Arbeitsrecht - Löwisch, Leseprobe
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{luchterh_neu}20070266_Loewisch/Kap01.3D 12.09.2007 S.33<br />
zug auf die Begründung von Arbeitsverhältnissen, den beruflichen Aufstieg und das Arbeitsentgelt<br />
unzulässig und nach dem AGG verboten (vgl. Rn 136 ff.).<br />
Gesetzliche Quotenregelungen, nach denen bei Einstellungen und Befçrderungen Frauen gegenüber<br />
männlichen Bewerbern zu bevorzugen sind, sind als Fçrdermaßnahme nach Art. 3 II S. 2 GG gerechtfertigt,<br />
wenn sie sicherstellen, dass zunächst die bessere Qualifikation den Ausschlag gibt und bei gleicher<br />
Qualifikation der Vorrang der weiblichen Bewerber entfällt, wenn andere relevante Kriterien wie<br />
etwa Unterhaltspflichten zugunsten eines männlichen Bewerbers überwiegen. 50 Auf die für den çffentlichen<br />
Dienst des Bundes geltende Quotenregelung in § 8 Bundesgleichstellungsgesetz trifft das<br />
zu. 51<br />
Nach Art. 3 III S. 1 GG ist die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern wegen der<br />
Abstammung, also der Beziehung zu einer bestimmten Familie oder Volksgruppe, wegen<br />
der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens und der religiçsen oder<br />
politischen Anschauungen unzulässig. Art. 3 III S. 2 GG verbietet auch die Benachteiligung<br />
wegen einer Behinderung. Diese Diskriminierungsverbote sind nunmehr ebenfalls<br />
durch das AGG umgesetzt, das in Umsetzung der Gleichbehandlungs- Rahmenrichtlinie<br />
der EG (Rn 159) auch eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters oder der sexuellen<br />
Identität verbietet. Siehe im Einzelnen Rn 136 ff.<br />
2. Umsetzung der Grundrechte im <strong>Arbeitsrecht</strong><br />
a) Bindung der Normgebung<br />
Nach Art. 1 III GG binden die Grundrechte die Gesetzgebung als unmittelbar geltendes<br />
Recht. Das gilt auch für die Tarifvertragsparteien als Normgeber (Rn 302).<br />
Eine besondere Rolle hat dabei seit dem 1. 1. 1953, dem Datum, zu dem nach Art. 117 GG das dem<br />
Art. 3 II GG entgegenstehende Recht außer Kraft getreten ist, die Verwirklichung der Gleichberechtigung<br />
von Mann und Frau auf dem Feld der Entgelttarifverträge gespielt. Bereits mit einem Urteil<br />
vom 15. 1. 1955 52 hat das BAG unterschiedliche tarifliche Lohngruppen für Männer und Frauen für<br />
verfassungswidrig erklärt. Inzwischen hat der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf Art. 119<br />
EGV (jetzt Art. 141 EG) und die dazu ergangene Richtlinie 75/117/EWG ausgesprochen, dass auch<br />
eine tarifliche Entgeltordnung, die zwar nicht direkt nach dem Geschlecht differenziert, aber in ihren<br />
Gruppen an Eigenschaften anknüpft, die Männer eher besitzen als Frauen, diskriminierend sein kann.<br />
Zwar reiche es dafür noch nicht aus, dass eine dieser Gruppen auf solche Merkmale abstelle. Jedoch<br />
müsse, wenn dies der Fall sei, die Entgeltordnung des Tarifvertrages insgesamt in dem Sinne ausgewogen<br />
sein, dass in anderen Gruppen gleichwertige Kriterien berücksichtigt werden, die Arbeitnehmerinnen<br />
typischerweise eher besitzen als Arbeitnehmer. 53 Die vom EuGH unter diesem Gesichtspunkt<br />
beanstandete Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten ist inzwischen durch § 4 I TzBfG<br />
verboten (dazu Rn 140).<br />
b) Unmittelbare Drittwirkung des Art. 9 III GG<br />
§ 4 <strong>Arbeitsrecht</strong> und Verfassung 33<br />
Fall 5: X verpflichtet sich gegenüber der für sein Unternehmen zuständigen Gewerkschaft, drei Jahre<br />
lang nur Arbeitnehmer einzustellen, die dieser Gewerkschaft bereits angehçren. Er fordert deshalb<br />
den Arbeitsplatzbewerber A, den er vor anderen für qualifiziert hält auf, der Gewerkschaft beizutreten.<br />
Als dieser ablehnt, stellt X einen anderen Bewerber ein. A verlangt Einstellung, jedenfalls will er,<br />
50 Siehe dazu in Bezug auf die Gleichbehandlungsrichtlinie der EG EuGH 17. 10. 1995 (Kalanke), AP<br />
Nr. 6 zu EWG-Richtlinie Nr. 76/207 = BB 1995, 2481 = NJW 1995, 3109 = NZA 1995, 1095 = EzA<br />
Art. 3 GG Nr. 47; EuGH 11. 11. 1997 (Marschall), AP Nr. 14 EWG-Richtlinie Nr. 76/207 = DB 1997,<br />
2383 = BB 1997, 2590 = NJW 1997, 3429 = NZA 1997, 1337 = EzA Art. 3 GG Nr. 69.<br />
51 KompaktK/ Kramer, Art. 3 GG Rn 78 ff; Jarass/ Pieroth, GG, 7. Auflage 2004, Art. 3 Rn 103.<br />
52 AP Nr. 4 zu Art. 3 GG = NJW 1955, 684.<br />
53 EuGH 1. 7. 1986, AP Nr. 13 zu Art. 119 EWG-Vertrag = DB 1986, 1877 = NJW 1987, 1138 und 27. 6.<br />
1990, AP Nr. 21 zu Art. 119 EWG-Vertrag = DB 1991, 100 = NZA 1990, 771= EzA Art. 119 EWG-<br />
Vertrag Nr. 3.<br />
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