Prognose der Hämoblastosen - Frank Praetorius
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H. GERHARTZ, H. Frhr. v. KRESS und E. PRAETORIUS: Über die <strong>Prognose</strong> <strong>der</strong> <strong>Hämoblastosen</strong> Der Internist<br />
verlängernde Effekt <strong>der</strong> Chemotherapie wesentlich<br />
schwächer und geht im allgemeinen über einen Gewinn<br />
von etwa einem Monat kaum hinaus (CROIZAT, DHERS,<br />
DAMESHEK, KOMIYA, OBRECHT), obwohl auch hier<br />
eine deutliche Verlängerung <strong>der</strong> mittleren Krankheitsdauer<br />
bis auf etwa 7 Monate wie<strong>der</strong>holt angegeben wird<br />
(BURCHENAL), was auch unserem Ergebnis ent-<br />
spricht. Die Überlebensrate unserer Fälle ab Krank-<br />
heitsbeginn beträgt nach einem Jahr 8 %.<br />
Die durchschnittliche Krankheitsdauer bei chronischen<br />
myeloischen Leukämien wird für die mit ionisierenden<br />
Strahlen angegangenen Fälle mit 30-43,<br />
meist mit 36 Monaten angegeben (DAMESHEK, OB-<br />
RECHT), während für die unbehandelten Fälle nach<br />
den großen Zahlen von TIVEY eine Dauer von<br />
31 Monaten zu gelten hat mit einer Überlebensrate<br />
von 22 % (TIVEY, DAMESHEK) bzw. 6 % (U. 8. Dpt.<br />
Health) aller Patienten nach 5 Jahren. Die für die mit<br />
Cytostaticis behandelten Fälle angegebene Krankheitsdauer<br />
von 42 Monaten (HAUT) stimmt mit dem<br />
von uns tafelmäßig errechneten Wert exakt überein,<br />
während wir als Mittelwert 36 Monate und als Fünf -<br />
jahresrate 22 % erzielten.<br />
Nach den Untersuchungen TIVEYS unterscheidet<br />
sich die mittlere Krankheitsdauer bei chronischen<br />
Lymphadenosen kaum von <strong>der</strong> <strong>der</strong> chronischen<br />
Myelosen; sie beträgt für die unbehandelten Fälle<br />
31 Monate (DAMESHEK, HEILMEYER, TIVEY). Mit<br />
Hilfe <strong>der</strong> isolierten o<strong>der</strong> kombinierten Anwendung<br />
von ionisierenden Strahlen und Cytostaticis konnte<br />
die mittlere Krankheitsdauer auf 45 bis zu 60 Monaten<br />
verbessert werden mit einer Fünfjahresrate von etwa<br />
21% (HEILMEYER, OBRECHT, OSGOOD). Aus unserem<br />
eigenen Patientengut errechneten wir einen Mittelwert<br />
von 56 und eine tafelmäßige Krankheitsdauer von<br />
sogar 87 Monaten bei einer Fünfjahresrate von 56%.<br />
Die mittlere Krankheitsdauer <strong>der</strong> unbehandelten<br />
Plasmocytome liegt bei 13 (GERHARTZ, KÖRTGE) bis<br />
17 (OSGOOD) Monaten, ihre Fünfjahresrate beträgt<br />
6-7% (U.S. Dpt. Health). Für die Chemotherapie<br />
ist eine Lebensverlängerung um 6-12Monate angegeben<br />
worden (KÖRTGE, ROHN). Längere Stillstände<br />
wurden gelegentlich beobachtet, spontane Rückbildungen<br />
jedoch nur äußerst selten. Am eigenen<br />
Krankengut konnten wir durch die Chemotherapie<br />
eine Krankheitsdauer von durchschnittlich über<br />
17 Monaten erreichen, wobei zu berücksichtigen sein<br />
wird, daß eine erfolgversprechende kombinierte Therapie<br />
mit Cytostaticis und Corticosteroiden erst seit<br />
etwa 2 Jahren möglich ist. Tafelmäßig errechneten<br />
wir eine Krankheitsdauer von 31 Monaten.<br />
Für die unbehandelten Lymphogranulome wird<br />
eine mittlere Kranheitsdauer von etwa 30 Monaten<br />
angenommen (KALINSKA), für die mit Röntgenstrahlen<br />
o<strong>der</strong> Cytostaticis behandelten von 3-4 Jahren, wobei<br />
die Überlebensrate nach 5 Jahren mit etwa 25-30 %<br />
angegeben ist (LOEW, OBRECHT, PATERSON, U.S. Dpt.<br />
Health). Unsere eigenen Ergebnisse mit einem Mittel-<br />
wert von 40 und einem tafelmäßig errechneten Wert<br />
von fast 58 Monaten sowie einer Fünfjahresrate von<br />
37 % entsprechen im wesentlichen diesen Angaben.<br />
Für die unbehandelten Retothelsarkome fanden<br />
wir eine mittlere Krankheitsdauer von 15 Monaten<br />
(GERHARTZ). Sie wird für strahlenbehandelte Lymphosarkome<br />
mit etwa 26 Monaten angegeben (ROSEN-<br />
BERG). Durch die Chemotherapie erreichten wir einen<br />
Mittelwert von etwa 23 und einen tafelmäßigen Wert<br />
von fast 39 Monaten mit einer Fünfjahresrate von 20%.<br />
Soweit die unterschiedliche Zusammensetzung und<br />
die wechselnde Aufglie<strong>der</strong>ung des Beobachtungsgutes,<br />
sowie die statistische Durchmischung von Lebenden<br />
und Verstorbenen, wie auch <strong>der</strong> Mangel einer ausreichenden<br />
Anzahl Unbehandelter eine vergleichende<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Lebenserwartung für die <strong>Hämoblastosen</strong><br />
es überhaupt erlauben, kann doch im Gegensatz<br />
zu zahlreichen in <strong>der</strong> Literatur festgelegten<br />
Angaben auf Grund unserer Statistiken mit <strong>der</strong><br />
Wahrscheinlichkeit gerechnet werden, daß die Chemotherapie<br />
bei allen <strong>Hämoblastosen</strong> eine gewisse Verlängerung<br />
<strong>der</strong> Lebensdauer gegenüber den unbehandelten<br />
Fällen zu erreichen in <strong>der</strong> Lage ist, wenn auch<br />
im wechselnden Ausmaß. Für den Bereich <strong>der</strong> akuten<br />
Leukosen, <strong>der</strong> chronischen Lymphadenosen, <strong>der</strong><br />
lymphoiden Reticulosen und <strong>der</strong> Plasmocytome ist<br />
<strong>der</strong> lebensverlängernde Effekt <strong>der</strong> Chemotherapie dem<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Therapieformen (Röntgenstrahlen, Isotopen)<br />
deutlich überlegen, bei den chronischen Myelosen,<br />
den Lymphogranulomen und Retothelsarkomen<br />
offenbar gleichwertig.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Lymphogranulome und Retothel-<br />
sarkome pflichten wir durchaus den For<strong>der</strong>ungen von<br />
LINKE bei, <strong>der</strong> eine Verlängerung <strong>der</strong> Lebensdauer<br />
erwarten zu können glaubt, wenn diese Krankheitszustände<br />
möglichst frühzeitig therapiert werden und<br />
die cytostatische Behandlung als Dauertherapie durchgeführt<br />
wird. Wir mußten häufig beobachten, daß<br />
Lymphogranulomkranke nach mehrwöchigem Absetzen<br />
<strong>der</strong> cytostatischen Therapie einen neuen Schub<br />
ihrer Krankheit erlitten haben. Die Angabe von<br />
WÜST und JANSSEN, daß unter dem Einfluß <strong>der</strong><br />
cytostatischen Therapie <strong>der</strong> Umschlag einer Lymphogranulomatose<br />
in sarkomatöse Entartung häufiger sei<br />
als früher, scheint uns noch nicht erwiesen zu sein.<br />
Das bei <strong>der</strong> Lymphogranulomatose erreichbare Ziel ist<br />
die von DOERR beschriebene Umwandlung von<br />
lymphogranulomatösem Gewebe in fibrös-hyalines<br />
Narbengewebe. Die praktisch so wichtige Frage, ob<br />
für die chronischen Leukosen mit <strong>der</strong> manchmal lange<br />
sich hinziehenden Phase fehlen<strong>der</strong> Beschwerden auch<br />
das Prinzip <strong>der</strong> Frühbehandlung Gültigkeit beanspruchen<br />
darf, ist immer schon unterschiedlich<br />
beantwortet worden und kann wohl auch heute noch<br />
nicht klar entschieden werden. Wir selbst bevorzugen<br />
die frühzeitige Chemotherapie.<br />
Wenn die Chemotherapie eine befristete Verlänge-<br />
rung <strong>der</strong> Lebensdauer zu erreichen vermag, so stellt<br />
sich die Frage, wieweit die gewonnene Lebenszeit<br />
verbunden ist mit einer Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschwerden und<br />
einer Verbesserung und Verlängerung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Patienten. Dies wird – ins-<br />
beson<strong>der</strong>e für die unter hohen Corticosteroiddosen<br />
stehenden - kindlichen akuten Leukosen auf Grund<br />
<strong>der</strong> therapeutisch ausgelösten einschneidenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Persönlichkeitsstruktur des öfteren<br />
bezweifelt, im übrigen aber bejaht. Um zu einer<br />
gewissen Objektivierung <strong>der</strong> Therapieergebnisse zu<br />
gelangen, haben wir die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
vom Krankheitsbeginn an für jeden Patien-<br />
ten verfolgt und für jede Krankheitsgruppe statistisch<br />
ausgewertet.<br />
Der klinische Begriff <strong>der</strong> Remission nach hämatologischen<br />
und symptomatischen Kriterien erwies sich