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Skript Unterrichtsplanung

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Teil 1<br />

Lehrplan interpretieren<br />

Lernvoraussetzungen abklären<br />

Didaktische Analyse<br />

Teil 2<br />

Lernziele festlegen<br />

(Taxonomie)<br />

Teil 3<br />

Lernschritte bestimmen<br />

4. Inhalte zusammenstellen<br />

5. Strukturen bilden<br />

6. Lernprozesse bestimmen<br />

Teil 4<br />

Methodik bestimmen<br />

1. Phasen des Unterrichts<br />

bestimmen<br />

2. Methoden bestimmen<br />

3. Sozialformen bestimmen<br />

Organisation DIK 2<br />

<strong>Unterrichtsplanung</strong><br />

Didaktikkurs 2<br />

M. Bürkli<br />

Wohin? Womit?<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

Was? Wie gut?<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

Was? Wie viel?<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

Wie?<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

………………………………………………<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 1


Einleitung<br />

Unterricht erteilen ist eine sehr komplexe und deshalb anspruchsvolle Tätigkeit. Das Ziel des DIK 2 ist<br />

es, über verschiedene Aspekte dieser Tätigkeit nachzudenken, Erfahrungen auszutauschen und neue<br />

Erkenntnisse, Motivation und Elan in den zukünftigen Berufsalltag mitzunehmen.<br />

Im ersten Kursteil geht es um die <strong>Unterrichtsplanung</strong>. Ausgehend von der Sachstruktur auf Seite 1 werden<br />

exemplarisch einige Aspekte herausgegriffen und vertieft.<br />

1. Die Lernvoraussetzungen abklären<br />

Jeder qualifizierte Unterricht hat sich an den Lernvoraussetzungen der Schüler zu orientieren.<br />

Gelingt es dem Lehrer, seinen Unterricht dem Lernvermögen der Schüler anzupassen, dann ist dies sicher<br />

optimal; doch kann ein solcher Anspruch zwar gestellt, praktisch aber selten eingelöst werden. Bei<br />

einer intensiven Lehrer-Schüler-Beziehung, wie sie manchmal bei einem Privatunterricht aufgebaut werden<br />

kann, ist es für den Lehrer möglich, die Lernvoraussetzungen des Schülers genau zu erfassen und<br />

den Lehr-Lern-Prozeß auf diese Voraussetzungen abzustimmen. Da Unterricht an Schulen meist in Lerngruppen<br />

erfolgen muss, sind auch höchstens Klassenlehrer in der Lage, die Lernvoraussetzungen ihrer<br />

Schüler einzuschätzen. Wenn aber Fachlehrer in elf verschiedenen Lerngruppen unterrichten müssen<br />

und es lange dauert, bis sie die Namen von z.B. 263 Schülern kennen, dann können sie über die Lernvoraussetzungen<br />

ihrer Schüler nur noch spekulieren.<br />

Bleiben die Lernvoraussetzungen aber völlig unberücksichtigt, sind alle Lehrbemühungen umsonst. Ein<br />

Unterricht, der "über die Köpfe der Schüler hinweggeht", ist für den Lehrer und für die Schüler gleichermaßen<br />

unbefriedigend. Der Lehrer hat das Gefühl, den Schülern nicht gerecht zu werden, und er verliert<br />

in der Lerngruppe an Autorität. Sobald die Schüler merken, dass sich der Lehrer nicht um ihre Lernvoraussetzungen<br />

kümmert, fühlen sie sich zu Recht als Person abgewertet. In solchen Fällen "schalten die<br />

Schüler ab", träumen vor sich hin, geben vielleicht noch vor, dem Unterricht zu folgen, indem sie freundlich<br />

interessierte Gesichter aufsetzen, in Wirklichkeit aber mit ihren Gedanken abschweifen. Oder sie<br />

beschäftigen sich mit ganz anderen Dingen, gehen unterrichtsfremden Aktivitäten nach, stören die für das<br />

Lehren und Lernen erforderliche soziale Ordnung, verhalten sich undiszipliniert oder werden aggressiv.<br />

Dadurch werden Schulunlust und Schulmüdigkeit erzeugt oder verstärkt.<br />

1.1. Das Voraussetzungsspektrum nach Becker (Auswahl)<br />

Die familialen Lernvoraussetzungen:<br />

Es geht hier nicht um die Befriedigung einer fragwürdigen Neugierde des Lehrers und nicht um den Vergleich<br />

unterschiedlicher Familienverhältnisse, sondern um das Bemühen, den Schüler in seiner Familie<br />

kennen zu lernen, die Verhältnisse zu akzeptieren und die Lernleistungen des Schülers besser einzuschätzen.<br />

Abklärungsmöglichkeit:...................................................................................................................................<br />

Die kulturellen Lernvoraussetzungen<br />

Planungsüberlegungen, die sich auf kulturelle Lernvoraussetzungen der Schüler beziehen, sind in Lerngruppen<br />

mit hohem Ausländeranteil besonders wichtig. Jugendliche aus Gastarbeiterfamilien haben mit<br />

zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Meist wurden sie in ihrem Heimatland unzulänglich oder gar<br />

nicht beschult. Auch lernten sie in ihrer Heimat ganz andere Lehr- und Erziehungsstile kennen und sehen<br />

sich nun den verschiedenen Ansprüchen der Eltern und Lehrer ausgesetzt.<br />

Abklärungsmöglichkeit:...................................................................................................................................<br />

Die sprachlichen Voraussetzungen<br />

Die sprachlichen Voraussetzungen müssen in jedem Fall in die Ueberlegungen zur <strong>Unterrichtsplanung</strong><br />

miteinbezogen werden. Für jeden Lehrer stellt sich deshalb die Frage nach dem vermutlichen Umfang<br />

des Zeichenvorrates der Schüler, den vorhandenen Begriffen, Sprachmustern und Sprachstrukturen,<br />

nach den möglichen Abstraktionsleistungen und der Bedeutung der Sprache im Bewusstsein der Schüler.<br />

Abklärungsmöglichkeit:...................................................................................................................................<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 2


Die gruppalen und sozialen Lernvoraussetzungen<br />

Die gruppalen Voraussetzungen werden durch die Art der sozialen Einstellung der Schüler zueinander<br />

und zum Lehrer, durch die Art des Miteinander-Umgehens sowie die gemeinsame Sozialerfahrung geprägt.<br />

Eine Schulklasse, die man etwas überspitzt auch als Zwangseinheit bezeichnen kann, unterliegt<br />

wie jede andere Gruppe einem gruppendynamischen Prozess. Für bestimmte Lehr-Lernaktivitäten sind<br />

deshalb spezifische gruppale Voraussetzungen erforderlich.<br />

Abklärungsmöglichkeit:...................................................................................................................................<br />

1.2. Die Didaktische Analyse (nach W. Klafki)<br />

Hilfestellungen zum Bereiche "Ausgangslage analysieren":<br />

1. Welche Inhalte müssen dem zu behandelnden Inhalt vorausgegangen sein?<br />

2. Wie lassen sich die erforderlichen Vorkenntnisse aktualisieren?<br />

3. Wie lässt sich die Lerngruppe für den Lerninhalt motivieren?<br />

4. Wie sind die Elemente der Inhaltsstruktur miteinander verknüpft?<br />

5. Zeichnet sich für die Inhaltsstruktur eine Schichtung ab?<br />

6. Was können zentrale Frage- und Problemstellungen für die Schüler sein?<br />

7. Welche Teillernziele lassen sich in Verbindung mit spezifischen Elementen anstreben?<br />

8. Wo bieten sich Pausen für die einzelnen Unterrichtsstunden an?<br />

9. Entspricht das in den Blick genommene Pensum vermutlich dem Lernvermögen<br />

der Lerngruppe?<br />

10. Welche Methode bietet sich für die Vermittlung dieses Lerninhalts an?<br />

11. Welche Elemente lassen sich teilweise oder ganz durch Medien einbringen, und<br />

wo muss der Lehrer aktiv werden?<br />

12. Welche Arbeitsmittel und Arbeitsmaterialien stehen zur Verfügung, um die Schüler<br />

zu aktivieren?<br />

13. Welche Elemente eignen sich für Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit, und welche<br />

Differenzierungsmöglichkeiten bieten sich an?<br />

14. Wie lassen sich zentrale Arbeitsaufträge verständlich formulieren?<br />

15. Bei welchen Frage- und Problemstellungen zeigen sich vermutlich Lernwiderstände?<br />

16. Wie müssen Lernhilfen aussehen, um Misserfolge zu vermeiden?<br />

17. Wie lassen sich bedeutsame Elemente des Inhaltes hervorheben?<br />

18. Wie können Lehr-Lern-Erfolge überprüft werden?<br />

19. Wie lassen sich die gewonnenen Einsichten, Erkenntnisse oder Erfahrungen in<br />

andere Bereiche übertragen?<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 3


2. Ziele festlegen<br />

2.1. Kopf / Herz / Hand<br />

Heinrich Pestalozzi hat schon einen Unterricht empfohlen, in dem Kopf, Herz und Hand geschult werden.<br />

Lehrpläne sollen deshalb verschiedene Lernziele enthalten, die alle Bereiche des Lernens abdecken:<br />

kognitive Lernziele<br />

Sie beziehen sich auf das Denken, Wissen und Problemlösen.<br />

Damit sind also intellektuelle Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten gemeint.<br />

Bsp: Die Funktionsweise eines Computers erklären.<br />

affektive Lernziele<br />

Dazu gehören Wertvorstellungen, Haltungen, Gefühle,<br />

Empfindungen und Interessen. Auch die Bereitschaft,<br />

eine Tätigkeit gut zu verrichten, zählt zum affektiven<br />

Bereich.<br />

Bsp: Bereit sein, sich in ein neues Computerprogramm<br />

einzuarbeiten.<br />

psychomotorische Lernziele<br />

Sie betreffen die Koordination manipulativer und motorischer<br />

Fertigkeiten oder die Ausführung einer einzelnen<br />

Fertigkeit. Es werden also manuelle Tätigkeiten<br />

angesprochen.<br />

Bsp: Ein komplexes Computerprogramm (CAD) manuell<br />

korrekt zu bedienen.<br />

Die drei Lernbereiche hängen eng miteinander zusammen. Interesse ist oft eine Bedingung für das<br />

Lernen von Sachzusammenhängen und für das Einüben manueller Tätigkeiten. Andererseits kann eine<br />

bestimmte manuelle Begabung das Interesse an damit zusammenhängenden Sachbereichen wecken.<br />

2.2. Taxonomie der Lernziele<br />

Nicht jedes Lernziel (Unterrichtsstoff, Unterrichtsgegenstand) ist gleich wichtig. Die Lehrkraft sollte sich<br />

deshalb bewusst sein, welche geistige Anforderung und Auseinandersetzung ein Lernziel von den Lernenden<br />

verlangt.<br />

Im Lehrplan wird dies durch das Verb eines Lernzieles angegeben und deckt den Bereich vom "Auswendiglernen"<br />

bis "urteilen können" ab.<br />

Allgemein unterscheidet man sechs Stufen der geistigen Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsgegenstand<br />

und wird in der Fachsprache Taxonomie genannt Wenn sich Lehrende klar darüber sind, was<br />

sie mit Ihrem Unterricht für Ziele anstreben, wissen sie, auf welcher Taxonomiestufe sie unterrichten und<br />

werden am Ende auch auf dieser Stufe prüfen!<br />

Lehrkräfte sind angehalten, auch Lernziele der Stufen K4 bis K6 in ihren Unterricht zu integrieren, um die<br />

Lernenden zu selbständigem Denken und Handeln zu führen.<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 4


2.3. Taxonomie der kognitiven Lernziele (nach Bloom)<br />

(K1) Auswendig<br />

können<br />

(K2) Verstehen<br />

(K3) Gelerntes auf<br />

neue Situationen<br />

übertragen / Transfer<br />

herstellen<br />

(K4) Komplexe Verhältnisseanalysieren<br />

(K5) Weiterdenken<br />

(K6) Ein Urteil fällen<br />

Fähigkeit, gespeichertes Wissen routinemässig<br />

wiederzugeben, ohne zu<br />

zeigen, dass dies auch weiter verarbeitet<br />

wurde. Begriffe, Definitionen, Faktenwissen.<br />

Sachverhalte nicht nur wiedergeben,<br />

sondern begreifen. Inhalte erfassen, in<br />

eigenen Worten darstellen, zusammenfassen,<br />

Wesentliches in mündlicher<br />

und schriftlicher Darstellung festhalten.<br />

Wissen, wo Einzelheiten nachzuschlagen<br />

sind.<br />

Die Anwendungssituation ist anders<br />

als die Lernsituation. Ein Teil vom Gelernten<br />

muss modifiziert werden, um<br />

ein Ergebnis zu erhalten.<br />

Sachverhalte in Teile gliedern, zerlegen<br />

oder anhand von Kriterien vergleichen,<br />

Kriterien ermitteln. Widersprüche,<br />

Absichten aufdecken. Bestehende<br />

Prinzipien und Strukturen herausfinden.<br />

Verschiedene Wissenselemente zu<br />

etwas Neuem zusammenfügen. Originale<br />

Pläne, Strukturen, Schemata entwerfen,<br />

entwickeln. Verallgemeinern.<br />

Erklärungsmuster anwenden. Etwas<br />

konstruieren.<br />

Ein grösseres Ganzes, das mehrschichtig<br />

oder komplex ist, beurteilen.<br />

Das Urteil verlangt selbständiges Denken<br />

von verschiedenen Gesichtspunkten<br />

aus. Eigenständige Meinungen,<br />

Aussagen formulieren. Entschlüsse<br />

fassen und begründen.<br />

Typische Verben:<br />

Wiedergeben, auswendig<br />

können, aufzählen, nennen,<br />

reproduzieren...<br />

Typische Verben:<br />

Beschreiben, erklären,<br />

erläutern, verstehen,<br />

nachschlagen, zusammenfassen...<br />

Typische Verben:<br />

Vergleichen, ableiten,<br />

unterscheiden, übertragen,<br />

bestimmen...<br />

Typische Verben:<br />

Analysieren, gliedern,<br />

zerlegen, entwerfen,<br />

kombinieren...<br />

Typische Verben:<br />

Bemessen, interpretieren,<br />

Möglichkeiten entwickeln,<br />

schlussfolgern...<br />

Typische Verben:<br />

Beurteilen, bewerten,<br />

erörtern, argumentieren,<br />

entscheiden, kreieren..<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 5


3. Lernschritte bestimmen<br />

3.1. Inhalte zusammenstellen<br />

Wenn Lehrende eine neue Unterrichtssequenz planen und vorbereiten, müssen Sie sich im klaren sein,<br />

welche Lerninhalte sie vermitteln wollen, wie diese mit den bereits erteilten Inhalten zusammenhängen,<br />

was an Sachwissen und Verfahrenswissen (Abläufen) gelernt werden soll, und in welcher Art und Weise<br />

(Methode) dies geschehen soll. Im Kopf der Lehrenden wird sich erst nach längerer Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema Klarheit über den Ablauf dieser Unterrichtseinheit einstellen. Dieser Prozess des<br />

"schwanger gehen mit dem Stoff" ist meist sehr intensiv und äusserst wichtig für einen guten Unterricht.<br />

3.1. Inhalte zusammenstellen<br />

Ich gehe mit meinem neusten Unterrichtsprojekt<br />

schwanger. Ich<br />

habe tausend Ideen im Kopf und<br />

weiss jetzt schon, dass es gut wird!<br />

Inhalte zusammenstellen ... ein erster Überblick<br />

Die ausgewählten und in der Unterrichtseinheit zu vermittelnden Inhalte stellen eine erste Form von Wissen,<br />

das Begriffswissen dar. Begriffswissen betrifft also Inhalte (das Wissen des Was). Daneben gibt es<br />

das Verfahrenswissen. Dieses Wissen betrifft Vorgehensweisen (das Wissen des Wie). Es umschreibt<br />

also, wie man vorgeht, wenn man beispielsweise Informationen aus einem Text aufnehmen, Probleme<br />

lösen, neue Ideen suchen will usw.<br />

Schliesslich gibt es affektives Wissen, also Wissen über Gefühle, Einstellungen und Werte.<br />

Dieses Wissen besteht aber nicht nur aus zusammenhangslos nebeneinander stehenden, einzelnen Teilen<br />

oder Wissenselementen, sondern es kann in eine bestimmte Ordnung gebracht werden. Dadurch<br />

entstehen Strukturen. Dem Erstellen dieser Strukturen kommt bei der Unterrichtsvorbereitung grosse<br />

Bedeutung zu, weil strukturiertes Wissen leichter aufgenommen und besser damit gearbeitet werden<br />

kann als mit ungeordnetem Wissen. Den drei Formen des Wissens entsprechend lassen sich denn auch<br />

drei Formen von Strukturen unterscheiden. Das Begriffswissen wird in thematischen Strukturen, das Verfahrenswissen<br />

in Verfahrensstrukturen und das affektive Wissen in affektiven Strukturen geordnet<br />

Was müssen die Lernenden<br />

können? Wie soll ich es vermitteln?<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 6


3.2. Strukturen bilden<br />

Bildung von thematischen Strukturen<br />

Die in der Unterrichtseinheit zu vermittelnden Inhalte (das Begriffswissen) stehen also nicht zusammenhangslos<br />

nebeneinander. Vielmehr sind sie einander mehr oder weniger differenziert über-, neben- und<br />

untergeordnet. Diese Ordnung gilt es nun zu erstellen, indem thematische Strukturen gebildet werden.<br />

Darunter wird eine schematische Darstellung des Wissens in einer Form verstanden, in der die einzelnen<br />

Elemente und deren Beziehung zueinander (Über-, Unter- und Nebenordnungen sowie Vernetzungen)<br />

sichtbar werden (siehe unten). Im Idealfall stellen das Begriffswissen und damit die thematischen Strukturen<br />

ein Netzwerk von Elementen des Wissens dar, das laufend ausgeweitet wird und worauf immer wieder<br />

zurückgegriffen wird. Die Thematische Struktur ist also der inhaltliche Fahrplan der Unterrichtssequenz.<br />

Thematische Strukturen spielen bei der Unterrichtsvorbereitung aus mehreren Gründen eine wichtige<br />

Rolle:<br />

1. Ihr Entwurf zwingt Lehrende selbst zu einer sorgfältigen Ordnung der Inhalte. Damit verbunden ist<br />

eine saubere Begriffsbildung.<br />

2. Das Begriffswissen (die Inhalte) wird mit Hilfe von thematischen Strukturen leichter erlernt, besser<br />

behalten und bewusster angewandt.<br />

3. Oft stellen die thematischen Strukturen zugleich die beste Grundlage für gute Darstellungen, Veranschaulichungen<br />

dar (besonders Wandtafel oder Hellraumprojektor-Bilder).<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 7


Bildung von Verfahrensstrukturen<br />

Es gibt Unterrichtseinheiten, bei denen nicht in erster Linie Begriffswissen zu erarbeiten ist, sondern die<br />

Entwicklung von Verfahrenswissen im Vordergrund steht. In diesem Fall sind die Verfahrensstrukturen zu<br />

entwerfen. Das sind die Strukturen von Abläufen oder Prozessen, die in ihrer Art immer gleich bleiben<br />

(z.B. immer gleich bleibende Schritte im Ablauf eines Problemlöseprozesses). Wenn der Schüler diese<br />

Verfahrensstrukturen kennt, wird es für ihn leichter, kognitive Prozesse oder Strategien in neuartigen<br />

Situationen zu gestalten (z.B. "Wie schlage ich in einem Fachbuch nach?").<br />

Verfahrensstrukturen sind beispielsweise:<br />

- Verfahren zur Bildung von Hypothesen und zur Erarbeitung von Vergleichen,<br />

- Kreativitätstechniken (Brainstorming, Rollenspiele, Phantasieren) zur Entwicklung neuer Ideen,<br />

- Problemlösetechniken aller Art.<br />

Beispiel aus dem allgemein bildenden Unterricht. „Wie bearbeite ich ein rechtliches Problem mit dem<br />

Gesetzbuch?“<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 8


3.3. Lernprozesse bestimmen<br />

Induktive und deduktive Lernprozesse<br />

Ist die thematische Struktur für die Unterrichtseinheit entworfen, so ist zu überlegen, mittels welcher<br />

Lernprozesse die Schüler/innen die thematische Struktur erarbeiten sollen, und wie diese Lernprozesse<br />

angeregt oder angeleitet werden können.<br />

Für die Erarbeitung von thematischen (inhaltlichen) Strukturen werden meistens die induktive oder die<br />

deduktive Lehrstrategie angewandt.<br />

Induktiver Lernprozess<br />

Von der konkreten Einzelheit ausgehen und langsam<br />

das Ganze oder Abstrakte erarbeiten.<br />

Die einzelnen Stücke eines Kuchens zu einem<br />

Ganzen zusammensetzen.<br />

Beispiel: Wörter und Grammatik lernen, bis<br />

Sprachverständnis aufkommt.<br />

4. Methodischer Aufbau bestimmen<br />

4.1. Phasen des Unterrichtes gestalten<br />

Deduktiver Lernprozess<br />

Vom Ganzen oder Abstrakten ausgehen und langsam<br />

die Einzelheiten, das Konkrete erarbeiten.<br />

Den Ganzen Kuchen langsam in seine Teile zerlegen.<br />

Beispiel: Ausgehend vom Problem "Klimaerwärmung"<br />

die einzelnen Gründe dafür analysieren.<br />

Damit eine Lektion (eine Unterrichtseinheit) Lernerfolg verspricht und nicht langweilig wirkt, müssen Lehrende<br />

exakt planen. Unter anderem müssen Sie sich Gedanken über die verschiedenen Phasen (den<br />

Rhythmus) der Unterrichtseinheit machen und diese inhaltlich und zeitlich festlegen.<br />

Guter Unterricht enthält immer mehrer Phasen, hat einen bestimmten Rhythmus!! Allgemein bekannt und<br />

am häufigsten praktiziert dürfte folgender Rhythmus sein:<br />

Phasen Wichtige Fragen und Regeln<br />

Einleitung/Motivation Wie soll der Einstieg in den Unterricht gestaltet werden,<br />

- um die Schüler zu motivieren,<br />

- ...<br />

Zielsetzung In welcher Art sollen Ziel, Titel und/oder Ablauf der Unterrichtseinheit bekannt<br />

gegeben werden, damit das Lernen für die Schüler verständlich, sinnvoll, motivierend<br />

und wertvoll scheint?<br />

Entwicklung In welcher Reihenfolge sollen die Lernschritte angegangen werden, damit<br />

- sich weitere Lernschritte sachlogisch anschliessen oder in die Erarbeitung<br />

der Strukturen einfügen,<br />

- die Gesamtstruktur der Unterrichtseinheit (roter Faden) ersichtlich wird,<br />

- der Ablauf abwechslungsreich und interessant wirkt<br />

Sequenzierung Wie lange dauern die einzelnen Phasen? Warum genau so lange?<br />

Wie sind die Umstellungsphasen gestaltet? (Ankündigung, Dauer, Ziel, …)<br />

Übung Welche Übung(en) soll(en) durchgeführt werden (Übungen zur "Automatisierung"<br />

und/oder Übungen mit Variationen zum Transfer?<br />

Lernkontrolle Welche Möglichkeiten von Lernkontrollen bestehen?<br />

Zusammenfassung Wie soll zusammengefasst werden, um die wesentlichsten Erkenntnisse der<br />

Unterrichtseinheit nochmals festzuhalten?<br />

Hausaufgaben Welche Übungsaufgaben, Lektüre usw. sind aufgrund des Informationsziels und<br />

der Lernschritte einzuplanen? Sind die Hausaufgaben sinnvoll?<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 9


Artikulationsschema von Grell. (Selbständiges Arbeiten an Lernaufgaben)<br />

Phase 0: Direkte Vorbereitung<br />

Ihre Tätigkeit: Material bereitlegen; Overhead-Folien ordnen; Fragen für die Schlusszusammenfassung<br />

nochmals durchlesen u.ä. Wichtig für Neulinge: Vorbereitung gibt Sicherheit. Ich weiss, dass alles funktioniert.<br />

Ich kann nicht stecken bleiben. Wichtig für erfahrene Lehrer: Ich weiss, dass ich jetzt in den Unterricht<br />

muss. Ich will die Stunde gut machen. Eine direkte Vorbereitung verhindert, dass ich zum Beispiel<br />

Schwachstellen überspielen muss.<br />

Phase 1: Lockere Atmosphäre<br />

Ihre Tätigkeit: Sie beginnen nicht einfach trocken den Unterricht, sondern tun etwas für die emotionale<br />

Basis des Lernens. Für den Anfänger am einfachsten: Wenn Sie im Informierenden Unterrichtseinstieg<br />

(2) das Thema oder die Lernziele vorstellen, teilen Sie den Schülern Ihre persönliche Einstellung oder ein<br />

persönliches Erlebnis aus diesem Themenbereich mit.<br />

Phase 2: Informierender Unterrichtseinstieg (IU)<br />

Ihre Tätigkeit: Sie geben (z.B. an der Wandtafel) einen Überblick über die gesamte Stunde mit Thema,<br />

wichtigen Lernzielen, Lernaufgaben und Ablauf der Stunde. Der Informierende Unterrichtseinstieg gibt<br />

Ihnen Sicherheit. Die Schüler können sich orientieren; auf das Wesentliche konzentrieren und müssen<br />

nicht ihre Energie darauf verwenden, den Kern der Sache herauszufinden. (Mehr darüber in der Beilage 1)<br />

Phase 3: Informationsinput<br />

Ihre Tätigkeit: Sie informieren die Schüler über alles, was sie zum Ablauf der Stunde wissen müssen.<br />

Welche Hilfsmittel stehen wo bereit etc.<br />

Phase 4: Anbieten von Lernaufgaben<br />

Ihre Tätigkeit: Sie stellen eine oder mehrere Lernaufgaben zur Verfügung, erläutern, wie sie bearbeitet<br />

werden soll(en), in welcher Zeitspanne und mit welchem Endprodukt, ob allein oder in Zweier- oder<br />

Gruppenarbeit. Die Lernaufgaben sind schriftlich vorbereitet. Alle Anwesenden erhalten eine Kopie. Diese<br />

schriftlichen Lernaufgaben sind das didaktische Schatzkästchen des Lehrers. Hier kann er didaktisch<br />

sinnvolle, lernpsychologisch wertvolle und fachlich kompetente Vorgaben machen.<br />

Phase 5: Selbständige Arbeit an Lernaufgaben<br />

Ihre Tätigkeit: Sie können sich zurückziehen, als Hilfe bereithalten und sich auf den Abschluss der Stunde<br />

vorbereiten. Dies ist die wichtigste Phase des Unterrichts. Hier sind alle Schüler aktiv, allein, mit einem<br />

Partner oder in Gruppen von drei, maximal vier Schülern.<br />

Phase 6: Umstellungsphase einschieben<br />

Ihre Tätigkeit: Durch Anordnung zum Platzwechseln, eine eingeschobene Zwischengeschichte o.ä. sorgen<br />

Sie dafür, dass das Bearbeiten der Lernaufgaben abgeschlossen wird. Die Schüler müssen sich<br />

lockern, um im Plenum die Ergebnisse auszuwerten.<br />

Phase 7: Feedback und Weitererarbeitung oder Umgang mit Lernschwierigkeiten<br />

Ihre Tätigkeit: Die Schüler bekommen Gelegenheit, die Richtigkeit oder Angemessenheit ihrer Arbeitsergebnisse<br />

selbst zu überprüfen oder zu beurteilen.<br />

- Ich gebe den Schülern Rückmeldung über den Erfolg ihrer Arbeit.<br />

- Das Gelernte wird auf neue Situationen übertragen, oder die Schüler werden auf Transfermöglichkeiten<br />

aufmerksam gemacht.<br />

- Das Gelernte wird kritisch geprüft, und es wird untersucht, welchen Stellenwert es in einem grösseren<br />

Rahmen hat.<br />

Ich schreibe zum Beispiel einen Repetitionsplan an die Wandtafel.<br />

Diese Phase muss variationsreich gestaltet sein. Sonst entsteht der so genannte Seminareffekt: monotoner<br />

Vortrag der Gruppenarbeitsergebnisse im Plenum.<br />

Phase 8: Evaluation oder Verschiedenes<br />

Ihre Tätigkeit: Rückmeldebogen verteilen oder Fragen stellen: "Was fanden Sie gut und was schlecht?<br />

Was ist unklar?" u.s.w.<br />

Mehr Details zu allen acht Phasen finden Sie in: Jochen und Monika Grell: Unterrichtsrezepte. Weinheim 1991,104-<br />

116 (Beltz).<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 10


4.2. Lernmethoden bestimmen<br />

In diesem Kurs wird an anderer Stelle auf die verschiedenen Methodischen Formen des Unterrichtens<br />

eingegangen. Sicher aber kennen Sie verschiedene Methodische Grossformen und wenden vielleicht<br />

bereits einige von ihnen erfolgreich in Ihrem Unterricht an.<br />

Methodische Grossformen im Unterricht<br />

Frontalunterricht Werkstatt<br />

Lehrgang Leittext<br />

Projekt Leitprogramm<br />

Wochenplan Puzzle-Methode<br />

Kurs Praktikum<br />

Exkursion Fallstudie …<br />

Organisation festlegen<br />

Wenn Sie die Methodik einer Unterrichtssequenz festgelegt haben, müssen Sie sich anschliessend überlegen,<br />

in welcher Organisationsform die einzelnen Phasen gestaltet sind.<br />

Organisationsformen im Unterricht<br />

Gruppenarbeit Lehrervortrag<br />

Partnerarbeit Einzelarbeit<br />

Kreisgespräch Rollenspiel<br />

Klassengespräch Lehrgespräch<br />

Diskussion ...<br />

<strong>Skript</strong> <strong>Unterrichtsplanung</strong>.doc Seite 11

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