Muße
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<strong>Muße</strong> literarisch betrachtet<br />
Was ist <strong>Muße</strong>?<br />
Auszüge aus Josef Pieper:<br />
<strong>Muße</strong> und Kult<br />
(München 1952)<br />
„Die <strong>Muße</strong> ist nicht die<br />
Haltung dessen, der eingreift,<br />
sondern dessen,<br />
der sich öffnet; nicht dessen,<br />
der zupackt, sondern<br />
dessen, der loslässt, der<br />
sich loslässt und überlässt<br />
– fast wie ein Schlafender<br />
sich überlässt“<br />
(53).<br />
Und wie das Buch Hiob<br />
(35,10) sagt, Gott schenke<br />
die Lieder in der<br />
Nacht, und wie das<br />
schlichte Volk es weiß,<br />
dass der Herr den Seinen<br />
das Glück und was ihnen<br />
frommt im Schlafe gebe<br />
– so auch werden dem<br />
Menschen die großen, die<br />
glücklichen, die niemals<br />
erjagbaren Einsichten<br />
und Einfälle vor allem in<br />
der <strong>Muße</strong> zuteil“ (54).<br />
„Gegen die Ausschließlichkeit<br />
des Richtbildes<br />
der Arbeit als Mühe steht<br />
die <strong>Muße</strong> als die Haltung<br />
feiernder Betrachtung.<br />
Die innere Festlichkeit<br />
des Feiernden gehört, wie<br />
es auch in der einzigartigen<br />
deutschen Prägung<br />
‚Feierabend’ zu Wort<br />
gebracht ist, zum Kern<br />
dessen, was wir mit <strong>Muße</strong><br />
meinen. <strong>Muße</strong> ist nur<br />
möglich unter der Voraussetzung,<br />
dass der<br />
Mensch nicht allein dem<br />
wahren Wesen seiner zustimme,<br />
sondern dass er<br />
auch mit dem Sinn der<br />
Welt in Übereinstimmung<br />
sei“ (55).<br />
„Die <strong>Muße</strong> hat ihre<br />
Rechtfertigung darin, daß<br />
der Mensch fähig bleibe,<br />
die Welt als Ganzes in<br />
den Blick zu bekommen<br />
und hierin sich selber zu<br />
verwirklichen als ein auf<br />
das Ganze des Seins angelegtes<br />
Wesen.<br />
Um dessentwillen gehört<br />
die Kraft zur <strong>Muße</strong> zu<br />
den Grundkräften der<br />
Seele. Sie ist, ebenso wie<br />
die Gabe des kontemplativen<br />
Sichversenkens in<br />
das Seiende und die Fähigkeit<br />
zur festlichen Er-<br />
hebung des Gemüts, die<br />
Kraft, in der Überschreitung<br />
der Arbeitswelt Berührung<br />
zu gewinnen zu<br />
übermenschlichen, Leben<br />
spendenden Seinsmächten,<br />
die uns dann erquickt<br />
und erneuert in den wachen<br />
Werktag entlassen“<br />
(58).<br />
Aristoteles sagt von der<br />
<strong>Muße</strong>, der Mensch könne<br />
sie „nicht leben, sofern er<br />
Mensch ist, sondern nur,<br />
sofern ein Göttliches in<br />
ihm wohnt“ (59).<br />
Dr. Johannes Schwarte<br />
Mitglied des AChoM<br />
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