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K a trin G la tz e l E d ito ria l

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Elena Espos<strong>ito</strong> lehrt Kommunikationssoziologie an der Universität Reggio Emilia (Italien). Aktuelle Forschungsschwerpunkte<br />

sind: soziologische Medientheorie, Gedächtnisforschung sowie Soziologie der Finanzmärkte. Sie<br />

ist Vortragende im Rahmen der Veranstaltung X-Organisationen im November 2009 in Berlin<br />

Elena Espos<strong>ito</strong> Riskante Risiken.<br />

Die Produktion der Zukunft durch die Finanzmärkte<br />

Wenn es stimmt, dass Krisen Probleme (die wir sehr gut<br />

kennen) aber auch Gelegenheiten schaffen, was sind die<br />

Vorteile der aktuellen Krise? Man sagt, Krisen dienen dazu,<br />

aufzuräumen, sich darüber k<strong>la</strong>r zu werden, was man<br />

wirklich tut und tun will, indem man alte Gewohnheiten<br />

und obsolet gewordene Ideen verwirft. Stimmt<br />

das in diesem Fall?<br />

Was bisher als Einziges k<strong>la</strong>r verstanden wurde, ist,<br />

dass wir nichts verstanden haben: Keinem Modell und<br />

keiner Theorie gelingt es, wirklich zu klären, wie die Krise<br />

entstanden ist oder was gerade passiert. Es gibt natürlich<br />

Elemente: die Überbewertung und das Wachstum<br />

des Immobilienmarktes (vor allem in den USA), die Intransparenz<br />

der strukturierten Finanzinstrumente, der<br />

Mangel an Reglementierung usw. Aber ein richtig über-<br />

zeugendes Allgemeinbild fehlt: Wo haben wir etwas<br />

falsch gemacht und warum? Wie hat eine solche Lage<br />

entstehen können, dass der Finanzmarkt mit allen seinen<br />

Modellen und Strategien scheinbar seinen Weg gegangen<br />

ist, ohne jegliche Bindung an den Ver<strong>la</strong>uf der<br />

»realen Wirtschaft« und ohne jemanden, der ihn stoppen<br />

konnte oder wollte?<br />

Da die zirkulierenden Theorien wenige Anhaltspunkte<br />

anbieten, könnte man versuchen, woanders einen<br />

Interpretationsschlüssel für Finanz (und Wirtschaft all-<br />

gemein) wiederzuentdecken, der eine <strong>la</strong>nge und an-<br />

gesehene Tradition hat, aber in der Wirtschaftstheorie<br />

immer etwas unterbelichtet geblieben ist: die Vorstellung,<br />

dass es zum Verständnis der Dynamik der Finanzmärkte<br />

(und insbesondere der neuen geheimnisvollen<br />

Finanzmittel) nötig sei, die Rolle der Zeit in der Wirt-<br />

schaft, also die Zeit des Geldes, neu zu denken. Man<br />

sollte sich dann fragen, wie die Wirtschaft mit der Zeit<br />

umgeht und die Zeit betrachtet, wie die Zeit sich aufgrund<br />

der Weise, wie sie benu<strong>tz</strong>t wird, verändert und<br />

schließlich was die Zeit im Allgemeinen ist (wenn die<br />

Zeit davon abhängig ist, wie sie benu<strong>tz</strong>t und wie sie<br />

verstanden wird).<br />

K<strong>la</strong>ssische Autoren der ökonomischen Reflexion1 haben<br />

vor vielen Jahren signalisiert, dass Geld in seiner Essenz<br />

Zeit ist: Es dient nicht dazu, gegenwärtige Bedürfnis-<br />

se zu befriedigen (würden wir sie befriedigen, hätten<br />

wir kein Geld mehr), sondern dazu, uns in der Gegen-<br />

wart gegenüber dem unbestimmten Nebel der mögli-<br />

chen künftigen Bedürfnissen zu versichern. Wir wissen<br />

Riskante Risiken 16 Revue für postheroisches Management / Heft 5

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