lvaktuell 09-07.indd - BdP Landesverband Hessen
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»Aber wir sind nun mal eine Jugendorganisation«, sagt Roland Baetzel. Die aktive Arbeit sollten Jüngere<br />
übernehmen. Wenn diese Amtszeit vorüber sei, dann sei für ihn erst einmal Schluss. Probleme, um die er<br />
sich kümmern muss, gibt es bis dahin noch genug. Und auch für seine Nachfolger werden sie noch reichen.<br />
Wie etwa, in Ostdeutschland Tritt zu fassen, wo offenbar die eigene Methode nicht greift und auch nach über<br />
15 Jahren Learning by Doing die Idee der Pfadfi nderei ein Feuer ist, das einfach nicht zünden will.<br />
Im Osten Deutschlands stehen Hemd und Halstuch für Gleichförmigkeit<br />
Offenbar reicht es nicht, pfadfi nderische »Starter-Sets« zu verschicken – so hatte man es kurz nach der<br />
Wende versucht. Wie bei Ikea. Nur gab es statt Besteck und Teller für die erste Wohnung auf Anfrage eine<br />
Kote und Literatur für den ersten Stamm. Ein Pfadfi nder-Bastelsatz in Lebensgröße, allerdings fehlten im<br />
Paket immer erfahrene Leiter. Von den aus Starter-Sets des <strong>BdP</strong> in Ostdeutschland entstandenen Gruppen<br />
existiert heute noch eine.<br />
Fast alle Pfadfi nderverbände laborieren daran, dass ostdeutsche Jugendliche lieber zum Technischen<br />
Hilfswerk oder zur freiwilligen Feuerwehr gehen. Dazu kommen spezifi sche Probleme. Den katholischen<br />
Bünden fehlt zum Aufbau von Gruppen ein Netz aus Gemeinden. Und dem <strong>BdP</strong>, sagt Roland Baetzel, habe<br />
seine blaue Kluft im Osten auch nicht gerade geholfen. Wer soll auch verstehen, dass Hemd und Halstuch,<br />
die doch jahrzehntelang für Gleichförmigkeit standen, plötzlich die Kluft der Individualität sein sollen?<br />
Zumindest auf Burg Ludwigstein, unweit von Kassel inmitten von dichtem Wald und Streuobstwiesen,<br />
besitzen auch die ostdeutschen Pfadfi nder nun auf ewig ihren Platz. In Schränken und hinter tresorähnlichen<br />
Schiebetüren lagert dort die Geschichte der Jugendbewegung und – zumindest eines Teils – der Pfadfi nder.<br />
26.000 Bücher, 3.500 Zeitschriften, 620 Regalmeter Akten, 160.000 Fotos. Fahnen und Wimpel werden<br />
gesammelt und Halstücher, die wie in einer Krawattenhandlung sorgsam gewickelt in Schubladen liegen.<br />
Eine kleine Ausstellung von Pfadfi ndern zeigt man im Turm des Hauptgebäudes: Kluft, Fahnen, Abzeichen.<br />
Etwas Museales hat die Sammlung, als wären die Pfadfi nder da angekommen, wo sie ein Großteil der<br />
Gesellschaft ohnehin längst vermutet. Auf Karton kleben Bilder aus verschiedenen Jahrzehnten, irritierende<br />
Aufnahmen sind das, fi xiert in einem Bad aus Zeitlosigkeit. Nie lässt sich das Datum aus Kleidung oder<br />
Frisuren, allenfalls aus Gegenständen ableiten.<br />
Auf einem Bild ist ein Mann zu sehen, eine Art Kniebundhose trägt er, hohe Socken und Hemd. Einer der<br />
kauzigen Typen, wie sie in einigen Lagern bis heute zu sehen sind. »Erstes Zeltlager der Pfadfi nder auf<br />
Brownsea Island, 1907«, steht unter dem Foto, »Lord Baden-Powell«.<br />
© DIE ZEIT, <strong>09</strong>.08.2007 Nr. 33<br />
Gute Taten täglich<br />
Zum hundersten Geburtstag: Ein paar Pfadfi nder-Weisheiten, die ewig halten. Von Michael Schlieben<br />
Sie tragen Halstücher und blaue Hemden. Die Kleinen heißen Wölfl inge, die Großen Ranger oder Rover.<br />
Sie spielen Gitarre am Lagerfeuer oder wandern durch den Wald. Was sonderlich wirkt, ist tatsächlich eine<br />
Erfolgsgeschichte. Die Pfadfi nder sind mit 38 Millionen Mitgliedern aus 216 Ländern nicht nur die größte<br />
Jugendbewegung der Welt, sondern auch die größte Kaderschmiede für Wirtschaftsbosse. Bill Gates, Liz<br />
Mohn, König Carl Gustav von Schweden – sie alle waren Pfadfi nder. Der Erfolg basiert auf universellen<br />
Grundsätzen, die die verschiedenen Stämme, Meuten, Sippen und Rudel miteinander teilen. Jeder kennt das<br />
Schlaue Buch von Tick, Trick und Track. Historisches Vorbild dafür ist „Scouting for Boys“, herausgegeben<br />
1908 von General Robert Baden-Powell, der ein Jahr zuvor das Konzept der naturverbundenen<br />
Erlebnispädagogik erfand und an der englischen Südküste zum ersten Mal durchexerzierte. Zum hundersten<br />
Geburtstag dokumentieren wir die wichtigsten der Powell’schen Gebote – sie werden auch 2107 noch ihre<br />
Relevanz haben.