t)eit erfennt, nii^t flar<br />

genug be3eid)net fei. ijd) boffe, ha% Mhkv biefen ^-ebler in ber<br />

jmeiten 3tuftage befeitigt finben roirb. dagegen glaube id) fd)on<br />

bi5f)er feinen 3"^^if^I barüber getaffen ju t)aben, ha^ id) ben<br />

llnterfd)ieb 5mifd)en bem ©briftus, ber ©runb bes ©taubens ift,<br />

unb bem, ber ^nbatt bes ©laubens unö ber ^erfünbigung ift,<br />

bead)te. 3{ud) biefs, ba^ ©l)riftu5 al§ ©runb bes ©lauben§ einest<br />

^tnfprud) in fid) trage, ber über aiit§> 53lenfd)enma§ binau§gef)t<br />

unb einfad) munberbar ift, habz id) natürlich felbft betont \). 9^ic^tig<br />

ift, aud) Släl)ler5 33emerfung (a. a. 0. 3. 36), ha^ bie neuteftament^<br />

Iid)en ^erid)te üon ©f)riftu5 burd>au5 ben ©t)arafter befennenber<br />

3}erfünbigung tragen, unb ha^ mir beffen grabe bebürfen, um<br />

Don ben befi^enben ^örübern auf bie red)te 'Sa^n geroiefen ju<br />

^) tyür beibe§ fonn iä) mic§ auf meinen Slufja^ im „Seioeiö be§ ©laubenö"<br />

3af)rg. 1890 £. 81 ff. berufen.


er (Snuib imiereä (Slaubcns. 249<br />

irerben, nid)t aber 311 bem Qrvi'd, ha^ wir mit einem Opfer unfer'^<br />

Urti)eil§ uu§ it)ren iserfidjerutu-^en untermerfen imb für biefe<br />

Seiftung crmarten, nnn and) jn erleben, mas fie ansfagen. ®ic<br />

le^tere 33emerhmg bleibte vs ijat mid) befonbers erfrent. 2)enn<br />

fie seigt mir, ba§ er and) empfinbet, mie nöt^ig e§ ift, bieö<br />

benen ein5nfd)ärfen, bie in nnfern 3:agen ©bviften fein motten,<br />

menn man aud) bavanf gefaf3t fein mu^, menig ®an! bafür §n<br />

ernten. 5läl)ler t)at nnn in biefer 8d)rift feinen Shila^ get)abt,<br />

t^eiter auf bie and) non i()m anerfannte Unterfd)eibung einäuget)en,<br />

ba^ nämtid) nnterfd)ieben merben mü^e, raa§ fid) für ben ©tauben<br />

ats fein le^ter |^alt t)erau§ftettt, nnb ma§ atö ^^^^Q^t be» in<br />

feiner ^raft ftet)enben @tauben5 in ber 23erfünbigung taut rcirb<br />

nnb ©tauben merfenb auf anbeve mirft. Um fo mebr motten mir<br />

ba§ tt)un. ®enn bafs e§ @efat)r bringt, menn biefe Untevfd)eibung<br />

nict)t ftreng burd)gefüt)rt mirb, ift eben aud) bei Hät)ler ^u fet)en.<br />

Slät)ler fagt, bie d)rifttid)e ^iserfünbigung fotie al§ ba§<br />

3eugni^ befitjenber 'trüber aubeve auf bie red)te ^djn bringen.<br />

3öenn fie ha^ aber fott, fo barf fie biefe anberen nid)t in ben SBat)n<br />

uerftricfen, baf3 ha§ 9]ad)fpred)en it)nen I)etfen fönne. ®a§ mirb<br />

aber imoermeibtid) eintreten, menn lebiglid) bie t)ot)en ®inge, bie<br />

ber ©taube uon ®briftu§ gu fagen mei^, auf bie 9Jlenfc^en ein*<br />

bringen, ©s ift mat)r, ha^ in bem ^^uö^^fe ^^^' jünger üon<br />

©t)riftu§ bie ©rinnerung an ha^ tf)atfäd)tic^ ©efd)et)ene mit bem<br />

©Ianben§be!enntnif3 fo uevbunben ift, ha}^ ber ipiftorifer bie<br />

>Sd)eibung uon beibem faum ju «Staube bringen mirb. 2:;ro^bem<br />

ift e§ nid)t rid)tig, nun biefc§ fo gufammengemobene ©()riftusbitb<br />

be§ 9kuen 3:eftament§ ben gefd)id)ttid)en ©l)riftu§ 5U nennen, mie<br />

^ät)ter bod) fd)tie^tid) tt)ut. Sie mir fd)eint, ift e§ bann nid)t<br />

mögtid), ba^ fid) ber ©taube ju fetbftänbiger ©emi^t)eit burd)*<br />

ringt. ©§ mirb freitid) aud) bann gefd)et)en tonnen, ha^ ber<br />

©efammteinbrucf eine§ tebensuotten ^engniffe^ ben ^örer fortreißt<br />

nnb it)n in biefetbe 93orftettung§meife nnb Stimmung uerfe^t.<br />

Stber id) fetje nid)t ein, mie bann ber ;vjrrtt)um abgemet)rt merben<br />

foU, ber DJIenfd) fönne fid) baburd) t)etfen, ha^ er fid) mit einem<br />

Opfer feines Urtt)eit5 ben 93erfid)erungen ber ©täubigeu unter*<br />

mirft. ©§ ift burd)au§ rid)tig, baj^ immer nur ba§ uotte unbe*


250 iTerrmann, Scr gefifiii^tUc^e Si^riftuä<br />

fangeue 3^"9i^i|3 be§ ©Iau6en§ ©tauben evraecfen wirb. 2tber<br />

cbenjo xidjtia, ift, baß in ber 3}erfünbigung ha§ fapav fein mu^,<br />

lüas ben ©lauben felbftönbig mad)t, inbem e§ tf)m a{§ ber un=<br />

jerftövbare .palt feiner ©ewipeit f(ar lüirb. 3öirb e§ un^ üer=<br />

luebrt ober luirb e5 für unmöglid) erflärt, bie^ au§,^ufonbern,<br />

wa§ uns aU ber jiDeifeltofe ©runb be§ @(auben5 immer fid)tbar<br />

bleiben fann, bann märe e§ freilid) unüermeibüd) , ha'^ mix bie<br />

<strong>Ueber</strong>lieferungen unb Sebren üon (£briftu§, bie in ber g^orm einer<br />

Ieben§iioUcn ''^srebigt ©tauben in unsi gemerft {)aben, nun aud)<br />

a(§ ©runb unfere§ @Iauben§ annel}men mü^en. (S^ ift aber<br />

eben nid)t fo, baß mir ben 3"batt einer perföulid)en <strong>Ueber</strong>^eugung,<br />

bie belebenb auf un§ gemirft l]at, nun and) uns felbft ganj unb<br />

gar ansueignen üermüd)ten.<br />

^ie J-örberung, bie un§ babei 3U '^^nl mirb, finbet ganj<br />

anbers ftatt. '©ir müßen non bem anbern, ber burd) bie un=<br />

befinierbare ^Jkdit be§ ©eifte§ un§ ju fid) emporjietit, jugleid)<br />

bie 9lid)tung auf ha^ empfangen, ma§ feiner eigenen perfünlid)en<br />

<strong>Ueber</strong>^eugung ben fidleren $)a{t unb bie Selbftänbigfeit giebt;<br />

^£>irb ba§ bei ber d)riftlid)en 33erfünbigung außer 3(d)t gelaffen,<br />

fo fann un!§ bie 2(nerfennung be§ Sa^e§, t^a^ ber gcfd)id)t(id)e<br />

(£l;)riftu!§ ber ©runb nnfer§ ©(auben§ fei, nid)t baüor fd)ü^en,<br />

ha^ mir in fatf)o(ifd)e§ SBefen geratben. 2)iefer ©efaf)r fd)eint<br />

mir in ^äbler§ 3(u§fübrungen nid)t üorgebeugt gu fein, ^d)<br />

cntnebme aus ibnen ein 3)oppelte§. ©rfteng: ®er im ©tauben er=<br />

faßte unb au§ ©tauben üerfünbigte ©bviftu§ ift e§, ber ein neue§<br />

Seben in uns entftet)en täßt. 2)a§ ift rid)tig, fofern fd)lie^tid)<br />

ailz SRittet, bie innert)alb ber d)riftlid)en ©emeinbe §ur Erneuerung<br />

mirfen, auf ©briftus 5urürfmeifen unb gu it)rer üotlen 2öirf=<br />

famf'eit erft gelangen, menn fie jur SSerfünbigung be§ ©tauben§<br />

an it)n jufammengefap merben. ^votiU\\§>: eben biefer ©t}riftu§,<br />

raie tt)n ber ©taube in feiner %ü{i^ fd)aut, ber auferftanbene unb<br />

ert)übte, ift ber le^te ^^^att unb ©runb unfere§ ©tauben§. ®as<br />

ift nid)t rid)tig. S)enn ber um feine ©yiftenj fämpfenbe ©taube<br />

mu^ etrcag t)aben, ma§ it)m at§ etma§ SBir!tid)e§ ftrf)tbar bleibt<br />

nnb it)n bätt in ben 9}lontenten, mo er jum testen greifen mu§.<br />

2)iefen ^ienft fann ibm ©t)riftu5 in bem ©tan^e ber |)errli(±|!eit.


er (Sruitb unfereä ©iaubenö. 251<br />

bie ber buvd) if)n erlöfte SJ^enfd) fef)en lernt, nid)t (eiften. 2)enn<br />

ba§ al§ etioag 2öir!(id)e§ jel)en, f)ei^t eben, in ber Slraft bes<br />

@(anben§ [teilen. ®a^ ift ^nf)att be§ ©lanbenei, aber nid)t fein<br />

le^ter ©runb. SBenn roir e§ al§ fotdien gebrauchen, fo luerben<br />

roir bod) luieber ba§u nerleitet, etn)a§ öu^erlid) an^unefimen, lua^^<br />

un§ innerlid) fremb ift. ^a§ ift aber f'att)oIifd)er ©taube, ber<br />

fd)Iie^lid) bod) nur beftef)en fann, rcenn if)n ber Stpparat ber<br />

fat()oUfd)en .^ird)e unigiebt. ©in ©taube, ber biefe§ Stpparate^<br />

folt entratt)en fönnen, barf e§ ftd) nidjt fo Ieid)t machen, luenn<br />

er nad) feinem testen ©runbe fragt.<br />

2ßir fet)en atfo, ba^ bas, iua§ ber gefd)id)tlid)e ©t)riftu^<br />

attein bem ©tauben leiften fann, übert)aupt nod) nid)t erfaßt wirb,<br />

rcenn lebigtid) baoon bie 9iebe ift, n)ie ber ©taube errcedt werbe.<br />

2)enn erften§ fontnien für biefen ßroed nod) anbere ällittet in<br />

^etrad)t at§ bie i^erfünbigung ber ^].^erfon ©t)rifti; unb graeiten^<br />

geiüätirt uns ber au§ ©tauben üertunbigte ©t)riftuei an fid) bivj<br />

nod) nid)t, iva^ unsi attein ber gcfd)id)ttid)e ©t)riftu§ gentät)ren<br />

fann, bie ftare 2tnfd)auung bes testen ©runbe§ für ben ©tauben.<br />

Söir bebürfen aber biefer 2lnfd)auung, wenn unfer ©taube bie<br />

er)angetifd)e 3frt gewinnen, jur ©en)i^f)eit fid) burd)ringen unb in<br />

ber 3tnfed)tung übernnnben fott.<br />

3Benn wir nun beffen nid)t entbet)ren fonnen, fo fragt fid),<br />

roie wir ben gefd)id)ttid)en ©t)riftuei, ber ber te^te ©runb unferä<br />

©tauben^ fein fott, erfaffen. 9[Rit großer @d)ärfe t)at ^äf)ter<br />

nad)gen)iefen, ba^ ein gefd)id)ttid)er ©t)riftu§, ber nid)t in ber neu=<br />

teftamenttid)en 5öerfünbigung ergriffen, fonbern t)inter i^r gefud)t<br />

roirb, für<br />

'i>^n ©tauben übert)aupt nid)t in ''-öetrad)t fommen fann.<br />

2ßa§ nur für bie ©etet)rten oorbanben ift, \va§ f)iftorifd}e§ '»^robtem<br />

ift unb mit oieter a}lüt)e nur n)at)rfc^eintid) gemad)t merben fann,<br />

t)at nid)t bie ©eroatt, ben ©tauben ju ermeden ober gu begrünben.<br />

®em erfteren ^rv^d bient bie 3Serfünbigung üon ^^^•opt)eten, aber<br />

nid)t bie 2trbeit uon ^iftorifern be§ Seben§ ^efu unb üon Slritifern<br />

ber <strong>Ueber</strong>tieferung. ®em sroeiten ^^üecf fann offenbar nur ha^<br />

bienen, maS einen 9JZenfd)en, in bem ein ernfte§ ^^ertangen nad)<br />

©Ott erroecft ift, at§ etroaS groeifettoig 3Birftid)e§ pacten fann.<br />

^en großen QBertt), ber jener f)iftorifd)en 2(rbeit tro^bem bteibt.


252 .•perrmann, Ser ge|d)ic^tltrf)e ß^iiftuö<br />

fd)eint mir ^ä^Ier fretlid) §u unter[d)äl^en. @r f)ebt i{)n tüenigftenS<br />

nid}t f)erüor. @§ bleibt il)r er[ten§ her Söertf), ba$ fie, rid)tig<br />

gebraucht, bem ©lauben falfd)e ©tüljen f)inn)egnimmt. «Sie tf)ut<br />

bief5, inbem fie, wie Räbler au§fübrt, eoibent mad)i, ba^ bie neu-<br />

teftamentlid)e <strong>Ueber</strong>lieferung ha§ 2^b^n ^eju ebenjo rerjrfjleiert<br />

lüie offenbart unb bie 9JJitteI 511 einer tuiffenfd)aftlid) gefiederten<br />

53iograpbie ^efu nid)t f)ergiebt. SBer alfo pr ©id)erung feine§<br />

©laubens einer fotd)en jn bebürfen meint ober aud) auf bie<br />

(]iftorifd)en ^-öemeife für einjelneg, mie bie 3;:t)atfad}e ber ^itufermedung<br />

^efu, fid) »erläßt, ben !ann bie I)iftorifd}e Slrbeit baoon überfül)ren,<br />

ba^ er feinen ©tauben bem erfd)laffenben ©influ^ oon ©rünben<br />

überlaffen f)at, bie nur bei ber nad}fid)tigften c5d)onung ^eftanb<br />

bebalten fönnen. ^as ift aber feine geringe |)ilfe. 2)enn baran<br />

fann fid) al§banu bie ®rfenntni§ anfniipfen, ba^ foId)e ©rünbe<br />

in ha§ innere Seben be§ ©tauben^ überl)aupt nid)t paffen. S^ti-<br />

ten§ fann bie f)tftorifd)e 'ätrbeit bod) aud) p D^^efultaten füt)ren,<br />

bie ber ©taube, ber fid) an ber <strong>Ueber</strong>tieferung näf)rt, nid)t un-<br />

bead)tet laffen fann. ©5 fann mir nid)t gleid)giltig fein, menn<br />

eine oerftänbige 5^ritif ber Cuetten mir nad)meift, mo ein SBort<br />

^efu burd) ha§ 3}li^oerftef)en be^ ^erid)terftatter§ üerbunfelt mirb,<br />

ober in meld)em ber paralteten ^erid)te bie urfprünglid)ere ^orm<br />

ber <strong>Ueber</strong>tieferung ju erfennen ift. ®§ ift aud) bie 9Jiügtid)fcit<br />

nid)t au5gefd)toffen , ha^ fold)e ©rgebniffe mit ber 3^^^ S^ ^^^<br />

(Soibenj gelangen, bie fie für bie ©emeinbe nupar ma(^t. Slber<br />

abgefeben baoon, ift es atterbings rid)tig, ha^ bie t)iftorifd)e 3lrbeit<br />

ba§ Seben bes ©taubens nid)t berül)rt. ©ie fann auf jeben galt<br />

t)a§, ma§ it)n erroedt unb begrünbet, loeber t)erfte(ten nod) f)in=<br />

n)egnef)men.<br />

(£§ ift fet)r banfen^mertf), ha^ ^ät)ter mit biefer 2(u§füt)rung<br />

ben <strong>Ueber</strong>griffen ber ©efd)id)tsforfd)ung entgegengetreten ift. Slber<br />

e§ märe fet)r §u münfd)eu, ha^ aüi, bie it)n bafür loben raerben,<br />

ba^ er ber <strong>Ueber</strong>fd)ä^ung ber l)iftorifd)en 2trbeit in ber 2;^eotogie<br />

fteuert, fid) aud) ooÜftänbig flar mad)en müd)ten, ma§ fid) au§<br />

ber oon il)m aufgebedten ©ad)lage ergiebt. ©in f)inter ber neu-<br />

teftamentlid)en lleberliefernng l)eroorgebolter ©l)riftu§ fann ben<br />

©lauben nid)t begrünben. Stber ber ©f)riftu§, ben biefe <strong>Ueber</strong>^^


er ©runb unferes ©laubenä. 253<br />

tieferung fetbft barbietet, fann bod) nun aud) ntd)t ben ©vunb<br />

be§ @Iauben§ abgeben, ©r i[t 3nt)alt be§ @lauben§befenntniffe§<br />

unb eben be^f)alb ift er nid)t ha§, rcorauf gegrünbet ber ©taube<br />

^u einem jotd)en 'Befenntni^ ern)ad)jen fann. Söenn un§ 't)a§<br />

9fted)t biefer ©ä^e einleud)tet, fo befinben roir un§ offenbar in<br />

«iner red)t fd)n)ierigen Sage, ^enn bann fd)eint un§ ni(i)t§ weiter<br />

übrig ju bleiben, at§ ber a}eräid)t barauf, in gefd)id)tlid)en %^aU<br />

fad)en ba§ gu fud)en, n)a§ in ben ©d)n)anfungen unfereö innern<br />

Seben§ un§ al§ @otte§ Offenbarung tragen foll. ®ine ^römmig=<br />

feit, bie biefen ä^erjidjt leiftet, ift rationaliftifd). 3tber mir t)aben<br />

gefef)en, ba^ alle ipat)rl)aftige ^römmigfeit über ben 9'tationaIi'§mu§<br />

I)inau§nHid)ft. ®enn fie lebt nid)t uon attgemeinen ©ebanfen,<br />

bereu 2Öa^rt)eit un§ einteud)tet, fonbern immer non ber Offen--<br />

barung, bie al§ ein ©reigni^ in ha§ Seben be§ (Siusetuen eingreift.<br />

Sir (£{)riften aber miffen, ba$ biefe Offenbarung burd) ba^ ßeug=<br />

ni^ be§ @(auben§ oon 6;i)riftu§ an un§ f)eranfommt, unb ha^<br />

©^riftug fetbft für jeben von un§ bie Offenbarung werben folt,<br />

bie un§ beffen gerci$ mad)t, ha^ ©ott lebt unb fid) unfer an=<br />

nimmt.<br />

^ft un§ fo ber äßeg be§ 3^ationali§mu§ üerfd)Ioffen, fo<br />

muffen mir bod) mieber fe()en, wie wir ^efu§ (S:t)riftu§ at§ bie<br />

in ber @efd)id)te wirtliche 3:t)atfad)e erfaffen fönnen, bie un§ oon<br />

@otte§ äBirfen au un§ überjeugt, unb bie un§ nid)t wieber ent=<br />

xiffen werben !ann. ®iefe 3:()atfad)e barf nid)t erft burd) I)iftorifd}e<br />

i^unft au§ ber neuteftament(id)en <strong>Ueber</strong>lieferung erfd)loffeu werben<br />

fotten. ©ie mu^ uielmel)r für ^eben, ber in bem 3>erfe{)r mit<br />

frommen 9Jlenfd)en p einem 3>erlangen nad) @ott aufgewad)t ift,<br />

in biefer <strong>Ueber</strong>lieferung felbft faßbar fein. 91ur wenn ha^ oon<br />

ber gefd)id)tlic^en 2:l)atfad)e ber ^:|3erfon ^efu gilt, l)at fie für ba§<br />

fieben be§ @lauben§ ben SSertl), ben wir in il)r fudjen. ^Jhm<br />

wirb aber im bleuen 2:eftament 6:t)riftu§ fo oerfünbigt, wie er<br />

bem ©tauben erfd)eint. B^olglid) fann un§ biefe 5>erfünbigung,<br />

wenn wir un? il)r überlaffen, allein nid)t gegen ben ^i^eifel<br />

fd)ü^en, ba$ wir unfern ©tauben auf etwaä grünben wollen, rva§<br />

t)ielleid)t gar nic^t gefd)id)tlid)e 2:t)atfad)e, fonbern @r§eugni^ be§<br />

©lauben§ ift.<br />

geitfc^rift Tür Söeologte unb ftird)e, 2. 3at)r3., 3. §eft. 1'


254 § er r mann, 2)er gefdiid^tUc^e Kf)riftnö<br />

®o§ 5Jäd)ft{tegenbe ift biefeni ^wtnfel in boppelter SBeife 311<br />

begegnen. 2Bir fönnen un§ er[ten§ jagen, ha% ber gewaltige ©taube,<br />

ber au§ bem neuen 3:eftament §u un§ rebet, nid)t hawaä) au§=<br />

fiet)t al§ ob er au§ ^Ilufionen entftanben fei. @r mü^e ha^<br />

3ßevf be§ überniäcljtigen (Sinbvucfg fein, ben bie '^^evfon ^efu auf<br />

9Jienfd)en feiner Umgebung gemad)t batte, fo ha^ biefe 9Jienfd}en<br />

genötbigt nnirben, fo über i{)n gu benfen, irie bie neuteftamentlic^eu<br />

Sdjriften bezeugen, ^d) leugne gennfs nid)t, ba^ e§ 9}lomente<br />

geben fanu, in benen un§ biefe ©runigung ben ßii'tnfel oerfd)euc^t.<br />

^ijeber (£(irift wirb ba§ erleben, wenn er nur übert)aupt in einem<br />

regen 93erfe^r mit ber f). (5d)rift bleibt. 3Iber bie tbeoIogif(^e<br />

^rage ift bamit bod) nid}t ertebigt. ;3" i^i^em 9}^oment, ber un§<br />

auf fold}e 'iöeife uon ber gefd)id}tlid)en 3:i)atfad}e ber ^^^erfon ^^^n<br />

überzeugt werben lä^et, finb mir innerlid) erfaßt unb gef)oben<br />

burd) ha^ ©lauben^^eugni^ ber ^ü^iS^^'- ^i^' ßvteben babei, wie<br />

burd) bie ^|^rebigt ber @Iaube bei un§ entftef)t. 2(ber biefer<br />

©laube, menn er 33eftanb ijabm unb 5U ooder @emißf)eit fommen<br />

foll, bebarf beffen, ba|3 er fid) aus bem, was er erlebt l}at, etma^<br />

ausfonbert, um§ il)n gegenwärtig bleibt, nid)t nur in ben 3Jio=<br />

menteu religiöfer Erhebung, fonbern aud) in tieffter ©rmattung<br />

ber Seele. @§ fragt fid), ob unb wie un§ ha^ möglid) ift. 3^^^^^"^<br />

fönnen wir uns fagen, t)a§ biblifd)c Q3ilb ^efu fei fo leben§wal)r<br />

unb gerabe in feinen oerfdjiebenen ©eftaltungen fo übereinftimmenb,<br />

ba^ e§ nid)t erfunben werben fonnte. ©0 wirb in ber %i)ai jeber<br />

urtlieilen, ber bie befreienbe Slraft ber S^erfünbigung oon (£l)riftu§<br />

an fid) erfal)ren l)at. 3(ber niemanb wirb bel)aupten wollen, ba^<br />

mit jenem Urtbeil alle§ gebedt wirb, wa^ uns im neuen !Jefta=<br />

ment ai§ SBort, 3:f)at unb (grlebni^ ^efu berid)tet ift. <strong>Ueber</strong>bie^<br />

ift leid)t 5u fe^en, we§t)alb auf biefe ^2öeife ba§, was un§ zwingt,<br />

auf 6l)riftu§ als auf eine 3weifetlofe gefd)id}tlid}e 3:l)atfad)e §u<br />

bauen, nod) nid)t au^gebrürff fein fann. ©in fold)e§ äftl)etifd)e§<br />

Urtl)eil mag wobl binreidjen, um unsi bie gefd)id)tlid)e 'iföirflid)feit<br />

eine§ 9Jlenfd)en feftjuftellen, beffen ©riftenj feine entfd)eibenbe ^3e=<br />

beutung für bie unfrige baben würbe.


ei- ©runb unfereg (Slaubens. 255<br />

aderbing? für un§ eutroobev ber (Scfftein ober ber ^-els! bc§ Slerger^<br />

niffeei. 3" ^'^"^ ^iBirflid)feit, bie has^ für uns bebeuten mürbe,<br />

(äffen nur un§ biird) fein äft(ietif(i)e§ Urtf)eil bannen. 2(lfo luenn<br />

aucf) jene beiben ©rnnigungen in beni ®enfen beei ©(aubeng ibre<br />

Stelle baben, fo finb fic eö bod) nid)t bie ben ©lauben fid)er auf<br />

ben legten ©runb feiner ©ennpeit führen.<br />

^ir fönnen nur bann barauf gefül)rt werben, tüenn e^ un§<br />

n)irflid) barum ju tbun ift, burd) (£bviftu§ (Sott ju finben. (Bte()t<br />

e§ fo mit uns, baf? e§ unei leidjt unb felbftoerftänbüd) ^u fein<br />

fdieint, an ©ott ju glauben, fo rcirb ein aufrid)tige§ religiöfeS<br />

i^erlangen fid) barauf rid)ten, an ^meifetlofen Jbatfndien bie (Sin-<br />

rcirfung ©otte§ ju crfabrcn. ^]t bagegen ber gen)of)nt)eitgmä^ige<br />

(Staube an ©ott in feiner |)aIt(ofigfeit erfannt, fo roirb e§ fid)<br />

bei bem SSertangcn nad) (Sott genau um biefelben (£rfa{)rungen<br />

banbetn: aber erft bas 33eir)u^tfein oon fold)er (£rfa(]rung mirb<br />

man bann (53tauben nennen. Ob man ju einem gen)ot)nbeit5mäf3igen<br />

©tauben an (Sott bisponiert ift ober nid)t, t)at alfo auf bie Sage<br />

bes 9Jlenfdien, in bem ein ernfteg religiöfes 53ebürfnip ermad)t ift,<br />

feinen ert)eblid)en (ginftufe. ®ie ipauptfadje bleibt in beiben<br />

5'ällen biefelbe. ®as 3,^erlangen nad) ©ott mirb bod) erft baburd)<br />

gefüllt, ha^^ man an äioeifellofen 3:l)atfad)en ba§ (Sinmirfen ©otte§<br />

auf bie eigene «Seele erlebt. ^Jöer nun aufrid)tig 'i^anad) begehrt<br />

unb jugleid) mit ber fittlid)en (Srfenntni^, bie ^^^f^S (£l)riftu§ in<br />

bie ^elt gebrad)t bat, belaftet ift, ber finbet ben 3öeg. ®enn<br />

il)m muß es ftar werben, ha}^ alteei ha^, moburd) feine fittlid)e<br />

91ot() il)m ©Ott oerbirgt, fd)lie$lid) bod) nur baburd) aufgewogen<br />

mirb, baß il)m bie ^^erfon ^efu fid)tbar mirb. 2)er ©taube<br />

an ©Ott mirb jerrieben in bem innern (£onflift, ber barau§ ent-<br />

ftebt, "ba^ ba§ fittlid)e ©efe^ un§ beanfprud)t, unb bod), in feinem<br />

mabren ©inne aU ^-orberung ber Siebe oerftanben, über unfere<br />

Slräfte gel)t. 9(ber ber ©taube an ©ott lebt in ©iegesfraft auf,<br />

wenn mir bann feben, ha^ (£l)riftus un§ jmar nid)t ba§ ©efe^,<br />

mcl)l aber bas oergeblid}e 58emül)en, un§ felbft ^u ©ott ju bringen,<br />

abnimmt, ©r tl)ut baS, inbem er burd) fein ®afein un§ fpüren<br />

lä^t, ba^ ju ber Söirflic^feit, in ber mir un§ oorfinben unb in<br />

17*


256 §errmann, ®cr gefc^ic^tlid^e Sfiriftuö<br />

ber rotr oft nirf)t au§ noc^ ein rotffen, aud) bie Offenbarung @otte§<br />

gel)ört bie unS rettet.<br />

2Iber rcenn fid) ba§ mit un§ ereignet, fo nefimen rcir un-<br />

rcittfürlict) bie 9^i(l)tung auf baSjenige in ®i)ri[tu§, rca§ un§ groar<br />

au^ burd) bie <strong>Ueber</strong>lieferung bargeboten roirb, aber un§ bod) üon<br />

ber <strong>Ueber</strong>lieferung frei rcerben lä$t, fo t)a^ lüir al§bann fagen<br />

fönnen: roir f)aben e§ felbft gefet)en unb nid)t nur oon anbern<br />

nernommen, \va§ ber geroiffe ©runb unfern @Iauben§ ift. Söenn<br />

roir nic^t burd) ba§ SSerlangen nad) @ott gu ®f)riftu§ geführt<br />

n?erben, bann fönnen irir un§ oielleidjt einbilben, rcir müßten un§<br />

üornef)men, 33erid)te oon ß;f)riftu§ ju „glauben", bie in 2Bat)rf)eit<br />

unfere 3"^^^^^ erregen. ©ud)en it)ir bagegen bei ibm ben SBeg<br />

^um '^ater, ju bem @ott, ber un^ müd)tiger aufäffen foU aU<br />

unfere ^JloÜ), unb beffen 2BirfIid)feit gegen bie 2öirflid)feit ber 2öelt<br />

auffommen foU, bann roerben rair un§ fid)erli(^ nid)t mit bem be=<br />

faffen, mas mir nur mit Slnftrengung unb mit get)eimen ^n^cif^I"<br />

feftf)a(ten, fonbern mit bem, roa§ un§ unmiberfpred)lid) mirflid) ift.<br />

2)a£i ift aber an ^efu§ ba§, beffen 3)iad)t un§ bod) fd)lie|Iid) burd)<br />

alle§, wa§ ha^ neue Steftament oon i^m berid)tet, füf)Ibar gemad)t<br />

merben foti, fein inneres Seben. ')<br />

®a§ 33ilb be§ inneren fiebenS ^efu,<br />

ha^ un§ ba§ 3leue 2;eftament barreid)t, ift fo befd)affen, bo^ e§ ben<br />

nad) ©Ott oerlangenben 9Jlenfd)en feft{)ält, unb ilm baoon über-<br />

zeugt, ba^ in ibm etroa§ gefd)id)tlid) 3Sirflic^e§ miebergegeben fei,<br />

obgleid) e§ alter fonftigen @rfaf)rung]miberfprid)t, alfo im ftrengften<br />

©inne munberbar ift. SBunberbar ift e§; benn e§ ift unS un=<br />

fa^tid), raie ein 9)lenfd}, oljue irrfinnig ju fein, fid) fo mie ^efu§<br />

in ben SJlittelpunft ber @ef(^id)te ftellen unb an feine "»perfon ba§<br />

(Sc^idfal ber 9Jlenfd)l)eit fnüpfen !ann. 3lber gu einem ^ßi^Ö^iB<br />

be§ 2Birflid)en mirb im§ biefeS ^Silb, roeil e§ un§ burd) bie 3ln=<br />

fd)aulid)f'eit feiner fittlid)en @rö^e jebe 9)Zögtid)feit .einer ^ritif<br />

entreißt, unb be§l)alb feinen 2(nl)alt für bie SJieinung bietet, ba^<br />

e§ Don 9Jlenfd)en unferer 2(rt erfonnen fei, fonbern un§ jur tiefften<br />

^) Ü^ergl. Ääf)Ier a. a. O. ©. 34: „2Bqö inir üon tljnen empfangen, ift<br />

eigentUd) nur ein ®l)arafterbtlb. Ober wa^ finb bie Srjäfilungen an fic^ unb<br />

JüQö finb fie unö, aU SBeifpiele, luie er ju I)anbeln pflegte, inie er toax, mie<br />

er ift^" —


er ©runb unfereö ©laubenö. 257<br />

@f)vfiirci)t zwingt, ^d) roill ntd)t bejiDcifeln, ha^ fid) uiele in bie<br />

c^riftlid)e 3Keltanjd)auung eingercöf)nen, tüeil fie üon il)ver SOBat)r'<br />

!)eit§mac^t ergriffen ftnb unb roeil fie burd^ eine geiftig ftävfere<br />

Umgebung in biefe 9^id)tung gebrängt werben, ^ud) ha^ üerfenne<br />

irf) nid)t, ha^ e§ für bie ©eftaltung ber irbifd)en 3Ser!)äUniffe<br />

iDÜnfd)en§n)ertf) unb für einen ®I)riften it)ot)lti)uenb ift, rcenn ba§<br />

rerf)t oft gefd)iel)t. 2Iber baoon rcirb mid) niemanb überjeugen,<br />

ba^ ein fo au§ überlieferten 3]orfte(Iungen ^ufammengeiüobeneg<br />

®^riftentf)um me^r fei als ein ^leib, unter beffen |)ülle ber 9}Zenfd)<br />

fid) §n)ar al§ ein unanftü^ige§ SJ^itglieb ber irbifd)en Hird)en'<br />

gemeinfdiaft bewegen fann, aber in feinem ^J^^^^'f^^^^ bleibt, maS<br />

er mar. S)enn wir felbft fommen baburd) in feine anbere Sage,<br />

ba§ un§ bie allgemeine 3Bat)rf)eit religiöfer ©ä^e einteud)tet. 3)a=<br />

gegen gewinnen mir ha§, ma§ un§ oon ber SBelt abfd)eiben unb<br />

über unfer bi§^erige§ SBefen ert)alten fann, wenn im§ ein*<br />

mal haä ^ilb be§ inneren Sebens ^z\u 3U ^erjen bringt, fo, ba§<br />

mir in @rfurd)t be§roungen, feine gefd)id)tlid)e 2BirfIid)feit empfinben<br />

unb ba§ 9^ec^t feiner übermenfd)lid)en 2tnfprüd)e zugeben mußten.<br />

2ßir glauben bann um ^efu roiUen an ©ott unb f)aben e§ bann<br />

oljne 2Beitere§ oor 2Iugen, ha^ ®ott eben burd) bie 9}^ad)t biefer<br />

gefd)id)t(ic^en ©rö^e alle§ nieberlegt, ma§ un§ üon if)m trennte,<br />

unb un§ ju fid) f)erauff)ebt. 9Jlit ber @rfaf)rung, ha^ @ott ba§<br />

an unsi tf)ut, beginnt bas $Keid) ©otte^ im iperjen.<br />

2(Ifo unter bem gefd)id)tlid)en S^riftu» uerfteben mir ben<br />

6;f)riftu§, ben un§ bie neuteftamentlid)e <strong>Ueber</strong>lieferung al§ eine in<br />

if)rer gefd)id)tlid)en 2öirflid)feit un§ überjeugenbe '^^erfon erfennen<br />

lä^t. Slber mir meinen be3f)alb nid)t, ba^' mir alle§, wa§ in<br />

ber <strong>Ueber</strong>lieferung oon ®t)riftu£i berid)tet unb gelet)rt wirb, §u=<br />

fammenfaffen unb biefe^ ^ilb ben gefd)id)tüd)en ©l)riftu§ nennen<br />

bürfen. 3)enn barin ift 23iele§ entf)alten, ma§ feineSmegs bie<br />

®mait be§ unleugbar 2öirf(id)en an jebem nad) ©ott fud)enben<br />

unb bie Obtf) be§ ©emiffenS empfinbenben 9Jlenfd)en ausüben<br />

fann. 2ßir üerftel)en aber unter bem gefd)id)tlid)en (£^riftu§ aud)<br />

nid)t bie 3}orftelIung oon if)m, bie eine I)iftorifd)e ^orfd)ung er=<br />

reid)en miü, inbem fie 5U ermitteln fud)t, meldie mirflid)en 93or*<br />

gänge ber oon il)r fritifierten <strong>Ueber</strong>lieferung 5U ©runbe liegen.


258 §err:nann, 2)er gejc^id^tltc^e Sftriftus<br />

2)enn bei* ©vtvag einer foIrf)en 5orfd)ung wirb immer äufeerft<br />

gering fein unb bleibt problematifi^. ^ür ha^^ Seben be§ @Iauben§<br />

fommt er bireft nirf)t in '5etract)t. 2öir fu(i)en f)ier aber ben ge=<br />

fd)i(^t(icl)en ®^ri[tu§, ber für ben ©briften ber unserftörbare @runb<br />

feinet @(auben§ ift. darunter oerfteben luir bie gefrf)id)tli(i)e<br />

^JKirf lief) feit ^efu, bie fid) als foldje bem 9}^enfc^en allein auf=<br />

brängt, ber, ratbto§ in feinem 9>erlangen nad) @ott, fid) f)i(fe=<br />

fuc^enb an bie <strong>Ueber</strong>lieferung roenbet, au§ ber für anbere ba§<br />

Seben gequollen ift, ha^ er and) baben müd)te. ®in fold)er ^J^enfd)<br />

finbet im bleuen S^eftamenl ben gefd)id)tlid)en (Sl)riftu6 aih ttma§<br />

oöüig @en)iffe§ unb als ben ©rtöfer, ber il)n in bie ©egenroart<br />

@otte§ fteUt.<br />

3unäd)ft freilid) brängt fid) ibm etir»a§ anberes auf, ber ©laube<br />

ber neuteftamenttid)en 3^"9^"/ ber fid) in einer %üii^ rounberbarer<br />

Sßorfteüungen bemegt. @5 ift möglid), ^a^ er fid) uon ber er=<br />

fd)ütternben ©rö^e biefer @rfd)einung gän3tid) binnebmen lä^t,<br />

unb im ©el)orfam gegen fie fid) üornimmt, fid) fortan in ben-<br />

fetben 3Sorj"tellungen 5U beroegen. ®ann mad)t er bie, bie Siener<br />

fein rooUen unb fotlen, ju i^erren unb roirb bem nid)t geborfam,<br />

ber allein fein 5^err fein foll. 3]or biefem falfd)en @el)orfam<br />

gegen Scric^te unb Sef)ren ber 3Ipofte( werben mir bercabvt, menn<br />

mir bem @ott, ber un§ gerufen l)at, inbem er ba§ 3Serlangen<br />

nad) il)m medte, bie Xreue l)alten unb nid)t§ rceiter fud)en als<br />

if)n. 2)enn bann muffen mir fel)en, ha^ nid)t ber @laube ber<br />

3lpoftel unb nid)t bie ©ebanfen, bie ibrem glauben gegeben maren,<br />

un§ ba§ Derfd)affen fönnen, roorauf fdjlie^lid) alle§ anfommt, bie<br />

©emi^^eit, ha^ ©ott in einer 2bötfad)e, bie fid) un§ übermäd)tig<br />

aufbrängt, mit uns Derfef)rt, rcie mit ii)nen. SBer baran feftl^ält,<br />

ba^ er ba§ allein l)aben roill, roirb in bem ®f)riftu§, ben il)m öas<br />

9leue Seftament jeigt, ba§ finben, mas er fud)t. Senn gerabe bann,<br />

roenn er entfd)loffen atle§ bei (Seite lä^t, mas ibm nid)t als ämeifel-<br />

lofe ^f)atfad)e erfd)eint, mu^ il)m bas übrig bleiben unb in feiner<br />

^raft unb 'Sebeutung flar werben, roa§ ibm fein 31^^^^!^^ ^^11=<br />

n)egfd)affen fann. Sa§ ift bas '3itb bes innern 2eben§ ^efu, bas<br />

tro^ bc§ munberbaren 3lnfprud)5, ben biefer ^efu!§ erl)ebt, fid) qI§<br />

ein 3ßiigniß be§ gefd)ic^tlid) 3Sirflid)en an allen erroeift, bie ft^


er ©ninb uiiiereö ©laukn^. 259<br />

in @f)rfurd)t cor it)m beugen muffen. ®ie§ nennen n>iv ben ge-<br />

fd)i(^tlid)en ©Iiriftug. 3^id)t bie ()iftortfc^e 5o^lrf)ung fittbet it)n,<br />

fonbern ber in ber (5)efd)id)te nad) bem eraigen Seben ringenbe<br />

^enfd).<br />

S^at aber ein foId)er an ber 2;f)atfad}e bes perfönlid)en Seben§<br />

^efu erlebt, ba^ fie if)n erlöft, rceil fie it)m @otte§ Eingreifen in<br />

fein eigenes ßeben unroiberfpredjtid) gerai^ madjt, fo hat er bamit<br />

gugleid) bie 3Iutorität gefunben, ber er fid) unbebingt unterwerfen<br />

muß unb fann. @5 giebt feinen red)tfd}affenen ©tauben of)ne ben<br />

@et}orfam gegen eine über it)m ftet)enbe SHac^t, bie if)m fort=<br />

iüät)renb 9leue§ ju fagen f)at, unb ber er fid) 5ur>erfid)tlid) an^<br />

vertraut, rao er fid) felbft nidjt 5ured)tfinbet. 9iur in foldjem @e=<br />

f)orfam bat ber ©laube bie 5lraft, ben 9)lenfd)en immer mieber<br />

auf eine neue Sebensftufe ju l)eben. tiefer @et)orfam gebüf)rt<br />

(5)ott allein. Silber mir fönnen il)n nur bem ©ott crmeifen, ber<br />

fid) un§ felbft offenbart, nid)t einem ©ott, non bem uns anbere<br />

berid)ten. äöir fönnen un§ mo^l aud) einem foId)en 53erid)t ge=<br />

fangen geben unb ilin Offenbarung nennen. ®as fiel)t bann rcie<br />

©uiubensgeborfam au^v ift aber im ä>ergleid) mit if)m ein äu^er»<br />

lid)e§ 3Berf. ®a§ i^erj, ha§> ©ott l)aben roitl, ift babei nid)t be=<br />

tl)eiligt. ®arin finb mir alle einig, baf3 bie Offenbarung, in ber<br />

©Ott an uns t)erantritt, für uns bie l)öd)fte Slutorität fein foll.<br />

Stber fid)erlid) ift boc^ erft bas für un§ roirflid) bie Offenbarung<br />

©otte§, wa§ burd) feine eigene Tladjt jebcn Zweifel an ©otte§<br />

Sßirfen auf un§ austilgt, ^er ©ott, ber fid) uns fo offenbart,<br />

fe^t un§ in bie innere ^erfaffung, ba^ mir un§ il)m oon ganzem<br />

^ergen untermerfen fönnen. ®esl)alb ift bie l)öd)fte Slutorität,<br />

nad) ber fid) unfer innere^ Seben rid)ten foll, ber gefd)id)tlid)e<br />

®l)riftus. ^enn er mad)t un§ ben auf un§ rcirtenben ©ott<br />

fo offenbar, ha^, menn er un§ nid)t entfd)minbet, aud) ©ott un§<br />

gcgenmärtig bleibt, ^aburd) mirb er un§ ber |)err, bem mir ge=<br />

l)ord)en muffen. ®er ©el)orfam aber, ben mir biefem iperrn<br />

fd)ulbig finb, erftredt fid) äunäd)ft nid)t auf irgenb roeld)e ©a^ungen<br />

unb Se^ren, bie non il)m ausgegangen finb, fonbern auf feine<br />

^erfon. ©r felbft foll in ung ^errfd)en. Sßenn er un§ ©ott<br />

offenbart, fo fel)en mir in feinem perfönlid)en Seben ein Slbbilb


260 §errtnann, ©er gej(f)i(ä)tU(fie ßfjriftuS<br />

be§ :^e6en§ ©otte§. ®arau§ evgiebt ftrf) eine hoppelte ^f[id)t be§<br />

@ef)orjam§ gegen il}n, f)intev bei* atle^ anbere jurücüveten mu^.<br />

2Bir follen un§ in iih^x ßeben§lage buvrf) if)n gu @ott erf)eben<br />

laffen unb lüiv follen gefinnt roevben wie er, bamit wir in nnferer<br />

befonberen Sage fo f)anbeln, roie er an unferer ©teile l)anbeln<br />

roürbe, 3Benn luir ba'g evftere tljun, fo lernen tuir bie ©ebanfen<br />

Don ©Ott unb göttlirf)en fingen in it)rer 2öal)rt)eit oer[tel)en, in<br />

benen firf) bie jünger nacl) bem ßeugni^ be§ bleuen 2;eftament§<br />

bercegen; raenn wir ba§ jmeite tf}un, fo lernen rair bie ©ebote<br />

^efu in il)rer 3'lotl)n)enbigf'eit oerftel)en unb ha§ Seben ber jünger<br />

narf) biefen ©eboten.<br />

©0 fiel)t e§ mit bem ^^eftanbe d)riftlicl)en Seben§ au§,<br />

©einen ©runb finbet e§ allein barin, ba^ bem nad) ©ott oer-<br />

langenben 9J^enfcl)en ber gefcl)icl)tlicl)e ®l)ri[tu§ eine unleugbare<br />

2;l)atfacl)e mirb unb ibn uon ©otte§ Sßirfen auf il)n überfül)rt,<br />

Söenn e§ bem ®l)riften auct) fpäter l'lar rcirb, ha'^ fein Seben§=<br />

grunb fcljlie^lid) nid)t tn ber 3^^^ fonbern in ber ©roigl'eit liegt,<br />

fo luirb er fiel) borf) auf ber ^öl)e biefe§ ^^en)u^tfein§ nur<br />

f)alten, raenn er immer raieber an bie 2;l)atfad)e anfnüpft, burd)<br />

bie ©Ott in ber ^^it fo an il)n t)erantritt, ba^ er il)m fid)tbar<br />

werben mu^. ^ux ©ntfaltung f'ommt ha§ fo begrünbete neue<br />

Seben in bem ©eborfam gegen ben |)errn. 2ßir untermerfen un§<br />

aber nur bann feiner ^ünig§mad)t, raenn mir un§ burd) it)n ju<br />

©Ott bringen, ©otte§ un§ gemi^ mad)en unb in göttlid)e§ Seben<br />

ergeben laffen. hierbei allein finb mir feiner ^^erfon felbft, nid)t<br />

irgenb einer oon it)m unterfd)iebenen 9}iad)t, untermorfen. Unb<br />

wenn e§ fic^ bod) barum lianbelt, ha^ er unfer ^err mirb, —<br />

!onn benn eine ^^erfon eine geroaltigere §errfd)aft über einen<br />

9Jlenfd)en geminnen al§ barin, ha}^ fie il)n ju bem S3emu^tfein<br />

feiner 5Berlorenl)eit bringt, il)n mit feiner 33ergangenl)eit bred)en<br />

unb in ber ©emeinfd)aft mit ©ott neuen Seben^mutl) unb neue§<br />

2^h^n finben lä^t? ®em gefd)id)tlid)en ®l)riftu§, ber un§ ©ott<br />

offenbart, gilt unfer ©eljorfam. Slber wenn mir fo ben ©el)orfam<br />

be§ ©lauben§ in ber 93eroältigung ber Umftänbe unb in ber<br />

93eugung unter unfere fittlid)en ^^^flid)ten betl)ätigen, bann wirb<br />

im§ aud) flar, ha^ in biefem ©lauben bie ^^ü^^'f^*^)^ ^^^9^ "^er


er (Srunb uufereö ©taubcuö. 261<br />

^err fei un§ lebeubig naf)e uub erruavte m\§ in bem lieben, ha§mix<br />

iujoiueit uerfte^en, al§ roir gefinnt luerbeu, luie er. ^ann<br />

roirb e§ umS, aber aucl) nirf)t e()er, 5ur @ef)ovfam§pflid)t bei* ©r-<br />

f)öf)ung be^ gefd)id}tlid)en (£(n"i[tu§ $u tjebenfcn, unb in bem @e-<br />

banfen au ben (£rliü()ten S^roft unb (£rt)ebuug ju jud)en. ^-itber<br />

auc^ lüeuu unfeu ©laube ftd) ju biefer .^öf)e erf)obeu f)at roirb e§<br />

un§ immer roieber nötf)ig, ba^ mir bie 2:(iat[ad)e auf]ud)en, bie<br />

ber nod) uid)t glaubenbe aber @ott fud)enbe SJ^eufd) faffen unb<br />

ü\§> bie mad}tDo(Ie Offenbarung ©otte? erfaf)ren fann, ba§ perfon^<br />

Ud)e 2^h^n ^efu ober ben gefd)id)t(id)en 6^f)riftu§. ®enn ©ott ift<br />

un^ niemals in ber SBeife roirflid) unb nabe, roie bie 2öelt. @r<br />

lä^t fid) in jebem 9Jioment nur finben, roenn mir i()n non ganzem<br />

^ergen fud}en.<br />

@rnftlid)en QBiberfprud) fann biefer '9iad)roci§ ber 53ebeutung<br />

be§ gefd)id)tlid)en (£{)riflu§ nur bei ben G^briften finben, bie ent-<br />

roeber rationaliftifd) benfen, ober in bem geniof)nt)eit§mä^igen<br />

©lauben an (Sott unb in ber geroof)n()eit5mä^igen Unteriuerfung<br />

unter Stutoritäten fte()eu, bie iljuen inner(id) fremb finb. 2)en<br />

erfteren fönnen rcir nad)roeifen, baf] fie auf jeben ^yall bie Oieügion<br />

miJ3oerftef)en. ^enn bie ^Jieligion ift nod) nidjt roirfüd) in ber<br />

<strong>Ueber</strong>jeugung, ha^ irgenbroe(d}e allgemeine Sä^e roabr finb, fonbern<br />

in bem "öerou^tfein ber rounberbaren Xf)atfad)e, ba^ @ott mit<br />

biefem beftimmten 9Jcenfd)en in ^erfeljr getreten ift. ^m Uebrigen<br />

ift if)nen ju fagen, ha^ fie ber einzigen SUitorität, bie e§ für<br />

foId)e 9Jlenfd)en geben barf, if)rem ©eroiffen getreulid) folgen mögen.<br />

(Sie roerben bann fdjon, jumal roenn bie fittlid)en 'i(nfprüd)e ber<br />

d)rift(id)en ©emeinbe fie beeinfluffen, in bie innere ^^^ot^ geratf)en,<br />

in ber fie nad) ber Offenbarung @otte§ unb bamit nad) ber roirf'^^<br />

Iid)en O^eligion nerlangen roerben. ®en jroeiten gegenüber bebarf<br />

e§ erft red)t feiner tf)eo(ogifd)en äBibertegung. Sie erliegen bereite<br />

bem @erid)t ber oon @ott geleiteten @efd)ic^te. 2)er gerool)nl)eit§*<br />

mäßige ©laube an @ott unb bie gerool)nt)eit5mä$ige Beugung<br />

unter nid)t perfönlid)e. fad)lid)e 3{utoritäten ber ^irc^e fann nur<br />

ba beftel)en, roo bie ^ird^e polilifd) f)errfd)t. ®ie ^ird)en ber<br />

©egenroart äef)ren in biefer 33eäief)ung nod) oon bem Kapital, ba§<br />

roäl)renb ber äßeltorbnung be§ 9JZittelaIter!§ fid) im 93olf§leben


262 §errmann, 2)cr gef(f)i(f)tli(i)e ßfjrifluö<br />

angefammelt f)atte. 2Iber bie poItti]'cf)e iperrjd)aft ber Üixdje tft<br />

bal)in, unb biefe§ Kapital fdjtüinbet erftd)tlid). ®a werben bie,<br />

bie n)af)rt)aftig glauben, jd)on oon felbft barauf fommen, bie fraft-<br />

Io§ geworbenen Stutoritäten faf)ren p laffen, ficf) bagegen um jo<br />

entfd)Ioffener auf bie raal)ren 3(utoritäten, auf ha§> ©eunffen unb<br />

ben ©ulöfer be§ ©eiüiffenS, ben gefd}id)tlid)en (££)riftu§ jurüd^<br />

äUäief)en.<br />

3Iber bie 3lutorität ber I)eiligen ©d)rift? (Sie ift in bem<br />

«Sinne, ha^ fie cor allem anbern feftftel)en folt unb al§ (e^ter<br />

(Srunb be§ ©laubeu'B t)orau§gefe^t rcirb, in ber eoangeIifd)en<br />

2;beo(ogie grunbfä^Iid) befeitigt ^). Ob fie in biefem (Sinne mieber<br />

I)er5ufteüen fei, fann erft bi§futiert werben, wenn eine t(ieologifd)e<br />

©ruppe fid) entfd)lie^t, bie gefd)id}tlid)e 3'0^"fcl)ung oon ber 33ibel<br />

fernjutjalten. S)a6 ift bist)er nic^t ber g^aü. dagegen I)at für<br />

ben ©lauben, ber fid) auf ben gefd)id)tlid)en ßl}riftu§ grünbet,<br />

ailß in ber 53ibct, mas i{)m baju bient, if)m ben gefd)id)tUd)en<br />

©f)riftu§ anfd)aulid) unb üerftänbtid) gu mad)en, ben SöertI) eine§<br />

get)eimnifeüü(Ien @otte5worte§ , in beffen 3:iefen es if)n 3ief)t.<br />

SDarin, ba^ mir un§ fo jur 33ibel fteüen, fann un§ feine f)iftorifd)e<br />

^orfd)ung ftören, wenn mir nur überhaupt ijeternt f)aben, nn§ btc<br />

gefd)id)tüd)e 'iBirfIid)feit besi perfünlid)en Seben§ -^efu of)ne bie<br />

^ü(fe ber '-JBiffenfd)aft, aber mit ben aJlitteln be§ ©ott fuc^enben<br />

@eifte§ feftjuftetlen, unb in biefem „gefd)id)tlid)en ®()riftu§" @ott<br />

gefunben (laben.<br />

Söeniger gemid)tig fommen mir bie (Sinmürfe oon C)ppen =<br />

rieb er unb ®roalb oor (oergl. oben (S. 232). ®enn id) glaube<br />

bei beiben ju bemerfen, ha'^ fie "üa^, worauf e§ mir anfommt,<br />

überl)aupt nod) nid)t m§ 2Iuge gefaxt ^aben, nämlid) bie Unter=^<br />

fd)eibung beffen, wa§ ben ©tauben begrünbet, oon bem, wa§ nur<br />

ber @laube als etwa§ SOBirflid)e§ fel)en fann. ^d) will biefe<br />

'2)inge, bie unterfc^ieben werben follen, nod) einmal nebeneinonber=<br />

ftellen. 2)a§, worin ber ©taube feinen (Brunb folt finben fönnen,<br />

mu^ fo befd)affen fein, ba^ e§ bem 3Jlenfd)en gegenwärtig bleiben<br />

fann, aud) wenn it)m fein ©laube im ^i^^^^fel fd)winbet. ©runb<br />

*) 3}ergl. anä) bai ©itat bei ßäf)Iet a. u. D.


her (Srunb unieres (Slaubens. 263<br />

be§ ®lauben§ fönnen rair alfo nur bas nennen, n)a§ bem @ott<br />

fud)enben, aber nod) nid}t glaubenben 3Tien]d)en als etrcas 3Btrf=<br />

Itd)e§ entgegentreten fann unb in feinem tf)atfäd)ltrf)en 3tt^)alt<br />

bie rounberbare Wadjt bat, einen jold^en 9Jlenid)en baoon p<br />

überseugen, ba§ ©ott luirtlid) i[t unb auf ibn rcirft. ^d) be=<br />

f)aupte nun, ha^ bie^ doppelte altein uon bem perfön(id)en Seben<br />

^efu gitt; e§ gilt nid)t oon ben 3Bunbern, bie nad) bem bibüfd)en<br />

^5erid)te ^efu§ getrau ober erfat)ren bat, fonbern attein non bem<br />

im ftrengften Sinne rcunberbaren perfönlid)en Seben ^efu. ^ie^<br />

allein f)at bie 9Jiad)t, ftd) al§ gefd)id}tlid) mirflid) §u erroeifen unb<br />

ben 2}lenfd)en, auf ben e§ wirft, oor @ott ^u ftelten. 2)er<br />

©taube, ber bie t)öd)fte ®rfd)einung perfüntid)en £eben§ ift,<br />

wirb burd) bie geiftige 9Jlad)t üon ^erfonen erzeugt unb trifft,<br />

raenn er auf feinen legten ©runb f)ingebrängt mirb, auf ba§<br />

perfönlidie Seben ^efu. @r lebt gang unb gar non ber 2tuto=<br />

rität, aber üon einer perfonlid^en 2tutorität, bie ftd) bem 9Jlen=<br />

frf)en al§ etwas unleugbar 2ßirflid)e5 aufbrängen mu^. S)iefe<br />

(£rfal)rung mad)t ber ®ott fudjenbe SJienfd) an bem perföntid)en<br />

Seben 3^1"- 2)urd) feine 2Jiad)t niebergeroorfen merben, ba§ ift<br />

©runb unb ^i^I für a(Ie§, was mir pm Seben ober ^ux @nt»<br />

ftef)ung be§ @{auben§ red)nen folten. 2{nber5 Dert)ält eg fid) mit<br />

bem ^nt)alt be§ ©tauben^. SBenn ber ©taube rairftid) bie @e=<br />

burt §u einem neuen Seben ift, fo mu^ ha^, rca§ it)m offenbar<br />

rcirb, eine 2öirflid)feit I)aben, oon ber ber 9lid)tglaubenbe fd)Ied)ter=^<br />

bings nid)t§ fe{)en fann. liefen ^nfjalt bcs ©taubens bem nid)t'<br />

glaubenben aber fud)enben SDIenfdjen al§ ©runb be§ @tauben§<br />

f)inftetten, ift baf)er nid)t nur eine (ieblofe 3Serfünbigung an einem<br />

fold)en 9J^enfd)en, fonbern aud) eine ^^rofanation be§ ^eiligen.<br />

2Bot)l ift e§ im geioiffen Sinne rid)tig, ba$ 3nt)att be§ ©laubensi<br />

nur merben fann, wa§ ©tauben in uns begrünbet. ©runb be§<br />

©laubens ift ber gefd)id)tlid)e (St)riftu§, inbem er un§ burc^ bie<br />

9Jiad)t feines perfonlic^en 2eben§ ©otte§ SBirfen auf un§ erfafiren<br />

lö^t, 3nt)att bes ©taubens ift ber in biefem ©t)riftu§ un§ er*<br />

fd)einenbe ©ott. 2ltfo ift in ber "^^^at ber ©f)riftu^, beffen per=<br />

föntid)es; Seben mir oor Stugen £)aben muffen, ©runb unb ^nf)alt<br />

beg ©taubens. Stber ber ©ott fud)enbe SJienfd) fiet)t in ©t)riftu§


264 ^errmonu, Ser 5eicf)i(it(t($e (Ji)riftug<br />

bie rounberbare 5fiati"acf)e feines in bev @e[d)id)te mirf(irf)en perfön=<br />

Iid)en Gebens; ber ©laubenbe, ber @ott in it)m gefunben f)at<br />

lüirb in (Xf)riftu5 ben eroigen ©of)n beei 3]ater§ ernennen. <strong>Ueber</strong><br />

einer cf)riftlirf)en Q^erfünbigung, bie biefen Unterfd)ieb md)t beacf)tet,<br />

fann and) bie ©nabe (5)otte§ fo malten, ha'^ burrf) fie bie 9Jlenfd}en<br />

auf ben ©runb be^ ©laubens gefübrt luerben, wenn nur überf)aupt<br />

ba§ perfünUcf)e l'eben be§ ©laubens in if)r ift. 2(ber rair werben<br />

baburdi nid)t von ber *']>flid)t entbunben, ba§, n.ia§ fd)(ed)terbing§<br />

nur 3"^ölt be5 ©(anbeut fein fann, a(§ ha§ ßiel binjufteEen,<br />

nad) bem n)ir immerfort un§ empor ringen muffen, inbem mir ber<br />

erlöfenben 'Madjt be§ gefd)id)tlid}en ®t)riftu§ un§ überlaffen. SKäre<br />

es nid)t beffer, bei ber 5>ertretung be§ ®f)riftentf)um§ ben 9Jienfd)en<br />

gu fagcn, barauf allein fomme es an, ba^ fie in ©f)riftus ba§<br />

finben, \va§ if)nen a(§ unleugbar rairflid) einteud)tet unb ibnen<br />

boc^ htn lebenbigen @ott offenbaren fann, anftatt in il)nen bie<br />

SJieinung ju erregen, fie müßten munberbore ®inge an ©^riftu§<br />

für mirflid) t)alten, bie fie nid)t als etma§ Sßirflid)e§ feljen fönnen?<br />

3d) i)abi e» felbft üerfd}ulbet, ba^ Oppen rieber meine<br />

SJleinung nid)t genau getroffen l)at. @r befämpft bie^, ha^ burd)<br />

meine Sä^e bie fird)Iid)e 33erfünbigung befct)ränft unb oerfürjt<br />

loerbe. ^d) bcitte aüerbings fd)on früt)er einbringlid)er f)erDor^<br />

f)eben foUen, baf? jeber fo oon feinem ©tauben ^eugnife geben<br />

foll, mie er it)n bat, nad; bem äUaa^e feinet ©tauben^. 3lef)men<br />

mir ä. 03. an, es ftetje fo mit einem (£l)riften, ba^ ibm bie Söunber,<br />

bie üon ^efu§ berid)tet werben (menn and) nid)t alle), ^reube<br />

mad)en, meit es ibm felbftüerftänblid) ift, ha^ bie non @ott be=<br />

berrfd)te 3Be(t an biefem ']3unfte ber @efd)id)te ©reigniffe gefd)et)en<br />

laffen mufete, mie fie fonft nidjt gu gefd)ef)en pflegen. 5Jlit mir<br />

felbft i)ert)ält es fid) fo. ^d) merbe alfo in ber ^^^rebigt unbe=<br />

fangen oon einem '©unber reben, meit mein ©taube mid) baoor<br />

fd)ü^t, an bem SBunber Slnfto^ 5U net)men, im @egentl}eil mid)<br />

in ben otanb fe^t, in bem 3Bunber eine ^^eftätigung beffen 5U<br />

finben, \va§ id) glaube. 3(ber e§ mirb mir bod) geroi^ nid)t ein=<br />

fallen, mir eingureben, ba$ bie überjeugenbe iiraft biefer Sßunber<br />

meinen ©lauben begrünbe. ^enn id) meife, ha^ mir biefe SBunber<br />

in ein ganj anbere§ 5id)t gerücft merben, menn id) nid)t in bem


er ©ruiib iinjereö ©lautiens. 265<br />

-©rlebni^ ftef)e, ba^ (£f)riftuy micf) ben (S^ott fpüven (äJ3t, ber meine<br />

gegeniüävtige 9lotl} übenuiubet ober mein .S^inleben in jünbigem<br />

äöefen untevbrid)t. i^or a((em mevbe id) mid) üüv bev jammer=<br />

Doüen 3:f)0vl)eit f)üten, anbevn uovjnveben, fie müf5ten bieje 3Kunbev<br />

als mirfüd) gejd)elien annet)men, bcimit [ie banad) in £t)vi[tn5<br />

ben (Sriöfer finben. 2)ie ^ilnfgabe aller d)rift(id)en Untermeifnng<br />

fann bod), ba§ rcivb mein iperr ©egner aud) jagen, nur bie fein,<br />

ju ®f)riftu§ 5U füt)ren. 3)a3U bient ber unbefangene 3(u§brurf<br />

beei eigenen (SIauben§. SIber einen midjtigen ^ienft leiftet baju<br />

aud) bie 9}la{)nung: ber ©laube tann nid)t euer eigene^ 3Berf<br />

fein; moüet be§balb nid)t^ für mirflid) f)a(ten, wa§ if)r nid)t al^<br />

mirfUd) fe()t. ^urd) fold)e 3)labnung, bie gar nid)l einmal immer<br />

ausbrücflid) laut ju rcerben braud)t, aber auf feben ^uill in ber<br />

:gonäen Haltung ber ^Nerfünbigung ausgeprägt fein mu^, mirb ein<br />

boppelter ®ienft geleiftet. ©rftens mirb baburd) ber anbere baüor<br />

beraal)rt, in bem 2lu5brud be§ ©laubeu'? ober in bem Sd)riftmort<br />

eine ©a^ung ju fel)en, bie er befolgen mü^te, um fid) gu l)elfen.<br />

^meitens mirb er baburd) barauf geleitet, in ber 3}erfunbigung<br />

bas auf5ufud)en, ha§ il}r bie belebenbe ^raft giebt unb t>a§ it)m<br />

fetbft aiä etmag unleugbar 2Birflid)e§ entgegentreten fann. ^eber<br />

mu^ ha§ für fid) felbft finben, nadjbem er non bem @lauben§=<br />

.geugni^ eine§ (Jbriften innerlid) angefaßt ift. Ütiemanb fann it)m<br />

ha§, raas it)m ©runb beS @lauben§ merben foE, ans ber d)rift=<br />

lid)en iserfünbigung l)erau§fd)älen nnb in feften Umriffen jeigen.<br />

^eber mu^ in feiner 2Beife auf bem ©runbe beS @lauben§5eug=<br />

.niffe§, ha^' it)n ergriffen t)at, ben gefc^id)tlid)en (Sl)riftu§ finben,<br />

ber allein es jur ©ntfc^eibung bringen fann, ob e§ aud) in i^m<br />

äu ber neuen ©eburt beS ©laubens fommen foU, ber feineU un=<br />

gerftörbaren ©runbeS fid) beraubt ift. 2öie id) für mid) felbft in<br />

bem ©laubenSjeugni^ be§ 'Oleuen ^eftamentS ben gefd)id)tUd)en<br />

Cl)riftu§ finbe, ben mir fein l)iftorifd)er 3^^^^!^^ rauben fann,<br />

i)üht id) in ben oon Op penrieb er fritifierten 5lu§fübrungen 5U<br />

5eigen uerfudjt. ^ilber ba^ id) bamit in ^nbern ben ©lauben, ber ftc<br />

erlöft, ^u medfen üermöd)te, bitbe id) mir ebenfomenig ein, mie<br />

id) felbft burd) eine tljeologifc^e 53emei§fül)rung jum ©tauben ge-<br />

fommen bin. @§ mar alfo nic^t nötl)ig, mir barauf gerid)tete


266 §errmünn, 2)er gefcfiicfjtüc^e Sf)ri[tug<br />

SBiberlegungen ju loibmen. 3Sor 9t(Iem aber I)ätte Oppenricber<br />

ni&jt jagen füllen, roas mir jd)lie^lid) al§ @runb be§ @(auben§<br />

übrig bleibe, fei bie <strong>Ueber</strong>geugung, „ba^ in :jefn ber bem ^Äillen<br />

©otteS ooUfommen entfpredjenbe fittlid)e SJtenfd) erfd)ienen fei."<br />

'^d) Ijabe immer gefagt, ba^ jcber, ber bie erlöfenbe SHac^t ber<br />

'•^.^erfon ^efu erfäbrt, barin jmeierlei unterfd)eiben luirb: er[ten§<br />

bie fittlid)e Straft unb ©üte, beren Unergrünblid}feit man erfaf)ren<br />

nnb empfinben mufe, 3<br />

m<br />

eilend ben allesi menfd)lid)e dJlaa^ über^<br />

fteigenbeu 31nfprud) feine§ 3Heffia5tl)um5. 9Ber bieg beibe^ ju-<br />

fammengcfa^t fiebt nidjt in einer tbcologifd)en 2{u§fül)rung, fon=<br />

bevn in bem ©l^viftuS be§ bleuen STeftamentsi, ber tamx nad) meiner<br />

SJieinung l)ierin bie 2öirflid)foit erfaffen, um beren millen er eine<br />

fefte 3uDerfid)t ju @ott gewinnen f'ann. Sßenn Cppenrieber<br />

beftreitet, ba^ man bem l)ierin anfd)aulid)eh perfönlid)en Seben<br />

^efu, burd) logifd)e ^Jlötbigung geämungen, 3Scrtrauen fd)enfen<br />

muffe, fo ift bas in ber Orbnung. ®a§ tl)ue id) aud). 3Iber<br />

roenn er beftreitet, ha^ burd) biefc 'ilnfd)auung ha§ 23ertrauen §u<br />

bem gefd)id)tlid)en 6;i)riftu§ als bie SOBur^el be§ @lauben§ ge-<br />

fd)affen merben fönne, fo mufs fein ©laube feine 2öur5el ent^<br />

meber in feiner eigenen (Sntfd)lief3ung baben, burd) bie er fid)<br />

oornimmt, einer 31utorität ju folgen, bie it)m innerlid) fremb ift;<br />

ober er murjelt in einer ©rfalirung, in ber fid) il)m etroa^ anbere§<br />

als \)a§ perfünlid)e Seben ;3^fu a^s bie 9Jlad)t ermiefen l)at, bie<br />

it)m feinen @ott offenbart, ^d) nel)me aber lieber an, ha^ er<br />

fid) felbft bicrin mi^üerftet)t unb ha^ er im legten ©runbe<br />

be5l)alb glaubt, meil er oon bem übernmnben ift, ma§ il)m ®l)riftuS<br />

üorgelebt l)at unb ha^ Diene Seftament an il)n l)eranbringt.<br />

(3d)limmer ftel)t es mit ben 2Ius!fül)rungen oon ©roalb.<br />

(Sr ift 5U einer rubigen ©nnägung ber


cr ©nmb unfcre!^ ©(oubenö. 267<br />

fönlid)e SBiebevfunft unfcre^ iperrn ausjagen, ba§ i[t'§, ma§ man<br />

m\§ al§ un^itläffttj noriüirft, ha§ \]t'§, waä bie moberne 33i(bung<br />

uerle^t" (oergl. a. a. O. ©. 8). ©iralb ^at aber felbft bei mir<br />

gelejen, ba^ id) e§ nid)t nur nid)t table, menn ein ©brift jo(d)e<br />

^inge ausfagt, jonbern ba^ id) mir einen d)ri[tlid)en ©lauben,<br />

ber nid)t ben 3;:rieb f)ätte, ju ber ©eroi^beit foId)er ®inge empor :=<br />

5umad)jen, überbaupt uid)t uorftellen fann. @§ ftört mid) nid)t,<br />

fonbern freut mid), menn ein (St)rift baran feftf)ält. 2)enn, menn id)<br />

§u einem ©bi^iften ba§ 23ertrauen I)aben fann, ba$ ein [oId)e§ 33e-<br />

fcnntni^ bei ibm mirflic^ au^ feinem ©tauben ftammt unb nic^t au§<br />

ber 5>orIage eine§ Sebrgefe^e§ abgelefen i[t, fo racrbe id) baran eine<br />

befonbere 3ieife feines inneren ^eben§ bemerfen unb mir oielleid^t<br />

fogen muffen, ha^ er niet beffer mit feinem ^].^funbe geroud)ert<br />

i)ah^, al§ id). 5(ber ba§ ftört mid), rcenn ein et)angelifd)er 3:;t)eolog<br />

ba§ „3^eftf)alten an ben 2:batfad)en" ol§ etmag bef)anbett, ma§<br />

lebiglid) au§ einer ebleu @ntfd)lie^ung entfpringen fönne, unb bie<br />

3^rage, mie benn einem ma()r()aftigen 93lenfd)en foId)e ®inge %^aU<br />

fad)en rcerben fönnen, von fid) abgleiten lö^t. ®a§ uerle^t nid)t<br />

meine „moberne 53ilbung", aber e§ tonnte Die(Ieid)t mid) al§<br />

^fjeologen üerlet^en, trenn ein 9Jiann meiner 3uuft in einem 33or=<br />

trag oor 3:beo(ogen feine 3(ufgabe bamit für erlebigt t)ätt, baJ3<br />

er ein oolltönenbe^o "öefenntnifj boren läfet, :t)ät)renb feine 2iufgabe<br />

märe, eine red)tfd)affene 2(u§funft barüber ju geben, roie er §u<br />

foId)em Q3efenntni§ fommt. ^aoon abgefeben, finb mir @matb§<br />

2(u§fübrungen febr roidfommen. ®enn fie mad)en bie 5et)Ier<br />

beutlic^, bie id) befeitigt fet)en möd)te.<br />

®r füf)lt fid) ftarf in bem ^eft^alten an 3:l)atfad)en, bie<br />

anbere beri(^ten ober bie für ben ©tauben anberer feftgcftanben<br />

t)aben. ®a^ it)m bie 9Jlügtid)feit, in biefen 2:t)atfad)en ju leben,<br />

^raft giebt, besroeifle id) gerci^ nid)t. SIber ba|3 er in if)nen<br />

leben fann, 'i)at bod) nid)t barin feinen ©runb, ha^ anbere e§<br />

gefonnt baben. Sßie bei jenen, fo mu^ aud) bei if)m ein ©reigni^,<br />

ba§ er felbft erlebt, bie Äraft I)aben, it)n in ben neuen ©taub<br />

c^rifttid)en Seben§ unb ^enfeng gu erf)eben, inbem e^ it)m at§ bie<br />

Offenbarung ©otte^ an it)n felbft flar roirb. ipaben mir 9^ed)t<br />

mit ber <strong>Ueber</strong>jeugung, bafs (Sbnjtus un§ ertoft, fo muJ3 bie ge=


•268 §emnann, 2)er gejc^icfitlicfje (If)riftuö<br />

|d)id)tücf)c 2ßivftid)f'eit ^ii]n für jeben dou un5 bie^ ©reigni^<br />

lücrben fönneu. 3)a5U ben 3Seg 3U roeijen, ift bie n)id)tigfte 2tuf=<br />

Qabt ber 3:t)eoIo9ie. ^ieje Stufgabe ansuerfenneu, ift aber ©lualb,<br />

lüie oiele aubere, be5t)alb auBev ©taube, weil er meint, ben ©rlöfer<br />

füuuten roir nur bann in (Jf)riftu§ finben, wenn rair §ut)or wüßten,<br />

ba^ er ber ©o()n ©ottes fei. So menigftens meine id) ben ©a^<br />

üer[te{)en ^u foüen: „9lid)t i)a}i einmal einer gelebt, ber un§<br />

^ottey Siebe barftellt, mad)t biefee Seben 5um religiöfen SBert<br />

of)ne @leid)en, fonbern ha^ @r es mar, ©ott oon @ott unb bod)<br />

unfer ^^ruber gemorben, ^a§ mad)t ben abfoluten 2öert beg Seben§=<br />

merfes unferes .^^errn unb 93^eifter§ au§" (a. a. O. ©. 12).<br />

i^irber ftei)t bie (Srfläruug, an ber ©rö^e be^ religiöfen ^Sebarfg<br />

fd)eitere jebe iperabminberung ber (5)rö^e be§ religiöfen 9)httlerg.<br />

^Siber bie 2:l)atfad)en ber ©ünbe unb bes 3:obe§ l)elfe allein bie<br />

Xliatfad)e, meld)e bie Slird)e aller Reiten al§ ibren @lauben§grunb<br />

befannt l)abe, ba^ @ott felbft für un§ eingetreten fei in feinem<br />

emigen ©ot)ne. Slber bie Jrage fteigt biefem 2:l)eologen nid)t<br />

^uf, mie benn bem ^I1|enfd)en, beuor er ein burd) (£i)riftuei erlöfter<br />

ift, ha^ eine 3:t)atfad)e fein fönne, ha^ @ott in feinem emigen<br />

Sol)ne für uns eingetreten fei. @r tf)ut fo, als fei e§ felbft-<br />

uerftänblid), ba^ mir, um erlöft 5U merben, bie^ al§ eine 3:t)at'<br />

fad)e annebmen. Gs liegt aber auf ber i^anb, ha}^ ha§, wa§ ber<br />

Huerlöfte 9}Knifd) fid) unter ©ott unb SOienfdjmerbung ©otte^ beuten<br />

mag, ben Sinn, ben biefe äöorte für ben erlöften (£l)riften l)aben,<br />

gar nid)t erreid)t. ^ann follte alfo bie (Jrlöfung be§ (£t)riften<br />

fo üor fid) geljen, ha^ er fid) nornimmt, etmas als 3:l)atfad)e<br />

anzufeilen, roaS für<br />

il)n nid)t 2;l)atfad)e ift, unb fid) ©ebanfen<br />

überlädt, bie l)immelmeit i)erfd)ieben finb dou ben ©ebanfen,<br />

bie ©Ott feinen Griöften ins i^erj giebt. ®iefe ganje 2Sor=<br />

ftellung§roeife ift fo abfolut gebanfenlos, ha^ fie fid) nur ha i)aiUxi<br />

fann, mo bie iHeflerion nod) nid}t bagu entraidelt ift, ben mal)rcn<br />

©runb bes eigenen 6^1)riftenglauben§ fid) flar ju mad)en. ^0<br />

gemi^ f'ommt gegen bie 3;:l)atfad)en ber Sünbe unb be§ Xoht^<br />

nur eine 3:l)atfad)e auf, bie mid) gang unb gar l)innimmt unb<br />

ber 'Sefangenbeit buvd) jene 9!Räd)te entl)ebt. 2)a§ fann nur eine<br />

3:batfad)e an mir bemirfen, bie id) felbft erlebe, nid)t aber eine


er (Srunb unieveö ©(oubenä. 269<br />

>8ele^rung über hv5, wa§ anbere ju fef)en meinten. @§ raäre<br />

ben 9J?enfd)en, benen (£{)riftn§ baä ©eraiffen gefdjärft i)at, nid)t<br />

^u f)e(fen, menn nid)t bie gejd)irf)tnd}e SBiv!(td)feit feinem perfön^<br />

Iid)en SebenS fie paden unb [ie bauon überzeugen fönnte, ba^<br />

©Ott eben in biefem ^^ftum fid) i^nen felbft aU ber lebenbige<br />

unb auf jie luirfenbe bezeugt. ©§ ift aber nod) ein anberer tiefer<br />

liegenber ©runb, burd) ben (Sraalb abgef)alten rairb, fid) bie<br />

n)id)tigfte ^yrage ber d)ri[tlid)en Stjeotogie ju [leiten. ®r [ief)t<br />

barin, ha^ einem 9)lenjd)en fid) @ott offenbart, nod) nid)t§ be=<br />

fonbereg unb grof3e§. (Sr ^ä(t e§ mot)l für moglid), ha^ uns<br />

burd) bie Sünberliebe be§ „gefd)id)ttid)en (£()riftu§" eine „33er=<br />

gegenmärtigung @otte§" p 3:;f)eit raerbe. 2(ber na^ feiner SHeinung<br />

fönnen rcir barau? immer nur entnet)men, „mie ©ott lieben fann,<br />

menn er roitl! 2(ber me()r fet)en mir nid)t. Unb bie^ ()ilft un§<br />

nid)t§." 3{(Ierbing§, bie^ t)ilft un§ md)t§. Sßcnn mid) bie @r=<br />

fd)einuug ^efu nur bie 2ßat)r{)eit be§ allgemeinen ©o^esi ernennen<br />

lä^t, ha'^ ©Ott lieben fann, fo ift mir bamit nid)t gebolfen. ®ie<br />

©inbitbung, baf? man mit ber Sefeftigung biefer 2Ba()rt)eit im<br />

@emütt)e bie ertöfenbe Slraft bes @tauben§ t)abe, verrinnt, toie<br />

@malb ridjtig ausfübrt, fobatb es barauf anfommt, in ber 9iotb<br />

beg £eben§ gu erfat)ren, ba^ ber ©taube rettet. S)a^ ©malb fid)<br />

gegen un§ roenbet, raenn er meint, ba^ mir unter ber Offenbarung<br />

aud) nid)t§ meiter üerftet)en, al§ bie 33efeftigung einer fotd)en<br />

9BaI)r()eit, auf bie man in rut)igen ßeiten mit 33efriebigung btiden<br />

fann, bas billige id) burd)ausi. 2lber id) barf mid) barüber mun=<br />

bern, 't)a'^ er un§ fo oerftanben i)at. ^on mir felbft liegen gmci<br />

©d)riften oor, bie allein ben ^\md liaben, ju geigen, ha^^ eine<br />

Offenbarung, bie bem 9Jlenfd)en nid)t§ meiter bieten mürbe, ha^<br />

Seben ber Öieligion nid)t begrünben fann. 3tber barauf, mag<br />

(Smalb au§ un§ mad)t, fommt nid)t oiel an. $ßiel intereffanter<br />

ift mir, gu fet)en, rcie ®rcalb fid) meiter l)ilft, nad)bem er bag<br />

al§ Offenbarung ober „ 93ergegenmärtigung " ©ottesi anerfannt<br />

f)at, roa§ id) niemals bafür gelten laffen mürbe.<br />

^nbem er fid) bie Offenbarung fo üorftellt, mie er tl)ut<br />

unb aud) bei uns oorausfe^t, fagt er fid) mit 9ied)t, ha^ gu ber<br />

Offenbarung ber Siebe ©otte§ nod) etraa§ mel)r unb größeres<br />

Seitfc^tift für Jfieologie unb ftirt^e, 2. ^afti-'Sv 3. §eft. 18


270 ^errmann, 2)er gefd^irfitlicfie ®f)riftus<br />

f)tn§ufommen muffe, bamit fid) ber (Sf)rift je^t gerettet roiffen<br />

fönne. @r fagt, bie Offenbarung ber Siebe @otte§ überf)aupt<br />

roerbe baburd) überboten, ha'^ @ott etn)a§ get^an f)abe, roorin<br />

aud) ber größte ©ünber fid) geborgen füf)Ien fönne. ©ott i)ah^<br />

\\d) felbft für un§ ba^ingegeben in feinem t3ot)ne. ^c^ beftreite<br />

nun runbroeg, bü| bamit etmaS @rö§ere§ au§gefagt ift, unb ba^<br />

©malb, inbem fid) aud) bie^ als etmaS Unbeftrittene» in i^m be-<br />

feftigt, bamit meiter fommt, alg mit ber Dermeint(id)en Offen^<br />

barung ber Siebe (Botk^. ^trr)a§ @rö§ere§ ift gemi^ nid)t bamit<br />

au§gefagt. ®enn ein ©bvift raenigften^ roirb unter ber Siebe<br />

©ottes gar nid)t§ 3tnbere§ oerfteben, al§ bie ©efinnung, bie fid)<br />

in ber öerablaffung ®otte§ felbft ju uns in ®()riftus jeigt. 3{ber<br />

aud) (gmalb, ber etroaS ©ro^ereg barin fiebt, fommt baburd^<br />

nid}t meiter, ba^ ibm auc^ bie^ al^ eine unbeftreitbare SBaf)rf)eit<br />

erfd)eint. ®enn esi erbebt fid) aud) ^ier biefetbe ©d)tt)ierigfeit,<br />

bie er felbft gegenüber ber t)ermeintlid)en Offenbarung ber Siebe<br />

@üttei§ rid)tig l)erDorl)ebt. S)er SRenfd) mag fid) ba§, wa§ (Sott<br />

in berablaffenber Siebe für bie gonje 9}lenfd)l)eit getl)an t)at, mit<br />

DoUer <strong>Ueber</strong>^eugung nod) fo gro§ oorftellen, er mirb baburd) allein<br />

gegenüber bem (i^eroiffen, ba^ ibn rid)tet, unb gegenüber ber 9iotl),<br />

bie fein Seben§glücf zertrümmert, nid)t ha^ 9^ed)t unb nid)t bie<br />

Straft empfangen, fid) felbft in bie 9J?enfd)l)eit mit ein5ufd)lie^en,<br />

bereu fid) @ott erbarmt, ^m (Segentl)eil werben bie 2(engfte,<br />

bie er in unleugbarer @rfal)rung hat, il)m bie allgemeine 2öal)rbeit<br />

in Setreff ber ©elbftbingabe @otte§, bie er in rut)igen ^dUn<br />

fid)er ju befeitigen meinte, mieber unfid)er mad)en. ®a^ tro^bem<br />

t)iete ®l)riften auf bie Seife, mie ©loalb angiebt, gum gerieben<br />

gefommen finb, leugnen mir burc^aus nid)t. 2tber menn it)nen<br />

ha^ gelungen ift, fo l)at babei im ©tillen nod) etmag gan^ anbere^<br />

mitgeroirft, al» bie allgemeine 3Bal)rl)eit oon ber (5elbftt)ingabe<br />

©ottes für bie a)lenfd)l)eit, bie fie ot)ne 2öeitere§ ber Offenbarung<br />

ju entnel)men meinten. S)a§ ift bie (Srfat)rung, ha^ il)nen aus<br />

ber <strong>Ueber</strong>lieferung ba§ perfönlid)e Seben ^efu al§ etmag gefd)id)tlid)<br />

3öirflid)e§ entgegentritt, unb ba$ feine £raft fie äwingt, um<br />

feinetiüitlen an @ott 5U glauben.<br />

Qm 3Sergteid) mit ber JüUe religiöfer ©rfenntni^, bie ©matb


er ©runb uufereö ©loubeng. 271<br />

o]:)ne 2Beitere§ ber f)I. (Schrift gu entnet)men meint, fiei)t biefe§<br />

®rlebni§ fet)r büvftig au§. 2Iber e§ bat bennod) für ba§ innere<br />

Seben eine nnDergleirf)Iid) böf)ere 33ebeutung at§ ein fo(d)er ©rroerb.<br />

®enn roer nid)t für ficf) bie @rfaf)rung gemacht I)at, ba^ eine<br />

2:I)atfarf)e, bie ftd) if)m als ein unoertilgbarer 33eftanbt^eit feiner<br />

eigenen ©i-iften^ aufbrängte, ben ©tauben in it)m werfte unb if)m<br />

5ur Offenbarung @otte§ an it)n felbft raurbe, ber ift au^er ©tanbe,<br />

ba§, ma^ er im 2ltlgemeinen für n)af)r t)ält unb §u „glauben"<br />

meint, auf fid) fetbft gu be3ie{)en, menn e§ fid) barum f)anbelt,<br />

ba§ feine %xt, feine (5d)ic!fale auf5unet)men, unb feine ©efinnung<br />

baburd) umgercanbelt werben foU. Sßie foUte er ba^ woljt, ba<br />

er an feiner eigenen ©yiften^ nod^ ni(^t§ von @otte§ SGBirfen auf<br />

if)n bemerft t)at, ba§ altem ^i^^^f^l gegenüber burd) eine it)m<br />

unentreipare unb burd) it)ren ^nt}att übermäd)tige 2:t)atfad)e be=<br />

feftigt märe? 2Bo biefer ^eim be§ ©tauben^ nid)t Dort)anben<br />

ift, ift e§ gang üergeblid), fid) oon 2Iu^en f)er einen ^Jn^alt be§<br />

©taubeng aneignen ju motten. Senn man anbern einrebet, ba^<br />

fie bie^ fönnten unb foltten, fo füt)rt man fie an ber SebenSquelte<br />

vorüber unb oerroanbett if)nen bie @üter ber <strong>Ueber</strong>lieferimg , bie<br />

it)nen ^rob roerben fönnten, in Steine. |^at bagegen ein SJlenfcf)<br />

erfaf)ren, ha^ er angefid)t§ be§ perfönlid)en Seben§ ^efu ©ott<br />

nid)t leugnen fann, fo ift ber Äeim be§ roeltüberminbenben @tauben§<br />

in if)m üort)anben. ®iefe§ S[Biberfat)rni$ erleibet er. @§ ift ba§<br />

bie 3^U9iing eine§ neuen perf5nlid)en Sebens in ibm burd) eine<br />

'»Perfon, bie lijn ganj unb gar gefangen nimmt unb il)n ju grenjen^<br />

lofem 9]ertrauen smingt. ^at er t)a§ nid)t erlitten, fo ift er nic^t<br />

berufen, unb e§ mirb il)m bann roenig l)elfen, fid) bie 9]orfteltung<br />

aneignen 5U motten, ha^ ®l)riftu§ ber ©obn ©ottes fei, il)m, ber<br />

roeber oon ^efu§ nod) con ©ott eine rcirflidje ©rfenntni^ l)at.<br />

^at er aber bie meffianifd)e 9Jiad)t ^efu an fic^ erfal)ren, ba^<br />

er fid) burd) il)n cor ©ott geftellt fiel)t, fo liegt e§ an il)m, ob<br />

er meiter fommt. 3Benn er bei bem, raa§ er burd) ^^iu5 er=<br />

litten l)at, oerroeilt unb el auf fein innere^ Seben einmirfen tä^t,<br />

mirb er n6tl)rcenbig barin bie ^unbgebung ©otte§ nid)t nur an<br />

bie 9}lenfd)t)eit fonbem an ibn felbft fel)en, ober bie Offenbarung<br />

©otteg, bie il)n §um 23er!el)r mit ©ott erl)ebt. 2Ber fo in ©l)riftu§<br />

18*


272 § er r mann, Ser 9e|iSicf|tft($e 6f)rtftuä<br />

ha§ ^aftum, ha^ @ott ftd) \l)m felbft ^uraenbet, gefunbeu i)at,<br />

ift nunmef)r, weil er mit @ott tu einem 3Serfe()v ftelit, ben ber<br />

(grlofer begvünbet unb firf)ert für bie (Srfenntniffe erjd)(o|fen, bie<br />

in anbern be^balb gereift finb, roeit fie and) burd) Si)ri[tu§ ^u<br />

©Ott geführt maren. ®iefe ^inge fann er nun aufnet)meu, roeit<br />

fie in bem 5ieim feine§ eigenen @lauben§ üorgebitbet finb. ®r<br />

xüxxh bann, geleitet burrf) bie b. ©d)rift unb burd) üon if)r ge-<br />

tragene ©tjriften, baju gelangen, ba^ er ju ®t)riftu5 reben !ann,<br />

rote 5U @ott unb ita^ er in bem ^iöerfe ®f)rifti, ba§ in feinem Sobe<br />

t)otIenbet unb in bem legten Tlaijk gebeutet ift, immer mieber<br />

Übergebung feiner 8ünben finbet. Stber er mu^ nid)t§ üormeg=^<br />

nef)men röollen, fonbern rcarten big e§ in it)m reift. ®enn nid)t<br />

ber 5ur 9ieife gebief)ene Sefi§ biefer ©rfenntniffe ift bie ^aupt-<br />

fad)e, fo Ieicf)t t)a§ einem ®{)riften fo fd)einen fann. ^ene (Sr*<br />

f'enntniffe finb uielmebr ha, wo fie mirflid) üor{)anben finb, bie<br />

in täglid)em 5l'ampf mit bem Seben errungene 3tu§Iegung unb<br />

Slnioenbung ber einen .^auptfoc^e, ba^ ©Ott fid) einem beftimmten<br />

3}lenfd)en burd) bie ^raft be§ perfönlid)en Sebeu5 '^i]u offenbart<br />

I)at. ©0 merben bie überlieferten ©laubensgebanfen für ben ju<br />

©Ott erbobenen unb baburd) erlöften 9}lenfd)en ein 9Jiitte{,<br />

feine ©rlöfung gu uoUenben. ®em Unerlöften bagegen bclfen fie<br />

nid)t5; benn es roirb i{)m nie gelingen, oon ber allgemeinen SGBaf)r=<br />

f)eit, bie fie ausbrüclen, eine Srüife gu feiner eigenen ©i'iftenj<br />

ju fd)lagen. 3Bobl aber rönnen fie il)m, menn er fie fid) an--<br />

eignen mill, ba^u bienen, has Sügengemebe bid)ter ^u mad^en, in<br />

ha§> il)n feine ©ünbe einfpinnt.<br />

(Srlöft werben mir, lüenn ba§ perfönlid)e Seben ^efu über<br />

un§ 9Jiad)t geroinnt, nid)t aber baburd), ha^ mir un§ ber 2(uto=^<br />

rität eine§ 2e{)rgefe^e§ fügen, ha§ uns eine Sebre über Sl)riftu§<br />

borbietet, ^d) ^meifele nid)t baran, ha'^ biefe ©rfenntni^ in ben<br />

^ird)en ber ^Deformation ben ©ieg geminnen roirb. ®enn I)ier<br />

lebt immer nod) ber ©ebanfe, ba^ in bem ©tauben felbft bie ©r=<br />

löfung liegt. 2lu§ biefer Söur^el aber fann ein neuer 2;rieb auf=<br />

fd)ie§en. ®enn alle, bie jenen ©ebanfen begen unb ein inneres<br />

Üthtn fübren, ftel)en bod) bid)t üor ber ©infi^t, ha^ ein ©laube,<br />

ber au§ bem 9Jlenfd)en ein neueei 3Befen madjen foU, meber ge=


er (Srunb unjeres OMaubenö. 273<br />

n)of)nf)eit§mn|3ige 9J^einimg fein fann, nod) and) a(ö ein 2öcr!<br />

menfd)lid)er 3(n[tvengung erlebt raerben barf, jonbern al§ ein 2ßerf<br />

@otte§ erlebt werben mu^. ®a§ gilt aber allein üon bem ©tauben,<br />

ber in feiner tiefften D^^egung bie el)rfurct)t§ooIte 33eugung unter<br />

bie reale "Madjt be§ perfönlid)en Seben» ift, ha^ mir in ber lieber^<br />

lieferung be» bleuen 2:eftament§ al§ ha^^ innere Seben ^efu er=<br />

faffen fönnen. @§ ift @otte§ 9Bille gemefen, ha^ ber Sleim biefe§<br />

@lauben§ fo lange ^zit unter ber g^elfenberfe be§ gefe^lid)en ©e-<br />

t)orfam§ gegen ba§ ©d)riftn)ort rerborgen liegen foUte. ^e^t aber<br />

ift biefe ®ecfe überall geborften. Sinei) ein SOIann raie @rau<br />

fiel)t fic^ genöt^igt, üor firc^lirf)en 3Serfammlungen ba§felbe gu<br />

nertreten, \va§ (£. ipaupt hierüber fd)lid)t unb flar au§gefül)rt l)at.<br />

^a§ fiel)t Dielen gefäl)rlid) au§, bie mit 9ied)t bauon burd)brungen<br />

finb, ha'^ ber (Glaube @ef)orfam gegen bie 9lutorität fein foU.<br />

@§ märe and) gefäl)rlid), menn nid)t je^t gerabe an ben Sleim be§<br />

@lauben§ bie meffianifdje 53otfd}aft ^efu bringen !önnte, ba^ er<br />

felbft ber ©rlöfer ift, bem ber (5)el)orfam gebül)rt, unb ba^ fein<br />

®efe^ ^eilsmittel ift, and) md)t bie l)eilige Sdjrift, menn fie<br />

juni Sel)rgefe^ gemadjt mirb.


274 Roller, 3)ie Se{)re uon her 5(uferfte{)ung<br />

Die feljre »on kr ^ufcrfteljutt;^ bes Jleifdjcs<br />

bis auf CertuUittii.<br />

Jöon<br />

Lic. Dr. m. §a\icr,<br />

Pfarrer in 2S5a(bmann§:^ofen, Sßürttemberg.<br />

Sf^ic^t (eicf)t !^at ftcf) eine Sef)ve bev ^ird)e fo fd)nel( unb<br />

gtelberou^t entiüirfelt, rcie bie Se^ve oon ber Ieiblicf)en 2(ufevftef)ung.<br />

^abei roar eben bieje Sef)ve oon großem ©influ^ auf ©itte unb<br />

Seben ber ®f)vt[ten. SSon ^^nfang an frf)enfte if)r bie 31pologetif<br />

eine fe^r Iebl)ajte 2(ufmerf|am!eit. ^a mix finb norf) in ber Sage,<br />

aus ben nod) üor{)anbenen, r)erf)ältni§mä^ig 5af)lreid)en (5d)riften über<br />

biefen Sef)rgegenftanb eine nafiegu üoüftänbige, nacf) allen Seiten<br />

f)in au§gebad)te ^^^olemif §ujammenptragen, n)e(d)e |)eiben unb<br />

^öretifer gegen biefe§ eigentüm(id)'d)ri[tlid)e Sef)r[tü(f betrieben.<br />

^ie§ ift um fo intereffanter, at§ wir t)ier einen ©ebanfen finben,<br />

ber nid)t auf 5Hed)nung bes eingebrungenen ^e(leni$mu§ gu fd)reiben<br />

ift, nein, ber im birefteften Sßiberfprud) ^u bemfelben in ber (^rift=<br />

Iid)en ^ird)e fid) feftgefe^t i)at 9iid)t§beftomeniger ^at ber glaube<br />

Don ber (eib(id)en 2tuferftef)ung feine 3}orgefd)id)te au^erfialb be§<br />

®f)riftentum§. ^^om paläftinenfifd)=rabbinifd)en ^^ubentum mürbe<br />

er in bie neue 9^eligion oerpflanjt unb er entroi(felte fid) fo gut,<br />

ba§ ber @noftici5mu§ , bie f)eibnifd)e ^^otemü, ja fogar ber 2((e=<br />

yanbrini§mu5 eine§ Origene§ if)m nid)t5 ant)aben f'onnten. 3{m<br />

Stnfang be§ britten 3af)rf)unbert§ mar biefe^ ®ogma fiy unb<br />

fertig. ®ie fpäteren ^ird)enDäter fjaben nid)t6 9teue§ bei-<br />

gutragen gemußt, fonnten'§ moi)I aud) nid)t, nad)bem bie 2(poIo=<br />

geten unb bie aItfatf)oIifd)en 3}äter — unb nid)t menige unter


eö 2f(eijcf)eö biö auf 2ertuüinn. 275<br />

if)nen — [o oie( unb fo emgef)enb barübev gejrf)rieben t)atten, wie<br />

man e§ in foId)em Umfang bamal§ bei feinem anbevn Sef)r[tücf<br />

antrifft.<br />

@f)e mir un§ ^u ben Slusifagen bev Mkx raenben, muffen<br />

mir guDov bie n)id)tigften ®aten au§ bem bleuen 2;eftament unb<br />

bei- jübifd)en 3:f)eoIogie un§ oergegenmärtigen bejm. funimarifd)<br />

aufaeic^nen, um f)ieran bie übrige Unterfud)ung an§u!nüpfen.<br />

I. ^ic jübif^c S^eotogic.<br />

3öa§ einmal bie ale5anbrinif(^^jübifd)e 2;f)eoIogie be=<br />

trifft, fo mirb un§ fofort flar, ha^ t)ier nic^t nur nid)t§ oon ber<br />

2luferftef)ung be§ Seibe§ gelef)rt mirb, fonbern and), ha^ eine<br />

foId)e Sef)re ber gansen f)e(Ieniftifd)en ä^orftettung con bem Seibe<br />

in'!§ @efid)t gefd)tagen f)ätte. Um gleid) mit ^:)3f)iIo ansufangen,<br />

fo ift nac^ biefem ber Seib bie tt)ierifc^e ©eite am 9Jlenfd)en, bie<br />

OueUe aller Übel, ber Werfer, in meld)en ber au§ @ott ftammenbe<br />

©eift gebannt ift, ber Seid)nam, ben bie ©eele mit fid) t)erum=<br />

fd}leppt, ber ©arg ober ha§ @rab, au§ rceldjem fie erft raieber<br />

5U n)af)rem Seben ermad)en mu^. ®er Seib ift au§ ber 9Jiaterie<br />

genommen. 2)ie ber @rbe nöf)erftef)enben ©eeten, oon ber ©inn^<br />

Iid)feit ber SRaterie angejogen, famen in fterblid)e Seiber. ©o<br />

gilt e§, biefer (Reffet balbmüglid)ft Io§ gu werben. Man tann<br />

ben Seib im anbern Seben nid)t braud)en. ®enn er ift feiner<br />

Sf^atur nad) nid)tig unb oergänglid), I)ei^t barum and) in ber i)L<br />

©rf)rift @pf)ron b. f). ©d)utt (/oö?) ober ©eüa b. t). ©d)atten<br />

(axia) ober in @en. 38,17 @ir. „tiefer al§ ber ospixaTtvo? be=<br />

beutet ben Seib unb fein %oh erinnert baran, ba^ ber Seib etroaö<br />

XoU§> unb auf immer @eftorbene§ ift (vsxpöv v.a.1 x£i>vrjxö? asi).<br />

Überl)aupt ift ein allmäbliger 33erfaK ber £ciblid)feit feit Stbam<br />

maf)rnel)mbar, gan^ fo, roie bie @ifenftäbd)en nad) bem @rabe<br />

it)rer Entfernung oom 9)lagnet an magnetifd)er Straft abnefimen.<br />

SQ3af)re unb fiö^fte @lüc!feligf'eit geniest barum bie ©eele nur in<br />

einem leiblofen ^wftanbe, in meld)em fie fid) auc^ guoor b. f).<br />

cor bem ^aüe befunben f)atte. ©d^on auf ©rben gefdjie^t in<br />

ber ©fftafe eine relatioe 33efreiung oon bem Seibe. ®ie oöüige


276 .^TaHer, ®ie ßefjre lion bcr 3{uTeri"tcf)um3<br />

'Befreiung ift ein n)efentlic{)e§ ©türf ber jenfeitigen Seligfeit, ©ic<br />

wirb aber nur benen juteit, melcf)e fid) f)ieniebeu uou ber ©inn=<br />

Iirf)feit (alaiV^ai-), bie eben if)ren Sitj im Seibe f)at fern 5U l)alten<br />

raupten, ^ie anberen ©eelen fommen nad) bem 2'obe in anbere<br />

Seiber.<br />

(Somit i)üiu e§ für<br />

*']3f)ilo feinen Sinn, ben Seib anferfte^en<br />

5n (äffen, ^amit uxire fein ganje^ ©nftem über ben .f')aufen ge:^<br />

rcorfen roorben. ^enn biefe§ jielte auf bie gänjtidje 3Sernid)tung<br />

ber 9}laterie ah, berfelben ^^Jlatevie, au§ ireld}er ber Seib gefd)affen<br />

ift. ©ine 9(uferftebung be§ 5-Ieifd)e§ märe alfo ein Unbing nad)<br />

'pf)iIo'§ ^'o§mo(ogie, 3(ntfn'opo(ogie nnb ®tf)if ').<br />

3Iud) in ben anbern aleranbrinifc^en Sd)riften begnügen fid)<br />

bie 3Serfaffer mit bem einfad)en ©tauben an bie Unfterbtid)feit ber<br />

Seele, ^er Seib fommt nad) bem 'Iserfaffer ber Sapientia<br />

überf)aupt nid)t für bie ^^erfönlid)feit in 33etrad)t. ®ie Seele<br />

eyiftiert fd)on nor ibrer ^Bereinigung mit bem Rörper (8,19 f.).<br />

tiefer mirb immer unter ben @efid)t5punft einer Saft unb eine§<br />

Werfer? beurteilt (9,15). So batte ber 9]erfaffer fein ^ntereffe<br />

an ber ©ieberbelebung be§ toten Slörperg-). Überbaupt ift ber<br />

Untergang be§ Seibe§ fein 2:ob, jebenfa(I§ nid)t für bie frommen<br />

unb Seifen (3,2 f., 4,7). ^er 3}ertuft ber (5)0ttebenbilblid)feit<br />

beftef)t nid)t im Ieiblid)en 2:ob, fonbern in bem 2:^obe ber Seele<br />

(2,23 ff.)<br />

^Olud) ber 3]erfaffer be§ IV. 9)1 äff. fennt feine 2Iuf=<br />

erftebung be§ Seibe§. ©leajar unb jene ^Jlutter mit ibren fieben<br />

Söf)nen ftefien je^t fd)on am götttid)en %i)xon unb füf)ren ein<br />

feligeg £'eben (17,18). (gbenfo erfaf)ren bie ©otttofen fogteid^<br />

nad) bem 2:obe eraige Strafen (18,4. 9,9. 10,11). Unb rcenn fie<br />

^euerquaten §u leiben f)aben (12,12 f.), fo fetjt ba§ nid)t eine<br />

Seiblid)feit Dorau§, fonbern e§ finb ebenfo bilbtid)e 2(u§brü(fe, aU<br />

866 ff.<br />

^) Sief)e bie 9^Q(f)iiieife bei ©cf)ürer, ©ejcfiicf^te be§ jübifäien 3}oIfeö II,<br />

^) 9li(f)t einmal einen Sicfitleib branc^t man bei '5).^icubo=©aIomo anäu-<br />

ne:^men. Safe 3,7 f., 4,20, 5,1 ff. nit^t Don bem 3uftfl"i5 ^'^^ ^^"t 3:obe<br />

beäiü. oon ber 3üiferftef)ung ber ©ere(^ten unb Ungere(f)ten ^anbelt, fie^e bei<br />

©töbler, ®ie 3lnficf)ten über llnfterblicEifeit unb 5Iuf erftebung in ber jübif(f)en<br />

SiteratUT ber beiben legten 3af)rf}. n. (£br., Stub. u. Änt. 1879. ©. 690 f.


cö 3-(eiid)Cö biß auf IcrtuUian. 277<br />

lüenn e§ anbevrDärtg f)ci^t, ba^ 2Ibra()am, C^faaf unb ^'-if'^^^ ^^^<br />

frommen an if)ven ^^ufen nufnef)men (13,16)^). dagegen jd)eint<br />

bev 5Iserfa[fev uon IL 9Jlaff. tro^ aikx alei-nnbviiüfdieu (5igen=<br />

tüiulid)feit in biejem ^^^unfte bem (Siufiuffe bev ;ia(n[tinenfi]d)eu<br />

Sfjeologie nad)gcgeben ju dabeii. So jagt 7,11 bev bvitte bev<br />

fiebeu 9}lävti}vev, al§ ev feine ß)Iiebev ^u ber beüovfte()enben 3:ovtuv<br />

mißig entgegenftvedt, ev (joffe, ha^ ev fte raiebev non @ott evt)alten<br />

roevbe (%y.l zy.f aöroö laOia ~7.Aiv sXirtCto xo|j/.aa'>i>a'.) unb in 14,4(5<br />

^ei^t e§ oon bem ievufalemifrf)en *'^ve§biitev ^Jif}a5i^, bev gegen<br />

feinen i^eib roiitete, um fid) bev t)eibnifd)en ©efangenfdjaft ju ent=<br />

jie^en: xal s-'./.aA^aäiJ.svoc TÖv osa-öCovia :•?);: U'r?^c xai toö -vsöjj.aTO?<br />

raöta aoico -äAiv äTroooOvat. ©o ift biev bev ©taube angebeutet,<br />

ha^ ©Ott bie Seibev bev tveuen ©obne :3Ü'flet§ aufeviuerfen mivb,<br />

obiüof}! and) in ben beiben genannten ©teilen, roeil fie bod) oev=<br />

eingelt in if)vev 3(vt finb, eine bilbüdje Deutung (etma in bem<br />

©inn üon 9J^t. 19,29) fe{)v gut möglid) ift*). ^m Übvigen gilt<br />

als 2:i)atfad)e, ba^ bev 3J[Ievanbvini$mu§, fobalb ev fid) einigevma^en<br />

tveu blieb, feinem innevften Sefen unb nad) allen feinen 3luf=<br />

ftellungen ein abfolutev ©egnev einev 5^el)ve fein mu^te, metdje ben<br />

bev böfen 9}latevie entftammenben unb bie ©innlid)feit b. l). ba§<br />

33üfe näl)venben Seib nad) bem Sobe ju einem neuen lil^bni<br />

veftituiven mollte.<br />

Slnbevg ftanb bie ©ad)e in bev paläftineufifd)en 2:l)eoto^<br />

gie. 9JZit bem 3iif«i^^ntenbvud) be5 iübifd)en ©taat§niefen§ —<br />

unb n)al)vfd)einlid) untev 53evübvung mit bem ']>avfi^omu5, mav bie<br />

Sibtraenbigfeit gegeben, eine 33evgettung ju ftatuiven, n)eld)e übev<br />

ha§ natüvlid)e ®afein f)inau§veid)te. ^enn ma§ follte mit h^\l<br />

@eved)ten mevben, iüeld)e mit 2)al)ingabe ivbifd)ev Sßovteile unev=<br />

fd)üttevlic^ tveu fid) ju ^o^oa l)ielten, loenn mit bem Sobe<br />

^) Söarum bie fieiben Stellen 13,14 unb 18,17 ni(^t üon ber Iei6Ud)en<br />

2luferfte{)ung ju t)erftef)en finb, barüber fief)e ©röbler a. a. O. ©. 696 f.<br />

unb ^öl]ne, ©efd)irf)tli(^e ©arfteüung ber jübifc^=alcj;anbrinifd)en 9{eIigionö=<br />

pf)irofo)3f)ie 11, ©. 196.<br />

*) JBilblid) uierben fie Hon ® ä f) n e a. a. €. II, 187 f. uerftanben ; für<br />

i^re Sejiefiung auf bie leiblirfie 3tuferftel)ung ©röbler ti. a. 0. 680,<br />

(5(^ul^, Siateftamentlic^e Sfjeologie. 2. 9tufl. ©. 809.


278 fallet, ^k 8ef)re Don ber Stuferftel^ung<br />

iJ)r (Srf)icfjal enbgiltig abgefdiloffen ift? Söte ungeved)! tüäre ha§<br />

@efd)ic! ber ©ottlofen unb ^abtrünnigen, n)e(d)e burd) SSerleugnung<br />

be§ n)af)ren @otte§ allerlei ©enüffe firf) üerj(f)afft I)atten, rcenn<br />

narf) i^rem 2:obe ber 3]errat am üäterlid)en ©lauben bie uerbiente<br />

33eftrafung md)t fänbe? ^ie 3{ntn)ort giebt ba§ ^anielbu^<br />

(12,2. 3. 13) aus ber 3ßit ^^5 2Intiorf)u» ©pipbanes: eö lef)rt<br />

unsroeibeutig eine boppelte 2Iufer[te{)ung „5um ewigen Seben" unb<br />

„jum ercigen 2Ibid)eu", nid)t für alle Golfer, fonbern äunäd)ft nur<br />

für bie Slnge^örigen feines SSoIfs. .^ier tag ber 3(u§gang§punft<br />

für bie fpätere 2(uferftef)ung§Iebre. Unb ha ift nun oon ^ntereffe,<br />

ba^ im 33ud) ipenod) ber 3n)ifd)en5uftanb 3tt)ifd)en 2;ob unb<br />

2tuferftef)ung als ein bemühtes Seben gebad)t roirb. S)ie ©eelen,<br />

bie an ben üier Drten ber 3d)eol fid) auft)alten, fiaben bort fd)on<br />

haB ©efübl ber Seligfeit unb ber ^erbammnis, flet)en um 9?ac^e,<br />

flagen rciber ibre 93erfolger u. bgl. So giebt e§ alfo ein perfön=<br />

lid)=bett)u^te5 Seben für bie ©eele, auc^ rcenn fie nic^t met)r im<br />

Seibe ift. Söarum bann nod) eine 2luferftel)ung bes Seibesi"? Unb<br />

bod) rcirb biefe im Q3ud)e ^oenod) behauptet unb ^xoax im engften<br />

3ufammenl)ang mit ber meffianifd)en ©rmartung. ®enn beim<br />

2Inbrud) ber meffianifc^en ^eit merben 3uerft bie 3:prannen unb<br />

bie 93erfolger ber (Seredjten beftraft unb öernid)tet (90,17 ff.,<br />

100,1 ff.). ®ie @ered)ten unb .^eiligen merben insmifdien üon<br />

(äugeln beraad)t. hierauf bricht aud) über bie oerftorbenen ©ünber<br />

hüB le^te @erid)t berein. 2lber fie finb nid)t leiblid) anroefenb bei<br />

bem jüngften @erid)t. 9lur il)re Seelen loerben gefeffelt unb oon<br />

einem Ort an ben anbern gebrad)t (22,13, 103,8) % dagegen<br />

erfabren bie ©eredjten aug O^'^^^l a^^ Slngebörige bes meffianifd)en<br />

^i^id)^ bie 3luferftel)ung (91,10,92,3). 2luc^ nad) ben ']?falmen<br />

©alomo's roerben nur bie @otte§fürd)tigen §um eroigen Sebcn<br />

auferftel)en (3,16). 9lur in ben jüngeren Sbeilen be§ |)enod)<br />

(51,1) roirb eine allgemeine 2luferftel)ung bet)auptet: „Unb in jenen<br />

2;agen roirb bie @rbe il)r Slnoertrautes gurüdgeben unb ba§<br />

2;otenreid) roirb jurüdgeben fein 3lnDertraute§, roetd)e§ e§ empfangen<br />

l)at unb bie ^'öa^ roirb roiebergeben, roa§ fie fd)ulbig ift." Unb<br />

^) Sögt. jebod§ bie ©ebeine ber üerbtenbeten ©rf)afe, melcfie naä) 90,27<br />

in ber ©e^enna brennen.


eö 3-Ieijc[;eö biö auf 2ertuüiou. 279<br />

nad) 61,5 werben nid)t nur bie in ben Arabern 53efinblid)en,<br />

fonbern and) bie, „roeld)e in ber SKüfte umgefommen unb rceld)e<br />

oon ben ^ifdjen be§ 3l}leereiö unb oon ben stieren gefreffen finb",<br />

auferftef)en. ®abei fragt e» fid), ob 2Iu5brürfe, raie oon bem<br />

f)immlifd)en ©lang auf ben ^^ngefid)ten ber @ered)ten (38,4. 39,7)<br />

unb oon if)rem engelgleid)en 2eben im |)immel (51,4) einen oer^<br />

flärten Seib, rcie er im SfZeuen Seftament befd)rieben mirb, anbeuten.<br />

Über bie ^efd)affenf)eit be§ auferftanbenen Seibes geben biefe 2lrt<br />

oon ©d)riften fooiel aU gar feine 2lu§!unft, obraof)! fie fonft<br />

betaitlirte iod)ilberungen über bie ^iifti'ii^^^ ^^ meffianifd)en 9^eid)e<br />

entmerfen.<br />

3Son größerer 33ebeutung für bie jübifd)e 9fieligion§gefc^id)te<br />

al§ jene *!Pfeubepigrap{)en finb bie m i b r a f i f d) e n unb f) a l a d) i-<br />

fc^en (3d)riften ber Soptjarim. dJian fonnte gmar einmenben:<br />

biefe get)ören nidjt f)ierf)er, benn fie finb oiel fpäter nieberge=<br />

fd)rieben al§ ha§ 9leue S^eftament ©emi^! SHber beftanb nid)t<br />

if)re ©igenart in ber peinlid)en Sßiebergabe oon Sef)rau§fagen,<br />

it)eld)e f)unberte oon ^a^ren früf)er burc^ bie berüf)mten „3Säter"<br />

aufgefteüt roaren unb fid) mit berfelben 3ingftlid}!eit, mie man fie<br />

fonft nur ©ötterorafetn entgegenbrad}te, oon Generation gu<br />

(SJeneration fortgeerbt f)atten? ^n biefer aIt=fi)nagogaIen 2:t)eoIogie<br />

gab e§ feinen ^-ortfdjritt, feine (Sntroidelung, fonbern ercige<br />

SBiebert)oIung. Sa§ alfo um ba§ ^af)r 300 unb 200 nieber=<br />

gefdjrieben mar, ha?> fonnte man üon ^itutorität ju 3lutorität<br />

brei unb oier ^Ja^^^^i^^^^'t^ ^urüdbatiecen. (Somit fönnen bie<br />

Slugfagen be§ S^almub über bie 2tuferftef)ung ofine jeben 9tnad)ro=<br />

nt§mu§ gur ©rflärung ber d)riftlid)en 2(uferftef)ung§(ef)re angezogen<br />

werben, ^ier ift fd)on ha^ S3ert}ältni§ oon Seib unb (Seele<br />

bemerfen»n)ert. ^K'ar get)ört ber Seib im ©egenfa^ ^u ber<br />

f)immtifd)en (Seele bem ^ereid)e be§ ^rbifd)en unb ä^ermeölidjen<br />

an. 9Rur mit Sßiberftreben ift bie (Seele in ben irbifd)en Seib<br />

eingegangen, ^ennod) beftef)t ein nät)ere5 $öert)ältni§ gmifdien<br />

S3eiben. 2)iefe§ äußert fid) befonber§ in bem ^uftanbefommen<br />

ber (Sünbe. ®er Seib mirb al§ ber oon (Staub ©ebilbete<br />

bem ^orfbemot)ner oerglidjen, n)eld)er feine 5i'enntni§ ber 9leid)§=<br />

gefe^e t)at, bie (Seele aber, bie oon oben entflammte, bem Bürger


280 § aller, 5)ie ßff)re öon ber 5üiferfte()ung<br />

ber 9?efibeu5, iiie(d)er bie Sfxeidjggeje^e inof)! !ennt. !yjtmx gef)t<br />

frei au§, biefev mirb beftvaft. Ober aber i[t e§ ber Seib, ber<br />

blinbe, bie ©eete ber iaijrm SBäd)ter, uield)e beibe oou (Bott jur<br />

33eirtad)ung beö ©arten» beftellt finb. ^er S3linbe fie[)t bie üer=<br />

boteuen ^-rüdjte unb reitet auf bem i?af)men, um berfelben (}abf)aft<br />

gu trerben. Unb -^eibe effen baüou. So ruerben benn aud) 33eibc<br />

gufammen gerid)tet. 9J^it beiu 3:obe erfolgt bie 3:;rennung beiber,<br />

bei bem @ottIofeu auf fcf)mer5Ud)e, bei bem ^-rommen auf fdimerj-<br />

lofe '^setfe. ^Dort mirb er burd; beu 3:übe§engel, f)ier burd) ben<br />

^u^ ®otte§ (nn^-d':) üoüsogen. 2)a§ ge^t aber nidit fo rafd) cor<br />

fid). 'i'lod) empfiubet ber Seid)uam ben Sföurm, ber an if)m nagt;<br />

nod) eignet ibm ein 33eiini^tfein, nad) ©inigen, fo lange, bi§ bie<br />

'öabvbede ben Sarg bebed't, nod) 3(nbern, bi§ ber Seib üerraeft<br />

ift. ^a ^erad)otf) 18 b erjäblt, mie 9}läbd)en fid) in ber ':)leuiaf)r§^<br />

nad)t im ©rabe mit einanber unterf)ietten. ©d)abbati) 152 b<br />

berid)tet ein ^i^iegefpräd) 5mifd)en ^itd)ai bar '^o^ia, ber tobt im<br />

@rabe lag unb ^ar ^3Iad)mann "). „So ergiebt fid), ha^ ber<br />

ßufammenbang ber Seele mit bem Seibe, alfo biefe irbifd)e<br />

@j:iften5meife in bem ^-öemu^tfein be§ ^ubentum§ f)üf)er gefd)ä^t<br />

unb barum fefter gebalten roirb, al§ bie Hoffnung auf eine 33er=<br />

einigung ber Seele mit @ott. Selbft bie Seelen ber @ered)ten<br />

fd)eiben nur aümäblig ganj oom Seibe, bie Seelen ber 3lnberen<br />

fud)en i^n immer mieber" ').<br />

®ap fommt bie meffianifd)e (Srmartung. 3ln bem meffianifd)en<br />

9^eid)e foU nid)t nur bie lebenbe (Generation ^frael§ teilnel)men,<br />

fonbern alle oerftorbenen ^fraeliten : fie follen au§ ii)xm ©räbern<br />

^ert)orgel)en, um bie Seligt'eit be§ 9fteid)e§ mit ben Überlebenben<br />

genießen §u fönnen '^). ®iefe Seligkeit rcirb rec^t finnlid) bargeftellt.<br />

*) 9}Dcf) aiibere SBeijpiele fie£)e bei Sßeber, ©t)ftem bet altfljnagogalen<br />

paIäftinenfii(f)en,2;f)eoIogte üu§ Sargum, 9)Ubrafcf) unb Salmub 1880, ©. 325 f.,<br />

bem überfjaupt bciö aSejentlidie biefeS 3tt)f(fjnitteä entnommen ifl.<br />

') 2ßebev a. a. 0. ©. 326.<br />

*) ©täf)etin (3af)rb. f. beutjd^e Sfieol. 1874, ®. 199 ff.) nimmt an,<br />

bafe urfprünglid) gar fein 3ufammenl)ang 3Unfd)en SSeiben beftanben ifahe.<br />

dagegen Bermeift mit 3iecf)t ©cf)ürer, ©efd). be§ jübifi^en 9}oIfe£i II ©.457<br />

Stnm. i^n barauf, ba^ in San. 12,2, ^falt. ©al. 3,16 unter bem „etoigen<br />

ßeben", ju bem bie ©erec^tcn ouferftel)en merben, nicf)tä anbereö aU baö Qeben.


ee 5^i-'M"rf)fsi biö auf 2ertu(Iian. 281<br />

^ein 3Buuber, baf? bann aud) ber Öeib an i()r tei(nef)iuen foUte.<br />

Unb jo folgt, nad)bem bie @eved)ten au^ ber 3d)eo( burd) ben<br />

9Jief[ia§ ()eraufgefüf)rt luorben finb, il)ve unb adev @ered)teu, bic<br />

auf bie ©vlöfung karteten, Sßiebert)evfte(Iung in biefe§ 5eitIid)C<br />

Seben b. f). bie erfle 'ä(uferfte[)unc-| ber 3:oten. 2)er 9}leffia§ f)at<br />

„ben 3d)Iüffel ber 3Iufermeching ber 3:oten". T)er Crt, luo fie<br />

erfolgt ift bns ()eilige Sanb, ii)eld}e6 barum aud) c•^^ p-iK f)ei^t.<br />

^ann merben aber aud) bie au^eri)alb bes Sanbe§ begrabenen<br />

unter ber (Srbe ftergeroäl^t (D^'?;'7jns:i. um im f)eingen Sanbe auf=<br />

erftef)en 3U fönnen. Um bie Sd)mer5en bas hr.h: 5U erfparen, mill<br />

man im Sanbe :3f^^ael begraben fein (jer. ^ilajim IX,3). Ülad)<br />

einer anbern Stelle (S^etf)ubotb lU^) inerben für bie @ered)ten,<br />

bie auf3erl)a(b be§ l)eiligen Sauber begraben mürben, .'pöt)(ungen<br />

in ber @rbe b. (). unterirbifd)e @änge gemüd)t, in benen fid) i()re<br />

Seiber ^ermäljen. ®af3 aud) bie au^erf)alb ^;paläftinaö 33egrabenen<br />

auferfteben merben, bafür bürgt ha^' 'Segräbni^^ ^llofee, beffen<br />

„3]erbienft" allen anbern feines ©efdji<strong>des</strong> ju gute fommt. ^ie<br />

Slufermedung mirb burd) bie gro^e "^^sofaune eingeleitet, ^ei bem<br />

erften 'Olafen mirb bie ganje SSelt fid) bemegcn, bei bem smeiten<br />

rcirb ber Staub abgefonbert, bei bem britten merben bie ©ebeine<br />

ber 3:oten gefammelt, bei bem nierten i^re (^lieber ermärmt, bei<br />

bem fünften mirb bie ^"^aut übergejogen, bei bem fed)ften gef)en<br />

bie Seelen in il)re i'eiber ein, bei bem fiebenten merben fie tebenbig<br />

unb ftel)en auf il)ren ^


282 Roller, 3:ie Sc^re öon ber 3tufer[tef)ung<br />

Sefrf)affenf)eit gebadet roirb, roie ber je^ige". ^a man er[tef)t in<br />

benj'elben Kleibern, in rce(d)en man ins ©rab gelegt muvbe. 2öenn<br />

fd)on has 'Jöeijenforn nid)t nacft, fonbern umbüllt aus ber @rbe<br />

t)erDorgef)t, iüieDieImef)r ber Seib bes SI2en]rf)en. ©terbenbe öiabbis<br />

geben bafier genaue 53efe{)Ie über it)re Xotenfleiber. ^a ber SJienfd)<br />

ftebt mit ben alten @ebred)en als Q3tinber, Sabmer u. f. m. auf,<br />

bamit feine ^bentität feftgeftedt lüerben fann, aber biefe @ebred)en<br />

werben fofort get)eitt. „2)a§ uertritt bier bie |)offnung ber i^er^<br />

flärung: bie ^Iserfe^ung in einen normalen gefunben ßuftanb.<br />

®em entfpridjt aud), baB bie Stuferftanbenen ein bem bisherigen<br />

entfpred)enbe5 nmterielle§ £^eben fübren unb feine abfolute, fonbern<br />

nur relatioe Unfterb(id)feit I)aben. ^ie non :3^tii"^f f)erau§=<br />

gegebenen fleinen 9)librafd)im malen ba§ ätintid) aus roie bie<br />

mo5lemifd)e 3unna" '').<br />

Sßir fel)en bemnad), ba^ in biefer Literatur bie 2(uferftel)ung ber<br />

3:oten febr finnlid) uorgeftellt mürbe, ^abei ift bemerfensmert, ba§<br />

eg fid) f)ier um eine 3luferftel)ung ber @ered)ten für ha^ meffianifd)e<br />

ßeitalter t)anbelt, in meld)em bie pbi)fifd)e Sßeltorbnung fo giemlid)<br />

biefetbe ift, mie oorber, nur ba^ bie Seiftung5fäl)igfeit bes gelobten<br />

Sanbes als eine ungebeuerlidje gebad)t roirb ^^). SlJlit ber 2(uflel}nung<br />

ber 3Sölfer miber ben 9}leffia5 tritt 'i)a§ (5nbe be§ meffianifd)en<br />

9ieid)e§ ein unb nun beginnt ba§ 2öeltgerid)t, burd) meld)e§ bie gott=<br />

feinblid)en 33ülfer au5gefd)teben, bie Grbe erneuert unb bem 93olfe<br />

©ottes als alleiniger 3Bol)nfi^ angemiefen roirb. 3(ber eine all=<br />

gemeine 2luferftebung giebt e§ nid)t. (£o Ijei^t e§ in 53erefd).<br />

rabba: „2;ie iDIadjt Siegen gu geben gel)ürt ollein ben @ered)ten<br />

unb bie 2luferftel)ung uon ben 2;oten gehört ebenfalls nur ben<br />

@ered)ten. ';IBie foUten bie ©ottlofen raieber lebenbig merben?<br />

fie finb bod) fetbft in il)rem Seben tot." (Srft bie fel)r fpäten<br />

""^irfe be=9i. ©lief er geben gmar eine 3luferftebung aud) ber ipeiben<br />

§u, bemerfen aber, ha^ fie fpäter mieber in ben 2:ob jurüdfinfen.<br />

„3)ie ©ottlofen merben nad) ämölfmonatlid)er Strafe in ber ©ebenna<br />

an Seib (!) unb Seele oerbrannt unb il)re 2Ifd)e rairb unter ben<br />

j^u^foblen ber (5)ered)ten üerroel)t. '3lur bie SRinim unb bie<br />

®) Sie^e bie näfjeren Dlac^ioeife bei 2Ö e b e r q. o. 0. S. 352 ff.<br />

10) gietie hierfür aSeijpiele bei SOßeber B. 363.


eä g^rcijrfieä big auf lertuUian. 283<br />

©pifuräer, roelc^e bie @üttlid)feit ber 2:!)ora iinb bie 3Iiiferftef)un9<br />

ber 3:;obten leugnen, fteigen ^inab in bie @ef)enna unb werben<br />

bort geftraft in alle @efd)Ie(i)ter. " Über ha§: ^eben im Oläm<br />

liabbä beftef)en jiueierlei Slnfdjauungen. ®ie mel)r jpiritualiftifd)e<br />

nimmt an, ba^ z§ bort fein ®[l>n unb 3:rinfen, feine ^^uöHttg,<br />

feinen .^"'Qttbel giebt. ®ie mef)r materialiftij'd)e aber [prid)t oon<br />

et)elid)er Beugung, non großen SOIabljeiten, bei benen man 't>a^<br />

%ki]d) be» i^eoiatban unb iöebemott) jpeift, ja nod) oon einer<br />

©ünbenoergebung in jener SBelt («nn c'rr)-<br />

Sir finb abfid^tlid) auf bie jübifd)e 2:^eologie eingegangen,<br />

um gleid) oon r)orn()erein fe[t5u[te(len, ha^ mir t)ier bie beutlid)e<br />

unb breite Unterlage für bie nad)malige d)riftlid)e 2(ufer[tef)ung5^<br />

lef)re norfinben. ^arum fönnen mir uns aud) mit<br />

II. bcm neuen 2cftament<br />

für§er faffen, §uma( bie einjdilägigen 2)aten ben Sefern ^inlängtid)<br />

befannt finb. S3Io§ ba5 3{llermid)tigfte motlen mir fummarifd)<br />

auffüt)ren.<br />

9iur unter 33ergegenmärligung obiger 23orfte(Iungen , mie fie<br />

in ber jübifd)en 3:l}eoIogie ju .paufe maren, nerftefit man, roa§<br />

roir f)ierübcr bei ben ©tinoptifern unb in ber Sfpoftelge-<br />

fd)id)te Icfen. ®aj3 bie 3Sorfteüungen büben unb brüben fid)<br />

entfpred)en, ^eigt fd)on bie @efd)id)te nom reid^en SJiann unb<br />

armen i'a^arus, rcie überbaupt bie fo f)äufig raieberfebrenben<br />

'Jlotijen über bie @et}enna. '^Xber aud) ha^^ ift fofort beutlid),<br />

ba^ bie ^^itgenoffen ^efu in if)rer großen SJietjrgaf)! an eine teib-<br />

Iid)e ^uferftebung glaubten, biefer (Glaube feine§roegs eine @igen=<br />

ort bes (Soangeliumg mar. 3a ^^i ift febr fraglid), ob (£briftu§<br />

mit feiner ^5otfd)aft irgenb einen merfbaren (Sinflu^ auf jenen<br />

©emeinglauben ausgeübt t)at. 3Bie verbreitet er unter alten<br />

(5d)id)ten ber jübifd)en ^eoölferung mar, bafür nur einige befannte<br />

®aten: Süs |)erobe^ oon 3^fu§ ^örte, fprac^ er: „tiefer ift ;3o"<br />

bannet ber 2:äufer, er ift auferftanben oon ben Soten" (3}lt. 14,2,<br />

9^0. 6,14, k!c. 9,7). 9lad)bem '^iin§ begraben mar, fommen bie<br />

^of)enpriefter unb ^^f)arifäer gu ^^ilatus unb fügen: „^')err, mir<br />

erinnern un§, ba^ jener 3i-'^'iei)i^er ju feinen Sebjeiten fagte: nad)


284 ^QÜer, 'J;ie Cef)re uon ber 5(uferi"te[)ung<br />

brei %aQ,tn lücrbe id) auferfle^en. ^5efief)( nur, baJ3 ha^ (Bxab<br />

bi§ sunt bvitten 3:ag oerfiegett loerbc, bamit nid)t feine jünger<br />

fommen, if)n [teilten unb jum 3}olfe jagen: er ift üon ben -lobten<br />

auferftanben" (dJlt. 27,63 f.).<br />

iüiä -üefue üer[d)ieben rcar, fo<br />

tf)aten fid) bie ©räber auf 7.7.I ~oa/.7. 'jöyxy-y. töjv xsy.o'.jATjjxsvwv<br />

7.7itov Y;,'3f>.'>r,:!av {^Jlt. 27,52 )'\). @5 fonnnt l)lev nid)t in ^etrad)t, ob<br />

ben beiben letjten Stehen ein tt)atfäd)lid)e§ (Sreigniö 5U ©runbe liegt.<br />

•Über alle brei (Stellen berceifen, 'üa^ il)re 3^erfaff?r üon ber 5]orau§=<br />

fe^ung au5gel)en, baJ3 bie jübifd}en ß^itg^noffen, felbft ein ^erobe§,<br />

hm (Stauben an bie leiblid)e Sluferftebung teilten, ja, bo§ man e§<br />

für möglid) t)ielt, ha]^ fd)on in ber ©egenroart als 5Borboten bes<br />

bet)orftet)enbcn mefjianijd)en 3^italter5 einjelne JäÜß uon Stoten^<br />

eriüerfungen uorfoniinen luerben. 2luj biejer Unterlage müjjen<br />

roir un§ aud) bie Joteneriuerfungen burd) ^s^im unb bie 3lpoftel Dor=<br />

jtellig mad)en. 3^ ben SÖerf'en be§ 9)lefjiog gel)örte ja aud) bie<br />

3luferraedung ber 2^oten (f. 0.). 2;arauf l)at fic^ aud) ^efu5 einmal<br />

berufen, um fid) al5 9}^effia§ ju legitimieren (9)lt. 11,5). @§ ift<br />

felbftuerftänblid), ha]^ man jold)e 3:baten als SBunber anftauntc.<br />


eö ^(eifc^eö biö auf 2;ertu(üan. 285<br />

[teljung übev^eugt geroefeu luären. 3(t§ ^ubeu badjteu fie gan^<br />

rcie ^aulu§ (I. Stov. 15, 13, 16): „@iebt eg feine 2luferftefiung<br />

ber 3:oten, bann ift aiicl) (£I)vi]-tu§ nid)! aufcrftanben," b. (). nun<br />

giebt es aber eine (nad) bem ©lauben unjevev !iiätev), ai]o fann<br />

and) 6;()viftu§, ja er muj3 „nad) ber (Sd)rift" unb nad) ben ®r=<br />

fd)einungen, bie er i()nen ^u 2:^eil rcerben lie^, auferftanben fein.<br />

3(1)0 bent ©(aubcn an bie leibUdje 3tnfer[tet)nng ©Ijrifti liegt —<br />

unb ha§ fann man nid)t ftarf genng betonen — ber populäre,<br />

nur non ben iBabbu^äern nidjt acceptierte (Glaube oon ber<br />

9,)löglid}feit, ja balbigen Sßirflidjfeit ber (eiblid)en 2:otenaufer[te[)ung<br />

5U ©runbe. '3htr auf biefem 53oben mar bie Ieid)te unb rafd)e<br />

ä>erbreitung be^ ©tauben^ an bie 3luferfte^ung (Jf)rifti ntöglid);<br />

nur auf biefent ^oben aber aud) bie grobfinnlid)en 2(nfd)auungen<br />

mög(id), bie fid) an jenen ©tauben fnüpften: fein ©rab mar teer,<br />

ber (ibentifdje) irbifd)e Seib auferftanben, er trägt nod) bie SSunben=<br />

male an fid), ja er fann irbifd)e ^Ola^rung ju fid) nehmen — unb<br />

bod) erfc^eint er burd) uerfd)toffene 3:t)üren, üerfd)minbet fo plölj^<br />

lid), mie er aud) fid) gezeigt t)at: ift alfo pf)i)fifd) unb pneu=<br />

matifd) ^ugteid). ®a§ finb freilid) unoereinbare '^orftettungen für<br />

un§; für ^uben maren fie e§ nid)t.<br />

3efu§ fetbft nun i)at fid) für ben ©tauben ber ^;pt)arifäer<br />

entfd)ieben (Mt 22,23—30). ®ie '»pt)arifäer bebeuten t)ierin ben<br />

fird)Iid)=bogmatifd)en 5ortfd)ritt, bie ©abbujäer ^-j bie Dteaftion<br />

(nid)t einen fortfd)rittlid)en ^Nationalismus;). Unb bod) fd)eint ^efu§<br />

bie grobfinnlid)fte ^orm biefes ©laubensiftücfe^ abgelet)nt ^^u ^aben.<br />

3Benigften§ benft er fid) ha^ Seben ber ^iluferftanbenen engetgleid),<br />

nid)t gefd)Ied)tlid)=pf)i)fifd) bebingt 0B. 30), mie bie materiatiftifd)e<br />

2(uffaffung (f. o.) lautete, bereu Säd)erlid)feit ben ©abbu^äern bie<br />

^^olemif mefentlid) erleid)terte. 3Bir bürfen alfo fagen, ba^ Sefu§<br />

ben jübifd)en 3luferftel)ungSg(auben infofern nergeiftigte, alei er fid)<br />

auf bie «Seite berjenigen unter ben ^^l)arifäern ftellte, meld)e eine<br />

mef)r fpiritualiftifd)e 3>orftellung über 3luferftet)ung unb jufünftige<br />

^-) S)te©abbujäeriaöten, e^öek feine 5lufei-ftef)unö (9Jlt. 22,23, 5!}lc. 12,18,<br />

Sc. 20,17, 5tct. 4,1 f. 23,8). „Sie leugneten bie g^ortbauer ber ©eete unb<br />

bie ©trafen unb SBelo^uungen in ber Unterwelt" (33eü. 3ub. H, 8,14). „S)ie<br />

©eelen iiert3el]en sugteic^ mit ben Äörpern" (^(ntt. XVIII, 1,4).<br />

3eitf(i)rift für Sfjeotogte unb Htrcf)c, 2. 3al)rg., 3. §eft, 19


286 § aller, T'ie 2(i)xe üon ber 5(uferftet)img<br />

2öe(t hatten '^). Übrigen^ vebet 3eju§ roenig üou ber 9(uferfte{)ung<br />

bev ©laubigen. Sj)enn er I)o[ft bie SOIeifteu oon if)neu tebeub an--<br />

antreffen (tmt. 24,34, mc. 9,1). ®üd) muffen bie ^;satriarc{)en<br />

(m. 8,11) unb bie in ber U^erfolgnng ©etöteten (10,21, 39)<br />

jnr 3:eilna(ime an feinem 9ieid}e anferfte^en. ®ie ©ottlofen aber<br />

merben nid)t gerettet merben {''Mt 10,22, Wie. 10,16. 13,20,<br />

Sc. 13,27). (oie bleiben in ber -(zv^vy. — unb ha§ ift i!)rc emige<br />

i^erbammni§. 'ison ibrer 5(uferftebung ftet)t nid]t^ ba, e§ müßten<br />

benn bie Cualen, bie fie ju evbulbeu t)aben, als finnlid)e ©d)merj^en<br />

üerftanben morben fein, ^ene fönnen aber aud) ebenfogut bilbtid)e<br />

53e5eid)nuugen uon ©eeleuqualen berer bebeuten, meld)e eroig au§<br />

ber befeligenben @emeinfd)aft @otte§ au§gefd)Ioffen fiub — unb<br />

bann roäre eine 3öieberbelebung be$ leiben§fäl)igen irbifd}en Seibe§<br />

unnötig, jumat e§ fc^on in ber ©d)eol einen Ort ber Dual unb<br />

einen Ort ber ©etigfeit („Ibraftam? ©d}0^" Sc. 16,19—31) giebt.<br />

äßir finben alfo bei ben Sijnoptifern unb in ber 3(püftel=<br />

gefd)id)te, fpejiell bei ^efuö unb in ber urapoftolifcfien 33crfunbigung<br />

bejüglid) unfere§ @egenftanb§ ni d)t§, roa§ über bie 3(uffte(Inngen<br />

ber fübifdjen 3:i)eologie t)inau§ginge. ©ogar h\§ auf „bie ä>ergebung<br />

ber ©ünben im Olüm habbä" (9Jit. 12,32) erftrecft fid) bie @Ieid)=<br />

l)eit. Unb bie leiblid)e 3(uferftebung felbft rourbe, mit rcenigen<br />

Slusnabmen, uon ber urapoftotifd)en SSerfünbignng ebenfo grob=^<br />

fiunlid) gcbad)t, roie bei ber md)x realiftifd^en ^Jiid)tung ber |übifd)en<br />

2;t)eologie.<br />

^ei '^^aulug aber nehmen mir aud) f)ierin einen ^ortfd)ritt<br />

root)r. Ob biefer ^ortfcf)ritt bem (Sinfluf^ be^ ^elteni§mu§ jup^<br />

fd)reiben ift, fann nid)t nad}gennefen roerben. ®enn bie 2tnfä^e<br />

baju liegen ebenfo gut in ber ueujübifd)en 2:f)eologie ber mel)r<br />

fpiritualiftifd)en 9^id)tung üor. Jy^'^i^^d) ift nid)t 5U oerfennen,<br />

ha^ aud) bie letztere oon f)eltenifd)en ©iuflüffen mitbeftimmt roar.<br />

®ie ftaffifd)e ©teile für bie paulinifd)e 3luferftel)ung§le{)re ift<br />

I. ^or. 15; in jroeiter Sinie ftel)t II. Uox. 5,1 ff.<br />

^:|saulu§ l)at<br />

bort ben i^^elleni§mu§ gu befämpfen, nid)t eine befonbere "Partei,<br />

etroa bie 2{polliner. 9lein, ber i^elleni^mug al§ fotct)er roar ein<br />

") 3u folc^en ääf)Itc äiueifelloä aiic^ ^ofeptjuö mit ieiiier platonifirenbcn<br />

Slnidjüuiing {^cü. Siib. III, 8,5).


eä ^ki\ä)i§ b\^ ciiif SertutTian. 287<br />

abjotutev ©egnev ber ucujübijdjeu 2Iufer[teI)ung§let)re. Sßir ^abeu<br />

ha§ frf)on bei '')>()tlo gefimbeu. SBieuiel mel)v mu^te biefe 9(6*<br />

ueigung üoUeub§ in bcu 5lretfeu ju ^S^xiufe geinefeu fein, n)e(d)e<br />

aller jübijdjeu 3:[}eologie fern [tauben. |)iev, in Slorintl), tritt ber<br />

^e(Ieni§nui$ er[tnial§ in fi)ftenuttifd)en 3Biberfprud) mit beni neu-<br />

jiübifd)=d)riftlid)en ':Huferftet)ung§gtauben ^*) unb luir werben je^en,<br />

baJ3 bie§ nid)t ha§ Iet5te ''Mal max. ®ie .C^auptpunfte ber Set)re<br />

be§ '^HiuluS finb: 1. ,3nnjd)en bem toten Seib unb beui 3(uf=^<br />

er[tet)ung5leib beftel)t nid)t ba» 3SerI)ältni§ ber ftofflid)en ^beutität,<br />

fonbern fie finb beibe ftüff(id) total üer[d)ieben. ©iebt e§ bod)<br />

eine gro^e 9Jiannigfattigfeit uon 5^örper = 6ubftan5en: 3}Jenfd)en,<br />

93iet), 3]ögel, 5'ijd)e; irbi)d)e, l)immli[d)e i^'orper (Gw[j.aia), bie<br />

benn and) oerjdjiebene ©igenfd)aften , oerfdjiebene iperrlidjfeit jur<br />

(£r[d)eiuung bringen, mie bie§ bei (Sonne, 9JJonb nnb ©ternen ber<br />

^%ill i[t. ^Jtid)t um bie ^Dlannigfaltigt'eit ber formen ift bem<br />

3tpo[tet l)ier ^u tl)un, fonbern um bie 33erfd)iebenl)eit ber ©ubftanjeu<br />

unb ber non il)nen au§gel)enben äÖirfuugen. „3Ufo ift e§ aud)<br />

mit ber 2tuferftel)ung ber 2;oten" (42). 2)er neue fieib ift — im<br />

Unterfd)ieb uom irbtfdjen — mit oöiia unb o'jvaixt^ au^geftattet.<br />

@r ift pneumatifd), ber anbere nur pfi)d)ifd). ^a er ift unoer-<br />

iDeeilid), unb, mie in feiner Subftan,^ Derfd)ieben, fo ift er and)<br />

nad) feinem Urfprung uom anbern uerfd)ieben: ber pfi)d)ifd}e ift<br />

oon 2tbam, uon ber @rbc, guerft; ber pneunmtifd)e ift oom (£l)riftu§,<br />

üom ^immel, gule^t. ^^.Miuübo Ijätte nid)t fdjärfer bie gänjlidje<br />

fubftanjieUe 3Serfd)iebenl)eit beiber Seiber be5eid)nen fönnen.<br />

2. Unb bennod) befielt eine gemiffe ^iie(^iet)ung 3nnfd)en beiben.<br />

3u il)rer 3Seranfd}auUd)ung oermenbet er ha§> ^i^ilb uon ©amen<br />

imb ''^flan^e. 3)iefe ftet)en nun allerbing§ in einem organifd)--<br />

genetifd;en !i>erf)ältni5 5U einanber. Ob fid) ber 3ipoftel beffen<br />

üollfommen beraubt luar? Sßir muffen e§ besiueifetn. ^enn er<br />

t)ätte in biefem Jade jene gän^lid) fubftan5ielle ^^erfd)iebenl}eit<br />

md)t ftatuiren tonnen, ©ante unb ''^flange finb uon bemfelben<br />

©toff. 3Iud) l)inft ber 3]ergleid) fd)on be6l)alb, weil |a ha§<br />

") 2Bie ff^iner ^Vuttue in biefem Öe()i-ftücf ju arbeiten f)atte, beuicift bie<br />

ficfierlid) fiiftorijcfie 93emerfunß 3[ct. 17,32, Uioiui(?^ bie 3ltf)ener über feine<br />

2!otenanferfte{)nnt5 fpotteten nnb ficf) bcSUiegen üoii i()m niu]läiitui] nl'luanbten.<br />

19*


288 ^ader, Sie Se^re tion ber 2tuferfte^ung<br />

©ameuforn mcf)t bie tote ^'^[(anje, fonbern ber .^eim bei* neuen<br />

"»pflanje ift. ®em ©amenfovn ent]pvid)t ber (£mbri)o unb fo ge=<br />

f)ört ber ganje 3SergIeid) in ba§ ©ebiet ber ^-ortpftauäung ^^).<br />

ipier f)anbelt e§ fid) um bie @ntftel)ung eine§ neuen ,3n^iüibuum§,<br />

bei ber 9tufer[tet)ung aber um bie SBieberlierftetlung be§ alten<br />

©injelmefens!. 9}kn fann alfo mit beut ^öitbe be§ '*pautu§ nid)t<br />

uiel anfangen. ®§ unÜ im @runbe nur bejagen, ha^ 5n)i[d)en<br />

beiben l\nbern eine ^i^ejiebung be[tel)t. ®ie|e nät)er ju beftimmen,<br />

gelang it)m nid)t, [o lange er bie erfte '^^^ofition fe[tl)alten mollte.<br />

9Han fann nur non feiner p^arifäifdjen ä5ergangenl)eit l)er fdjlie^en,<br />

ha\i er irgenb einen un^erftörbaren 9ieft be§ nermeften Selbes (f. o.)<br />

annabm, an§ bem bann, mie au§ beut leben^t'räftigen 5leim be§<br />

uermeften ©amenfornei, ein neuer 5l'örper t)eriiorget)t. 3weifello§<br />

ift aber, ba^ ''^>autu§ mit bem befugten ^öilbe bie 3il)nlid)feit<br />

beiber Selber in it)rer äußeren (£rfd)ciuung ueranfd)aulid)en motlte.<br />

^ie neue ''l.^flanje Ift ber alten, au§ bereu .'^leim fie entftanben ift,<br />

gleld)geartet. Sllfo luirb and) ber 51uferftet)ung§teib, jmar ftofflid)<br />

total üerfd)ieben, in ber (Svfd}einung§fornt bem alten gleid)en, fo<br />

hü^ bie ^bt'ntität beiber gefidjert ift — ein '']>unf't, morouf, wie<br />

mir oben faben, bor jübifd)en 2:l}eologie alleö anf'am. 3. ''iHiulug<br />

nimmt eine boppelte 3lrt be§ "i^organgeg an, moburd) ein neuer<br />

Selb, ber fog. 5luferftebung§leib entftebt: bie eine ift ber 2^ob, bie<br />

anbere ift bie '-l^era1anbluug. ^cnn ba^; 5üte mufi auf irgenb<br />

eine 3öeife befeitigt werben, „^^^leifd) unb 'l^lut fonnen ha§ ^Keid)<br />

©otte^ nid)t ererben, aud) wirb ha^ ^iNernie?lid)e nid)t erben ba§<br />

Unnermeslidje." „llnfere irbifd)e |)üttenmol)nung wirb aufgelöft<br />

(zaTaXoO-?/)" unb au il)re ©teile tritt, ganj uuabbängig uon ilir,<br />

„ein ^au uon @ott, ein ^an§ nidjt mit i^^änben genmd)t, emig<br />

im |)immcl" (II. S^or. 5,1 ff.). ®icfe AMittc beftel)t alfo fd)on<br />

norber, ober menigften§ neben ber irbifd)en .£")ütte. ':){ötig ift fie,<br />

benn fonft bliebe bie ©eele „nacft", „o\)m 'i^efleibuug" ; unb bas(<br />

") ßogifcf)ev ift bivi 33ilb in §iol) 14,7 ff.: „Senn eö ift für ben 33aiim<br />

.^»offmtnfl: luirb er atigeliaiien, fo grünet er iniebcr unb feine ©pröfeünge<br />

nef)men nic[)t ab. Slltcrt in ber @rbe feine Sünrjel unb fttrbt im Süoben fein<br />

©tamm, Hom ®nfte beö Söaffer^ fpvoffet er auf unb treibt 'ijifte, mie neu<br />

gepflanjt."


e§ SfletfifieS bi§ auf Serhiaian. 289<br />

lüäre für fte ein it)ibcruatürlid)er, unwürbiger 3uftaub. e>'i^eilid)<br />

ift [oId)e (äntt'Ieibung, b. I}. ber STob, etira§ ©d)mer5tirf)e§. 3Siel<br />

lieber raäre e§ un§, lüenn wir ftatt entfteibet „überfleibet würben",<br />

fo ba^ „ba§ Sterblid)e nom &ben uerjdjlungen würbe". ^a§<br />

wirb benen 511 teil werben, weld)e bei ber "^^arnfie leben, ^enn<br />

„wir werben nid)t alle entjd)lafen, wir werben aber alle uer^<br />

wanbelt werben, in einem 'Jht, einem Süigenblic!, mit bem letzten<br />

3:rompetenfto^". SDann wirb ber „STob uom ©ieg iierjd)lungen<br />

werben". ^^[]o nur bei hm Sebenben get)t bie (3ub[tan5 be§<br />

irbijd)en Seibc§ in bie be§ l)immlild)en über, wie bie ^3lal)rung in<br />

ben 5lörper, ber fie aufnimmt („uerfdjlingt"). 'Ohir l)ier affimiliert<br />

fid) ber irbifd)e Seibesftoff bem neuen Stoff, ^ei ben iloten aber<br />

l)ört ber frül)ere Seib ganj auf<br />

(v.aTaA')i>r;) nnb erft fpäter tritt für<br />

bie nacfte «Seele bie ^efleibung mit ber l)immlifd)en ^et)aufung<br />

ein, weld)e allerbing;? (fiebe unter 1) in it)rer @rfd)einung5form<br />

mit ber irbifdjen Seibe5l)ütte gleid)geartet ift. ®ie ^raft nun,<br />

burd) weld)e bie '-Iserwanblung ober Überfleibung (ober i>erfd)lingung)<br />

be!^ irbifd)en (nod) tebenben) l'eibes in h^n nnoerweslidjen bimm=<br />

lifdien Seib fid) r>oll5iel)t, ift ber l). ©eift (il 5) ogl. 9iöm. 8,11.<br />

Sßer alfo — ha^ ift bie einfad)e ^onfequen^ — ben ©eift @otte§<br />

nid)t l)at, beffen 2eib fann bann aud) jene wunberbare ^lserwanb=<br />

hing nid}t erfal)ren.<br />

3)lan l)at alfo wol)l ju bead)ten, baj3 "^^^aulus fowot)l in I. ilor.<br />

15,50—55 al^ in II. Slor. 5,2—5 3unäd)ft nur ben ^^all im '3luge<br />

t)at, ha^ er nnb feine ßeitgenoffen (f. ba^o y^jj-sic 15,51) nod) am<br />

^eben finb, wenn bie Slufcrftebung eintritt unb für biefen ^all<br />

fennt er eine „^^erwanblung", ein ,/;}lnge,5ogen=", „^-lserfd)lungen=",<br />

ober „Überfleibetwerben". ^-uv bie 3;^oten aber l)at er nur bie<br />

^^e5eid)nung ber „Saat", ber „^Jlufevftebung", ber „(ÄntÜeibung".<br />

3Jian mu^ ba§ ftreug au!§einanberl)alten. "dlnx für ben erfteren<br />

^-all beftel)t eine gewiffe 'Öe5iel)ung unb J\-ortbauer beö irbifd)en<br />

i'eibeg, im anbern 3'OÜe aber wirb er aufgelöft b. i). uernid)tet<br />

unb tritt an feine Stelle — unb unabbängig uon it)m — ein an=<br />

berer Seib, ber im ^^immel bereitet ift. 3'^ biefem ^-alle ift alfo<br />

ba§ SBort „-lluferftebung" in fel)r mobifijierter 'jföeife gebraud)t.<br />

®enn t^atfäd)lid) fiel)t ber alte ^eib nid)t auf, fonberu ey ift nur


290 § aller, S)ie ße^re öon ber Sluferfte^ung<br />

eine 2(ufevftet)ung ber (nacften) (Seele mit einem neuen Seibe, ber<br />

nad) Urjprung, ©ubftanj unb @igenfd)aft non bem irbijd)en, im<br />

2::obe t)ernid)teten abfotut Derfd)ieben ift. 23on einer ^bentität fann<br />

atfo t)ier nur injofern bie iTiebe fein, a{§ eine 3(f)nlid)f'eit in ber<br />

(£r|d)einung (im -pabituS) jmifdjen beiben befte()t. (£ine unmittel^<br />

bare ^Öe5ief)ung finbet jebod) nur §roijd)en bem bei ber ^^.sarufie<br />

lebenben unb bem oermanbelten Seibe ftatt, inbem f)ier burd) einen<br />

munberbaren ''^.^roäe^ eine ©tof[ = 3(jfimiIntion beroerfftelligt wirb,<br />

lüie bieg fid) *')5oulu§ fid)erlid) aud) bei bem erft ^mei Stage im<br />

@rabe gelegenen — alfo nod) nid)t aufgeloflen — Seibe (£t)rifti<br />

uorgeftellt l)at.<br />

3(u§ aii bem ge()t jur ß)enüge f)err)or, 1) bo^ '!paulu§ nid)t<br />

bei ber grübfinnlid}en ä^orftellung ber 9^eaüften ber |übifd)en 2;f)eo-<br />

(ogie [teilen geblieben ift, fonbern flud) f)ierin eine 2}ergeiftigung<br />

nngebaljut f)at, iüeld)e ben Stnbeutungen ®t)rifti, bem ganzen gei=<br />

ftigcn 6^t)arafter ber neuen 9^eligion unb aud) bem 4"^elleni§mu§<br />

gered)t gu merben t)erfud)te ; 2) bn^ bie nad)malige f'ird)Iid)e 2e{)re<br />

üon ber 2(uferftebung be§ ^•teifd)e§ non ber paulinifdjen iüefent=<br />

lid) i)erfd)ieben ift.<br />

^ie übrigen ©d^riften be§ bleuen 2:eftament§ bieten für<br />

unfern ©egenftanb feine neuen @efid)t5punfte. ^ie 2:;otenaufer=<br />

ftel)ung mar ein mefentlidjer 33eftanbtcil ber d}riftlid)en |)offnung.<br />

©elbft bem aleyanbrinifd)en 3Serfaffer be§ Ä^ebräerbrief§ mar<br />

ber ©laube an bie 3(uferftet)ung ein d)rift(id)er ^-unbamentalartüel<br />

(6,2). 2(llerbing§ giebt er un§ feinen 3(uffd)Iu|3 barüber, mie er<br />

fid) biefen ä^organg näf)er uorftellt: „^ie 2(uferftef)ung ift beffer<br />

al§ bie blo^e SGBiebererroecfung gunt irbifdjen Seben (11,35)". 2tud)<br />

ift bemerfen^mert, ha}i ber 3Serfaffer „bie ©eifter ber üoüenbeten<br />

@ered)ten je^t fd)on an ber ©tabt be§ lebenbigen (Sottet tei(=<br />

nef)men lä^t" (12,23). 3)ie 3lpocalr)pfe bagegen bemegt fid)<br />

ganj in ben ©eleifen ber jübifd)en 2(uferfte()ung§bilber: ®a§ irbifd^c<br />

9^eid) be§ 9Jieffia§ rairb burd) eine erfte 3fuferfte^ung eingeleitet,<br />

burd) me(d)e bie 3)lärti)rer unb (^ered)ten bem irbifd)en Seben gu^<br />

rü(fgegeben rcerben (20,4— 6). 2lm @nbe be§ taufenbjäf)rigen<br />

9ieid)e§ erfotgt ber SOBeltuntergang, wo alte baf)ingerafft merben,<br />

bie Übertebenben fo gut, mie bie gum irbifd)en Seben aufermedten


e§ ^Ui'\ä)i^ biö auf -Eertullian. 291<br />

2;eilne()mer be§ ^Keid)e§. SDann gefd)iel)t bie allgemeine 3(ufei-=<br />

ftel)img. 5(üe Soten muffen üor ben ^Kid)terftul)t ©(irifti gefteüt<br />

werben (il 12, 13). (Sine 9luferftet)unc3 mit t)immlifc^er Seib^^<br />

lidjfeit erfat)ven jebod) nur bie, iiicld)e ^nv 3So((enbung eingef)en,<br />

bie anbeven treten oor ben ^)iid)terftnf)t (£f)rifti, um mit bem Xobe<br />

(3>. 14) bem ^meiten 2;obe überantwortet ^u werben (^. 15). 9tucf)<br />

nad) bem (S o a n g e I i u m ^ o t) a n n e § nimmt man burd) bie 2:oten=<br />

erwecEung an bem meffianifd)en |)eile S^eil (6,39, 40, 44, 54).<br />

2tber has^ gilt nur für bie ©laubigen, weld)e bereite im 'öeft^e beg<br />

ewigen Seben§ ftd) befinben. Unb wenn aud) bie Übeltl)äter auf=<br />

erwecft werben (5,29), fo ift bai§ eigentlid) feine 5(uferwe(fung, ba<br />

fie nur beut bleibenben 3:obe überantwortet werben (I. ^jol). 3,14).<br />

5U(^teibeftoweniger gab e§ fd)on am @nbe be§ apoftolifd)en 3eit=<br />

altera im ©djo^e ber d)riftlid)en ©emeinbe Seute, weld)e bie ^off=<br />

nung ber 3:otenauferftel)ung fpiritualiftifd) ju oerflüd)len Derfud)ten,<br />

fo ba^ fie nur auf bie geiftige 2tuferftel)ung au§ bem ^obe be§<br />

©ünbenuerberbenö unb ber Unwiffenl)eit belogen würbe. @egen<br />

fotd)e polemifieren bie '^]> aftoralbrief e (IL 3:im. 2,18). 2ßiv<br />

werben biefen ©piritualiften ober ©noftifern nod) öfter§ begegnen.<br />

^ie§ bie t)auptfäd)lid)ften neuteftamentlid)en ®aten §u unferem<br />

©egenftanbe. 33ei if)rer ^Beurteilung überfief)t man ^u oft brei<br />

wefenttid)e '^punfte: 1. bie ganj einzigartige Situation, in weld)er<br />

fid) jene @d)riftfteller befunben batten: 2Bie ^efu§ aufg Be-<br />

ftimmtefte, fo erwarteten aud) bie 3(pofteI unb 2lpoftelfd)üter feine<br />

^arufie für bie lebenbe (Generation. S)ie 3tuferftebung war alfo<br />

fein ©reigniö, wäd]^^ einer fernen ,8itfinift oorbel)alten war.<br />

©ie trat gurüd t)inter ber !CorftelIung uon ber SSerwanblung,<br />

weld}e bie Sebenben §u erfahren f)aben. ©ie war — weit fie<br />

naf)e beoorftanb — l)auptfäd)Iid) bod) nur eine SBieberbelebung<br />

üon Seibern, bie nod) nid)t lange geftorben unb fomit nid)t ber<br />

gän5lid)en ^tuflofung uerfallen waren. 2. Tlan unterfd)ä^t üiel=<br />

fad) bie ftarfe Stnfnüpfung, weld)e biefe§ (Slauben^ftüd ber (£f)riften<br />

an bem neujübifd)en 2tuferftel)ung§glauben l)atte. ®ie 2tbf)ängig=<br />

feit war fo gro^, ba^ e§ fid) babei um feine ^leuerung {)anbeltc,<br />

fonbern nur um bie einfad)e ^erübernaf)me einer ber neujübif(^en<br />

Seit fef)r geläufigen !i>orftelIung, bie el)er einäufd)ränfen at§ weiter ==


292 ^aÜer, 3)ie Sef)re non bcr 2tufevfte{)uiuj beö ^Icifc^cö biö auf 3:evtuüian.<br />

gubifben mar. 3. Man bebeuft gu menicj, ba^ tro^ prinzipieller<br />

^ituualinie ber aügemeineu 3tuferftef)uug bod) nur bie ber ®l)ri[ten<br />

bie 3}orfte(Iung bef)evvfd)te. ®q§ war eber eine @rleid)terung.<br />

?[Ran f)citte bod) bafür eine 2lrt ©rflärung in bem Ibnftanb, hafj<br />

burd) ha§ -vsOij^a a(§ burd) eine f)i)perpl}i)fild}e ^raft bie Seiber<br />

ber ^''t'itigGn Ieben5= unb auferfte()ung5fäl)ig gentadjt werben. —<br />

Sßer biefe 'ipunt'te bead)tet, ber luirb bie neute[tamentüd)e 3(uf=<br />

erftebuugeilebre unbefangener beurteilen unb fic nid)t fo Ieicf)t mit<br />

ber fird)lid}en Set)re ibentifijieren. (£r uiivb aber aud) beu<br />

bered)tigteu ©ebanfen luürbigen, ber in it)r juni rcaliftifd)=<br />

anjd)aulid)en 3tu5brud fornnit: uentlid) ba!§ i>erlangen nad)<br />

(£rl)altung ber ganjen menid)üd)en ^nbiuibualität, u)e(d)e at$<br />

ein ungeteiltem ©auje au§ «Seele unb Seib befielet.


5Bb. VI. Ifjcüloöifc^c erjn^Iunßcn uiib 9tojcnuoi1ciuuöcn.<br />

ga-. 8. 553 ®. gel). 2)i. 10.—, fein aef). 93t. 11.50.<br />

Inljalt bts f ttnbcs<br />

Seö alten 'i^farrcrö 3:cftamcnt. ®ie 5prüfeü)tcn. Sag geift =<br />

lid)c Scf)anipiel. aiofcnoorlcfungen: ©in falfc^cr 9JteJl"iaö. ©rcgDr VII.<br />

^;!(cnca'j SiUiiuö ^^iccoloinini. 'ipant()eon unb ^ctevöfirrf)e. Ser ßanslcr Äreü.<br />

2;ic franjöiiicfie 9tcüoIntion unb bic Äivdfie.<br />

Sini Scriüge non Üßicattubt «ic ©vieOcii in JBcrün i[t focbcn cricf)ienen<br />

uub huxä) oüe S3ucf){)anb(ungcn ju tc^ieficn:<br />

I<br />

: :<br />

1 9Jl. 25 m.<br />

E. Morgenstern Terlagsbnclihandlung in Breslau. |<br />

b ^n meinem JBcrIagc ift iocben evjcfiicncn<br />

I e r f I ä r t I<br />

I<br />

Dr. (ü. X. laiin, I<br />

S| an ber iiöniglic{)tii Uiüocrptät S3i«5[au. [ä<br />

Ihi IHJ<br />

frjlc fiefcrung. ra<br />

^<br />

16\2 SBg. 9V. 8». ©c^eftet ^«reie i ML<br />

I<br />

[|{<br />

;er 8(f)Iu6 bcö erften JBanbeä evid}eint im ßaufe bcs ©ommerö, }ß<br />

93anb II im näd)ftcn Sa^A'C- sl<br />

I 5« bcjifljju imrilj jciif ^udjljauiiluug. 1<br />

B iJ[7ilT]Dif3'Jir^GirOtnpJl'TrJtnr»iffiOüini[q?ilinrtiInf0tnriiGir3ImJGirJtnrii<br />

^


xym. |i»t^r0iitt0*<br />

Herausgeber: ^uiiui^ ^^^tnbsv^*<br />

XTin. iiiijrettttöi.<br />

2}er(eGer: i^tbvnh^v "^ntUi in l^tvHn.<br />

2)ie „^cutf^c 9iunbfd^au" fte^t jc^t in if)rcm arfitjel^nten<br />

;3af)rgan(]e, iinb e§ ift tt)o{)( ütierftüifig, nLidjmatS boS ^>ro=<br />

gramm biefer angejeftenften itnb tierbreitctften ü^etiue barsnlegen.<br />

^n gteii^mäBiger S9erü(ificf)tigung ber fd^öncn Siterotur nnb<br />

ber SBiffcnfc^Qft ift bie „2)cut)d^c 9iunbfrfjau" beftrcbt, ba^y<br />

Organ gu fein, luet(i>eg bem I)o()en 93ilbung§ftanbc ber (55egcn=<br />

loart nad^ Reiben ©citen ()in cntfpric^t. lieber ben 6ontrD=<br />

öerfen, \\>dä)t htn %üc^ betüegen, unb ben ^^arteien iyält fie feft<br />

au S)em, uia§ unfer 2111er uut)crnu^crlicf)e§ unb gemeinfameS<br />

©igeutl^um ift: an htm nationalen Oocbanfen, ber firf) int beutf(|en<br />

9f{eid) t)ertüirfli(^t l^at, unb an ben <strong>Ueber</strong>tieferungen unfcrer<br />

ßtaffüer. 5luf biefem 93oben fuc^t bie „2)CHt|rfjC 9lunb)djau"<br />

3u förbcrn, tt)a§ immer unferem nationalen unb 6eiftc§reben<br />

neue Gräfte 5ufii()rt, unb feinem O^ortfd^ritt in ben '^^ragen ber<br />

fininauitären unb fociaIpotitifd)en $ßen)egniu3, ber ©rsielinng,<br />

ber 2Biffenfd)aft, ber ^unft, ber Literatur öerfdiüe^t fie fid^.<br />

2)te „2)eut)d^c 9{imt>fdjau" erfdieiut in giuei 2lu§gaben:<br />

a) 3!Jionat§au§gabe in heften tion minbeftenS 10 S3ogcn,<br />

^rei§ pro Duartot (3 ^efte) G gRar!.<br />

h) ^albmonatS^efte öon minbeften§ 5 Söogen Umfang.<br />

^rei§ pro §eft 1 9Jlorf.<br />

51boniicmcnt§ ne'^men aße 33ud)^anblungen unb 5ßoftanfta(ten<br />

entgegen.<br />

^robcfjfftc fenbet auf ©erlangen jur 3tnftd)t jebe 33nc^=<br />

^anblung, folüie bie 23erlag§l^anb(nng öon<br />

aSfbritkr ^mitl in ^txiin W., güljimtftr. 7.<br />

xyni. ^a\fv^m$.<br />

Umschlag-Uruck von (;. A. Wugner in Freiburg i. 14.<br />

XTIII. |ifil)r$rtn9.


\<br />

'<br />

University of Toronto<br />

Library<br />

DO NOT /<br />

REMOVE /<br />

THE 1<br />

CARD<br />

FROM \^<br />

THIS \<br />

POCKET \<br />

^

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