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Nachgeliefert Aufgepasst! Morphologie Beispielanalyse: Japanisch

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<strong>Morphologie</strong><br />

<strong>Beispielanalyse</strong>: <strong>Japanisch</strong><br />

Präsens, informell Präsens, höflich<br />

taberu ‘isst’ tabemasu ‘isst’<br />

miru ‘sieht’ mimasu ‘sieht’<br />

kiru ‘trägt’ kimasu ‘trägt’<br />

yomu ‘liest’ yomimasu ‘liest’<br />

Flexion:<br />

Präsens informell: -u<br />

Präsens höflich: -masu -imasu<br />

bei “vokalfinalen” Stämmen<br />

wird -r eingeschoben<br />

bei “konsonantfinalen” Stämmen<br />

wird -i eingeschoben<br />

Was ist Flexion?<br />

Der Werwolf, von Christian Morgenstern<br />

Ein Werwolf eines Nachts entwich<br />

von Weib und Kind und sich begab<br />

an eines Dorfschullehrers Grab<br />

und bat ihn: “Bitte beuge mich!”<br />

Der Dorfschulmeister stieg hinauf<br />

Nominativ ...<br />

“Der Werwolf” — sprach der gute Mann<br />

des Werwolfs, Genitiv sodann<br />

dem Werwolf, Dativ, wie man’s nennt<br />

den Werwolf — damit hat’s ein End”<br />

Akkusativ<br />

<strong>Morphologie</strong><br />

<strong>Beispielanalyse</strong>: <strong>Japanisch</strong><br />

Präsens, informell Präsens, höflich<br />

taberu ‘isst’ tabemasu ‘isst’<br />

kiru ‘trägt’ kimasu ‘trägt’<br />

yomu ‘liest’ yomimasu ‘liest’<br />

Präsens informell: -u<br />

Warum das Ganze??<br />

Das <strong>Japanisch</strong>e verlangt CV Silben<br />

Präsens höflich: -masu<br />

bei “vokalfinalen” Stämmen<br />

wird -r eingeschoben<br />

Flexion<br />

Flexion, die wir bisher schon gesehen haben:<br />

Nomen: Kasus, Numerus, Genus<br />

bei “konsonantfinalen” Stämmen<br />

wird -i eingeschoben<br />

Verben: Numerus, Person, Genus, Höflichkeit<br />

Adjektive: Kasus, Numerus, Genus<br />

Was hat das mit Beugen zu tun????<br />

Flexion kommt von Lat. flectere ‘zu beugen’<br />

Idee der alten Griechen/Römer:<br />

! Ein Wort hat eine Nennform und weitere Formen, die<br />

! sich von der Nennform wegbeugen.


Flexionsparadigmen<br />

Wortformen werden in Paradigmen geordnet.<br />

1. Person Sg<br />

2. Person Sg<br />

3. Person Sg<br />

1. Person Pl<br />

2. Person Pl<br />

3. Person Pl<br />

Präsens Präteritum<br />

sag-e<br />

sag-st<br />

sag-t<br />

sag-en<br />

sag-t<br />

sag-en<br />

sag-t-e<br />

sag-t-est<br />

sag-t-e<br />

sag-t-en<br />

sag-t-et<br />

sag-t-en<br />

Perfekt<br />

Das Flexionsparadigma eines Wortes ist die<br />

Menge an Formen, die es annehmen kann.<br />

Nachspiel<br />

Der Werwolf, von Christian Morgenstern<br />

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle, =Kasus<br />

er rollte seine Augenbälle.<br />

Indessen, bat er, füge doch<br />

zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!<br />

Der Dorfschulmeister aber mußte<br />

gestehn, daß er von ihr nichts wußte<br />

Zwar Wölfe gäb’s in großer Schar,<br />

doch “Wer” gäb’s nur im Singular. =Numerus<br />

Der Wolf erhob sich tränenblind —<br />

er hatte ja doch Weib und Kind!!<br />

Doch da er kein Gelehrter eben,<br />

so schied er dankend und ergeben.<br />

...<br />

...<br />

Flexionsparadigmen<br />

Das Flexionsparadigma eines Wortes ist die<br />

Menge an Formen, die es annehmen kann.<br />

Wortformen unterscheiden sich in ihren<br />

Flexionsmerkmalen.<br />

Diese kann man zu Merkmalsklassen<br />

zusammenfassen. Z.B.:<br />

Merkmalsklasse! Merkmale<br />

Numerus! ! Singular, Plural Dual<br />

Kasus!! Ergativ ! Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ<br />

Genus Feminin, Maskulin, Neutrum Gemüse<br />

Unterschiedliche Stammformen<br />

Manchmal hat ein Wort (eine Wurzel) mehr als<br />

eine Stammform: geh- vs. ging<br />

1. Person Sg<br />

2. Person Sg<br />

3. Person Sg<br />

1. Person Pl<br />

2. Person Pl<br />

3. Person Pl<br />

Präsens Präteritum<br />

geh-e<br />

geh-st<br />

geh-t<br />

geh-en<br />

geh-t<br />

geh-en<br />

ging<br />

ging-st<br />

ging<br />

ging-en<br />

ging-t-<br />

ging-en


Suppletion<br />

Manchmal gibt es auch völlig anders aussehende<br />

Formen:<br />

Englisch go, Prät. ist nicht *goed sondern went<br />

Urdu hona ‘sein’: Präs.:! hai ‘er/sie ist’<br />

! ! ! Prät.:! t ha/t hi ‘er/sie war’<br />

• went kommt ursprünglich von wend (wend<br />

one’s way), Dt. winden<br />

• t ha/t hi kommt ursprünglich von stha ‘stehen’<br />

!<br />

Flexion<br />

Bei Nomen (und Adjektiven) redet man von<br />

Deklination<br />

Bei Verben redet man von Konjugation<br />

Nicht alle Wortarten können flektiert werden.<br />

Suppletion<br />

Suppletion: von Lat. supplere ‘komplett machen’<br />

Suppletion greift dann, wenn eine Wortform (aus<br />

unterschiedlichen Gründen) aus dem Paradigma<br />

herausfällt und eine andere Form “einspringen”<br />

muss.<br />

Flexion<br />

deklinierbar konjugierbar<br />

Pronomen Artikel Adjektiv Nomen<br />

Wörter<br />

flektierbar nicht-flektierbar<br />

Verb Adverb Präp. Konj.<br />

Partikel


Derivation<br />

Bis jetzt: <strong>Morphologie</strong>, die Wortart nicht verändert.<br />

! Hund [N(omen)] >! Hunde [N]!<br />

Derivation kann die zugrundeliegende Wortart<br />

verändern.<br />

-ung: V(erb) > N ! Einführ-ung (einführ-en)<br />

-ig: N > A(djektiv) ! lust-ig (Lust)<br />

-bar: V > A ! ! brauch-bar (brauch-en)<br />

Im Kontrast: Flexion verändert die zugrundeliegende<br />

Wortart (eigentlich) nicht.<br />

Derivation<br />

Derivation muß nicht immer Wortart verändernd<br />

sein:<br />

-lich: A > A ! grün-lich<br />

-chen: N> N ! Teller-chen<br />

Derivation<br />

Derivation muß aber nicht immer Wortart<br />

verändernd sein:<br />

er-: V > V ! er-klettern<br />

be-: V > V ! be-kennen<br />

Das ist keine Flexion, weil Präfixe wie er- und be-<br />

kein regelmäßiges Paradigma ergeben — mit manchen<br />

Verben geht es, mit anderen nicht und der semantische<br />

Effekt ist nicht unbedingt vorhersagbar.<br />

er-: V > V ! er-finden<br />

be-: V > V ! be-halten<br />

Konversion<br />

Derivation durch “unsichtbare” <strong>Morphologie</strong> (zero<br />

derivation, Konversion, Nullableitung):<br />

schlaf- [V] > Schlaf [N] (Bau, Knall, Schluck)<br />

Sorge [N] > sorg- [V]! (eil, staub, druck, trauer)<br />

faul [A] > faul- [V] (süß, quer, nah, grün, weit)<br />

Englisch: walk [V] > walk [N]<br />

`torment [N] >! tor`ment [V]<br />

Wie weiss man, was zugrundeliegt?<br />

Oft schwierig zu beantworten, sprachgeschichtliche<br />

Daten müssen studiert werden.


Konversion<br />

In manchen Fällen findet man stamminterne<br />

Veränderungen (Ablaut):<br />

werf- [V] > Wurf [N]<br />

kling- [V] > Klang [N]!<br />

reiss- [V] > Riss [N]<br />

Segmentierung (<strong>Beispielanalyse</strong>)<br />

Fugenmorphem:<br />

verbindet zwei Stämme.<br />

Man braucht es nicht<br />

immer.<br />

Entscheidungsfreudigkeit!<br />

ent- Präfix, Bedeutung ? (eigentlich “aus”)<br />

scheid- V Freud- N<br />

-ung Suffix, Nominalisierer (V > N)<br />

-ig Suffix, Bedeutung “wie” (N > A)<br />

-keit Suffix, Nominalisierer (A > N)<br />

?<br />

Warum gibt es das?<br />

Nicht klar.<br />

Woher kommt das?<br />

Man streitet sich noch.<br />

Bedeutung (Semantik)<br />

Derivationsmorphologie zieht immer eine<br />

Bedeutungsveränderung mit sich (auch wenn sie<br />

manchmal doch recht abstrakt erscheint).<br />

Verb<br />

send- [V] > Send-er [N] -er: “jemand, der/die V tut<br />

Lust- [N] > lust-ig [A] -ig: “wie etwas sein”<br />

leit- [V] > Leit-ung [N] -ung: “Ding, das V tut”<br />

Segmentierung (<strong>Beispielanalyse</strong>)<br />

Ent-scheid-ung-s-freud-ig-keit!<br />

ent- Präfix, Bedeutung ? (eigentlich “aus”)<br />

scheid- V Freud- N<br />

-ung Suffix, Nominalisierer (V > N)<br />

-ig Suffix, Bedeutung “wie” (N > A)<br />

-keit Suffix, Nominalisierer (A > N)


Produktivität<br />

Manche derivationellen Affixe sind produktiver als<br />

andere, d.h. sie “können” mit fast jedem Stamm.<br />

-bar [V > A]: essbar, lösbar, vermutbar, vorhersehbar<br />

Produktivität bedeutet, dass man auch neue Worte mit<br />

dem Morphem bilden kann:<br />

einlogbar, bestuhlbar, kletterbar<br />

Mit unproduktiven Morphemen geht das nicht:<br />

-tum: Eigentum, Brauchtum, Wachstum, Altertum, Reichtum<br />

*Schrumpftum, *Armtum, *Jungtum<br />

Komposition<br />

Die produktivste Art (vor allem im Deutschen)<br />

neue Worte zu bilden ist die Komposition:<br />

Kombination von Stämmen zu neuen Stämmen.<br />

Schreib-tisch, Geld-segen, Bus-bahn-hof-halte-stelle<br />

Im Deutschen werden Komposita immer zusammen<br />

geschrieben, im Englischen mal so und mal so:<br />

rain-bow, lamb chops, truck-load, oil filter<br />

girlfriend vs. girl friend<br />

Produktivität<br />

Im Englischen: -able hochgradig produktiv, -ess nicht.<br />

-able [V > A]: drinkable, suitable, believable, acceptable<br />

Produktiv gebildete Worte:<br />

changeable, talkable, untalkaboutable, unkeepoffable<br />

Kontrast mit einem unproduktiven Morphem:<br />

-ess (feminisiert): tiger/tigress, lion/lioness,<br />

! ! ! steward/stewardess<br />

*catess, *secretaryess, *ministeress<br />

Komposition<br />

Es können alle möglichen Stämme kombiniert<br />

werden (nicht nur Nomen+Nomen).<br />

A+ bunt-kariert<br />

A N V<br />

bitter-sweet<br />

N+ land-es-weit<br />

head-strong<br />

V+ schreib-fähig<br />

carry-all<br />

Bunt-specht<br />

blackboard<br />

Bahn-hof<br />

rain-bow<br />

Hebe-technik<br />

pick-pocket<br />

fest-machen<br />

high-flying<br />

not-landen<br />

spoon-feed<br />

Mäh-dreschen<br />

sleep-walk


Komposition<br />

Weitere Beispiele (in der Einführung erarbeitet)<br />

A+ klein-kariert<br />

klein-laut<br />

kunter-bunt<br />

N+ raben-schwarz<br />

rauch-frei<br />

V+ kauf-sücht-ig<br />

lern-faul<br />

A N V<br />

Schwer-transporter<br />

high-five<br />

Fried-hof<br />

book-shop<br />

tell-tale<br />

Schreib-tisch<br />

hoch-stapeln<br />

Achsel-zucken<br />

kennen-lernen<br />

Komposition<br />

Bei der Komposition von Stämmen werden oft<br />

Fugenelemente (im Deutschen) benutzt: -e-, -n-, -en-,<br />

-ens-, -s-, -es-<br />

Handel-s-schule, Weg-e-zoll, Bild-er-rahmen, Freund-eskreis,<br />

Lieb-es-brief, Frau-en-kopf, Herz-ens-güte<br />

Warum kann man -er, -es, und -en nicht einfach als<br />

Plural oder Genitiv analysieren?<br />

1) Weil Flexion in Komposita normalerweise nicht auftritt.<br />

2) Weil das semantisch keinen Sinn ergibt:<br />

Hühn-er-keule (eine Keule von mehreren Hühnern?)

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