Heft 2 65-144 - Anwaltsblatt
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Im Auftrag des<br />
Deutschen Anwaltvereins<br />
herausgegeben von den<br />
Rechtsanwälten:<br />
Felix Busse<br />
Dr. Michael Kleine-Cosack<br />
Wolfgang Schwackenberg<br />
Wohnungseigentum in der<br />
Krise?*<br />
Rechtsanwalt Michael Drasdo, Neuss<br />
Das am 20.3.1951 in Kraft getretene WEG vom<br />
15.3.1951 1 besteht seit annähernd fünfzig Jahren. Wenn auch<br />
zwischenzeitlich einige Änderungen erfolgt sind, so handelt<br />
es sich niemals um strukturelle Eingriffe des Gesetzgebers.<br />
In seinen wesentlichen Grundzügen ist das WEG immer<br />
noch in seiner ursprünglichen Fassung erhalten.<br />
I. Einleitung<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. Peter Hamacher<br />
Udo Henke<br />
Rechtsanwälte<br />
Bonn, Adenauerallee 106<br />
Jahrgang 50<br />
Februar 2000 AQl<br />
Das Wohnungseigentum erfreut sich auch in der Bevölkerung<br />
breiter Beliebtheit. Dies gilt sowohl für Eigennutzer,<br />
klassischen Kapitalanleger und diejenigen, die eine Wohnung<br />
zum Zwecke der Altersversorgung erwerben. Das<br />
Wohnungseigentum ist insoweit ein Instrument, Immobilien<br />
zu erwerben und diese wirtschaftlich zu nutzen ohne sich<br />
mit den finanziellen und tatsächlichen Bedingungen eines<br />
Ein- oder Mehrfamilienhauses auseinandersetzen zu müssen.<br />
Diese in der Bevölkerung steigende Beliebtheit des<br />
Wohnungseigentums ergibt sich auch aus den, wenn auch<br />
nur in geringem Umfang vorliegenden statistischen Werten<br />
2 . So kann davon ausgegangen werden, daß in den alten<br />
Ländern bis einschließlich 1994 etwa 2.500.000 Wohnungseigentumseinheiten<br />
existierten 3 . Für die neuen Bundesländer<br />
konnten zum damaligen Zeitpunkt erst circa 70.000<br />
Wohnungseigentumseinheiten ermittelt werden4 , jedoch<br />
dürfte diese Zahl auch wegen der durch das AHG 5 geförderten<br />
Aufteilung zwischenzeitlich auf etwa 600.000 Einheiten<br />
gestiegen sein6 . Insoweit kann davon ausgegangen werden,<br />
als die Zahl der Eigentumswohnungen unter Berücksichtigung<br />
zuletzt ermittelten Steigerungsraten von 7,2% bis<br />
9,2% jährlich 7 im Jahre 2000 sich etwa 4.100.000 gestiegen<br />
sein dürfte. Unterstellt man mit Seuß 8 bundesweit eine<br />
durchschnittliche Größe von 25 Wohnungen je Gemein-<br />
Nachrichten für die Mitglieder<br />
des Deutschen Anwaltvereins e. V.<br />
schaft, so ergeben sich daraus nahezu 1<strong>65</strong>.000 Wohnungseigentümergemeinschaften.<br />
Die stetig ansteigende Entwicklung des Wohnungseigentums<br />
spiegelt sich auch in dem Anteil der Eigentumswohnungen<br />
an den neu errichteten Bauvorhaben wieder. In den<br />
Jahren 1993 und 1994 waren diesbezüglich Steigerungsraten<br />
von 15,5% beziehungsweise 24,3% zu verzeichnen 9 ,was<br />
zeigt, welche enorme wirtschaftliche Bedeutung das Wohnungseigentum<br />
hat. Dabei sind nicht nur Erstellung und<br />
Verkauf, sondern auch Bewirtschaftung, Sanierung und Verwaltung<br />
sowie Vermietung oder anderweitige Gebrauchsüberlassung<br />
angesprochen. Letztlich ist durch die Schaffung<br />
des Wohnungseigentums auch ein neues Berufsbild, das des<br />
Wohnungseigentumsverwalters nach § 26 WEG, geschaffen,<br />
zumindest aber das des bisherigen Immobilienverwalters<br />
erheblich erweitert worden. Hingegen kann nicht davon<br />
ausgegangen werden, daß die steigende Anzahl der Woh-<br />
* Vortrag im Vorfeld der Mitgliederversammlung 1999 der Arbeitsgemeinschaft<br />
Mietrecht und WEG, die am 14.5.1999 in Bonn im Rahmen des 50. Deutschen<br />
Anwaltstages des DAV durchgeführt wurde.<br />
1 Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht vom 15.3.1951,<br />
BGBI. I 1951, 175 ff.; BGBI. III 1951, 403-1, zuletzt geändert durch Gesetz<br />
vom 5.10.1994, BGBI. I 1994, 2911 ff.<br />
2 Vgl. Bielefeld in DerWE 1989, 145, der einen Bestand von etwa 1.800.000<br />
Eigentumswohnungen angibt und Nienhaus in WE 1990, 187 ff., wo bereits<br />
circa 1.700.000 existierende Eigentumswohnungen ausgewiesen werden, beide<br />
jeweils zu der Gebäude- und Wohnungszählung 1987.<br />
3 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten<br />
Dr. Eckart Pick, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Achim Großmann, weiterer<br />
Abgeordneter und der Fraktion der SPD Drucksache 13/2<strong>65</strong>3-, BT-Drucks. 13/<br />
4712 vom 23.5.1996, Seite 3 auf den Stand von 1993 bezogen; Seuß in Bärmann/Seuß,<br />
A Rdnr. 61; ders. in Der Fachverwalter, Band 11996, Seite 7 ff (9<br />
f.).<br />
4 Vgl. Seuß in Bärmann/Seuß, A Rdnr. 61.<br />
5 Gesetz über die Altschuldenhilfe für kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften<br />
und private Vermieter in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages<br />
genannten Gebiet (Altschuldenhilfe-Gesetz) vom 23.6.1993, BGBI. I<br />
1993, 944 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.11.1996, BGBI. I 1996,<br />
1780 f.<br />
6 Vgl. Seuß in Der Fachverwalter, Band 1 1996, Seite 7 ff. (12).<br />
7 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten<br />
Dr. Eckart Pick, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Achim Großmann, weiterer<br />
Abgeordneter und der Fraktion der SPD Drucksache 13/2<strong>65</strong>3-, BT-Drucks. 13/<br />
4712 vom 23.5.1996, Seite 3.<br />
8 Vgl. Seuß in Der Fachverwalter, Band 1 1996, Seite 7 ff. (12).<br />
9 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten<br />
Dr. Eckart Pick, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Achim Großmann, weiterer<br />
Abgeordneter und der Fraktion der SPD Drucksache 13/2<strong>65</strong>3-, BT-Drucks. 13/<br />
4712 vom 23.5.1996, Seite 3.