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2. Perspektiven der Energiearmutsdiskussion<br />
Perspektiven der Energiearmutsdiskussion<br />
Anknüpfungspunkte für Diskussionen zu Energiearmut lassen sich in verschiedenen politi-<br />
schen Bereichen finden: Sozialpolitik, Einkommensverteilung, Energieeffizienz, Wohnstan-<br />
dards, Gesundheitspolitik etc. (vgl. Sunderland/Croft 2011). Oft bedingt gerade diese Viel-<br />
schichtigkeit des Problems und das damit verbundene „Silodenken“ der einzelnen Politikbe-<br />
reiche, dass ein effizientes Vorgehen verhindert wird.<br />
Tatsächlich ist es wichtig, mehr als eine Perspektive von Energiearmut zu erkennen, um mög-<br />
liche Synergieeffekte nutzen und widersprüchliche Strategien vermeiden zu können. Im Fol-<br />
genden wird die Problematik von Energiearmut daher aus verschiedenen Blickwinkeln be-<br />
trachtet: Armut und deren Bekämpfung, Gesundheit und Wohlbefinden, Klimawandel und<br />
CO2-Reduktion (vgl. Hills 2011).<br />
2.1. Armut und deren Bekämpfung<br />
In Österreich waren 2010 rund 12 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet, rund 4 Prozent<br />
sahen sich mit materieller Deprivation konfrontiert und rund 6 Prozent lebten sogar in (nahe-<br />
zu) erwerbslosen Haushalten (vgl. Statistik Austria 2012). Insgesamt kann in Österreich ent-<br />
sprechend der Definition der Europa 2020-Strategie von 17 Prozent Ausgrenzungsgefährde-<br />
ten (1,4 Millionen Personen) ausgegangen werden (vgl. ebenda). Laut EU-SILC 2010 liegt die<br />
Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt in Österreich bei 12.371 Euro pro<br />
Jahr bzw. 1.031 pro Monat (vgl. Statistik Austria 2011a). Als Risikogruppen gelten dabei vor<br />
allem Familien mit drei und mehr Kindern, Menschen mit Behinderung oder Migrationshin-<br />
tergrund, alleinerziehende sowie bildungsferne Personen (vgl. ebenda).<br />
Eng verknüpft mit dem Armutsdiskurs stellen sich zumeist auch Fragen der Verteilungsge-<br />
rechtigkeit. Eine der bekanntesten Theorien in diesem Kontext stammt von John Rawls<br />
(1971), demzufolge Rechte, Freiheiten, Einkommen und Vermögen auf eine Weise verteilt<br />
werden sollten, dass eine Person, die nicht weiß, welche Position sie zukünftig in der Gesell-<br />
schaft einnehmen wird, diese Verteilung als gerecht ansehen würde. Entsprechend dieser<br />
Theorie sollte sich sozialpolitisches Handeln an der Situation der am schlechtesten gestellten<br />
Mitglieder der Gesellschaft orientieren (vgl. Badelt/Österle 2001). Im Gegensatz zu diesem<br />
Ansatz steht für Amartya Sen (2009) die Frage im Vordergrund, was Menschen für ein gutes<br />
Leben benötigen. Im Zentrum seiner Gerechtigkeitsvorstellung stehen Befähigungen („capa-<br />
bilities“), über die jedeR verfügen muss, um ihr/sein Leben erfolgreich gestalten zu können.<br />
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