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Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit

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Gleitend in den Ruhestand?<br />

– <strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> tatsächliche<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>


Gleitend in den Ruhestand?<br />

– <strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> tatsächliche<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Verfasser:<br />

Dr. Heiner Stück<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Herausgeberin<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

Bürgerstraße 1, 28195 Bremen<br />

Tel. 0421 . 36 30 10<br />

Fax 0421 36 30 189<br />

E-Mail: info@arbeitnehmerkammer.de<br />

Internet: http://www.arbeitnehmerkammer.de<br />

Bremen, Juni 2003<br />

Schutzgebühr 5,50 Euro. Für Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer kostenlos.<br />

ISBN: 3-89156-070-2


Vorwort<br />

Das Thema „Arbeitszeit“ ist seit langem ein zentrales Thema <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />

– spätestens seit dem Schwerpunktprogramm „teilZeit – Lebensqualität trotz<br />

Beschäftigungskrise“ im Jahr 1998. Denn für die Arbeitnehmerkammer ist die Frage<br />

<strong>der</strong> Gestaltung von Arbeitszeit <strong>und</strong> die mögliche Umverteilung von Arbeit durch<br />

<strong>Teil</strong>zeit-Modelle eine zentrale Strategie bei <strong>der</strong> Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.<br />

Deshalb hat sich die Arbeitnehmerkammer auch im Bündnis sehr engagiert dafür<br />

eingesetzt, die Chancen neuer Arbeitszeitmodelle <strong>und</strong> entsprechen<strong>der</strong> Vereinbarungen<br />

zwischen den gesellschaftlichen Akteuren für eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu<br />

nutzen.<br />

Die jetzt vorliegende Studie zur Praxis <strong>der</strong> Alters-<strong>Teil</strong>zeit ist ebenfalls diesem Interesse<br />

verpflichtet. Aus Sicht <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer darf es bei <strong>der</strong> Realisierung des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes nicht darum gehen, dass Betriebe ihre älteren Mitarbeiter<br />

kostengünstig möglichst frühzeitig loswerden. Das ArbeitnehmerInneninteresse kommt<br />

dann zum Zuge, wenn ältere ArbeitnehmerInnen dank dieses Gesetzes den Übergang<br />

in den Ruhestand stärker an eigenen biografischen Interessen orientiert organisieren<br />

können – <strong>und</strong> wenn gleichzeitig durch die Inanspruchnahme dieses Gesetzes arbeitslose<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> jüngere ArbeitnehmerInnen den Zutritt in Beschäftigung finden.<br />

Die Studie macht deutlich, wie wenig selbstverständlich dieses „gleichzeitig“ ist.<br />

Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Studie nüchtern die aktuelle Situation in<br />

Bremer Betrieben untersucht, um so auch <strong>der</strong> betrieblichen Interessenvertretung<br />

insgesamt Orientierungswissen bei <strong>der</strong> Umsetzung des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes an die<br />

Hand zu geben.<br />

In diesem Sinne verstehen wir die vorliegende Studie als Dienstleistung für die<br />

ArbeitnehmerInnen im Lande Bremen <strong>und</strong> ihre jeweilige Interessenvertretung – <strong>und</strong><br />

als Merkposten für die Politik im Hinblick auf Möglichkeiten einer aktiven Arbeitsmarktpolitik.<br />

Dr. Hans-Ludwig Endl Heinz Möller<br />

Geschäftsführer Geschäftsführer


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort........................................................................................................ 3<br />

Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung ..................................................................... 5<br />

<strong>Teil</strong> I<br />

<strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> <strong>faktische</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Problemstellung ...................................................................................... 6<br />

Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung älterer Erwerbspersonen ........................... 8<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als alternativer Vorruhestand........................... 9<br />

Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000)............................... 15<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> .......................................... 16<br />

Zusammenfassung: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> .............. 29<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung (WSI) zur Nutzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Betrieben <strong>und</strong> Behörden (Deutschland)......................... 31<br />

<strong>Teil</strong> II<br />

Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Bremer Betrieben<br />

Bremer Straßenbahn AG......................................................................... 41<br />

Siemens AG, ZN Bremen........................................................................ 63<br />

Stahlwerke Bremen GmbH ..................................................................... 68<br />

Airbus Deutschland GmbH ..................................................................... 78<br />

Brauerei Beck & Co, Bremen................................................................... 90<br />

<strong>Teil</strong> III<br />

Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst des Landes Bremen<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen................................................................................ 101<br />

Rahmenbedingungen ........................................................................... 102<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur............................................................... 104<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung .................................................... 109<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong><br />

öffentlichen Verwaltung........................................................................ 111<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst ....................... 115<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen .......... 119<br />

Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung........................................................ 124<br />

Nachwort ................................................................................................. 130<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen, Schaubil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Abbildungen ............................... 132<br />

4


Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung<br />

5<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes wie auch <strong>der</strong> Abschluss von neuen<br />

Tarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> haben in vielen Branchen dazu geführt, dass die<br />

Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> in den letzten Jahren rasant gestiegen ist. In<br />

vielen Betriebsvereinbarungen werden die gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n Bedingungen<br />

für das vorzeitige o<strong>der</strong> allmähliche Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für die<br />

Beschäftigten noch erheblich verbessert. Wurde mit dem „Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines<br />

gleitenden Übergangs in den Ruhestand“ (<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz) die frühere Praxis <strong>der</strong><br />

Frühverrentung tatsächlich abgelöst o<strong>der</strong> lediglich verän<strong>der</strong>t? <strong>Altersteilzeit</strong> bildet heute<br />

in vielfältiger Form einen wichtigen Bestandteil <strong>der</strong> betrieblichen Realität <strong>und</strong> ein<br />

zentrales Arbeitsfeld <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie Betriebs- <strong>und</strong> Personalleiter.<br />

Wird <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument des Personalabbaus o<strong>der</strong> als Chance eines<br />

Austausches von älteren durch jüngere Beschäftigte genutzt? Welche Faktoren<br />

bestimmen das Niveau <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die älteren<br />

Beschäftigten sowie das Ausmaß <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung von frei werdenden Arbeitsplätzen?<br />

Welche Gründe lassen sich ausmachen für die unterschiedliche Ausgestaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in den Betrieben? Bestehen tatsächlich gleiche Möglichkeiten<br />

für die Beschäftigten, zwischen den konkurrierenden Varianten „Blockmodell“ <strong>und</strong><br />

„<strong>Teil</strong>zeitmodell“ zu wählen? Viele Tarifverträge schließen das <strong>Teil</strong>zeitmodell gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

aus. Welche Präferenzen haben Arbeitgeber, Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie<br />

die Beschäftigten hinsichtlich <strong>der</strong> unterschiedlichen Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>?<br />

Welche Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge werden in Verbindung mit dem Lebensalter<br />

von den Beschäftigten gewählt? Viele Fragen stellen sich beim Thema <strong>der</strong><br />

betrieblichen Umsetzung von <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Tarifvertrag. Durch<br />

die Vorstellung von verschiedenen Ansätzen zur Anwendung des personalpolitischen<br />

Instruments „<strong>Altersteilzeit</strong>“ sollen Antworten auf diese Fragen gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Ausgangspunkt dieser Untersuchung war ein im Mai 2002 von <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />

Bremen veranstalteter Workshop („<strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> Personalpolitik“), auf<br />

dem die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie die Personalverantwortlichen aus einigen<br />

Betrieben <strong>und</strong> Behörden über ihre <strong>Altersteilzeit</strong>modelle berichteten. Mit Expertengesprächen<br />

(Personalleitung, Betriebsrat) sowie <strong>der</strong> Auswertung von betrieblichen<br />

Statistiken zur Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Beschäftigten konnten<br />

diese Berichte aus den Betrieben <strong>und</strong> Behörden weiter vertieft werden. Die Untersuchung<br />

beschränkt sich auf Bremer Großbetriebe – anzunehmen ist, dass in Mittel<strong>und</strong><br />

Kleinbetrieben an<strong>der</strong>e Strukturen <strong>der</strong> Nutzung von <strong>Altersteilzeit</strong> anzutreffen sind.<br />

Den Betriebs- <strong>und</strong> Dienstvertragsparteien soll an dieser Stelle nochmals ausdrücklich<br />

für ihre Kooperation mit <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen Dank gesagt werden.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

<strong>Teil</strong> I<br />

<strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> <strong>faktische</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Problemstellung<br />

Die Kluft zwischen dem Lebensalter beim Austritt aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Regelaltersgrenze von 65 Jahren hat sich vergrößert. Bisher bestehende Wege zur<br />

Überbrückung dieser Kluft sind aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenreform, die auf eine Verlängerung<br />

<strong>der</strong> Lebensarbeitszeit abzielt, inzwischen eingeschränkt o<strong>der</strong> sogar abgeschafft<br />

worden (wie z. B. die so genannte 59er-Regelung). Die Lage auf dem Arbeitsmarkt<br />

verschärft demgegenüber das Beschäftigungsrisiko <strong>der</strong> älteren Arbeitnehmer/innen, so<br />

dass die Schere zwischen dem Berufsaustrittsalter <strong>und</strong> dem regulären Rentenzugangsalter<br />

sich noch vergrößern wird. Auf <strong>der</strong> einen Seite werden die älteren Erwerbspersonen<br />

zur Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit gesetzlich verpflichtet – <strong>und</strong><br />

inzwischen mit Rentenabschlägen „bestraft“, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen<br />

–, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sind die meisten älteren Erwerbspersonen aus objektiven<br />

Gründen – Zunahme <strong>der</strong> Arbeitsbelastungen, Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Altersgrenzen – nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen.<br />

Bisher konnten die Unternehmen sich <strong>der</strong> alternden Belegschaften durch die Praxis<br />

<strong>der</strong> Frühverrentung „entledigen“. Der mit dem „Kostendruck“ allseits legitimierte<br />

Personalabbau wurde vor allem über die Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Beschäftigter im<br />

Rahmen von Vorruhestandsregelungen in den Unternehmen bewältigt. Die betriebliche<br />

Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung wurde durch die korrespondierende Inanspruchnahme<br />

des Vorruhestandes durch die älteren Beschäftigten zudem zu einem gesellschaftlich<br />

akzeptierten Modell <strong>der</strong> Lebensplanung: Die gesetzliche Regelaltersgrenze für den<br />

Übergang in den Ruhestand bildet für die Beschäftigten schon lange nicht mehr den<br />

Zielpunkt ihrer Orientierung. Vielmehr hat die Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung dazu geführt,<br />

dass die Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen Altersgrenze für den (vorzeitigen) Austritt aus<br />

dem Erwerbsleben von den älteren Beschäftigten selbst als gesellschaftliche Norm<br />

akzeptiert wird. Das Lebensalter von 60 Jahren hat sich für die meisten Angestellten<br />

als „magische Zahl“ für den angestrebten Übergang in den Ruhestand etabliert.<br />

Demgegenüber bildet die Altersgrenze von 55 Jahren für die Arbeiter bereits eine<br />

kritische Schwelle, so dass die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Form des Blockmodells<br />

eine Fortsetzung <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung mit an<strong>der</strong>en Mitteln ermöglicht,<br />

insbeson<strong>der</strong>e in den Industriebetrieben mit belasten<strong>der</strong> Schichtarbeit (Stahlindustrie,<br />

Automobilindustrie).<br />

Gleichwohl sind in den 90er-Jahren trotz des massiven Personalabbaus – insbeson<strong>der</strong>e<br />

durch die vorzeitige Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Beschäftigter – die Anteile <strong>der</strong> älteren<br />

Erwerbstätigen an den Belegschaften weiter angestiegen, weil aufgr<strong>und</strong> des gleichzeitigen<br />

Einstellungsstopps kaum noch Neueinstellungen von jüngeren Erwerbspersonen<br />

6


7<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

stattfanden, so dass die Belegschaft in vielen Betrieben sich ausschließlich auf die<br />

mittlere Altersgruppe (35 – 55 Jahre) konzentriert. Diese in den Unternehmen noch<br />

unzureichend thematisierte Altersstruktur („gestauchte Alterspyramide“) wird daher in<br />

diesem Jahrzehnt zur weiteren Alterung <strong>der</strong> Belegschaften in vielen Betrieben führen.<br />

Gleichzeitig wird <strong>der</strong> „demographische Umbruch“, d. h. die Alterung <strong>der</strong> Wohnbevölkerung,<br />

auch zur Alterung <strong>der</strong> Erwerbsbevölkerung führen 1 . Während die Belegschaften<br />

altern, rücken aus demographischen Gründen gleichzeitig weniger Nachwuchskräfte<br />

nach. In den Unternehmen wird diese demographische <strong>Entwicklung</strong> in langfristiger<br />

Perspektive noch kaum thematisiert. Werden die Unternehmen in <strong>der</strong> Lage sein,<br />

die steigenden Anteile älterer Arbeitnehmer/innen überhaupt zu beschäftigen (ohne<br />

die Arbeits-, Leistungs-, Weiterbildungsbedingungen gr<strong>und</strong>legend zu verän<strong>der</strong>n)? Viele<br />

Unternehmen stecken bereits in <strong>der</strong> „demographischen Falle“ (zu viele Frührentner/zu<br />

wenig Nachwuchs): Die Kernbelegschaft im mittleren Alter wächst allmählich in die<br />

Kategorie <strong>der</strong> „älteren Arbeitnehmer“ hinein. Bereits in zehn Jahren werden nur noch<br />

20 Prozent <strong>der</strong> Erwerbspersonen jünger als 30 Jahre sein, während ein Drittel <strong>der</strong><br />

Erwerbstätigen bereits die Altersgrenze von 50 Jahren überschritten haben wird. Die<br />

Situation ist paradox: Einerseits klagen schon jetzt viele Unternehmen über Fachkräftemangel,<br />

an<strong>der</strong>erseits sind das Erwerbsleben <strong>und</strong> die Laufbahnen in den Unternehmen<br />

darauf ausgerichtet, Mitarbeiter bereits ab 55 Jahren in den Vorruhestand zu<br />

schicken. Vielleicht lässt sich diese <strong>Entwicklung</strong> mit dem Bild einer „Gr<strong>und</strong>see“<br />

vergleichen, die durch das Zusammentreffen zweier entgegengesetzter Strömungen<br />

entsteht: Während auf <strong>der</strong> einen Seite auf betrieblicher Ebene die Frühverrentung<br />

fortgesetzt <strong>und</strong> durch die hohe Arbeitslosigkeit legitimiert wird, wird auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite auf gesellschaftlicher Ebene aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels eine<br />

längere Berufstätigkeit <strong>der</strong> älteren Beschäftigten gefor<strong>der</strong>t. Dabei wird jedoch nicht die<br />

Frage beantwortet, welche Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbedingungen sowie Weiterbildungsmaßnahmen<br />

für eine längere Beschäftigung „älterer Arbeitnehmer“ eigentlich<br />

notwendig wären, damit diese die Regelaltersgrenze wie<strong>der</strong> erreichen können. Eine<br />

„altersgerechte“ Personalpolitik, die sich den Herausfor<strong>der</strong>ungen des demographischen<br />

Wandels stellt, müsste gegenüber <strong>der</strong> vorherrschenden „jugendzentrierten“<br />

Personalpolitik erst noch entwickelt werden.<br />

Der Auffor<strong>der</strong>ung des Gesetzgebers, bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren erwerbstätig<br />

zu bleiben, steht die betriebliche Praxis <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> älteren<br />

Beschäftigten ab 55 Jahren entgegen. Damit entsteht objektiv die Schwierigkeit –<br />

wenn nicht sogar Unmöglichkeit – für die älteren Erwerbspersonen, bis zur Regelaltersgrenze<br />

erwerbstätig zu bleiben. Da sich die Kluft zwischen dem Lebensalter beim<br />

Austritt aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> dem gesetzlich normierten Rentenzugangsalter<br />

weiter vertieft, wird auch <strong>der</strong> Übergang in den Ruhestand immer „prekärer“, die<br />

Zeitspanne zwischen dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

1 Vgl. dazu das vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung geför<strong>der</strong>te Forschungsprojekt<br />

„Demographischer Wandel <strong>und</strong> Zukunft <strong>der</strong> Erwerbsarbeit am Standort Deutschland“.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

gesetzlichen Regelaltersgrenze (ohne Rentenabschläge) wird immer länger (10 Jahre<br />

bei vielen Beschäftigten in <strong>der</strong> Industrie). Es stellt sich die Frage, wie weit das<br />

Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (ATZ) den „prekär“ gewordenen Übergang in den Ruhestand<br />

in sichere Bahnen lenken kann, einen institutionell <strong>und</strong> finanziell abgesicherten<br />

Übergang in den Ruhestand ermöglichen kann.<br />

Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung älterer Erwerbspersonen<br />

Die Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> älteren Menschen ist in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik bzw. im<br />

früheren B<strong>und</strong>esgebiet im Zeitraum 1970 – 2000 insgesamt zurückgegangen. Die<br />

Aufschlüsselung <strong>der</strong> „Erwerbsquoten“ 2 nach Alters- <strong>und</strong> Geschlechtsgruppen zeigt für<br />

diesen Zeitraum einen drastischen Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> rentennahen<br />

Altersgruppen (von 60 bis unter 65 Jahren). Während 1970 noch drei Viertel <strong>der</strong><br />

Männer dieser Altersgruppe „Erwerbspersonen“ (Erwerbstätige <strong>und</strong> Erwerbslose)<br />

waren, betrug die „Erwerbsquote“ <strong>der</strong> Männer dieser Altersgruppe 1985 nur noch ein<br />

Drittel – <strong>und</strong> diese Erwerbsquote stagniert bis zum Jahr 2000 auf diesem Niveau (vgl.<br />

Tabelle 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kategorie „Erwerbspersonen“<br />

sowohl Erwerbstätige als auch Erwerbslose umfasst. Somit fällt die Erwerbstätigkeit<br />

<strong>der</strong> älteren abhängig Beschäftigten noch geringer aus, als mit den altersspezifischen<br />

Erwerbsquoten ausgewiesen. Die Erwerbsquote <strong>der</strong> Frauen im Alter von 60 bis unter<br />

65 Jahren lag immer weit unter <strong>der</strong> entsprechenden Erwerbsquote <strong>der</strong> Männer: Nach<br />

einem kontinuierlichen Rückgang von 22 Prozent (1970) auf 11 Prozent (1985) ist<br />

die Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> Frauen dieser rentennahen Altersgruppe jedoch wie<strong>der</strong><br />

gestiegen: auf 15 Prozent im Jahr 2000 (vgl. Tabelle 1). Die allgemein gestiegene<br />

Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> westdeutschen Frauen schlägt sich seit Mitte <strong>der</strong> 80er-Jahre<br />

auch bei den Frauen in <strong>der</strong> Spätphase des Erwerbslebens nie<strong>der</strong>: Die Erwerbsquote<br />

<strong>der</strong> Frauen im Alter von 50 bis unter 55 Jahren ist von 50 Prozent im Jahr 1985<br />

kontinuierlich bis auf nahezu 70 Prozent im Jahr 2000 angestiegen. Während die<br />

Erwerbsquote <strong>der</strong> Frauen im Alter von 55 bis unter 60 Jahren im Zeitraum 1970 –<br />

1985 relativ konstant bei ca. 38 Prozent lag, ist sie seitdem gleichfalls kontinuierlich<br />

angestiegen – bis auf ca. 54 Prozent im Jahr 2000.<br />

Bei den westdeutschen Frauen ist also in <strong>der</strong> Spätphase des Erwerbslebens eine<br />

ansteigende Erwerbsbeteiligung festzustellen, allerdings nimmt diese <strong>Entwicklung</strong><br />

ihren Ausgang – im Vergleich zu den westdeutschen Männern – auf einem viel<br />

niedrigeren Niveau (vgl. Tabelle 1). Die Altersgrenze von 55 Jahren markiert eine<br />

kritische Schwelle für die Beschäftigung von Männern: Die Erwerbsquote <strong>der</strong> Männer<br />

im Alter von 55 bis unter 60 Jahren ist in den letzten drei Jahrzehnten von 89<br />

Prozent (1970) mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> stetig auf 78 Prozent (2000) zurückgegangen.<br />

2 Die Erwerbsquoten bezeichnen die relativen Anteile <strong>der</strong> Erwerbspersonen (Erwerbstätige <strong>und</strong><br />

Erwerbslose) an <strong>der</strong> Wohnbevölkerung <strong>der</strong> jeweiligen Alters- <strong>und</strong> Geschlechtsgruppen. Die Erwerbspersonen<br />

umfassen nach <strong>der</strong> Stellung im Beruf: Selbständige, mithelfende Familienangehörige,<br />

abhängig Beschäftigte (Arbeiter, Angestellte, Beamte).<br />

8


9<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Dramatischer fällt jedoch <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung bei <strong>der</strong> rentennahen<br />

Altersgruppe <strong>der</strong> Männer (60 bis unter 65 Jahre) in diesem Zeitraum aus: von 75<br />

Prozent im Jahr 1970 bis auf 33 Prozent im Jahr 2000. Die Betrachtung dieser<br />

Erwerbsquoten verdeutlicht die Schwierigkeit – sowohl für Männer als auch für Frauen<br />

–, gegenwärtig noch bis zum 65. Lebensjahr im Erwerbsprozess zu verbleiben.<br />

Tabelle 1: Erwerbsquoten von Männern <strong>und</strong> Frauen nach Altersgruppen<br />

(BRD/früheres B<strong>und</strong>esgebiet)<br />

Alter von ... bis<br />

unter ... Jahren<br />

50 – 55<br />

➣ Männer<br />

➣ Frauen<br />

55 – 60<br />

➣ Männer<br />

➣ Frauen<br />

60 – 65<br />

➣ Männer<br />

➣ Frauen<br />

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000<br />

95,1<br />

44,8<br />

89,2<br />

37,2<br />

74,7<br />

22,5<br />

93,1<br />

47,4<br />

85,7<br />

38,4<br />

58,3<br />

16,4<br />

93,3<br />

47,1<br />

82,3<br />

38,7<br />

44,2<br />

13,0<br />

93,2<br />

50,2<br />

79,1<br />

37,8<br />

33,0<br />

10,9<br />

93,2<br />

57,8<br />

81,1<br />

43,8<br />

35,0<br />

12,5<br />

92,2<br />

63,8<br />

79,0<br />

48,8<br />

33,0<br />

13,0<br />

91,5<br />

69,2<br />

77,9<br />

53,5<br />

33,2<br />

14,9<br />

Erwerbsquote: Anteil <strong>der</strong> Erwerbspersonen an <strong>der</strong> Wohnbevölkerung entsprechenden Alters<br />

<strong>und</strong> Geschlechts. Die Kategorie „Erwerbspersonen“ umfasst sowohl Erwerbstätige<br />

als auch Erwerbslose.<br />

Quelle: Statistisches B<strong>und</strong>esamt: Statistische Jahrbücher.<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als alternativer Vorruhestand<br />

Gegenwärtig überwiegt in <strong>der</strong> Praxis die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument <strong>der</strong><br />

Frühverrentung, als Brückenschlag zwischen dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben<br />

<strong>und</strong> dem Übergang in das Rentnerleben. Im Folgenden soll nachgezeichnet werden,<br />

mit welchen Intentionen <strong>der</strong> Gesetzgeber ursprünglich die <strong>Altersteilzeit</strong> eingeführt hat.<br />

Mit dem Vorruhestandsgesetz, das von Mai 1984 bis Dezember 1988 galt, wurden<br />

Regelungen getroffen, die zur „Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den<br />

Ruhestand“ beitragen sollten. Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieses Gesetzes konnten <strong>tarifliche</strong><br />

Vereinbarungen über einen vorzeitigen Übergang in den Ruhestand abgeschlossen<br />

werden. In einzelnen Branchen wurden Vorruhestandstarifverträge vereinbart, welche<br />

die gesetzlichen Mindestleistungen teilweise verbesserten. Etwa 165.000 Beschäftigte<br />

haben damals auf <strong>der</strong> Basis dieser Tarifverträge den Vorruhestand in Anspruch


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

genommen. Die relativ geringe Inanspruchnahme wurde dadurch erklärt, dass nur für<br />

ein Drittel <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten überhaupt ein Vorruhestandstarifvertrag<br />

abgeschlossen worden war.<br />

Dieses Gesetz wurde Anfang 1989 durch das Gesetz zur „För<strong>der</strong>ung eines gleitenden<br />

Überganges älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand“ abgelöst, das bis Ende 1992<br />

befristet worden ist. Dieses <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz erwies sich in <strong>der</strong> Praxis als wirkungslos:<br />

Leistungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit wurden lediglich in ca. 500 Fällen<br />

erbracht. Die Inanspruchnahme dieses ATZ-Gesetzes war so gering, weil damals mit<br />

<strong>der</strong> so genannten 59er-Regelung eine konkurrierende Regelung bestand, die für die<br />

älteren Beschäftigten attraktiver war.<br />

So besaßen damals die Versicherten einen Anspruch auf die Altersrente wegen<br />

Arbeitslosigkeit, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hatten <strong>und</strong> vor Rentenbeginn<br />

mindestens ein Jahr lang arbeitslos waren; außerdem mussten in den letzten 10<br />

Jahren vor Rentenbeginn mindestens 8 Jahre Pflichtbeitragszeiten vorliegen <strong>und</strong> die<br />

Wartezeit von 15 Jahren (Beitragszeiten, Ersatzzeiten, usw.) musste erfüllt sein. Die<br />

Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde insbeson<strong>der</strong>e von den Großbetrieben dazu<br />

genutzt, über eine zumeist einjährige Phase von Arbeitslosigkeit – mit anschließendem<br />

Rentenbezug – die älteren Arbeitnehmer bereits mit 59 Jahren aus dem Erwerbsleben<br />

auszuglie<strong>der</strong>n. Die so genannte 59er-Regelung war mit geringen Renteneinbußen<br />

verb<strong>und</strong>en, so dass <strong>der</strong> Anreiz für die Beschäftigten, mit 60 Jahren in die Rente zu<br />

wechseln, stark ausgeprägt war. Das Lebensalter von 60 Jahren entwickelte sich<br />

unter den Beschäftigten als „magische Zahl“ für den Übergang in den Ruhestand;<br />

diese Altersgrenze etablierte sich als gesellschaftliche Norm für das Ausscheiden aus<br />

dem Erwerbsleben.<br />

In vielen Großbetrieben setzte <strong>der</strong> Personalabbau noch früher ein, nachdem die Dauer<br />

des Arbeitslosengeldbezuges schrittweise von 12 auf maximal 32 Monate verlängert<br />

worden war. Ab 57 Lebensjahren <strong>und</strong> vier Monaten konnten die älteren Beschäftigten<br />

nach Abschluss eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrages maximal 32 Monate<br />

lang Arbeitslosengeld <strong>und</strong> mit vollendetem 60. Lebensjahr die „Rente wegen Arbeitslosigkeit“<br />

beziehen. Rentenabschläge wegen vorzeitigem Rentenbezug fielen damals<br />

auf Basis <strong>der</strong> so genannten 59er-Regelung nicht an. Es ergaben sich lediglich gewisse<br />

Renteneinbußen dadurch, dass die Beitragszahlungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit an<br />

die Rentenversicherung während <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit 80 Prozent des Bruttoeinkommens<br />

betrugen (Lohnersatzleistung). Das Arbeitslosengeld wurde von den Großbetrieben<br />

im Rahmen <strong>der</strong> abgeschlossenen Sozialpläne noch durch Ausgleichszahlungen<br />

vielfach erheblich aufgestockt.<br />

Ab dem Jahr 1992 wurde diese Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung immer häufiger von den<br />

Großbetrieben angewandt. Die gestiegene Inanspruchnahme <strong>der</strong> Altersrente wegen<br />

10


11<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Arbeitslosigkeit 3 verursachte für die Rentenversicherung <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Arbeit enorme – für die Arbeitgeber jedoch vergleichsweise geringe – Kosten. Die<br />

Kosten <strong>der</strong> von den Arbeitgebern bevorzugten Frühverrentung auf Basis <strong>der</strong> 59er-<br />

Regelung verblieben also weitgehend bei <strong>der</strong> Solidargemeinschaft <strong>der</strong> Versicherten.<br />

Der Gesetzgeber nahm diese Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung aus finanz- <strong>und</strong> sozialpolitischen<br />

Gründen – angesichts <strong>der</strong> absehbaren demographischen <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

finanziellen Auswirkungen auf die Rentenversicherung – zum Anlass, um eine<br />

Kehrtwende in <strong>der</strong> Rentenpolitik einzuläuten: Anstelle <strong>der</strong> bisher praktizierten<br />

Verkürzung sollte nunmehr eine Verlängerung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit angestrebt<br />

werden. Die Kosten <strong>der</strong> Frühverrentung sollten zudem von <strong>der</strong> Sozialversicherung auf<br />

die Betriebe <strong>und</strong> die Beschäftigten verlagert <strong>und</strong> damit die Rentenversicherung<br />

entlastet werden. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurden die Altersgrenzen<br />

für die verschiedenen Rentenzugangsarten angehoben, um die Anreize für den<br />

Übertritt in den vorzeitigen Ruhestand zu verringern bzw. durch Rentenabschläge bei<br />

vorzeitiger Inanspruchnahme <strong>der</strong> jeweiligen Altersrenten zu „bestrafen“.<br />

Im Jahre 1996 wurde zur „Korrektur <strong>der</strong> Frühverrentungspraxis“ das Instrument <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> in neuer Form wie<strong>der</strong> eingeführt, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />

wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“<br />

umgewandelt. Das „Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“<br />

(<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz) ist am 1. August 1996 in Kraft getreten. Im § 1 dieses<br />

Gesetzes werden als Gr<strong>und</strong>sätze formuliert: „(1) Durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit soll älteren<br />

Arbeitnehmern ein gleiten<strong>der</strong> Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht<br />

werden. (2) Die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit för<strong>der</strong>t durch Leistungen nach diesem<br />

Gesetz die <strong>Teil</strong>zeitarbeit älterer Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit ab Vollendung des<br />

55. Lebensjahres (...) vermin<strong>der</strong>n, <strong>und</strong> damit die Einstellung eines sonst arbeitslosen<br />

Arbeitnehmers ermöglichen.“ Die Intention des Gesetzgebers besteht also eindeutig<br />

darin, den allmählichen Ausstieg aus dem Erwerbsleben mittels <strong>Teil</strong>zeitarbeit von<br />

älteren Arbeitnehmern zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> damit zugleich eine „Beschäftigungsbrücke“<br />

zwischen jungen <strong>und</strong> alten Beschäftigten herzustellen: Der durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

frei werdende <strong>Teil</strong>-Arbeitsplatz soll mit einem sonst arbeitslosen o<strong>der</strong> sonst arbeitslos<br />

werdenden Beschäftigten (nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung) wie<strong>der</strong> besetzt werden.<br />

Die rentenrechtlichen Än<strong>der</strong>ungen, die im Zusammenhang mit dem ATZ-Gesetz<br />

vorgenommen wurden, zielen zwar darauf ab, eine Brücke zwischen Arbeitsleben <strong>und</strong><br />

Ruhestand zu schlagen, an<strong>der</strong>erseits wird diese Brücke aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />

Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenzen durch die Rentenreform – gestaffelt nach Jahrgängen <strong>der</strong><br />

Beschäftigten – zunehmend „brüchig“ (zumindest in finanzieller Hinsicht).<br />

Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />

o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ umgewandelt. Die Voraussetzung einer einjährigen<br />

3 Im Jahre 1992 bezogen 54.000 Versicherte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, im Jahre 1993<br />

bereits mehr als doppelt so viele, im Jahre 1994 sogar über 200.000 <strong>und</strong> schließlich im Jahre 1995<br />

nicht ganz 300.000 Versicherte.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Arbeitslosigkeit wurde für diese Altersrente beibehalten, für den Anspruch auf die<br />

Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit werden dagegen mindestens 24 Monate von<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vorausgesetzt. Weitere Anspruchsvoraussetzungen sind: Die<br />

Versicherten müssen vor Rentenbeginn in den letzten 10 Jahren 8 Jahre Pflichtbeitragszeiten<br />

vorzuweisen sowie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.<br />

Die Altersgrenze für die „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“<br />

wird gemäß dem Rentenreformgesetz (1992) sowie dem ATZ-Gesetz (1996) in<br />

den Jahren 1997 bis 2001 schrittweise (nach Geburtsmonaten) von 60 auf 65<br />

Lebensjahre angehoben 4 . Diese schrittweise Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze ist inzwischen<br />

für die Geburtsmonate/-Jahrgänge von Januar 1937 bis Dezember 1941 abgeschlossen<br />

(Männer). Die Beschäftigten dieser Altersgruppen können die „Altersrente wegen<br />

Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit vollendetem 60. Lebensjahr zwar<br />

weiterhin vorzeitig in Anspruch nehmen, sie müssen jedoch, um „die Mehraufwendungen<br />

<strong>der</strong> Rentenversicherung aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> längeren Rentenbezugsdauer auszugleichen“,<br />

für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbezugs einen Abschlag von 0,3<br />

Prozent hinnehmen (3,6 % pro Jahr). Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung <strong>der</strong><br />

Altersgrenze von 60 auf 65 Jahre in den letzten Jahren (1997 – 2001) wirkt sich<br />

diese Regelung für die jüngeren nachteiliger als für die älteren Jahrgänge aus: Bei <strong>der</strong><br />

vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Altersrente (ohne Vertrauensschutz) 5 ab Vollendung<br />

des 60. Lebensjahres hat ein/e Beschäftigte/r mit Geburtsdatum Dezember<br />

1937 lediglich 3,6 Prozent, mit Geburtsdatum Dezember 1938 demnach 7,2<br />

Prozent, mit Geburtsdatum Dezember 1939 schon 10,8 Prozent, mit Geburtsdatum<br />

Dezember 1940 immerhin 14,4 Prozent <strong>und</strong> schließlich mit Geburtsdatum Dezember<br />

1941 den vollen Rentenabschlag von 18,0 Prozent hinzunehmen.<br />

Ab Geburtsdatum Januar 1942 haben also Beschäftigte, die die Altersrente wegen<br />

Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (ohne Vertrauensschutz) mit vollendetem<br />

60. Lebensjahr in Anspruch nehmen, eine dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 18<br />

Prozent hinzunehmen 6 . Auf die Aufnahme <strong>und</strong> Bearbeitung dieses Problems in<br />

4 Vgl. B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55 – Arbeit in ATZ,<br />

För<strong>der</strong>ung durch das Arbeitsamt, Übergang zur Rente, Ausgabe: Januar 2002, Tab. auf S. 32/33:<br />

Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

„ohne Vertrauensschutz“.<br />

5 Die zentrale Voraussetzung für die Altersrente mit Vertrauensschutz, die nur geringfügige Rentenabschläge<br />

enthält, kann von <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten nicht erfüllt werden: „Versicherte <strong>der</strong><br />

Geburtsjahrgänge vor 1942, die mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte<br />

Beschäftigung o<strong>der</strong> Tätigkeit (Zeiten mit Bezug von Arbeitslosengeld <strong>und</strong> Arbeitslosenhilfe zählen<br />

dabei nicht) haben“. Demnach müsste ein Versicherter nach Abschluss <strong>der</strong> damals 8-jährigen<br />

Volksschule mit 15 Jahren eine Lehre begonnen <strong>und</strong> nach Abschluss seiner Ausbildung ohne<br />

Unterbrechung bis zum 60. Lebensjahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.<br />

6 Vom 1. Januar 2000 an wird auch die Altersgrenze bei den Renten für langjährig Versicherte von 63<br />

Jahren <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Altersrente für Frauen von 60 Jahren auf jeweils 65 Jahre angehoben. Auch diese<br />

Rentenarten können vorzeitig in Anspruch genommen werden – allerdings ebenfalls mit Abschlägen.<br />

Zum prozentualen Ausmaß <strong>der</strong> jeweiligen Rentenabschläge bei diesen beiden Rentenarten vgl. die<br />

12


13<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Tarifverträgen <strong>und</strong> Betriebsvereinbarungen wird daher an späterer Stelle einzugehen<br />

sein. Die sich durch die längere Rentenbezugsdauer ergebenden Rentenabschläge<br />

können zwar theoretisch durch zusätzliche Beitragszahlungen <strong>der</strong> Versicherten<br />

ausgeglichen werden, jedoch würden solche Zahlungen zum Ausgleich von Rentenmin<strong>der</strong>ungen<br />

praktisch enorme Summen erfor<strong>der</strong>n, über die die Beschäftigten<br />

entwe<strong>der</strong> nicht verfügen o<strong>der</strong> die sie – falls verfügbar – attraktiver in an<strong>der</strong>en Formen<br />

anlegen könnten. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Sozialplanmittel für solche<br />

Beitragszahlungen zum Ausgleich von Rentenmin<strong>der</strong>ungen einzusetzen. Auch hier<br />

stellt sich die Frage, wie weit die Betriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.<br />

Im Folgenden werden die wichtigsten Bestimmungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes von<br />

1996 vorgestellt:<br />

– Zu Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit muss <strong>der</strong>/die Arbeitnehmer/in zumindest das 55.<br />

Lebensjahr vollendet haben.<br />

– Der/die Arbeitnehmer/in muss innerhalb <strong>der</strong> letzten fünf Jahre vor Beginn <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit mindestens drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt<br />

gewesen sein (Arbeitslosenversicherung).<br />

– Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer müssen eine Vereinbarung vor Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

abschließen.<br />

– Die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit soll gemäß Vereinbarung bis zum frühestmöglichen<br />

Zeitpunkt reichen, zu dem <strong>der</strong>/die Arbeitnehmer/in eine – ggfs. auch gemin<strong>der</strong>te<br />

– Altersrente in Anspruch nehmen kann.<br />

– Die Arbeitszeit muss auf die Hälfte <strong>der</strong> bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit vermin<strong>der</strong>t<br />

werden. Auch nach dieser Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitszeit muss <strong>der</strong>/die<br />

Arbeitnehmer/in sozialversicherungspflichtig, also mehr als geringfügig beschäftigt<br />

sein.<br />

– Die Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase bleibt den Vertragsparteien<br />

überlassen. Möglich sind eine durchgängige Halbtagsbeschäftigung, ein<br />

regelmäßiger Wechsel (täglicher, wöchentlicher, monatlicher Wechsel) zwischen<br />

Arbeitszeit <strong>und</strong> Freizeit, selbst eine (in <strong>der</strong> Praxis selten genutzte) degressive Arbeitszeitverteilung<br />

wäre möglich sowie das – in <strong>der</strong> Praxis dominierende – Blockmodell.<br />

Bei dem „Blockmodell“ werden innerhalb des vereinbarten Verteilzeitraumes<br />

zwei gleich große Zeitblöcke gebildet: Arbeitsphase <strong>und</strong> Freistellungsphase<br />

von jeweils gleicher Dauer. Allerdings dürfen beim Blockmodell diese beiden Zeitblöcke<br />

ohne tarifvertragliche Gr<strong>und</strong>lage jeweils nicht länger als eineinhalb Jahre,<br />

insgesamt also höchstens drei Jahre betragen. Die Vereinbarung von mehr als drei<br />

Jahre umfassenden Verteilzeiträumen ist nur dann möglich, wenn ein entsprechen<strong>der</strong><br />

Tarifvertrag dieses zulässt (Tarifvorbehalt). Gemäß Gesetz kann <strong>der</strong> Zeitraum<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase auf bis zu zehn Jahren erweitert werden, also 5 Jahre<br />

Tabellen, S. 36 ff., in: BMAS, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Ausgabe: Januar 2002.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Arbeitsphase <strong>und</strong> 5 Jahre Freistellungsphase, wenn ein entsprechen<strong>der</strong> Tarifvertrag<br />

dieses zulässt.<br />

– Der Arbeitgeber muss das Bruttoarbeitsentgelt des/<strong>der</strong> ATZ-Beschäftigten um<br />

mindestens 20 Prozent aufstocken. Der Aufstockungsbetrag muss allerdings eine<br />

bestimmte Höhe erreichen: Der/die Arbeitnehmer/in soll im Monat mindestens 70<br />

Prozent des bisherigen (pauschalierten) Nettoarbeitsentgeltes erhalten. Diese einzuhaltenden<br />

Mindestnettobeträge werden jährlich vom B<strong>und</strong>esarbeitsministerium<br />

festgelegt. Der Aufstockungsbetrag in Höhe von mindestens 20 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes<br />

ist zwar steuer- <strong>und</strong> sozialabgabenfrei, unterliegt jedoch – wie<br />

an<strong>der</strong>e Sozialleistungen – bei <strong>der</strong> Einkommenssteuerveranlagung dem Progressionsvorbehalt.<br />

– Der Arbeitgeber muss zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />

entrichten – <strong>und</strong> zwar mindestens in Höhe des Beitrags, <strong>der</strong> auf den Unterschiedsbetrag<br />

zwischen 90 Prozent des bisherigen Arbeitsentgelts <strong>und</strong> dem Arbeitsentgelt<br />

für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit entfällt. Damit werden einem Vollzeitbeschäftigten,<br />

<strong>der</strong> mit dem Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit seine wöchentliche Arbeitszeit<br />

auf die Hälfte vermin<strong>der</strong>t, Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet, die<br />

sich auf 90 Prozent des vorherigen Vollzeiteinkommens beziehen.<br />

– Der Gesetzgeber hat einen Überfor<strong>der</strong>ungsschutz für die Betriebe festgelegt,<br />

wonach ein Anspruch <strong>der</strong> einzelnen Beschäftigten nicht gegeben ist, wenn fünf<br />

Prozent aller Beschäftigten des Betriebes bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> beschäftigt sind.<br />

Das Arbeitsamt erstattet dem Arbeitgeber diese Aufstockungsleistungen für die Dauer<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (För<strong>der</strong>höchstdauer gemäß ATZ-Gesetz von 1996: fünf Jahre),<br />

sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:<br />

– Wie<strong>der</strong>besetzung des durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit frei gemachten o<strong>der</strong> durch Umsetzung<br />

frei gewordenen (<strong>Teil</strong>-)Arbeitsplatzes durch die Einstellung eines arbeitslos<br />

gewordenen Arbeitnehmers o<strong>der</strong> durch die Übernahme eines Arbeitnehmers nach<br />

Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung auf dem frei gemachten Arbeitsplatz.<br />

Bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung sind verschiedene Formen möglich: So kann <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzer<br />

ebenfalls eine <strong>Teil</strong>zeittätigkeit ausüben, wenn <strong>der</strong> Arbeitnehmer in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

tatsächlich <strong>Teil</strong>zeitarbeit verrichtet. Bei <strong>der</strong> verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> kann<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzer erst nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeitsphase, also zum Beginn <strong>der</strong><br />

Freistellungsphase, den vollen Arbeitsplatz übernehmen.<br />

– Bei Kleinunternehmen bis zu 50 Beschäftigten kann anstelle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung<br />

auch ein/e Auszubildende/r versicherungspflichtig beschäftigt werden.<br />

Die gesetzlichen Regelungen zur <strong>Altersteilzeit</strong> erwiesen sich für die älteren Beschäftigten<br />

finanziell nicht als attraktiv: Der gesetzliche Anspruch auf eine Absicherung von<br />

70 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens bildete keinen ausreichenden Anreiz für<br />

die älteren Beschäftigten. Das mehrheitlich präferierte – auf 5 Jahre verteilte –<br />

Blockmodell (2 ½ Jahre Arbeitsphase/2 ½ Jahre Freistellungsphase) war wegen des<br />

14


15<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Tarifvorbehalts ohnehin nur bei Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages<br />

möglich. In <strong>der</strong> Folge des ATZ-Gesetzes wurden daher in verschiedenen Branchen<br />

Tarifverträge abgeschlossen, die eine Aufstockung <strong>der</strong> gesetzlichen ATZ-Leistungen<br />

vorsehen.<br />

Fortentwicklung des ATZ-Gesetzes (Jahr 2000)<br />

Im Jahre 2000 hat <strong>der</strong> Gesetzgeber wesentliche Än<strong>der</strong>ungen des ATZ-Gesetzes<br />

vorgenommen, um die Beschäftigungswirksamkeit dieses Gesetzes zu erhöhen.<br />

Das 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist am 1. Januar 2000 in Kraft<br />

getreten.<br />

– War zuvor <strong>der</strong> Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit nur Vollzeitbeschäftigten möglich, die<br />

in den letzten fünf Beschäftigungsjahren zumindest drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />

waren, so wird nunmehr <strong>der</strong> Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit auch <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />

ermöglicht. Damit wurden viele weibliche Beschäftigte – nach erfolgreichen<br />

Protesten insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV –, die bisher keinen<br />

Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit besaßen, in die gesetzliche Regelung einbezogen 7 .<br />

– Bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung, <strong>der</strong> zentralen Voraussetzung für die Erstattungsleistungen<br />

des Arbeitsamtes an den Arbeitgeber, reicht bei Arbeitgebern mit mehr als 50<br />

Beschäftigten <strong>der</strong> Nachweis einer Umsetzungskette zwischen dem Beschäftigten<br />

in <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> dem „Wie<strong>der</strong>besetzer“. Wenn für einen in <strong>Altersteilzeit</strong> gehenden<br />

Mitarbeiter ein an<strong>der</strong>er Mitarbeiter auf dessen frei gewordenen Arbeitsplatz<br />

„nachrückt“ <strong>und</strong> ein „Wie<strong>der</strong>besetzer“ (Arbeitsloser o<strong>der</strong> Ausgebildeter) im selben<br />

Funktionsbereich (z. B. Produktion, Einkauf, Vertrieb) eingestellt wird, liegt nunmehr<br />

eine Wie<strong>der</strong>besetzung vor.<br />

– Der Nachweis <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten<br />

gegenüber dem Arbeitsamt wurde wesentlich erleichtert: Arbeitgeber mit bis zu 50<br />

Beschäftigten erhalten die För<strong>der</strong>ung, wenn sie aus Anlass <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> eines<br />

älteren Mitarbeiters einen arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer o<strong>der</strong> einen Arbeitnehmer<br />

nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung „an beliebiger Stelle des Unternehmens“<br />

beschäftigen (o<strong>der</strong> aber eine/n Auszubildende/n einstellen).<br />

7 Für die vollzeitbeschäftigten Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen von B<strong>und</strong>, Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Gemeinden<br />

bestand seit dem 1. Mai 1998 ein Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (Tarifvertrag ATZ). Im „Bündnis<br />

für Arbeit“ haben sich die Gewerkschaften für die Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten erfolgreich<br />

eingesetzt. Das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz ermöglicht ab 1. Januar 2000 auch den <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten den<br />

Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Nach dieser Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes hat die Gewerkschaft ÖTV eine<br />

schnelle Anpassung <strong>der</strong> tarifvertraglichen Regelungen gefor<strong>der</strong>t. Die Arbeitgeber des öffentlichen<br />

Dienstes waren jedoch vor <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 nicht bereit, Gespräche über die Än<strong>der</strong>ung des<br />

Tarifvertrages ATZ zu führen. Daher konnte eine Einigung über die Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />

in den Tarifvertrag ATZ erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 erreicht werden. Ab 1. Juli 2000 haben<br />

nunmehr auch <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst einen tarifvertraglichen Anspruch auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Das 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist am 1. Juli 2000 in Kraft<br />

getreten. Mit diesen Än<strong>der</strong>ungen soll die Beschäftigungswirksamkeit des ATZ-<br />

Gesetzes weiter erhöht werden.<br />

– Die Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes, die zuvor nur bis zum 31. Juli 2004<br />

ausgelegt war, wurde bis zum 31. Dezember 2009 ausgedehnt. Damit erhalten<br />

die Tarifvertragsparteien sowie die Betriebs- bzw. Dienstvertragsparteien einen<br />

weiteren Planungshorizont <strong>und</strong> damit auch größere Planungssicherheit für die<br />

Personalentwicklung. För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes können demnach für die<br />

Zeit ab 1.1.2010 nur noch erbracht werden, wenn die Arbeitnehmer/innen mit <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vor dem 1. Januar 2010 beginnen.<br />

– Die För<strong>der</strong>höchstdauer wird von fünf auf sechs Jahre erhöht. Parallel dazu wird<br />

die „Mindestnachbesetzungsdauer“ um ein Jahr von drei auf vier Jahre erhöht.<br />

Bisher hatte <strong>der</strong> Arbeitgeber die Möglichkeit, bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von fünf<br />

Jahren für einen Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> die För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes<br />

zu erhalten, sofern <strong>der</strong> „Wie<strong>der</strong>besetzer“ zumindest für drei Jahre im Betrieb<br />

beschäftigt war (im Falle von Halbtagsarbeit: Einsparung einer halben Stelle<br />

für zwei Jahre). Nunmehr hat <strong>der</strong> Arbeitgeber die Möglichkeit, bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer<br />

von sechs Jahren für einen Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> die För<strong>der</strong>leistungen<br />

des Arbeitsamtes zu beziehen, wenn <strong>der</strong> „Wie<strong>der</strong>besetzer“ zumindest<br />

für vier Jahre beschäftigt wird (im Falle von Halbtagsarbeit gleichfalls Einsparung<br />

einer halben Stelle für zwei Jahre). Mit dieser Än<strong>der</strong>ung wurde das bisherige Verhältnis<br />

<strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung zur Dauer <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung geringfügig verbessert.<br />

– Das Arbeitsamt erstattet dem Arbeitgeber die Aufstockungsleistungen für den<br />

Zeitraum, in dem die Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf die Hälfte vermin<strong>der</strong>t wurde,<br />

höchstens für sechs Jahre.<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz enthält nur Mindestbedingungen – insbeson<strong>der</strong>e keinen<br />

individuellen Rechtsanspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> – sowie nur Mindestleistungen<br />

(insbeson<strong>der</strong>e nur die Garantie von 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens).<br />

Daher nimmt es nicht w<strong>und</strong>er, dass die Tarifvertragsparteien bei <strong>der</strong><br />

Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Tarifverträgen sich vor allem auf die Aufstockung<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Leistungen konzentriert haben, um die Attraktivität <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

für die Beschäftigten zu steigern.<br />

Seit Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (August 1996) ist die Anzahl <strong>der</strong> Tarifverträge<br />

zur <strong>Altersteilzeit</strong> beständig gestiegen. Ende 1999, also unmittelbar vor Inkrafttreten<br />

des 1. Gesetzes zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, lagen 360 <strong>tarifliche</strong> Regelungen<br />

zur <strong>Altersteilzeit</strong> vor – mit einem Geltungsbereich von ca. 12,7 Millionen Arbeitneh-<br />

16


17<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

mern 8 (von denen ca. 1,4 Millionen 55 Jahre <strong>und</strong> älter waren). Ende 2000, also ein<br />

Jahr nach Inkrafttreten des 1. Gesetzes sowie ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des<br />

2. Gesetzes zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, waren bereits 580 Tarifverträge zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen worden – mit einem Geltungsbereich von ca. 15,5<br />

Millionen Arbeitnehmern. Die beiden im Jahre 2000 in Kraft getretenen Gesetze<br />

haben also mit ihren wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Verbesserungen einen nachhaltigen<br />

Schub beim Abschluss von zahlreichen Verbands- <strong>und</strong> Firmentarifverträgen zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> ausgelöst. Ende 2001 waren beim B<strong>und</strong>esarbeitsministerium ca. 690<br />

Tarifverträge zur För<strong>der</strong>ung von <strong>Altersteilzeit</strong> gemeldet – mit einem Geltungsbereich<br />

von ca. 16,2 Millionen Beschäftigten 9 .<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist nach Branchen sehr unterschiedlich<br />

<strong>und</strong> kann hier nicht im Einzelnen nachvollzogen werden. Wir beschränken<br />

uns in diesem Bericht weitgehend auf diejenigen Branchen, denen die von uns in<br />

Bremen untersuchten Betriebe <strong>und</strong> Behörden angehören.<br />

Für die IG Metall hatte <strong>der</strong> im Sommer 1997 mit VW abgeschlossene Tarifvertrag zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (Bezirksleitung Hannover) eine Vorbildfunktion. Hinter diesem Tarifvertrag<br />

steht die Idee eines betrieblichen Generationenvertrages, mit dem Konflikte<br />

zwischen den Generationen minimiert werden sollen. Nach dem Tarifvertrag zur<br />

Beschäftigungssicherung, den die IG Metall bei VW durchgesetzt hatte, <strong>der</strong> betriebsbedingte<br />

Kündigungen gänzlich ausschließt, müssen die Auszubildenden nach<br />

Abschluss ihrer Lehre in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden.<br />

Durch die Abschaffung <strong>der</strong> sog. Vorruhestandsregelung durch die B<strong>und</strong>esregierung<br />

(1996) war jedoch den älteren VW-Beschäftigten das vorzeitige Ausscheiden aus dem<br />

Betrieb „verbaut“. Die gesetzliche Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (1996) ist mit zu großen<br />

finanziellen Einbußen für die Beschäftigten verb<strong>und</strong>en. Die IG Metall <strong>und</strong> VW haben<br />

das gesetzliche Modell tariflich so ausgestattet, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem<br />

Erwerbsleben über die <strong>Altersteilzeit</strong> einen zumutbaren Ausweg für die Beschäftigten<br />

darstellt. Damit wird zugleich die Übernahme <strong>der</strong> Ausgebildeten nach Abschluss ihrer<br />

Lehre gesichert.<br />

Das ATZ-Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen 10 beinhaltet weitreichende <strong>tarifliche</strong><br />

Aufstockungen <strong>der</strong> gesetzlich vorgesehenen ATZ-Leistungen, die in den späteren<br />

Verbandstarifverträgen <strong>der</strong> IG Metall nicht im selben Umfang realisiert werden<br />

konnten: So wird das Entgelt für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit von 70 auf 85 Prozent<br />

aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeitrag sogar von 90 auf 100 Prozent<br />

8 B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Stand: Mai 2000.<br />

Diese Broschüre, die ständig aktualisiert wird, listet sämtliche Branchen- <strong>und</strong> Firmentarifverträge zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> auf, die beim B<strong>und</strong>esministerium gemeldet werden.<br />

9 BMAS, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Stand: Januar 2002.<br />

10<br />

Vgl. IG Metall, Bezirksleitung Hannover, <strong>Altersteilzeit</strong> – Das Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen,<br />

November 1997, S. 20 ff.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

angehoben. Bereits 1997 wurde in diesem Firmentarifvertrag das Problem <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Rentenabschläge (beim Renteneintrittsalter von 60 Jahren: 18 Prozent)<br />

in Kenntnis <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze für die Altersrente nach<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit aufgenommen <strong>und</strong> paritätisch geregelt: Der Arbeitnehmer muss<br />

beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit 60 Jahren nur 9 Prozent Rentenverlust<br />

hinnehmen, weil <strong>der</strong> Arbeitgeber gleichfalls 9 Prozent Rentenabschlag übernimmt (als<br />

Zuschuss zur Werksrente). Damit ist ein weiterer Baustein zur Altersvorsorge angesprochen,<br />

<strong>der</strong> in Deutschland als betriebliche Altersvorsorge nur in Großbetrieben (wie<br />

z. B. Volkswagen, DaimlerChrysler, Siemens, RWE) überhaupt existiert: die Werksrente.<br />

Die bei Volkswagen bestehende Werksrente bleibt auch während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

in voller Höhe bestehen (vgl. Schaubild 1).<br />

Im Herbst 1997 folgte <strong>der</strong> Durchbruch für die Metallindustrie – nach vorheriger<br />

Streikdrohung <strong>der</strong> IG Metall – für den Pilotbezirk im Südwesten (Bezirksleitung<br />

Stuttgart). Die Bedingungen dieses Tarifkompromisses waren zwar schlechter als die<br />

des Firmentarifvertrages von VW, aber doch wesentlich besser als die gesetzlichen<br />

Mindestleistungen: Aufstockung des Arbeitsentgeltes auf mindestens 82 Prozent des<br />

bisherigen Netto-Vollzeitentgeltes sowie des Rentenversicherungsbeitrags auf 95<br />

Prozent. (Bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> – ab 60. Lebensjahr – auf<br />

Wunsch des Arbeitgebers wird dem Arbeitnehmer eine Abfindung von maximal drei<br />

Brutto-Vollzeitentgelten gezahlt.) Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte <strong>der</strong> Abschluss von ATZ-<br />

Verträgen ab dem 55. Lebensjahr auf Basis dieses Tarifvertrages den Abschluss einer<br />

freiwilligen Betriebsvereinbarung voraussetzen. Diese Regelung ergab sich aus den<br />

konfliktuellen Verhandlungen, welche das Problem eines Rechtsanspruchs auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> zum Gegenstand hatten. Ohne Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung<br />

haben die Beschäftigten gemäß diesem Tarifvertrag erst mit 61 Lebensjahren<br />

einen individuellen Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> (über 4 Jahre hinweg bis<br />

zum 65. Lebensjahr, d. h. nach dem Blockmodell: Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase mit<br />

63. Lebensjahr).<br />

18


19<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 1: DAS ALTERSTEILZEIT-MODELL DER IG METALL BEI VOLKSWAGEN<br />

NORM. ARBEITSPHASE ALTERSTEILZEIT TARIFMODELL VW (VERSORGUNGSGRAD)<br />

Lebensalter<br />

Aufstockung VW Werksrente<br />

Entgelt<br />

85 %<br />

netto<br />

(statt 70 %)<br />

Rentenbeitrag<br />

100 %<br />

(statt 90 %)<br />

tarifl. Rentenbaustein<br />

Aufstockung VW<br />

gesetzliche Rente<br />

(Blüm-Modell)<br />

55 57,5 60 65<br />

ARBEITSZEIT VOLL ARBEITSZEIT NULL RUHESTAND<br />

Arbeitszeit:<br />

Die Arbeitszeit kann<br />

geblockt werden. Die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>er arbeiten im<br />

Regelfall voll bis zum 57,5.<br />

Lebensjahr, dann bleiben<br />

sie zu Hause. Mit 60 scheiden<br />

sie dann auch de jure<br />

aus dem Erwerbsleben aus<br />

<strong>und</strong> gehen in die Rente.<br />

Blüm-Modell:<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung verfügt<br />

mit <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Regelung, dass <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>er<br />

eine Rentenmin<strong>der</strong>ung<br />

von 18 % erleidet,<br />

wenn er mit 60 in Rente<br />

geht. Das Modell wird<br />

auch kaum genutzt: Es ist<br />

unattraktiv u. niemandem<br />

zuzumuten.<br />

Blüm-Modell:<br />

In den fünf Jahren <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

bekommt je<strong>der</strong> nur 70 Prozent des<br />

letzten Nettoeinkommens.<br />

Tarifmodell:<br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong>er bei VW erhalten<br />

durch Aufstockung des Unternehmens<br />

durchschnittlich 85 %<br />

des letzten Nettoeinkommens für<br />

den Zeitraum von fünf Jahren.<br />

Blüm-Modell:<br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong>er arbeiten im<br />

Durchschnitt in den fünf Jahren<br />

von 55 bis 60 nur die Hälfte <strong>der</strong><br />

wöchentlichen Arbeitszeit. Der<br />

Rentenbeitrag erfolgt in dieser Zeit<br />

nur auf <strong>der</strong> Basis von 90 % des<br />

Einkommens.<br />

Tarifmodell:<br />

Während des gesamten Zeitraumes<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> werden die<br />

Beiträge zur Rentenversicherung<br />

von 90 auf 100 % angehoben.<br />

Renten-Aufstockung von VW:<br />

Der gesetzl. Minusabschlag bis zu<br />

18 % wird im Tarifmodell um die<br />

Hälfte gemil<strong>der</strong>t. Er beträgt bei<br />

einem Renteneintrittsalter von 60<br />

Jahren nur noch 9 %. Die Aufstockung<br />

durch VW erfolgt über<br />

einen Zuschuss bei <strong>der</strong> Werksrente.<br />

Werksrente:<br />

Die Werksrente bleibt in voller<br />

Höhe erhalten – sie verringert sich<br />

durch die <strong>Altersteilzeit</strong> nicht.<br />

Tariflicher Rentenbaustein:<br />

Um die Einkommenslücken im Alter zu<br />

min<strong>der</strong>n, haben VW <strong>und</strong> IG Metall 1995<br />

im System <strong>der</strong> Beschäftigungssicherung<br />

die betriebliche Altersversorgung um<br />

einen weiteren Rentenbaustein ergänzt<br />

<strong>und</strong> damit <strong>tarifliche</strong>s Neuland beschritten.<br />

Die monatlich 52 Mark vermögenswirksamen<br />

Leistungen wurden umgewandelt<br />

<strong>und</strong> fließen in die neue<br />

Beteiligungsrente.<br />

Quelle: IG Metall, Bezirksleitung Hannover, <strong>Altersteilzeit</strong> – Das Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen,<br />

Nov. 1997, S. 24/25.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Der Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> wurde von <strong>der</strong> IG Metall im Bezirk Küste erst im<br />

Sommer 1998 abgeschlossen, weil einige Probleme, die im Tarifvertrag ATZ des<br />

Pilot-Bezirks Nordwürttemberg/Nordbaden enthalten waren, noch zu lösen waren. Für<br />

alle regionalen Bereiche <strong>der</strong> Metallindustrie (in Westdeutschland) gilt als Voraussetzung<br />

einer ATZ-Regelung <strong>der</strong> Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung sowie<br />

als Anspruchseinschränkung die Festsetzung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> ATZ-Arbeitnehmer im<br />

Rahmen <strong>der</strong> betrieblichen Personalplanung (Stand 1998) 11 . Da beim Blockmodell für<br />

über drei Jahre hinausgehende Verteilzeiträume im ATZ-Gesetz ein Tarifvorbehalt<br />

besteht, sind Tarifverträge eine unabdingbare Voraussetzung für die Vereinbarung<br />

langfristiger Blockmodelle. Daher hat die IG Metall in ihren Bezirken Tarifverträge<br />

über ein 5-Jahres-Blockmodell abgeschlossen (Beispiel: Arbeitsphase von 55 bis<br />

57 ½ Jahren, Freistellungsphase von 57 ½ bis 60 Jahren). Gemäß diesem Beispiel<br />

würden die Beschäftigten in einem Lebensalter ihre Erwerbsarbeit faktisch beenden,<br />

in dem sie früher über die sog. Vorruhestandsregelung aus dem Erwerbsprozess<br />

ausschieden.<br />

Die Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wies für die Gewerkschaften – nicht nur für die IG Metall – eine<br />

doppelte Struktur <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen auf: Einerseits schlossen die Tarifvertragsparteien<br />

Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsabkommen mit bescheidenen Tarifsteigerungen ab, an<strong>der</strong>erseits<br />

konnten die Gewerkschaften in einigen Branchen <strong>tarifliche</strong> Regelungen nicht nur zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>, son<strong>der</strong>n auch zur Altersvorsorge durchsetzen 12 . Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong><br />

Tarifr<strong>und</strong>e 2000 bestand darin, dass eigentlich die IG Metall gemäß dem Tariffahrplan<br />

im Frühjahr die Vorreiterrolle in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie übernehmen<br />

sollte. Jedoch hat durch das Vorziehen <strong>der</strong> Verhandlungen in <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie <strong>der</strong> frühzeitige Abschluss in dieser Branche (zweistufige Tariferhöhung,<br />

Verbesserung des Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong>, teilweiser Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge<br />

durch eine gestaffelte Abfindungssumme, Möglichkeit zur <strong>tarifliche</strong>n Altersvorsorge)<br />

die tarifpolitische Ausrichtung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gewerkschaften maßgeblich<br />

geprägt. Die IG Metall hat kurz nach dem Abschluss in <strong>der</strong> chemischen Industrie<br />

zunächst in <strong>der</strong> nordrhein-westfälischen Metallindustrie einen Tarifvertrag abgeschlossen<br />

(zweistufige Tariferhöhung, Verbesserung <strong>der</strong> bestehenden <strong>tarifliche</strong>n ATZ-<br />

Regelungen, Ausgleichszahlung zur Min<strong>der</strong>ung von Rentenabschlägen).<br />

In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurden die <strong>tarifliche</strong>n ATZ-Regelungen in einigen Branchen<br />

inhaltlich verbessert bzw. auf weitere Bereiche ausgedehnt. Außerdem wurden die<br />

bestehenden Tarifverträge an die im Jahre 2000 geän<strong>der</strong>ten gesetzlichen Bestimmungen<br />

angepasst (Einbeziehung von <strong>Teil</strong>zeitkräften, Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer<br />

sowie parallel dazu <strong>der</strong> Mindestnachbesetzungsdauer, Verlängerung <strong>der</strong> Geltung des<br />

11<br />

Vgl. WSI-Tarifarchiv: Tarifliche <strong>Altersteilzeit</strong> – Ein Überblick über <strong>tarifliche</strong> Regelungen in 25<br />

Wirtschaftsbereichen, Düsseldorf, November 1998.<br />

12 Vgl. Reinhard Bispinck, WSI-Tarifarchiv, Tarifpolitischer Jahresbericht 2000: Mo<strong>der</strong>ate Lohnabschlüsse<br />

plus „Beschäftigungsbrücke“, Düsseldorf, Januar 2001, Übersicht auf Seite 3: Ausgewählte<br />

Tarifabschlüsse 2000.<br />

20


21<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes bis Ende 2009). Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />

sowie in <strong>der</strong> chemischen Industrie wurden die bereits bestehenden ATZ-<br />

Regelungen verbessert. Ende 2000 gab es damit ca. 185 Verbandstarifverträge sowie<br />

ca. 320 Unternehmenstarifverträge für insgesamt ca. 15 Millionen Beschäftigte, die<br />

auf dem neuen ATZ-Gesetz aufbauen.<br />

In <strong>der</strong> westdeutschen Metallindustrie stand neben <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung nach Einkommenserhöhung<br />

die Durchsetzung <strong>der</strong> „Rente mit 60“ (Klaus Zwickel) im Zentrum <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung. Im „Bündnis für Arbeit“ verständigten sich Arbeitgeber <strong>und</strong><br />

Gewerkschaften nach heftigen Konflikten Anfang 2000 schließlich darauf, dass die<br />

Tarifvertragsparteien betriebs- <strong>und</strong> branchenbezogene Regelungen anstreben sollen,<br />

welche „ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben ebenso wie eine verstärkte<br />

Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>“ einschließen. Neben <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Vergütung stellte<br />

<strong>der</strong> IG Metall-Vorstand die For<strong>der</strong>ung nach einer „Beschäftigungsbrücke zwischen<br />

Jung <strong>und</strong> Alt“ auf. Der erste Abschluss wurde in <strong>der</strong> Metallindustrie in Nordrhein-<br />

Westfalen getätigt (März 2000). Neben <strong>der</strong> zweistufigen Tariferhöhung sowie <strong>der</strong><br />

Erhöhung <strong>der</strong> Ausbildungsvergütungen wurde eine Verlängerung des Tarifvertrages zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (bis zum 30.4.2003) unter Anpassung an das geän<strong>der</strong>te ATZ-Gesetz<br />

vereinbart. Außerdem soll nunmehr die Entgeltumwandlung <strong>der</strong> vermögenswirksamen<br />

Leistungen für die Altersvorsorge ermöglicht werden. Schließlich wurde <strong>der</strong> „Tarifvertrag<br />

zur Beschäftigungsbrücke“ abgeschlossen (NWR, Küste usw.).<br />

Während nach dem Tarifvertrag ATZ ein Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> erst ab dem<br />

vollendeten 61. Lebensjahr besteht (in Form des Blockmodells/maximal vier Jahre),<br />

erhalten nach dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“ (TV BB) nunmehr<br />

Beschäftigte bereits ab dem vollendeten 57. Lebensjahr (bis zum vollendeten 60.<br />

Lebensjahr) einen Rechtsanspruch auf eine maximal bis zu 6 Jahre dauernde verblockte<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> 13 . Das bedeutet – bei <strong>der</strong> Halbierung eines 6-jährigen Verteil-<br />

13 Arbeitnehmer zwischen 57 <strong>und</strong> 60 Jahren haben nach § 2 TV BB einen Rechtsanspruch auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> in Form des Blockmodells für mindestens zwei, höchstens sechs Jahre. Der Anspruch<br />

wird allerdings durch das sog. „Drehkreuz“, durch eine Zugangsquote sowie eine Bestandsquote<br />

(Jahrgangsquote) begrenzt. Der TV BB schreibt vor, dass – im <strong>tarifliche</strong>n Anspruchsmodell – die<br />

Freistellungsphase spätestens mit dem auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsersten<br />

(„Drehkreuz“) beginnen muss. Das „Drehkreuz“ führt zu einer Einschränkung des Rechtsanspruchs:<br />

Nur ein Arbeitnehmer, <strong>der</strong> das ATZ-Arbeitsverhältnis mit seinem 57. Geburtstag beginnt,<br />

kann die vollen 6 Jahre beanspruchen (57-60-63). Beginnt ein Arbeitnehmer mit 58 J. die <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />

besteht nur noch ein Anspruch auf ein 4-jähriges ATZ-Arbeitsverhältnis (58-60-62). Bei<br />

einem Arbeitnehmer mit bereits 59 Jahren führt die Drehkreuz-Regelung dazu, dass er nur noch ein<br />

zweijähriges ATZ-Arbeitsverhältnis rechtlich durchsetzen kann. (Der Arbeitgeber kann allerdings auf<br />

die Anwendung des „Drehkreuzes“ verzichten.) 59- <strong>und</strong> 60-jährige Arbeitnehmer haben gemäß TV<br />

BB einen beson<strong>der</strong>en zweijährigen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>. 55- <strong>und</strong> 56-jährige Arbeitnehmer<br />

haben keinen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> (we<strong>der</strong> nach TV ATZ noch nach TV BB). Allerdings kann<br />

auf freiwilliger Basis auch für Arbeitnehmer in diesem Lebensalter ein ATZ-Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />

werden. Vgl. IG Metall, Bezirksleitung Küste, <strong>Altersteilzeit</strong> – Beschäftigungsbrücke in <strong>der</strong><br />

Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie Nord (Arbeitshilfe).


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

zeitraumes auf Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase –, dass die Beschäftigten faktisch<br />

nach ihrem 60. Geburtstag aus dem Erwerbsprozess ausscheiden können. Auf diese<br />

Weise wurde zwar nicht die von Zwickel ursprünglich angestrebte „Rente mit 60“<br />

erreicht, aber doch die Möglichkeit für die Beschäftigten geschaffen, nach dem<br />

Blockmodell faktisch (wenngleich nicht arbeitsrechtlich gemäß dem ATZ-<br />

Arbeitsverhältnis) mit 60 Jahren das Arbeitsleben zu beenden. Zum Ausgleich für die<br />

Rentenmin<strong>der</strong>ung aufgr<strong>und</strong> des vorzeitigen Ausscheidens erhalten die Beschäftigten<br />

eine Abfindung von 450 DM für maximal 48 Kalen<strong>der</strong>monate, also insgesamt<br />

maximal 21.600 DM für vier Jahre vorgezogenen Ruhestand.<br />

Um die maximale Abfindung von 21.600 DM zu erhalten, müsste ein Beschäftigter<br />

ab dem vollendeten 57. Lebensjahr eine 4-jährige verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> wählen –<br />

dieser „Metaller“ müsste demnach für vier Jahre vorgezogenen Ruhestand eine<br />

dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 14,4 Prozent hinnehmen. (Die Anhebung <strong>der</strong><br />

Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente für Frauen ist zeitlich „nach hinten“ (um drei Jahre) –<br />

im Vergleich zu den Männern – verschoben.)<br />

ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />

57 59 61 65<br />

Arbeitsphase Freizeitphase 14,4 % Abschlag<br />

48 Monate<br />

22<br />

<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />

48 x 450 DM = 21.600 DM<br />

ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />

57 60 63 65<br />

Arbeitsphase Freizeitphase 7,2 % Abschlag<br />

24 Monate<br />

<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />

24 x 450 DM = 10.800 DM<br />

Nimmt jedoch ein Metall-Beschäftigter den Rechtsanspruch gemäß dem Tarifvertrag<br />

Beschäftigungsbrücke auf eine 6-jährige verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem vollendeten<br />

57. Lebensjahr wahr, würde er ab dem vollendeten 63. Lebensjahr zum Ausgleich <strong>der</strong><br />

dauerhaften Rentenmin<strong>der</strong>ung (Männer ab Jahrgang 1942: Rentenabschlag für 2<br />

Jahre vorgezogenen Ruhestand = 7,2 %) lediglich eine Abfindung von 10.800 DM<br />

(24 Monate x 450 DM) erhalten.<br />

Bei dem 6-jährigen Blockmodell fällt demnach die <strong>tarifliche</strong> Abfindung nur halb so<br />

hoch aus wie bei dem 4-jährigen Blockmodell (jeweils <strong>Altersteilzeit</strong> ab 57 Jahren);


23<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

dafür wird beim 6-jährigen gegenüber dem 4-jährigen Blockmodell die – dauerhafte –<br />

Rentenmin<strong>der</strong>ung (7,2 % statt 14,4 %) halbiert, so dass gemäß <strong>der</strong> Dauer des<br />

Rentenbezugs sowie dem Niveau <strong>der</strong> Rente die 6-jährige gegenüber <strong>der</strong> 4-jährigen<br />

verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> in finanzieller Hinsicht langfristig attraktiver ausfallen kann.<br />

Eine gegenüber dem Tarifvertrag ATZ neue Regelung im Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke<br />

besteht darin, dass <strong>der</strong>/die Beschäftige nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält (§ 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke).<br />

Der Abfindungsanspruch gemäß § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke wird nicht zu<br />

dem Abfindungsanspruch nach § 9 Tarifvertrag ATZ hinzugezählt. Nach § 9 Tarifvertrag<br />

ATZ haben Beschäftigte einen Abfindungsanspruch, wenn das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor<br />

Vollendung des 63. Lebensjahres endet. Beruht ein ATZ-Vertrag auf <strong>der</strong> Basis einer<br />

freiwilligen Betriebsvereinbarung, kommt § 9 Tarifvertrag ATZ zum Zuge (maximale<br />

Abfindung in Höhe von drei Monatsentgelten beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit<br />

60 Jahren/Begrenzung auf das dreifache <strong>der</strong> monatlichen Beitragsbemessungsgrenze<br />

in <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung/Verringerung <strong>der</strong> Abfindung um 1/36 mit<br />

jedem vollen Monat des Ausscheidens nach Vollendung des 60. Lebensjahres – bis<br />

zur Vollendung des 63. Lebensjahres). Wenn <strong>der</strong> ATZ-Vertrag auf den Bestimmungen<br />

des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke beruht, gilt § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke.<br />

Werden die Regelungen des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke in eine<br />

freiwillige Betriebsvereinbarung integriert, dann muss die Abfindung mindestens das<br />

Niveau <strong>der</strong> beiden in Frage kommenden Tarifverträge erreichen (unter bestimmten<br />

Voraussetzungen). Die Abfindungsregelung nach § 9 Tarifvertrag ATZ wird in vielen<br />

Fällen hinter die Abfindungsregelung des § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke (450<br />

DM x maximal 48 Monate = maximal 21.600 DM) zurücktreten. Die Betriebsräte<br />

müssen im Einzelfall jeweils prüfen, welche <strong>der</strong> beiden Abfindungsregelungen für den<br />

Beschäftigten günstiger ausfällt.<br />

Der „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“ enthält eine wesentliche Anspruchseinschränkung:<br />

Der Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> ist dann ausgeschlossen, wenn 4<br />

Prozent (ab 1. Mai 2000) bzw. 5 Prozent (ab 1. Mai 2002) aller Beschäftigten des<br />

Betriebes von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen o<strong>der</strong> wenn mehr als 40 Prozent <strong>der</strong><br />

57-jährigen, mehr als 50 Prozent <strong>der</strong> 58-jährigen, mehr als 60 Prozent <strong>der</strong> 59jährigen,<br />

mehr als 70 Prozent <strong>der</strong> 60-jährigen Beschäftigten einen <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrag<br />

abgeschlossen haben. Außerdem ist <strong>der</strong> Anspruch auch dann ausgeschlossen,<br />

wenn eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur <strong>Altersteilzeit</strong> besteht. In<br />

diesem Falle sind die Betriebsvertragsparteien dazu verpflichtet, die Zugangskriterien<br />

sowie die materielle Ausstattung gemäß den Regelungen des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke<br />

in die Betriebsvereinbarung zu integrieren. Der Abschluss einer freiwilligen<br />

Betriebsvereinbarung ermöglicht es, die Altersgrenze für den Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

weiter abzusenken (im Vergleich zum Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke sowie<br />

zum Tarifvertrag ATZ): In Betrieben mit Betriebsräten kann <strong>Altersteilzeit</strong> ab Vollen-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

dung des 55. Lebensjahres durch Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung<br />

zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong> Betriebsrat eingeführt werden (Betriebsvereinbarungsmodell).<br />

Kommt eine Betriebsvereinbarung zu Stande, werden sowohl das Anspruchsmodell<br />

gemäß § 2 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke als auch das 61er-Modell<br />

(Tarifvertrag ATZ) verdrängt. Eine Verbesserung <strong>der</strong> materiellen Ausstattung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> durch Betriebsvereinbarungen wird in <strong>der</strong> Praxis von den Betriebsvertragsparteien<br />

angestrebt (Erhöhung des Aufstockungsbetrages, Regelung für den Fall<br />

<strong>der</strong> Langzeiterkrankung in <strong>der</strong> Arbeitsphase nach Ablauf <strong>der</strong> Entgeltfortzahlung,<br />

höhere Abfindungszahlung).<br />

Im Gegenzug zum Abschluss des Tarifvertrages „Beschäftigungsbrücke“ wurden die<br />

<strong>tarifliche</strong>n Arbeitszeitbestimmungen (35-St<strong>und</strong>en-Woche) um drei Jahre (bis zum<br />

30.4.2003) verlängert. Eine Kündigung dieser Arbeitszeitbestimmungen hätte die<br />

zeitgleiche Beendigung <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n Regelungen zur Beschäftigungsbrücke (wie<br />

auch <strong>der</strong> Übernahmeregelungen für Ausgebildete) zur Folge. Diese Koppelung <strong>der</strong><br />

Regelungen hat übrigens den 1. Vorsitzenden <strong>der</strong> IG Metall im Oktober 2002 auf <strong>der</strong><br />

arbeitszeitpolitischen Konferenz seiner Gewerkschaft in Mannheim zur Erklärung<br />

veranlasst, in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2003 Verhandlungen über den auslaufenden Tarifvertrag<br />

„Arbeitszeit“ (35-St<strong>und</strong>en-Woche) nur in ungekündigtem Zustand führen zu wollen.<br />

Die chemische Industrie hat schon in den 80er-Jahren eine Vorreiterrolle bei <strong>der</strong><br />

Umsetzung von Vorruhestandsregelungen gespielt. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> ökonomischen<br />

Situation <strong>und</strong> <strong>der</strong> großbetrieblichen Strukturen wurden den Beschäftigten in <strong>der</strong><br />

Chemie-Industrie, die vielfach im Schichtbetrieb arbeiten, von den Betriebsvertragsparteien<br />

vielfältige Möglichkeiten zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitslebens<br />

geboten. Die chemische Industrie (ca. 600.000 Beschäftigte) hat im Dezember 1998<br />

einen Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> für ganz Deutschland mit <strong>der</strong> Chemie-Gewerkschaft<br />

abgeschlossen. Das Entgelt für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit wird auf mindestens 85 Prozent<br />

des bisherigen Netto-Vollzeitentgelts aufgestockt. Dagegen findet keine Anhebung des<br />

Rentenversicherungsbeitrags über die gesetzlich vorgeschriebene Leistung (90 %)<br />

hinaus statt.<br />

In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 hat die IG BCE mit dem Arbeitgeberverband <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie bereits im März einen Abschluss vereinbart, <strong>der</strong> eine zweistufige Tariferhöhung<br />

sowie eine Verbesserung <strong>der</strong> Regelungen zur <strong>Altersteilzeit</strong> einschließt. Nach<br />

Auffassung <strong>der</strong> IG BCE wurden die Vereinbarungen aus dem „Bündnis für Arbeit“<br />

aufgenommen <strong>und</strong> branchenspezifisch umgesetzt. Parallel zur Verlängerung <strong>der</strong><br />

Geltungsdauer des ATZ-Gesetzes (vom 31. Juli 2004 zum 31. Dezember 2009)<br />

wurde die Laufzeit des Tarifvertrages ATZ in <strong>der</strong> chemischen Industrie verlängert.<br />

Entsprechend <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer (von 5 auf 6 Jahre) im ATZ-<br />

Gesetz wurde auch im Tarifvertrag die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> auf sechs Jahre<br />

ausgedehnt. Entsprechend <strong>der</strong> gesetzlichen Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitkräfte in das<br />

ATZ-Gesetz können gemäß Tarifvertrag ATZ auch die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten in <strong>der</strong><br />

chemischen Industrie nunmehr <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen. Die Anspruchseinschränkung<br />

nach Anteilen von Jahrgängen in <strong>Altersteilzeit</strong> (30/40/50/60 Prozent <strong>der</strong><br />

24


25<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

55/56/57/58-jährigen Beschäftigten / 5 Prozent aller Beschäftigten) bleibt dagegen<br />

erhalten 14 . Neu an diesem Pilot-Tarifabschluss <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 ist jedoch die<br />

erzielte „Lösung“ für die versicherungsmathematischen Abschläge bei einem vorzeitigen<br />

Renteneintritt: Für jeden Monat, den ein Arbeitnehmer Rentenabschläge in Kauf<br />

nimmt, erhält er bis zum 65. Geburtstag – für maximal 48 Monate – 450 DM bei<br />

Tagschicht, 550 DM bei teilkontinuierlicher Wechselschicht o<strong>der</strong> bei Zweischichtarbeit<br />

(mit regelmäßigen Spätschichten) bzw. 750 DM im vollkontinuierlichen Schichtsystem.<br />

Während gemäß Tarifvertrag <strong>der</strong> IG Metall zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Jahr 2000) eine „Rentenaufstockung“<br />

von maximal 21.600 DM (450 DM x 48 Monate) erreicht werden<br />

kann – diese Ausgleichszahlung für die Rentenmin<strong>der</strong>ung entspricht <strong>der</strong> maximalen<br />

Summe für die in Tagschicht Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen Industrie –, können die<br />

Beschäftigten im teilkontinuierlichen Schichtsystem als Ausgleichszahlung für die<br />

Rentenmin<strong>der</strong>ung maximal 26.400 DM sowie im vollkontinuierlichen Schichtsystem<br />

sogar maximal 36.000 DM vom Arbeitgeber erhalten (Abfindungsleistungen vor<br />

Vollendung des 65. Lebensjahres).<br />

Mit <strong>der</strong> Abfindungsregelung des Tarifvertrags ATZ (März 2000) wird für die Beschäftigten<br />

in <strong>der</strong> chemischen Industrie ein teilweiser Ausgleich <strong>der</strong> Abschläge bei <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Rente erreicht. Da die Altersgrenze <strong>der</strong> Arbeitnehmer für eine ungemin<strong>der</strong>te<br />

gesetzliche Altersrente durch das Rentenreformgesetz heraufgesetzt wurde,<br />

bietet die Regelung des Tarifvertrages ATZ einen finanziellen Anreiz, die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

möglichst frühzeitig zu beginnen. Diese Abfindungsregelung (§ 11) soll dem Zweck<br />

des teilweisen Ausgleichs von Rentenabschlägen dienen, sie wird aber in Form einer<br />

einmaligen Zahlung zum Zeitpunkt des Übergangs von <strong>Altersteilzeit</strong> in Altersrente<br />

vorgenommen; dadurch erhält diese Zahlung den Charakter einer Abfindung – nicht<br />

den einer Rentenzahlung.<br />

Die Abschläge bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich auf 3,6 Prozent<br />

für ein Jahr vorgezogenen Ruhestand. Bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> Abfindungsregelung<br />

(§ 11) im „Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>“ für die chemische Industrie<br />

muss die Ausweitung des Anspruchs auf <strong>Altersteilzeit</strong> in seiner Dauer von fünf auf<br />

sechs Jahre gesehen werden. Dadurch kann <strong>der</strong> Abschlag bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rente<br />

von 18 % auf 14,4 % reduziert werden, weil die gemin<strong>der</strong>te Altersrente erst ein Jahr<br />

später (3,6 %) – mit 61 statt 60 Jahren – in Anspruch genommen wird. Der Abfindungsregelung<br />

(§ 11) liegt das folgende Gr<strong>und</strong>modell 15 <strong>der</strong> Tarifvertragsparteien<br />

zugr<strong>und</strong>e:<br />

14 Beide Einschränkungsregelungen stehen übrigens nebeneinan<strong>der</strong>: Sind die Jahrgangsquoten (ATZ)<br />

bereits erschöpft, können in den einzelnen Jahrgängen selbst dann keine weiteren ATZ-<br />

Arbeitsverhältnisse abgeschlossen werden, wenn die Belastungsgrenze von 5 % <strong>der</strong> Belegschaft<br />

noch nicht erreicht ist.<br />

15<br />

Vgl. Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (mit Kommentar für die chemische Industrie), Hg. IG<br />

Bergbau, Chemie, Energie, Vorstandsbereich Tarifpolitik.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />

55 58 61 65<br />

Arbeitsphase Freizeitphase 14,4 % Abschlag<br />

48 Monate<br />

<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />

– Vollkonti-Schicht 48 x 750 = 36.000 DM<br />

– TK + Zweischicht 48 x 550 = 26.400 DM<br />

– Tagschicht 48 x 450 = 21.600 DM<br />

Aus Sicht <strong>der</strong> Chemie-Gewerkschaft handelt es sich bei dem Tarifpaket (Jahr 2000)<br />

um einen „Beschäftigungspakt“, mit dem die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Aufbau einer <strong>tarifliche</strong>n Zusatzrente mit <strong>der</strong> gleichfalls beschlossenen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Ausbildungsplätze miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en wird.<br />

Auch in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie (Nie<strong>der</strong>sachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen)<br />

wurde im Jahr 2000 ein neuer Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen, <strong>der</strong> auf<br />

einer Rahmenregelung für betriebliche Vereinbarungen aus dem Jahr 1998 aufbaut.<br />

Die ursprüngliche <strong>tarifliche</strong> Vereinbarung (März 1998) enthielt keine weitere Leistungsaufstockung,<br />

sie sollte lediglich alle Formen von <strong>Altersteilzeit</strong> durch Betriebsvereinbarungen<br />

ermöglichen – einschließlich <strong>der</strong> Anwendung des Blockmodells nach<br />

dem ATZ-Gesetz. In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurde in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie<br />

neben <strong>der</strong> zweistufigen Einkommenserhöhung auch eine Verbesserung <strong>der</strong> ATZ-<br />

Regelungen sowie (im Westen) die Einrichtung von Langzeit-Arbeitskonten vereinbart.<br />

Ab 1. Juni 2000 haben Beschäftigte nach vollendetem 55. Lebensjahr einen Anspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong> über eine Dauer von zwei bis zu sechs Jahren. Das ATZ-<br />

Arbeitsentgelt wird auf 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Rentenversicherungsbeitrag auf 95 Prozent angehoben. Wie schon in <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie (März 2000) wurde – mit den selben Beträgen – auch in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong><br />

Stahlindustrie ein <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Renteneintritt<br />

vereinbart (Juni 2000). Für maximal 48 Monate wird eine nach Schichtsystem<br />

gestaffelte „Abfindung“ vom Arbeitgeber geleistet: Pro Monat des vorzeitigen Rentenbezugs<br />

erhalten Beschäftigte mit regelmäßiger Wechselschicht 750 DM, Beschäftigte<br />

in Wechselschicht mit regelmäßiger Nachtarbeit 550 DM sowie die übrigen Beschäftigten<br />

450 DM. Weiterhin werden die Beträge ab 1. Januar 2002 dynamisiert <strong>und</strong><br />

jährlich um ein Prozent angehoben (Laufzeit dieses Tarifvertrages: 31. Dezember<br />

2006). Auch <strong>der</strong> Insolvenzschutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer-Ansprüche ist in diesem Tarifvertrag<br />

geregelt worden. Außerdem kann gemäß Tarifvertrag eine freiwillige Betriebsvereinbarung<br />

zwecks Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen für die langfristige<br />

Vermögensbildung zur Alterssicherung abgeschlossen werden. Der Tarifvertrag<br />

zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie enthält eine Anspruchseinschränkung:<br />

4 Prozent aller Beschäftigten können die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen.<br />

26


27<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Im öffentlichen Dienst besaßen die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen mit dem „Tarifvertrag<br />

zur Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ bereits ab dem 1. Mai 1998 Anspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Dieser Tarifvertrag enthielt sogar einen individuellen Rechtsanspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Eine Anspruchseinschränkung<br />

bestand darin, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber die <strong>Altersteilzeit</strong> verweigern konnte, „wenn<br />

dringende dienstliche o<strong>der</strong> betriebliche Gründe dagegen stehen“. Die Arbeitnehmer/innen<br />

hatten die üblichen Voraussetzungen zu erfüllen: Sie mussten das 55.<br />

Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren zurückgelegt haben,<br />

weiterhin mussten sie in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />

gewesen sein. Das individuelle Nettoarbeitsentgelt muss zusammen mit<br />

<strong>der</strong> steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfreien Aufstockungsleistung den Mindestnettobetrag<br />

von 83 Prozent des bisherigen Vollzeit-Nettoarbeitsentgeltes erreichen. Die<br />

Beiträge des Arbeitgebers an die Rentenversicherung werden gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Regelung auf 90 Prozent des Vollzeitarbeitsentgeltes angehoben. Die teilweise<br />

Kompensation für Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug fällt dagegen gering<br />

aus: Gemäß Tarifvertrag ATZ (Mai 1998) erhält ein/e Beschäftigte/r im öffentlichen<br />

Dienst für je 0,3 Prozent Rentenabschlag eine Abfindung von 5 Prozent des Entgelts<br />

im letzten Monat vor Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. So stehen bei einer um zwei Jahre<br />

vorzeitig in Anspruch genommenen Rente 1,2 Monatsbezüge (24 Monate x 5 % =<br />

120 % des letzten Monatsentgelts) als Abfindung zu. Diese geringe Kompensation von<br />

Rentenabschlägen ist in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 im Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV<br />

erhalten geblieben.<br />

Im Gegensatz zu vielen Tarifverträgen von Industriegewerkschaften, die ausschließlich<br />

das Blockmodell vorgeben, zeichnet sich <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV (Mai<br />

1998) bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit dadurch aus, dass während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

alle Formen <strong>der</strong> Verteilung möglich sind. Außer dem – wegen Tarifvorbehalt im<br />

ATZ-Gesetz gegenüber einem mehr als dreijährigen Verteilzeitraum beim Blockmodell<br />

– tariflich geregelten langfristigen Blockmodell (maximale Dauer: bis zu zehn Jahren)<br />

können die Arbeitnehmer/innen auch an<strong>der</strong>e, den Vorschriften des ATZ-Gesetzes<br />

entsprechende Gestaltungsformen wählen: Neben <strong>der</strong> traditionellen „Halbtagsbeschäftigung“<br />

kann auch ein variables „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ gewählt werden, bei dem im<br />

täglichen, wöchentlichen, monatlichen o<strong>der</strong> jährlichen Rhythmus Arbeit <strong>und</strong> Freizeit<br />

einan<strong>der</strong> abwechseln. Diese Wahlmöglichkeit ist im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />

<strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 erhalten geblieben.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Tarifr<strong>und</strong>e 2000 war im öffentlichen Dienst vor allem durch die For<strong>der</strong>ung nach<br />

Tariferhöhung (5 %) bestimmt. Die Tarifverhandlungen endeten mit einer Schlichtung<br />

(Juni 2000) 16 . Wie schon zuvor in den Tarifr<strong>und</strong>en <strong>der</strong> Metallindustrie sowie <strong>der</strong><br />

chemischen Industrie wurde auch im öffentlichen Dienst eine zweistufige Einkommenserhöhung<br />

vereinbart (Laufzeit bis zum 31. Oktober 2002). Hinsichtlich <strong>der</strong> ATZ-<br />

Regelung ist hervorzuheben, dass es den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes<br />

(ÖTV, DAG, usw.) in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 gelang, die Än<strong>der</strong>ungen des ATZ-Gesetzes<br />

im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> zügig aufzunehmen. Während die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />

gemäß dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 1. Januar<br />

2000 einen gesetzlichen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> haben, haben gemäß Tarifvertrag<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten des öffentlichen Dienstes ab dem 1.<br />

Juli 2000 erstmals einen <strong>tarifliche</strong>n Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>. Die Laufzeit des<br />

Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist im öffentlichen Dienst – im Gegensatz zu den<br />

Tarifverträgen in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft – unbefristet. Die <strong>Altersteilzeit</strong> kann weiterhin<br />

auf bis zu zehn Jahren verteilt werden. Die För<strong>der</strong>höchstdauer ist mit dem 2. Gesetz<br />

zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft ab 1. Juli 2000) von fünf auf sechs<br />

Jahre – <strong>und</strong> die Mindestnachbesetzungsdauer gleichfalls um ein Jahr von drei auf vier<br />

Jahre – erhöht worden. Selbst wenn keine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />

über diesen Zeitraum hinweg erfolgt, haben die Arbeitnehmer/innen Anspruch auf die<br />

tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsbeträge für die gesamte Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses.<br />

Das ATZ-Arbeitsverhältnis muss für die Dauer von mindestens<br />

zwei Jahren vereinbart werden, um den Anspruch auf die „Rente wegen<br />

Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit 60 Jahren zu erwerben. Nach dem<br />

Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> ist es ansonsten aber auch möglich, eine kürzere Dauer <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> zu vereinbaren. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des ATZ-<br />

Gesetzes (in Kraft ab 1. Juli 2000) vom 31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009<br />

muss demnach gemäß <strong>der</strong> aktuellen Gesetzeslage ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

noch vor dem 1. Januar 2010 beginnen. Damit wird den Beschäftigten <strong>und</strong> den<br />

Dienstvertragsparteien ein weiter Planungshorizont für die individuelle <strong>und</strong> betriebliche<br />

Personalentwicklung eingeräumt.<br />

Die von <strong>der</strong> Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Ende 2002/Anfang 2003 geführte<br />

Tarifr<strong>und</strong>e war eine reine Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsr<strong>und</strong>e. Der im Januar 2003 im öffentlichen<br />

Dienst erzielte Tarifkompromiss sieht eine Erhöhung <strong>der</strong> Löhne <strong>und</strong> Gehälter in<br />

drei Stufen um nominal 4,4 Prozent bis Anfang 2005 vor (Laufzeit bis Ende Januar<br />

2005 = 27 Monate). Umgerechnet beträgt diese Lohn- <strong>und</strong> Gehaltserhöhung r<strong>und</strong> 2<br />

Prozent pro Jahr. Zur Entlastung <strong>der</strong> Arbeitgeber wird ein freier Tag gestrichen (AZV-<br />

Tag). Die Einkommenserhöhung wird also teilweise durch Verlängerung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />

kompensiert. Die Tarifpolitische Gr<strong>und</strong>satzabteilung <strong>der</strong> Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft<br />

hat nach Abschluss dieser Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsr<strong>und</strong>e die Arbeitszeitpolitik<br />

16 Vgl. im einzelnen dazu: R. Bispink, WSI – Tarifarchiv, Tarifpolitischer Jahresbericht 2000, a.a.O., S.<br />

20 ff.<br />

28


29<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

wie<strong>der</strong> auf die Tagesordnung gesetzt. Mit einer neuen arbeitszeitpolitischen Initiative<br />

(Jahre 2003/2004) will die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ab dem Jahr 2005<br />

eine Tarifbewegung zur Verkürzung <strong>und</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitszeit in Gang bringen.<br />

Zusammenfassung: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Die tarifvertraglichen Regelungen setzen zumeist an <strong>der</strong> Aufstockung <strong>der</strong> gesetzlich<br />

vorgesehenen ATZ-Leistungen an, um die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit in finanzieller Hinsicht für<br />

die Beschäftigten attraktiv zu machen. Diese Aufstockung bezieht sich vor allem auf<br />

das Arbeitsentgelt: So wurden für die Metallindustrie 82 Prozent des bisherigen Netto-<br />

Vollzeitentgelts, für den öffentlichen Dienst 83 Prozent, für die Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie<br />

sowie für die chemische Industrie 85 Prozent des Netto-Vollzeitentgelts tarifvertraglich<br />

vereinbart. Eine Aufstockung des Rentenversicherungsbeitrages über die<br />

gesetzlich vorgeschriebenen 90 Prozent hinaus findet i.d.R. nicht statt (Ausnahmen:<br />

Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie = 95 %, Metallindustrie = 95 %). Erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />

2000 wurden in Verbandstarifverträgen anteilige Erstattungen für die späteren<br />

Rentenabschläge vorgesehen. Im Firmentarifvertrag <strong>der</strong> IG Metall mit <strong>der</strong> Volkswagen<br />

AG ist bereits im Jahre 1997 das Problem <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenabschläge beim<br />

vorzeitigen Ruhestand nach <strong>Altersteilzeit</strong> großzügig geregelt worden (paritätische<br />

Aufteilung <strong>der</strong> Rentenabschläge auf Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer). Offenbar waren<br />

jedoch diese günstigen Bedingungen des „Son<strong>der</strong>falls“ Volkswagen nicht verallgemeinerbar<br />

für die gesamte Metallindustrie. Erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 konnte die IG<br />

Metall in den Verbandstarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> einen teilweisen Ausgleich <strong>der</strong><br />

Rentenabschläge durch eine in <strong>der</strong> Höhe begrenzte Abfindung (maximal 21.600 DM)<br />

tarifvertraglich vereinbaren. Eine weiter gehende Kompensation von Rentenabschlägen<br />

nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 insbeson<strong>der</strong>e in denjenigen<br />

Branchen vereinbart worden, die – mehr noch als die Metallindustrie – durch kontinuierliche<br />

Schichtsysteme geprägt sind: Sowohl in <strong>der</strong> Stahlindustrie als auch in <strong>der</strong><br />

chemischen Industrie werden gemäß Schichtsystem gestaffelte Abfindungen gezahlt<br />

(minimal 21.600 DM/maximal 36.000 DM).<br />

Weiterhin werden in den Tarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> die Anspruchsvoraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten wie auch die Anspruchseinschränkungen geregelt. Bei den<br />

Anspruchsvoraussetzungen (Mindestalter, Anspruch an das vorherige Beschäftigungsverhältnis)<br />

orientieren sich die Tarifverträge weitgehend an den Bestimmungen des<br />

ATZ-Gesetzes: Mindestalter von 55 Jahren, bis zur Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten:<br />

mindestens 3 Jahre (1080 Kalen<strong>der</strong>tage) Vollzeitbeschäftigung in den letzten<br />

5 Beschäftigungsjahren (ausnahmsweise wird auch – wie im Versicherungsgewerbe –<br />

eine Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren vorausgesetzt). Die Anspruchseinschränkungen<br />

enthalten i. d. R. Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklauseln für die Betriebe, die einen<br />

Anspruch <strong>der</strong> Beschäftigten dann ausschließen, wenn ein bestimmter Anteil aller<br />

Beschäftigten (4 % o<strong>der</strong> 5 %) o<strong>der</strong> bestimmter Altersjahrgänge – wie in <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie sowie in <strong>der</strong> Metallindustrie – sich bereits in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

befindet. Dabei steigen die Quoten für die älteren Beschäftigten, die gemäß Tarifver-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

trag <strong>Altersteilzeit</strong> beanspruchen dürfen, i. d. R. mit den Jahrgängen an (z. B. in <strong>der</strong><br />

Metallindustrie: 40/50/60/70 % <strong>der</strong> 57/58/59/60-jährigen Beschäftigten). Bei den<br />

Betriebsfallstudien wird sich zeigen, in wieweit die Betriebsvertragsparteien sich an<br />

diese Anspruchseinschränkungen halten o<strong>der</strong> aber – was ihnen offen steht – auf die<br />

Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel einfach verzichten, um z. B. einen größeren Personalabbau<br />

über das Instrument ATZ vornehmen zu können.<br />

Während in vielen Tarifverträgen lediglich die Möglichkeit <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Regelungen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bildung eines über 3 Jahre hinausgehenden<br />

Verteilzeitraums von „verblockter“ <strong>Altersteilzeit</strong>, geregelt wird, wird in einigen<br />

Tarifverträgen den älteren Beschäftigten ein Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> eingeräumt.<br />

So enthält <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> chemischen Industrie einen allgemeinen<br />

Rechtsanspruch <strong>der</strong> Arbeitnehmer auf <strong>Altersteilzeit</strong>, einen „unmittelbaren <strong>tarifliche</strong>n<br />

Anspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses nach dem <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsmodell<br />

Ι“, d. h. nach dem „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ (Verkürzung <strong>der</strong> täglichen o<strong>der</strong><br />

wöchentlichen Arbeitszeit); jedoch können „betriebliche, insbeson<strong>der</strong>e arbeitsorganisatorische<br />

Gründe einer Beschäftigung des älteren Arbeitnehmers in <strong>Teil</strong>zeitarbeit<br />

entgegenstehen“ (Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, IG BCE, März 2000).<br />

Deshalb kann <strong>der</strong> Arbeitgeber das Verlangen des Arbeitnehmers nach „<strong>Teil</strong>zeitarbeit“<br />

aus betrieblichen Gründen ablehnen, wenn er dem Arbeitnehmer stattdessen eine<br />

„Beschäftigung nach dem <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsmodell ΙΙ anbietet“, d. h. nach dem<br />

„Blockmodell“. Diese tarifvertraglichen Bestimmungen sind mit dafür verantwortlich,<br />

dass die Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen Industrie nahezu ausschließlich die „verblockte“<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> wählen.<br />

Der allgemeine Rechtsanspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrages wird<br />

in <strong>der</strong> chemischen Industrie gemäß Tarifvertrag in doppelter Hinsicht eingeschränkt:<br />

Entsprechend <strong>der</strong> „Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel“ kann <strong>der</strong> Arbeitgeber den Abschluss<br />

eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses ablehnen, wenn 5 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

des Betriebes von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bereits Gebrauch machen; <strong>der</strong> Anspruch auf<br />

Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrages wird zudem durch die Festlegung<br />

beson<strong>der</strong>er Jahrgangsquoten eingeschränkt (<strong>der</strong> Anspruch ist ausgeschlossen, wenn<br />

mehr als 30 % <strong>der</strong> 55-jährigen, mehr als 40 % <strong>der</strong> 56-jährigen, mehr als 50 % <strong>der</strong><br />

57-jährigen, mehr als 60 % <strong>der</strong> 58-jährigen Beschäftigten ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

abgeschlossen haben). Allerdings steht es dem Arbeitgeber frei, auf den<br />

Überfor<strong>der</strong>ungsschutz zu verzichten: Jenseits <strong>der</strong> 5 %-Klausel können auf freiwilliger<br />

Gr<strong>und</strong>lage je<strong>der</strong>zeit ATZ-Arbeitsverträge abgeschlossen werden; es besteht nur in<br />

solchen Fällen kein durchsetzbarer Rechtsanspruch mehr (Freiwilligkeitsvorbehalt).<br />

Im Rahmen des Tarifvertrages (März 2000) haben die Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie einen „unmittelbaren“ tarifvertraglichen Anspruch auf ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

von zwei bis zu sechs Jahren. Die Möglichkeit, für die Dauer von<br />

bis zu zehn Jahren ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis abzuschließen, besteht nur auf<br />

Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung o<strong>der</strong> auf einem Einzelarbeitsvertrag, <strong>der</strong><br />

mit Zustimmung des Betriebsrates abgeschlossen wird. Damit gibt es für die Verein-<br />

30


31<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

barung von ATZ-Arbeitsverhältnissen mit mehr als sechs Jahren Laufzeit in <strong>der</strong><br />

chemischen Industrie keinen „direkten“ tarifvertraglichen Anspruch.<br />

Einen allgemeinen Rechtsanspruch enthalten die wenigsten Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong>;<br />

jedoch sind in den Tarifverträgen einzelner großer Branchen Rechtsansprüche<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten ab einem bestimmten Lebensalter geregelt worden: Bereits <strong>der</strong> erste<br />

Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Mai 1998) enthält einen Rechtsanspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Dieser Rechtsanspruch ist<br />

im zweiten Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Juni 2000) erhalten<br />

geblieben. Auch in <strong>der</strong> Metallindustrie enthält <strong>der</strong> Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />

(Laufzeit bis zum 30. April 2003) einen nach Lebensalter geregelten Rechtsanspruch<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong>: Während nach dem Manteltarifvertrag ATZ die<br />

Beschäftigten ab vollendetem 61. Lebensjahr einen individuellen Rechtsanspruch auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> haben, erhalten die Beschäftigten nach dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“<br />

(März 2000) bereits ab vollendetem 57. Lebensjahr einen Anspruch 17<br />

auf eine – maximal sechsjährige – „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong>. Damit können die<br />

Metall-Beschäftigten ihr Arbeitsleben faktisch – wenngleich nicht arbeitsrechtlich –<br />

mit dem vollendeten 60. Lebensjahr beenden.<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung (WSI) zur Nutzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Betrieben <strong>und</strong> Behörden<br />

Die Umsetzung <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n ATZ-Regelungen in den Betrieben <strong>und</strong><br />

Behörden über Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen bildet ein noch weitgehend<br />

unbekanntes Feld von ATZ-Regelungen 18 . Einen ersten – halbwegs repräsentativen –<br />

Überblick bietet die Ende 1999/Anfang 2000 vom WSI durchgeführte Betriebs- <strong>und</strong><br />

Personalrätebefragung, die einige Fragen zur <strong>Altersteilzeit</strong> enthält. Diese Befragung<br />

richtete sich an Betriebe bzw. Dienststellen ab 20 Beschäftigten mit Betriebs- bzw.<br />

Personalrat, d. h. Arbeitsstätten ohne betriebliche Interessenvertretung sowie Betriebe<br />

<strong>und</strong> Dienststellen mit weniger als 20 Beschäftigten sind in dieser Betriebs- <strong>und</strong><br />

Personalrätebefragung nicht enthalten. Aufgr<strong>und</strong> des Erhebungszeitpunktes konnten<br />

17 Wie bereits ausgeführt, wird in <strong>der</strong> Metallindustrie <strong>der</strong> Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> ausgeschlossen,<br />

wenn 4 Prozent (ab 1. Mai 2000) bzw. 5 Prozent (ab 1. Mai 2002) aller Beschäftigten des Betriebes<br />

bereits von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen bzw. wenn mehr als 40 % <strong>der</strong> 57-jährigen, mehr<br />

als 50 % <strong>der</strong> 58-jährigen, mehr als 60 % <strong>der</strong> 59-jährigen, mehr als 70 % <strong>der</strong> 60-jährigen Beschäftigten<br />

bereits einen <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrag abgeschlossen haben.<br />

18 Eine Untersuchung <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von ATZ-Tarifverträgen in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong><br />

Elektroindustrie wurde am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke in Baden-Württemberg sowie in Nordrhein-<br />

Westfalen auf Basis von freiwilligen Betriebsvereinbarungen im Jahre 1999 im Auftrag <strong>der</strong> Hans-<br />

Böckler-Stiftung durchgeführt (vgl. C. Barkholdt, u.a., Evaluation <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>tarifverträgen am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> Baden-<br />

Württemberg, Manuskript, Dortm<strong>und</strong> 2001). Im Unterschied zum Tarifvertrag in <strong>der</strong> Chemieindustrie<br />

setzte <strong>der</strong> zum Untersuchungszeitpunkt gültige Tarifvertrag in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />

den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung voraus, wenn die <strong>Altersteilzeit</strong> bereits ab dem<br />

55. Lebensjahr <strong>der</strong> Beschäftigten beginnen sollte.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

zudem die Auswirkungen <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen des Jahres 2000<br />

sowie <strong>der</strong> darauf aufbauenden tarifvertraglichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen (Tarifr<strong>und</strong>e<br />

2000) noch nicht mit dieser Befragung erfasst werden.<br />

Mit <strong>der</strong> WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung wurden alle wichtigen Branchen<br />

<strong>und</strong> Organisationsbereiche in West- <strong>und</strong> Ostdeutschland erfasst. Auf die Unterschiede<br />

zwischen West- <strong>und</strong> Ostdeutschland gehen wir in unserer Zusammenfassung nicht<br />

näher ein, weil wir den Vergleich Westdeutschland – Land Bremen im Blickfeld<br />

unserer Untersuchung haben. Unsere Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse dieser<br />

Befragung zur Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Deutschland (Ende 1999/Anfang 2000)<br />

beruht auf <strong>der</strong> Auswertung <strong>und</strong> Darstellung von Ute Klammer <strong>und</strong> Helmut Weber in<br />

ihrer Abhandlung in den WSI-Mitteilungen 19 .<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> als Arbeitsfeld <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte<br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong> bildet ein wichtiges Thema für die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte in ihrer<br />

alltäglichen Arbeit. 54 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte <strong>und</strong> sogar 68 Prozent <strong>der</strong> Personalräte<br />

gaben in <strong>der</strong> Befragung an, sich in den letzten Jahren mit dem Thema „<strong>Altersteilzeit</strong>“<br />

beschäftigt zu haben. Im öffentlichen Dienst war die <strong>Altersteilzeit</strong> sogar das am<br />

häufigsten genannte Arbeitsfeld <strong>der</strong> Personalräte, in <strong>der</strong> Privatwirtschaft bildete die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> nach dem „Personalabbau“ das zweithäufigst genannte Arbeitsfeld <strong>der</strong><br />

Betriebsräte. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Mehrstufigkeit <strong>der</strong> Regelungen (Gesetz – Tarifvertrag –<br />

Betriebs-/Dienstvereinbarung – Einzelarbeitsvertrag) kommt den Betriebs- bzw.<br />

Personalräten bei <strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> individuellen Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

eine bedeutende Rolle zu. „Sowohl für den öffentlichen Dienst als auch für die<br />

Privatwirtschaft gilt dabei: je größer die Dienststelle bzw. <strong>der</strong> Betrieb, desto eher ist<br />

die <strong>Altersteilzeit</strong> ein Thema.“ 20 Für die Betriebsräte ist die <strong>Altersteilzeit</strong> eine Erfolgsgeschichte:<br />

Ein knappes Drittel <strong>der</strong> Betriebsräte gibt an, auf diesem Feld „viel“ erreicht<br />

zu haben, ein gutes Drittel meint, es sei immerhin „einiges“ erreicht worden, lediglich<br />

ein Drittel gibt an, „wenig“ erreicht zu haben (Westdeutschland). Bei den Personalräten<br />

überwiegt eine mittlere Zufriedenheit: Etwa die Hälfte <strong>der</strong> Personalräte gibt an,<br />

immerhin „einiges“ erreicht zu haben, während eine positive sowie eine negative<br />

Einschätzung jeweils von einem Viertel <strong>der</strong> Personalräte angegeben wird.<br />

19 Ute Klammer, Helmut Weber, Flexibel in den Ruhestand? – Ergebnisse <strong>und</strong> Überlegungen zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> , in: WSI-Mitteilungen, 2/2001, S. 102 – 112.<br />

20 Ute Klammer, Helmut Weber, Flexibel in den Ruhestand?, a. a. O., S. 104.<br />

32


Verbreitung <strong>und</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

33<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Während in nicht ganz <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> westdeutschen Betriebe (46 %) <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Regelungen bestehen, weisen nahezu zwei Drittel <strong>der</strong> westdeutschen Dienststellen<br />

(65 %) <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen auf.<br />

Die Aufglie<strong>der</strong>ung nach Betriebsgrößenklassen zeigt bei den Betrieben in Deutschland<br />

einen signifikanten Zusammenhang: In <strong>der</strong> Tendenz steigt mit <strong>der</strong> Betriebsgröße <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Betriebe mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen (vgl. Schaubild 2). Während von den<br />

Betrieben zwischen 50 <strong>und</strong> 100 Beschäftigten etwa je<strong>der</strong> vierte Betrieb <strong>Altersteilzeit</strong><br />

anbietet, ist dieses bei den Betrieben zwischen 100 <strong>und</strong> 500 Beschäftigten etwa bei<br />

jedem dritten Betrieb <strong>der</strong> Fall. Über 60 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte aus Betrieben mit<br />

500 bis 1000 Beschäftigten <strong>und</strong> sogar 85 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte aus Betrieben mit<br />

mehr als 1000 Beschäftigten haben angegeben, dass in ihrem Betrieb eine <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />

existiert.<br />

Schaubild 2: Anteil <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong>regelung (in %)<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

45 46<br />

38<br />

Gesamt West Ost<br />

67 65<br />

77<br />

Gesamt West Ost<br />

Privatwirtschaft<br />

Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />

9<br />

20-50<br />

AN<br />

27<br />

51-100<br />

AN<br />

37 33<br />

101-200<br />

AN<br />

Öffentlicher Dienst<br />

49<br />

20-50<br />

AN<br />

51<br />

51-100<br />

AN<br />

57<br />

101-200<br />

AN<br />

201-500<br />

AN<br />

61<br />

500-<br />

1000 AN<br />

85<br />

über<br />

1000 AN<br />

81 83 80<br />

201-500<br />

AN<br />

500-<br />

1000 AN<br />

über<br />

1000 AN


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Man kann davon ausgehen, dass die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Än<strong>der</strong>ung<br />

des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>) die Nutzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nunmehr auch für Kleinbetriebe attraktiv macht, weil seitdem <strong>der</strong><br />

Nachweis <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten gegenüber<br />

dem Arbeitsamt wesentlich erleichtert worden ist.<br />

„Im öffentlichen Sektor ist Alterssicherung insgesamt weiter verbreitet als in <strong>der</strong><br />

Privatwirtschaft: In r<strong>und</strong> zwei Drittel <strong>der</strong> Dienststellen existiert nach Angabe <strong>der</strong><br />

Personalräte eine Regelung zur <strong>Altersteilzeit</strong>. Die stärkere Verbreitung von <strong>Altersteilzeit</strong><br />

im Vergleich zur Privatwirtschaft ist dabei vor allem in kleinen <strong>und</strong> mittelgroßen<br />

Dienststellen augenfällig (vgl. Schaubild 2). Wie die Differenzierung nach Dienststellenbereichen<br />

offenbart, ist <strong>Altersteilzeit</strong> beson<strong>der</strong>s verbreitet im Bereich des Sozial<strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitswesens (Deckungsgrad: über 90 %).“ 21<br />

45 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte sowie 67 Prozent <strong>der</strong> Personalräte in Deutschland haben<br />

in <strong>der</strong> WSI-Befragung angegeben, dass in ihrem Betrieb bzw. in ihrer Dienststelle eine<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung existiert. Diese Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sollten Angaben zu<br />

den jeweils praktizierten Formen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> machen. Dabei ergibt sich das<br />

interessante Ergebnis, „dass im öffentlichen Dienst den Beschäftigten häufiger die<br />

Wahlmöglichkeit zwischen den beiden konkurrierenden Varianten „Blockmodell“ <strong>und</strong><br />

„<strong>Teil</strong>zeitmodell“ eingeräumt wird“. 22<br />

Nahezu drei Viertel <strong>der</strong> Dienststellen (74 %) bieten ihren Beschäftigten nach Angaben<br />

<strong>der</strong> Personalräte eine Wahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Varianten an, während<br />

nicht ganz die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe (48 %) nach Angaben <strong>der</strong> Betriebsräte ihren<br />

Beschäftigten eine solche Wahlmöglichkeit einräumt (vgl. Schaubild 3). Auch bei<br />

dieser Frage ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang mit <strong>der</strong> Betriebsgrößenklasse:<br />

Je größer die Dienststelle bzw. <strong>der</strong> Betrieb mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung, umso mehr<br />

können die Beschäftigten zwischen Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell wählen.<br />

Bedenkenswert scheint uns, dass fast je<strong>der</strong> zweite Betrieb mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />

in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft ausschließlich das Blockmodell vorsieht (47 %), während<br />

diese, die Wahlmöglichkeit ausschließende, Vorgabe des Blockmodells lediglich von<br />

je<strong>der</strong> fünften Dienststelle im öffentlichen Dienst gemacht wird (20 %). Insgesamt<br />

betrachtet, wird also dem eigentlichen <strong>Teil</strong>zeitmodell, welches <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Intention des Gesetzgebers bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz zur<br />

För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“) als Modell zugr<strong>und</strong>e lag, in<br />

<strong>der</strong> betrieblichen Praxis gegenüber dem mehrheitlich favorisierten Blockmodell<br />

lediglich eine nachgeordnete Bedeutung eingeräumt.<br />

21 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 105.<br />

22 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 105.<br />

34


Schaubild 3: Angebotenes Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in %)<br />

beide<br />

Modelle<br />

48 %<br />

Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />

35<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 4: Ausgleich für den späteren Rentenabschlag nach <strong>Altersteilzeit</strong> (in %)<br />

nein<br />

61 %<br />

Privatw irtschaft<br />

nur<strong>Teil</strong>zeit<br />

5 %<br />

Privatw irtschaft<br />

ja, vollständig<br />

4 %<br />

nur<br />

Blockzeit<br />

47 %<br />

ja,<br />

anteilig<br />

35 %<br />

Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />

Auch bei <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> individuellen Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die<br />

Beschäftigten zeigt sich, dass <strong>der</strong> vom Gesetzgeber eingeräumte beträchtliche<br />

Zeitraum von bis zu 10 Jahren (<strong>Altersteilzeit</strong> zwischen 55 <strong>und</strong> 65 Jahren) keineswegs<br />

umfassend ausgeschöpft wird. „Die maximale Dauer <strong>der</strong> individuellen Inanspruchnahme<br />

liegt im Durchschnitt in <strong>der</strong> Privatwirtschaft bei etwas über fünf Jahren, im<br />

öffentlichen Dienst mit über sieben Jahren deutlich höher.“ 23 Faktisch beträgt die<br />

Mindestdauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, welche den Beschäftigten in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> im öffentlichen Dienst vorgeschrieben wird, im Durchschnitt etwas mehr als zwei<br />

Jahre. Dieses Ergebnis beruht sicherlich auf <strong>der</strong> vom Gesetzgeber vorgeschriebenen<br />

23 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 106.<br />

nur<br />

Blockzeit<br />

20 %<br />

nein<br />

58 %<br />

Öffentlicher Dienst<br />

nur<strong>Teil</strong>zeit<br />

6 %<br />

Öffentlicher Dienst<br />

ja, vollständig<br />

7 %<br />

beide<br />

Modelle<br />

74 %<br />

ja,<br />

anteilig<br />

35 %


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Mindestdauer von 24 Monaten <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit als Bedingung für den Anspruch auf<br />

den Bezug einer Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit.<br />

Die tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers für die in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten übersteigen die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen<br />

Aufstockungen des Netto-Einkommens, teilweise auch <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeiträge,<br />

in relevantem Ausmaß. Auf <strong>der</strong> betrieblichen Ebene werden die tarifvertraglich<br />

vereinbarten Aufstockungsleistungen teilweise noch verbessert. Diese Leistungen<br />

beziehen sich v. a. auf den Lohn bzw. das Gehalt. Gemäß den Angaben <strong>der</strong> Betriebs<strong>und</strong><br />

Personalräte ergibt sich eine durchschnittliche Aufstockung des Nettolohnes <strong>der</strong><br />

„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ auf r<strong>und</strong> 83 Prozent (öffentlicher Dienst) bzw. 84 Prozent (Privatwirtschaft).<br />

Mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> fast die Hälfte <strong>der</strong> Dienststellen zahlt<br />

den „<strong>Altersteilzeit</strong>ern“ mehr Lohn bzw. Gehalt als die vom Gesetzgeber gefor<strong>der</strong>ten 70<br />

Prozent. Bei den Rentenversicherungsbeiträgen wird die gesetzlich geregelte Aufstokkung<br />

von 90 Prozent nur vereinzelt in Tarifverträgen noch verbessert. „Erhebliche<br />

Unterschiede zeigen sich in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> versicherungstechnischen Rentenabschläge,<br />

die bei den <strong>Altersteilzeit</strong>ern durch den früheren Rentenzugang beträchtlich<br />

sein können, nämlich bis zu 18 Prozent bei Rentenzugang mit 60 statt 65 Jahren<br />

betragen. Hierfür hat <strong>der</strong> Gesetzgeber keine Ausgleichsregelung vorgesehen.“ 24<br />

Wie unsere Analyse <strong>der</strong> Tarifverträge gezeigt hat, sind insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />

2000 Abfindungsleistungen zum Ausgleich <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenabschläge bei<br />

einem vorzeitigem Ruhestand des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ vereinbart worden. Diese Leistungen<br />

werden ausschließlich vom Arbeitgeber getragen. Nach den Angaben <strong>der</strong> Betriebs-<br />

<strong>und</strong> Personalräte können die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ in etwa 40 Prozent <strong>der</strong> Betriebe<br />

<strong>und</strong> Dienststellen mit einem teilweisen Ausgleich für den späteren Rentenabschlag<br />

rechnen (vgl. Schaubild 4). Dadurch ist die Attraktivität eines vorzeitigen Ruhestandes<br />

in vielen Betrieben <strong>und</strong> Dienststellen für die älteren Arbeitnehmer/innen sicherlich<br />

gesteigert worden. Die seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegene Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> lässt sich sicherlich auf die Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens<br />

durch Tarifverträge <strong>und</strong> Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen erklären. Beschäftigte<br />

in Großbetrieben profitieren am meisten von <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n <strong>und</strong> betrieblichen<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Aufstockungsleistungen: „Je größer <strong>der</strong> Betrieb o<strong>der</strong> die Dienststelle,<br />

desto eher gehen die gewährten Aufstockungsleistungen über die gesetzlichen<br />

Regelungen hinaus.“ 25<br />

Inanspruchnahme <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung<br />

Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> kann durch den Arbeitgeber beschränkt<br />

werden. Der Gesetzgeber hat zum Schutz <strong>der</strong> Betriebe eine Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel<br />

verabschiedet, wonach <strong>der</strong> Anspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> auf 5<br />

24 Dies., a. a. O., S. 106 f.<br />

25 Dies., a. a. O., S. 107.<br />

36


37<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Prozent aller Beschäftigten eines Betriebes eingeschränkt wird. In vielen Tarifverträgen<br />

wird die gesetzliche Regelung noch weiter spezifiziert, indem jahrgangsbezogene<br />

Quoten für die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ festgelegt werden (wie in <strong>der</strong> chemischen Industrie<br />

sowie in <strong>der</strong> Metallindustrie). Damit kann ein tarifvertraglich vereinbarter Rechtsanspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong> – wie im Tarifvertrag „Beschäftigungsbrücke“ in <strong>der</strong> Metallindustrie<br />

enthalten – für bestimmte Beschäftigtengruppen eingeschränkt werden.<br />

Allerdings können die Betriebe auf die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel in Gänze verzichten.<br />

„In <strong>der</strong> WSI-Befragung verneinten die Frage, ob die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

quantitativ beschränkt sei, 63 Prozent <strong>der</strong> antwortenden Betriebsräte <strong>und</strong> sogar<br />

78 Prozent <strong>der</strong> antwortenden Personalräte, nur r<strong>und</strong> 37 Prozent <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong><br />

sogar nur 22 Prozent <strong>der</strong> Personalräte gaben an, dass in ihrem Betrieb/ihrer Dienststelle<br />

die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> quantitativ begrenzt sein.“ 26<br />

Soweit die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte Angaben zur Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

durch die älteren Beschäftigten ihres Betriebes bzw. ihrer Dienststelle gemacht<br />

haben, betrug <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ an den über-55-jährigen Beschäftigten<br />

Ende 1999/Anfang 2000 in <strong>der</strong> Privatwirtschaft immerhin 28 Prozent (Westdeutschland:<br />

28 %), im öffentlichen Dienst lediglich 19 Prozent (Westdeutschland: 17 %).<br />

„Die Frage, ob <strong>Altersteilzeit</strong> in erster Linie zum Personalabbau genutzt wird o<strong>der</strong><br />

tatsächlich einen Beitrag zum Abbau <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit leistet, ist vor allem aus<br />

arbeitsmarktpolitischer Perspektive zentral. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus<br />

dem Anteil <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse, für die die Betriebe/Dienststellen sich<br />

die gesetzlichen Aufstockungsleistungen durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit erstatten<br />

lassen, da diese Erstattung an die Wie<strong>der</strong>besetzung des Arbeitsplatzes geknüpft ist.“ 27<br />

Die Frage nach <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> Erstattungsleistungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Arbeit wurde in <strong>der</strong> WSI-Befragung von einer hohen Anzahl von Betriebsräten mit<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> im Betrieb (19 %) sowie von Personalräten aus Dienststellen mit<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (24 %) nicht beantwortet. Von einem Viertel <strong>der</strong> Betriebe (25 %) wurden<br />

keine Erstattungsleistungen in Anspruch genommen. Die Mehrheit <strong>der</strong> Betriebe (56<br />

%) nimmt nach den Angaben <strong>der</strong> Betriebsräte dagegen die Erstattungsleistungen in<br />

Anspruch. Im öffentlichen Dienst werden die Erstattungsleistungen viel häufiger nicht<br />

in Anspruch genommen (40 %) als in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft (25 %). Entsprechend<br />

fällt die Inanspruchnahme <strong>der</strong> Erstattungsleistungen in den Dienststellen (36 %)<br />

wesentlich niedriger aus als in den Betrieben (56 %).<br />

26 Dies., a. a. O. S. 107.<br />

27 Dies., a. a. O. S. 108.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 5: Inanspruchnahme von Erstattungen durch die B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Aufstockungen (in %)<br />

ja, aber keine<br />

Angabe zum<br />

Anteil<br />

26 %<br />

keine<br />

Inanspruchnahme<br />

von<br />

Erstattungen<br />

25 %<br />

Privat wirtschaft<br />

(insgesamt: 56 %)<br />

Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />

Wenn also in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe die Erstattungsleistungen<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit in Anspruch nehmen, wird ein gewisser<br />

Anteil <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei werdenden Stellen wie<strong>der</strong> besetzt. Der hohe Anteil<br />

<strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte, <strong>der</strong> keine Angaben zur Frage <strong>der</strong> Inanspruchnahme<br />

machen kann, verweist wahrscheinlich darauf, „dass für die Betriebe häufig zum<br />

Zeitpunkt des Abschlusses eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Verhältnisses noch nicht definitiv<br />

feststeht, ob sie den Arbeitsplatz wie<strong>der</strong>besetzen werden <strong>und</strong> sich die gesetzlichen<br />

Aufstockungen erstatten lassen können. Dies ist eine Folge <strong>der</strong> hohen Präferenz des<br />

Blockmodells, da bei <strong>Altersteilzeit</strong>-Fällen mit Blockmodell zunächst nur Anträge auf<br />

Vorausentscheidung an die BA gestellt werden können, über die tatsächliche Wie<strong>der</strong>besetzung<br />

<strong>und</strong> damit auch die För<strong>der</strong>ungsfähigkeit aber erst zu Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />

entschieden wird“ 28 .<br />

Seit <strong>der</strong> Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes August 1996 ist die Anzahl <strong>der</strong> Erstattungsanträge<br />

an die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit beständig gestiegen (vgl. Tabelle 2). Bis<br />

Ende 2000 waren insgesamt fast 83.000 Anträge gestellt worden, von denen nahezu<br />

72.500 bewilligt worden sind (= 87 %). Im gleichen Zeitraum sind nicht ganz<br />

84.000 Anträge auf Vorabentscheidung – gemäß dem Blockmodell – gestellt worden,<br />

von denen die große Mehrheit (ca. 92 %) gleichfalls bewilligt worden ist. Die Steigerung<br />

<strong>der</strong> im Jahre 2000 gestellten <strong>Altersteilzeit</strong>-Anträge wie auch <strong>der</strong> Anträge auf<br />

Vorabentscheidung gegenüber dem Jahr 1999 ist augenfällig; sie lässt sich sicherlich<br />

28 Dies., a. a. O., S. 109.<br />

ja, für einen <strong>Teil</strong><br />

10 %<br />

ja, für alle<br />

20 %<br />

keine Angabe<br />

19 %<br />

38<br />

ja, aber keine<br />

Angabe zum Anteil<br />

4 %<br />

keine<br />

Inanspruchnahme<br />

von<br />

Erstattungen<br />

40 %<br />

Öffentlicher Dienst<br />

(insgesamt: 37 %)<br />

ja, für einen <strong>Teil</strong><br />

8 %<br />

ja, für alle<br />

24 %<br />

keine Angabe<br />

24 %


39<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

auf die Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes im Jahre 2000 zurückführen. Als<br />

Reaktion auf die zwei Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Januar/1. Juli 2000)<br />

wie auch auf die darauf aufbauenden Tarifverträge in wichtigen Branchen (Tarifr<strong>und</strong>e<br />

2000) lässt sich die weitere Steigerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge im Jahre<br />

2001 verstehen: Wurden im Jahre 2000 r<strong>und</strong> 38.900 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge<br />

gestellt, von denen etwa 34.600 bewilligt wurden, so wurden im Jahre 2001<br />

bereits r<strong>und</strong> 50.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge gestellt, von denen etwa 46.200<br />

bewilligt wurden. Im Jahre 2002 ist eine weitere Steigerung festzustellen: Nunmehr<br />

wurden über 54.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge gestellt, von denen etwa<br />

49.500 bewilligt wurden (vgl. Tabelle 2). Die Anzahl <strong>der</strong> gestellten Anträge auf<br />

Vorabentscheidung erhöhte sich von etwa 33.000 im Jahre 2000 auf nahezu 37.800<br />

im Jahre 2001, verringerte sich jedoch im Jahre 2002 wie<strong>der</strong> auf ca. 31.750<br />

Anträge (vgl. Tabelle 2).<br />

Die Ausgaben <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Zuschüsse haben sich<br />

gegenüber dem Jahre 2000 im Jahre 2001 mehr als verdoppelt. Als Hauptgr<strong>und</strong> für<br />

den Kostenanstieg gilt die hohe Zahl <strong>der</strong> För<strong>der</strong>anträge durch die Arbeitgeber.<br />

Offenbar wird mittlerweile die Wie<strong>der</strong>besetzung aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erleichterungen des<br />

neuen <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Januar 2000) vermehrt von den Betrieben praktiziert.<br />

Während die Anzahl <strong>der</strong> bewilligten <strong>Altersteilzeit</strong>-Anträge (incl. <strong>der</strong> bewilligten Anträge<br />

auf Vorabentscheidung) kumuliert Ende 2000 etwa 150.000 Fälle betrug, so hat sich<br />

diese Anzahl <strong>der</strong> bewilligten Anträge bis Ende 2001 auf ca. 230.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Fälle kumuliert, bis Ende 2002 sogar auf insgesamt ca. 310.400 <strong>Altersteilzeit</strong>-Fälle.<br />

Damit hat sich die Anzahl <strong>der</strong> bewilligten Anträge in den beiden Jahren nach <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000) mehr als verdoppelt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Daten im Meldeverfahren zur Sozialversicherung geht die B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit davon aus, dass die Zahl aller in <strong>Altersteilzeit</strong> beschäftigten Arbeitnehmer<br />

etwa 3 ½ bis 4 mal höher ist als die Zahl <strong>der</strong> geför<strong>der</strong>ten Fälle nach <strong>der</strong> Bestandsstatistik.<br />

„Die Differenz zwischen existierenden <strong>und</strong> geför<strong>der</strong>ten <strong>Altersteilzeit</strong>-Fällen<br />

bedeutet nicht unbedingt, dass nur je<strong>der</strong> dritte o<strong>der</strong> gar vierte <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsplatz wie<strong>der</strong>besetzt wird, da die Betriebe sich nur für die Erstattung qualifizieren,<br />

wenn <strong>der</strong> freigewordene Arbeitsplatz durch einen Arbeitslosen o<strong>der</strong> einen nach<br />

<strong>der</strong> Ausbildung übernommenen Arbeitnehmer wie<strong>der</strong>besetzt wird.“ 29 Gleichwohl zeigt<br />

uns die Beobachtung <strong>der</strong> Personalpolitik in Großbetrieben, dass <strong>Altersteilzeit</strong> vielfach<br />

dazu genutzt wird, den Personalbestand sozialverträglich zu reduzieren.<br />

Die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte-Befragung des WSI weist nach, dass zwischen den<br />

Variablen „<strong>Altersteilzeit</strong>“ <strong>und</strong> „Personalabbau“ ein signifikanter Zusammenhang<br />

besteht: „In <strong>der</strong> Privatwirtschaft bauten 58 Prozent aller Betriebe mit <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Regelung regulär beschäftigtes Personal ab, während in Betrieben ohne <strong>Altersteilzeit</strong><br />

dies nur bei 36 Prozent <strong>der</strong> Fall war. Auch im öffentlichen Dienst ist <strong>der</strong> Personalab-<br />

29 Dies., a. a. O., S. 110.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

bau in Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong> überdurchschnittlich hoch. Allerdings fällt in <strong>der</strong><br />

Personalrätebefragung <strong>der</strong> Unterschied nicht so deutlich aus wie in <strong>der</strong> Betriebsrätebefragung,<br />

da im öffentlichen Dienst auch in Dienststellen ohne <strong>Altersteilzeit</strong> in den<br />

letzten Jahren viel Personal abgebaut wurde.“ 30<br />

Die Vorruhestandsregelungen spielen eine beson<strong>der</strong>e Rolle beim Personalabbau in<br />

den Betrieben. Der Personalabbau über Vorruhestand spielt dabei in Betrieben mit<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen – im Vergleich zu Betrieben ohne <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung –<br />

eine große Rolle. Daher wird <strong>Altersteilzeit</strong> häufig auch im Zusammenhang mit<br />

Beschäftigungssicherung von den Betriebsräten genannt. Der Schluss liegt nahe, dass<br />

vor allem Großbetriebe das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nutzen, um einen sozialverträglichen<br />

Personalabbau durchführen zu können.<br />

„Von <strong>der</strong> Europäischen Kommission ist Deutschland (...) dafür gerügt worden, dass<br />

<strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Arbeitnehmer faktisch Priorität eingeräumt wird gegenüber<br />

Bemühungen, Ältere länger im Erwerbsleben zu halten. Allerdings ist bei <strong>der</strong> Bewertung<br />

zu berücksichtigen, dass eine beträchtliche (...) Zahl <strong>der</strong> Arbeitnehmer ohne die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> arbeitslos geworden wäre o<strong>der</strong> Formen <strong>der</strong> Frühverrentung (wie z. B. die<br />

Erwerbsunfähigkeitsrente) genutzt hätte. Im Vergleich zu Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Erwerbsunfähigkeit<br />

ist <strong>Altersteilzeit</strong> – auch im Blockmodell – für ältere Arbeitnehmer<br />

sicherlich die sinnvollere Alternative.“ 31<br />

Tabelle 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge an die<br />

B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (8/1996 – 12/2002)<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

40<br />

seit<br />

1.8.1996<br />

gestellte Anträge 1.213 7.226 13.202 22.450 38.879 49.953 54.080 187.003<br />

– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 883 5.475 10.163 18.214 33.234 42.751 46.454 157.174<br />

– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 330 1.751 3.039 4.236 5.645 7.202 7.626 29.829<br />

bewilligte Anträge 544 6.062 11.443 19.781 34.623 46.188 49.480 168.121<br />

– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 367 4.449 8.890 15.889 29.818 39.424 42.191 141.038<br />

– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 177 1.613 2.553 3.882 4.805 6.764 7.289 27.083<br />

gestellte Anträge auf<br />

Vorabentscheidung 761 6.637 14.778 28.674 33.022 37.795 31.745 153.412<br />

– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 728 6.415 13.244 22.727 25.214 27.860 23.452 119.640<br />

– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 33 222 1.534 5.947 7.808 9.935 8.293 33.772<br />

Quelle: Daten <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit.<br />

30 Dies., a. a. O., S. 111.<br />

31 Dies., a. a. O., S. 111.


<strong>Teil</strong> II<br />

Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Bremer Betrieben<br />

Bremer Straßenbahn AG<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>: Weitergabe des Staffelholzes<br />

Zielsetzung<br />

41<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) hat nach Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes<br />

(Aug. 1996) frühzeitig die Chance ergriffen, ihren Beschäftigten einen gleitenden<br />

Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Bereits im Juni 1997 wurde von dem<br />

Vorstand <strong>und</strong> dem Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>“ abgeschlossen.<br />

Die Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000) wurden gleichfalls<br />

zügig in einem „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ (März 2001) zwischen dem Kommunalen<br />

Arbeitgeberverband <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV für die Bremer Straßenbahn AG<br />

aufgenommen.<br />

Das Unternehmen bemüht sich, den Arbeitszeitwünschen <strong>der</strong> Beschäftigten entgegenzukommen<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig personalpolitische Ziele mit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

zu erreichen. Weiterhin enthält die Unternehmensphilosophie eine beschäftigungspolitische<br />

Verantwortung für die Arbeitsmarktlage im Lande Bremen: Im<br />

Rahmen eines betrieblichen „Bündnisses für Arbeit“ konnten – nicht zuletzt auf Basis<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Vereinbarungen – viele Auszubildende übernommen <strong>und</strong> zusätzliche<br />

Neueinstellungen vorgenommen werden.<br />

Der Personalleiter <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitsdirektor <strong>der</strong> BSAG haben in ihrem Beitrag für das<br />

Hattinger Forum „Neue Zeiten – neue Gewerkschaften“ (Febr. 2000) als Ziele des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>modells <strong>der</strong> BSAG formuliert:<br />

„Verringerung <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Belastungen im Schichtdienst durch Einführung<br />

des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (76 % <strong>der</strong> Mitarbeiter arbeiten im Schichtdienst.)<br />

Sicherung des Know-how-Transfers durch gleitenden Ausstieg aus dem Arbeitsleben.<br />

Bevorzugt wurden von Anfang an individuelle Arbeitszeitmodelle. Das Blockmodell<br />

wurde von Arbeitgeberseite aus ges<strong>und</strong>heitspolitischen Gründen eher nicht favorisiert.<br />

Erweiterung des personalpolitischen Instrumentariums. In Einzelfällen soll die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> zur Lösung von personalpolitischen Problemen (z. B. Fahrdienstuntauglichkeit<br />

bei gleichzeitiger Rentenablehnung) <strong>und</strong> zur Durchführung organisatorischer<br />

Verän<strong>der</strong>ungen genutzt werden.<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Personalkosten. Dieses Ziel kann erreicht werden, da im Zuge<br />

tarifpolitischer Anpassungen als Folge erhöhten Wettbewerbs für Nahverkehrsunternehmen<br />

niedrigere Einstiegslöhne vereinbart wurden. (...) Gleichzeitig konnte durch<br />

Neueinstellungen von Arbeitslosen <strong>und</strong> die Übernahmen von Auszubildenden die<br />

För<strong>der</strong>ung des Arbeitsamtes in Höhe von 20 Prozent in Anspruch genommen werden.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

För<strong>der</strong>ung des Nachwuchses. Neben den sogenannten „normalen“ Arbeitnehmern<br />

gingen auch Vorgesetzte bis hin zu stellvertretenden Abteilungsleitern (dritte Ebene<br />

des Unternehmens) in <strong>Altersteilzeit</strong>. Aufgr<strong>und</strong> einer sogenannten Kettenbildung<br />

konnten Auszubildende „nachrücken“ <strong>und</strong> Aufstiegschancen eröffnet werden.<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigung in Bremen. Durch Einstellungen von Arbeitslosen <strong>und</strong><br />

Übernahmen von Auszubildenden konnte das Unternehmen – unter Beachtung <strong>der</strong><br />

Kostenneutralität – einen Beitrag zum Abbau <strong>der</strong> regionalen Arbeitslosigkeit leisten.“ 32<br />

Beschäftigtenstruktur (1999 – 2002)<br />

Ende 1999 waren bei <strong>der</strong> BSAG ca. 2.500 Mitarbeiter/innen beschäftigt (davon ca.<br />

1.900 im Schichtdienst). Das Unternehmen ist bestrebt, insbeson<strong>der</strong>e durch Nutzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die hohen Anfor<strong>der</strong>ungen des Schichtbetriebes, insbeson<strong>der</strong>e für die<br />

älteren Beschäftigten, <strong>und</strong> den daraus resultierenden hohen Krankenstand zu vermin<strong>der</strong>n.<br />

Ende 1999 waren 65 Prozent <strong>der</strong> Mitarbeiter/innen im Fahrdienst beschäftigt,<br />

20 Prozent in den Werkstätten, 10 Prozent in <strong>der</strong> Verwaltung, 5 Prozent waren<br />

Auszubildende/Praktikanten. Die große Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten besteht aus<br />

Lohnempfängern.<br />

Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> BSAG liegt in dem relativ hohen Anteil von <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten:<br />

In den Jahren von 1994 bis 1999 betrug die <strong>Teil</strong>zeit-Quote (ohne <strong>Altersteilzeit</strong>)<br />

beständig ca. 16 Prozent, nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sind über 20 Prozent<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter/innen insgesamt in <strong>Teil</strong>zeit (incl. <strong>Altersteilzeit</strong>) beschäftigt. Die<br />

anfänglich hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Form individueller <strong>und</strong> flexibler Arbeitszeitmodelle,<br />

auf die noch näher eingegangen wird, erklärt sich u. a. auch dadurch,<br />

dass selbst im Fahrdienst (mit einem komplizierten Schichtsystem) neben den<br />

Vollzeitdiensten schon seit langem <strong>Teil</strong>zeitdienste mit unterschiedlichem Arbeitszeitumfang<br />

existieren. Sowohl die Personalabteilung <strong>und</strong> Fahrdienstplanung als auch<br />

die Beschäftigten im Fahrdienst konnten demnach bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

auf konkreten Erfahrungen mit unterschiedlichen <strong>Teil</strong>zeitmodellen aufbauen. Seit<br />

dem neuen Tarifvertrag können nun auch <strong>Teil</strong>zeit-Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

wechseln.<br />

32 Axel Kohfeldt, Hubert Resch, Das Staffelholz weitergeben – ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell, in:<br />

M. Steinrücke, u. a., Neue Zeiten – neue Gewerkschaften, Berlin 2001, S. 85 f.<br />

42


43<br />

Kategorien<br />

VZ TZ<br />

Tabelle 1: Personalstruktur (1999 – 2002)<br />

1999 2000 2001 2002<br />

Azubis/<br />

Stud.<br />

VZ TZ<br />

Azubis/<br />

Stud.<br />

VZ TZ<br />

Azubis/<br />

Stud.<br />

VZ TZ<br />

Lohnempfänger 1.492 379 1.446 377 1.417 341 1.375 332<br />

Angestellte 337 22 345 20 340 24 343 29<br />

ATZ-Mitarbeiter 157 143 144 157<br />

Azubis/<br />

Stud.<br />

Azubis 106 86 84 78<br />

Studenten/Praktikanten 9 4 2 26<br />

Summe 1.829 558 115 1.791 540 90 1.757 509 86 1.718 518 104<br />

Mitarbeiterbestand o. Azubis 2.387 2.331 2.266 2.236<br />

Mitarbeiterbestand gesamt 2.502 2.421 2.352 2.340<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


44<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Abbildung 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit bei <strong>der</strong> BSAG<br />

389 395<br />

412<br />

389 395 412<br />

468<br />

420<br />

48<br />

543<br />

407<br />

401<br />

397<br />

365<br />

361<br />

136 157 143 144 157<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Beschäftigtenzahl jeweils zum 31.12.<br />

(ohne Auszubildende)<br />

558<br />

540<br />

509<br />

<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte <strong>Altersteilzeit</strong>beschäftigte<br />

518<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Anspruchsvoraussetzungen / Anspruchseinschränkungen<br />

45<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die am 15. Juni 1997 in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>“<br />

wurde bis zum 31. Juli 2001 befristet. Der später abgeschlossene „Tarifvertrag über<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>“ trat am 1. Juli 2000 in Kraft, also zeitgleich mit dem 2. Gesetz zur<br />

Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, <strong>und</strong> wurde – entsprechend zur Ausdehnung <strong>der</strong><br />

Geltungsdauer dieses Gesetzes – bis zum 31. Dez. 2009 befristet.<br />

Die Anspruchsvoraussetzungen in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) <strong>und</strong> im<br />

Tarifvertrag (Juli 2000) entsprechen <strong>der</strong> jeweils aktuellen Gesetzeslage: Arbeitnehmer/innen,<br />

die das 55. Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> noch keinen Anspruch auf Rente<br />

haben, die innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre mindestens 3 Jahre beitragspflichtig in<br />

Vollzeit beschäftigt waren (Betriebsvereinbarung 1997) bzw. die – nach Einbeziehung<br />

<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten durch das 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in<br />

Kraft ab 1. Jan. 2000) – innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre mindestens 1080 Kalen<strong>der</strong>tage<br />

(d. h. 3 Jahre) in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung standen (Tarifvertrag<br />

2000). Während nach <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) allein die Vollzeitbeschäftigten<br />

ihre Arbeitszeit auf die Hälfte <strong>der</strong> „<strong>tarifliche</strong>n regelmäßigen wöchentlichen<br />

Arbeitszeit“ reduzieren konnten, so können nach Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />

nunmehr alle Arbeitnehmer/innen ihre Arbeitszeit auf die Hälfte <strong>der</strong><br />

„bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit“ (Tarifvertrag 2000) reduzieren.<br />

Die Anspruchseinschränkungen bestehen im Ausschluss eines Rechtsanspruches auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> sowie in <strong>der</strong> Formulierung einer Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel (5 %):<br />

„Es besteht kein Rechtsanspruch auf Leistungen gemäß dieser Betriebsvereinbarung.<br />

Es bedarf vielmehr sowohl <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Mitarbeiterin o<strong>der</strong> des Mitarbeiters als<br />

auch <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Personalabteilung. In strittigen Fällen entscheidet eine<br />

paritätisch besetzte Kommission mit je zwei Vertretern des Arbeitgebers <strong>und</strong> des<br />

Betriebsrates.<br />

Bei einer Inanspruchnahme von über 5 % <strong>der</strong> Gesamtbeschäftigtenzahl des Unternehmens<br />

entscheidet <strong>der</strong> Arbeitgeber über die Vergabe weiterer <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse<br />

ohne Hinzuziehung <strong>der</strong> paritätischen Kommission.<br />

Sollte diese 5 %-Grenze überschritten werden, haben die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter Vorrang, die einem früheren Geburtsjahrgang angehören. Bei gleichem<br />

Geburtsjahrgang haben die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter mit längerer Betriebszugehörigkeit<br />

Vorrang.“ (Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>, Juni 1997)<br />

Im Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> (Juli 2000) wird ein Rechtsanspruch nicht explizit,<br />

aber doch implizit ausgeschlossen: „Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende betriebliche Gründe<br />

entgegenstehen.“ Gemäß diesem Tarifvertrag entscheidet <strong>der</strong> Arbeitgeber allein, ob<br />

die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> die 5-Prozent-Grenze <strong>der</strong> Gesamtbeschäftigtenzahl<br />

des Unternehmens überschreiten darf. Jahrgangsbezogene <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Quoten werden we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) noch im Tarifvertrag<br />

(Juli 2000) festgelegt.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Aufstockungsleistungen<br />

Die Aufstockung des Arbeitsentgelts nach Halbierung <strong>der</strong> bisherigen wöchentlichen<br />

Arbeitszeit auf mindestens 85 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens bildet für die<br />

Beschäftigten <strong>der</strong> BSAG ein finanziell akzeptables <strong>Altersteilzeit</strong>modell. 33<br />

Diese 85 %-Garantie des bisherigen Nettoeinkommens war gemäß <strong>der</strong> anfänglichen<br />

Beschränkung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Aug. 1996) auf Vollzeitbeschäftigte in <strong>der</strong><br />

Betriebsvereinbarung (Juni 1997) bereits formuliert worden:<br />

„Die Mitarbeiterin o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter erhält für die Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisses Entgelt entsprechend <strong>der</strong> reduzierten <strong>tarifliche</strong>n regelmäßigen<br />

wöchentlichen Arbeitszeit. Zusätzlich zum <strong>tarifliche</strong>n Entgelt erhält die Mitarbeiterin<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 20 % des <strong>tarifliche</strong>n<br />

Entgelts für <strong>Altersteilzeit</strong>; mindestens aber 85 % des um die gesetzlichen Abzüge, die<br />

bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten Vollzeitarbeitsentgeltes.<br />

Vollzeitarbeitsentgelt ist das Arbeitsentgelt, das die/<strong>der</strong> altersteilzeitarbeitende<br />

Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter für eine Arbeitsleistung bei <strong>tarifliche</strong>r regelmäßiger<br />

wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen hätte, soweit es im jeweiligen Monat die<br />

Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung (...) nicht überschreitet.<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Berechnung des Vollzeitarbeitsentgeltes ist das in den letzten drei<br />

abgerechneten Monaten vor Beginn des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses erzielte<br />

beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt. Zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zählen:<br />

Funktionszulagen, soweit sie regelmäßig Bestandteil des Bruttoarbeitsentgeltes<br />

darstellen, Zulagen für Sonntags-, Feiertags- <strong>und</strong> Nachtarbeit, soweit sie steuer- <strong>und</strong><br />

beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen, monatliche anteilige Weihnachts- <strong>und</strong><br />

Urlaubszuwendungen.“ (Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>, Juni 1997)<br />

Diese 85 %-Garantie des bisherigen Nettoeinkommens ist gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten in den Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten (Jan.<br />

2000) im Tarifvertrag (Juli 2000) für die BSAG-Beschäftigten unabhängig von ihrem<br />

Status als Vollzeit- o<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte formuliert worden:<br />

„Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für die Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisses Entgelt entsprechend <strong>der</strong> reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit.<br />

Zusätzlich zum <strong>tarifliche</strong>n Entgelt erhält <strong>der</strong> Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin einen<br />

Aufstockungsbetrag in Höhe von 20 % des <strong>tarifliche</strong>n Entgelts für <strong>Altersteilzeit</strong>;<br />

mindestens aber 85 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern<br />

33 Aufstockung des Arbeitsentgelts gemäß aktuellem <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz: „Das Arbeitsentgelt muss<br />

mindestens um 20 Prozent des für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gezahlten Bruttoarbeitsentgelts aufgestockt<br />

werden. Die Aufstockung muss mindestens so hoch sein, dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer dadurch 70 Prozent<br />

des pauschalierten Nettoarbeitsentgelts erhält, das er erhalten würde, wenn er seine Arbeitszeit nicht<br />

im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> vermin<strong>der</strong>t hätte. (...) Die Leistungen des Arbeitgebers sind von Steuern<br />

<strong>und</strong> Sozialabgaben freigestellt, die Aufstockungsbeträge unterliegen allerdings – wie das Arbeitslosengeld,<br />

die Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> die übrigen Lohn- <strong>und</strong> Einkommensersatzleistungen – dem<br />

Progressionsvorbehalt.“ BMAS, <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a. a. O., S. 9 (Stand: Jan. 2002).<br />

46


47<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten bisherigen Entgeltes.<br />

Bisheriges Entgelt ist das Arbeitsentgelt, das <strong>der</strong>/die altersteilzeitarbeitende Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin<br />

für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit<br />

vor <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu beanspruchen hätte, soweit es im jeweiligen Monat die<br />

Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung nicht überschreitet.<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Berechnung für das <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt ist bei bislang vollbeschäftigten<br />

Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen das in den letzten drei Monaten vor Beginn des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses erzielte bisherige beitragspflichtige Bruttoentgelt<br />

ohne Berücksichtigung von Überst<strong>und</strong>en; bei bislang teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen<br />

wird das zugr<strong>und</strong>e zulegende Bruttoentgelt auf <strong>der</strong> Basis des<br />

St<strong>und</strong>endurchschnitts <strong>der</strong> letzten 24 Monate (...) ermittelt.“ Zum beitragspflichtigen<br />

Arbeitsentgelt zählen gemäß Tarifvertrag (Juli 2000) weiterhin die schon in <strong>der</strong><br />

Betriebsvereinbarung (Juni 1997) aufgeführten Zulagen <strong>und</strong> Zuwendungen.<br />

Die vom Personalleiter <strong>und</strong> vom Arbeitsdirektor <strong>der</strong> BSAG aufgestellte Abbildung zeigt<br />

anschaulich, wie sich die 85 %-Garantie des Nettoeinkommens – am Beispiel eines<br />

Vollzeitbeschäftigten – sowohl von <strong>der</strong> finanziellen Belastung für das Unternehmen<br />

(vgl. Abbildung 2) als auch für die Höhe des Arbeitnehmereinkommens darstellt.<br />

„Das fiktive Vollzeitnetto wird ermittelt aus dem durchschnittlichen Entgelt <strong>der</strong> letzten<br />

drei abgerechneten Monate ohne Überst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ohne steuerfreie Zuschläge sowie<br />

je ein Zwölftel des <strong>tarifliche</strong>n Weihnachtsgeldes <strong>und</strong> des Urlaubsgeldes. Hinzu<br />

kommen 20 % Aufstockungsbeiträge durch das Arbeitsamt <strong>und</strong> die zusätzliche,<br />

maximal 15%ige Aufstockung durch das Unternehmen bis auf 85 % des Vollzeit-<br />

Nettoentgelts.“ 34<br />

Abbildung 2: Akzeptable 85 %-Einkommensgarantie (BSAG)<br />

BSAG-Aufstockung bis 85 %<br />

des Vollzeit-Netto (max. 15 %)<br />

20 % Aufstockung*<br />

vom 50 %-ATZ-Brutto<br />

50 % des Vollzeitlohns<br />

für geleistete<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

(unterliegt <strong>der</strong> SV<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lohnsteuer)<br />

Entspricht<br />

85 % des<br />

fiktiven<br />

Vollzeit-Netto-<br />

Einkommens<br />

*bei Wie<strong>der</strong>besetzung Erstattung durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />

34<br />

A. Kohfeldt, H. Resch, Das Staffelholz weitergeben – ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell,<br />

a. a. O., S. 89.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Betriebsrente <strong>und</strong> Rentenabschläge<br />

Entsprechend <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung entrichtet die BSAG zusätzliche Beiträge zur<br />

gesetzlichen Rentenversicherung auf Basis von 90 Prozent des bisherigen Arbeitsentgeltes<br />

(maximal bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Rentenversicherung).<br />

Im Falle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung erstattet das Arbeitsamt <strong>der</strong> BSAG gemäß <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Regelung die zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge (40 %).<br />

Ein Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge für die davon bereits betroffenen Geburtsjahrgänge<br />

ist bei <strong>der</strong> BSAG nicht vorgesehen. Von <strong>der</strong> Personalleitung wurde eine Kompensation<br />

für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit aus<br />

Kostengründen nicht ins Auge gefasst. Die Beschäftigten erhalten vom Unternehmen<br />

aber eine Betriebsrente („betriebliches Ruhegeld“). Sie können in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen<br />

<strong>und</strong> Rentenabschläge anschließend in Kauf nehmen, weil sie zusätzlich zur gesetzlichen<br />

Rente noch das „betriebliche Ruhegeld“ beziehen.<br />

Nach Darstellung <strong>der</strong> Personalverantwortlichen werden die Rentenabschläge bei<br />

längerer Betriebszugehörigkeit durch die Betriebsrente vollständig ausgeglichen: „Die<br />

Mitarbeiter, die die <strong>Altersteilzeit</strong> nutzten, wurden in ihrer Entscheidung positiv<br />

beeinflusst, da sie mit Beginn <strong>der</strong> Altersrente eine zusätzliche Betriebsrente beziehen.<br />

Diese Betriebsrente konnte die entstandenen Rentenabschläge ausgleichen. So kann<br />

z. B. nach 25 Jahren ein Fahrdienstmitarbeiter rd. 545 DM, ein Werkstattmitarbeiter<br />

rd. 540 DM, ein kaufmännischer Angestellter rd. 592 DM Ruhegeld beziehen. Der<br />

Rentenverlust in <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung von bis zu 450 DM im Monat<br />

wurde dadurch ausgeglichen.“ 35<br />

Nach dem „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ werden den BSAG-Beschäftigten die<br />

während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase sich ergebenden Leistungen <strong>der</strong> „Ruhegeldkasse“<br />

nicht gemäß <strong>der</strong> halbierten wöchentlichen Arbeitszeit ermittelt, son<strong>der</strong>n auf r<strong>und</strong> zwei<br />

Drittel aufgestockt: „Das betriebliche Ruhegeld eines bisher vollzeitbeschäftigten<br />

Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin in <strong>Altersteilzeit</strong> wird für den Zeitraum <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> mit dem Faktor 0,65 ermittelt. Bei <strong>der</strong> Ruhegeldberechnung für bisher<br />

teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen wird <strong>der</strong> sich bei Beginn <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (...) ergebende <strong>Teil</strong>zeitfaktor ermittelt. Dieser Beschäftigungsgrad wird für<br />

die <strong>Altersteilzeit</strong>jahre ebenfalls mit dem Faktor 0,65 bewertet.“ (Tarifvertrag über<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>, Juli 2000)<br />

Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>und</strong> Form <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

(Betriebsvereinbarung/Tarifvertrag)<br />

Die maximale Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> ist von <strong>der</strong> BSAG auf die<br />

jeweilige För<strong>der</strong>höchstdauer durch das Arbeitsamt (Erstattungsleistungen im Fall <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>besetzung) beschränkt worden, also auf fünf Jahre in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />

35 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 88.<br />

48


49<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

(Juni 1997), seit <strong>der</strong> gesetzlichen Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von fünf auf<br />

sechs Jahre (1. Juli 2000) im Tarifvertrag (1. Juli 2000) gleichfalls auf 6 Jahre.<br />

Während die Laufzeit <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung bis zum 31. Juli 2001 befristet war,<br />

wurde mit <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (seit 1. Juli<br />

2000 in Kraft) im Tarifvertrag die Laufzeit parallel zum Gesetz bis zum 31. Dez.<br />

2009 befristet (gleichfalls seit 1. Juli 2000 in Kraft). Diejenigen <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Juli 2000 vereinbart worden sind, bleiben in<br />

Bezug auf die Dauer (5 Jahre) allerdings bestehen, eine nachträgliche Erhöhung auf<br />

sechs Jahre wird im „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ ausgeschlossen.<br />

Die Betriebsvereinbarung (Juni 1997) enthielt nicht die Möglichkeit, <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />

Form des Blockmodells zu wählen. Seit August 1999 gibt es einen Haustarifvertrag,<br />

<strong>der</strong> die Blockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in einem Fünf-Jahres-Zeitraum zulässt. Der am 1.<br />

Juli 2000 in Kraft getretene Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ersetzt diesen Haustarifvertrag<br />

(Aug. 1999). Die Än<strong>der</strong>ung dieser Rahmenbedingung ist ein zentraler Faktor<br />

für die Abkehr vieler Beschäftigter, die in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen, vom <strong>Teil</strong>zeit- zum<br />

Blockmodell (seit 1. Juli 2000 im 6-Jahres-Zeitraum möglich).<br />

Im gültigen Tarifvertrag (Juli 2000) wird den BSAG-Beschäftigten die Wahlmöglichkeit<br />

zwischen <strong>Teil</strong>zeit- <strong>und</strong> Blockmodell angeboten: „Einzelvertraglich können alle<br />

Formen von Arbeitszeitmodellen in <strong>Altersteilzeit</strong> vereinbart werden. Maximal kann<br />

vereinbart werden, dass die während <strong>der</strong> Gesamtdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit in einem Zeitraum bis zu sechs Jahren so<br />

verteilt wird, dass sie in <strong>der</strong> ersten Hälfte des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses<br />

geleistet <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin anschließend von <strong>der</strong> Arbeit unter<br />

Fortzahlung entsprechen<strong>der</strong> Bezüge freigestellt wird (Blockarbeitszeitmodell).“ Das<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis muss mindestens für die Dauer von zwei Jahren<br />

vereinbart werden <strong>und</strong> darf die Dauer von sechs Jahren nicht überschreiten.<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (Umfang)<br />

Nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (Mitte 1997) waren Ende 1997 erst 48<br />

Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong>, Ende 1998 bereits 136 <strong>und</strong> Ende 1999 schon 157<br />

Beschäftigte; Ende 2000 <strong>und</strong> Ende 2001 war die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> etwas geringer, sie erreichte jedoch mit 157 Beschäftigten Ende 2002<br />

wie<strong>der</strong> das Niveau von Ende 1999. (vgl. Abbildung 1).<br />

Im Februar 2000 lagen insgesamt 278 Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong> vor: 52 Mitarbeiter/innen<br />

waren nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit bis Ende Januar 2000 bereits in Rente<br />

gegangen 36 , 157 Mitarbeiter/innen befanden sich im Febr. 2000 in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

36 Da 48 Beschäftigte sich Ende 1997 in <strong>Altersteilzeit</strong> befanden, 52 Beschäftigte Ende Jan. 2000<br />

nach <strong>Altersteilzeit</strong> bereits im Ruhestand waren, muss dieser Personenkreis weitgehend die Mindestdauer<br />

von zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> für den Bezug <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch<br />

genommen haben (vorzeitiger Ruhestand).


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

<strong>und</strong> 69 Mitarbeiter/innen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisse gestellt (Beginn noch bis zur damaligen Geltungsdauer des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes: Juli 2004).<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für die hohe Nachfrage <strong>der</strong> Beschäftigten nach<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> wie auch für die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch das Unternehmen<br />

war die vorhandene Altersstruktur im Unternehmen. <strong>Altersteilzeit</strong> kann nur dann<br />

angewandt werden, wenn genügend Beschäftigte in <strong>der</strong> entsprechenden Altersgruppe<br />

vorhanden sind. Bei dem Abschluss <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Betriebsvereinbarung waren<br />

Mitte 1997 r<strong>und</strong> 720 Mitarbeiter/innen <strong>der</strong> BSAG in <strong>der</strong> Altersgruppe, die bis Mitte<br />

2004 <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen konnte (Juli 2004 = 55 Lebensjahre, d. h.<br />

Geburtsjahrgänge bis Juli 1949).<br />

Mit <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes von Ende Juli 2004<br />

bis Ende Dez. 2009 (in Kraft seit 1. Juli 2000) wurde nicht nur die Beschäftigungswirksamkeit<br />

des Gesetzes erhöht, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Planungshorizont für die Personalabteilung<br />

<strong>und</strong> die Beschäftigten wesentlich erweitert.<br />

Durch die Verlängerung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes bis zum Ende dieses Jahrzehnts hat<br />

sich <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten auf ca. 1000 BSAG-Beschäftigte erhöht. Die<br />

Personalleitung schätzt, dass ca. 700 Beschäftigte insgesamt die <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />

Anspruch nehmen werden. För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes können für die Zeit ab<br />

1. Jan. 2010 nur dann noch erbracht werden, wenn die Arbeitnehmer/innen mit <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vor diesem Stichtag beginnen. Somit kann auf Basis <strong>der</strong> 6-jährigen<br />

För<strong>der</strong>höchstdauer ein am 15. Dez. 2009 begonnenes <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis<br />

sich noch bis zum 15. Dez. 2015 erstrecken. Wie die Personalplanung <strong>der</strong> BSAG<br />

zeigt, liegen bereits gegenwärtig (Stand: Mai 2002) zahlreiche <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />

vor, die noch nach dem Jahr 2010 wirksam werden (vgl. Tabelle 3: Zeitraum 1997 –<br />

2015).<br />

Die Personalabteilung ermittelt gleichfalls, wie viele Beschäftigte in welchem Jahr ihr<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis mit <strong>der</strong> BSAG beenden (vgl. Tabelle 2): Bereits auf<br />

Basis <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) sind 165 Beschäftigte bis Ende 2002 in<br />

den Ruhestand gegangen. Diese Tabelle enthält nicht die Beschäftigten, die gemäß<br />

Blockmodell nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeitsphase mit Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />

faktisch den Betrieb verlassen, aber rechtlich noch Beschäftigte sind, son<strong>der</strong>n<br />

ausschließlich Personen, <strong>der</strong>en Beschäftigungsverhältnis mit dem Betrieb endet<br />

(Ausscheiden über <strong>Altersteilzeit</strong> in die Rente). Die Zahl <strong>der</strong> auf diese Weise in den<br />

Ruhestand gegangenen Mitarbeiter/innen könnte bei Inanspruchnahme <strong>der</strong> Mindestdauer<br />

von <strong>Altersteilzeit</strong> (2 Jahre) seit Inkrafttreten des Tarifvertrages (Juli 2000)<br />

inzwischen sogar noch höher ausfallen.<br />

Wie die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigten, die nach Ende ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnisses in den Ruhestand wechseln, nach Funktionsbereichen zeigt (vgl.<br />

Tabelle 2), sind es keineswegs nur die im Fahrdienst Beschäftigten, <strong>der</strong>en belastende<br />

Tätigkeit als Bus- o<strong>der</strong> Straßenbahnfahrer im Schichtdienst von <strong>der</strong> Personalleitung<br />

50


51<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

als Begründung für die hohe Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> hervorgehoben wird,<br />

die mit Hilfe <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in den Ruhestand gegangen sind o<strong>der</strong> noch gehen<br />

werden. Die 130 Beschäftigten aus dem Fahrdienst bilden 45 Prozent <strong>der</strong> 290<br />

Beschäftigten, die ihr <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis bei <strong>der</strong> BSAG bereits beendet<br />

haben o<strong>der</strong> noch beenden werden (Stand: 31. Mai 2000). Bei <strong>der</strong> bis zum Jahr 2015<br />

inzwischen reichenden Projektion werden aus dem Fahrdienst 210 Beschäftigte ein<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis beendet haben o<strong>der</strong> noch beenden (von insgesamt 513<br />

bereits beantragten <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnissen demnach 41 Prozent). Der<br />

Fahrdienst enthält im übrigen auch Angestellte im Schichtdienst.<br />

Auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen (Mai 2002) „<strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong><br />

Personalpolitik“ wurde vom Personalleiter die folgende Bilanz gezogen (Stand: April<br />

2002): Insgesamt lagen bis zu diesem Zeitpunkt bei <strong>der</strong> BSAG 413 <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />

vor; von diesen Beschäftigten befanden sich bereits 153 in Rente, 147 waren<br />

zu diesem Zeitpunkt in <strong>Altersteilzeit</strong> aktuell beschäftigt <strong>und</strong> 113 Mitarbeiter hatten für<br />

die Zukunft <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen, die noch beginnen werden. Von Mitte<br />

1997 bis Ende 2009 können aufgr<strong>und</strong> des Altersaufbaus theoretisch 1050 Mitarbeiter/innen<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen haben – die gesamte Inanspruchnahme<br />

(Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) wird vom Personalleiter auf ca. 700 Personen<br />

geschätzt, das wären zwei Drittel aller Anspruchsberechtigten. Bisher (April 2002)<br />

haben ca. 40 Prozent aller theoretisch Anspruchsberechtigten (Mitte 1997 – Ende<br />

2009) bei <strong>der</strong> BSAG bereits <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverträge abgeschlossen – in <strong>der</strong> Tat<br />

ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell mit hoher Resonanz bei den Beschäftigten!<br />

Die in den letzten Jahren jeweils aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten machen 7 bis 8<br />

Prozent <strong>der</strong> gesamten Belegschaft aus, d. h. die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel des<br />

Tarifvertrages (5 %) wird vom Arbeitgeber nicht beansprucht (Freiwilligkeitsvorbehalt).<br />

In <strong>der</strong> Praxis werden alle <strong>Altersteilzeit</strong>anträge vom Arbeitgeber genehmigt. Die<br />

Notwendigkeit, vielleicht im Laufe dieses Jahrzehnts die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel<br />

noch beanspruchen zu müssen, wird vom Personalleiter zurzeit aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Personalplanung<br />

nicht gesehen:<br />

„Der Arbeitgeber kann Anträge ablehnen, wenn fünf Prozent <strong>der</strong> Beschäftigtengesamtzahl<br />

erreicht sind. Wir sind laufend über fünf Prozent, wir sind immer bei sieben/acht<br />

Prozent, von <strong>der</strong> 5-Prozent-Klausel haben wir bisher noch nicht Gebrauch gemacht.“


52<br />

Tabelle 2: Entlassungsjahrgänge bei den beantragten <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnissen (Stand: 7.5.2003)<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> bis<br />

07.05.2003<br />

Angestellte<br />

Fahrdienst<br />

inkl. Hofdienst<br />

Sonstige Werkstatt <strong>Teil</strong>zeit Gesamtergebnis<br />

1998 3 1 4<br />

1999 15 15 2 12 44<br />

2000 12 21 3 5 41<br />

2001 12 29 5 6 52<br />

2002 2 10 3 6 3 24<br />

2003 8 13 1 6 28<br />

2004 8 7 4 5 2 26<br />

2005 6 16 3 9 4 38<br />

2006 6 11 2 6 1 26<br />

2007 8 15 1 7 4 35<br />

2008 10 7 1 8 7 33<br />

2009 6 18 5 10 3 42<br />

2010 1 6 1 7 1 16<br />

2011 6 12 1 7 1 27<br />

2012 5 5 1 2 1 14<br />

2013 2 7 1 10<br />

2014 1 3 3 4 11<br />

2015 4 8 11 1 24<br />

Ergebnis BSAG 113 198 36 119 29 495<br />

Ergebnis Delbus 2 12 1 3 18<br />

Gesamtergebnis 115 210 36 120 32 513<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell: Praktizierte Formen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

53<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Betriebsvereinbarung (Juni 1997) enthielt nicht die Möglichkeit, das Blockmodell<br />

zu wählen. Das Blockmodell wurde ursprünglich von den Betriebsvertragsparteien aus<br />

ges<strong>und</strong>heitspolitischen Gründen nicht favorisiert. Die aus dem Schichtdienst resultierenden<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Belastungen sollten durch die Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />

Form des <strong>Teil</strong>zeitmodells verringert werden. Damit entsprach die Zielsetzung <strong>der</strong><br />

Betriebsvereinbarung <strong>der</strong> ursprünglichen Intention des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz<br />

zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“). Wegen dieser Umsetzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die mit einer Vielfalt von individuellen <strong>und</strong> flexiblen Arbeitszeitmodellen<br />

verb<strong>und</strong>en war, fand das BSAG-Modell auch über die Region Bremen<br />

hinaus Beachtung.<br />

„Da die Bremer Straßenbahn AG als Nahverkehrsunternehmen eine große Erfahrung<br />

mit flexiblen Schichtplanmodellen hat, konnten die Wünsche <strong>der</strong> Mitarbeiter – unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> betrieblichen Belange – in die Zeitplanungen einbezogen<br />

werden. (...) Diese individuellen, flexiblen Modelle sind unserer Ansicht nach ein<br />

wichtiger Gr<strong>und</strong> für die erfolgreiche Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>modells.“ 37<br />

37 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 89.


54<br />

Tabelle 3: Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell – <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bei <strong>der</strong> BSAG nach Jahren<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015<br />

Blockmodell 0 0 8 57 96 116 121 121 121 105 98 73 56 44 37 21 14 10 5<br />

prozentual 0 0 4,3 30,0 49,2 63,4 66,1 73,8 76,1 78,4 79,0 81,1 82,3 89,8 94,9 95,4 93,3 90,9 100<br />

<strong>Teil</strong>zeit-Modell 48 144 179 133 99 67 62 43 38 29 26 17 12 5 2 1 1 1 0<br />

prozentual 100 100 95,7 70,0 50,8 36,6 33,9 26,2 23,9 21,6 21,0 18,9 17,7 10,2 5,1 4,6 6,7 9,1 0<br />

Summe 48 144 187 190 195 183 183 164 159 134 124 90 68 49 39 22 15 11 5<br />

Die Statistik umfasst drei Kategorien von <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten:<br />

1) Beschäftigte, die nach <strong>Altersteilzeit</strong> im jeweiligen Jahr aus dem Betrieb ausscheiden,<br />

2) Beschäftigte, die sich im jeweiligen Jahr aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden,<br />

3) Beschäftigte, die für das jeweilige Jahr einen Antrag auf <strong>Altersteilzeit</strong> gestellt haben<br />

(Personalstatistik <strong>der</strong> BSAG/Mai 2002).<br />

Die Zeilensummen können nicht kumuliert werden – mit Blick auf die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten, die entwe<strong>der</strong> das Block- o<strong>der</strong> das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />

wählen, da eine Person mit einer mehrjährigen Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses in dieser Statistik in mehreren Jahren als Fall<br />

auftaucht.<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


55<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Schaubild 1: Block- <strong>und</strong> Konti-Modell bei <strong>der</strong> BSAG<br />

ausgeschiedene & aktive ATZ-Mitarbeiter<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Blocker kontinuierlich<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Tabelle 4: Praktizierte <strong>Altersteilzeit</strong>-Modelle (Febr. 2000)<br />

56<br />

absolut %<br />

Blockmodell: 1 Jahr Vollzeit / 1 Jahr Freistellung 34 22<br />

Blockmodell: 2 ½ Jahre Vollzeit / 2 ½ Jahre Freistellung 8 5<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell: 1 Woche Arbeit / 1 Woche Freizeit (davon<br />

54 Beschäftigte im Fahrdienst: „6 Tage arbeiten – 8 Tage frei“)<br />

72 46<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell: 2 Wochen Arbeit / 2 Wochen Freizeit 8 5<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell: 4 Wochen Arbeit / 4 Wochen Freizeit 11 7<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell: 3 Tage/Woche Arbeit (Verwaltung) 16 10<br />

Restl. <strong>Teil</strong>zeitmodelle (3-, 5-, 6-, 8-Wochen-Wechsel) 8 5<br />

157 100<br />

Die Beschäftigten, die das zweijährige Blockmodell (1 Jahr Arbeitsphase/1 Jahr<br />

Freistellung) gewählt haben (22 %), waren bereits ältere Beschäftigte, die mit Hilfe<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sobald wie möglich in den vorzeitigen Ruhestand wechseln wollten.<br />

Die Rentenabschläge, die bei <strong>der</strong> vorzeitigen Inanspruchnahme <strong>der</strong> Altersrente nach<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit mit 60 Jahren anfallen, waren wegen <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung<br />

<strong>der</strong> Altersgrenze in den Jahren 1997 – 2001 (Jahrgänge 1937 – 1941) für die<br />

älteren Jahrgänge noch vergleichsweise gering. Einige Beschäftigte konnten zudem<br />

noch von <strong>der</strong> Vertrauensschutzregelung (45 Jahre Pflichtbeitragszeiten/vor Jahrgang<br />

1942) profitieren (Altersrente für langjährig Versicherte mit 60 Jahren ohne Rentenabschläge).<br />

Bei diesen Personen spielten also nicht die Rentenabschläge die entscheidende Rolle,<br />

son<strong>der</strong>n die ges<strong>und</strong>heitliche Verfassung, um „früher aufzuhören“:<br />

„Die fragen sich: Wie fühle ich mich? Wie ges<strong>und</strong> bin ich noch? Weil, unser größtes<br />

Klientel ist einfach <strong>der</strong> Fahrdienst. Und man kann sich vorstellen, wenn die 25 <strong>und</strong><br />

mehr Jahre hier gefahren sind, dann sind die manchmal ges<strong>und</strong>heitlich wirklich am<br />

Ende, so dass sie sagen: „Ich möchte möglichst schnell aufhören, ich möchte das<br />

beenden.“ Und dazu nutzen die dann das Blockmodell.“ (für <strong>Altersteilzeit</strong> zuständige<br />

Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />

Nicht ganz die Hälfte <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (46 %) befand sich im Februar 2000 im<br />

wöchentlichen Rhythmus des Wechsels von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit, wobei die<br />

Beschäftigten im Fahrdienst aus arbeitsorganisatorischen Gründen (Schichtpläne) das<br />

Muster „6 Tage arbeiten – 8 Tage frei“ praktizierten. Die älteren Beschäftigten bleiben<br />

innerhalb des Schichtsystems im Fahrdienst zudem von den arbeitszeitlichen Son<strong>der</strong>formen<br />

<strong>der</strong> Nachtdienste <strong>und</strong> Sonntagsdienste verschont.


57<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Wir erleben auch in den Gesprächen, wenn wir die Leute verabschieden, da sitzen<br />

immer, sagen wir mal, <strong>der</strong> Betriebsratsvorsitzende, <strong>der</strong> Personalchef, <strong>der</strong> zuständige<br />

Vorgesetzte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Betroffene zusammen, <strong>und</strong> dann hören wir, dass dieses 6 Tage/8<br />

Tage-Modell, was das kontinuierliche Modell im Fahrdienst schlechthin ist, dass<br />

dieses Modell bei den Leuten unheimlich gut ankommt. Die es machen <strong>und</strong> gemacht<br />

haben, sind echt froh, weil sie dadurch erleben, ich komme hier mal eine Woche,<br />

habe dann eine Woche frei <strong>und</strong> dann arbeite ich wie<strong>der</strong> eine Woche, ich komme hier<br />

so Stück für Stück raus in den Ruhestand. Und die fühlen sich dabei auch wohl!“<br />

(Personalleiter) Bei <strong>der</strong> BSAG wird das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als „kontinuierliches<br />

Modell“ bezeichnet. Auch wenn gegenwärtig (seit 2002) mehr Beschäftigte<br />

sich gegen das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>und</strong> für das Blockmodell in <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> entscheiden,<br />

praktiziert immer noch ein erheblicher Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ den wöchentlichen<br />

Wechsel von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit: „Es gibt natürlich weiterhin diese<br />

kontinuierlichen Modelle. Bei dem Fahrdienst gibt es eben auch noch immer Leute,<br />

die sich entscheiden: 6 Tage/8 Tage, also 6 Tage fahren, 8 Tage frei. Das halten wir<br />

als Arbeitgeber auch weiterhin für die beste Lösung.“ (Personalleiter)<br />

Ein nicht unerheblicher Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (17 %) hat darüber hinaus im<br />

Februar 2000 einen Wechsel von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit praktiziert, welcher<br />

über den Rhythmus einer Woche hinausgeht (2/3/4 <strong>und</strong> mehr Wochen Arbeit im<br />

Wechsel mit 2/3/4 <strong>und</strong> mehr Wochen Freizeit).<br />

Im Februar 2000 waren erst 27 Prozent aller „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ gemäß dem Blockmodell<br />

bei <strong>der</strong> BSAG beschäftigt, Ende 2000 hatten bereits 30 Prozent das Blockmodell<br />

gewählt. Als mit dem Tarifvertrag (seit 1. Juli 2000 in Kraft) die Möglichkeit geschaffen<br />

wurde, auch die „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong> zu wählen, wurde das Blockmodell<br />

zunehmend von den Beschäftigten gewählt: Im Jahre 2001 hielten sich die<br />

beiden Varianten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> noch die Waage, im Jahre 2002 überwog bereits<br />

(mit nicht ganz zwei Dritteln) das Blockmodell (Jahr 2003: zwei Drittel).<br />

Allerdings muss bei dieser Statistik <strong>der</strong> BSAG zur <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

berücksichtigt werden, dass diese nach Jahren geglie<strong>der</strong>te Statistik (vgl. Tabelle 3)<br />

drei unterschiedliche Kategorien von „<strong>Altersteilzeit</strong>ern“ pro Jahr zusammenfasst: (1)<br />

Beschäftigte, die nach <strong>Altersteilzeit</strong> im jeweiligen Jahr aus dem Betrieb ausscheiden,<br />

(2) Beschäftigte, die sich im jeweiligen Jahr aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden, (3)<br />

Beschäftigte, die für das jeweilige Jahr bereits einen Antrag auf <strong>Altersteilzeit</strong> gestellt<br />

haben.<br />

Motive für die Wahl des <strong>Teil</strong>zeit- o<strong>der</strong> Blockmodells<br />

Um die Motive <strong>der</strong> Beschäftigten für die zunehmende Wahl des Blockmodells in<br />

Erfahrung zu bringen, müssten diese eigentlich selbst befragt werden. Gleichwohl<br />

haben die Gespräche mit <strong>der</strong> Personalleitung <strong>und</strong> dem Betriebsratsvorsitzenden einige<br />

Anhaltspunkte für die verän<strong>der</strong>te Motivation <strong>der</strong> Beschäftigten ergeben. Eine große<br />

Rolle spielt dabei die Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses in Verbindung mit<br />

dem Lebensalter, in dem die Beschäftigten faktisch ihre Berufstätigkeit beenden


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

können. Während beim <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>faktische</strong>s <strong>und</strong> rechtliches Austrittsalter<br />

zusammenfallen, fallen beim Blockmodell <strong>faktische</strong>s <strong>und</strong> rechtliches Austrittsalter<br />

auseinan<strong>der</strong>. In Verbindung mit den Rentenabschlägen, die nunmehr die Beschäftigten<br />

ab Jahrgang 1942 (ohne Vertrauensschutz) zu gewärtigen haben (18 %), nehmen<br />

die Beschäftigten im Blockmodell eine Lebensplanung für den Zeitpunkt ihres<br />

tatsächlichen Ausscheidens aus dem Betrieb vor, welche gleichzeitig die Höhe <strong>der</strong><br />

Rentenabschläge beim späteren rechtlichen Ausscheiden mit berücksichtigt.<br />

„Es ist festzustellen, dass die Mitarbeiter mittlerweile zunehmend das Blockmodell<br />

favorisieren, da es dadurch möglich ist, mit 60 Jahren nicht mehr im Schichtdienst<br />

tätig zu sein <strong>und</strong> trotzdem den Rentenverlust zu begrenzen. Die Mitarbeiter gehen<br />

zunehmend dazu über, mit 57,5 Jahren die <strong>Altersteilzeit</strong> zu beginnen, zweieinhalb<br />

Jahre zu blocken <strong>und</strong> ab 60 in den Freizeitblock zu gehen, um somit mit 62,5 Jahren<br />

Rente zu erhalten.“ 38<br />

Diese Anfang 2000 von den Personalverantwortlichen formulierte Feststellung<br />

bestätigt unsere Aussage, dass sich die Zahl „60“ als magische Zahl für das – in<br />

diesem Falle: tatsächliche – Ausscheiden aus dem Berufsleben etabliert hat. Die<br />

Streckung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> auf die Lebensphase 57 ½ – 62 ½ gemäß dem Blockmodell<br />

ermöglicht es den Beschäftigten, mit 60 Jahren faktisch die Berufstätigkeit zu<br />

beenden. Das durchschnittliche Lebensalter <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ beim Übergang in<br />

den Ruhestand betrug bei diesen BSAG-Beschäftigten im Jahre 1998 etwa 60 ½<br />

Jahre (durchschnittliche Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses = 3,2 Jahre), im<br />

Jahre 2000 etwa 61 ½ Jahre (durchschnittliche Laufzeit = 4 Jahre) <strong>und</strong> im Jahre<br />

2002 etwa 62 ½ Jahre (durchschnittliche Laufzeit = ca. 5 Jahre).<br />

Wegen <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von 5 auf 6 Jahre (seit 1. Juli 2000<br />

in Kraft) können nunmehr die Beschäftigten die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase noch<br />

weiter strecken <strong>und</strong> damit auch die Rentenabschläge (1 Jahr = 3,6 %) etwas<br />

min<strong>der</strong>n. Eine bedeutende Rolle spielt bei dieser Kalkulation natürlich auch die<br />

Betriebsrente als Kompensation für die Rentenabschläge.<br />

„Es ist bei uns nie so gewesen, dass da die Rentenabschläge kompensiert worden<br />

sind. Unser betriebliches Ruhegeld, das es schon immer gab, hat nur dazu geführt,<br />

dass die Arbeitnehmer leichter sagen konnten: „OK, ich gehe in <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong><br />

nehme die Rentenabschläge in Kauf.“ (...) Jetzt, wo die Möglichkeit besteht, die<br />

Blockung, sagen wir mal, vom 57. bis zum 63. Lebensjahr zu ziehen, <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter trotzdem mit 60 ausscheiden kann, das nutzt er dann natürlich. Bei dem<br />

Konti-Modell kann er das ja eher nicht, da müsste er ja, wenn er das auf sechs Jahre<br />

macht, sagen wir mal, mit 55 anfangen <strong>und</strong> bis 61 arbeiten, hat dann aber die<br />

Rentenabschläge noch, 2 Jahre mehr bei den Rentenabschlägen.“ (Personalleiter, Mai<br />

2002)<br />

38 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 89 f.<br />

58


59<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Im Güterkalkül werden offenbar das Ausmaß <strong>der</strong> Rentenabschläge (rechtliches<br />

Austrittsalter) <strong>und</strong> – gemäß Blockmodell o<strong>der</strong> Konti-Modell – <strong>der</strong> jeweilige Zeitpunkt<br />

des Abschieds vom Arbeitsleben (<strong>faktische</strong>s Austrittsalter) gegeneinan<strong>der</strong> abgewogen.<br />

Unterstellt man die gleiche Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (57. bis 63. Lebensjahr),<br />

so dass die gleichen Rentenabschläge (7,2 %) anfallen, <strong>und</strong> vergleicht man Block<strong>und</strong><br />

Konti-Modell hinsichtlich des Zeitpunkts des <strong>faktische</strong>n Ausscheidens aus dem<br />

Betrieb, dann beendet <strong>der</strong> Arbeitnehmer im „Blockmodell“ schon mit 60 Jahren die<br />

Berufstätigkeit, <strong>der</strong> Arbeitnehmer im „Konti-Modell“ dagegen erst mit 63 Jahren.<br />

Offenbar ist dieser Zeitpunkt des „Abschieds vom Arbeitsleben“ für die Beschäftigten<br />

wichtiger als <strong>der</strong> Umstand, im Blockmodell immerhin drei Jahre voll arbeiten zu<br />

müssen, während <strong>der</strong> Beschäftigte im „Konti-Modell“ seine Sollarbeitszeit auf 6 Jahre<br />

verteilen kann.<br />

Abbildung 3: Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell (57 – 63 Jahre)<br />

BLOCKMODELL RENTENANSPRUCH<br />

57 volle Arbeit 60 volle Freizeit 63 65<br />

7,2 % Abschlag<br />

24 Monate<br />

TEILZEITMODELL RENTENANSPRUCH<br />

57 halbe Arbeit / halbe Freizeit 63 65<br />

7,2 % Abschlag<br />

24 Monate<br />

Die Verlängerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase von fünf auf sechs Jahre (Juli 2000) hat<br />

zudem dazu geführt, dass <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase um ein Jahr nach vorne<br />

gezogen wird, um über das Blockmodell möglichst noch früher das Arbeitsleben<br />

beenden zu können. Während im Jahre 2000 die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ im Blockmodell im<br />

Durchschnitt das Muster „57 ½ – 59 ½ – 61 ½“ praktizierten, hat sich im Jahre<br />

2002 bei den „Blockern“ folgendes Muster etabliert: „56 – 59 – 62“.<br />

„Ich führe die Beratungsgespräche, <strong>und</strong> ich kann sagen, wer so weit seine finanzielle<br />

Situation zu Hause geklärt hat, wo vielleicht eine Frau mitgearbeitet hat, <strong>der</strong> entscheidet<br />

sich meistens mit 61 bzw. 62, bei uns ganz auszuscheiden. Das ist im<br />

Moment die Tendenz. (...) Die kriegen dann schon mit 62 ihre Rente.“ (für <strong>Altersteilzeit</strong><br />

zuständige Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />

Einige „Blocker“ praktizieren sogar das Muster „55 – 58 – 61“: „Dadurch, dass jetzt<br />

die Möglichkeit gegeben ist, Blockungen zu machen über Tarifvertrag, sagen die<br />

Neuen: „Nein, ich will lieber früher aufhören, fange mit 55 an, mache drei Jahre<br />

Arbeit noch voll, <strong>und</strong> dann bin ich weg.“ (Personalleiter) Zielpunkt dieser Orientierung<br />

ist demnach das frühe tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb, das häufig mit


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

positiven Erwartungen an den vorzeitigen Ruhestand verb<strong>und</strong>en wird: „Es gibt auch<br />

viele, die sich im Nachhinein etwas vorgenommen haben. Ich finde, die sind immer<br />

aktiver geworden, die älteren Mitarbeiter. Das heißt, die haben sich vorgenommen,<br />

nach Spanien zu ihrem Häuschen zu gehen o<strong>der</strong> Hobbys zu verwirklichen. Das höre<br />

ich im Moment ganz viel. Also, da hat sich scheinbar auch irgendwas getan bei<br />

unseren Mitarbeitern." (für <strong>Altersteilzeit</strong> zuständige Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />

Im Oktober 2001 wurden im Auftrage <strong>der</strong> BSAG vom Hamburger Soziologen Jürgen<br />

Prott (HWP) 89 <strong>der</strong> 138 „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ schriftlich <strong>und</strong> 23 von ihnen nochmals<br />

intensiv befragt. Ergebnisse dieser Befragung wurden in einer Son<strong>der</strong>ausgabe (März<br />

2002) <strong>der</strong> Betriebszeitung <strong>der</strong> Bremer Straßenbahn AG veröffentlicht.<br />

Die Sorge um die Ges<strong>und</strong>heit steht im Mittelpunkt <strong>der</strong> Motive: 88 Prozent <strong>der</strong> von<br />

Jürgen Prott Befragten haben angegeben, sie wollten durch die <strong>Altersteilzeit</strong> ihre<br />

„Ges<strong>und</strong>heit schonen“. Zwischen den „Kontinuierlichen“ <strong>und</strong> den „Blockern“ hat Prott<br />

die folgenden Unterschiede festgestellt: „Wer sich für die erste Variante entschieden<br />

hat, verweist häufig vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer langen Betriebszugehörigkeit auf seine<br />

angeschlagene Ges<strong>und</strong>heit, die möglichst rasch durch verringerte Arbeitsbelastung<br />

stabilisiert werden soll. Das ist das eine. An<strong>der</strong>erseits heben diese Personen im<br />

Interviewgespräch häufig die Sorge vor dem „tiefen Loch“ hervor, in das man beim<br />

abrupten Ausscheiden aus dem Betrieb fallen kann. Die „langsame Gewöhnung“ an<br />

die Zeit jenseits <strong>der</strong> Berufstätigkeit wird als schrittweise Einübung in einen verän<strong>der</strong>ten<br />

Lebensrhythmus empf<strong>und</strong>en.“<br />

Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Motive <strong>der</strong> „Blocker“ steht nach Prott folgende Einschätzung:<br />

„Auch sie wollen ihre Belastungen in ges<strong>und</strong>heitsschonen<strong>der</strong> Weise verringern, aber<br />

sie fühlen sich offenbar noch nicht <strong>der</strong>art verbraucht, dass sie nicht noch ein paar<br />

Jahre durchzuhalten verstünden. Diese Personen geben unumw<strong>und</strong>en zu, so schnell<br />

wie möglich das Ende ihrer Berufstätigkeit erreichen zu wollen. Man begreift die<br />

aktive Phase <strong>der</strong> Blockzeit gewissermaßen als einen letzten Kraftakt, an dessen Ende<br />

<strong>der</strong> vorzeitige Übergang in die berufliche Freistellung lockt.“<br />

Prott vermutet, dass die Wahl zwischen dem Block- <strong>und</strong> dem <strong>Teil</strong>zeit-Modell Ausdruck<br />

einer unterschiedlichen Identifikation mit <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb sein<br />

könnte: „Diejenigen, die sich für das Blockzeit-Modell entscheiden, bilanzieren die<br />

Zufriedenheit mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb häufiger ungünstig als diejenigen, die<br />

den gleitenden Übergang favorisieren. „Blocker“ identifizieren sich wahrscheinlich<br />

seltener mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> mit dem Betrieb als es die „Kontinuierlichen“ tun.“<br />

Wie<strong>der</strong>besetzung als Regelfall<br />

Das Unternehmen hat es verstanden, mit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> seiner<br />

beschäftigungspolitischen Verantwortung nachzukommen <strong>und</strong> gleichzeitig durch<br />

Nutzung <strong>der</strong> Zuschüsse des Arbeitsamtes eine kostenneutrale Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

zu erreichen.<br />

60


61<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Das Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bei <strong>der</strong> Bremer Straßenbahn AG konnte unter an<strong>der</strong>em<br />

dadurch für das Unternehmen kostenneutral gestaltet werden, dass Neueinstellungen<br />

vorgenommen <strong>und</strong> dadurch die Zuschüsse von 20 % des Arbeitsamtes genutzt<br />

werden. Die Einstellungen neuer Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter wurden nochmals<br />

dadurch begünstigt, dass die Tarifabschlüsse <strong>der</strong> vergangenen Jahre niedrigere<br />

Einstiegsgehälter <strong>und</strong> damit niedrigere Kosten für das Unternehmen ermöglichen.<br />

Daraus ergibt sich eine Kostenersparnis für das Unternehmen, wenn die Entgelte von<br />

zwei <strong>Altersteilzeit</strong>mitarbeitern <strong>und</strong> einem Neueingestellten verglichen werden mit den<br />

Kosten für zwei „Alt-Beschäftigte“. Bis zum Mai 2000 konnte das Unternehmen<br />

durch die offensive Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> 79 Arbeitslose <strong>und</strong> 21 Auszubildende<br />

neu einstellen. Die Bremer Straßenbahn AG stellt vor allem Langzeitarbeitslose sowie<br />

Jugendliche nach dem Son<strong>der</strong>programm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung ein, so dass Ausbildungskosten<br />

vom Arbeitsamt übernommen <strong>und</strong> Einstellungszuschüsse in Anspruch<br />

genommen werden können. Die Erfahrungen mit dem Son<strong>der</strong>programm für Jugendliche<br />

<strong>und</strong> Langzeitarbeitslose sind zu 95 % positiv. Bis Mai 2000 wurden 30 Jugendliche<br />

<strong>und</strong> 23 Langzeitarbeitslose eingestellt.“ 39<br />

Die Aufstockung von 70 auf 85 Prozent des Nettolohnes bzw. Nettogehaltes fällt aus<br />

drei Gründen für das Unternehmen kostenneutral aus: (1) Ältere mit einer hohen<br />

Lohngruppe werden durch jüngere Beschäftigte mit einer niedrigen Lohngruppe<br />

ersetzt, (2) die Lohn- <strong>und</strong> Gehaltstarife für die neu eingestellten Beschäftigten sind<br />

um 6 Prozent abgesenkt worden. (3) Durch die Verringerung <strong>der</strong> Belastungen für die<br />

„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (insbeson<strong>der</strong>e im kontinuierlichen Modell) sind die Krankheitskosten<br />

für das Unternehmen gesunken.<br />

Die Wie<strong>der</strong>besetzung <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei gemachten Arbeitsplätze ist allerdings<br />

in den letzten Jahren nicht mehr vollständig erfolgt; seit dem Jahr 2000 muss<br />

die BSAG aufgr<strong>und</strong> des Kontraktes mit <strong>der</strong> Stadt (Senkung <strong>der</strong> Zuschüsse) Personal<br />

abbauen: „So haben wir zum Beispiel im letzten Jahr, also in 2001, um 65 Mitarbeiter<br />

abgebaut. Und da wird zum <strong>Teil</strong> natürlich auch die <strong>Altersteilzeit</strong> genutzt, aber<br />

wir machen auch Wie<strong>der</strong>besetzung vor allen Dingen über Auszubildende.“ (Personalleiter,<br />

Mai 2002) Das Qualifizierungsprogramm für Langzeitarbeitslose <strong>und</strong> Jugendliche<br />

ist mittlerweile abgeschlossen, weil das Unternehmen nicht mehr so viel Personal<br />

benötigt. Gleichwohl stellt die BSAG Auszubildende immer noch über den eigenen<br />

Bedarf hinaus ein, welche nach Abschluss ihrer Ausbildung auch weitgehend übernommen<br />

werden. Bis zum Mai 2003 konnte das Unternehmen durch die Nutzung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> 163 Arbeitslose einstellen <strong>und</strong> 56 Auszubildende übernehmen.<br />

39 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 92 f.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Stellungnahme des Betriebsratsvorsitzenden<br />

„Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Umsetzung des <strong>Altersteilzeit</strong>modells bis hin zu einem ausgereiften<br />

Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Belegschaft als wichtiger Bestandteil unserer Sozialpolitik<br />

in einem Wechselschichtbetrieb anerkannt. Von Beginn an waren wir sicher, dass<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> für unseren Betrieb mit 3-Schicht <strong>und</strong> Wechselschicht genau das richtige<br />

Instrument zur Entlastung im Alter ist. So war uns wichtig, nicht nur <strong>Altersteilzeit</strong> an<br />

sich zu ermöglichen, son<strong>der</strong>n damit verb<strong>und</strong>en auch Entlastungen in den Dienstplänen<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>ler, die kein Blockmodell fahren, mit Erfolg umzusetzen.<br />

Ein weiterer zentraler Punkt ist festzuhalten: Trotz eines fortschreitenden Personalabbaus<br />

haben wir jungen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen nach <strong>der</strong> Ausbildung eine Weiterbeschäftigung<br />

bei <strong>der</strong> BSAG durch das <strong>Altersteilzeit</strong>modell ermöglicht – <strong>und</strong> das auch im<br />

Jahr 2003. Und für die jüngere Generation haben wir mittlerweile im Rahmen des<br />

Altersvermögensgesetzes einen Tarifvertrag zur flexiblen Entgeltumwandlung geschaffen,<br />

damit auch diese Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen trotz steigendem Rentenalter über ein<br />

früheres Ausscheiden im Rentenalter nachdenken können – mit o<strong>der</strong> ohne <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz.<br />

Die Entgeltumwandlung schafft aber auch noch den anstehenden <strong>Altersteilzeit</strong>lern<br />

Ansparmöglichkeiten, um über den Zeitpunkt <strong>der</strong> beginnenden <strong>Altersteilzeit</strong><br />

neu nachdenken zu können. Hier können Rentenpunktverluste noch abgemil<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Wir tun hier viel, da wir wissen, keiner, <strong>der</strong> 30 – 40 Jahre Schichtdienst macht, hält<br />

das bis zum 65. o<strong>der</strong> gar, nach den neuen Rentenplänen, bis zum 67. Lebensjahr<br />

durch. Hier hat auch das Unternehmen eine soziale Verantwortung, immer wie<strong>der</strong><br />

Gestaltungsspielräume zu nutzen, um Menschen nicht nur, wie man heute sagt, als<br />

„Humankapital“ zu nutzen.“<br />

Weitere Informationen<br />

Bremer Straßenbahn AG (BSAG)<br />

Flughafendamm 12<br />

28199 Bremen<br />

Tel.: 0421 / 559 62 23<br />

Geschäftsleitung<br />

Herr Resch<br />

Personalleitung<br />

Herr Kohfeldt<br />

Betriebsrat<br />

Herr Hünig<br />

62


Siemens AG, Zweignie<strong>der</strong>lassung Bremen<br />

63<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 55. Lebensjahr mit teilweisem Ausgleich<br />

<strong>der</strong> Rentenabschläge<br />

Ziele<br />

Die Siemens AG verfolgt mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> das Ziel, den älteren<br />

Beschäftigten vorzeitig den Übergang aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand zu<br />

ermöglichen <strong>und</strong> bei Bedarf die frei gewordenen Arbeitsplätze mit jüngeren Beschäftigten<br />

zu besetzen. Wegen des aus Kostengründen notwendigen Personalabbaus<br />

konnte die Siemens AG die durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei gemachten Arbeitsplätze nur zu<br />

einem Drittel wie<strong>der</strong> besetzen – insbeson<strong>der</strong>e mit Auszubildenden <strong>und</strong> Fachhochschul-Ingenieuren<br />

nach Abschluss ihrer Berufsausbildung (Zuschüsse <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit). Vorrangiges Ziel bei <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist nach Ansicht <strong>der</strong><br />

Personalabteilung nicht <strong>der</strong> Personalabbau, son<strong>der</strong>n das Angebot an die älteren<br />

Beschäftigten, freiwillig früher in den Ruhestand gehen zu können.<br />

Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> wird ab dem 55. Lebensjahr den Beschäftigten angeboten. Die Betriebsvereinbarung<br />

(Nov. 1997) bestimmt den Personenkreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />

gemäß dem <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz (Aug. 1996): mindestens drei Jahre beitragspflichtige<br />

Vollzeitbeschäftigung während <strong>der</strong> letzten fünf Jahre, im Regelfall sollen mindestens<br />

zehn „pensionsfähige Dienstjahre“ zum Austrittszeitpunkt erreicht sein, damit ein<br />

Anspruch auf „Firmenpension“ besteht. Die Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt zwischen<br />

zwei <strong>und</strong> fünf Jahren: Die Mindestdauer ergibt sich daraus, dass eine Altersrente<br />

wegen <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 60. Lebensjahr mindestens 24 Kalen<strong>der</strong>monate <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

voraussetzt, die Höchstdauer beruht darauf, dass die För<strong>der</strong>ungsdauer<br />

durch das Arbeitsamt (vor <strong>der</strong> Verlängerung auf 6 Jahre) auf fünf Jahre begrenzt war.<br />

Die gesetzlichen Än<strong>der</strong>ungen (1. Jan. 2000) wurden von <strong>der</strong> Siemens AG zügig<br />

umgesetzt (Juli 2000): Die Vollzeitbeschäftigung als Voraussetzung für den Abschluss<br />

eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses wird durch die „bisherige wöchentliche<br />

Arbeitszeit“ ersetzt.<br />

Es existiert zum einen ein Blockmodell, nach dem <strong>der</strong>/die Beschäftigte 2 ½ Jahre<br />

vollzeitig tätig <strong>und</strong> im Anschluss 2 ½ Jahre freigestellt ist; zum an<strong>der</strong>en können die<br />

Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit verkürzen. Das unverblockte Modell (Halbtagsarbeit)<br />

wurde bislang jedoch kaum beansprucht (2 % <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge). Die<br />

Betriebsvereinbarung ermöglicht – auf <strong>der</strong> Basis des Tarifvertrages – eine Laufzeit von<br />

5 Jahren für die verblockte <strong>Altersteilzeit</strong>. Bei <strong>der</strong> Siemens AG besteht eine „Vollzeit-<br />

Kultur“, auch bei den Frauen (Anteil von r<strong>und</strong> 20 % an <strong>der</strong> Belegschaft) bildet<br />

<strong>Teil</strong>zeitarbeit eine Ausnahme.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Es können alle Beschäftigen ab dem 55. Lebensjahr teilnehmen, auch die außer<strong>tarifliche</strong>n<br />

Angestellten. B<strong>und</strong>esweit sind r<strong>und</strong> 5000 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen<br />

worden. Im Bereich Hamburg, Bremen, Kiel <strong>und</strong> Rostock, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung<br />

Hamburg betreut wird, sind 200 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen worden (Stand:<br />

März 2002); damit beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote in diesem Bereich (ca. 3.500<br />

Mitarbeiter) immerhin 5,7 Prozent aller Beschäftigten, überschreitet somit die im<br />

Tarifvertrag vorgesehene Quote von 5 Prozent (ab 1. Mai 2002).<br />

Nach Reduktion <strong>der</strong> Arbeitszeit auf 50 Prozent werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoeinkommen<br />

um 25 Prozent des <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoverdienstes aufgestockt. Dieser<br />

Aufstockungsbetrag ist steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfrei. Entsprechend <strong>der</strong> Regelung<br />

des Tarifvertrages werden 82 Prozent des bisherigen Netto-Vollzeitentgeltes in<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> erreicht. Die Siemens AG entrichtet außerdem zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge<br />

auf <strong>der</strong> Basis von 95 Prozent des früheren Brutto-Vollzeitentgeltes<br />

(entsprechend <strong>der</strong> Regelung des Tarifvertrages). Bei Neueinstellung eines Arbeitslosen<br />

o<strong>der</strong> bei Übernahme eines Auszubildenden erhält die Siemens AG ihre Aufstockungsleistungen<br />

größtenteils vom Arbeitsamt erstattet.<br />

Betriebsrente <strong>und</strong> Abfindungen<br />

Während bei den Son<strong>der</strong>zahlungen (Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld) für die Beschäftigten<br />

in <strong>Altersteilzeit</strong> keine Ausgleichszahlungen für die Einkommenseinbußen vorgenommen<br />

werden, werden bei <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Siemens AG geför<strong>der</strong>ten betrieblichen<br />

Altersvorsorge die Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> den Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt.<br />

Das 13. Gehalt wird auf Basis des <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoeinkommens (ohne die Aufstokkungsleistungen)<br />

berechnet: Hälfte des <strong>tarifliche</strong>n <strong>Teil</strong>s des 13. Gehaltes (Basis:<br />

<strong>Teil</strong>zeit). Bei <strong>der</strong> verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> erhält <strong>der</strong> Mitarbeiter den <strong>tarifliche</strong>n <strong>Teil</strong><br />

des 13. Gehaltes auf Basis <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit nur während <strong>der</strong> Arbeitsphase – während<br />

<strong>der</strong> Freistellungsphase besteht auf das anteilige 13. Gehalt kein Anspruch. Entsprechend<br />

wird bei <strong>der</strong> Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes verfahren (Halbierung/Arbeitsphase).<br />

Demgegenüber wird bei den vermögenswirksamen Leistungen<br />

keine Halbierung vorgenommen: Die vermögenswirksamen Leistungen werden vom<br />

Arbeitgeber für die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ zu 100 Prozent entrichtet. Bei <strong>der</strong> Betriebsrente<br />

<strong>der</strong> Siemens AG, <strong>der</strong> sog. „Siemens-Rente“, findet gleichfalls keine Absenkung <strong>der</strong><br />

Beiträge für diese betriebliche Altersvorsorge – während <strong>der</strong> gesamten Laufzeit <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> – statt. Die Betriebsrente bildet für die Siemens-Beschäftigten einen<br />

bedeutenden Baustein ihrer Altersvorsorge: So erhält eine Schreibkraft etwa 400,--<br />

DM/Monat an „Siemens-Rente“, ein Ingenieur etwa 800,-- DM/Monat.<br />

Wenn <strong>der</strong>/die Beschäftigte mit 60 Lebensjahren aus dem Betrieb ausscheidet, wird<br />

eine Abfindung von drei Vollzeit-Monatsentgelten gezahlt. Diese Regelung beruht auf<br />

dem Manteltarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong>: Abfindung von maximal drei Brutto-<br />

Vollzeitentgelten bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> für Beschäftigte ab dem<br />

60. Lebensjahr auf Wunsch des Arbeitgebers. Die Siemens AG zahlt ihren Beschäf-<br />

64


65<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

tigten, die vor dem 1.10.1983 bei Siemens eingetreten sind, sogar sechs Vollzeit-<br />

Monatsentgelte als Abfindung beim vorzeitigen Ausscheiden aus dem Betrieb. Immer<br />

noch haben große Anteile <strong>der</strong> älteren Beschäftigten nach ihrer Berufsausbildung ihr<br />

gesamtes Arbeitsleben bei Siemens verbracht. Die Betriebsrente bildet einen wichtigen<br />

Bestandteil dieser „lebenslangen“ Betriebsbindung.<br />

Der im Frühjahr 2000 abgeschlossene Tarifvertrag <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />

(Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke) sieht für Beschäftigte ab dem 57. Lebensjahr mit<br />

Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> eine Abfindung – sog. Rentenaufstockung – von<br />

maximal 21.600,-- DM vor (450,-- DM/Monat x maximal 48 Monate) – <strong>und</strong> zwar für<br />

die Zeit des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb bis zum Erreichen des 65.<br />

Lebensjahres (maximal 48 Monate).<br />

Dieser Monatsbetrag für die Abfindung (450,-- DM = 230,-- Euro) ist von <strong>der</strong><br />

Siemens AG um 20 Euro erhöht worden (250 Euro). Außerdem wird von <strong>der</strong> Siemens<br />

AG gemäß Betriebsvereinbarung beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit 60 Lebensjahren<br />

die ganze Strecke bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres – also fünf Jahre<br />

<strong>und</strong> nicht nur vier Jahre wie im Tarifvertrag – für die Berechnung <strong>der</strong> Abfindung<br />

berücksichtigt (60 Monate x 250 Euro = 15.000 Euro). Im Vergleich zur tarifvertraglich<br />

geregelten maximalen Abfindung (230 Euro x 48 Monate = 11.040 Euro)<br />

können die Siemens-Beschäftigten also eine wesentlich höhere Abfindung erzielen<br />

(maximal 15.000 Euro). Diese maximale Abfindung wird bei Siemens „Mindestabfindung“<br />

genannt, weil gemäß Günstigkeitsprinzip diejenigen Beschäftigten, die pro<br />

Monat mehr als 5.000 Euro Bruttogehalt verdienen, die Abfindungsregelung des<br />

Tarifvertrages <strong>Altersteilzeit</strong> weiterhin in Anspruch nehmen können: Abfindung von drei<br />

Brutto-Vollzeitentgelten bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> für Beschäftigte<br />

ab dem 60. Lebensjahr, so dass sich eine Abfindung von mehr als 15.000 Euro für<br />

die höher verdienenden Angestellten ergeben kann.<br />

Der monatliche Betrag <strong>der</strong> Abfindung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb<br />

beträgt 250 Euro mit Vollendung des 60. Lebensjahres, so dass sich eine Abfindung<br />

von 15.000 Euro ergibt (60 Monate x 250 Euro). Beim Ausscheiden mit Vollendung<br />

des 61. Lebensjahres ergibt sich ein monatlicher Betrag <strong>der</strong> Abfindung von 240 Euro,<br />

so dass die Abfindung insgesamt 11.520 Euro beträgt (48 Monate x 240 Euro). Beim<br />

Ausscheiden mit Vollendung des 62. Lebensjahres wird ein monatlicher Betrag <strong>der</strong><br />

Abfindung von 230 Euro zugr<strong>und</strong>e gelegt, so dass die Abfindungssumme 8.280 Euro<br />

beträgt (36 Monate x 230 Euro).<br />

Die maximale Abfindung von 15.000 Euro muss nicht als Abfindung ausgezahlt<br />

werden, son<strong>der</strong>n kann von den Beschäftigten auch in die Siemens-Rente „umgewandelt“<br />

werden, d. h. als Baustein für die Aufstockung <strong>der</strong> Betriebsrente benutzt werden.<br />

Die meisten Siemens-Beschäftigten verwenden tatsächlich ihre jeweilige Abfindungssumme<br />

für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb als „Rentenaufstockung“ ihrer<br />

Betriebsrente, so dass ein gewisser Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge beim vorzeitigen<br />

Rentenbezug erfolgt. Gemäß dem von <strong>der</strong> Personalabteilung gegebenen Beispiel <strong>der</strong>


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

durchschnittlichen aktuellen Lebenserwartung von Männern (knapp 73 Jahre) würde<br />

die Abfindung von 15.000 Euro geteilt durch 153 Monate (Rentenbeginn mit 60<br />

Jahren) demnach eine Aufstockung <strong>der</strong> Betriebsrente um 98 Euro/Monat für die<br />

kalkulierte Dauer des Rentenbezugs erbringen.<br />

Verteilzeitraum <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Der Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses soll spätestens mit 63 Lebensjahren<br />

erfolgen (Mindestdauer von zwei Jahren als Bedingung für den Bezug <strong>der</strong><br />

Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit). Anfang <strong>und</strong> Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nach Lebensjahren<br />

sowie die Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nach dem Blockmodell<br />

werden von den Beschäftigten gemäß ihrer Lebenslage unterschiedlich gewählt. Etwa<br />

die Hälfte <strong>der</strong> Beschäftigten wählt das in vielen Industriebetrieben praktizierte Muster<br />

<strong>der</strong> fünfjährigen verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> im Lebensabschnitt von 55 bis zu 60<br />

Jahren: 55 bis 57 ½ Jahre = Arbeitsphase, 57 ½ bis 60 Jahre = Freistellungsphase,<br />

vorzeitiger Ruhestand mit 60 Lebensjahren. Der vorzeitige Rentenbeginn mit 60<br />

Lebensjahren (Rentenabschläge = 18 % ab Geburtsdatum 1.1.1942) bildet für die<br />

meisten männlichen Siemens-Beschäftigten die „Zielgröße“ (magische Zahl für den<br />

Übergang in den Ruhestand). Die an<strong>der</strong>e Hälfte <strong>der</strong> Siemens-Beschäftigten verteilt<br />

sich auf an<strong>der</strong>e Muster <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>: Viele Angestellte<br />

erfüllen lediglich die Mindestdauer von 2 Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> (58 – 60 Jahre), um mit<br />

60 Lebensjahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (mit nunmehr 18 % Rentenabschlägen)<br />

beziehen zu können, viele höhere Angestellte, die ihr Berufsleben z. B.<br />

als Ingenieur relativ spät begonnen haben <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> sich noch in <strong>der</strong> Ausbildung<br />

bzw. im Studium befinden, wählen dagegen einen späteren Beginn <strong>und</strong> ein<br />

späteres Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (5 Jahre verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> im Lebensabschnitt<br />

von 60 bis 65 Jahren: 60 – 62 ½ Jahre = Arbeitsphase, 62 ½ – 65 Jahre =<br />

Freistellungsphase, Rentenbezug (ohne Rentenabschläge) mit 65 Lebensjahren).<br />

Wer entscheidet über <strong>Altersteilzeit</strong>?<br />

Die Abteilungsleitung <strong>und</strong> die Bereichsleitung treffen letztendlich die Entscheidung, ob<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> beansprucht werden kann. In Streitfällen bestimmt <strong>der</strong> Betriebsrat mit;<br />

ein erzwingbarer Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> existiert aber nicht. Der im Manteltarifvertrag<br />

<strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie enthaltene Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong><br />

(ab 61. Lebensjahr) wurde in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung nicht übernommen,<br />

weil die Quote des Tarifvertrages für „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ an <strong>der</strong> Belegschaft bereits<br />

„übererfüllt“ war. Diese Anspruchseinschränkung sollte in <strong>der</strong> Siemens AG nach<br />

Auffassung des Gesamtbetriebsrates nicht gelten. Den Wünschen <strong>der</strong> älteren Beschäftigten<br />

nach Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> wird i. d. R. unabhängig von <strong>der</strong>em jeweiligem<br />

Lebensalter stattgegeben. Eine Einigung wird i. d. R. zwischen Personalabteilung<br />

<strong>und</strong> dem/<strong>der</strong> Beschäftigten ohne Beteiligung des Betriebsrates erzielt.<br />

66


Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

67<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Gesamtbetriebsvereinbarung vom 1. Nov. 1997 mit einer Laufzeit bis zum 1. Juli<br />

2004 (verlängert bis zum Jahr 2006). Voraussetzung für die Anwendung <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />

war zunächst <strong>der</strong> Manteltarifvertrag <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />

zur <strong>Altersteilzeit</strong> vom Juni 1998, später dann <strong>der</strong> im Jahre 2000 abgeschlossene<br />

Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke.<br />

Stellungnahmen<br />

Personalabteilung<br />

„<strong>Altersteilzeit</strong> ist eine gute Regelung, um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben,<br />

früher auszuscheiden, auch unter akzeptablen finanziellen Bedingungen. Die Belastungen<br />

in <strong>der</strong> Arbeitswelt werden immer stärker, <strong>und</strong> dass dann nicht bis 65<br />

durchgearbeitet werden muss, son<strong>der</strong>n hier die Möglichkeit besteht, einen Ausstieg ab<br />

60 zu finden, ist positiv. Auch können ältere Mitarbeiter früher durch jüngere ersetzt<br />

werden, was Innovationen im Unternehmen beschleunigen kann. Nachteilig sind die<br />

hohen Kosten für das Unternehmen, wenn es keinen Zuschuss vom Arbeitsamt gibt.<br />

Für einen Mitarbeiter, <strong>der</strong> 40.900 Euro Jahreseinkommen verdient, entstehen etwa<br />

59.000 Euro Kosten im Jahr ohne Zuschuss vom Arbeitsamt. Bei reduzierter Arbeitszeit<br />

<strong>und</strong> mit Zuschuss vom Arbeitsamt verbleiben 23.000 Euro Kosten für das<br />

Unternehmen.“<br />

Betriebsrat<br />

„Die Vereinbarung ist ein „Entlastungsventil“. Sie ist gut für Kollegen, die aus ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Gründen nicht mehr arbeiten können o<strong>der</strong> Probleme am Arbeitsplatz haben,<br />

weil sie die Leistung nicht mehr bringen. Für das Unternehmen ist von Vorteil, dass<br />

die <strong>Altersteilzeit</strong> das Unternehmen wenig kostet, weil ein jüngerer Beschäftigter mit<br />

einer niedrigen Lohngruppe ins Unternehmen kommt <strong>und</strong> Gel<strong>der</strong> vom Arbeitsamt<br />

fließen. Problematisch ist hingegen, dass bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>gehälter<br />

nicht die Beteiligung am Betriebserfolg mit eingerechnet wird.“<br />

Weitere Informationen<br />

Siemens AG<br />

Zweignie<strong>der</strong>lassung Bremen<br />

Universitätsallee 16<br />

28359 Bremen<br />

Personalabteilung<br />

Herr Westphal<br />

Lindenplatz 2<br />

20099 Hamburg<br />

Tel.: 040 / 28 89 28 59<br />

Betriebsrat<br />

Herr Krone, ZN Bremen<br />

Tel.: 0421 / 364 – 0


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Stahlwerke Bremen GmbH<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>: vom Personalumbau zum Personalabbau<br />

Regelungen des Tarifvertrages<br />

In <strong>der</strong> Stahlindustrie (Nie<strong>der</strong>sachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen) wurde im Jahr<br />

2000 ein neuer Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen, <strong>der</strong> auf einer Rahmenregelung<br />

für betriebliche Vereinbarungen aus dem Jahr 1998 aufbaute. Diese<br />

<strong>tarifliche</strong> Vereinbarung (März 1998) verfolgte das Ziel, eine Gr<strong>und</strong>lage für Betriebsvereinbarungen<br />

zur <strong>Altersteilzeit</strong> zu ermöglichen – einschließlich <strong>der</strong> Anwendung eines<br />

langfristigen Blockmodells nach dem ATZ-Gesetz. In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurde in<br />

<strong>der</strong> Stahlindustrie neben <strong>der</strong> zweistufigen Einkommenserhöhung auch eine Verbesserung<br />

<strong>der</strong> ATZ-Regelungen vereinbart. Ab 1. Juni 2000 haben Beschäftigte nach<br />

vollendetem 55. Lebensjahr einen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> über eine Dauer von<br />

zwei bis zu sechs Jahren. Das ATZ-Arbeitsentgelt wird auf 85 Prozent des letzten<br />

Nettoeinkommens aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeitrag auf 95 Prozent<br />

angehoben. Wie schon in <strong>der</strong> chemischen Industrie (März 2000) wurde auch in <strong>der</strong><br />

Stahlindustrie ein <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Renteneintritt<br />

vereinbart (Juni 2000). Gleichfalls für maximal 48 Monate wird eine nach Schichtsystem<br />

gestaffelte „Abfindung“ vom Arbeitgeber geleistet: Pro Monat des vorzeitigen<br />

Rentenbezugs erhalten Beschäftigte mit regelmäßiger Wechselschicht 750 DM,<br />

Beschäftigte in Wechselschicht mit regelmäßiger Nachtarbeit 550 DM sowie die<br />

übrigen Beschäftigten 450 DM. Weiterhin werden die Beträge ab 1. Januar 2002<br />

dynamisiert <strong>und</strong> jährlich um ein Prozent angehoben (Laufzeit dieses Tarifvertrages:<br />

31. Dez. 2006). Auch <strong>der</strong> Insolvenzschutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer-Ansprüche ist in diesem<br />

Tarifvertrag geregelt worden. Außerdem kann gemäß Tarifvertrag eine freiwillige<br />

Betriebsvereinbarung zwecks Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen für<br />

die langfristige Vermögensbildung zur Alterssicherung abgeschlossen werden. Der<br />

Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Stahlindustrie enthält eine Anspruchseinschränkung:<br />

4 Prozent aller Beschäftigten können die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen; bei<br />

mehreren geltend gemachten Ansprüchen erhalten die Vollkonti-Beschäftigten Vorrang<br />

(sofern nicht abweichende Regelungen durch Betriebsvereinbarungen bestehen).<br />

Regelungen <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />

Bei den Stahlwerken Bremen bestand auf Basis <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n Vereinbarung (März<br />

1998) eine Betriebsvereinbarung zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Okt. 1998), welche bereits das<br />

Blockmodell ermöglichte. Auf Basis des neuen Tarifvertrages (1. Juni 2000) wurde<br />

von den Betriebsvertragsparteien die Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> neu<br />

geregelt (1. Okt. 2000). Die Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung entspricht <strong>der</strong> des<br />

Tarifvertrages (31. Dez. 2006).<br />

68


Geltungsbereich<br />

69<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung können Beschäftigte, die das 55. Lebensjahr<br />

vollendet <strong>und</strong> in den letzten fünf Jahren vor Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> mindestens 1080<br />

Kalen<strong>der</strong>tage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben,<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> beanspruchen. Die Betriebsvereinbarung enthält einen Anspruch <strong>der</strong><br />

Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong>. Allerdings kann <strong>der</strong> Anspruch ausgeschlossen werden,<br />

wenn 4 Prozent <strong>der</strong> Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> sich bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden bzw.<br />

schon einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag abgeschlossen haben. Die 4-Prozent-Quote kann<br />

allerdings „durch freie Entscheidung des Arbeitgebers überschritten werden“. Wenn<br />

diese Quote nicht überschritten werden soll <strong>und</strong> gleichzeitig die Nachfrage <strong>der</strong><br />

Beschäftigten nach <strong>Altersteilzeit</strong> das Angebot des Betriebes übersteigt, wird die<br />

Auswahl nach einem „Rangreihenverfahren“ von einem paritätisch besetzten Ausschuss<br />

vorgenommen: „Erklären sich in einem Jahr mehr Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> zur<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bereit, als Plätze zur Verfügung stehen, erfolgt die<br />

Auswahl <strong>der</strong> Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> nach einem Rangreihenverfahren. Kriterien sind<br />

Lebensalter, Betriebszugehörigkeit <strong>und</strong> Einsatzmöglichkeiten. Schwerbehin<strong>der</strong>te <strong>und</strong><br />

Schichtarbeiter werden vorrangig berücksichtigt.“ (Betriebsvereinbarung).<br />

Das Unternehmen hat sich verpflichtet, die „Belegschaftsmitglie<strong>der</strong>“ nicht nur<br />

allgemein über das betriebliche <strong>Altersteilzeit</strong>-Modell zu informieren, son<strong>der</strong>n darüber<br />

hinaus das einzelne Mitglied auch individuell zu beraten: „Der Arbeitgeber berät das<br />

Belegschaftsmitglied individuell vor einer Vereinbarung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> über die<br />

sozialrechtlichen Auswirkungen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>vereinbarung sowie über die Höhe des<br />

Einkommens zu Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Diese Berechnung erfolgt als Beispiel auf<br />

Basis <strong>der</strong> letzten 12 abgerechneten Monate <strong>und</strong> wird dem Belegschaftsmitglied durch<br />

den Arbeitgeber vor Abschluss <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>vereinbarung schriftlich ausgehändigt.“<br />

(Betriebsvereinbarung)<br />

Die Frage <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung wird von den Betriebsvertragsparteien im Rahmen <strong>der</strong><br />

Personalplanung entschieden: „Für jedes Kalen<strong>der</strong>jahr beraten <strong>der</strong> Arbeitgeber <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Betriebsrat o<strong>der</strong> ein von ihm beauftragter Ausschuss darüber, ob <strong>und</strong> wie die<br />

Wie<strong>der</strong>besetzung im übrigen sichergestellt werden kann.<br />

Durch <strong>Altersteilzeit</strong> freiwerdende Arbeitsplätze werden vorrangig durch übernommene<br />

Auszubildende wie<strong>der</strong>besetzt. Auszubildende, die auf einem Arbeitsplatz eingesetzt<br />

werden, <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei geworden ist, werden unbefristet übernommen.<br />

Die Nachbesetzung erfolgt nur dann, wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber durch das Arbeitsamt die<br />

gesetzliche <strong>Teil</strong>erstattung <strong>der</strong> Aufwendungen erhält, die durch das über <strong>Altersteilzeit</strong><br />

ausscheidende Belegschaftsmitglied entstehen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Die Betriebsvereinbarung (Okt. 2000) gibt das Blockmodell als Regelmodell vor <strong>und</strong><br />

orientiert die maximale Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer (6 Jahre<br />

gemäß 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sowie 6 Jahre gemäß Tarifvertrag<br />

<strong>der</strong> Stahlindustrie – Jahr 2000): „Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Regel als Blockmodell<br />

mit gleichdauern<strong>der</strong> Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase vereinbart. Sie dauert


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

mindestens 2 Jahre, maximal 6 Jahre. Die Dauer von 2 Jahren kann unterschritten<br />

werden, soweit das Belegschaftsmitglied keine Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> (...) in<br />

Anspruch nehmen will. Soll die <strong>Altersteilzeit</strong> über die Dauer von 6 Jahren im Einzelfall<br />

ausgedehnt werden, reduzieren sich die Leistungen des Arbeitgebers insoweit, dass<br />

die <strong>Altersteilzeit</strong> je Fall nicht teurer wird, als in vergleichbaren Fällen mit einer<br />

maximalen Laufzeit von 6 Jahren.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Aufstockung <strong>der</strong> ATZ-Leistungen<br />

Gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung gleichfalls das ATZ-Arbeitsentgelt<br />

auf 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens aufgestockt. In <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />

ist sogar <strong>der</strong> mögliche Fall geregelt, dass ein Beschäftigter durch kurzfristigen<br />

Wechsel seiner Lohnsteuerklasse vor dem Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> sein tariflich<br />

garantiertes Nettoeinkommen nachhaltig erhöht: „ Das regelmäßige Arbeitsentgelt<br />

ohne Son<strong>der</strong>zahlungen <strong>und</strong> ohne Mehrarbeit setzt sich während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

zusammen aus: (1) dem steuerpflichtigen <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt für die verkürzte<br />

Arbeitszeit, d. h. die Hälfte <strong>der</strong> bei Vollzeitarbeit anfallenden steuerpflichtigen<br />

Vergütungsbestandteile inklusive <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> steuerpflichtigen Zuschläge, (2) einem<br />

Aufstockungsbetrag nach Maßgabe (...) des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes auf das <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt.<br />

Der <strong>tarifliche</strong> Aufstockungsbetrag ist (...) so zu bemessen, dass das<br />

monatliche Nettoentgelt 85 % des fiktiven Vollzeitnettoentgelts, ohne Berücksichtigung<br />

des Progressionsvorbehalts, beträgt. Die Berechnung des Nettobetrages erfolgt<br />

anhand <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lohnsteuerkarte eingetragenen Merkmale Steuerklasse <strong>und</strong><br />

Familienstand. Ein Wechsel <strong>der</strong> Lohnsteuerklasse – auch kurz vor Eintritt in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

– kann nur bei ausreichendem sachlichen Gr<strong>und</strong> berücksichtigt werden (Missbrauchskontrolle).“<br />

(Betriebsvereinbarung)<br />

Die Jahresabschlusszahlung wird den Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> durchgängig auf<br />

immerhin 60 Prozent des vorgängigen Weihnachtsgeldes aufgestockt <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Regel<br />

mit dem monatlichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Nettoentgelt ausgezahlt: „Die Jahresabschlusszahlung<br />

wird durchgängig in Höhe von 50 % <strong>der</strong> Vollzeit-Jahresabschlusszahlung<br />

gezahlt. Zusätzlich wird ein Aufstockungsbetrag von 20 % <strong>der</strong> hälftigen Jahresabschlusszahlung<br />

gezahlt, dieser ist jedoch auf die Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt. Die Zahlungsweise ist in <strong>der</strong> Regel<br />

ratierlich.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung die Aufstockung des Rentenversicherungsbeitrages<br />

auf 95 Prozent geregelt: „Der Arbeitgeber wird für die Belegschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

in <strong>Altersteilzeit</strong> zusätzlich Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung<br />

gemäß <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz entrichten. Die Rentenversicherungsbeiträge<br />

werden auf 95 % des Vollzeitbruttomonatsentgelts (max. bis zur Beitragsbemessungsgrenze)<br />

einschließlich <strong>der</strong> Jahresabschlusszahlung aufgestockt.“<br />

70


Betriebsrente <strong>und</strong> Abfindungen<br />

71<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Betriebsrente werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten den<br />

Vollzeit-Beschäftigten vollständig gleichgestellt, so dass die Betriebsrente aufgr<strong>und</strong><br />

des Wechsels in <strong>Altersteilzeit</strong> nicht vermin<strong>der</strong>t wird: „Für die Berechnung <strong>der</strong> Werksrente<br />

eines Belegschaftsmitglieds, das sich in <strong>Altersteilzeit</strong> befindet, wird das rentenfähige<br />

Einkommen ermittelt, als wenn er/sie weiterhin in Vollzeit beschäftigt wäre. Für<br />

die Berechnung des rentenfähigen Einkommens wird das fiktive Vollzeitbruttoentgelt<br />

<strong>der</strong> letzten 12 Monate vor <strong>Altersteilzeit</strong>beginn zugr<strong>und</strong>e gelegt. Das fiktive Vollzeitbruttoentgelt<br />

nimmt an den Tariferhöhungen teil. Der vorzeitige Bezug <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Altersversorgung führt nicht zu versicherungsmathematischen Abschlägen. Für<br />

die Berechnung <strong>der</strong> Werksrente wird die ungekürzte gesetzliche Vollrente zugr<strong>und</strong>e<br />

gelegt.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Der <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand wird den<br />

Beschäftigten gemäß Tarifvertrag für maximal 48 Monate gewährt: „Endet das<br />

Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres des Belegschaftsmitglieds,<br />

erhält dieser für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die Abfindung<br />

errechnet sich aus einem monatlichen Abfindungsbetrag, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> vollen<br />

Kalen<strong>der</strong>monate – maximal 48 – multipliziert wird, die zwischen Beendigung des<br />

Arbeitsverhältnisses <strong>und</strong> dem Zeitpunkt, an dem das Belegschaftsmitglied Anspruch<br />

auf eine ungemin<strong>der</strong>te Rente gehabt hätte, liegen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Die im Schichtdienst beschäftigten Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> erhalten gemäß jeweiligem<br />

Schichtplan die Abfindung, wenn sie innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre vor Antragstellung<br />

mindestens 3 Jahre nach Schichtplan eingesetzt waren: 750 DM pro Monat des<br />

vorzeitigen Rentenbezugs für Beschäftigte mit kontinuierlicher Wechselschicht, 550<br />

DM pro Monat für Beschäftigte in Wechselschicht mit regelmäßigen Nachtschichten.<br />

Alle an<strong>der</strong>en Beschäftigten erhalten als Abfindung 450 DM pro Monat des vorzeitigen<br />

Rentenbezuges. Die in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung geregelten Abfindungsbeträge<br />

entsprechen denen des Tarifvertrages – gleichfalls gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong><br />

Betriebsvereinbarung geregelt, dass die Abfindungsbeträge ab 1.1.2002 jährlich um<br />

ein Prozent erhöht werden. Demnach beträgt die höchste Abfindung im Jahr 2002<br />

immerhin 387 Euro, die mittlere 284 Euro <strong>und</strong> die niedrigste Abfindung 232 Euro/<br />

Monat des vorzeitigen Rentenbezugs (maximal 48 Monate).<br />

Ein Beschäftigter <strong>der</strong> Stahlwerke, <strong>der</strong> im Jahre 2001 mit vollendetem 61. Lebensjahr<br />

nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase in den vorzeitigen Ruhestand wechselte, konnte gemäß<br />

jeweiligem Schichtplan für vier Jahre (bis zum vollendeten 65. Lebensjahr) die<br />

folgenden Höchstsummen von Abfindungen erhalten: 36.000 DM (kontinuierliche<br />

Wechselschicht), 26.400 DM (Wechselschicht mit regelmäßigen Nachtschichten)<br />

sowie 21.600 DM (alle an<strong>der</strong>en Beschäftigten). Diese Beschäftigten hätten „ohne<br />

Vertrauensschutz“ eine dauerhafte Vermin<strong>der</strong>ung ihrer gesetzlichen Rente um 14,4 %<br />

hinzunehmen. Zumindest für die Phase des vorzeitigen Rentenbezuges (maximal 48<br />

Monate) bilden diese Abfindungen eine Kompensation für die Rentenabschläge.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Auszahlung <strong>der</strong> Abfindung wird den „Belegschaftsmitglie<strong>der</strong>n“ die<br />

folgende Wahlmöglichkeit eingeräumt: „Die Abfindung wird bei Beendigung des<br />

Beschäftigungsverhältnisses fällig. Das Belegschaftsmitglied hat wahlweise die<br />

Möglichkeit, sich die Abfindungssumme ratierlich über 14 Jahre auszahlen zu lassen.<br />

Der Betrag wird mit einem Zinssatz von 5 % p.a. verzinst.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Dabei sind die Betriebsvertragsparteien von Durchschnittswerten ausgegangen: Ein<br />

„Stahlwerker“, <strong>der</strong> mit 60 Lebensjahren nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (Blockmodell:<br />

55 – 57 ½ - 60) in den vorgezogenen Ruhestand geht, würde gemäß durchschnittlicher<br />

Lebenserwartung (74 Lebensjahre) 14 Jahre lang sich die Abfindung in monatlichen<br />

Raten auszahlen lassen. Demnach werden die Beschäftigten angehalten, sich<br />

Gedanken über ihre eigene Lebenserwartung zu machen, ein ökonomisches Kalkül in<br />

Antizipation ihrer individuellen „Rentenlaufzeit“ <strong>und</strong> ihrem individuellen „Sterblichkeitsrisiko“<br />

anzustellen: „Wenn ich nur 70 werde, verliere ich 4 Jahre bei <strong>der</strong> monatlichen<br />

Auszahlung, dann kann ich doch gleich die ganze Abfindung nehmen <strong>und</strong><br />

selber irgendwo mit 5 Prozent anlegen.“<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Die hohe Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Beschäftigtenstruktur<br />

sowie <strong>der</strong> belastenden Arbeitsbedingungen im Schichtsystem <strong>der</strong> Stahlwerke<br />

zu verstehen. Zum Zeitpunkt unserer Erhebung (Ende 2001) waren im Werk<br />

Bremen 4570 Mitarbeiter beschäftigt: 1440 Angestellte (31,5 %), darunter 1000<br />

<strong>tarifliche</strong> Angestellte, 400 außer<strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> 40 leitende Angestellte, sowie 3130<br />

Lohnempfänger (68,5%). Im Produktionsbereich befindet sich etwa die Hälfte <strong>der</strong><br />

Beschäftigten im Schichtsystem.<br />

Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> belastenden Schichtarbeit<br />

sowie des früheren Personalabbaus über Vorruhestandsregelungen (55 Jahre)<br />

<strong>und</strong> Sozialpläne (ungekürzte Rente mit 60 Jahren) zu verstehen: Die Hälfte aller<br />

Beschäftigten <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen ist bis zu 40 Jahren alt (15 %: bis zu 30<br />

Jahren, 36 % von 31 bis zu 40 Jahren); 26 % aller Beschäftigten befinden sich im<br />

Alter von 41 bis zu 50 Jahren, 22 % im Alter von 51 bis zu 60 Jahren (1% über 60<br />

Jahre). Im Vergleich zu den alternden Belegschaften in an<strong>der</strong>en Wirtschaftsbereichen<br />

handelt es sich demnach um eine „junge“ Belegschaft: Das Durchschnittsalter beträgt<br />

41 Jahre (Gewerbliche: 40,5 Jahre, Angestellte 42,5 Jahre). Die betriebliche Altersgrenze<br />

von 60 Jahren ist vollständig etabliert.<br />

72


Tabelle 5: Altersstruktur <strong>der</strong> Belegschaft (Jahr 2002)*<br />

Altersgruppe<br />

Gewerbliche<br />

(3167)<br />

%<br />

Angestellte<br />

(1461)<br />

%<br />

73<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Belegschaft insgesamt<br />

(4628)<br />

%<br />

unter 31 18,4 7,2 15<br />

31 – 40 34,6 39,8 36<br />

41 – 50 25,1 28,6 26<br />

51 – 60 21,1 22,9 22<br />

über 60 0,8 1,5 1<br />

100,0 100,0 100<br />

*Quelle: Personal- <strong>und</strong> Sozialbericht 2002 <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen (Anhang: abs. Zahlen)<br />

Im Alter von mehr als 50 Jahren befinden sich bei den Arbeitern ca. 22 Prozent, bei<br />

den Angestellten ca. 24 Prozent. Auf die Beschäftigten im Alter von über 50 Jahren<br />

bezogen: 10 Prozent aller Beschäftigten befinden sich noch in einem Lebensalter, in<br />

dem sie zur Zeit noch nicht in <strong>Altersteilzeit</strong> wechseln können, 13 Prozent aller<br />

Beschäftigten gehören bereits zum Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten (55 Jahre als<br />

Mindestalter).<br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong> wurde seit ihrer Einführung im Werk Bremen (1.10.1998) bisher<br />

bereits von 320 Mitarbeitern in Anspruch genommen (Jahr 2001): 80 von ihnen<br />

befinden sich bereits in Rente, 240 befinden sich aktuell in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnis (davon etwa die Hälfte bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase), weitere<br />

130 Mitarbeiter sind zur Zeit am Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses<br />

interessiert (Aussage <strong>der</strong> Personalabteilung auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />

im Mai 2002). Etwa 40 bis 50 Prozent <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten haben<br />

bisher von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch gemacht. Dabei befinden sich – wie zu erwarten<br />

– die älteren häufiger als die jüngeren Jahrgänge unter den Anspruchsberechtigten in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>. (Eine statistische Auswertung <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

nach Geburtsjahrgängen liegt uns lei<strong>der</strong> nicht vor.) Diese Form <strong>der</strong> „Frühverrentung“<br />

über das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> – mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> ausschließlich in Form des<br />

Blockmodells – findet demnach eine hohe Resonanz unter den „Stahlwerkern“.<br />

Die im Personal- <strong>und</strong> Sozialbericht 2002 <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen genannten Zahlen<br />

(31.12.2001) weichen etwas von den auf dem Workshop genannten Zahlen ab:<br />

Demnach befanden sich r<strong>und</strong> 230 Mitarbeiter aktuell in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnis (nicht ganz die Hälfte bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase), 70 Mitarbeiter<br />

hatten bereits für die Zukunft <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge abgeschlossen. Die Alters-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

teilzeitquote (Gesamtbelegschaft) beträgt im Jahr 2001 fünf Prozent (aktuell in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>: Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase), also ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> bereits<br />

ausgelaufenen <strong>und</strong> <strong>der</strong> für die Zukunft abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge.<br />

Der Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> kann gemäß Betriebsvereinbarung ausgeschlossen<br />

werden, wenn vier Prozent <strong>der</strong> Gesamtbelegschaft sich aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

befinden bzw. einen <strong>Altersteilzeit</strong>-Vertrag abgeschlossen haben. Gemäß dieser<br />

Bestimmung beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote sogar 6,5 Prozent (Jahr 2001). Das<br />

Unternehmen kann durch „freie Entscheidung“ die 4-Prozent-Quote überschreiten. Im<br />

Jahre 2002 fällt diese <strong>Altersteilzeit</strong>quote mit 4,7 Prozent etwas niedriger aus als im<br />

Jahre 2001. Von <strong>der</strong> Personalabteilung wird eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote von fünf Prozent<br />

als „maximale Zielgröße“ bezeichnet.<br />

Verteilzeitraum <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (1.10.98) haben die älteren „Stahlwerker“, um<br />

mit 60 Jahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> zu beziehen, lediglich die Mindestdauer<br />

von zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch genommen (gemäß Blockmodell:<br />

Beginn mit 58 Lebensjahren, ein Jahr Arbeitsphase, ein Jahr Freistellungsphase,<br />

Beginn des Rentenbezugs mit 60 Lebensjahren). Diese älteren „Stahlwerker“ konnten<br />

zudem häufig noch die Vertrauensschutzregelung in Anspruch nehmen: Versicherte<br />

<strong>der</strong> Geburtsjahrgänge vor 1942, die mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine<br />

versicherte Beschäftigung vorweisen konnten, waren von <strong>der</strong> Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze<br />

bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit nicht betroffen.<br />

Nachdem die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

„ohne Vertrauensschutz“ für die Geburtsjahrgänge 1937 – 1941 bereits abgeschlossen<br />

ist, haben die Versicherten ab Geburtsjahrgang 1942 bei vorzeitiger Inanspruchnahme<br />

dieser Altersrente gegenwärtig eine dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 18<br />

Prozent hinzunehmen. Aufgr<strong>und</strong> dieser erheblichen Rentenabschläge haben die<br />

„Stahlwerker“, die zur Zeit sich in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis befinden, eine<br />

längere Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Vertrages gewählt, um mit einem späteren Rentenbeginn<br />

das Ausmaß <strong>der</strong> Rentenabschläge in noch vertretbaren Grenzen zu halten.<br />

Die Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten beginnt gemäß Blockmodell mit 58<br />

Lebensjahren die <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (Laufzeit: 4 o<strong>der</strong> 5 Jahre) <strong>und</strong> bezieht dann mit<br />

62 o<strong>der</strong> 63 Lebensjahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Der tatsächliche<br />

(nicht: rechtliche) Abschied vom Arbeitsleben erfolgt dann mit 60 o<strong>der</strong> 60 ½ Jahren<br />

(Freistellungsphase).<br />

Bei einer Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses von fünf Jahren hätten diese<br />

„Stahlwerker“, die mit 58 Lebensjahren die <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase beginnen, mit 63<br />

Lebensjahren einen dauerhaften Rentenabschlag von 7,2 Prozent hinzunehmen. Die<br />

Abfindung würde für die Beschäftigten in kontinuierlicher Wechselschicht 18.000 DM<br />

betragen (24 Monate x 750 DM/Monat), für die Beschäftigten in Wechselschicht mit<br />

regelmäßigen Nachtschichten 13.200 DM (24 Monate x 550 DM/Monat), für die<br />

74


75<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

an<strong>der</strong>en Beschäftigten noch 10.800 DM (24 Monate x 450 DM). Die Rentenabschläge<br />

werden durch die Betriebsrente, die vom Unternehmen ungeschmälert bei vorzeitigem<br />

Rentenbeginn ausgezahlt wird, teilweise ausgeglichen. Im Durchschnitt beträgt<br />

die Betriebsrente gegenwärtig 120 Euro/Monat.<br />

Abbildung 4: Blockmodell/Rentenanspruch/Abfindung<br />

ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />

58 60 62 65<br />

Arbeitsphase Freizeitphase 10,8 % Abschlag / 36 Monate<br />

<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />

Vollkonti-Schicht 36 x 750 = 27.000 DM<br />

<strong>Teil</strong>konti-Schicht 36 x 550 = 19.800 DM<br />

Tagesschicht 36 x 450 = 16.200 DM<br />

ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />

58 60 ½ 63 65<br />

Arbeitsphase Freizeitphase 7,2 % Abschlag / 24 Monate<br />

<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />

Vollkonti-Schicht 24 x 750 = 18.000 DM<br />

<strong>Teil</strong>konti-Schicht 24 x 550 = 13.200 DM<br />

Tagesschicht 24 x 450 = 10.800 DM<br />

Die in <strong>der</strong> Abbildung genannten Beträge für die Abfindung (DM/Monat) beziehen sich<br />

auf den Tarifvertrag (Juni 2000). Die Abfindungsbeträge werden ab 1.1.2002 jährlich<br />

um ein Prozent erhöht (siehe die Euro-Beträge für das Jahr 2002 im Text).<br />

Vom Personalumbau zum Personalabbau<br />

Bei Wie<strong>der</strong>besetzung des mit Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei<br />

gemachten Arbeitsplatzes entstehen dem Betrieb bei einer vier- bis fünfjährigen<br />

Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrages Zusatzkosten von ca. 20.000 Euro. Ohne<br />

Wie<strong>der</strong>besetzung entstehen dem Betrieb immerhin Zusatzkosten von ca. 40.000 Euro<br />

(bei gleicher Laufzeit). Bis zum Jahr 2002 haben die Stahlwerke Bremen keinen<br />

Personalabbau über das Instrument <strong>Altersteilzeit</strong> vorgenommen. Für die ausscheidenden<br />

„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ wurden bisher Arbeitslose eingestellt <strong>und</strong> Auszubildende nach<br />

Abschluss ihrer Ausbildung übernommen.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Im Jahre 2001 wurden ca. 50 vom Betrieb Ausgebildete unbefristet übernommen.<br />

Der Tarifvertrag garantiert nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung eine auf 12 Monate<br />

befristete Beschäftigung. Für die neu eingestellten Arbeitskräfte gelten die gleichen<br />

Entgeltbestimmungen wie bei den bisherigen Beschäftigten. Gleichwohl fallen die<br />

Personalkosten für den Betrieb niedriger aus, weil z. B. ein Facharbeiter nach <strong>der</strong><br />

Ausbildung mit <strong>der</strong> Lohngruppe 7 (Ecklohn) beginnt, <strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidende<br />

Facharbeiter sich aber bereits in <strong>der</strong> Lohngruppe 10 befindet.<br />

Die bisherige Praxis von <strong>Altersteilzeit</strong> in den Stahlwerken Bremen entspricht beschäftigungspolitisch<br />

vollständig <strong>der</strong> Intention des Gesetzgebers: Wie<strong>der</strong>besetzung von<br />

durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei werdenden Arbeitsplätzen durch Arbeitslose bzw. Ausgebildete.<br />

Gleichzeitig wird damit ein allmählicher Austausch von älteren durch jüngere<br />

Beschäftigte personalpolitisch gesteuert, insbeson<strong>der</strong>e durch die Übernahme von im<br />

Betrieb ausgebildeten Arbeitskräften.<br />

Im September 2002 hat <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen beschlossen, bis<br />

Anfang 2005 die Belegschaft von <strong>der</strong>zeit ca. 4800 auf ca. 3100 Beschäftigte zu<br />

„schrumpfen“, also 1700 Stellen abzubauen, um den Betrieb wie<strong>der</strong> profitabel zu<br />

machen. Die Schere zwischen steigenden Personal- <strong>und</strong> Sachkosten <strong>und</strong> fallenden<br />

Verkaufspreisen klafft zunehmend auseinan<strong>der</strong>. Die neue Arcelor-Strategie lautet:<br />

„Preis vor Menge“. Der Personalabbau soll sozialverträglich über <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />

<strong>und</strong> Abfindungen erfolgen. Nach langen Verhandlungen haben sich Vorstand <strong>und</strong><br />

Betriebsrat <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen auf ein Bündel von Maßnahmen geeinigt (Dez.<br />

2002), um den geplanten Personalabbau „sozial abfe<strong>der</strong>n“ zu können. Die Streichung<br />

von 1700 Stellen bildet den zentralen Ansatzpunkt eines umfassenden Sanierungsprogramms,<br />

mit dem das Unternehmen wie<strong>der</strong> in die Gewinnzone gebracht <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Standort langfristig abgesichert werden soll. Es sollen sowohl Personal- als auch<br />

Sachkosten eingespart werden.<br />

Die neue Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> (1.12.2002) tritt ab 1.9.2002 in<br />

Kraft, sie kann erstmalig zum 31.12.2005 gekündigt werden. Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird<br />

i. d. R. als Blockmodell mit gleicher Dauer von Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase<br />

vereinbart (minimal 2 Jahre, maximal 6 Jahre). In <strong>der</strong> Zusatzvereinbarung zur<br />

bisherigen Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Präambel die neue<br />

Zielsetzung <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien – <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument zum Personalabbau<br />

– eindeutig formuliert:<br />

„Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass die <strong>Altersteilzeit</strong> ein wesentliches<br />

Instrument zum Personalabbau sein wird, mit dem <strong>der</strong> Beschluss des Aufsichtsrates<br />

vom 19.09.2002 umgesetzt werden kann. Damit <strong>der</strong> Personalabbau zügig <strong>und</strong><br />

möglichst sozialverträglich vollzogen werden kann, sollen die Belegschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Regel ihre <strong>Altersteilzeit</strong> mit 60 Jahren beenden <strong>und</strong> in Rente gehen. Zum<br />

Ausgleich von damit verb<strong>und</strong>enen Rentenverlusten erhalten sie Abfindungen. Die<br />

Zusatzvereinbarung zielt auf einen frühest möglichen Rentenbeginn ab.“<br />

76


77<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Aus Sicht des Betriebsrates muss keinem einzigen Beschäftigten betriebsbedingt<br />

gekündigt werden. Durch die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> werden in den nächsten<br />

vier Jahren allein 736 Beschäftigte aus dem Betrieb ausscheiden (diese Stellen<br />

werden nicht wie<strong>der</strong> besetzt werden). Das Angebot gilt für alle Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

Jahrgänge 1940 – 1948. (Die Angehörigen des Jahrgangs 1948 werden im Laufe<br />

dieses Jahres 55 Jahre alt.) Bisher (Mai 2003) haben bereits ca. 600 Stahlwerker<br />

dieses Angebot angenommen (<strong>Altersteilzeit</strong>/Personalabbau).<br />

Ende 2002 wurde die Belegschaft über Einzelheiten <strong>der</strong> neuen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />

informiert (vgl. Weser-Kurier: „Die Älteren sollen alle gehen“, 7. Nov. 2002). Danach<br />

sollen alle 55-jährigen Stahlwerker bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen. Nach 2 ½ Jahren<br />

Arbeitsphase <strong>und</strong> 2 ½ Jahren Freistellungsphase sollen diese Stahlwerker bereits mit<br />

60 Jahren in den Ruhestand gehen.<br />

Die Beschäftigten, die mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand gehen,<br />

bekommen bis zur Vollendung ihres 74. Lebensjahres (durchschnittliche Lebenserwartung<br />

von Männern) eine Zusatzrente von 185 Euro/Monat, um die Abschläge bei<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Rente (18 %) weitgehend auszugleichen. Alternativ können sich die<br />

Beschäftigten auch die Abfindung von 22.500 Euro auf einmal auszahlen lassen (bei<br />

Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Diese Abfindungssummen wurden einheitlich<br />

für alle Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsgruppen ausgehandelt. Damit profitieren die Bezieher<br />

niedriger Renten mehr von dieser Regelung als die Bezieher hoher Renten (185<br />

Euro/Monat als relativer Anteil am gesamten Renteneinkommen betrachtet).<br />

Im Rahmen eines Sozialplanes sind die Beschäftigten aufgefor<strong>der</strong>t, das <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Angebot anzunehmen. Der Betriebsrat appelliert an die älteren Kollegen, das <strong>Altersteilzeit</strong>-Angebot<br />

für den anstehenden Personalabbau – im Sinne eines betrieblichen<br />

Generationenvertrages – freiwillig mitzutragen: „Die Älteren müssen gehen, um die<br />

Arbeitsplätze <strong>der</strong> Jüngeren für die Zukunft zu sichern!“<br />

Weitere Informationen<br />

Stahlwerke Bremen<br />

Auf den Delben 35<br />

28237 Bremen<br />

Personalabteilung<br />

Herr Pfeifer<br />

Tel.: 0421 / 648 29 26<br />

Betriebsrat<br />

Herr Ravens<br />

Tel.: 0421 / 648 26 85


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Airbus Deutschland GmbH<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> als Mittel des Personalaustausches: „Jung gegen Alt“<br />

In <strong>der</strong> Präambel <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung werden von den Betriebsvertragsparteien<br />

als Ziele <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> formuliert: „Geschäftsführung <strong>und</strong> Gesamtbetriebsrat<br />

setzen mit dieser Unternehmensregelung zur <strong>Altersteilzeit</strong> einen zeitgemäßen<br />

Weg für Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter fort, in den vorzeitigen Ruhestand einzutreten.<br />

Darüber hinaus bietet dieses Instrument Chancen, die Alters- <strong>und</strong> Qualifikationsstruktur<br />

auf die heutigen Anfor<strong>der</strong>ungen einzustellen, die Auszubildenden in feste<br />

Dauerarbeitsverhältnisse zu übernehmen <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Aufstiegschancen<br />

für Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter zu verbessern bzw. zu eröffnen.“<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Die EADS Airbus GmbH <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesamtbetriebsrat <strong>der</strong> EADS Airbus GmbH haben<br />

auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> gesetzlichen Regelungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000)<br />

<strong>und</strong> des Tarifvertrages über <strong>Altersteilzeit</strong> vom 12.07.2000 die zuvor bestehende<br />

Gesamtbetriebsvereinbarung über die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> geän<strong>der</strong>t (in<br />

Kraft seit 1.10.2000).<br />

Der Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> wurde zwischen <strong>der</strong> IG Metall, Bezirksleitung<br />

Hamburg, <strong>und</strong> den Arbeitgeberverbänden „Nordmetall“ (Hamburg), „Metall Unterweser“<br />

(Bremen) sowie „Nord-West-Metall“ (Wilhelmshaven) vereinbart (12. Juli 2000).<br />

Dieser Tarifvertrag trat mit Wirkung vom 1. Mai 2000 in Kraft (kündbar erstmals zum<br />

30. April 2003). Die neue Gesamtbetriebsvereinbarung (in Kraft seit 1. Okt. 2000)<br />

kann frühestens zum 31. Juli 2004 gekündigt werden.<br />

Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> wird den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben <strong>und</strong> in<br />

einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, vom Unternehmen angeboten. Gemäß<br />

dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft seit 1. Jan. 2000) wird<br />

in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung (in Kraft seit 1. Okt. 2000) <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />

von den Vollzeit- auf die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten erweitert: Vor<br />

Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> müssen die Beschäftigten innerhalb eines Zeitraumes von 5<br />

Jahren mindestens 1080 Kalen<strong>der</strong>tage eine „versicherungspflichtige Beschäftigung“<br />

ausgeübt haben.<br />

Als Form <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung ausschließlich das<br />

Blockmodell vorgegeben: „Die Vereinbarung regelt das Blockmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>.<br />

Im Blockmodell wird die während <strong>der</strong> vereinbarten Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu leistende<br />

Arbeitszeit vollständig im ersten Abschnitt geleistet (Arbeitsphase), <strong>und</strong> im zweiten<br />

Abschnitt wird die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses<br />

vollständig von <strong>der</strong> Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase).<br />

Mit <strong>der</strong> Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter wird ein <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

78


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Arbeitsvertrag geschlossen.“ Eine von <strong>der</strong> Verblockung abweichende Ausnahme<br />

(<strong>Teil</strong>zeitmodell) wird allenfalls im Einzelfall genehmigt.<br />

Gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung (Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel) soll <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten auf maximal fünf Prozent <strong>der</strong> Belegschaft des jeweiligen<br />

Betriebes (Standortes) begrenzt werden. Innerhalb des Betriebes (Standortes) soll<br />

zudem die Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> „möglichst ausgewogen auf<br />

die Bereiche verteilt werden“. Zeichnet sich ab, dass die Inanspruchnahme von<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> die Quote von fünf Prozent überschreiten wird, sind die Betriebsvertragsparteien<br />

des jeweiligen Betriebes dazu verpflichtet, über Auswahlkriterien zu verhandeln.<br />

Bei <strong>der</strong> Entscheidung über die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> sollen „betriebliche<br />

<strong>und</strong> soziale Belange“ gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Beschäftigten haben<br />

keinen Anspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages. Abgelehnte <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />

sollen auf Wunsch des/r Beschäftigten gemeinsam zwischen Betriebsrat,<br />

Personalleitung <strong>und</strong> Fachbereich mit dem Ziel einer „einvernehmlichen Lösung“<br />

behandelt werden.<br />

Die Phase <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> darf gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung „in <strong>der</strong> Gesamtdauer<br />

von Arbeitsphase <strong>und</strong> Freistellungsphase einen Zeitraum von zwei Jahren nicht<br />

unter- <strong>und</strong> von fünf Jahren nicht überschreiten“. Die Mindestdauer von zwei Jahren<br />

ergibt sich daraus, dass eine Altersrente wegen <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 60. Lebensjahr<br />

mindestens 24 Kalen<strong>der</strong>monate <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit voraussetzt. Obwohl zum Zeitpunkt<br />

des Abschlusses <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung die För<strong>der</strong>höchstdauer <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> vom Gesetzgeber bereits von 5 auf 6 Jahre erhöht worden war (in Kraft<br />

seit 1. Juli 2000), haben die Betriebsvertragsparteien in ihrer Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

(in Kraft seit 1. Okt. 2000) gleichwohl an <strong>der</strong> vorgängigen Begrenzung <strong>der</strong><br />

Höchstdauer von 5 Jahren für die Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrages<br />

festgehalten. (Demgegenüber sieht <strong>der</strong> zuständige Tarifvertrag (Juli 2000) eine<br />

Höchstdauer von 6 Jahren für ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis vor.)<br />

Offenbar wird das Lebensalter von 60 Jahren von den Betriebsvertragsparteien als<br />

betriebliche Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem Berufsleben definiert: Die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> beginnt frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres <strong>und</strong> darf den<br />

Zeitraum von 5 Jahren nicht überschreiten, so dass spätestens mit Vollendung des<br />

60. Lebensjahres <strong>der</strong> vorzeitige Übergang in den Ruhestand ansteht. Die Betriebsvertragsparteien<br />

gehen davon aus, „dass nach Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> das Arbeitsverhältnis<br />

beendet ist <strong>und</strong> die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter das gesetzliche Altersruhegeld<br />

nach <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nimmt.“<br />

„Sollte in Ausnahmefällen die <strong>Altersteilzeit</strong> über das 60. Lebensjahr hinaus andauern,<br />

gelten folgende maximale Laufzeiten:<br />

• Mit Vollendung des 56. Lebensjahres bis zur Vollendung des 61. Lebensjahres<br />

• Mit Vollendung des 57. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres<br />

• Mit Vollendung des 58. Lebensjahres bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres<br />

79


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Mit Vollendung des 59. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres<br />

• Mit Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres“<br />

Bei einer fünfjährigen Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses wird also das<br />

Blockmodell „55 – 57 ½ – 60“ angestrebt; bis zum vollendeten 58. Lebensjahr wird<br />

noch eine fünfjährige Laufzeit (bis zum vollendeten 63. Lebensjahr) ermöglicht,<br />

während mit vollendetem 59. bzw. 60. Lebensjahr nur noch eine drei- bzw. zweijährige<br />

Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses bis zum vollendeten 62. Lebensjahr<br />

toleriert wird. Allerdings sollte nach Aussage <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

nur in Ausnahmefällen über das 60. Lebensjahr hinaus andauern. Diese<br />

Definition <strong>der</strong> betrieblichen Altersgrenze entspricht <strong>der</strong> Sichtweise <strong>der</strong> meisten<br />

Angestellten, welche in ihrer Lebensplanung gleichfalls die „magische Zahl“ 60 als<br />

Zeitpunkt für ihren Übergang in den Ruhestand zugr<strong>und</strong>e legen.<br />

Aufstockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Leistungen<br />

Die Höhe des <strong>Altersteilzeit</strong>-Entgeltes beträgt die Hälfte des bisherigen Bruttomonatsentgeltes.<br />

Bei <strong>der</strong> Berechnung des Bruttomonatsentgeltes werden gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

(wie auch gemäß Tarifvertrag) das Urlaubs- <strong>und</strong> Weihnachtsgeld<br />

nicht berücksichtigt: „Zur Bemessungsbasis zählen nicht <strong>tarifliche</strong>s<br />

Urlaubsgeld, <strong>tarifliche</strong> Son<strong>der</strong>zahlung, AT-Jahresson<strong>der</strong>vergütung, Überst<strong>und</strong>envergütung<br />

<strong>und</strong> Pauschalvergütung von Mehrarbeit, Vermögenswirksame Leistungen<br />

gemäß Tarifvertrag, Jubiläumsgeld <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e einmalige geldliche Zuwendungen,<br />

wohl aber regelmäßige Zulagen, die bei <strong>der</strong> Berechnung des <strong>tarifliche</strong>n Urlaubs- <strong>und</strong><br />

Weihnachtsgeldes berücksichtigt werden.“<br />

Der Aufstockungsbetrag soll gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung so bemessen<br />

werden, „dass die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter mindestens 85 % des um die gesetzlichen<br />

Abzüge, die gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten Bruttomonatsentgelts erhält“.<br />

Während <strong>der</strong> zuständige Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ein monatliches Nettoentgelt<br />

von mindestens 82 Prozent vorsieht, ist also mit <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung das<br />

monatliche Nettoentgelt noch etwas – auf mindestens 85 Prozent – verbessert<br />

worden.<br />

Auch bei <strong>der</strong> Zahlung des Urlaubs- <strong>und</strong> Weihnachtsgeldes werden gegenüber den<br />

Bestimmungen des Tarifvertrages über <strong>Altersteilzeit</strong> die Airbus-Beschäftigten in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> nach Aussage des Betriebsrates bessergestellt: Während <strong>der</strong> Arbeitsphase<br />

erhalten sie – auf Basis ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttomonatsentgeltes – 85 Prozent des<br />

Weihnachtsgeldes sowie 85 Prozent des Urlaubsgeldes (also von 50 Prozent jeweils<br />

85 Prozent), während <strong>der</strong> Freistellungsphase erhalten sie noch 60 Prozent des<br />

Weihnachtsgeldes auf Basis ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttomonatsentgeltes.<br />

Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden vom Unternehmen –<br />

entsprechend zur Regelung des Tarifvertrages – während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

auf insgesamt 95 Prozent des bisherigen Bruttomonatsentgeltes aufgestockt (das<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz sieht 90 % vor). Die Bestimmung des Tarifvertrages, dass bei<br />

80


81<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente kein Ausgleich von Rentenabschlägen<br />

stattfindet, ist von den Betriebsvertragsparteien in die Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

übernommen worden.<br />

Bereits im Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ist für den Fall einer vorzeitigen Beendigung<br />

des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses – auf Wunsch des Arbeitgebers – die Zahlung<br />

einer Abfindung vereinbart worden: „Endet das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis auf<br />

Veranlassung des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor Vollendung des 63.<br />

Lebensjahres des Beschäftigten, erhält dieser für den Verlust seines Arbeitsplatzes<br />

eine Abfindung (...) nach folgen<strong>der</strong> Regelung: Die Abfindung beträgt bei einem<br />

Ausscheiden mit 60 Jahren das 3fache des bisherigen Bruttomonatsentgeltes. Sie<br />

vermin<strong>der</strong>t sich für jeden vollen Monat des Ausscheidens nach dem vollendeten 60.<br />

Lebensjahr um 1/36.“ (Tarifvertrag)<br />

Diese Abfindungsregelung ist von den Betriebsvertragsparteien des Unternehmens<br />

noch verbessert worden: „Endet das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis auf Veranlassung<br />

des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor Vollendung des 63. Lebensjahres<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiterin/des Mitarbeiters, erhält diese/dieser für den Verlust des Arbeitsplatzes<br />

eine Abfindung. Die Abfindung beträgt bei einem Ausscheiden mit 60 Jahren<br />

das Vierfache des Bruttomonatsentgeltes. Sie vermin<strong>der</strong>t sich für jeden vollen Monat<br />

des Ausscheidens nach dem vollendeten 60. Lebensjahr um 1/36.“ (Gesamtbetriebsvereinbarung)<br />

Auch hinter dieser betrieblichen Abfindungsregelung steht offenbar – wie schon bei<br />

<strong>der</strong> Bestimmung von über das 60. Lebensjahr hinausgehenden <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Arbeitsverhältnissen als „Ausnahmefälle“ – die Vorstellung <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien,<br />

dass die Beschäftigten spätestens mit vollendetem 60. Lebensjahr aus dem<br />

Betrieb ausscheiden sollten (o<strong>der</strong> zumindest in diesem Alter mit <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />

beginnen).<br />

Die Gesamtbetriebsvereinbarung von Airbus stützt sich – mit einigen betrieblichen<br />

Verbesserungen – weitgehend auf den Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>, so dass die<br />

Abfindungsregelung von Airbus beim Ausscheiden des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ mit vollendetem<br />

60. Lebensjahr (das Vierfache des Bruttomonatsentgeltes) eine gewisse<br />

„Entschädigung“ für die Rentenabschläge (18 Prozent mit 60 Jahren) darstellt. (Auf<br />

den Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke, <strong>der</strong> gleichfalls im Jahre 2000 von <strong>der</strong> IG<br />

Metall abgeschlossen worden ist, <strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Abfindungsregelung als <strong>der</strong> Tarifvertrag<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> vorsieht, wurde von Seiten des Betriebsrates nicht verwiesen.)<br />

Diese Abfindung – um ein Beispiel zu geben – gleicht keineswegs die erhebliche<br />

Rentenmin<strong>der</strong>ung (18 Prozent mit 60 Jahren) aus: Bei einem durchschnittlichen<br />

Bruttogehalt von 5000 DM/Monat würde die Abfindung insgesamt 20.000 DM<br />

betragen. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung eines männlichen Beschäftigten<br />

(75 Jahre) würde mit dem Ausscheiden des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ mit vollendetem<br />

60. Lebensjahr (15 Jahre = 180 Monate) sich eine monatliche Aufstockung <strong>der</strong><br />

Rente auf Basis <strong>der</strong> Abfindung um 111,11 DM ergeben.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ins Gewicht fällt demgegenüber die von den Betriebsexperten als „komfortabel“<br />

eingestufte Betriebsrente: Etwa 12 Prozent des Einkommens könnten im Durchschnitt<br />

als Betriebsrente kalkuliert werden. Der Berechnung <strong>der</strong> Betriebsrente liegt sowohl die<br />

Dauer <strong>der</strong> Betriebszugehörigkeit als auch die Höhe des Einkommens zugr<strong>und</strong>e. Um<br />

ein konkretes Beispiel zu geben: Ein Beschäftigter in <strong>der</strong> Lohngruppe 11, also <strong>der</strong><br />

höchsten Lohngruppe im Arbeiterbereich, mit einer 25-jährigen Betriebszugehörigkeit,<br />

würde eine Betriebsrente von 400 Mark bzw. 200 Euro erhalten. Bei <strong>der</strong> Berechnung<br />

<strong>der</strong> Betriebsrente werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten den normalen Beschäftigten<br />

gleichgestellt, d. h. sie müssen aufgr<strong>und</strong> ihrer <strong>Altersteilzeit</strong> keine Nachteile bei <strong>der</strong><br />

Betriebsrente hinnehmen.<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Airbus-Werk Bremen<br />

Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung (Mai 2002) hatten ca. 150 Airbus-Beschäftigte im<br />

Werk Bremen <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen. Die Gesamtbelegschaft<br />

umfasst ca. 3000 Beschäftigte, so dass sich ein Anteil <strong>der</strong> in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />

von fünf Prozent ergibt. Diese Quote bildet nach Ansicht <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien<br />

die angestrebte „Zielgröße“, sie kann jedoch durchaus überschritten werden:<br />

„Also, wir haben diese fünf Prozent auch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung stehen, aber wir<br />

haben sie nicht als eine maximale Obergrenze drin, son<strong>der</strong>n wir haben definiert, dass<br />

das so eine Ziellinie ist, die aber auch im Einvernehmen mit beiden Parteien überschritten<br />

werden kann, sie ist sozusagen nicht als eine absolute Mauer definiert,<br />

son<strong>der</strong>n es ist definiert, dass man da im Prinzip diese fünf Prozent halten würde.“<br />

(Betriebsrat)<br />

Nach Aussage <strong>der</strong> Personalabteilung befanden sich (Mai 2002) im Werk Bremen<br />

16,6 Prozent Anspruchsberechtigte, also Beschäftigte im Alter von 55 u. m. Jahren;<br />

3,8 Prozent <strong>der</strong> Gesamtbelegschaft befanden sich aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong>, so dass sich<br />

– auf den Personenkreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten bezogen – eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote<br />

von 23 Prozent ergibt. Diese Quote enthält nicht die Beschäftigten, die nach Abschluss<br />

ihrer <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit bereits ihre Rente beziehen.<br />

Wegen des unterschiedlichen Altersaufbaus im Produktions- <strong>und</strong> im <strong>Entwicklung</strong>sbereich<br />

ist im Fertigungsbereich (mit jüngeren Beschäftigten) eine geringe Nutzung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> festzustellen, im <strong>Entwicklung</strong>sbereich (mit älteren Beschäftigten)<br />

dagegen eine hohe Inanspruchnahme. Die Gesamtbetriebsvereinbarung hat vorgegeben,<br />

dass die Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> „möglichst ausgewogen<br />

auf die Bereiche verteilt werden (soll)“. Bei einer ungleichen Verteilung versuchen<br />

Personalleitung <strong>und</strong> Betriebsrat, durch die Bildung von Umsetzungsketten („Ringtausch“)<br />

eine gleichmäßige Verteilung <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ auf die Bereiche zu<br />

erreichen.<br />

„Das Zweite, was noch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung definiert ist, dass es in Fachbereichen<br />

nicht dazu kommen sollte, dass so eine halbe Abteilung sich auflöst, so ist das<br />

auch noch mal definiert. (...) Also, wir haben im Moment überhaupt kein Problem<br />

damit, dass es keine Anwendung mehr gäbe, weil <strong>der</strong> Arbeitgeber sagt, wir haben zu<br />

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83<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

viele <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen insgesamt. Wir hatten einmal ein einziges<br />

Problem, da hatten wir in einem Bereich eines damaligen <strong>Entwicklung</strong>sbereiches, wo<br />

ca. 100 Leute beschäftigt waren, fast 30 Prozent in <strong>Altersteilzeit</strong>. Das war ein<br />

bisschen zu viel. Da ist das gestoppt worden. Allerdings haben wir das dann wie<strong>der</strong><br />

hingekriegt, indem wir da auch ein bisschen versetzt haben, neu eingestellt haben.<br />

(...) Wir haben eigentlich die Chance, dass je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> will, hier auch irgendwie zu<br />

einem Vertrag kommt in <strong>der</strong> Regel.“ (Betriebsrat)<br />

Im Werk Bremen entfallen zwei Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten auf den „Verwaltungsbereich“<br />

(insbeson<strong>der</strong>e auf die verschiedenen <strong>Entwicklung</strong>sbereiche), lediglich ein Drittel<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten arbeitet im „Produktionsbereich“. Die Masse <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Beschäftigten, die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen, befindet sich im<br />

<strong>Entwicklung</strong>sbereich:<br />

„Die Masse <strong>der</strong> Beschäftigten ist im <strong>Entwicklung</strong>sbereich. Und das hat einfach damit<br />

zu tun, dass wir im <strong>Entwicklung</strong>sbereich eine richtig große Gruppe von Beschäftigten<br />

haben, die eben in diesem Alter waren. Und wo auch, was eigentlich unheimlich gut<br />

gepasst hat, wir mussten jetzt ja auch viele <strong>Entwicklung</strong>singenieure einstellen, <strong>und</strong><br />

insofern hat das Modell wirklich geklappt. Es sind Ältere rausgegangen, es sind neue<br />

<strong>Entwicklung</strong>singenieure dafür eingestellt worden. Also, es war wirklich das Prinzip,<br />

wie es eigentlich funktionieren soll, es gab richtig Wie<strong>der</strong>besetzung. Wir haben im<br />

Prinzip mit <strong>Altersteilzeit</strong> keinen Personalabbau gemacht. Also, ich will jetzt nicht<br />

sagen, dass alle Arbeitsplätze wie<strong>der</strong> besetzt werden, es gibt natürlich Bereiche, wo<br />

man in <strong>der</strong> Regel einen solchen Arbeitsplatz nicht mehr wie<strong>der</strong>besetzt hat, weil dieser<br />

Bereich ausstirbt.“ (Betriebsrat)<br />

In solchen Fällen dient die <strong>Altersteilzeit</strong> auch als Mittel <strong>der</strong> Umorganisation von<br />

Bereichen sowie <strong>der</strong> Personalentwicklung in einzelnen Bereichen:<br />

„Wenn man z. B. fünf Werkzeugausgaben hatte, hatte man demnächst nur noch drei,<br />

weil das wirklich nicht mehr gebraucht wird, <strong>und</strong> dann hat man den Werkzeugausgeber<br />

als Werkzeugausgeber in <strong>Altersteilzeit</strong> nicht mehr neu besetzt. Aber man hatte<br />

dann zumindest, weil die Wie<strong>der</strong>besetzer ja auch eine Ausbildung hatten, in <strong>der</strong> Regel<br />

als Fluggerätebauer, die Möglichkeit, eine Kette zu bilden. Das heißt, man hat den<br />

nach <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidenden Werkzeugausgeber dort nicht wie<strong>der</strong>besetzt, hat<br />

eine Fluggerätestelle dafür neu geschaffen <strong>und</strong> den über <strong>Altersteilzeit</strong>, also über<br />

Ringtausch besetzt. Ringtausch ist also da gemacht worden. So dass wir eigentlich<br />

sagen können, im Prinzip ist das Modell voll aufgegangen. Es hat hier de facto<br />

eigentlich keinen Personalabbau mittels <strong>Altersteilzeit</strong> gegeben, son<strong>der</strong>n es hat<br />

tatsächlich Personalaustausch gegeben: Jung gegen Alt.“ (Betriebsrat)<br />

Personalaustausch mittels <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre wurde am Standort Bremen infolge <strong>der</strong> Dolores-Konzeption <strong>der</strong><br />

damaligen DASA-Konzernleitung <strong>der</strong> Personalbestand von ca. 3500 auf ca. 2500<br />

Beschäftigte reduziert. Gegenwärtig arbeiten ca. 3000 Beschäftigte im Werk Bremen.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Der Personalabbau wurde damals über die sog. 55er-/58er-Regelungen vollzogen.<br />

Weil gleichzeitig keine Neueinstellungen von jüngeren Ingenieuren erfolgten, die<br />

älteren Ingenieure über Vorruhestandsregelungen ausschieden, verengte sich <strong>der</strong><br />

Altersaufbau im <strong>Entwicklung</strong>sbereich auf die Altersgruppen zwischen 35 <strong>und</strong> 55<br />

Jahren („gestauchte Alterspyramide“). Daraus resultierte das Problem, dass die<br />

älteren Ingenieure, die durchaus noch arbeitsfähig waren, ihr Erfahrungswissen nicht<br />

mehr an jüngere Ingenieure, die neu in den Betrieb kommen, weitergeben konnten.<br />

Damals gab es eine hohe Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen aus dem<br />

Ingenieurbereich; diese kamen in den Betrieb nicht hinein, <strong>der</strong> notwendige Wissenstransfer<br />

zwischen Jüngeren <strong>und</strong> Älteren fand im Betrieb nicht mehr statt. Damals<br />

konnte das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> noch nicht als Mittel des Personalaustausches<br />

zwischen den Generationen eingesetzt werden.<br />

Während in an<strong>der</strong>en Industriebetrieben gegenwärtig das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

genutzt wird, um sozialverträglich Personal abzubauen, befindet sich das Airbus-Werk<br />

Bremen in <strong>der</strong> glücklichen Lage, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuell günstigen Auftragslage, den<br />

Personalaufbau – unter Einsatz des Instrumentes <strong>Altersteilzeit</strong> – als Generationswechsel<br />

zu vollziehen.<br />

Der Betriebsrat äußert gleichwohl Verständnis dafür, dass an<strong>der</strong>e Industriebetriebe<br />

gegenwärtig über das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Personal „abbauen“:<br />

„So, natürlich müssen wir das sagen, wenn wir noch Dolores gehabt hätten, wie vor,<br />

ich sag mal, so acht Jahren, dann wären wir natürlich in einer ganz an<strong>der</strong>en Situation<br />

gewesen, dann kann man nicht aufbauen, <strong>und</strong> dann kann ich verstehen, dass in<br />

Betrieben, die in solchen Situationen sind, wo Personal abgebaut wird, wo keine<br />

an<strong>der</strong>en Themen als <strong>Altersteilzeit</strong> mehr da sind, auch das benutzt wird, um Personal<br />

abzubauen. Weil, wie soll man es sonst sozialverträglich machen?“ (Betriebsrat)<br />

Nach dem drastischen Personalabbau Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre konnte mit dem allmählichen<br />

Personalaufbau in den letzten Jahren das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Airbus-<br />

Werk Bremen personalpolitisch hervorragend genutzt werden, um sozusagen einen<br />

„Ringtausch“ zwischen den Generationen im Betrieb kostengünstig (Wie<strong>der</strong>besetzung)<br />

zu organisieren.<br />

„Wir haben damals im Prinzip keine Neuen gehabt, unter Dolores sind Ältere gegangen,<br />

aber keine Neuen gekommen. Und jetzt ist natürlich diese Chance gewesen, wir<br />

haben ja, auch in unserem Engineeringbereich, über 1000 Beschäftigte wie<strong>der</strong><br />

aufgebaut hier in Bremen. Und da war die <strong>Altersteilzeit</strong> ein hervorragendes Modell. Es<br />

hat hier tatsächlich Personalaustausch gegeben: Jung gegen Alt. Und damit hat eine<br />

Verjüngung <strong>der</strong> Belegschaft stattgef<strong>und</strong>en.“ (Betriebsrat)<br />

Motive <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> (Blockmodell)<br />

Nach Aussage des Betriebsrates handelt es bei dem im Werk Bremen ausschließlich<br />

praktizierten Blockmodell um ein „relativ attraktives Modell“:<br />

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85<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Und dann gibt es den Gr<strong>und</strong>, das muss man ja auch einmal sagen, es gibt ja auch<br />

Menschen, die wollen <strong>Altersteilzeit</strong> nicht in Anspruch nehmen o<strong>der</strong> Modelle, die<br />

wesentlich später greifen. Es gibt ja auch noch die Chance, wenn man so mit 59<br />

beginnt <strong>und</strong> nach zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> dann mit 61 aufhört, solche Modelle gibt<br />

es auch. Wir lassen das ja noch zu. Weil ja es auch nicht so ist, dass man hier sagen<br />

muss, unsere Arbeit ist unattraktiv. Es gibt ja auch manchmal Momente, wo sich viele<br />

Beschäftigte sagen: „Bloß raus aus <strong>der</strong> Bude.“ Das hat man zum Beispiel bei den<br />

<strong>Entwicklung</strong>singenieuren auch nicht, trotzdem haben wir da einen hohen Anteil, wo<br />

auch viele sagen: „Na gut, jetzt reicht‘s, okay“, aber es gibt nicht so eine Stimmung:<br />

„Bloß raus aus <strong>der</strong> Bude“. Als Ingenieur kann man ja auch im höheren Alter noch<br />

arbeiten. Es gibt hier auch Kollegen, die eben sagen, okay, ich arbeite länger o<strong>der</strong><br />

höre dann mit 63 o<strong>der</strong> 62 dann so auf, ohne eine Vereinbarung. Das geht ja auch!<br />

Also, das ist unterschiedlich. Und es gibt auch welche, die eben durcharbeiten. Es<br />

kommt auch immer darauf an, in welcher Situation sich je<strong>der</strong> Einzelne befindet.“<br />

(Betriebsrat)<br />

Nach Aussage des Betriebsrates nehmen die Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> eine<br />

Güterabwägung zwischen Einkommenseinbußen aufgr<strong>und</strong> des vorzeitigen Ruhestandes<br />

<strong>und</strong> den im Ruhestand angestrebten Lebenszielen vor. Das Ausmaß <strong>der</strong> Identifikation<br />

mit <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit interveniert zudem als Variable bei <strong>der</strong> Entscheidung<br />

über den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben:<br />

„Ja, ich sag mal so, es gibt alles, meiner Einschätzung nach, nur was ich von<br />

Gesprächen kenne, ich habe jetzt, wie gesagt, keine Statistiken. Statistiken sind aber<br />

auch immer so eine Sache. Ich habe so das Gefühl, dass es hier Kollegen <strong>und</strong><br />

Kolleginnen gibt, die einfach sagen: „So, ich habe ein persönliches Lebensziel. Ich<br />

habe noch etwas vor. Ich komme aus mit dem Geld.“ Und das ist ja auch immer ein<br />

wichtiger Faktor, das ist ja das an<strong>der</strong>e. Diejenigen, die in schlechten Arbeitsbedingungen<br />

sind <strong>und</strong> nicht gut verdienen, sagen sich: „Ich möchte eigentlich aufhören, aber<br />

ich kann es mir eigentlich nicht leisten, weil bei 12 Prozent Abschlag meiner Rente<br />

bleibt mir nicht genug zum Leben. Das ist für mich nicht leistbar.“ Deswegen gibt es<br />

hier alles. Wir haben hier Kollegen, die sich sagen: „So, ich habe noch etwas vor. Ich<br />

will noch die Welt kennen lernen!“, o<strong>der</strong> noch eine Reise machen, alles das, was man<br />

noch vielleicht so machen kann. Und dann gibt es noch Kollegen, die sich sagen: „Ich<br />

mag meine Arbeit. Ich weiß gar nicht so recht, was ich machen soll, wenn ich jetzt<br />

schon mit 60 zu Hause wäre.“ O<strong>der</strong> Kollegen, die noch früher zu Hause wären, mit<br />

57,5 ist ja das Frühstmögliche nach unserem Modell, die würden ja mit 55 die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> beginnen, dann zweieinhalb Jahre noch voll arbeiten, also 5-Jahres-<br />

Vertrag mit zweieinhalb Jahren Arbeit, <strong>und</strong> dann würden sie ja schon mit 57,5 zu<br />

Hause sein <strong>und</strong> dann mit 60 in Rente frühzeitig gehen mit dem vollen Abschlag.“<br />

(Betriebsrat)<br />

Im Gegensatz zu manchen Montagebereichen in <strong>der</strong> Automobilindustrie, wo häufig<br />

das Blockmodell „55 – 57 ½ - 60 Jahre“ aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> belastenden Arbeitsbedingungen<br />

(Schichtarbeit) gewählt wird, wählen die <strong>Entwicklung</strong>singenieure im Airbus-Werk


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer interessanten beruflichen Tätigkeit häufig einen späteren Anfang – <strong>und</strong><br />

häufig auch ein späteres Ende – ihrer <strong>Altersteilzeit</strong> (gemäß dem Blockmodell), wobei<br />

die magische Zahl 60 als Zielpunkt <strong>der</strong> tatsächlichen – noch nicht <strong>der</strong> rechtlichen –<br />

Beendigung <strong>der</strong> Berufstätigkeit den meisten Ingenieuren vor Augen steht.<br />

„Deswegen sage ich, die meisten Beschäftigten nehmen eher so Modelle, sag ich mal,<br />

so mit 56, 57, 58 Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Also, dieses volle Ausschöpfen, so früh<br />

wie möglich raus mit dem höchsten Abschlag, ist seltener. Aus den Gründen, wo ich<br />

so sage, die Arbeit ist hier nicht so verhasst, deswegen gibt es mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

Momente, wo man sich sagt: „Na ja, ein bisschen Abschlag, bisschen eher in „Rente“<br />

o<strong>der</strong> in Freizeit.“ Das ist eher das Gängige. Deswegen gibt es auch eine hohe Attraktivität<br />

des Modells, weil das ja auch sehr selbstbestimmt ist. Es rechnen sich das viele<br />

aus, viele kennen ja ihre Rente, man kann sich das ja darstellen lassen, <strong>und</strong> man<br />

weiß im Prinzip, wo man sich drauf einlässt. Und dann gibt es viele, die so mit 54,<br />

55 anfangen, sich zu erk<strong>und</strong>igen, <strong>und</strong> dann sagen, „für mich ist es eher so, ich<br />

mache mit 57 einen Vertrag o<strong>der</strong> mit 58, <strong>und</strong> fange dann an mit <strong>der</strong> Arbeitsphase<br />

<strong>und</strong> höre dann faktisch mit 60 auf“, dann beginnen sie mit <strong>der</strong> Ruhephase.“ (Betriebsrat)<br />

Das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist im Betrieb gemäß <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

im Prinzip ausgeschlossen. Der Betriebsrat hat von den Kollegen nicht gehört,<br />

dass ein Interessse am <strong>Teil</strong>zeitmodell bestünde: „Die meisten Leute nehmen sowieso<br />

das Blockmodell. Ich habe noch nicht einmal Nachfragen gehört nach dieser Möglichkeit,<br />

sag ich mal so, des soften Ausscheidens.“<br />

Allerdings gibt es im Betrieb eine ausgesprochene „Vollzeitkultur“. Die <strong>Teil</strong>zeitquote<br />

ist sehr gering, selbst unter den wenigen weiblichen Beschäftigten. Die männlichen<br />

Beschäftigten sind es gewohnt, voll zu arbeiten, sie haben selbst keine Erfahrung mit<br />

<strong>Teil</strong>zeitarbeit in ihrem Berufsleben gemacht <strong>und</strong> können sich daher auch nicht so<br />

recht vorstellen, <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu verrichten: „Man fällt dann so halb<br />

raus, ist nur noch halb drin.“ (Ingenieur aus dem <strong>Entwicklung</strong>sbereich)<br />

Die Einbindung in Projektarbeit macht es zudem unmöglich, als <strong>Entwicklung</strong>singenieur<br />

die <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu organisieren:<br />

„Nein, es gibt überhaupt kein Interesse daran, ich habe wirklich noch keine Beratung<br />

gehabt, wo jemand gesagt hat: „Ich würde gerne langsam hinaus gleiten.“ So, da<br />

muss man einfach bei berücksichtigen, wie Sie schon sagen, natürlich ist das so, dass<br />

es auch davon abhängt, wie sehe ich meine Arbeit. Und wenn Sie sowieso sieben<br />

St<strong>und</strong>en am Tag hier sind <strong>und</strong> einen attraktiven Job haben, dann gibt es eigentlich so<br />

ein „Gefühl“, insbeson<strong>der</strong>e im <strong>Entwicklung</strong>sbereich, zu sagen: „Ich mache jetzt nur<br />

meine 3,5 St<strong>und</strong>en am Tag o<strong>der</strong> meine drei St<strong>und</strong>en am Tag.“ Dann sind Sie in einer<br />

Situation, wo Sie einfach kaum noch was machen können, es gibt ja so ein hohes<br />

Kommunikationsniveau, wenn ich, sag ich mal, Ingenieur bin <strong>und</strong> arbeite in Projekten,<br />

wenn hier <strong>und</strong> da eine Besprechung ansteht, dann sind Sie kaum noch in <strong>der</strong><br />

Lage, da was umzusetzen.“ (Betriebsrat)<br />

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87<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge <strong>und</strong> Wahl <strong>der</strong> Lebensstrecke für die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Von den Betriebsvertragsparteien wurde ursprünglich als Regelfall des fünfjährigen<br />

Blockmodells die Lebensstrecke „55 – 57,5 – 60“ Jahre angestrebt. Tatsächlich<br />

weisen aber nur 30 von 165 bisher abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge dieses<br />

Muster auf (18 %). Die in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung definierten „Ausnahmefälle“<br />

(Festlegung von maximalen Laufzeiten für über das 60. Lebensjahr hinaus<br />

andauernden <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen) bilden jedenfalls gemäß <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Personalabteilung<br />

erstellten Statistik die Mehrheit aller <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (nur 42 von 165<br />

Personen beziehen mit 60 Jahren ihre Rente = 25 %). Offenbar werden in <strong>der</strong><br />

betrieblichen Praxis die Wünsche <strong>der</strong> Beschäftigten nach einem späteren Beginn <strong>und</strong><br />

einem späteren Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase von dem Betriebsrat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Personalabteilung<br />

angenommen.<br />

Auf unseren Wunsch hin hat die Personalabteilung eine Auswertung <strong>der</strong> im Werk<br />

Bremen abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (Stand: Mai 2003) vorgenommen, mit<br />

<strong>der</strong> die jeweilige Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (2 – 5 Jahre) in Verbindung mit<br />

<strong>der</strong> Lebensstrecke des Beschäftigten (Lebensalter bei Beginn <strong>der</strong> Arbeitsphase, bei<br />

Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase, bei Beginn des Rentenbezugs) dargestellt werden kann<br />

(vgl. Tabelle 6).<br />

Die Einschätzung des Betriebsrates, <strong>der</strong> über diese Statistik nicht verfügte, bezüglich<br />

<strong>der</strong> dominanten Wahl <strong>der</strong> „Lebensstrecke“ für die <strong>Altersteilzeit</strong>phase wird durch diese<br />

Auswertung bestätigt. Von 85 <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen mit fünfjähriger Laufzeit entfallen<br />

nur 30 Verträge auf die Lebensstrecke „55 – 57,5 – 60“ Jahre, 55 Verträge weisen<br />

einen späteren Beginn <strong>und</strong> ein späteres Ende auf, davon allein 40 die Lebensstrecke<br />

„58 – 60,5 – 63“ Jahre. Diese Beschäftigten beenden also faktisch mit ca. 60 Jahren<br />

ihre Berufstätigkeit, gleichzeitig können sie durch diese Streckung die Rentenabschläge<br />

minimieren (Rentenbezug mit vollendetem 63. Lebensjahr: Rentenabschlag = 7,2<br />

Prozent).<br />

Auch bei den Beschäftigten, die Laufzeiten von zwei bis zu vier Jahren <strong>Altersteilzeit</strong><br />

gemäß dem Blockmodell gewählt haben, überwiegt die Orientierung an einem<br />

Rentenbeginn mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren gegenüber dem frühest möglichen Rentenbeginn<br />

(mit 60 Jahren Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit). Diese Beschäftigten, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die <strong>Entwicklung</strong>singenieure, beginnen bei diesen Laufzeiten in ihrer Mehrheit erst<br />

mit 61 o<strong>der</strong> 62 Jahren mit <strong>der</strong> Freistellungsphase (54 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge). Das<br />

Interesse an <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit sowie das Kalkül eines akzeptablen Rentenabschlags,<br />

<strong>der</strong> womöglich noch durch die Betriebsrente ausgeglichen wird, mögen zu<br />

dieser Entscheidung dieser Beschäftigten beigetragen haben.


88<br />

Tabelle 6: Abgeschlossene <strong>Altersteilzeit</strong>verträge - Stand Mai 2003<br />

Laufzeit 5 Jahre Laufzeit 4 Jahre Laufzeit 3 Jahre Laufzeit 2 Jahre<br />

Anzahl<br />

Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong><br />

Verträge Arbeitsphase Freistellung<br />

Rente<br />

Arbeitsphase Freistellung Rente<br />

Arbeitsphase Freistellung Rente<br />

Arbeitsphase Freistellung Rente<br />

30 55 57,5 60<br />

9 56 58 60<br />

9 56 58,5 61<br />

3 57 58,5 60<br />

6 57 59,5 62<br />

14 58 60 62<br />

40 58 60,5 63<br />

11 59 61 63<br />

4 60 61 62<br />

12 60 61,5 63<br />

27 61 62 63<br />

165<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Weitere Informationen<br />

Airbus Deutschland GmbH<br />

Hünefeldstr. 1 – 5<br />

28199 Bremen<br />

Personalabteilung<br />

Frau Alke<br />

Tel.: 0421 / 538 25 13<br />

Betriebsrat<br />

Herr Dahnken<br />

Tel.: 0421 / 538 41 58<br />

89<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Brauerei Beck & Co, Bremen<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> ohne Grenzen: Ausstieg <strong>der</strong> Älteren – Einstieg <strong>der</strong> Jüngeren<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Die Bremer Brauer-Societät <strong>und</strong> die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben<br />

bereits auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes vom August 1996 einen Tarifvertrag<br />

zur Einführung von <strong>Altersteilzeit</strong> im März 1998 abgeschlossen (in Kraft seit 1.<br />

März 1998). Für den – im Jahre 2000 eingetretenen – Fall, dass das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />

verlängert wird, verlängert sich entsprechend dieser Tarifvertrag. Die Betriebsvertragsparteien<br />

<strong>der</strong> Brauerei Beck & Co (Bremen) haben auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieses<br />

Tarifvertrages gleichfalls im März 1998 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen<br />

(gleichfalls in Kraft seit 1. März 1998). Die Laufzeit <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung ist an<br />

die Laufzeit des Tarifvertrages geb<strong>und</strong>en.<br />

Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> wird den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine<br />

Vollzeitbeschäftigung von 1080 Kalen<strong>der</strong>tagen innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre vor<br />

Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> vorzuweisen haben, gemäß dem damaligen <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />

angeboten.<br />

Das <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis darf die Dauer von zwei Jahren nicht unter- <strong>und</strong><br />

von fünf Jahren nicht überschreiten. „Eine kürzere Laufzeit muß durch Betriebsvereinbarung<br />

vereinbart werden. Sie ist zulässig, wenn <strong>der</strong> Arbeitnehmer unmittelbar im<br />

Anschluß an das Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Altersruhegeld hat <strong>und</strong> insoweit<br />

das Altersruhegeld nach <strong>Altersteilzeit</strong> (...) nicht in Anspruch nehmen muß.“ (Tarifvertrag)<br />

Die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> soll gemäß Tarifvertrag durch Betriebsvereinbarung<br />

erfolgen. Auch die Verteilung <strong>der</strong> in <strong>Altersteilzeit</strong> zu leistenden Hälfte <strong>der</strong> bisherigen<br />

wöchentlichen Arbeitszeit soll durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Gemäß<br />

Tarifvertrag kann während des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses die Hälfte <strong>der</strong><br />

bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit so verteilt werden, „daß sie innerhalb eines<br />

Jahreszeitraumes im Durchschnitt die Hälfte <strong>der</strong> regelmäßigen wöchentlichen<br />

Arbeitszeit nicht überschreitet. Einzelheiten sind durch Betriebsvereinbarung zu<br />

regeln.“ (Tarifvertrag)<br />

Nach dem ATZ-Gesetz dürfen beim Blockmodell die beiden Zeitblöcke ohne tarifvertragliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage jeweils nicht länger als 1 ½ Jahre betragen. Die Vereinbarung von<br />

mehr als 3 Jahre umfassenden Verteilzeiträumen ist nur dann möglich, wenn ein<br />

Tarifvertrag dieses zulässt (Tarifvorbehalt). Der zwischen <strong>der</strong> Bremer Brauer-Societät<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft NGG abgeschlossene Tarifvertrag ermöglicht es den Betriebsvertragsparteien,<br />

für ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis einen Zeitraum von mehr als<br />

drei Jahren „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong> abzuschließen.<br />

90


91<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Betriebsvereinbarung ermöglicht den <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten bei <strong>der</strong> Verteilung<br />

ihrer Arbeitszeit eine Vielfalt von Optionen:<br />

„Die wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers in <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt die Hälfte<br />

<strong>der</strong> regelmäßigen Wochenarbeitzeit. Die Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit erfolgt nach zwei<br />

Modellen.<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> Arbeitsmodell 1<br />

Soweit die Arbeitszeit innerhalb eines Jahreszeitraumes im Durchschnitt die Hälfte <strong>der</strong><br />

regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreitet, kann gem. den Vorschriften<br />

des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes einzelvertraglich vereinbart werden, daß <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmer<br />

– täglich mit <strong>der</strong> hälftigen Arbeitszeit,<br />

– nur eine bestimmte Anzahl von Tagen pro Woche,<br />

– im wöchentlichen Wechsel,<br />

– im monatlichen Wechsel<br />

arbeitet.<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> Arbeitsmodell 2<br />

Es kann einzelvertraglich vereinbart werden, daß die während <strong>der</strong> Gesamtdauer des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit in einem Zeitraum bis zu 5<br />

Jahren so verteilt wird, daß diese in <strong>der</strong> ersten Hälfte des Zeitraumes in Vollzeit<br />

geleistet wird (Arbeitsphase) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer in <strong>der</strong> zweiten Hälfte von <strong>der</strong><br />

Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).“ (Betriebsvereinbarung, § 3)<br />

Aufstockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Leistungen<br />

Die Berechnung des Arbeitsentgeltes für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten wird gemäß<br />

Tarifvertrag auf Jahresbasis vorgenommen: „Die Vergütung für die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

errechnet sich auf <strong>der</strong> Basis des Entgeltes, das <strong>der</strong> Arbeitnehmer bei einer Vollzeitbeschäftigung<br />

im Kalen<strong>der</strong>jahr erzielt hätte. Einzelheiten sind durch Betriebsvereinbarung<br />

zu regeln.“ (Tarifvertrag)<br />

Gemäß Betriebsvereinbarung werden auf Jahresbasis die <strong>tarifliche</strong>n Son<strong>der</strong>zahlungen<br />

bei <strong>der</strong> Berechnung des monatlichen Arbeitsentgeltes für die <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Beschäftigten mit eingeschlossen.<br />

„Das monatliche Arbeitsentgelt errechnet sich nach Maßgabe <strong>der</strong> gemäß dieser<br />

Vereinbarung reduzierten Arbeitszeit wie folgt:<br />

Monatsentgelt x 12 + Urlaubsgeld + Jahresson<strong>der</strong>zahlung + VL<br />

12 x 2<br />

Die Vergütung ist unabhängig von dem gewählten Arbeitszeitmodell während <strong>der</strong><br />

Gesamtdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses zu zahlen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />

Wie ein Muster-<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrag des Betriebes zeigt, werden das Urlaubsgeld<br />

(etwa ein Drittel eines Monatsentgeltes) <strong>und</strong> die Jahresson<strong>der</strong>zahlung (Weihnachtsgeld<br />

= 13. Monatsentgelt) sowie die vermögenswirksamen Leistungen zusam-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

men mit dem Monatsentgelt in voller Höhe für die Berechnung des Vollzeit-<br />

Jahresentgeltes herangezogen, um anschließend das monatliche Vollzeit-Bruttoentgelt<br />

(1/12) zu ermitteln. Das monatliche <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoentgelt beträgt davon die<br />

Hälfte.<br />

Gemäß Tarifvertrag wird das <strong>Altersteilzeit</strong>-Entgelt auf 85 Prozent des bisherigen<br />

monatlichen Nettoentgeltes aufgestockt: „Während <strong>der</strong> Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses<br />

erhält <strong>der</strong> Arbeitnehmer eine Aufstockungszahlung auf die <strong>Altersteilzeit</strong>vergütung.<br />

Diese ist so zu bemessen, daß das monatliche Nettoentgelt 85 % des um<br />

die gesetzlichen Abzüge vermin<strong>der</strong>ten monatlichen Bruttovollzeitarbeitsentgelts<br />

beträgt. Höhere Aufstockungszahlungen können durch Betriebsvereinbarung geregelt<br />

werden.“ (Tarifvertrag) Diese Aufstockungszahlung (85 % des bisherigen Nettoentgelts)<br />

ist gleichfalls in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung enthalten.<br />

Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Aufstockung <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeiträge<br />

auf 90 Prozent wird gemäß Tarifvertrag <strong>und</strong> Betriebsvereinbarung sogar noch auf 95<br />

Prozent erhöht: „Neben den Sozialversicherungsbeiträgen auf die Vergütung (während<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit) entrichtet Beck & Co zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen<br />

Rentenversicherung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Beitrag für die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>vergütung <strong>und</strong> dem Beitrag, <strong>der</strong> auf 95 % des Entgelts (entfällt), das <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn seine Arbeitszeit nicht durch das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

vermin<strong>der</strong>t worden wäre, höchstens jedoch bis zur Beitragsbemessungsgrenze.“<br />

(Betriebsvereinbarung)<br />

Ein Ausgleich für Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

ist we<strong>der</strong> in dem Tarifvertrag noch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung vorgesehen.<br />

Allerdings erhalten die Beschäftigten – unabhängig von <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> – eine monatliche Betriebsrente in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Dauer ihrer<br />

Betriebszugehörigkeit (Niedrigstwert nach 10 Jahren: 75 DM, nach 20 Jahren: 130<br />

DM, nach 25 Jahren: 200 DM, Höchstwert nach 40 Jahren: 250 DM). Weiterhin<br />

werden zusätzliche Treue-Zahlungen, die die Betriebsrente monatlich noch aufstokken,<br />

vom Unternehmen den Beschäftigten ausgezahlt (z. B. nach 25 Jahren: 25 DM,<br />

nach 40 Jahren: 75 DM). Die Betriebsrente wird bereits mit Beginn <strong>der</strong> Altersrente<br />

nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gezahlt, also auch vor dem 65. Lebensjahr.<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Brauerei Beck & Co<br />

Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung (März 2002) hatten (seit März 1998) ca. 200 Beschäftigte<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen. Bezogen auf eine – in diesen vier<br />

Jahren relativ konstant bleibende – Gesamtbelegschaft von ca. 1450 Beschäftigten<br />

ergibt sich somit eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote von r<strong>und</strong> 14 Prozent. Der Tarifvertrag enthält<br />

keine allgemeine Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel – auch keine Anspruchseinschränkungen<br />

nach Jahrgängen <strong>der</strong> älteren Beschäftigten.<br />

Obwohl kein Rechtsanspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> im Tarifvertrag<br />

besteht, werden in <strong>der</strong> betrieblichen Praxis <strong>der</strong> Brauerei die Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong><br />

92


93<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

umfassend genehmigt. Der Gr<strong>und</strong>satz des Unternehmens besteht darin, „freiwillige<br />

Entscheidungen“ <strong>der</strong> Beschäftigten zu akzeptieren <strong>und</strong> „individuelle Lösungen“ zu<br />

ermöglichen (Leiter Personalmanagement). Auch im „Gr<strong>und</strong>satz“ <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />

wird das Moment <strong>der</strong> „Freiwilligkeit“ in <strong>der</strong> gegenseitigen Vereinbarung<br />

hervorgehoben: „Aufgr<strong>und</strong> dieser Betriebsvereinbarung kann zwischen Beck & Co <strong>und</strong><br />

dem Arbeitnehmer eine freiwillige Vereinbarung über ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />

nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Einführung von <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> in dieser<br />

Betriebsvereinbarung genannten Rahmenbedingungen geschlossen werden.“<br />

Obwohl die Betriebsvereinbarung vielfältige <strong>Teil</strong>zeitmodelle (auf täglicher, wöchentlicher,<br />

monatlicher Ebene) ermöglicht (Arbeitsmodell 1), wird im Betrieb nahezu<br />

ausschließlich das Blockmodell (mit Laufzeiten zwischen 2 <strong>und</strong> 5 Jahren) praktiziert<br />

(Arbeitsmodell 2). Die Wahl des Blockmodells ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Organisation<br />

von Schichtarbeit wie auch <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Belegschaft zu sehen. Der Frauenanteil<br />

beträgt ca. 10 Prozent; die weiblichen Beschäftigten arbeiten vorwiegend im<br />

Verwaltungsbereich. Von 1450 Beschäftigten sind ca. 900 Gewerbliche (62 %), ca.<br />

550 sind Angestellte (38 %). In <strong>der</strong> Brauerei wird weitgehend im traditionellen Drei-<br />

Schicht-System (6 – 14 Uhr, 14 – 22 Uhr, 22 – 6 Uhr) gearbeitet – mit <strong>der</strong> Abfolge<br />

für die Beschäftigten: Nacht-, Spät-, Frühschicht im wöchentlichen Wechsel. In<br />

einigen Bereichen gibt es auch ein Zwei-Schicht-System.<br />

Das <strong>Teil</strong>zeitmodell wird nur vereinzelt gewählt, nahezu alle Beschäftigten <strong>der</strong> Brauerei<br />

entscheiden sich für das Blockmodell:<br />

„Wir haben, muss ich überlegen, eins, zwei, drei, wo ich Ihnen jetzt definitiv sagen<br />

kann, die haben nicht das Blockmodell gewählt. Also von den 200 wählen alle das<br />

Blockmodell. (...) Wir hatten hier zwei Tischler, da hat <strong>der</strong> eine gesagt: „Ich arbeite<br />

einen Monat.“, <strong>und</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hat gesagt: „Dann arbeite ich den Monat, wo du nicht<br />

da bist.“. Und dann hatten wir einen, <strong>der</strong> hat das, glaube ich, im Wochenwechsel<br />

gemacht. Aber das sind die Drei, die mir jetzt einfallen. Alle an<strong>der</strong>en habe diese<br />

Blockmodelle gewählt zwischen 24 <strong>und</strong> 60 Monaten.<br />

(Gründe für die Wahl des Blockmodells?) Das geht von den Beschäftigten aus. Ja.<br />

Das geht von den Beschäftigten aus, die dann einfach sagen: „OK, jetzt habe ich noch<br />

2 ½ Jahre, <strong>und</strong> dann bereite ich mich 2 ½ Jahre auf das Rentnerdasein vor, indem<br />

ich schon zu Hause bin, nehme aber immer noch an Betriebsversammlungen teil, bin<br />

hier im Betrieb noch integriert.“ Wir kriegen ja auch hier unseren Freitrunk, die<br />

kommen denn auch mal in unseren Mitarbeitershop. Das heißt also, die ziehen sich<br />

langsam zurück, in <strong>der</strong> Freistellungsphase. Es gibt welche, die sagen: „Ich komme gar<br />

nicht mehr.“, <strong>und</strong> manche, die turnen dann noch hier herum, die sind immer noch<br />

Mitarbeiter, dürfen sich auch auf dem Gelände bewegen. Das bedeutet, die können<br />

hier Mittagessen gehen, auch mal mit den Kollegen schnacken, welche kommen<br />

überhaupt nicht mehr, die sehen Sie dann nicht mehr. Die sehe ich dann in 2 ½<br />

Jahren wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Rentenantragstellung. Aber beim Blockmodell sagen die<br />

meisten: „Dann weiß ich, was hier ist, ich habe dann noch 2 ½ Jahre hier zu<br />

arbeiten, <strong>und</strong> ab da bleibe ich dann zu Hause. Habe dann immer noch das Gehalt


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

aus <strong>der</strong> Berechnung des Unternehmens, <strong>und</strong> dann habe ich mich fünf Jahre darauf<br />

eingestellt, weil die Rente ist ja im Vorfeld auch schon pi mal Daumen besprochen<br />

worden.“<br />

(Gründe für Ablehnung des <strong>Teil</strong>zeitmodells?) Die Gründe dafür, dass sie sagen: „Es ist<br />

ein Blödsinn, dass ich hier die nächsten fünf Jahre noch im Unternehmen rumturne,<br />

wenn ich das Modell wähle, ein Monat arbeiten, ein Monat zu Hause bleiben. Ich<br />

weiß, dass ich jetzt hier 40 Jahre gearbeitet habe, wähle noch die letzten 2 ½ Jahre<br />

als Arbeitszeit, <strong>und</strong> dann mache ich einen Schnitt. Dann will ich den Rest auch zu<br />

Hause bleiben. Ich will also nicht vom 60sten, 62sten Lebensjahr ab noch im<br />

Unternehmen verbringen, auch wenn ich im wöchentlichen Wechsel das mache,<br />

son<strong>der</strong>n ich möchte dann schon sagen: „Jawohl, mit 62 ½ Jahren verlasse ich den<br />

Betrieb“, das ist so ein psychologischer Gr<strong>und</strong> bei den meisten, die dann sagen: „Mit<br />

62 bin ich raus.“, „Mit 60 bin ich raus.“, <strong>und</strong> nicht: „Mit 65 bin ich noch da.“ Die<br />

wollen einen Schnitt machen.“ (Betriebsrat)<br />

Das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Beschäftigten liegt bei ca. 40 Jahren. Etwa 300 Beschäftigten<br />

(ca. 21 %) befinden sich im Alter von über 50 Jahren. Bedenkt man, dass ca.<br />

200 Beschäftigte (ca. 14 %) bereits <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen<br />

haben, die zumindest das Alter von 55 Jahren bei Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> haben<br />

müssen, so lässt sich <strong>der</strong> Schluss ziehen, dass die Anspruchsberechtigten umfassend<br />

von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen. (Den Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter <strong>der</strong><br />

Anspruchsberechtigten – 55 <strong>und</strong> mehr Jahre – konnten wir lei<strong>der</strong> nicht ermitteln.)<br />

„Es gibt einige wenige, die es nicht machen. Wir haben ja auch in die Vereinbarung<br />

hinein geschrieben, dass es auf freiwilliger Basis ist. Das Unternehmen macht eine<br />

freiwillige Vereinbarung mit dem Mitarbeiter, damit haben wir bezwecken wollen,<br />

dass nicht das Unternehmen kommt <strong>und</strong> sagt dem 60-Jährigen, dem bieten wir nun<br />

eine <strong>Altersteilzeit</strong> an, <strong>und</strong> er muss sie dann machen. Wir haben jetzt hier noch sehr<br />

wenige, die das eigentlich noch in Anspruch nehmen können.“ (Betriebsrat)<br />

„Also, wir haben das auf freiwilliger Basis gestellt. Es gibt auch diese Quotierung<br />

nicht. Ich habe es in diesen vier Jahren, März 98 haben wir damit begonnen mit <strong>der</strong><br />

Vereinbarung, habe ich es nicht erlebt, dass einer <strong>Altersteilzeit</strong> machen möchte <strong>und</strong><br />

diese <strong>Altersteilzeit</strong> abgelehnt bekommt. Ich habe auch schon vielfach mitbekommen,<br />

dass Kollegen, die angesprochen worden sind auf <strong>Altersteilzeit</strong>, die sagen: „Das<br />

mache ich nicht.“ Daher die Freiwilligkeit, dass das Unternehmen nicht sagen kann:<br />

„Komm, du bist jetzt in dem Alter, du musst.“ Es gibt keinen Druck von <strong>der</strong> Betriebsleitung<br />

auf ältere Kollegen, in <strong>Altersteilzeit</strong> zu gehen.“ (Betriebsrat)<br />

Nach Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (März 1998) stellte sich den älteren Jahrgängen,<br />

die noch unter die Vertrauensschutzregelung fielen, das Problem <strong>der</strong> Rentenabschläge<br />

bei vorzeitigem Ruhestand noch nicht:<br />

„Das haben wir auch damals, als wir ’98 anfingen, gar nicht mit berücksichtigt. Weil,<br />

es waren ja die Leute, die hier die Vertrauensschutzregelung hatten: über 45 Jahre<br />

Pflichtbeiträge, die mit 60 ohne Abschläge in Rente gegangen sind. Ich sag mal, ’98<br />

94


95<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

haben sie uns damit überfallen. Die Leute haben uns überfallen <strong>und</strong> haben gesagt:<br />

„Jawohl, nach diesem System, das hätte ich gerne.“ Jetzt kommt es nach <strong>und</strong> nach<br />

so, dass die Kollegen sagen: „Mensch, da habe ich ja Abschläge in <strong>der</strong> Rente.“ Aber<br />

ich sagte ja eingangs, das ist auf freiwilliger Basis, <strong>und</strong> <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> dann diese<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> machen möchte, dem können wir auch gleich errechnen, wie viel<br />

Abschläge er in Rente hat. Und dann kann er sagen: „Jawohl, mache ich.“ O<strong>der</strong> aber,<br />

wir haben ja die Höchstlaufzeit von 60 Monaten, da könnte er rein theoretisch auch<br />

sagen: „Ich fange mit 60 einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag an, <strong>der</strong> endet dann eben mit 65,<br />

<strong>und</strong> ich habe keine Abschläge.“ Aber wir sagen auch, wenn ein 55-Jähriger zu uns<br />

kommt <strong>und</strong> sagt: „Ich möchte das!“, dann sagen wir dem aber auch: „Dann hast du<br />

18 Prozent Abschläge in Rente.“ Und dann ist es für ihn die Frage: Mach ich es, lass<br />

ich es bleiben, o<strong>der</strong> ich komme im nächsten Jahr noch mal. Daher die Freiwilligkeit.“<br />

(Betriebsrat)<br />

Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenabschläge von den jüngeren Jahrgängen<br />

gemäß ihrem jeweiligen Lebensalter „zögerlicher“ genutzt – <strong>der</strong> Beginn erfolgt in<br />

einem höheren Lebensalter: „Da sind die in <strong>der</strong> Tat zögerlicher. Die dann sagen, ich<br />

schieb den Beginn bis zum 57sten, 58sten, 59sten, den Beginn, um das weiter bis<br />

zu 65 Jahren zu schieben, um die Rentenabschläge noch zu minimieren, auf 7,2<br />

Prozent zum Beispiel mit 63 Jahren. Das ist das Hauptmotiv für den späteren Beginn,<br />

das Hauptmotiv sind die Abschläge in <strong>der</strong> Rente.“ (Betriebsrat)<br />

Die Personalabteilung hat uns für die abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge eine nach<br />

Geburtsjahrgängen geglie<strong>der</strong>te Liste (Stand: Mai 2003) zur Verfügung gestellt, in <strong>der</strong><br />

pro Einzelvertrag (ohne Namensnennung) die Daten für Beginn <strong>und</strong> Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

(incl. Ende <strong>der</strong> Arbeitsphase gemäß Bockmodell) enthalten sind. Auf dieser<br />

Basis konnten wir für die einzelnen Geburtsjahrgänge (keine Nennung des Geburtsmonats<br />

in <strong>der</strong> Liste) das Lebensalter kalkulieren, in dem die Beschäftigten jeweils die<br />

Arbeitsphase <strong>und</strong> die Freistellungsphase sowie den Rentenbezug beginnen – jeweils in<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> jeweiligen Laufzeit ihres <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages.<br />

Die statistische Auswertung lässt eine Systematik in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

durch die Geburtsjahrgänge 1937 – 1945 erkennen, die zum einen durch die<br />

verän<strong>der</strong>ten Rahmenbedingungen (Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit), zum an<strong>der</strong>n durch die – betrieblich <strong>und</strong> gesellschaftlich geprägten<br />

– Vorstellungen über den „richtigen“ Zeitpunkt für das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben<br />

bestimmt sind.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abbildung 5: Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Verbindung mit dem Lebensalter<br />

(Brauerei Beck & Co)<br />

Laufzeit 2 Jahre Laufzeit 3 Jahre Laufzeit 4 Jahre Laufzeit 5 Jahre<br />

Alter bei Beginn Alter bei Beginn Alter bei Beginn Alter bei Beginn<br />

ArbeitsphaseFreistellung<br />

Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />

Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />

Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />

Rente<br />

Jahrgang<br />

1937<br />

(16 Fälle) 61<br />

13 Fälle<br />

62 63 61<br />

1 Fall<br />

62,5 64 61<br />

2 Fälle<br />

63 65 – – –<br />

Jahrgang<br />

1938<br />

(21 Fälle) 60<br />

16 Fälle<br />

61 62 60<br />

5 Fälle<br />

61,5 63 – – – – – –<br />

Jahrgang<br />

1939<br />

(25 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1940<br />

(40 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1941<br />

(25 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1942<br />

(32 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1943<br />

(16 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1944<br />

(23 Fälle)<br />

Jahrgang<br />

1945<br />

(14 Fälle)<br />

59<br />

60<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

58<br />

59<br />

58<br />

59<br />

12 Fälle 9 Fälle 4 Fälle<br />

60 61 59 60,5 62 59 61 63 – – –<br />

61 62 60 61,5 63<br />

62 63,5 65<br />

26 Fälle 10 Fälle 4 Fälle<br />

59<br />

60<br />

61<br />

62<br />

60<br />

61<br />

62<br />

63<br />

58<br />

59<br />

59,5<br />

60,5<br />

61<br />

62<br />

96<br />

58<br />

59<br />

61<br />

60<br />

61<br />

63<br />

62<br />

63<br />

65<br />

– – –<br />

4 Fälle 12 Fälle 6 Fälle 3 Fälle<br />

59 60 57 58,5 60 57 59 61 57 59,5 62<br />

60 61 58,5 60 61,5 58 60 62<br />

60 61,5 63 59 60 61<br />

60 62 64<br />

61 63 65<br />

2 Fälle 3 Fälle 9 Fälle 18 Fälle<br />

59<br />

60<br />

60<br />

61<br />

57<br />

60<br />

58,5<br />

61,5<br />

60<br />

63<br />

56<br />

58<br />

59<br />

60<br />

58<br />

60<br />

61<br />

62<br />

60<br />

62<br />

63<br />

64<br />

56<br />

57<br />

58<br />

59<br />

60<br />

58,5<br />

59,5<br />

60,5<br />

61,5<br />

62,5<br />

1 Fall 3 Fälle 2 Fälle 10 Fälle<br />

56 57 58 55<br />

57<br />

60<br />

56,5<br />

58,5<br />

61,5<br />

58<br />

60<br />

63<br />

56<br />

59<br />

– – – – – – 56<br />

58<br />

– – – – – – 56<br />

57<br />

58<br />

61<br />

60<br />

63<br />

55<br />

56<br />

57<br />

58<br />

60<br />

57,5<br />

58,5<br />

59,5<br />

60,5<br />

62,5<br />

6 Fälle 17 Fälle<br />

58<br />

60<br />

60<br />

62<br />

55<br />

56<br />

57<br />

58<br />

57,5<br />

58,5<br />

59,5<br />

60,5<br />

3 Fälle 11 Fälle<br />

212 74 43 36 59<br />

Die Schwerpunkte <strong>der</strong> Phasen in den Fel<strong>der</strong>n sind unterstrichen.<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

55<br />

56<br />

57<br />

58<br />

57,5<br />

58,5<br />

59,5<br />

60,5<br />

61<br />

62<br />

63<br />

64<br />

65<br />

60<br />

61<br />

62<br />

63<br />

65<br />

60<br />

61<br />

62<br />

63<br />

60<br />

61<br />

62<br />

63


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Jahrgänge 1937 <strong>und</strong> 1938 haben nach Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Betrieb<br />

(1. März 1998) als ältere Beschäftigte die Chance ergriffen, mehrheitlich die minimale<br />

Laufzeit von zwei Jahren zu wählen, um mit 61 o<strong>der</strong> 62 Jahren das Arbeitsleben<br />

beenden zu können (Rentenbezug mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren).<br />

„Der Regelfall ist in den letzten zwei, drei Jahren fünf Jahre Laufzeit. Als wir damit<br />

begonnen hatten, war <strong>der</strong> Regelfall zwei Jahre Laufzeit. Da gab es eben noch diese<br />

Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen, die noch eine Vertrauensschutzregelung hatten. Das<br />

heißt, einer <strong>der</strong> ´98 58 war, hat natürlich einen 2-Jahres-Zeitraum gewählt, klar, um<br />

schnell zu gehen, man hat die Abschläge damals nicht gehabt. Aber heute haben Sie<br />

sehr viele, die fünf Jahre wählen, o<strong>der</strong> die meisten eigentlich, die wollen fünf Jahre<br />

machen.“ (Betriebsrat)<br />

Bezogen auf die Lebensstrecke, die die Beschäftigten sich für die 5-jährige verblockte<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> aussuchen, „dominiert das Cluster 58 bis 63 Jahre“ (Leiter Personalmanagement)<br />

– mit <strong>der</strong> Absicht, mit ca. 60 Lebensjahren den „Abschied vom Arbeitsleben“<br />

zu nehmen, sowie mit dem Kalkül, die Rentenabschläge zu minimieren (7,2 %<br />

mit vollendetem 63. Lebensjahr).<br />

Beim Jahrgang 1939 überwiegt bei den <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen gleichfalls die magische<br />

Zahl „60“ als Zeitpunkt des tatsächlichen (nicht: rechtlichen) Ausscheidens aus<br />

dem Betrieb. Bei diesem Jahrgang treten neben <strong>der</strong> zweijährigen Laufzeit zunehmend<br />

dreijährige Laufzeiten auf, mit denen <strong>der</strong> Rentenbeginn auf 62 – 63 Jahre gelegt wird<br />

(Einsetzen <strong>der</strong> Rentenabschläge/Beschäftigte ohne Vertrauensschutz).<br />

Beim Jahrgang 1940 dominieren gleichfalls noch zweijährige Laufzeiten gegenüber<br />

den dreijährigen Laufzeiten – mit dem Schwerpunkt von 59 <strong>und</strong> 60 Lebensjahren für<br />

das tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb. Damit hat sich das Durchschnittsalter,<br />

in dem die Beschäftigten ihr Arbeitsleben tatsächlich beenden, vom Jahrgang<br />

1937 bis zum Jahrgang 1940 von 62 bis zu 59 Jahren kontinuierlich abgesenkt. Die<br />

hohe Anzahl <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge im Jahrgang 1940 (40 Fälle) könnte dadurch<br />

sich erklären, dass die Beschäftigten mit Vertrauensschutz noch keine Rentenabschläge<br />

hinnehmen mussten (Versicherte <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge vor 1942, mindestens<br />

45 Jahre Pflichtbeiträge).<br />

Beim Jahrgang 1941 dominieren drei- <strong>und</strong> vierjährige Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />

– wie<strong>der</strong>um mit dem Schwerpunkt von 60 Lebensjahren für das tatsächliche<br />

Ausscheiden aus dem Betrieb. Gleichzeitig wird erkennbar, dass zunehmend mehr<br />

Beschäftigte ohne Vertrauensschutz – aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenabschläge bei vorzeitiger<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> Rente – den Zeitpunkt des Rentenbeginns „nach hinten“<br />

verlegen (62 bzw. 63 Jahre).<br />

Bei den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 kommen zwei- <strong>und</strong> dreijährige Laufzeiten <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>verträge kaum noch vor, es dominieren nunmehr vier- <strong>und</strong> fünfjährige<br />

Laufzeiten. Die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

„ohne Vertrauensschutz“ ist nunmehr (Jahrgang 1937 – Jahrgang 1941) voll „durchgereicht“.<br />

Ab Jahrgang 1942 müssen die Beschäftigten 18 Prozent dauerhafte<br />

97


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Rentenmin<strong>der</strong>ung hinnehmen, wenn sie mit 60 Lebensjahren die Rente vorzeitig in<br />

Anspruch nehmen. Damit wird gegenüber <strong>der</strong> vierjährigen zunehmend die fünfjährige<br />

Laufzeit von den Beschäftigten gewählt, beim Jahrgang 1943 schon wesentlich<br />

häufiger als beim Jahrgang 1942, um eine Streckung des Rentenbeginns bis zum<br />

vollendeten 63. Lebensjahr zu erreichen (7,2 % Rentenabschläge). Bei <strong>der</strong> 5-jährigen<br />

Laufzeit entfällt bei den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 jeweils exakt die Hälfte dieser<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>verträge auf die Lebensstrecke „58 – 60,5 – 63“ Jahre (Blockmodell).<br />

Bei den Jahrgängen 1944 <strong>und</strong> 1945 kommen zwei- <strong>und</strong> dreijährige Laufzeiten <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>verträge überhaupt nicht mehr vor; weiterhin überwiegen – wie schon bei<br />

den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 – die fünfjährigen deutlich gegenüber den vierjährigen<br />

Laufzeiten. In Verbindung mit dem Lebensalter dominiert bei <strong>der</strong> fünfjährigen<br />

Laufzeit die Lebensstrecke „57 – 59,5 – 62“ bzw. „58 – 60,5 – 63“ Jahre. Bei den<br />

Jahrgängen 1946 <strong>und</strong> 1947 lagen nur noch fünfjährige Laufzeiten vor (zusammen 12<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>verträge).<br />

Die magische Zahl „60“ hat sich offenbar bei den Beschäftigten als Zielpunkt ihres<br />

tatsächlichen „Abschieds vom Arbeitsleben“ etabliert. Die Streckung <strong>der</strong> Laufzeit des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages auf das (gemäß Tarifvertrag <strong>und</strong> Betriebsvereinbarung) zulässige<br />

Maximum von fünf Jahren ermöglicht es den Beschäftigten, die dauerhaften Rentenabschläge<br />

in noch vertretbaren Grenzen zu halten (Rentenbezug mit vollendetem 62.<br />

Lebensjahr (10,8 %) bzw. mit vollendetem 63. Lebensjahr (7,2 %). Der Anteil <strong>der</strong><br />

Betriebsrente am zu erwartenden Renteneinkommen dürfte bei einer langen Betriebszugehörigkeit<br />

<strong>der</strong> Brauerei-Beschäftigten diese Abschläge bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rente<br />

in etwa ausgleichen.<br />

Zusammenfassung<br />

Die hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Brauerei Beck & Co (Bremen) ist auch auf<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> eines relativ hohen Gehaltsniveaus zu sehen. Der Ecklohn (Lohngruppe<br />

4) eines Facharbeiters liegt bei 2500 Euro (Leiter Personalmanagement).<br />

„Die 100-Prozent-Gruppe, da sind also alle drinne, die weiter ausgebildet worden<br />

sind, bzw. die die ungelernt sind, die ist bei 4750 Mark Gr<strong>und</strong>lohn. Das Ende <strong>der</strong><br />

Fahnenstange ist im gewerblichen Bereich bei 5600 Mark. Das ist <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lohn,<br />

dazu kommen dann noch diese 25 Prozent Zulagen für Schichtarbeit.“ (Betriebsrat)<br />

Das relativ hohe Gehaltsniveau, die im höheren Lebensalter belastende Schichtarbeit,<br />

die vom Betrieb praktizierte „Freiwilligkeit“ <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> –<br />

wie auch <strong>der</strong> Verzicht des Betriebes auf eine Quotenregelung – führen zu einer<br />

umfassenden Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Brauerei-Beschäftigten<br />

(95 % <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge gemäß Aussage des Leiters Personalmanagement).<br />

„Sie müssen davon ausgehen, dieses <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz ist ja eine schöne Sache,<br />

wenn man das erstens auf freiwillige Füße stellt, wenn es zweitens keine Quotierung<br />

gibt. Und diese ganzen Dinge, <strong>Altersteilzeit</strong> zu machen, das können sich nur die<br />

großen Firmen leisten, also die Firma kann es sich leisten. Und dann müssen Sie sich<br />

98


99<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

mal das Gehaltsniveau angucken. VW, Beck’s, Mercedes, große Betriebe, die können<br />

sich das leisten, die haben auch ein hohes Gehaltsniveau. Jetzt gehe ich mal in den<br />

Einzelhandel <strong>und</strong> sage, eine Verkäuferin mit 3200 Mark, die sollte <strong>Altersteilzeit</strong><br />

machen, selbst mit den Werten, die wir haben, 85 Prozent, die kann sich das nicht<br />

leisten. Wenn Sie dann auch noch einen Tarifvertrag über die betriebliche Altersvorsorge<br />

haben, wo die betriebliche Altersvorsorge erst mit 65 ausgezahlt wird, dann<br />

kann es doch für die schon gar nicht möglich sein, in <strong>Altersteilzeit</strong> zu kommen,<br />

während das hier relativ problemlos ist. Hier muss man nicht bis 65 warten, bis die<br />

Betriebsrente ausgezahlt wird, hier wird die Betriebsrente fällig, sobald es eine<br />

gesetzliche Rente gibt, also schon mit 60 wird die Betriebsrente einsetzen, wenn<br />

einer mit 58 anfängt, zwei Jahre <strong>Altersteilzeit</strong> zu machen, <strong>und</strong> dann mit 60 die<br />

Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> bezieht.“ (Betriebsrat)<br />

Aus beschäftigungspolitischer Sicht ist hervorzuheben, dass <strong>der</strong> Betrieb die Stellen <strong>der</strong><br />

über <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidenden Mitarbeiter umfassend wie<strong>der</strong> besetzt (sowohl mit<br />

Arbeitslosen als auch mit Ausgebildeten). Der Betrieb hat eine Ausbildungsquote von<br />

6 Prozent (Facharbeiter/Fachangestellte). Die vom Betrieb Ausgebildeten werden vom<br />

Betrieb weitgehend übernommen (Erstattung <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>Altersteilzeit</strong>leistungen<br />

durch das Arbeitsamt im Falle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung).<br />

„Ja, als wir ´98 damit angefangen hatten, da hatten wir ja diese 1440 Mitarbeiter<br />

noch, <strong>und</strong> die haben wir heute auch. Das heißt, diese 200 Leute sind ersetzt worden,<br />

selbstverständlich dann aber auch durch die Jüngeren. Hier wird <strong>Altersteilzeit</strong> nicht<br />

für Personalabbau benutzt. Wir hatten hier, als wir damit begonnen hatten, im März<br />

98, wohl so 1440 Mitarbeiter, die haben wir heute auch. Das heißt, die 200, die,<br />

wenn Sie so wollen, nicht mehr im Betrieb sind, bzw. die jetzt nicht mehr in <strong>der</strong><br />

aktiven Phase sind, die sind ersetzt worden. Da hat sich nichts an <strong>der</strong> Gesamtzahl<br />

geän<strong>der</strong>t. Es mussten Neueinstellungen vorgenommen werden.“ (Betriebsrat)<br />

Weitere Informationen<br />

Brauerei Beck & Co<br />

Am Deich 18/19<br />

28199 Bremen<br />

Personalabteilung<br />

Herr Mailand<br />

Tel.: 0421 / 50 94 43 06<br />

Betriebsrat<br />

Herr Beneke<br />

Tel.: 0421 / 50 94 48 18


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

<strong>Teil</strong> III<br />

Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst des Landes Bremen<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Rahmenbedingungen<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen<br />

Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung<br />

100


Öffentlicher Dienst des Landes Bremen<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

101<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Im öffentlichen Dienst besaßen die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen mit dem „Tarifvertrag<br />

zur Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ bereits ab dem 1. Mai 1998 Anspruch auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Dieser Tarifvertrag enthielt sogar einen individuellen Rechtsanspruch<br />

auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Eine Anspruchseinschränkung<br />

bestand darin, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber die <strong>Altersteilzeit</strong> verweigern konnte, „wenn<br />

dringende dienstliche o<strong>der</strong> betriebliche Gründe dagegen stehen“. Die Arbeitnehmer/innen<br />

hatten die üblichen Voraussetzungen zu erfüllen: Sie mussten das 55.<br />

Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren zurückgelegt haben,<br />

weiterhin mussten sie in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />

gewesen sein. Das individuelle Nettoarbeitsentgelt muss zusammen mit<br />

<strong>der</strong> steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfreien Aufstockungsleistung den Mindestnettobetrag<br />

von 83 Prozent des bisherigen Vollzeit-Nettoarbeitsentgeltes erreichen. Die<br />

Beiträge des Arbeitgebers an die Rentenversicherung werden gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Regelung auf 90 Prozent des Vollzeitarbeitsentgeltes angehoben. Die teilweise<br />

Kompensation für Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug fällt dagegen äußerst<br />

gering aus: Gemäß Tarifvertrag ATZ (Mai 1998) erhält ein/e Beschäftigte/r im<br />

öffentlichen Dienst für je 0,3 Prozent Rentenabschlag eine Abfindung von 5 Prozent<br />

des Entgelts im letzten Monat vor Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Diese geringe Kompensation<br />

von Rentenabschlägen ist im neuen Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV<br />

erhalten geblieben (Jahr 2000).<br />

Im Gegensatz zu vielen Tarifverträgen von Industriegewerkschaften, die ausschließlich<br />

das Blockmodell vorgeben, zeichnet sich <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV (Mai<br />

1998) bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit dadurch aus, dass während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

alle Formen <strong>der</strong> Verteilung möglich sind. Außer dem tariflich geregelten<br />

langfristigen Blockmodell (maximale Dauer: bis zu zehn Jahren) können die Arbeitnehmer/innen<br />

auch an<strong>der</strong>e, den Vorschriften des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes entsprechende<br />

Gestaltungsformen wählen: Neben <strong>der</strong> traditionellen „Halbtagsbeschäftigung“ kann<br />

auch ein variables „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ gewählt werden, bei dem im täglichen, wöchentlichen,<br />

monatlichen o<strong>der</strong> jährlichen Rhythmus Arbeit <strong>und</strong> Freizeit einan<strong>der</strong> abwechseln.<br />

Diese Wahlmöglichkeit ist im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />

2000 erhalten geblieben.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung ist hervorzuheben, dass es den Gewerkschaften<br />

des öffentlichen Dienstes (ÖTV, DAG, usw.) in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 gelang, die<br />

Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> zügig aufzunehmen.<br />

Während die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten gemäß dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 1. Januar 2000 einen gesetzlichen Anspruch auf Altersteil-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

zeit haben, haben gemäß Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />

des öffentlichen Dienstes ab dem 1. Juli 2000 erstmals einen <strong>tarifliche</strong>n Anspruch auf<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>. Die Laufzeit des Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist im öffentlichen Dienst<br />

– im Gegensatz zu den Tarifverträgen in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft – unbefristet. Die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> kann weiterhin auf bis zu zehn Jahre verteilt werden. Die För<strong>der</strong>höchstdauer<br />

ist mit dem 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft ab 1. Juli<br />

2000) von fünf auf sechs Jahre – <strong>und</strong> die Mindestnachbesetzungsdauer gleichfalls um<br />

ein Jahr von drei auf vier Jahre – erhöht worden. Selbst wenn keine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit über diesen Zeitraum hinweg erfolgt, haben die Arbeitnehmer/innen<br />

Anspruch auf die tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsbeträge für die<br />

gesamte Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses. Das <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis<br />

muss für die Dauer von mindestens zwei Jahren vereinbart werden, um den<br />

Anspruch auf die „Rente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit 60<br />

Jahren zu erwerben. Nach dem Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> ist es ansonsten aber auch<br />

möglich, eine kürzere Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu vereinbaren. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes (in Kraft ab 1. Juli 2000) vom<br />

31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009 muss demnach gemäß <strong>der</strong> aktuellen<br />

Gesetzeslage ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis noch vor dem 1. Januar 2010<br />

beginnen. Damit wird den Beschäftigten <strong>und</strong> den Dienstvertragsparteien ein weiter<br />

Planungshorizont für die individuelle <strong>und</strong> betriebliche Personalentwicklung eingeräumt.<br />

Im öffentlichen Dienst des Landes Bremen bildet ausschließlich <strong>der</strong> Tarifvertrag<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> die Rechtsgr<strong>und</strong>lage für die Angestellten<br />

<strong>und</strong> Arbeiter/innen. Vom Gesamtpersonalrat wurde keine zentrale Regelung (Dienstvereinbarung)<br />

mit dem Arbeitgeber für diese Beschäftigten abgeschlossen.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> „Haushaltsnotlage“ des Landes Bremen bilden „Personaleinsparungen“<br />

im öffentlichen Dienst eine zentrale Steuerungsgröße für die <strong>Entwicklung</strong> des Personalbestandes.<br />

Während im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 die Personalausgaben<br />

in den westlichen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n im Durchschnitt um 10 Prozent gestiegen sind, sind<br />

sie demgegenüber im Lande Bremen um 10 Prozent gesunken. Diese Senkung <strong>der</strong><br />

Personalausgaben beruht zu einem großen Anteil auf <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung von Betrieben<br />

<strong>und</strong> Son<strong>der</strong>haushalten aus dem Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung. Etwa seit<br />

1995 liegen die Personalausgaben auf nahezu konstantem Niveau – bei gleichzeitig<br />

rückläufigem Personalbestand im öffentlichen Dienst (Land Bremen).<br />

„Die Konstanz <strong>der</strong> Personalausgaben bedeutet, dass alle kostensteigernden Faktoren<br />

wie wachsende Versorgungsausgaben o<strong>der</strong> Tarif- <strong>und</strong> Besoldungserhöhungen vor<br />

allem durch die Reduzierungen des Beschäftigungsvolumens kompensiert werden.<br />

Darum war es erfor<strong>der</strong>lich, das Beschäftigungsvolumen gegenüber 1994 um 3.017<br />

Vollkräfte zu reduzieren. (...) Während das Sanierungsziel im Jahre 2000 voll erreicht<br />

wurde, bleiben bei <strong>der</strong> Realisierung personalwirtschaftlicher Ziele die Probleme <strong>der</strong><br />

Vorjahre weiterhin bestehen, auch wenn eine leichte Verbesserung eingetreten ist.<br />

102


103<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Das personalwirtschaftliche Ziel besteht darin, dass trotz Personalabbaus <strong>der</strong> Umfang<br />

von öffentlicher Beschäftigung <strong>und</strong> Ausbildung im gesamten „Konzern Bremen“ (nach<br />

Kopfzahlen) kostenneutral tendenziell aufrecht erhalten wird, unter Einsatz neuer<br />

personalwirtschaftlicher Instrumente sowie bei erheblichen Verän<strong>der</strong>ungen in den<br />

Strukturen <strong>und</strong> (auch tarifvertraglichen) Bedingungen von Beschäftigung <strong>und</strong> Ausbildung.<br />

Der Prozess <strong>der</strong> Haushaltskonsolidierung bedeutet demnach nicht nur eine<br />

sozialverträgliche Reduzierung <strong>der</strong> Personalausgaben, son<strong>der</strong>n vor allem auch die<br />

Sicherstellung beschäftigungs- <strong>und</strong> ausbildungspolitischer Effekte zur Revitalisierung<br />

des Personalkörpers im Konzern Freie Hansestadt Bremen.“ 40<br />

Als Kennzahl für die Messung <strong>der</strong> Zielerreichung wird die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten pro<br />

Beschäftigungsvolumen genommen. Zwischen 1993 <strong>und</strong> 1995 hat sich diese<br />

Kennzahl verschlechtert, seit 1996 wie<strong>der</strong> verbessert. Der Zuwachs <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitquote<br />

hat wesentlich zu dieser Verbesserung beigetragen, sie stieg zwischen 1995 <strong>und</strong><br />

2000 von 27,4 Prozent auf 32,5 Prozent. Dieser Anstieg wurde seit 1998 wesentlich<br />

durch die wachsende Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> verursacht.<br />

„Ein weiteres personalwirtschaftliches Ziel besteht in <strong>der</strong> Realisierung einer differenzierten<br />

<strong>und</strong> ausgewogenen Personalstruktur. Dazu dienen die Personalkennzahlen<br />

(...). Fünf Kennzahlen stehen hierbei im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, die im folgenden in <strong>der</strong> zeitlichen<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> im Soll-/Ist-Vergleich für das Jahr 2000 dargestellt werden<br />

sollen.“ 41<br />

Tabelle 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich insgesamt (in %)<br />

Personalstruktur 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000<br />

Alter unter 35 Jahren 16,3 15,6 15,2 14,6 14,2 13,7 13,0 12,7<br />

Alter über 55 Jahren 11,8 13,5 14,3 16,1 17,0 17,8 19,6 20,6<br />

Frauenquote 50,4 50,1 50,2 50,1 50,2 50,3 50,3 50,5<br />

<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte 27,8 27,4 27,4 27,8 28,5 28,6 30,7 32,5<br />

Schwerbehin<strong>der</strong>tenquote 5,7 5,6 5,6 5,8 5,9 6,0 5,9<br />

Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen Beschäftigten an den Beschäftigten ist konstant bei 50<br />

Prozent geblieben. Die <strong>Teil</strong>zeitquote <strong>der</strong> Beschäftigten ist von ca. 27 Prozent auf 32,5<br />

Prozent gestiegen. Der Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter von unter 35 Jahren ist<br />

40 Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, Personalentwicklung, Band I, Hrsg. vom Senator für Finanzen <strong>der</strong> Freien Hansestadt Bremen,<br />

Einleitung.<br />

41<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 5.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

kontinuierlich gesunken, während parallel dazu <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter<br />

von über 55 Jahren kontinuierlich gestiegen ist (von 11,8 % im Jahr 1993 auf<br />

20,6 % im Jahr 2000). Gemäß <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Behörde zeigt <strong>der</strong> Soll-Ist-<br />

Vergleich Diskrepanzen bei den Anteilen <strong>der</strong> jüngeren <strong>und</strong> älteren Beschäftigten des<br />

öffentlichen Dienstes auf (vgl. Tab. 2).<br />

Tabelle 2: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />

insgesamt (2000) (in %)<br />

Personalstruktur Soll Ist<br />

Alter unter 35 Jahren 16,0 12,7<br />

Alter über 55 Jahren 18,0 20,6<br />

Frauenquote 50,0 50,5<br />

<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte 32,0 32,5<br />

Schwerbehin<strong>der</strong>tenquote 6,0 5,9<br />

Verteilung <strong>der</strong> Beschäftigten im Jahr 2000:<br />

„Von den 37.603 Mitarbeiter/innen entfielen 22.415 auf den Kernbereich <strong>der</strong><br />

bremischen Verwaltung, 2.290 auf die Betriebe, 4.302 auf die Son<strong>der</strong>haushalte, 81<br />

auf die Stiftungen des Öffentlichen Rechts, 102 auf die Bremer Entsorgungsbetriebe<br />

<strong>und</strong> 8.251 auf die Zentralkrankenhäuser. 40,4 Prozent aller Beschäftigten sind<br />

demnach in Organisationseinheiten tätig, die entwe<strong>der</strong> nach kaufmännischen Prinzipien<br />

geleitet <strong>und</strong> durch Wirtschaftspläne gesteuert werden o<strong>der</strong> zumindest im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Zuschussgewährung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte über eine erhöhte<br />

Autonomie im Haushaltsvollzug verfügen.“ 42<br />

Zwischen 1993 <strong>und</strong> 2000 ist die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten von 24.517 auf 20.911<br />

gesunken (Rückgang um 14,7 %), zwischen 1993 <strong>und</strong> 2001 ist <strong>der</strong> Personalbestand<br />

um 3.788 Personen gesunken (Rückgang um 15,5 %).<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

Die „restriktive Einstellungspraxis“ hat im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Verringerung des<br />

Beschäftigungsvolumens (PEP-Quote = 2 Proz./Jahr) im Sanierungszeitraum zur<br />

Alterung <strong>der</strong> Belegschaft geführt: Von 1993 bis 2001 ist das Durchschnittsalter <strong>der</strong><br />

Beschäftigten im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung von 44,5 Jahren auf 47,1<br />

Jahre gestiegen.<br />

42<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 12.<br />

104


105<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Das folgende Schaubild zeigt die Verschiebung <strong>der</strong> Alterskurve nach oben (Sanierungszeitraum<br />

1993 – 2000). Beide Kurven weisen jeweils zwei Gipfel mit einem<br />

dazwischen liegenden Tal auf: Der Geburtsjahrgang 1948 (im Jahre 1993 im Alter<br />

von 45 Jahren, im Jahre 2000 im Alter von 52 Jahren) bildet den ersten Gipfel, <strong>der</strong><br />

Geburtsjahrgang 1943 (im Jahre 1993 im Alter von 50 Jahren, im Jahre 2000 im<br />

Alter von 57 Jahren) bildet den zweiten Gipfel – dazwischen liegt das Tal mit dem<br />

Geburtsjahrgang 1945 (Geburtenrückgang nach Kriegsende): im Jahre 1993 im Alter<br />

von 48 Jahren <strong>und</strong> im Jahre 2000 im Alter von 55 Jahren.<br />

In den nächsten sieben Jahren (2003 – 2010) werden gemäß dem aktuellen Abgangsverhalten<br />

<strong>der</strong> älteren Beschäftigten die geburtenstarken Kriegsjahrgänge aus<br />

dem öffentlichen Dienst ausscheiden (2. Gipfel). Der erste Gipfel (Geburtsjahrgang<br />

1948) würde im Jahre 2010 (Alter von 62 Jahren) den Endpunkt einer mehr o<strong>der</strong><br />

min<strong>der</strong> stetig ansteigenden Kurve bilden – das absolute Gegenbild zu einer<br />

Gauß’schen Normalverteilung!<br />

Schaubild 1: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst<br />

(1993 <strong>und</strong> 2000)


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 wird im<br />

Jahresbericht 2000 von <strong>der</strong> Behörde wie folgt kommentiert:<br />

„Auffallend ist die Schere auf <strong>der</strong> linken Seite <strong>der</strong> Kurve bis zum Alter von 48 Jahren.<br />

Dies ist ein eindeutiger Hinweis auf die Wirkungen einer restriktiven Einstellungspraxis<br />

<strong>der</strong> vergangenen Jahre gegenüber dem hohen Einstellungsniveau <strong>der</strong> 60er- <strong>und</strong> 70er-<br />

Jahre. Die Rechtsverlagerung <strong>der</strong> Kurve ist nicht auf ein verän<strong>der</strong>tes Abgangsverhalten<br />

zurückzuführen, son<strong>der</strong>n auf eine stärkere Besetzung <strong>der</strong> einzelnen Jahrgänge. Eine<br />

systematische Altersabhängigkeit <strong>der</strong> Abgänge beginnt mit 56 Jahren. Die Beschäftigten<br />

im öffentlichen Dienst werden im Durchschnitt immer älter. 1993 betrug das<br />

Durchschnittsalter 44,5 Jahre; 2000 ist es auf 46,8 Jahre angestiegen.“ 43<br />

Auch in <strong>der</strong> Sicht des Arbeitgebers bildet die Altersstruktur im öffentlichen Dienst „ein<br />

Problem“ 44 – Antworten zur Lösung dieses Problems werden im Jahresbericht 2000<br />

jedoch nicht gegeben, auch wenn die Notwendigkeit zur „Revitalisierung des Personalkörpers“<br />

hervorgehoben wird.<br />

Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigten nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (vgl. Schaubild 2)<br />

zeigt, dass im Jahre 2000 die Beschäftigten im Alter von unter 50 Jahren häufiger<br />

Frauen als Männer sind, während bei den Beschäftigten im Alter von über 50 Jahren<br />

die Männer gegenüber den Frauen überwiegen (Gipfel <strong>der</strong> männlichen Beschäftigten:<br />

57 Lebensjahre im Jahre 2000, demnach im Jahre 2003 bereits 60 Jahre alt).<br />

43<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 22.<br />

44 Vgl. den Artikel im Weser-Kurier von W. Gerling: „Auffälliger Reifegrad unter Staatsdienern“<br />

(27. Nov. 2002), in dem über die Vorstellung des Jahresberichtes 2001 berichtet wird:<br />

„Bürgermeister Perschau machte keinen Hehl daraus, dass die Altersstruktur „ein Problem“ sei –<br />

nicht zuletzt bei den Lehrkräften.“<br />

106


107<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 2: Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (2000)<br />

⎯◆⎯ männlich ⎯⎯ weiblich<br />

Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur nach den drei Statusgruppen (vgl. Schaubild 3)<br />

zeigt ein überraschendes Ergebnis: Das Problem <strong>der</strong> schiefen Altersverteilung ist in<br />

erster Linie ein „Beamtenproblem“ (Gipfel bei 51 – 52 Lebensjahren sowie bei 56 –<br />

57 Lebensjahren im Jahre 2000). Die Unkündbarkeit von Beamten nimmt dem<br />

öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die schiefe Altersverteilung in Richtung einer<br />

normalen Altersstruktur zu verän<strong>der</strong>n.<br />

„Die Altersstruktur <strong>der</strong> Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter ist relativ ausgewogen. Nur bei den<br />

Beamten ist eine relative „Überalterung“ zu verzeichnen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die<br />

männlichen Beamten. Ihr Durchschnittsalter beträgt 48,0 Jahre. Die hohe Zahl <strong>der</strong><br />

Beamten,die 44 Jahre o<strong>der</strong> älter sind, ist die Ursache für die zunehmende Fluktuation<br />

<strong>und</strong> die wachsenden Versorgungslasten.“ 45<br />

45<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 24.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 3: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Statusgruppen (2000)<br />

Schaubild 4: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen (2000)<br />

108


109<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen (Schaubild<br />

4) zeigt erhebliche Unterschiede zwischen den vier Laufbahngruppen: „Im<br />

gehobenen <strong>und</strong> höheren Dienst existiert eine ungünstige Altersverteilung. Dies gilt<br />

insbeson<strong>der</strong>e für die männlichen Bediensteten. Ihr Durchschnittsalter im gehobenen<br />

Dienst beträgt 49,0 Jahre <strong>und</strong> im höheren Dienst 52,5 Jahre. Dies zeigt, dass eine<br />

vordringliche Aufgabe des Personalmanagements in den nächsten zehn Jahren darin<br />

bestehen wird, die Führungsfunktionen des bremischen öffentlichen Dienstes neu zu<br />

besetzen (...) Die Altersstruktur <strong>der</strong> Bediensteten im mittleren Dienst ist ausgeglichen.<br />

Ihr Durchschnittsalter beträgt 42,5 Jahre.“ 46 Allein bei den Beschäftigten im mittleren<br />

Dienst überwiegen die unter-45-jährigen gegenüber den über-45-jährigen Beschäftigten,<br />

bei den Beschäftigten im gehobenen <strong>und</strong> im höheren Dienst überwiegen – mit<br />

ähnlichem Kurvenverlauf auf unterschiedlichem Niveau – massiv die über-45-jährigen<br />

„Bediensteten“ (vgl. Schaubild 4). Bei den Beschäftigten im gehobenen Dienst liegt<br />

das höchste Plateau zwischen zwei Gipfeln (48 <strong>und</strong> 52 Lebensjahre) <strong>und</strong> nach dem<br />

„Geburtenknick“ des Geburtsjahrgangs 1945 folgt nochmals ein – etwas niedrigerer –<br />

Gipfel (58 Lebensjahre). Ab 58 Jahren geht es dann „bergab“ (steiler Rückgang <strong>der</strong><br />

Kurve <strong>der</strong> älteren „Bediensteten“ des gehobenen Dienstes).<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung<br />

Die Struktur <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit wird durch die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />

zunehmend modifiziert. Während im öffentlichen Dienst von 1993 – 1998 die<br />

<strong>Teil</strong>zeitquote relativ konstant bei ca. 28 Prozent lag, ist sie seit Einführung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> gilt seit 1. Mai 1998) deutlich gestiegen – auf<br />

nunmehr ein Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />

Tabelle 3: Beschäftigte nach Vollzeit- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit (1993 bis 2000)<br />

Voll-/<strong>Teil</strong>zeit<br />

A n z a h l<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000<br />

insgesamt 24.517 24.044 23.400 23.017 22.522 21.918 21.442 20.911<br />

davon:<br />

Vollzeitbesch. 17.702 17.466 16.999 16.624 16.111 15.659 14.852 14.105<br />

<strong>Teil</strong>zeitbesch. 6.815 6.578 6.401 6.393 6.411 6.259 6.590 6.806<br />

<strong>Teil</strong>zeit-Quote 27,8 % 27,4 % 27,4 % 27,8 % 28,5 % 28,6 % 30,7 % 32,5 %<br />

46<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 24 f.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Bei den Vollzeitbeschäftigten ist im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 die Anzahl <strong>der</strong><br />

Beschäftigten beständig gesunken, bei den <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten ist von 1993 bis<br />

1998 gleichfalls ein Personalabbau zu verzeichnen, nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

steigt jedoch die Anzahl <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten auf ca. 6.800 Personen im<br />

Jahre 2000 (<strong>und</strong> erreicht damit wie<strong>der</strong> das Ausgangsniveau des Jahres 1993). Der<br />

Anstieg <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeit-Quote ist demnach dem Wechsel von älteren Vollzeit-Beschäftigten<br />

in <strong>Altersteilzeit</strong> geschuldet.<br />

„Der Anteil <strong>der</strong> teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter/innen ist zwischen 1993 <strong>und</strong> 2000<br />

von 27,8 Prozent auf 32,5 Prozent angestiegen. Er betrug 1999 bei den Län<strong>der</strong>n<br />

23,8 Prozent, bei den Gemeinden 29,8 Prozent, bei den Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Gemeinden 26<br />

Prozent. In Bremen ist dieser Anteil relativ hoch; vor allem wenn bedacht wird, dass<br />

<strong>der</strong> gesamte Hochschul- <strong>und</strong> Kliniksektor mit in <strong>der</strong> Regel höheren <strong>Teil</strong>zeitanteilen<br />

fehlt. Sehr ausgeprägt ist die geschlechtsspezifische Verteilung. Etwas mehr als die<br />

Hälfte aller Mitarbeiterinnen sind teilzeitbeschäftigt. Die <strong>Teil</strong>zeitquote <strong>der</strong> männlichen<br />

Beschäftigten liegt bei 10,4 Prozent <strong>und</strong> ist im Vergleich zum Vorjahr, begünstigt<br />

durch die Effekte <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, um 2,4 Prozentpunkte angestiegen.“ 47<br />

Bei den Angestellten im öffentlichen Dienst des Landes Bremen beträgt die <strong>Teil</strong>zeit-<br />

Quote im Durchschnitt 40 Prozent, bei den Beamten <strong>und</strong> Richtern im Durchschnitt<br />

22 Prozent (Jahr 2000). Im Gegensatz zur „Vollzeitkultur“ <strong>der</strong> männlich dominierten<br />

Industriebetriebe besteht im öffentlichen Dienst (Frauen-Quote = 50 %) eine ausgeprägte<br />

„<strong>Teil</strong>zeitkultur“: Ab 25 Lebensjahren steigt mit zunehmendem Lebensalter die<br />

<strong>Teil</strong>zeit-Quote bis zum 45. Lebensjahr – mit gewissen Ausschlägen – tendenziell an:<br />

von ca. 10 Prozent bis auf ca. 40 Prozent (vgl. Schaubild 5). Diese Zunahme <strong>der</strong><br />

<strong>Teil</strong>zeitarbeit dürfte weitgehend mit <strong>der</strong> Familienphase im Lebenslauf <strong>der</strong> weiblichen<br />

Beschäftigten korrespondieren. Vom 45. bis zum 54. Lebensjahr sinkt die <strong>Teil</strong>zeit-<br />

Quote von ca. 40 Prozent auf ca. 25 Prozent: Dieser altersbedingte Rückgang <strong>der</strong><br />

<strong>Teil</strong>zeit-Quote liegt v. a. an dem sinkenden Anteil <strong>der</strong> Frauen an den älteren Beschäftigten.<br />

Ab dem 55. Lebensjahr – also mit dem Mindestalter für den Einstieg in die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> – steigt wie<strong>der</strong> die <strong>Teil</strong>zeit-Quote (Gipfel: 60 – 61 Lebensjahre), nach<br />

diesem Gipfel (<strong>Teil</strong>zeit-Quote: ca. 47 %) sinkt sie in <strong>der</strong> Tendenz (Ausscheiden von<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten ).<br />

Das Problem <strong>der</strong> alternden Belegschaft wird also durch den Übergang von vielen<br />

älteren Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> zumindest teilweise „entschärft“.<br />

47<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 25.<br />

110


Schaubild 5: Anteil <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten an den Beschäftigten<br />

nach Lebensjahren (2000)<br />

111<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Behörde (Referat 32) für das Jahr 2000 zeigt, dass bereits<br />

gegenüber dem Vorjahr (1999) eine erhebliche Steigerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle zu<br />

verzeichnen ist: Im Jahre 1999 haben insgesamt 535 Personen die <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />

Anspruch genommen (78 % dieser Personen haben das Blockmodell <strong>und</strong> 22 % das<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell gewählt), im Jahre 2000 haben bereits 865 Personen die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

in Anspruch genommen (80 % haben das Blockmodell <strong>und</strong> 20 % das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />

gewählt). Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben gemäß Tarifvertrag zur<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> (1998) die Möglichkeit, zwischen Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell zu wählen.<br />

„Mit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die 1998 für die Arbeitnehmer <strong>und</strong> mit Wirkung zum<br />

01. April 1999 auch für den Beamtenbereich eingeführt wurde, steht für den gesamten<br />

Öffentlichen Dienst ein neues personalwirtschaftliches Instrument zur Regelung<br />

des Abgangsverhaltens zur Verfügung.“ 48 Unabhängig von den beiden Modellen <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> „bleiben die Beschäftigten während des gesamten Zeitraums <strong>der</strong> Alters-<br />

48<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 28.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

teilzeit als <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte im Beschäftigungsverhältnis, die Ausgaben für die<br />

Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> betragen während dieser Zeit rd. 70 Prozent <strong>der</strong><br />

vorherigen Ausgaben.“ 49<br />

Waren Ende 1999 von den 417 im Blockmodell Beschäftigten erst 7 Personen in <strong>der</strong><br />

Freistellungsphase (1,7 %), so befanden sich Ende 2000 von den 689 im Blockmodell<br />

Beschäftigten bereits 88 Personen in <strong>der</strong> Freistellungsphase (12,7 %).<br />

Während die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter von 55 bis zu 64 Jahren<br />

Ende 1999 lediglich 10,4 Prozent betrug, ist diese <strong>Altersteilzeit</strong>quote Ende 2000<br />

bereits auf 17,4 Prozent angestiegen. Während <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beamten an den<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>fällen Ende 1999 ca. 74 Prozent betrug, ist dieser Anteil Ende 2000<br />

bereits auf 80 Prozent angestiegen. Dieser hohe Anteil <strong>der</strong> Beamten an <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

wird auf die hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch das Lehrpersonal zurückgeführt.<br />

Tabelle 4: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (2000)<br />

Alter<br />

Blockmodell<br />

Aktiv Abwesend<br />

A L T E R S T E I L Z E I T<br />

112<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell Insgesamt<br />

55 35 3 12 50<br />

56 96 2 16 114<br />

57 106 - 22 128<br />

58 91 10 24 125<br />

59 86 36 20 142<br />

60 75 12 29 116<br />

61 69 13 25 107<br />

62 31 12 20 63<br />

63 11 - 6 17<br />

64 1 - 1 2<br />

65 - - 1 1<br />

Insgesamt 601 88 176 865<br />

Betrachtet man das Lebensalter, in dem die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes<br />

sich (im Jahre 2000) in <strong>Altersteilzeit</strong> befanden, so zeigt sich, dass die Lebensjahre<br />

von 56 bis zu 61 Jahren den Schwerpunkt <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle ausmachen (pro<br />

Lebensjahr mehr als 100 Personen). Aus dieser Statistik ist noch nicht ersichtlich,<br />

über welche Laufzeit die jeweilige <strong>Altersteilzeit</strong>phase dieser Personen sich erstreckt.<br />

49<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 28.


113<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (Jahr<br />

2000) zeigt gleichfalls, dass die Beschäftigten im Alter von 58 bis zu 62 Lebensjahren<br />

überdurchschnittlich von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen (Durchschnitt <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>quote = 17,4 %), wobei <strong>der</strong> höchste Wert (31,3 %) im 61. Lebensjahr<br />

erreicht wird (vgl. Tab. 5). Auch hier gilt, dass in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Laufzeit des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages die Altersverteilung sich weiter „nach oben“ verschieben kann,<br />

während gleichzeitig „von unten“ (ab 55. Lebensjahr) neue Jahrgänge in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

nachrücken.<br />

Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist weiter gestiegen: Vom zuständigen Leiter<br />

des Referates Personalcontrolling <strong>und</strong> Personalplanung des Senators für Finanzen sind<br />

auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen (Mai 2002) die folgenden<br />

Zahlen genannt worden (Durchschnittswerte von <strong>Altersteilzeit</strong>fällen pro Jahr; diese<br />

Zahlen fallen wegen des unterschiedlichen Abgangsverhaltens im Jahresverlauf etwas<br />

an<strong>der</strong>s aus als die in den Jahresberichten jeweils für das Jahresende genannten<br />

Zahlen): 522 Personen befanden sich im Durchschnitt im Jahre 1999 in <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />

im Jahre 2000 bereits 682 Personen <strong>und</strong> im Jahre 2001 lagen sogar insgesamt<br />

1417 <strong>Altersteilzeit</strong>fälle vor. Welche Zahlen man auch immer nimmt: Die Inanspruchnahme<br />

von <strong>Altersteilzeit</strong> steigt – auf dem Hintergr<strong>und</strong> des hohen Lebensalters<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> höheren Beamten – unaufhörlich an!<br />

Tabelle 5: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (2000)<br />

Alter<br />

Beschäftigte insges. <strong>Altersteilzeit</strong> insges. <strong>Altersteilzeit</strong>quote<br />

männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich insgesamt<br />

55 372 296 26 24 7,0 % 8,1 % 7,5 %<br />

56 471 348 83 31 17,6 % 8,9 % 13,9 %<br />

57 522 360 96 32 18,4 % 8,9 % 14,5 %<br />

58 392 294 82 43 20,9 % 14,6 % 18,2 %<br />

59 368 252 85 57 23,1 % 22,6 % 22,9 %<br />

60 290 190 79 37 27,2 % 19,5% 24,2 %<br />

61 229 113 79 28 34,5 % 24,8 % 31,3 %<br />

62 170 87 41 22 24,1 % 25,3 % 24,5 %<br />

63 98 42 10 7 10,2 % 16,7 % 12,1 %<br />

64 53 21 1 1 1,9 % 4,8 % 2,7 %<br />

65 4 3 0 1 0,0 % 33,3 % 14,3 %<br />

Insgesamt 2.969 2.006 582 283 19,6 % 14,1 % 17,4 %


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Tabelle 6: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Statusgruppen (2000)<br />

Alter<br />

Beamte<br />

Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Angestellte Arbeiter Summe<br />

55 42 8 - 50<br />

56 95 17 2 114<br />

57 103 22 3 128<br />

58 102 22 1 125<br />

59 91 40 11 142<br />

60 90 22 4 116<br />

61 93 11 3 107<br />

62 60 3 - 63<br />

63 16 1 - 17<br />

64 2 - - 2<br />

65 1 - - 1<br />

Insgesamt 695 146 24 865<br />

Der Anteil <strong>der</strong> Beamten an den Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> fällt mit 695 Beschäftigten<br />

am höchsten aus (80,3 %). „Dieser Anteil ist auf die hohe Zahl <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle<br />

aus dem Lehrpersonal zurückzuführen; hier waren Ende 2000 345 <strong>Altersteilzeit</strong>fälle<br />

zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass im Arbeitnehmerbereich durch<br />

vorangegangene Regelungen, wie die 58er-Regelung, bereits potentielle <strong>Altersteilzeit</strong>kandidaten<br />

ausgeschieden sind.“ 50<br />

Im öffentlichen Dienst des Landes Bremen konnten die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen<br />

weiterhin mit <strong>der</strong> sog. 58er-Regelung vorzeitig aus ihren Arbeitsverhältnissen<br />

ausscheiden: „Durch eine mit dem Gesamtpersonalrat am 27. Mai 1994 getroffene<br />

Vereinbarung sind Möglichkeiten für eine einvernehmliche vorzeitige Beendigung von<br />

Arbeitsverhältnissen in Verbindung mit einer Absicherung <strong>der</strong> ausscheidenden<br />

Mitarbeiter/innen durch Arbeitslosengeld <strong>und</strong> Rente (58er-Regelung) geschaffen <strong>und</strong><br />

in den Folgejahren wie<strong>der</strong>holt neu aufgelegt worden. Nach <strong>der</strong> o.g. Vereinbarung<br />

konnten Angestellte <strong>und</strong> Arbeiter, die mindestens 58 Jahre alt sind, bei Vorliegen<br />

bestimmter Voraussetzungen unter Zahlung einer Abfindung (Überbrückungshilfe)<br />

vorzeitig aus ihren Arbeitsverhältnissen ausscheiden.“ 51 Insgesamt sind im Jahre<br />

2000 138 Beschäftigte aufgr<strong>und</strong> dieser Regelung ausgeschieden (ca. 20 % Angestellte<br />

<strong>und</strong> ca. 80 % Arbeiter/innen).<br />

Die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist in den einzelnen Personalgruppen unterschiedlich<br />

ausgeprägt (vgl. Tabelle 7): Über dem Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>quote (17,4<br />

%/Jahr 2000) liegen das Strafvollzugspersonal (25 %), das Lehrpersonal (25 %)<br />

50<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 29.<br />

51<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 35.<br />

114


115<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

sowie das Steuerpersonal (27 %). Betrachtet man die Personalgruppen, die die<br />

höchsten Beschäftigtenzahlen von <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten aufweisen,<br />

nämlich das Lehrpersonal mit ca. 2000 Personen sowie das Verwaltungspersonal mit<br />

nicht ganz 1100 Personen, dann machen die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten aus diesen<br />

beiden Personalgruppen 77 Prozent aller <strong>Altersteilzeit</strong>fälle im öffentlichen Dienst aus<br />

(während die Beschäftigten aus dem Verwaltungs- <strong>und</strong> Lehrpersonal im Alter von 55<br />

bis zu 65 Jahren insgesamt nur 62 Prozent aller Beschäftigten dieser Altersgruppe im<br />

öffentlichen Dienst bilden).<br />

Während das <strong>Teil</strong>zeitmodell insgesamt von 20 Prozent aller in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />

gewählt wurde (Jahr 2000), weist das Lehrpersonal eine überdurchschnittliche<br />

Inanspruchnahme (28 %) des <strong>Teil</strong>zeitmodells auf.<br />

Tabelle 7: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Personalgruppen <strong>und</strong> Form des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>modells (2000)<br />

in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Alters- Beschäftigte<br />

Personalgruppe<br />

Blockmodell <strong>Teil</strong>zeitinsgeteilzeit- zw.55 u.65 J.<br />

Aktiv Abwesend modellsamt Quote insgesamt<br />

Verwaltungspersonal 111 29 21 161 14,8 % 1.087<br />

Polizei 1 1 2 0,6 % 347<br />

Feuerwehr 9 9 18 18,6 % 97<br />

Justizpersonal/ordentl. Gerichte 21 2 2 25 11,4 % 219<br />

Strafvollzugspersonal 8 2 10 25,0 % 40<br />

Lehrpersonal 345 16 143 504 25,2 % 1.997<br />

Erziehungspersonal 4 2 2 8 8,2 % 98<br />

Technisches Personal 21 6 1 28 14,7 % 190<br />

Steuerpersonal 37 4 3 44 27,0 % 163<br />

Raumpflegerinnen 0,0 % 271<br />

Sonstige Personalgruppen 44 17 4 65 13,9 % 466<br />

insgesamt 601 88 176 865 17,4 % 4.975<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst<br />

Zum Zeitpunkt unserer Erhebung im öffentlichen Dienst (Ende 2001/Anfang 2002)<br />

hat das Referat 32 auf unseren Wunsch hin eine statistische Auswertung zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />

im bremischen öffentlichen Dienst vorgenommen. Diese Auswertung beruht<br />

auf den Gehaltsdaten (Nov. 2001). Im Gegensatz zur Auswertung im Jahresbericht<br />

2000, welche ausschließlich das Personal im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

enthält, umfasst diese Auswertung nicht nur das Personal dieses Kernbereiches,<br />

son<strong>der</strong>n auch das Personal <strong>der</strong> Betriebe (ohne Zentralkrankenhäuser <strong>und</strong> ohne<br />

Bremer Entsorgungsbetriebe), sowie das Personal <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>haushalte <strong>und</strong> <strong>der</strong>


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Stiftungen des öffentlichen Rechts. Damit ergibt sich eine größere Gr<strong>und</strong>gesamtheit:<br />

Waren Ende 2000 im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung insgesamt 4.975<br />

Beschäftigte im Alter zwischen 55 <strong>und</strong> 65 Jahren, so waren Ende 2001 unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> weiteren Bereiche insgesamt 6.385 Beschäftigte in dieser<br />

Altersgruppe, die den Kreis <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten bildet. Betrug die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> älteren Beschäftigten im Kernbereich (Ende 2000) im Durchschnitt<br />

17,4 Prozent, so beträgt sie (allerdings nahezu ein Jahr später: Nov. 2001)<br />

unter Einschluss <strong>der</strong> weiteren Bereiche im Durchschnitt 25,1 Prozent. Die Anzahl <strong>der</strong><br />

Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> fällt im weiteren Bereich des öffentlichen Dienstes mit<br />

1.603 Personen (Nov. 2001) fast doppelt so hoch aus wie im Kernbereich <strong>der</strong><br />

öffentlichen Verwaltung (Ende 2000: 865 Personen).<br />

Damit ergeben sich nicht nur an<strong>der</strong>e Niveaus in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n auch an<strong>der</strong>e Strukturen – mit Blick auf das Alter <strong>und</strong> das Geschlecht <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten im öffentlichen Dienst: Während im engeren Personalbereich<br />

(Ende 2000) die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> männlichen Beschäftigten (19,6 %)<br />

deutlich über <strong>der</strong> <strong>der</strong> weiblichen Beschäftigten (14,1 %) lag, lässt sich im weiteren<br />

Personalbereich (Nov. 2001) dagegen eine etwas höhere <strong>Teil</strong>nahme <strong>der</strong> weiblichen<br />

Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> (27 %) gegenüber <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> männlichen<br />

Beschäftigten (24 %) feststellen.<br />

Wie <strong>der</strong> Blick auf die folgende Tabelle zeigt, konzentriert sich die Nutzung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> auf die Jahrgänge vom 57. bis zum 62. Lebensjahr. Mit 55 <strong>und</strong> 56<br />

Lebensjahren wechseln noch nicht so viele Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong>, vom 57. bis<br />

zum 58. Lebensjahr befindet sich bereits ein Viertel <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>, vom 60. bis zum 62. Lebensjahr befindet sich sogar ein Drittel <strong>der</strong><br />

Anspruchsberechtigten in <strong>Altersteilzeit</strong>, mit dem 63. Lebensjahr wird – sowohl<br />

absolut als auch relativ betrachtet – eine Zäsur erkennbar (Ausscheiden aus dem<br />

öffentlichen Dienst).<br />

Das durchschnittliche geplante Abgangsalter <strong>der</strong> aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />

beträgt ca. 63 Jahre, das durchschnittliche tatsächliche Abgangsalter <strong>der</strong> bisher in<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten (Nov. 2001) beträgt demgegenüber nur ca. 61 Jahre<br />

(Ausscheiden nach <strong>Altersteilzeit</strong>, Erreichen <strong>der</strong> Altersgrenze, Dienst-, Berufs- o<strong>der</strong><br />

Erwerbsunfähigkeit, 62 Jahre flexible Altersgrenze als wichtigste Abgangsgründe).<br />

Die durchschnittliche geplante Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt ca. 6 Jahre (kein<br />

Unterschied zwischen männlichen <strong>und</strong> weiblichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten). Diese<br />

geplante Laufzeit liegt bei den Beamten im Durchschnitt bei 6 ½ Jahren, bei den<br />

Angestellten bei 5 ¹/3 Jahren (bei den Arbeitern nur bei 4,2 Jahren).<br />

Das von den <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten geplante Abgangsalter (Ausscheiden aus dem<br />

öffentlichen Dienst) liegt im Durchschnitt bei 63 – 64 Lebensjahren (Männer: 64,0<br />

Jahre, Frauen: 63,5 Jahre). Hinter dieser Planung steht die Kalkulation, die Rentenabschläge<br />

zu minimieren. Die geplante Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase ist zudem vom<br />

jeweiligen Lebensalter <strong>der</strong> Beschäftigten beim Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> abhängig: die<br />

116


117<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

älteren Beschäftigten wählen eine kürzere Dauer, die jüngeren dagegen eine längere<br />

Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase. Beiden Gruppen steht gleichwohl als Zielpunkt ihres<br />

tatsächlichen – nicht rechtlichen – Ausscheidens aus dem aktiven Berufsleben<br />

(Blockmodell) die magische Zahl „60“ vor Augen: Bei einer sechsjährigen Laufzeit des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (Beginn <strong>der</strong> Arbeitsphase mit 57 Lebensjahren, Beginn <strong>der</strong><br />

Freistellungsphase mit 60 Lebensjahren, Beginn des Rentenbezugs mit 63 Lebensjahren)<br />

beenden die Beschäftigten faktisch ihre Berufstätigkeit mit 60 Jahren. Bisher<br />

betrug das durchschnittliche Lebensalter, in dem die Beschäftigten des öffentlichen<br />

Dienstes in den Ruhestand traten (ohne <strong>Altersteilzeit</strong>) 60 Jahre. Damit orientieren<br />

sich die meisten <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten im öffentlichen Dienst hinsichtlich ihres<br />

tatsächlichen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst (mit 60 Jahren) weiterhin an <strong>der</strong><br />

bisherigen Praxis des Übergangs in den Ruhestand. Gleichzeitig können sie durch die<br />

Streckung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase (Blockmodell) die Rentenabschläge in vertretbaren<br />

Grenzen halten.<br />

Obwohl die Auswertung keine Kombination <strong>der</strong> Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />

mit dem jeweiligen Lebensalter <strong>der</strong> Beschäftigten (Alter beim Anfang <strong>und</strong> beim Ende<br />

<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase) enthält, lässt sich aus <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />

nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht die Folgerung ziehen, dass die Beschäftigten im Alter von<br />

56 bis zu 61 Jahren den Schwerpunkt <strong>der</strong> bestehenden <strong>Altersteilzeit</strong>verträge bilden<br />

(von den 1.603 <strong>Altersteilzeit</strong>fällen befinden sich 194 Personen bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase,<br />

von 1.603 <strong>Altersteilzeit</strong>fällen sind 192 Personen im Alter von 62 u.<br />

m. Jahren; diese beiden Personengruppen dürften weitgehend identisch sein).<br />

„Insgesamt ist es so, dass das Blockmodell in <strong>der</strong> Regel sehr viel stärker genutzt wird<br />

als das <strong>Teil</strong>zeitmodell, <strong>und</strong> zwar hauptsächlich deswegen, weil die <strong>Altersteilzeit</strong><br />

eigentlich als eine Maßnahme des geplanten Ausscheidens begriffen wird. Ein 55-<br />

Jähriger überlegt sich halt, zu welchem Zeitpunkt er ausscheiden will, <strong>und</strong> wählt dann<br />

entsprechend das Blockmodell. Ich glaube, das ist das Hauptmotiv, darum wird das<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell so selten genutzt im großen Ganzen.“ (Referatsleiter)<br />

Die Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages wird von den Beschäftigten in Verbindung mit<br />

ihrem Lebensalter <strong>und</strong> ihrer Kalkulation <strong>der</strong> Rentenabschläge bestimmt: „Die meisten<br />

wählen Blockmodelle, <strong>und</strong> wenn einer mit 58 <strong>Altersteilzeit</strong> zum Beispiel macht,<br />

überlegt er es sich sehr genau, wegen <strong>der</strong> Rentenversicherung bei Angestellten, ob er<br />

seine Phasen nicht so legt, dass er dann mit 65 ausscheidet ohne Rentenabschläge<br />

zu bekommen, <strong>und</strong> Beamte, wenn sie es wählen, tun das genau so. Also, die dann<br />

quasi kalkulieren, also welche Versorgungsabschläge sind sie eigentlich bereit, in Kauf<br />

zu nehmen, <strong>und</strong> wählen dadurch die Dauer <strong>der</strong> Phasen.“ (Referatsleiter)


118<br />

Alter<br />

Tabelle 8: <strong>Altersteilzeit</strong> nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (Nov. 2001)<br />

BESCHÄFTIGTE INSGESAMT DAVON: IN ALTERSTEILZEIT ALTERSTEILZEITQUOTE<br />

männlich weiblich insges. männlich weiblich insges. männlich weiblich insges.<br />

55 471 390 861 72 69 141 15,3 % 17,7 % 16,4 %<br />

56 472 343 815 78 100 178 16,5 % 29,2 % 21,8 %<br />

57 589 425 1.014 143 111 254 24,3 % 26,1 % 25,0 %<br />

58 612 394 1.006 140 119 259 22,9 % 30,2 % 25,7 %<br />

59 475 314 789 122 95 217 25,7 % 30,3 % 27,5 %<br />

60 389 254 643 127 79 206 32,6 % 31,1 % 32,0 %<br />

61 330 168 498 111 45 156 33,6 % 26,8 % 31,3 %<br />

62 282 101 383 94 35 129 33,3 % 34,7 % 33,7 %<br />

63 173 61 234 38 13 51 22,0 % 21,3 % 21,8 %<br />

64 96 35 131 7 4 11 7,3 % 11,4 % 8,4 %<br />

65 7 4 11 0 1 1 0,0 % 25,0 % 9,1 %<br />

Insgesamt 3.896 2.489 6.385 932 671 1.603 23,9 % 27,0 % 25,1 %<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen<br />

119<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird jeweils von einem Drittel des Lehrpersonals sowie des Steuerpersonals<br />

in Anspruch genommen (Nov. 2001). Das Verwaltungspersonal entspricht<br />

mit einem Viertel <strong>der</strong> durchschnittlichen <strong>Altersteilzeit</strong>quote (25 %) <strong>der</strong> anspruchsberechtigten<br />

Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die hohe Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> durch das Lehrpersonal ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> des hohen Durchschnittsalters<br />

<strong>der</strong> Lehrkräfte zu sehen (zur Zeit: 52 Jahre insgesamt, bei den Studienräten<br />

an Gymnasien sogar 54 Jahre). Wie das Schaubild zeigt, lag <strong>der</strong> höchste<br />

Wert (nach Lebensjahren) bei den Lehrkräften im Jahre 2000 bei exakt 50 Jahren.<br />

Schaubild 6: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppe Lehrpersonal<br />

(2000)<br />

Diese Lehrkräfte sind jetzt im Durchschnitt 52 Jahre alt. Die stark besetzten älteren<br />

Jahrgänge nutzen ab 55 Lebensjahren zunehmend die <strong>Altersteilzeit</strong> als Brücke zum<br />

Ruhestand. Der Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> kann unter Umständen eine Alternative zur<br />

häufig beanspruchten Dienstunfähigkeit bilden. 52 So sind im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Verwaltung die Abgänge aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dienst-, Berufs- o<strong>der</strong> Erwerbsunfähigkeit<br />

52 Das Erlanger Institut für Arbeitsmedizin hat in einer Studie ermittelt, dass von 7100 Beamten, die<br />

zwischen 1994 <strong>und</strong> 1999 im Freistaat Bayern einen Antrag auf Dienstunfähigkeit gestellt hatten, 63<br />

Prozent Lehrer waren, die im Durchschnitt 54 Jahre alt waren – <strong>und</strong> schon am Ende ihrer Berufslaufbahn.<br />

Die meisten Antragsteller litten unter Depressionen <strong>und</strong> Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 78<br />

Prozent <strong>der</strong> Anträge auf Dienstunfähigkeit sind genehmigt worden. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom<br />

24./25. Mai 2003, Seite 2.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

von 1993 (291 Personen) bis 1998 (194 Personen) zwar gesunken, jedoch folgte<br />

1999 ein sprunghafter Anstieg auf 250 Abgänge (insbeson<strong>der</strong>e im Bereich des<br />

Lehrpersonals). Im Jahre 2000 hat die Anzahl <strong>der</strong> Abgänge aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dienst-,<br />

Berufs- o<strong>der</strong> Erwerbsunfähigkeit sich drastisch auf 326 Personen erhöht (im Jahre<br />

2000 bestand für Beamte noch die Möglichkeit, im Falle von Dienstunfähigkeit in den<br />

vorzeitigen Ruhestand ohne Pensionsabschläge zu gehen). Demgegenüber spielt im<br />

Jahre 2000 <strong>der</strong> Abgangsgr<strong>und</strong> „Erreichung <strong>der</strong> Altersgrenze“ (91 von insgesamt<br />

1.261 Abgängen) nur eine zu vernachlässigende Rolle (7 %). Zwei Drittel aller<br />

Abgänge entfallen übrigens auf die über-50-jährigen Beschäftigten.<br />

Auch im Verwaltungspersonal gibt es gemäß <strong>der</strong> Altersstruktur viele <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />

Anspruchsberechtigte, allerdings – im Gegensatz zum Lehrpersonal – auch viele<br />

Beschäftigte im mittleren <strong>und</strong> jüngeren Lebensalter.<br />

Schaubild 7: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppen<br />

Verwaltungspersonal einschl. Textverarbeitung (2000)<br />

Das Lehrpersonal bildet die Hälfte (51 %) <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge im öffentlichen<br />

Dienst. Die Lehrkräfte nehmen überdurchschnittlich das <strong>Teil</strong>zeitmodell in Anspruch<br />

(21 %). Rechnet man das Lehrpersonal aus <strong>der</strong> Gesamtheit heraus, dann wird von<br />

den an<strong>der</strong>en Personalgruppen (49 % aller <strong>Altersteilzeit</strong>verträge) das <strong>Teil</strong>zeitmodell nur<br />

von r<strong>und</strong> sechs Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten in Anspruch genommen. Außerhalb des<br />

Lehrpersonals spielt demnach die Variante „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ keine Rolle.<br />

120


121<br />

Tabelle 9: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach ausgewählten Personalgruppen<br />

<strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (Nov. 2001)<br />

Beschäftigte zw.<br />

davon: in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Alters-<br />

Personalgruppe<br />

55 <strong>und</strong> 65 Jahren Blockmodell <strong>Teil</strong>zeitinsgeteilzeit insgesamt Aktiv Abwesend modellsamtquote Insgesamt 6.385 1.190 194 219 1.603 25,1 %<br />

01/02<br />

d a v o n:<br />

Verwaltungspersonal.<br />

einschl. Textverarbeitung<br />

1.454 264 60 25 349 24,0 %<br />

03 Polizei 344 22 6 2 30 8,7 %<br />

04 Feuerwehr 99 22 8 30 30,3 %<br />

05/06 Justizpersonal/<br />

ordentliche Gerichte<br />

227 44 6 2 52 22,9 %<br />

07 Strafvollzugpersonal 59 9 4 13 22,0 %<br />

10 Lehrpersonal 2.460 595 53 174 822 33,4 %<br />

14<br />

Erziehungspersonal für<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />

121 15 2 4 21 17,4 %<br />

21/22 Technisches Personal 419 74 18 1 93 22,2 %<br />

25 Steuerpersonal 166 45 6 5 56 33,7 %<br />

30 Raumpflegerinnen 315 17 1 18 5,7 %<br />

Sonstige Personalgruppen 721 83 30 6 119 16,5 %<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Es gibt in <strong>der</strong> Behörde keine Untersuchung darüber, warum die Lehrer/innen das<br />

<strong>Teil</strong>zeitmodell mehr als die Verwaltungskräfte nutzen. Während in den industriellen<br />

Bereichen die Männer, die immer Vollzeitarbeit gewohnt waren, in <strong>Altersteilzeit</strong> das<br />

Blockmodell wählen <strong>und</strong> damit den vorzeitigen vollständigen Ausstieg aus dem<br />

Erwerbsleben, könnte man die Hypothese aufstellen, dass die Lehrkräfte, die häufig<br />

Frauen sind, ohnehin häufig in <strong>Teil</strong>zeit schon gearbeitet haben, sich dann in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

auch ein <strong>Teil</strong>zeitarbeitsverhältnis eher vorstellen können.<br />

Ohne auf die beson<strong>der</strong>en Arbeitsbelastungen von Lehrkräften im höheren Lebensalter<br />

eingehen zu wollen, lässt sich jedenfalls feststellen, dass diese Beschäftigten die<br />

<strong>Altersteilzeit</strong> intensiv nutzen: „Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird intensiv genutzt von den Lehrern,<br />

das ist ja keine Frage. Und die Frage ist ja, warum es so intensiv genutzt wird. Und<br />

ich denke schon, es hat einen Gr<strong>und</strong>, weil es eine relativ mit finanziellen Anreizen<br />

o<strong>der</strong> Konditionen verknüpfte Regelung ist, die mir mein Ausscheideverhalten, also<br />

wenn ich aus dem aktiven Dienst rausgehe, erlaubt zu steuern. Ich glaube, das ist <strong>der</strong><br />

Hauptgr<strong>und</strong> eigentlich, also, dass die Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen eine bestimmte<br />

Autonomie bekommen in dem, was sie quasi für sich selbst als Abgangsalter wirklich<br />

haben wollen.“ (Referatsleiter)<br />

Tabelle 10: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Modell<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />

B l o c k m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />

Anzahl 60 75 110 104 80 75 62 55 19 7 1 648<br />

T e i l z e i t m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />

Anzahl 13 19 15 25 16 26 25 22 12 1 0 174<br />

i n s g e s a m t<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />

Anzahl 73 94 125 129 96 101 87 77 31 8 1 822<br />

Die Tabelle zeigt das Lebensalter, in dem die im November 2001 in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

beschäftigten Lehrkräfte – gemäß Block- o<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell – sich befanden. Lei<strong>der</strong><br />

erlaubt die Auswertung keine Verbindung des jeweiligen Lebensalters mit <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages. Gleichwohl könnte bei einer 6-jährigen<br />

Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (Beamte im Blockmodell = 6 ½ Jahre im Durchschnitt)<br />

ein dominantes Muster <strong>der</strong> – vorwiegend verbeamteten – Lehrkräfte sich<br />

herausbilden: Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> mit 56 o<strong>der</strong> 57 Jahren, gemäß Blockmodell<br />

demnach Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase mit 59 o<strong>der</strong> 60 Jahren, Bezug <strong>der</strong> Pension<br />

bzw. <strong>der</strong> Rente mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren. Noch ist nicht abzusehen, ob die Nutzung <strong>der</strong><br />

<strong>Altersteilzeit</strong> durch die Lehrkräfte dazu führen wird, dass <strong>der</strong> vorzeitige Ruhestand<br />

122


123<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

nicht mehr so früh wie zur Zeit – son<strong>der</strong>n in höherem Alter – begonnen wird. 53 Für<br />

den Vorruhestand liegt <strong>der</strong> früheste Zeitpunkt für Beamte beim 63. Lebensjahr: Der<br />

sog. Antragsruhestand kann mit 63 Lebensjahren – sofern keine Dienstunfähigkeit<br />

vorliegt – in Anspruch genommen werden (7,2 % Pensionsabschläge für 2 Jahre<br />

vorzeitigen Ruhestand). Damit bietet sich als 6-jährige Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages<br />

für verbeamtete Lehrkräfte die Spanne zwischen 57 <strong>und</strong> 63 Jahren an.<br />

Tabelle 11: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des männlichen Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />

B l o c k m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 30 32 64 53 44 39 41 37 13 5 0 358<br />

T e i l z e i t m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 6 10 12 14 7 15 15 11 9 0 0 99<br />

i n s g e s a m t<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 36 42 76 67 51 54 56 48 22 5 0 457<br />

Prozent 7,9 9,2 16,6 14,7 11,2 11,8 12,3 10,5 4,8 1,0 - 100,0<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des weiblichen Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />

B l o c k m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 30 43 46 51 36 36 21 18 6 2 1 290<br />

T e i l z e i t m o d e l l<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 7 9 3 11 9 11 10 11 3 1 0 75<br />

i n s g e s a m t<br />

Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />

Anzahl 37 52 49 62 45 47 31 29 9 3 1 365<br />

Prozent 10,1 14,2 13,4 17,0 12,3 12,9 8,5 8,0 2,5 0,8 0,3 100,0<br />

Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist im übrigen auch von <strong>der</strong> Einkommenssituation<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst abhängig: Die niedrigen Gehaltsgruppen<br />

können sich die mit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> verb<strong>und</strong>enen Einkommenseinbußen<br />

finanziell weniger leisten als die höheren Einkommensgruppen. Während die Beschäftigten<br />

des einfachen Dienstes nur zu sieben Prozent von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch<br />

53 Im Freistaat Bayern gehen 50 Proz. <strong>der</strong> Lehrer/innen aus Ges<strong>und</strong>heitsgründen vor dem 60.<br />

Lebensjahr in Pension (im öffentlichen Dienst liegt diese Quote ansonsten bei 29 %). Weitere 38<br />

Proz. verabschieden sich vom Dienst zwischen 60 <strong>und</strong> 64 Jahren. Nur 12 Proz. <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />

bleiben bis zur offiziellen Altersgrenze (65 Jahre) im Dienst. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 24./25.<br />

Mai 2003.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

machen, beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote bei den Beschäftigten des mittleren Dienstes<br />

bereits 20 Prozent. Von den Beschäftigten des gehobenen Dienstes (31 %) sowie des<br />

höheren Dienstes (32 %) hat bisher nahezu ein Drittel <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch<br />

genommen (Durchschnitt für alle <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten = 27,6 Prozent<br />

– Angaben des Referatsleiters auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer – Mai<br />

2002).<br />

Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung<br />

Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst bildet eine zentrale<br />

Bedingung für die Personalplanung <strong>und</strong> die – über Kosten, nicht Stellen – gesteuerte<br />

Personalwirtschaft. Die Alterung <strong>der</strong> Belegschaft – als Folge eines sozialverträglichen<br />

Personalabbaus sowie als Folge des Beamtenrechts (Unkündbarkeit) – ist sektoral<br />

unterschiedlich ausgeprägt: Die höchsten Anteile von Beschäftigten im Alter von 50 u.<br />

m. Jahren sind unter den männlichen Beamten im gehobenen <strong>und</strong> höheren Dienst<br />

festzustellen. Dieser Altersaufbau ist allerdings auch durch die früheren Einstellungswellen<br />

bedingt, die in diesem Jahrzehnt zu großen Ausstellungswellen führen werden<br />

(z. B. im „Produktplan“ Bildung: Abgangsquote = 25 % im Zeitraum 2001 – 2005,<br />

Abgänge aufgr<strong>und</strong> von Dienst- <strong>und</strong> Erwerbsunfähigkeit sowie aus Altersgründen).<br />

Diese Problematik wird von <strong>der</strong> Behörde thematisiert:<br />

„Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung ist die Altersstruktur. Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

ist eine Folge <strong>der</strong> Einstellungszyklen <strong>und</strong> des Abgangsverhaltens <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />

Eine schubweise Expansion <strong>der</strong> Beschäftigtenzahl, die zeitlich limitiert ist, wird stets<br />

zu einem hohen Durchschnittsalter <strong>der</strong> Beschäftigten führen. Beschäftigte im öffentlichen<br />

Dienst haben eine sehr geringe Neigung, das Beschäftigungssystem freiwillig zu<br />

verlassen. Die Wahrscheinlichkeit ist demnach sehr groß, dass ein Beschäftigter bis<br />

zum Ende seines Dienst- o<strong>der</strong> Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst verbleibt,<br />

wenn nicht ges<strong>und</strong>heitsbedingte Gründe dagegen sprechen. Von wenigen Ausnahmen<br />

abgesehen, führt dies dazu, dass ein Altersjahrgang ab einem bestimmten Alter, wenn<br />

die Zugänge, die durch unterschiedliche Ausbildungsdauern bestimmt sind, abgeschlossen<br />

sind, eine konstante Zahl von Beschäftigten aufweist. In <strong>der</strong> Regel dürfte<br />

dies ab 35 Jahren <strong>der</strong> Fall sein.“ 54<br />

Bei den Beschäftigten im Alter von 35 bis zu 55 Jahren findet praktisch keine<br />

Fluktuation statt. Ab 55 Jahren nimmt die Fluktuation (Personalabgänge aus verschiedenen<br />

Gründen) ein relevantes Ausmaß an.<br />

Der von <strong>der</strong> Behörde vorgenommene Soll-Ist-Vergleich zeigt, dass das Problem <strong>der</strong><br />

„Überalterung“ <strong>der</strong> Belegschaft nicht zuletzt aus <strong>der</strong> Nicht-Einstellung von jüngeren<br />

Beschäftigten resultiert.<br />

54<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 39.<br />

124


125<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Bei <strong>der</strong> Sollverteilung handelt es sich nicht um eine Normalverteilung, son<strong>der</strong>n um<br />

eine trapezähnliche Form, die im linken <strong>Teil</strong> durch die „Rekrutierungsphase“ bis 35<br />

Jahre <strong>und</strong> im rechten <strong>Teil</strong> durch eine Phase des altersbedingten Ausscheidens ab 56<br />

Jahre charakterisiert wird. Die „Rekrutierungsphase“ zeichnet sich durch bereichs<strong>und</strong><br />

personalgruppenspezifische Charakteristika aus, die sich zum Beispiel durch Art<br />

<strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Rekrutierung beschreiben lassen.<br />

Ob die gegebene Altersstruktur ein Problem darstellt o<strong>der</strong> nicht, hängt von <strong>der</strong><br />

zukünftigen Beschäftigungsmenge ab. Sie bildet die Basis für die Beurteilung <strong>der</strong><br />

Gegenwart. In dem folgenden Soll-Ist-Vergleich wurde unterstellt, dass bis zum Jahr<br />

2005 die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten jährlich um 1,5 Prozent sinken wird <strong>und</strong> ab 2006<br />

konstant bleibt.<br />

Der Soll-Ist-Vergleich zeigt, dass die „Rekrutierungsphase“ nicht optimal besetzt ist.<br />

Je nach Rekrutierungsstrategien, die in einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich sind,<br />

liegt <strong>der</strong> optimale Wert <strong>der</strong> Quote <strong>der</strong> Beschäftigten bis 35 Jahren an den Beschäftigten<br />

insgesamt zwischen 20 <strong>und</strong> 24 Prozent. 2000 betrug er 14,4 Prozent.<br />

Der Soll-Ist-Vergleich zeigt darüber hinaus, dass die Altersjahrgänge <strong>der</strong> gegenwärtig<br />

über 45-Jährigen deutlich überbesetzt bleiben werden. Sie können über die natürliche<br />

Fluktuation abgebaut werden. Bei <strong>der</strong> Altersgruppe <strong>der</strong> gegenwärtig 36- bis 40-<br />

Jährigen sind relativ unschädliche Sollwertunterschreitungen festzustellen. Damit<br />

dieses Unterschreiten <strong>der</strong> Sollwerte nicht größere Ausmaße erreicht, sollte im Falle<br />

von Neurekrutierungen gezielt <strong>der</strong> Bereich jüngerer Jahrgänge (bis 35 Jahre) berücksichtigt<br />

werden, um eine <strong>Entwicklung</strong> entsprechend <strong>der</strong> Soll-Vorstellung zu gewährleisten.<br />

Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, so führt dies mittelfristig zu einer Altersstruktur, die durch<br />

hohes Durchschnittsalter <strong>und</strong> Neueinstellungen sowie durch das Fehlen mittlerer<br />

Altersstufen gekennzeichnet ist. Langfristig resultiert daraus eine Überbesetzung <strong>der</strong><br />

mittleren Altersstufen, die aufgr<strong>und</strong> fehlen<strong>der</strong> Abgänge keinen Spielraum für Rekrutierungen<br />

zulässt.“ 55<br />

Wahrscheinlich wird sich mittelfristig im öffentlichen Dienst eine Altersstruktur<br />

ergeben – nach dem Ausscheiden <strong>der</strong> geburtenstarken Kriegsjahrgänge –, die durch<br />

ein hohes Durchschnittsalter charakterisiert wird: Der höchste Gipfel wird durch den<br />

Jahrgang 1948 gebildet (vgl. Schaubild 8: 52 Jahre alt im Jahre 2000, im Jahre<br />

2003 bereits 55 Jahre), ein niedriger Gipfel könnte im Bereich <strong>der</strong> 30- bis 35-<br />

Jährigen entstehen, wenn die in diesem Jahrzehnt anstehenden Personalabgänge<br />

durch Neueinstellungen kompensiert werden.<br />

55<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 39 f.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 8: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

Die Altersstruktur ist in den einzelnen Personalgruppen allerdings unterschiedlich<br />

ausgeprägt. Die bremische Verwaltung unterscheidet 48 Personalgruppen: ca. 90<br />

Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten des Kernbereiches verteilen sich auf 10 Personalgruppen.<br />

Die stärkste Personalgruppe bildet das Lehrpersonal (26,5 %), die zweitstärkste<br />

Personalgruppe stellt das Verwaltungspersonal (einschl. Textverarbeitung) mit r<strong>und</strong><br />

23 Prozent. Diese beiden Personalgruppen weisen eine unterschiedliche Altersstruktur<br />

auf: das Verwaltungspersonal (einschl. Textverarbeitung) eine relativ altersheterogene,<br />

das Lehrpersonal eine absolut altershomogene Zusammensetzung (vgl. die Schaubil<strong>der</strong>).<br />

Obwohl auch beim Verwaltungspersonal die Beschäftigten im Alter von Mitte 50<br />

überwiegen, sind gleichwohl die Beschäftigten im Alter von Mitte 40 sowie von Mitte<br />

30 stark vertreten. Dieser Altersaufbau erklärt, dass die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong><br />

Anspruchsberechtigten aus dem Verwaltungspersonal (24 %) <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>quote aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (25 %) entspricht.<br />

Demgegenüber hat die Nicht-Einstellung von jüngeren Lehrkräften zur „Überalterung“<br />

des Lehrpersonals geführt: Der höchste Gipfel wird im Jahre 2000 von den 50-<br />

Jährigen (ca. 400 Personen) gebildet, gefolgt von den 51- <strong>und</strong> 52-jährigen Lehrkräften<br />

(Jahrgang 1950 → 1948). Nach dem „Geburtenknick“ (Jahrgang 1945: im Jahre<br />

2000 55 Jahre alt) folgt ein niedrigerer, zweiter Gipfel mit den im Jahre 2000 56<strong>und</strong><br />

57-jährigen Lehrkräften (jeweils mehr als 300 Personen), also mit den Kriegsjahrgängen<br />

1944 <strong>und</strong> 1943.Diese Jahrgänge werden in diesem Jahr bereits 59 bzw.<br />

60 Jahre alt. Daher nimmt nicht W<strong>und</strong>er, dass ein Drittel <strong>der</strong> anspruchsberechtigten<br />

Lehrkräfte bereits einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag abgeschlossen hat (Nov. 2001).<br />

126


127<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Schaubild 9: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Lehrpersonals (2000)<br />

Schaubild 10: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Verwaltungspersonals<br />

(einschl. Textverarbeitung) (2000)


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Personalplanung des öffentlichen Arbeitgebers beruht auf drei Bausteinen: (1)<br />

Bestimmung des Soll-Personalbestandes, (2) Prognose <strong>der</strong> Personalabgänge (2000 –<br />

2005), (3) Festlegung <strong>der</strong> Personalzugänge (insbeson<strong>der</strong>e Ausbildungsplanung). Die<br />

Personalplanung mündet in die Bestimmung des Netto-Personalbedarfs. Bei <strong>der</strong><br />

Bestimmung des Soll-Personalbestandes wurde für den Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Verwaltung für die Jahre 2000 bis 2005 auf Gesamtebene ein jährlicher Personalabbau<br />

von 250 Vollzeitäquivalenten vereinbart.<br />

Allein im Jahre 2000 hat sich das Volumen im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> insgesamt um fast 100 Vollzeitäquivalente reduziert<br />

(ohne dabei den Personalbestand zu verringern). Auf Basis <strong>der</strong> Fluktuationsprognosen<br />

(Abgangswahrscheinlichkeiten einzelner Personalgruppen <strong>und</strong> Jahrgänge) hat die<br />

Personalplanung im Jahre 2000 für den Zeitraum bis zum Jahr 2005 trotz <strong>der</strong><br />

weiteren Absenkung des Soll-Personalbestandes („Beschäftigungszielzahlen“) unter<br />

dem Strich einen stark ansteigenden Netto-Personalbedarf prognostiziert, weil <strong>der</strong><br />

Vergleich von prognostizierten Abgängen <strong>und</strong> geplanten Zugängen eine Absenkung<br />

des voraussichtlichen Personalbestandes signalisiert (vgl. Tabelle 12). Auf diese<br />

Weise ergeben sich in den nächsten Jahren Wie<strong>der</strong>besetzungsmöglichkeiten, unter<br />

Umständen sogar Rekrutierungsprobleme (z. B. beim Lehrpersonal).<br />

Tabelle 12: Personalplanung 2001 – 2005 (insgesamt)<br />

I s t Voraussichtlich<br />

Dez 93 Dez 96 Dez 99 Dez 00 Dez 01 Dez 02 Dez 03 Dez 04 Dez 05<br />

Beschäftigungszielzahlen 19.102 18.042 17.090 16.696 16.451 16.175 15.925 15.675 15.425<br />

prognostizierte Abgänge -647 -649 -711 -672 -666<br />

geplante Zugänge 287 147 176 168 103<br />

voraussichtlicher<br />

Personalbestand<br />

19.339 18.435 17.065 16.577 16.217 15.716 15.181 14.677 14.114<br />

Nettopersonalbedarf 233 459 744 998 1.311<br />

„Ab 2000 haben sich Wie<strong>der</strong>besetzungsmöglichkeiten ergeben. Diese werden sich in<br />

dem Umfang erhöhen, wie fluktuationserhöhende (z. B. 58er-Regelung) o<strong>der</strong> volumenssenkende<br />

(z. B. <strong>Altersteilzeit</strong>) personalwirtschaftliche Maßnahmen wirken. In<br />

den Jahren 2003 bis 2005 können sich die entstehenden Ersatzbedarfe in dem<br />

Umfang reduzieren, wie zusätzliche personalwirtschaftliche Maßnahmen zum<br />

Ausgleich kumulieren<strong>der</strong> kostensteigern<strong>der</strong> Effekte erfor<strong>der</strong>lich werden. Personalwirtschaftliche<br />

Spielräume sollen dazu genutzt werden, strukturelle personalwirtschaftliche<br />

Ziele zu realisieren, um die Qualität des Personalkörpers <strong>und</strong> damit die Leistungsfähigkeit<br />

des bremischen öffentlichen Dienstes zu optimieren.“ 56<br />

56<br />

Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

2000, a. a. O., S. 94.<br />

128


Weitere Informationen<br />

Senator für Finanzen <strong>der</strong><br />

Freien Hansestadt Bremen<br />

Schillerstr. 1<br />

28195 Bremen<br />

Personalcontrolling <strong>und</strong> Personalplanung<br />

Herr Dr. Zech<br />

Tel.: 0421 / 361 62 86<br />

Gesamtpersonalrat<br />

Herr Schmidt<br />

Knochenhauerstr. 20/25<br />

28195 Bremen<br />

Tel.: 0421 / 361 26 29<br />

129<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Nachwort<br />

Die Frage, ob das Instrument „<strong>Altersteilzeit</strong>“ den prekär gewordenen Übergang in den<br />

Ruhestand institutionell <strong>und</strong> finanziell absichern kann, lässt sich zumindest für die<br />

Beschäftigten aus Großbetrieben positiv beantworten: Auf Basis <strong>der</strong> Tarifverträge <strong>und</strong><br />

Betriebsvereinbarungen werden die Rentenabschläge beim vorzeitigen Ruhestand<br />

nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit durch Abfindungen sowie durch Betriebsrenten weitgehend<br />

kompensiert.<br />

Die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (Jahrgang<br />

1937 – Jahrgang 1941) ist inzwischen abgeschlossen. Diese Rentenreform hat<br />

offenbar – zumindest nach den Ergebnissen unserer Untersuchung in Bremer Großbetrieben<br />

– entgegen <strong>der</strong> bisherigen Praxis <strong>der</strong> weiteren Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem Betrieb dazu geführt, dass die Beschäftigten<br />

längere Laufzeiten für ihren <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag wählen, um die Rentenabschläge<br />

möglichst zu minimieren. Damit wird <strong>der</strong> Beginn <strong>und</strong> das Ende <strong>der</strong> Lebensstrecke<br />

„<strong>Altersteilzeit</strong>“ auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Bei <strong>der</strong> dominanten Wahl<br />

des Blockmodells markiert die magische Zahl „60“ gleichwohl weiterhin den Orientierungspunkt<br />

für das tatsächliche – nicht: das rechtliche – Ausscheiden aus dem<br />

Betrieb.<br />

Mit den Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes im Jahre 2000 sowie den darauf<br />

aufbauenden Tarifverträgen haben sich die materiellen Bedingungen für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten<br />

erheblich verbessert. Die Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes hat den Personalleitungen <strong>und</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräten – wie<br />

auch den Beschäftigten selbst – einen weiten Planungshorizont eingeräumt. Als Folge<br />

dieser gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n <strong>Entwicklung</strong> hat sich in den Jahren 2000 – 2002<br />

die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Beschäftigten erheblich gesteigert.<br />

Bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> besitzen die Beschäftigten im öffentlichen<br />

Dienst mehr Wahlmöglichkeiten als die Beschäftigten in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft: Im<br />

öffentlichen Dienst können die Beschäftigten häufiger zwischen dem „Blockmodell“<br />

<strong>und</strong> dem „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ wählen; in vielen Branchen <strong>der</strong> privaten Wirtschaft wird die<br />

Option des „<strong>Teil</strong>zeitmodells“ schon in den Tarifverträgen ausgeschlossen, in den<br />

Betriebsvereinbarungen wird ausdrücklich des „Blockmodell“ vorgegeben. Selbst in<br />

dem untersuchten Betrieb (BSAG), in dem zunächst das <strong>Teil</strong>zeitmodell favorisiert<br />

wurde, setzt sich zunehmend das Blockmodell gegenüber dem <strong>Teil</strong>zeitmodell durch.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden<br />

Übergangs in den Ruhestand“) verfolgte <strong>der</strong> Gesetzgeber ursprünglich die Intention,<br />

das <strong>Teil</strong>zeitmodell als allmählichen Übergang in den Ruhestand zu för<strong>der</strong>n. Auch die<br />

WSI-Autoren haben in ihrer Betriebsräte- <strong>und</strong> Personalrätebefragung zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />

den ausgeprägten Trend zum Blockmodell hinterfragt. Selbst wenn die Betriebsvereinbarungen<br />

sowohl das Block- als auch das <strong>Teil</strong>zeitmodell anbieten, wird doch im<br />

allgemeinen das Blockmodell favorisiert:<br />

130


131<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Die Bevorzugung des Blockmodells ist bei Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern gleichermaßen<br />

festzustellen. Die Arbeitgeber nennen als Vorteil <strong>der</strong> Blockzeit u. a. den<br />

Umstand, dass auf dem bisherigen Arbeitsplatz keine größeren organisatorischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>lich werden. Arbeitnehmer schätzen am Blockmodell, dass sie<br />

bereits zur Hälfte <strong>der</strong> gesamten Zeitspanne <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> gänzlich freigestellt sind<br />

<strong>und</strong> geben dieser Aussicht unter den gegebenen Umständen mehrheitlich den Vorrang<br />

gegenüber <strong>der</strong> Möglichkeit, die Arbeitsbelastung während <strong>der</strong> letzten Berufsjahre zu<br />

reduzieren.“ 57<br />

Unsere Expertengespräche mit den Betriebsräten <strong>und</strong> Personalleitern haben gezeigt,<br />

dass die männlichen Beschäftigten aus Industriebetrieben, die im Gegensatz zu vielen<br />

weiblichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in ihrem Berufsleben keine eigenen<br />

Erfahrungen mit <strong>Teil</strong>zeitarbeit gemacht haben, mit <strong>der</strong> Wahl des Blockmodells „einen<br />

Schnitt“ zwischen dem Arbeitsleben <strong>und</strong> dem Ruhestand machen wollen (Betriebsrat).<br />

Die meisten Beschäftigten wollen keinen „gleitenden Übergang“ in den Ruhestand<br />

in Form <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit, obwohl aus gerontologischer Perspektive <strong>der</strong> allmähliche<br />

Übergang allgemein empfohlen wird. Qualitative Untersuchungen zur Motivation<br />

von Beschäftigten, für die Phase von <strong>Altersteilzeit</strong> das Block- o<strong>der</strong> das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />

zu wählen, stehen unseres Wissens noch aus. Anzunehmen ist, dass normative<br />

Vorstellungen über die Berufstätigkeit <strong>und</strong> den Übergang in den Ruhestand <strong>der</strong><br />

Entscheidung <strong>der</strong> Beschäftigten für das Blockmodell zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />

Gleichwohl sollte das Ziel einer weiteren Flexibilisierung des Übergangs in den<br />

Ruhestand unstrittig sein. Viel zu wenig wird beachtet, dass das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />

auch eine degressive Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit im Laufe <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase<br />

zulässt. So wären „Mischtypen“ zwischen <strong>der</strong> Vollzeitarbeit im Blockmodell <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Halbtagsarbeit im <strong>Teil</strong>zeitmodell denkbar (wie von einem Personalrat erwogen): Auf<br />

Basis von Dreiviertel- o<strong>der</strong> Zweidrittel-Stellen könnten ältere Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />

ihr vorgängiges Vollzeitarbeitsvolumen reduzieren <strong>und</strong> entsprechend dem<br />

Ausmaß <strong>der</strong> Reduktion den Beginn des Ruhestandes vorziehen. Solche „Mischtypen“<br />

zwischen voller <strong>und</strong> halber Wochenarbeitszeit könnten auch für männliche Beschäftigte<br />

in <strong>Altersteilzeit</strong> attraktiv sein. Allerdings müsste zunächst die Akzeptanz von<br />

<strong>Teil</strong>zeitarbeit bei Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern weiter gesteigert werden, um solche<br />

„Mischtypen“ von <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit als reale Wahlmöglichkeit für die Beschäftigten<br />

zu entwickeln.<br />

57 U. Klammer, H. Weber, Flexibel in den Ruhestand?, a. a. O., S. 110.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen, Schaubil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Abbildungen<br />

<strong>Teil</strong> I<br />

Tabelle 1: Erwerbsquoten von Männern <strong>und</strong> Frauen nach Altersgruppen<br />

Schaubild 1: Das <strong>Altersteilzeit</strong>modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen<br />

Schaubild 2: Anteil <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong>regelung<br />

Schaubild 3: Angebotenes Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Schaubild 4: Ausgleich für den späteren Rentenabschlag nach <strong>Altersteilzeit</strong><br />

Schaubild 5: Inanspruchnahme von Erstattungen durch die<br />

B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />

Tabelle 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge an die B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit<br />

<strong>Teil</strong> II<br />

Tabelle 1: Personalstruktur (BSAG)<br />

Abbildung 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit (BSAG)<br />

Abbildung 2: Akzeptable 85 % – Einkommensgarantie (BSAG)<br />

Tabelle 2: Entlassungsjahrgänge bei den <strong>Altersteilzeit</strong>- Arbeitsverhältnissen<br />

(BSAG)<br />

Tabelle 3: Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell (BSAG)<br />

Schaubild 1: Block- <strong>und</strong> Konti-Modell (BSAG)<br />

Tabelle 4: Praktizierte <strong>Altersteilzeit</strong>modelle (BSAG)<br />

Abbildung 3: Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell (57 – 63 Jahre)<br />

Tabelle 5: Altersstruktur <strong>der</strong> Belegschaft (Stahlwerke Bremen)<br />

Abbildung 4: Blockmodell/Rentenanspruch/Abfindung (Stahlwerke Bremen)<br />

Anhang: Zahlenwerke (Stahlwerke)<br />

Tabelle 6: Abgeschlossene <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (Airbus)<br />

Abbildung 5: Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Verbindung mit dem Lebensalter<br />

(Brauerei Beck & Co)<br />

132


<strong>Teil</strong> III<br />

Tabelle 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />

133<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Tabelle 2: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />

Schaubild 1: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst<br />

Schaubild 2: Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Schaubild 3: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Statusgruppen<br />

Schaubild 4: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen<br />

Tabelle 3: Beschäftigte nach Vollzeit- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit<br />

Schaubild 5: Anteil <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten an den Beschäftigten nach Lebensjahren<br />

Tabelle 4: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />

Tabelle 5: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Tabelle 6: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Statusgruppen<br />

Tabelle 7: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Personalgruppen <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />

Tabelle 8: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Schaubild 6: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppe Lehrpersonal<br />

Schaubild 7: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppen Verwaltungspersonal<br />

einschließlich Textverarbeitung<br />

Tabelle 9: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach ausgewählten Personalgruppen <strong>und</strong> Form des<br />

<strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />

Tabelle 10: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>modell<br />

Tabelle 11: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Schaubild 8: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

Schaubild 9: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Lehrpersonals<br />

Schaubild 10: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Verwaltungspersonals (einschließlich<br />

Textverarbeitung)<br />

Tabelle 12: Personalplanung 2001 - 2005

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