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Eine Anpassung an die lokalen Unterschiede seitens der Gesamtorganisation ist nur begrenzt erforderlich, d. h., eine Anpassung von zentralseitigen Prozessen wie z. B. des HR sind nicht erforderlich, da es sich bei den lokalen Organisationen in der Regel um selbstständige Unternehmen handelt. Das reduziert einerseits die Gesamtkomplexität für die Führung, birgt aber auf der anderen Seite die Gefahr, dass dominante Länderchefs den Bedürfnissen der Zentrale bisweilen zurückhaltend begegnen bzw. diesen nur widerwillig entsprechen. Die zentrale Herausforderung für die lokalen und zentralen Organisationseinheiten im Sinne des DMIS ist daher vor allem die Akzeptanz und Wertschätzung der wechselseitigen Unterschiede. Standardisierung In den von Bartlett/Ghoshal als global beschriebenen Organisationen werden kulturelle Unterschiede häufig als hinderlich oder störend wahrgenommen. Das primäre Interesse seitens der Zentrale ist, dass die notwendige Standardisierung konsequent entsprechend der Vorgaben umgesetzt wird. Einheitliche Produkte, Services oder Vorgehensweisen führen in diesen Organisationen eher zu einer Verteidigung und einem »Durchdrücken« der gewählten Variante gegen lokale Alternativen. Auer Newbies! Verlag für Systemische Forschung �� Bartlett beschreibt die Mentalität mit der amerikanische Unternehmen in der Vergangenheit ihren Internationalisierungsprozess gestalteten im Sinne dieses Ver- meidungs- bzw. Minimierungsmuster (vgl. das Interview in diesem Heft). Das Bewusstsein, aus dem technologisch fortgeschrittensten und größten Markt zu kommen, führte häufig zu einem »american way«, einem Gefühl der Überlegenheit und einem überzogenen Selbstbe- wusstsein nach dem Motto »wir wissen es besser«. In einigen Fällen wird die eigene Sensibilität für die jeweiligen Unterschiede überschätzt und gutgemeinte Maßnahmen dann von der anderen Seite als »kultureller Imperialismus« verstanden, der dann zu Abwehrmustern führt. Dieser ethnozentralistische Umgang mit Unterschieden führt auf der Seite der lokalen Organisationen zu einem Gefühl der Bedrohung und damit zur Gefährdung der Kooperation. Ein erster Schritt für die Weiterentwicklung dieses Musters, welches im Rahmen des DMIS als »Verteidi- gung von Unterschieden« beschrieben wird, besteht in der Hervorhebung von kulturellen Gemeinsamkeiten sowie von Seiten der Zentrale auch der Entwicklung des Bewusstsein für die eigene kulturelle Prägung. �� www.systemische-forschung.de ��
Nutzung von Unterschieden/internationale Arbitrage Für die nach Bartlett/Ghoshal sogenannten internationalen Organisationen sind Unterschiede eine notwendige Voraussetzungen, um durch die internationale Speziali- sierung administrative, geografische oder ökonomische Unterschiede nutzen zu können. Dies führt dazu, dass Teile der Wertschöpfungskette an unterschiedlichen Orten des Globus konfiguriert werden (beispielsweise Callcenter in Indien, Produktionsstätten in China, Ver- triebsstrukturen in Westeuropa etc.). Das Headquarter versteht sich in diesen Organisationen häufig als »Brain«, von dem aus die verschiedenen Teilsysteme des Gesamtunternehmens gesteuert werden. Eine konstruktiver Dialog und eine tragfähige Kooperation zwischen den weltweit verteilten Funktionen gelingt in diesen Organisationen in der Regel nur, wenn im Sinne des DMIS neben der Akzeptanz für die Unterschiede auch die Fähigkeit, sich kognitiv und verhaltensbezogen auf die Unterschiede einstellen zu können, vorhanden ist. Die Führung muss hier vor allem daran arbeiten, Respekt für die Diversität aufzubauen, sodass die Unterschiedlichkeit der Kulturen tatsächlich als Ressource z. B. in der Zusammenarbeit in multikulturellen Teams wahrgenommen und genutzt werden kann. 6. Fazit Das perfekte Organisationsdesign gibt es nicht – irgendwo ist die Decke immer zu kurz bzw. lassen sich die Widersprüche und Spannungsfelder, in denen internationale Organisationen stehen, nicht endgültig lösen. Wenngleich dies auch für den nationalen Kontext gilt, ist die angemessene Gestaltung des Organisationsdesigns und des Führungssystems bei international tätigen Unternehmen noch bedeutsamer. Die höhere Komplexität und Dynamik sowie das im Vergleich zu nationalen Organisationen höhere Maß an – nicht nur kulturellen – Unterschieden erfordern eine permanent mitlaufende Beobachtung, wie diese Differenzen intern bearbeitbar gemacht werden können. Worauf die einzelne Organisation hierbei reagieren muss, entscheidet im Sinne eines »difference that makes a difference« die jeweilige Geschäftlogik die das Unternehmen verfolgt. Hier bieten die eher strategisch ausgerichteten Modelle von Bartlett/Ghoshal und Ghemawat mit ihren archetypischen Unterscheidungen Ansatzpunkte, um die strategische Stoßrichtung und aufbauend darauf Gestaltungsprinzipien für das Organisationsdesign zu entwickeln. Die hier vorgestellten Aspekte des Organisationsdesigns und der Führung in internationalen Unternehmen stellen letztlich Kernbestandteile für die Zukunftsfähigkeit internationaler Organisationen dar. Allerdings sollte man nicht dem Kurzschluss aufsitzen, dass sich ausgehend von den Umweltherausforderungen, Strategie, Organisationsdesign und Führung quasi wie mit einem »Organisationskonfigurator« definieren lassen. Letztlich führt kein Weg an der differenzierten Auseinandersetzung mit der eigenen Organisations- und Führungsstruktur vorbei. ¶ Baecker, D. (1994). »Experiment Organisation.« Lettre international: 22-24. Bartlett, C. und S. Ghoshal (1989). Managing across borders: the transnational solution. Cambridge, MA, Harvard Business School Press. Bennett, M. (2001). Developing intercultural competence for global managers. Interkulturelles Management. R. D. Reineke. Wiesbaden, Gabler. Friedman, T. (2005). The world is flat: A Brief History of the Twenty- First Century, Penguin Books. Ghemawat, P. (2007). »Managing Differences – The Central Challenge of Global Strategy.« Harvard Business Review (3). Ghemawat, P. (2007). Redefining global strategy: crossing borders in a world where differences still matter. Boston, MA, Harvard Business School Press. Luhmann, N. (2000). Organisation und Entscheidung. Opladen/ Wies baden, Westdeutscher Verlag. Nadler, D. und M. Tushmann (1997). Competing by Design. Oxford, Oxford University Press. Treacy, M. und F. Wiersema (1995). Discipline of Market Leaders, HarperCollins. Wimmer, R. (2008). »Führung und Organisation. Zwei Seiten ein und derselben Medaille.« Revue für postheroisches Management 4: 20-33. The World is Not Flat 47 Revue für postheroisches Management / Heft 5
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