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Was ist ein Satz?<br />

<strong>Syntax</strong><br />

• Eine hinsichtlich Inhalt, grammatischer Struktur<br />

und Intonation relativ vollständige und unabhängige<br />

Redeeinheit, die nach sprach-spezifischen<br />

Regeln aus kleineren Einheiten konstruiert<br />

wird. (Lexikon der Sprachwissenschaft)<br />

• Eine wesentliche pragmatische Funktion von<br />

Sätzen: Ausführung von Sprechakten<br />

Aussagen, Fragen, Befehle/Aufforderungen,<br />

Bitten, Versprechen, ...<br />

Was wissen wir bereits über den Aufbau von Sätzen?<br />

• Sätze enthalten Wörter, die einer Wortart/Kategorie<br />

zugeordnet werden können:<br />

(1) a. Ein D alter A Mann N geht V über P die D Kreuzung N<br />

• Sätze haben eine Struktur, und offensichlich sind auch<br />

ihre unmittelbaren Teile (Konstituenten) strukturiert<br />

(2) [ [Ein D [alter A [Mann N ]]] [ geht V [ über P [die D<br />

[Kreuzung N ]]] ]]]<br />

• In einem Satz haben bestimmte sprachliche Einheiten<br />

grammatische Funktionen (bzw. Relationen):<br />

Subjekt Prädikat Objekt<br />

(3) Die Katzen lieben die Hunde.<br />

• In einem Satz gibt es bestimmte thematische<br />

Relationen/Strukturen:<br />

(4) Die Katzen nom.,Agens lieben die Hunde akk.,Patiens


Modularitätsüberlegungen<br />

• Was ist an dem folgenden Beispiel auffällig?<br />

Colourless green ideas sleep furiously.<br />

• Distributions- und Flektionseigenschaften im Satz:<br />

Der lekitra theg dem vitnatsbus tsiem suarov<br />

Nomen via Stellung des Artikels<br />

emuäb hülbten trod das eznag rhaj<br />

finites Verb via Stellung und -ten-Flexion<br />

die uarf röhte das thcin<br />

wegen der Stellung schwer bestimmbar<br />

Nominalphrase Nominalphrase<br />

Subjekt Prädikat Objekt<br />

Der D Hund N biss V die D Postbotin N.<br />

Agens<br />

Thema<br />

Verbalphrase


Satzarten und Verbstellungstypen<br />

Satzarten (semantisch-pragmatische Kriterien):<br />

• Mit Deklarativsätzen macht man üblicherweise<br />

Aussagen/Behauptungen:<br />

(5) Das Wasser ist heute warm.<br />

• Mit Interrogativsätzen stellt man üblicherweise Fragen:<br />

(6) a. Ist das Wasser heute warm?<br />

b. Wann ist das Wasser warm?<br />

• Mit Imperativsätzen fordert man Adressaten zu etwas<br />

auf:<br />

(7) Dreh mal das Wasser wärmer!<br />

Weitere Arten sind Exklamativsätze und Optativsätze:<br />

(8) a. Wie warm das Wasser heute ist!<br />

b. Wenn das Wasser nur schon wärmer wäre.<br />

Verbstellungstypen (‘Satztypen’) richten sich nach dem<br />

formalen Kriterium der Verb-Stellung im Satz:<br />

V1: Das finite Verb steht in Erstposition<br />

Ist das Wasser heute warm?<br />

Dreh mal das Wasser wärmer!<br />

V2: Das finite Verb steht in Zweitposition<br />

Das Wasser ist heute warm.<br />

Wann ist das Wasser warm?<br />

VE: Das Verb steht in End- bzw. Letztposition<br />

Wie warm das Wasser heute ist!<br />

Wenn das Wasser nur schon wärmer wäre.<br />

• Besteht eine Form-Funktions-Beziehung zwischen<br />

Satzart und Satztyp? – Mal sehen.


Eingebettete Sätze<br />

Ein selbständiger Satz (Hauptsatz) ist ein Satz, der nicht in<br />

einem Satz oder einer anderen Konstituente enthalten ist<br />

Ein eingebetteter Satz (Nebensatz) ist ein Satz, der in einem<br />

Satz oder einer anderen Konstituente enthalten ist<br />

• Eingebettete Sätze können V1-/V2-/VE-Sätze sein:<br />

(9) a. Hat er ein Auto, fährt er auch damit.<br />

b. Paul glaubt, Ingo hätte ihn im Stich gelassen.<br />

c. Ein Hund, der bellt, beißt nicht.<br />

• Einbettung kann rekursiv sein (den jeweils übergeordneten<br />

Satz nennt man dann Matrixsatz)<br />

(10) Er hat gesagt, dass er kommt, obwohl er glaubt, dass er<br />

krank ist, nachdem sie ihn gefragt hat, wer ...<br />

Deklarativsätze<br />

Form und Funktion<br />

(11)a. Hugo hat den Hund gebissen.<br />

b. Er sagt, dass Hugo den Hund gebissen hat.<br />

c. Kam einmal ein Mann zur Tür herein und<br />

sagte, ...<br />

Interrogativsätze<br />

(12)a. Hat Hugo den Hund gebissen?<br />

b. Er fragt, ob Hugo den Hund gebissen hat.<br />

c. *Hugo hat den Hund gebissen?<br />

(13)a. Wer hat den Hund gebissen?<br />

b. Er fragt, wer den Hund gebissen hat.<br />

c. Hat wer den Hund gebissen?


Exklamativsätze<br />

Form und Funktion<br />

(14)a. Was für ein Glück hat der doch wieder!<br />

b. Was für ein Glück der doch wieder hat!<br />

c. Hat der wieder Glück!<br />

• Besteht zwischen Satzarten und Satztypen ein<br />

Form-Funktionszusammenhang? – Eher nicht.<br />

V2<br />

V1<br />

VE<br />

Deklarativ<br />

+<br />

+<br />

+<br />

W-Interrogativ<br />

+<br />

–<br />

+<br />

E-Interrogativ<br />

–<br />

+<br />

+<br />

Exklamativ<br />

Nochmal – Regeln zum Satzbau im Deutschen<br />

R1: Das finite Verb steht in Deklarativsätzen an<br />

zweiter Stelle im Satz.<br />

R2: In Imperativsätzen und Entscheidungsfragen<br />

steht das finite Verb an erster Stelle.<br />

R3: Nicht-finite Verben stehen in geordneter<br />

Reihenfolge immer am Ende des Satzes<br />

R4: In eingebetteten Sätzen stehen alle verbalen<br />

Elemente in geordneter Reihenfolge am<br />

Satzende.<br />

• In diesen Regeln werden offensichtlich Satzartund<br />

Satztyp-Kriterien vermischt.<br />

+<br />

+<br />

+


Wie wird lexikalisches Material im Satz verteilt?<br />

In V1/V2-Sätzen:<br />

Lexikalisches Material: Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

a. Leiht Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

b. Egon leiht Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

c. Ein Buch leiht Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

d. Morgen leiht Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

e. Wer leiht wer morgen ein Buch ausleiht<br />

f. Wann leiht Egon wann ein Buch ausleiht<br />

g. Was leiht Egon morgen was ausleiht<br />

Wie wird lexikalisches Material im Satz verteilt?<br />

In VE-Sätzen:<br />

a. dass Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

b. weil Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

c. anstatt dass Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

d. ob Egon morgen ein Buch ausleiht<br />

e. wann Egon wann ein Buch ausleiht<br />

f. was Egon morgen was ausleiht<br />

g. wann wer wann was ausleiht<br />

h. wer wer morgen ein Buch ausleiht


Linke<br />

Klammer<br />

Egon<br />

Verbklammer<br />

will morgen ein Buch<br />

ausleihen<br />

..., dass<br />

Linke<br />

Klammer<br />

Rechte<br />

Klammer<br />

Egon morgen ein Buch ausleihen will<br />

Die Klammern sind umgeben von Feldern<br />

Vorfeld vor der Linken Klammer<br />

Mittelfeld<br />

Nachfeld<br />

Rechte<br />

Klammer<br />

zwischen Linker und Rechter<br />

Klammer<br />

nach der Rechten Klammer


VF<br />

Egon<br />

LK<br />

will<br />

dass<br />

Topologische Felder<br />

(Stellungsfeldermodell)<br />

MF<br />

ein Buch<br />

Egon ein Buch<br />

RK<br />

ausleihen<br />

ausleihen will<br />

Besetzung der Klammerpositionen<br />

NF<br />

wenn er<br />

kommt<br />

Die linke Klammer ist in finiten Sätzen immer besetzt<br />

• in V1/V2-Sätzen: V fin (das finite Verb)<br />

(15) Kommt er?/Er kommt<br />

_______<br />

• in VE-Sätzen: Subjunktion oder leer (w-Interrog.-/Relativ.s)<br />

(16) dass/weil/ob/... er kommt<br />

Die rechte Klammer enthält<br />

• in V1/V2-Sätzen: infinite Verb(en), Verbpartikel,<br />

oder sie ist leer (s.o)<br />

(17) Er wollte morgen kommen./Er hebt schnell ab.<br />

• in VE-Sätzen: V fin (+infinite Verben)<br />

(18) dass er kommt/kommen wollte


Das Vorfeld VF enhält bei<br />

V1: nichts<br />

Besetzung der Felder<br />

V2: eine (beliebig komplexe) Konstituente<br />

VE: wh- und Relativ-Elemente, wenn vorhanden<br />

Das Mittelfeld MF<br />

in allen Typen beliebig viele Konstituenten<br />

Das Nachfeld (NF)<br />

enthält sententiale Argumentsätze, Adverbial-, Relativsätze,<br />

eingeschränkt auch Präpositional-phrasen.<br />

Einige Beispiele<br />

VF LK MF RK<br />

Ein Mann mit Hut hat ihm gestern ein Buch verkauft<br />

Jemand kam um die Ecke<br />

Welche Leute waren gestern morgen da<br />

welche Leute gestern morgen da waren<br />

obwohl keiner gekommen ist<br />

VF LK MF RK NF<br />

Er hat gesagt dass er da war.<br />

Dass er da war hat er gesagt<br />

dass er sich aufregt über die Klausur


OV, V2 und die Verbklammer<br />

Das Deutsche ist eine OV-Sprache mit V2-Eigenschaft, im<br />

Gegensatz zum Englischen:<br />

(19) a. etwas kaufen vs. to buy something<br />

b. Was kauft er? vs. *What buys he?<br />

Das Englische kann keine Verbklammer haben. Sind topologische<br />

Felder damit nutzlos? – Nicht ganz. Niederländisch ist z.B. eine<br />

OV-Sprache mit V2 und außer dem Englischen scheinen alle<br />

germanischen Sprachen V2 zu haben, wenn auch nicht OV.<br />

Ein Beispiel: Dänisch ist VO und V2<br />

(20) a. Maria vil gjarna í biograf<br />

Maria will gerne ins Kino<br />

b. í biograf vil Maria giarna<br />

ins Kino will Maria gerne<br />

c. at Maria gjarna vil í biograf<br />

daß Maria gerne will ins Kino<br />

Konstituenten<br />

(und wie man sie testen kann)<br />

Was sind Konstituenten?<br />

• Eine Konstituente ist jede sprachliche Einheit,<br />

die Teil einer größeren sprachlichen Einheit ist.<br />

(Lexikon der Sprachwissenschaft)<br />

Wie werden Konstituenten ermittelt?<br />

• Zerlegung eines Satzes (oder einer kleineren<br />

oder größeren syntaktischen Einheit) in ihre (un-<br />

mittelbaren) Bestandteile.<br />

• Eigenschaften der Bestandteile (Konstituententests)


Wie testet man Konstituenten?<br />

Ersetzungstest (Substitutionstest):<br />

• Wenn eine Wortfolge sich durch eine andere oder<br />

durch ein Wort ersetzen lässt (und sich dadurch am Satz<br />

nichts ändert), kann sie eine Konstituente sein.<br />

(21) [Die langen Winterabende]<br />

[Die Winterabende]<br />

[Winterabende] verwirren mich.<br />

[Goethe und Kohl]<br />

[Alle]<br />

Eine Variante: Pronominalisierungstest<br />

Dieser Test setzt voraus, dass es ein entsprechendes<br />

Pronomen gibt.<br />

(22) [Ede und Caroline] wohnen [in der Mainaustrasse].<br />

a. Sie haben zwei Kinder.<br />

b. Dort wohnen vor allem reiche Leute.<br />

(23) a. Tom will [einen Pudding essen].<br />

b. Das will ich auch.<br />

(24) a. Gestern hat er [in der Mensa] gegessen.<br />

b. Gestern hat er hier/dort/wo gegessen.<br />

Hier/dort/wo sind allerdings Adverbien, keine Pronomen.


Umstellungstest (Permutationstest)<br />

• Was sich verschieben bzw. umstellen lässt,<br />

kann eine Konstituente sein.<br />

(25)[Fritz] hat [[gestern] [[einen Hund] [gebissen]]].<br />

a. Gestern hat Fritz einen Hund gebissen.<br />

b. Einen Hund hat Fritz gestern gebissen.<br />

c. Gebissen hat Fritz gestern einen Hund.<br />

d.Einen Hund gebissen hat Fritz gestern.<br />

e. Gestern einen Hund gebissen hat Fritz.<br />

f. *Gestern gebissen hat Fritz einen Hund.<br />

Fragetest:<br />

• Wonach sich fragen läßt, kann eine Konstituente<br />

sein.<br />

(26) [Seine Mutter] kommt [heute] zu Besuch.<br />

a. Wer kommt heute zu Besuch?<br />

b. Wann kommt seine Mutter zu Besuch?<br />

(26)[Der Student] diniert [mittags] [in der Mensa].<br />

a. Wer diniert mittags in der Mensa?<br />

b.Wann diniert der Student in der Mensa?<br />

c. Wo diniert der Student mittags?<br />

d.Wer diniert wann wo?


Koordinationstest:<br />

• Wenn eine Wortfolge mit einer anderen Wortfolge<br />

koordiniert werden kann, kann sie eine Konstituente<br />

sein.<br />

(27) a. Kohl und der lange Winter deprimieren mich.<br />

b. Er hat den Hund und die alte Katze gesucht.<br />

Ein Problem:<br />

(28) Ede träumte, dass ihm der Hund zu- und die Frau<br />

weggelaufen ist.<br />

(29) Ede träumte, dass ihm der Hund zu-(gelaufen ist) und<br />

die Frau weggelaufen ist.<br />

• Was man sich merken muss: Konstituententests sind<br />

nicht immer eindeutig.

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