Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
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Gleitend in den Ruhestand?<br />
– <strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> tatsächliche<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>
Gleitend in den Ruhestand?<br />
– <strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> tatsächliche<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Verfasser:<br />
Dr. Heiner Stück<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Herausgeberin<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />
Bürgerstraße 1, 28195 Bremen<br />
Tel. 0421 . 36 30 10<br />
Fax 0421 36 30 189<br />
E-Mail: info@arbeitnehmerkammer.de<br />
Internet: http://www.arbeitnehmerkammer.de<br />
Bremen, Juni 2003<br />
Schutzgebühr 5,50 Euro. Für Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer kostenlos.<br />
ISBN: 3-89156-070-2
Vorwort<br />
Das Thema „Arbeitszeit“ ist seit langem ein zentrales Thema <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />
– spätestens seit dem Schwerpunktprogramm „teilZeit – Lebensqualität trotz<br />
Beschäftigungskrise“ im Jahr 1998. Denn für die Arbeitnehmerkammer ist die Frage<br />
<strong>der</strong> Gestaltung von Arbeitszeit <strong>und</strong> die mögliche Umverteilung von Arbeit durch<br />
<strong>Teil</strong>zeit-Modelle eine zentrale Strategie bei <strong>der</strong> Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.<br />
Deshalb hat sich die Arbeitnehmerkammer auch im Bündnis sehr engagiert dafür<br />
eingesetzt, die Chancen neuer Arbeitszeitmodelle <strong>und</strong> entsprechen<strong>der</strong> Vereinbarungen<br />
zwischen den gesellschaftlichen Akteuren für eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu<br />
nutzen.<br />
Die jetzt vorliegende Studie zur Praxis <strong>der</strong> Alters-<strong>Teil</strong>zeit ist ebenfalls diesem Interesse<br />
verpflichtet. Aus Sicht <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer darf es bei <strong>der</strong> Realisierung des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes nicht darum gehen, dass Betriebe ihre älteren Mitarbeiter<br />
kostengünstig möglichst frühzeitig loswerden. Das ArbeitnehmerInneninteresse kommt<br />
dann zum Zuge, wenn ältere ArbeitnehmerInnen dank dieses Gesetzes den Übergang<br />
in den Ruhestand stärker an eigenen biografischen Interessen orientiert organisieren<br />
können – <strong>und</strong> wenn gleichzeitig durch die Inanspruchnahme dieses Gesetzes arbeitslose<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> jüngere ArbeitnehmerInnen den Zutritt in Beschäftigung finden.<br />
Die Studie macht deutlich, wie wenig selbstverständlich dieses „gleichzeitig“ ist.<br />
Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Studie nüchtern die aktuelle Situation in<br />
Bremer Betrieben untersucht, um so auch <strong>der</strong> betrieblichen Interessenvertretung<br />
insgesamt Orientierungswissen bei <strong>der</strong> Umsetzung des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes an die<br />
Hand zu geben.<br />
In diesem Sinne verstehen wir die vorliegende Studie als Dienstleistung für die<br />
ArbeitnehmerInnen im Lande Bremen <strong>und</strong> ihre jeweilige Interessenvertretung – <strong>und</strong><br />
als Merkposten für die Politik im Hinblick auf Möglichkeiten einer aktiven Arbeitsmarktpolitik.<br />
Dr. Hans-Ludwig Endl Heinz Möller<br />
Geschäftsführer Geschäftsführer
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort........................................................................................................ 3<br />
Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung ..................................................................... 5<br />
<strong>Teil</strong> I<br />
<strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> <strong>faktische</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Problemstellung ...................................................................................... 6<br />
Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung älterer Erwerbspersonen ........................... 8<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als alternativer Vorruhestand........................... 9<br />
Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000)............................... 15<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> .......................................... 16<br />
Zusammenfassung: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> .............. 29<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung (WSI) zur Nutzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Betrieben <strong>und</strong> Behörden (Deutschland)......................... 31<br />
<strong>Teil</strong> II<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Bremer Betrieben<br />
Bremer Straßenbahn AG......................................................................... 41<br />
Siemens AG, ZN Bremen........................................................................ 63<br />
Stahlwerke Bremen GmbH ..................................................................... 68<br />
Airbus Deutschland GmbH ..................................................................... 78<br />
Brauerei Beck & Co, Bremen................................................................... 90<br />
<strong>Teil</strong> III<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst des Landes Bremen<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen................................................................................ 101<br />
Rahmenbedingungen ........................................................................... 102<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur............................................................... 104<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung .................................................... 109<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong><br />
öffentlichen Verwaltung........................................................................ 111<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst ....................... 115<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen .......... 119<br />
Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung........................................................ 124<br />
Nachwort ................................................................................................. 130<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen, Schaubil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Abbildungen ............................... 132<br />
4
Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung<br />
5<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes wie auch <strong>der</strong> Abschluss von neuen<br />
Tarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> haben in vielen Branchen dazu geführt, dass die<br />
Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> in den letzten Jahren rasant gestiegen ist. In<br />
vielen Betriebsvereinbarungen werden die gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n Bedingungen<br />
für das vorzeitige o<strong>der</strong> allmähliche Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für die<br />
Beschäftigten noch erheblich verbessert. Wurde mit dem „Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines<br />
gleitenden Übergangs in den Ruhestand“ (<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz) die frühere Praxis <strong>der</strong><br />
Frühverrentung tatsächlich abgelöst o<strong>der</strong> lediglich verän<strong>der</strong>t? <strong>Altersteilzeit</strong> bildet heute<br />
in vielfältiger Form einen wichtigen Bestandteil <strong>der</strong> betrieblichen Realität <strong>und</strong> ein<br />
zentrales Arbeitsfeld <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie Betriebs- <strong>und</strong> Personalleiter.<br />
Wird <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument des Personalabbaus o<strong>der</strong> als Chance eines<br />
Austausches von älteren durch jüngere Beschäftigte genutzt? Welche Faktoren<br />
bestimmen das Niveau <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die älteren<br />
Beschäftigten sowie das Ausmaß <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung von frei werdenden Arbeitsplätzen?<br />
Welche Gründe lassen sich ausmachen für die unterschiedliche Ausgestaltung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in den Betrieben? Bestehen tatsächlich gleiche Möglichkeiten<br />
für die Beschäftigten, zwischen den konkurrierenden Varianten „Blockmodell“ <strong>und</strong><br />
„<strong>Teil</strong>zeitmodell“ zu wählen? Viele Tarifverträge schließen das <strong>Teil</strong>zeitmodell gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
aus. Welche Präferenzen haben Arbeitgeber, Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie<br />
die Beschäftigten hinsichtlich <strong>der</strong> unterschiedlichen Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>?<br />
Welche Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge werden in Verbindung mit dem Lebensalter<br />
von den Beschäftigten gewählt? Viele Fragen stellen sich beim Thema <strong>der</strong><br />
betrieblichen Umsetzung von <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Tarifvertrag. Durch<br />
die Vorstellung von verschiedenen Ansätzen zur Anwendung des personalpolitischen<br />
Instruments „<strong>Altersteilzeit</strong>“ sollen Antworten auf diese Fragen gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Ausgangspunkt dieser Untersuchung war ein im Mai 2002 von <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />
Bremen veranstalteter Workshop („<strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> Personalpolitik“), auf<br />
dem die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sowie die Personalverantwortlichen aus einigen<br />
Betrieben <strong>und</strong> Behörden über ihre <strong>Altersteilzeit</strong>modelle berichteten. Mit Expertengesprächen<br />
(Personalleitung, Betriebsrat) sowie <strong>der</strong> Auswertung von betrieblichen<br />
Statistiken zur Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Beschäftigten konnten<br />
diese Berichte aus den Betrieben <strong>und</strong> Behörden weiter vertieft werden. Die Untersuchung<br />
beschränkt sich auf Bremer Großbetriebe – anzunehmen ist, dass in Mittel<strong>und</strong><br />
Kleinbetrieben an<strong>der</strong>e Strukturen <strong>der</strong> Nutzung von <strong>Altersteilzeit</strong> anzutreffen sind.<br />
Den Betriebs- <strong>und</strong> Dienstvertragsparteien soll an dieser Stelle nochmals ausdrücklich<br />
für ihre Kooperation mit <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen Dank gesagt werden.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
<strong>Teil</strong> I<br />
<strong>Gesetzliche</strong>, <strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> <strong>faktische</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Problemstellung<br />
Die Kluft zwischen dem Lebensalter beim Austritt aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Regelaltersgrenze von 65 Jahren hat sich vergrößert. Bisher bestehende Wege zur<br />
Überbrückung dieser Kluft sind aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenreform, die auf eine Verlängerung<br />
<strong>der</strong> Lebensarbeitszeit abzielt, inzwischen eingeschränkt o<strong>der</strong> sogar abgeschafft<br />
worden (wie z. B. die so genannte 59er-Regelung). Die Lage auf dem Arbeitsmarkt<br />
verschärft demgegenüber das Beschäftigungsrisiko <strong>der</strong> älteren Arbeitnehmer/innen, so<br />
dass die Schere zwischen dem Berufsaustrittsalter <strong>und</strong> dem regulären Rentenzugangsalter<br />
sich noch vergrößern wird. Auf <strong>der</strong> einen Seite werden die älteren Erwerbspersonen<br />
zur Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit gesetzlich verpflichtet – <strong>und</strong><br />
inzwischen mit Rentenabschlägen „bestraft“, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen<br />
–, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sind die meisten älteren Erwerbspersonen aus objektiven<br />
Gründen – Zunahme <strong>der</strong> Arbeitsbelastungen, Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Altersgrenzen – nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen.<br />
Bisher konnten die Unternehmen sich <strong>der</strong> alternden Belegschaften durch die Praxis<br />
<strong>der</strong> Frühverrentung „entledigen“. Der mit dem „Kostendruck“ allseits legitimierte<br />
Personalabbau wurde vor allem über die Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Beschäftigter im<br />
Rahmen von Vorruhestandsregelungen in den Unternehmen bewältigt. Die betriebliche<br />
Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung wurde durch die korrespondierende Inanspruchnahme<br />
des Vorruhestandes durch die älteren Beschäftigten zudem zu einem gesellschaftlich<br />
akzeptierten Modell <strong>der</strong> Lebensplanung: Die gesetzliche Regelaltersgrenze für den<br />
Übergang in den Ruhestand bildet für die Beschäftigten schon lange nicht mehr den<br />
Zielpunkt ihrer Orientierung. Vielmehr hat die Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung dazu geführt,<br />
dass die Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen Altersgrenze für den (vorzeitigen) Austritt aus<br />
dem Erwerbsleben von den älteren Beschäftigten selbst als gesellschaftliche Norm<br />
akzeptiert wird. Das Lebensalter von 60 Jahren hat sich für die meisten Angestellten<br />
als „magische Zahl“ für den angestrebten Übergang in den Ruhestand etabliert.<br />
Demgegenüber bildet die Altersgrenze von 55 Jahren für die Arbeiter bereits eine<br />
kritische Schwelle, so dass die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Form des Blockmodells<br />
eine Fortsetzung <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung mit an<strong>der</strong>en Mitteln ermöglicht,<br />
insbeson<strong>der</strong>e in den Industriebetrieben mit belasten<strong>der</strong> Schichtarbeit (Stahlindustrie,<br />
Automobilindustrie).<br />
Gleichwohl sind in den 90er-Jahren trotz des massiven Personalabbaus – insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch die vorzeitige Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Beschäftigter – die Anteile <strong>der</strong> älteren<br />
Erwerbstätigen an den Belegschaften weiter angestiegen, weil aufgr<strong>und</strong> des gleichzeitigen<br />
Einstellungsstopps kaum noch Neueinstellungen von jüngeren Erwerbspersonen<br />
6
7<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
stattfanden, so dass die Belegschaft in vielen Betrieben sich ausschließlich auf die<br />
mittlere Altersgruppe (35 – 55 Jahre) konzentriert. Diese in den Unternehmen noch<br />
unzureichend thematisierte Altersstruktur („gestauchte Alterspyramide“) wird daher in<br />
diesem Jahrzehnt zur weiteren Alterung <strong>der</strong> Belegschaften in vielen Betrieben führen.<br />
Gleichzeitig wird <strong>der</strong> „demographische Umbruch“, d. h. die Alterung <strong>der</strong> Wohnbevölkerung,<br />
auch zur Alterung <strong>der</strong> Erwerbsbevölkerung führen 1 . Während die Belegschaften<br />
altern, rücken aus demographischen Gründen gleichzeitig weniger Nachwuchskräfte<br />
nach. In den Unternehmen wird diese demographische <strong>Entwicklung</strong> in langfristiger<br />
Perspektive noch kaum thematisiert. Werden die Unternehmen in <strong>der</strong> Lage sein,<br />
die steigenden Anteile älterer Arbeitnehmer/innen überhaupt zu beschäftigen (ohne<br />
die Arbeits-, Leistungs-, Weiterbildungsbedingungen gr<strong>und</strong>legend zu verän<strong>der</strong>n)? Viele<br />
Unternehmen stecken bereits in <strong>der</strong> „demographischen Falle“ (zu viele Frührentner/zu<br />
wenig Nachwuchs): Die Kernbelegschaft im mittleren Alter wächst allmählich in die<br />
Kategorie <strong>der</strong> „älteren Arbeitnehmer“ hinein. Bereits in zehn Jahren werden nur noch<br />
20 Prozent <strong>der</strong> Erwerbspersonen jünger als 30 Jahre sein, während ein Drittel <strong>der</strong><br />
Erwerbstätigen bereits die Altersgrenze von 50 Jahren überschritten haben wird. Die<br />
Situation ist paradox: Einerseits klagen schon jetzt viele Unternehmen über Fachkräftemangel,<br />
an<strong>der</strong>erseits sind das Erwerbsleben <strong>und</strong> die Laufbahnen in den Unternehmen<br />
darauf ausgerichtet, Mitarbeiter bereits ab 55 Jahren in den Vorruhestand zu<br />
schicken. Vielleicht lässt sich diese <strong>Entwicklung</strong> mit dem Bild einer „Gr<strong>und</strong>see“<br />
vergleichen, die durch das Zusammentreffen zweier entgegengesetzter Strömungen<br />
entsteht: Während auf <strong>der</strong> einen Seite auf betrieblicher Ebene die Frühverrentung<br />
fortgesetzt <strong>und</strong> durch die hohe Arbeitslosigkeit legitimiert wird, wird auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite auf gesellschaftlicher Ebene aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels eine<br />
längere Berufstätigkeit <strong>der</strong> älteren Beschäftigten gefor<strong>der</strong>t. Dabei wird jedoch nicht die<br />
Frage beantwortet, welche Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbedingungen sowie Weiterbildungsmaßnahmen<br />
für eine längere Beschäftigung „älterer Arbeitnehmer“ eigentlich<br />
notwendig wären, damit diese die Regelaltersgrenze wie<strong>der</strong> erreichen können. Eine<br />
„altersgerechte“ Personalpolitik, die sich den Herausfor<strong>der</strong>ungen des demographischen<br />
Wandels stellt, müsste gegenüber <strong>der</strong> vorherrschenden „jugendzentrierten“<br />
Personalpolitik erst noch entwickelt werden.<br />
Der Auffor<strong>der</strong>ung des Gesetzgebers, bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren erwerbstätig<br />
zu bleiben, steht die betriebliche Praxis <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> älteren<br />
Beschäftigten ab 55 Jahren entgegen. Damit entsteht objektiv die Schwierigkeit –<br />
wenn nicht sogar Unmöglichkeit – für die älteren Erwerbspersonen, bis zur Regelaltersgrenze<br />
erwerbstätig zu bleiben. Da sich die Kluft zwischen dem Lebensalter beim<br />
Austritt aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> dem gesetzlich normierten Rentenzugangsalter<br />
weiter vertieft, wird auch <strong>der</strong> Übergang in den Ruhestand immer „prekärer“, die<br />
Zeitspanne zwischen dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
1 Vgl. dazu das vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung geför<strong>der</strong>te Forschungsprojekt<br />
„Demographischer Wandel <strong>und</strong> Zukunft <strong>der</strong> Erwerbsarbeit am Standort Deutschland“.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
gesetzlichen Regelaltersgrenze (ohne Rentenabschläge) wird immer länger (10 Jahre<br />
bei vielen Beschäftigten in <strong>der</strong> Industrie). Es stellt sich die Frage, wie weit das<br />
Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (ATZ) den „prekär“ gewordenen Übergang in den Ruhestand<br />
in sichere Bahnen lenken kann, einen institutionell <strong>und</strong> finanziell abgesicherten<br />
Übergang in den Ruhestand ermöglichen kann.<br />
Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung älterer Erwerbspersonen<br />
Die Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> älteren Menschen ist in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik bzw. im<br />
früheren B<strong>und</strong>esgebiet im Zeitraum 1970 – 2000 insgesamt zurückgegangen. Die<br />
Aufschlüsselung <strong>der</strong> „Erwerbsquoten“ 2 nach Alters- <strong>und</strong> Geschlechtsgruppen zeigt für<br />
diesen Zeitraum einen drastischen Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> rentennahen<br />
Altersgruppen (von 60 bis unter 65 Jahren). Während 1970 noch drei Viertel <strong>der</strong><br />
Männer dieser Altersgruppe „Erwerbspersonen“ (Erwerbstätige <strong>und</strong> Erwerbslose)<br />
waren, betrug die „Erwerbsquote“ <strong>der</strong> Männer dieser Altersgruppe 1985 nur noch ein<br />
Drittel – <strong>und</strong> diese Erwerbsquote stagniert bis zum Jahr 2000 auf diesem Niveau (vgl.<br />
Tabelle 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kategorie „Erwerbspersonen“<br />
sowohl Erwerbstätige als auch Erwerbslose umfasst. Somit fällt die Erwerbstätigkeit<br />
<strong>der</strong> älteren abhängig Beschäftigten noch geringer aus, als mit den altersspezifischen<br />
Erwerbsquoten ausgewiesen. Die Erwerbsquote <strong>der</strong> Frauen im Alter von 60 bis unter<br />
65 Jahren lag immer weit unter <strong>der</strong> entsprechenden Erwerbsquote <strong>der</strong> Männer: Nach<br />
einem kontinuierlichen Rückgang von 22 Prozent (1970) auf 11 Prozent (1985) ist<br />
die Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> Frauen dieser rentennahen Altersgruppe jedoch wie<strong>der</strong><br />
gestiegen: auf 15 Prozent im Jahr 2000 (vgl. Tabelle 1). Die allgemein gestiegene<br />
Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> westdeutschen Frauen schlägt sich seit Mitte <strong>der</strong> 80er-Jahre<br />
auch bei den Frauen in <strong>der</strong> Spätphase des Erwerbslebens nie<strong>der</strong>: Die Erwerbsquote<br />
<strong>der</strong> Frauen im Alter von 50 bis unter 55 Jahren ist von 50 Prozent im Jahr 1985<br />
kontinuierlich bis auf nahezu 70 Prozent im Jahr 2000 angestiegen. Während die<br />
Erwerbsquote <strong>der</strong> Frauen im Alter von 55 bis unter 60 Jahren im Zeitraum 1970 –<br />
1985 relativ konstant bei ca. 38 Prozent lag, ist sie seitdem gleichfalls kontinuierlich<br />
angestiegen – bis auf ca. 54 Prozent im Jahr 2000.<br />
Bei den westdeutschen Frauen ist also in <strong>der</strong> Spätphase des Erwerbslebens eine<br />
ansteigende Erwerbsbeteiligung festzustellen, allerdings nimmt diese <strong>Entwicklung</strong><br />
ihren Ausgang – im Vergleich zu den westdeutschen Männern – auf einem viel<br />
niedrigeren Niveau (vgl. Tabelle 1). Die Altersgrenze von 55 Jahren markiert eine<br />
kritische Schwelle für die Beschäftigung von Männern: Die Erwerbsquote <strong>der</strong> Männer<br />
im Alter von 55 bis unter 60 Jahren ist in den letzten drei Jahrzehnten von 89<br />
Prozent (1970) mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> stetig auf 78 Prozent (2000) zurückgegangen.<br />
2 Die Erwerbsquoten bezeichnen die relativen Anteile <strong>der</strong> Erwerbspersonen (Erwerbstätige <strong>und</strong><br />
Erwerbslose) an <strong>der</strong> Wohnbevölkerung <strong>der</strong> jeweiligen Alters- <strong>und</strong> Geschlechtsgruppen. Die Erwerbspersonen<br />
umfassen nach <strong>der</strong> Stellung im Beruf: Selbständige, mithelfende Familienangehörige,<br />
abhängig Beschäftigte (Arbeiter, Angestellte, Beamte).<br />
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Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Dramatischer fällt jedoch <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung bei <strong>der</strong> rentennahen<br />
Altersgruppe <strong>der</strong> Männer (60 bis unter 65 Jahre) in diesem Zeitraum aus: von 75<br />
Prozent im Jahr 1970 bis auf 33 Prozent im Jahr 2000. Die Betrachtung dieser<br />
Erwerbsquoten verdeutlicht die Schwierigkeit – sowohl für Männer als auch für Frauen<br />
–, gegenwärtig noch bis zum 65. Lebensjahr im Erwerbsprozess zu verbleiben.<br />
Tabelle 1: Erwerbsquoten von Männern <strong>und</strong> Frauen nach Altersgruppen<br />
(BRD/früheres B<strong>und</strong>esgebiet)<br />
Alter von ... bis<br />
unter ... Jahren<br />
50 – 55<br />
➣ Männer<br />
➣ Frauen<br />
55 – 60<br />
➣ Männer<br />
➣ Frauen<br />
60 – 65<br />
➣ Männer<br />
➣ Frauen<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000<br />
95,1<br />
44,8<br />
89,2<br />
37,2<br />
74,7<br />
22,5<br />
93,1<br />
47,4<br />
85,7<br />
38,4<br />
58,3<br />
16,4<br />
93,3<br />
47,1<br />
82,3<br />
38,7<br />
44,2<br />
13,0<br />
93,2<br />
50,2<br />
79,1<br />
37,8<br />
33,0<br />
10,9<br />
93,2<br />
57,8<br />
81,1<br />
43,8<br />
35,0<br />
12,5<br />
92,2<br />
63,8<br />
79,0<br />
48,8<br />
33,0<br />
13,0<br />
91,5<br />
69,2<br />
77,9<br />
53,5<br />
33,2<br />
14,9<br />
Erwerbsquote: Anteil <strong>der</strong> Erwerbspersonen an <strong>der</strong> Wohnbevölkerung entsprechenden Alters<br />
<strong>und</strong> Geschlechts. Die Kategorie „Erwerbspersonen“ umfasst sowohl Erwerbstätige<br />
als auch Erwerbslose.<br />
Quelle: Statistisches B<strong>und</strong>esamt: Statistische Jahrbücher.<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als alternativer Vorruhestand<br />
Gegenwärtig überwiegt in <strong>der</strong> Praxis die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument <strong>der</strong><br />
Frühverrentung, als Brückenschlag zwischen dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben<br />
<strong>und</strong> dem Übergang in das Rentnerleben. Im Folgenden soll nachgezeichnet werden,<br />
mit welchen Intentionen <strong>der</strong> Gesetzgeber ursprünglich die <strong>Altersteilzeit</strong> eingeführt hat.<br />
Mit dem Vorruhestandsgesetz, das von Mai 1984 bis Dezember 1988 galt, wurden<br />
Regelungen getroffen, die zur „Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den<br />
Ruhestand“ beitragen sollten. Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieses Gesetzes konnten <strong>tarifliche</strong><br />
Vereinbarungen über einen vorzeitigen Übergang in den Ruhestand abgeschlossen<br />
werden. In einzelnen Branchen wurden Vorruhestandstarifverträge vereinbart, welche<br />
die gesetzlichen Mindestleistungen teilweise verbesserten. Etwa 165.000 Beschäftigte<br />
haben damals auf <strong>der</strong> Basis dieser Tarifverträge den Vorruhestand in Anspruch
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
genommen. Die relativ geringe Inanspruchnahme wurde dadurch erklärt, dass nur für<br />
ein Drittel <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten überhaupt ein Vorruhestandstarifvertrag<br />
abgeschlossen worden war.<br />
Dieses Gesetz wurde Anfang 1989 durch das Gesetz zur „För<strong>der</strong>ung eines gleitenden<br />
Überganges älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand“ abgelöst, das bis Ende 1992<br />
befristet worden ist. Dieses <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz erwies sich in <strong>der</strong> Praxis als wirkungslos:<br />
Leistungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit wurden lediglich in ca. 500 Fällen<br />
erbracht. Die Inanspruchnahme dieses ATZ-Gesetzes war so gering, weil damals mit<br />
<strong>der</strong> so genannten 59er-Regelung eine konkurrierende Regelung bestand, die für die<br />
älteren Beschäftigten attraktiver war.<br />
So besaßen damals die Versicherten einen Anspruch auf die Altersrente wegen<br />
Arbeitslosigkeit, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hatten <strong>und</strong> vor Rentenbeginn<br />
mindestens ein Jahr lang arbeitslos waren; außerdem mussten in den letzten 10<br />
Jahren vor Rentenbeginn mindestens 8 Jahre Pflichtbeitragszeiten vorliegen <strong>und</strong> die<br />
Wartezeit von 15 Jahren (Beitragszeiten, Ersatzzeiten, usw.) musste erfüllt sein. Die<br />
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde insbeson<strong>der</strong>e von den Großbetrieben dazu<br />
genutzt, über eine zumeist einjährige Phase von Arbeitslosigkeit – mit anschließendem<br />
Rentenbezug – die älteren Arbeitnehmer bereits mit 59 Jahren aus dem Erwerbsleben<br />
auszuglie<strong>der</strong>n. Die so genannte 59er-Regelung war mit geringen Renteneinbußen<br />
verb<strong>und</strong>en, so dass <strong>der</strong> Anreiz für die Beschäftigten, mit 60 Jahren in die Rente zu<br />
wechseln, stark ausgeprägt war. Das Lebensalter von 60 Jahren entwickelte sich<br />
unter den Beschäftigten als „magische Zahl“ für den Übergang in den Ruhestand;<br />
diese Altersgrenze etablierte sich als gesellschaftliche Norm für das Ausscheiden aus<br />
dem Erwerbsleben.<br />
In vielen Großbetrieben setzte <strong>der</strong> Personalabbau noch früher ein, nachdem die Dauer<br />
des Arbeitslosengeldbezuges schrittweise von 12 auf maximal 32 Monate verlängert<br />
worden war. Ab 57 Lebensjahren <strong>und</strong> vier Monaten konnten die älteren Beschäftigten<br />
nach Abschluss eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrages maximal 32 Monate<br />
lang Arbeitslosengeld <strong>und</strong> mit vollendetem 60. Lebensjahr die „Rente wegen Arbeitslosigkeit“<br />
beziehen. Rentenabschläge wegen vorzeitigem Rentenbezug fielen damals<br />
auf Basis <strong>der</strong> so genannten 59er-Regelung nicht an. Es ergaben sich lediglich gewisse<br />
Renteneinbußen dadurch, dass die Beitragszahlungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit an<br />
die Rentenversicherung während <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit 80 Prozent des Bruttoeinkommens<br />
betrugen (Lohnersatzleistung). Das Arbeitslosengeld wurde von den Großbetrieben<br />
im Rahmen <strong>der</strong> abgeschlossenen Sozialpläne noch durch Ausgleichszahlungen<br />
vielfach erheblich aufgestockt.<br />
Ab dem Jahr 1992 wurde diese Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung immer häufiger von den<br />
Großbetrieben angewandt. Die gestiegene Inanspruchnahme <strong>der</strong> Altersrente wegen<br />
10
11<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Arbeitslosigkeit 3 verursachte für die Rentenversicherung <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Arbeit enorme – für die Arbeitgeber jedoch vergleichsweise geringe – Kosten. Die<br />
Kosten <strong>der</strong> von den Arbeitgebern bevorzugten Frühverrentung auf Basis <strong>der</strong> 59er-<br />
Regelung verblieben also weitgehend bei <strong>der</strong> Solidargemeinschaft <strong>der</strong> Versicherten.<br />
Der Gesetzgeber nahm diese Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung aus finanz- <strong>und</strong> sozialpolitischen<br />
Gründen – angesichts <strong>der</strong> absehbaren demographischen <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />
finanziellen Auswirkungen auf die Rentenversicherung – zum Anlass, um eine<br />
Kehrtwende in <strong>der</strong> Rentenpolitik einzuläuten: Anstelle <strong>der</strong> bisher praktizierten<br />
Verkürzung sollte nunmehr eine Verlängerung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit angestrebt<br />
werden. Die Kosten <strong>der</strong> Frühverrentung sollten zudem von <strong>der</strong> Sozialversicherung auf<br />
die Betriebe <strong>und</strong> die Beschäftigten verlagert <strong>und</strong> damit die Rentenversicherung<br />
entlastet werden. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurden die Altersgrenzen<br />
für die verschiedenen Rentenzugangsarten angehoben, um die Anreize für den<br />
Übertritt in den vorzeitigen Ruhestand zu verringern bzw. durch Rentenabschläge bei<br />
vorzeitiger Inanspruchnahme <strong>der</strong> jeweiligen Altersrenten zu „bestrafen“.<br />
Im Jahre 1996 wurde zur „Korrektur <strong>der</strong> Frühverrentungspraxis“ das Instrument <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> in neuer Form wie<strong>der</strong> eingeführt, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />
wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“<br />
umgewandelt. Das „Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“<br />
(<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz) ist am 1. August 1996 in Kraft getreten. Im § 1 dieses<br />
Gesetzes werden als Gr<strong>und</strong>sätze formuliert: „(1) Durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit soll älteren<br />
Arbeitnehmern ein gleiten<strong>der</strong> Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht<br />
werden. (2) Die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit för<strong>der</strong>t durch Leistungen nach diesem<br />
Gesetz die <strong>Teil</strong>zeitarbeit älterer Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit ab Vollendung des<br />
55. Lebensjahres (...) vermin<strong>der</strong>n, <strong>und</strong> damit die Einstellung eines sonst arbeitslosen<br />
Arbeitnehmers ermöglichen.“ Die Intention des Gesetzgebers besteht also eindeutig<br />
darin, den allmählichen Ausstieg aus dem Erwerbsleben mittels <strong>Teil</strong>zeitarbeit von<br />
älteren Arbeitnehmern zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> damit zugleich eine „Beschäftigungsbrücke“<br />
zwischen jungen <strong>und</strong> alten Beschäftigten herzustellen: Der durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
frei werdende <strong>Teil</strong>-Arbeitsplatz soll mit einem sonst arbeitslosen o<strong>der</strong> sonst arbeitslos<br />
werdenden Beschäftigten (nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung) wie<strong>der</strong> besetzt werden.<br />
Die rentenrechtlichen Än<strong>der</strong>ungen, die im Zusammenhang mit dem ATZ-Gesetz<br />
vorgenommen wurden, zielen zwar darauf ab, eine Brücke zwischen Arbeitsleben <strong>und</strong><br />
Ruhestand zu schlagen, an<strong>der</strong>erseits wird diese Brücke aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />
Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenzen durch die Rentenreform – gestaffelt nach Jahrgängen <strong>der</strong><br />
Beschäftigten – zunehmend „brüchig“ (zumindest in finanzieller Hinsicht).<br />
Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />
o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ umgewandelt. Die Voraussetzung einer einjährigen<br />
3 Im Jahre 1992 bezogen 54.000 Versicherte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, im Jahre 1993<br />
bereits mehr als doppelt so viele, im Jahre 1994 sogar über 200.000 <strong>und</strong> schließlich im Jahre 1995<br />
nicht ganz 300.000 Versicherte.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Arbeitslosigkeit wurde für diese Altersrente beibehalten, für den Anspruch auf die<br />
Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit werden dagegen mindestens 24 Monate von<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vorausgesetzt. Weitere Anspruchsvoraussetzungen sind: Die<br />
Versicherten müssen vor Rentenbeginn in den letzten 10 Jahren 8 Jahre Pflichtbeitragszeiten<br />
vorzuweisen sowie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.<br />
Die Altersgrenze für die „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“<br />
wird gemäß dem Rentenreformgesetz (1992) sowie dem ATZ-Gesetz (1996) in<br />
den Jahren 1997 bis 2001 schrittweise (nach Geburtsmonaten) von 60 auf 65<br />
Lebensjahre angehoben 4 . Diese schrittweise Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze ist inzwischen<br />
für die Geburtsmonate/-Jahrgänge von Januar 1937 bis Dezember 1941 abgeschlossen<br />
(Männer). Die Beschäftigten dieser Altersgruppen können die „Altersrente wegen<br />
Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit vollendetem 60. Lebensjahr zwar<br />
weiterhin vorzeitig in Anspruch nehmen, sie müssen jedoch, um „die Mehraufwendungen<br />
<strong>der</strong> Rentenversicherung aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> längeren Rentenbezugsdauer auszugleichen“,<br />
für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbezugs einen Abschlag von 0,3<br />
Prozent hinnehmen (3,6 % pro Jahr). Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung <strong>der</strong><br />
Altersgrenze von 60 auf 65 Jahre in den letzten Jahren (1997 – 2001) wirkt sich<br />
diese Regelung für die jüngeren nachteiliger als für die älteren Jahrgänge aus: Bei <strong>der</strong><br />
vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Altersrente (ohne Vertrauensschutz) 5 ab Vollendung<br />
des 60. Lebensjahres hat ein/e Beschäftigte/r mit Geburtsdatum Dezember<br />
1937 lediglich 3,6 Prozent, mit Geburtsdatum Dezember 1938 demnach 7,2<br />
Prozent, mit Geburtsdatum Dezember 1939 schon 10,8 Prozent, mit Geburtsdatum<br />
Dezember 1940 immerhin 14,4 Prozent <strong>und</strong> schließlich mit Geburtsdatum Dezember<br />
1941 den vollen Rentenabschlag von 18,0 Prozent hinzunehmen.<br />
Ab Geburtsdatum Januar 1942 haben also Beschäftigte, die die Altersrente wegen<br />
Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (ohne Vertrauensschutz) mit vollendetem<br />
60. Lebensjahr in Anspruch nehmen, eine dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 18<br />
Prozent hinzunehmen 6 . Auf die Aufnahme <strong>und</strong> Bearbeitung dieses Problems in<br />
4 Vgl. B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55 – Arbeit in ATZ,<br />
För<strong>der</strong>ung durch das Arbeitsamt, Übergang zur Rente, Ausgabe: Januar 2002, Tab. auf S. 32/33:<br />
Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
„ohne Vertrauensschutz“.<br />
5 Die zentrale Voraussetzung für die Altersrente mit Vertrauensschutz, die nur geringfügige Rentenabschläge<br />
enthält, kann von <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten nicht erfüllt werden: „Versicherte <strong>der</strong><br />
Geburtsjahrgänge vor 1942, die mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte<br />
Beschäftigung o<strong>der</strong> Tätigkeit (Zeiten mit Bezug von Arbeitslosengeld <strong>und</strong> Arbeitslosenhilfe zählen<br />
dabei nicht) haben“. Demnach müsste ein Versicherter nach Abschluss <strong>der</strong> damals 8-jährigen<br />
Volksschule mit 15 Jahren eine Lehre begonnen <strong>und</strong> nach Abschluss seiner Ausbildung ohne<br />
Unterbrechung bis zum 60. Lebensjahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.<br />
6 Vom 1. Januar 2000 an wird auch die Altersgrenze bei den Renten für langjährig Versicherte von 63<br />
Jahren <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Altersrente für Frauen von 60 Jahren auf jeweils 65 Jahre angehoben. Auch diese<br />
Rentenarten können vorzeitig in Anspruch genommen werden – allerdings ebenfalls mit Abschlägen.<br />
Zum prozentualen Ausmaß <strong>der</strong> jeweiligen Rentenabschläge bei diesen beiden Rentenarten vgl. die<br />
12
13<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Tarifverträgen <strong>und</strong> Betriebsvereinbarungen wird daher an späterer Stelle einzugehen<br />
sein. Die sich durch die längere Rentenbezugsdauer ergebenden Rentenabschläge<br />
können zwar theoretisch durch zusätzliche Beitragszahlungen <strong>der</strong> Versicherten<br />
ausgeglichen werden, jedoch würden solche Zahlungen zum Ausgleich von Rentenmin<strong>der</strong>ungen<br />
praktisch enorme Summen erfor<strong>der</strong>n, über die die Beschäftigten<br />
entwe<strong>der</strong> nicht verfügen o<strong>der</strong> die sie – falls verfügbar – attraktiver in an<strong>der</strong>en Formen<br />
anlegen könnten. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Sozialplanmittel für solche<br />
Beitragszahlungen zum Ausgleich von Rentenmin<strong>der</strong>ungen einzusetzen. Auch hier<br />
stellt sich die Frage, wie weit die Betriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten Bestimmungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes von<br />
1996 vorgestellt:<br />
– Zu Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit muss <strong>der</strong>/die Arbeitnehmer/in zumindest das 55.<br />
Lebensjahr vollendet haben.<br />
– Der/die Arbeitnehmer/in muss innerhalb <strong>der</strong> letzten fünf Jahre vor Beginn <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit mindestens drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt<br />
gewesen sein (Arbeitslosenversicherung).<br />
– Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer müssen eine Vereinbarung vor Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
abschließen.<br />
– Die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit soll gemäß Vereinbarung bis zum frühestmöglichen<br />
Zeitpunkt reichen, zu dem <strong>der</strong>/die Arbeitnehmer/in eine – ggfs. auch gemin<strong>der</strong>te<br />
– Altersrente in Anspruch nehmen kann.<br />
– Die Arbeitszeit muss auf die Hälfte <strong>der</strong> bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit vermin<strong>der</strong>t<br />
werden. Auch nach dieser Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitszeit muss <strong>der</strong>/die<br />
Arbeitnehmer/in sozialversicherungspflichtig, also mehr als geringfügig beschäftigt<br />
sein.<br />
– Die Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase bleibt den Vertragsparteien<br />
überlassen. Möglich sind eine durchgängige Halbtagsbeschäftigung, ein<br />
regelmäßiger Wechsel (täglicher, wöchentlicher, monatlicher Wechsel) zwischen<br />
Arbeitszeit <strong>und</strong> Freizeit, selbst eine (in <strong>der</strong> Praxis selten genutzte) degressive Arbeitszeitverteilung<br />
wäre möglich sowie das – in <strong>der</strong> Praxis dominierende – Blockmodell.<br />
Bei dem „Blockmodell“ werden innerhalb des vereinbarten Verteilzeitraumes<br />
zwei gleich große Zeitblöcke gebildet: Arbeitsphase <strong>und</strong> Freistellungsphase<br />
von jeweils gleicher Dauer. Allerdings dürfen beim Blockmodell diese beiden Zeitblöcke<br />
ohne tarifvertragliche Gr<strong>und</strong>lage jeweils nicht länger als eineinhalb Jahre,<br />
insgesamt also höchstens drei Jahre betragen. Die Vereinbarung von mehr als drei<br />
Jahre umfassenden Verteilzeiträumen ist nur dann möglich, wenn ein entsprechen<strong>der</strong><br />
Tarifvertrag dieses zulässt (Tarifvorbehalt). Gemäß Gesetz kann <strong>der</strong> Zeitraum<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase auf bis zu zehn Jahren erweitert werden, also 5 Jahre<br />
Tabellen, S. 36 ff., in: BMAS, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Ausgabe: Januar 2002.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Arbeitsphase <strong>und</strong> 5 Jahre Freistellungsphase, wenn ein entsprechen<strong>der</strong> Tarifvertrag<br />
dieses zulässt.<br />
– Der Arbeitgeber muss das Bruttoarbeitsentgelt des/<strong>der</strong> ATZ-Beschäftigten um<br />
mindestens 20 Prozent aufstocken. Der Aufstockungsbetrag muss allerdings eine<br />
bestimmte Höhe erreichen: Der/die Arbeitnehmer/in soll im Monat mindestens 70<br />
Prozent des bisherigen (pauschalierten) Nettoarbeitsentgeltes erhalten. Diese einzuhaltenden<br />
Mindestnettobeträge werden jährlich vom B<strong>und</strong>esarbeitsministerium<br />
festgelegt. Der Aufstockungsbetrag in Höhe von mindestens 20 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes<br />
ist zwar steuer- <strong>und</strong> sozialabgabenfrei, unterliegt jedoch – wie<br />
an<strong>der</strong>e Sozialleistungen – bei <strong>der</strong> Einkommenssteuerveranlagung dem Progressionsvorbehalt.<br />
– Der Arbeitgeber muss zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
entrichten – <strong>und</strong> zwar mindestens in Höhe des Beitrags, <strong>der</strong> auf den Unterschiedsbetrag<br />
zwischen 90 Prozent des bisherigen Arbeitsentgelts <strong>und</strong> dem Arbeitsentgelt<br />
für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit entfällt. Damit werden einem Vollzeitbeschäftigten,<br />
<strong>der</strong> mit dem Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit seine wöchentliche Arbeitszeit<br />
auf die Hälfte vermin<strong>der</strong>t, Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet, die<br />
sich auf 90 Prozent des vorherigen Vollzeiteinkommens beziehen.<br />
– Der Gesetzgeber hat einen Überfor<strong>der</strong>ungsschutz für die Betriebe festgelegt,<br />
wonach ein Anspruch <strong>der</strong> einzelnen Beschäftigten nicht gegeben ist, wenn fünf<br />
Prozent aller Beschäftigten des Betriebes bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> beschäftigt sind.<br />
Das Arbeitsamt erstattet dem Arbeitgeber diese Aufstockungsleistungen für die Dauer<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (För<strong>der</strong>höchstdauer gemäß ATZ-Gesetz von 1996: fünf Jahre),<br />
sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:<br />
– Wie<strong>der</strong>besetzung des durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit frei gemachten o<strong>der</strong> durch Umsetzung<br />
frei gewordenen (<strong>Teil</strong>-)Arbeitsplatzes durch die Einstellung eines arbeitslos<br />
gewordenen Arbeitnehmers o<strong>der</strong> durch die Übernahme eines Arbeitnehmers nach<br />
Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung auf dem frei gemachten Arbeitsplatz.<br />
Bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung sind verschiedene Formen möglich: So kann <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzer<br />
ebenfalls eine <strong>Teil</strong>zeittätigkeit ausüben, wenn <strong>der</strong> Arbeitnehmer in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
tatsächlich <strong>Teil</strong>zeitarbeit verrichtet. Bei <strong>der</strong> verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> kann<br />
<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzer erst nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeitsphase, also zum Beginn <strong>der</strong><br />
Freistellungsphase, den vollen Arbeitsplatz übernehmen.<br />
– Bei Kleinunternehmen bis zu 50 Beschäftigten kann anstelle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung<br />
auch ein/e Auszubildende/r versicherungspflichtig beschäftigt werden.<br />
Die gesetzlichen Regelungen zur <strong>Altersteilzeit</strong> erwiesen sich für die älteren Beschäftigten<br />
finanziell nicht als attraktiv: Der gesetzliche Anspruch auf eine Absicherung von<br />
70 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens bildete keinen ausreichenden Anreiz für<br />
die älteren Beschäftigten. Das mehrheitlich präferierte – auf 5 Jahre verteilte –<br />
Blockmodell (2 ½ Jahre Arbeitsphase/2 ½ Jahre Freistellungsphase) war wegen des<br />
14
15<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Tarifvorbehalts ohnehin nur bei Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages<br />
möglich. In <strong>der</strong> Folge des ATZ-Gesetzes wurden daher in verschiedenen Branchen<br />
Tarifverträge abgeschlossen, die eine Aufstockung <strong>der</strong> gesetzlichen ATZ-Leistungen<br />
vorsehen.<br />
Fortentwicklung des ATZ-Gesetzes (Jahr 2000)<br />
Im Jahre 2000 hat <strong>der</strong> Gesetzgeber wesentliche Än<strong>der</strong>ungen des ATZ-Gesetzes<br />
vorgenommen, um die Beschäftigungswirksamkeit dieses Gesetzes zu erhöhen.<br />
Das 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist am 1. Januar 2000 in Kraft<br />
getreten.<br />
– War zuvor <strong>der</strong> Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit nur Vollzeitbeschäftigten möglich, die<br />
in den letzten fünf Beschäftigungsjahren zumindest drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />
waren, so wird nunmehr <strong>der</strong> Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit auch <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />
ermöglicht. Damit wurden viele weibliche Beschäftigte – nach erfolgreichen<br />
Protesten insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV –, die bisher keinen<br />
Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit besaßen, in die gesetzliche Regelung einbezogen 7 .<br />
– Bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung, <strong>der</strong> zentralen Voraussetzung für die Erstattungsleistungen<br />
des Arbeitsamtes an den Arbeitgeber, reicht bei Arbeitgebern mit mehr als 50<br />
Beschäftigten <strong>der</strong> Nachweis einer Umsetzungskette zwischen dem Beschäftigten<br />
in <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> dem „Wie<strong>der</strong>besetzer“. Wenn für einen in <strong>Altersteilzeit</strong> gehenden<br />
Mitarbeiter ein an<strong>der</strong>er Mitarbeiter auf dessen frei gewordenen Arbeitsplatz<br />
„nachrückt“ <strong>und</strong> ein „Wie<strong>der</strong>besetzer“ (Arbeitsloser o<strong>der</strong> Ausgebildeter) im selben<br />
Funktionsbereich (z. B. Produktion, Einkauf, Vertrieb) eingestellt wird, liegt nunmehr<br />
eine Wie<strong>der</strong>besetzung vor.<br />
– Der Nachweis <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten<br />
gegenüber dem Arbeitsamt wurde wesentlich erleichtert: Arbeitgeber mit bis zu 50<br />
Beschäftigten erhalten die För<strong>der</strong>ung, wenn sie aus Anlass <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> eines<br />
älteren Mitarbeiters einen arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer o<strong>der</strong> einen Arbeitnehmer<br />
nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung „an beliebiger Stelle des Unternehmens“<br />
beschäftigen (o<strong>der</strong> aber eine/n Auszubildende/n einstellen).<br />
7 Für die vollzeitbeschäftigten Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen von B<strong>und</strong>, Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Gemeinden<br />
bestand seit dem 1. Mai 1998 ein Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (Tarifvertrag ATZ). Im „Bündnis<br />
für Arbeit“ haben sich die Gewerkschaften für die Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten erfolgreich<br />
eingesetzt. Das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz ermöglicht ab 1. Januar 2000 auch den <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten den<br />
Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Nach dieser Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes hat die Gewerkschaft ÖTV eine<br />
schnelle Anpassung <strong>der</strong> tarifvertraglichen Regelungen gefor<strong>der</strong>t. Die Arbeitgeber des öffentlichen<br />
Dienstes waren jedoch vor <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 nicht bereit, Gespräche über die Än<strong>der</strong>ung des<br />
Tarifvertrages ATZ zu führen. Daher konnte eine Einigung über die Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />
in den Tarifvertrag ATZ erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 erreicht werden. Ab 1. Juli 2000 haben<br />
nunmehr auch <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst einen tarifvertraglichen Anspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Das 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist am 1. Juli 2000 in Kraft<br />
getreten. Mit diesen Än<strong>der</strong>ungen soll die Beschäftigungswirksamkeit des ATZ-<br />
Gesetzes weiter erhöht werden.<br />
– Die Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes, die zuvor nur bis zum 31. Juli 2004<br />
ausgelegt war, wurde bis zum 31. Dezember 2009 ausgedehnt. Damit erhalten<br />
die Tarifvertragsparteien sowie die Betriebs- bzw. Dienstvertragsparteien einen<br />
weiteren Planungshorizont <strong>und</strong> damit auch größere Planungssicherheit für die<br />
Personalentwicklung. För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes können demnach für die<br />
Zeit ab 1.1.2010 nur noch erbracht werden, wenn die Arbeitnehmer/innen mit <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vor dem 1. Januar 2010 beginnen.<br />
– Die För<strong>der</strong>höchstdauer wird von fünf auf sechs Jahre erhöht. Parallel dazu wird<br />
die „Mindestnachbesetzungsdauer“ um ein Jahr von drei auf vier Jahre erhöht.<br />
Bisher hatte <strong>der</strong> Arbeitgeber die Möglichkeit, bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von fünf<br />
Jahren für einen Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> die För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes<br />
zu erhalten, sofern <strong>der</strong> „Wie<strong>der</strong>besetzer“ zumindest für drei Jahre im Betrieb<br />
beschäftigt war (im Falle von Halbtagsarbeit: Einsparung einer halben Stelle<br />
für zwei Jahre). Nunmehr hat <strong>der</strong> Arbeitgeber die Möglichkeit, bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer<br />
von sechs Jahren für einen Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> die För<strong>der</strong>leistungen<br />
des Arbeitsamtes zu beziehen, wenn <strong>der</strong> „Wie<strong>der</strong>besetzer“ zumindest<br />
für vier Jahre beschäftigt wird (im Falle von Halbtagsarbeit gleichfalls Einsparung<br />
einer halben Stelle für zwei Jahre). Mit dieser Än<strong>der</strong>ung wurde das bisherige Verhältnis<br />
<strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung zur Dauer <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung geringfügig verbessert.<br />
– Das Arbeitsamt erstattet dem Arbeitgeber die Aufstockungsleistungen für den<br />
Zeitraum, in dem die Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf die Hälfte vermin<strong>der</strong>t wurde,<br />
höchstens für sechs Jahre.<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz enthält nur Mindestbedingungen – insbeson<strong>der</strong>e keinen<br />
individuellen Rechtsanspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> – sowie nur Mindestleistungen<br />
(insbeson<strong>der</strong>e nur die Garantie von 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens).<br />
Daher nimmt es nicht w<strong>und</strong>er, dass die Tarifvertragsparteien bei <strong>der</strong><br />
Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Tarifverträgen sich vor allem auf die Aufstockung<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Leistungen konzentriert haben, um die Attraktivität <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
für die Beschäftigten zu steigern.<br />
Seit Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (August 1996) ist die Anzahl <strong>der</strong> Tarifverträge<br />
zur <strong>Altersteilzeit</strong> beständig gestiegen. Ende 1999, also unmittelbar vor Inkrafttreten<br />
des 1. Gesetzes zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, lagen 360 <strong>tarifliche</strong> Regelungen<br />
zur <strong>Altersteilzeit</strong> vor – mit einem Geltungsbereich von ca. 12,7 Millionen Arbeitneh-<br />
16
17<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
mern 8 (von denen ca. 1,4 Millionen 55 Jahre <strong>und</strong> älter waren). Ende 2000, also ein<br />
Jahr nach Inkrafttreten des 1. Gesetzes sowie ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des<br />
2. Gesetzes zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, waren bereits 580 Tarifverträge zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen worden – mit einem Geltungsbereich von ca. 15,5<br />
Millionen Arbeitnehmern. Die beiden im Jahre 2000 in Kraft getretenen Gesetze<br />
haben also mit ihren wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Verbesserungen einen nachhaltigen<br />
Schub beim Abschluss von zahlreichen Verbands- <strong>und</strong> Firmentarifverträgen zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> ausgelöst. Ende 2001 waren beim B<strong>und</strong>esarbeitsministerium ca. 690<br />
Tarifverträge zur För<strong>der</strong>ung von <strong>Altersteilzeit</strong> gemeldet – mit einem Geltungsbereich<br />
von ca. 16,2 Millionen Beschäftigten 9 .<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist nach Branchen sehr unterschiedlich<br />
<strong>und</strong> kann hier nicht im Einzelnen nachvollzogen werden. Wir beschränken<br />
uns in diesem Bericht weitgehend auf diejenigen Branchen, denen die von uns in<br />
Bremen untersuchten Betriebe <strong>und</strong> Behörden angehören.<br />
Für die IG Metall hatte <strong>der</strong> im Sommer 1997 mit VW abgeschlossene Tarifvertrag zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (Bezirksleitung Hannover) eine Vorbildfunktion. Hinter diesem Tarifvertrag<br />
steht die Idee eines betrieblichen Generationenvertrages, mit dem Konflikte<br />
zwischen den Generationen minimiert werden sollen. Nach dem Tarifvertrag zur<br />
Beschäftigungssicherung, den die IG Metall bei VW durchgesetzt hatte, <strong>der</strong> betriebsbedingte<br />
Kündigungen gänzlich ausschließt, müssen die Auszubildenden nach<br />
Abschluss ihrer Lehre in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden.<br />
Durch die Abschaffung <strong>der</strong> sog. Vorruhestandsregelung durch die B<strong>und</strong>esregierung<br />
(1996) war jedoch den älteren VW-Beschäftigten das vorzeitige Ausscheiden aus dem<br />
Betrieb „verbaut“. Die gesetzliche Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (1996) ist mit zu großen<br />
finanziellen Einbußen für die Beschäftigten verb<strong>und</strong>en. Die IG Metall <strong>und</strong> VW haben<br />
das gesetzliche Modell tariflich so ausgestattet, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem<br />
Erwerbsleben über die <strong>Altersteilzeit</strong> einen zumutbaren Ausweg für die Beschäftigten<br />
darstellt. Damit wird zugleich die Übernahme <strong>der</strong> Ausgebildeten nach Abschluss ihrer<br />
Lehre gesichert.<br />
Das ATZ-Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen 10 beinhaltet weitreichende <strong>tarifliche</strong><br />
Aufstockungen <strong>der</strong> gesetzlich vorgesehenen ATZ-Leistungen, die in den späteren<br />
Verbandstarifverträgen <strong>der</strong> IG Metall nicht im selben Umfang realisiert werden<br />
konnten: So wird das Entgelt für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit von 70 auf 85 Prozent<br />
aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeitrag sogar von 90 auf 100 Prozent<br />
8 B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Stand: Mai 2000.<br />
Diese Broschüre, die ständig aktualisiert wird, listet sämtliche Branchen- <strong>und</strong> Firmentarifverträge zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> auf, die beim B<strong>und</strong>esministerium gemeldet werden.<br />
9 BMAS, Hg., <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a.a.O., Stand: Januar 2002.<br />
10<br />
Vgl. IG Metall, Bezirksleitung Hannover, <strong>Altersteilzeit</strong> – Das Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen,<br />
November 1997, S. 20 ff.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
angehoben. Bereits 1997 wurde in diesem Firmentarifvertrag das Problem <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Rentenabschläge (beim Renteneintrittsalter von 60 Jahren: 18 Prozent)<br />
in Kenntnis <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze für die Altersrente nach<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit aufgenommen <strong>und</strong> paritätisch geregelt: Der Arbeitnehmer muss<br />
beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit 60 Jahren nur 9 Prozent Rentenverlust<br />
hinnehmen, weil <strong>der</strong> Arbeitgeber gleichfalls 9 Prozent Rentenabschlag übernimmt (als<br />
Zuschuss zur Werksrente). Damit ist ein weiterer Baustein zur Altersvorsorge angesprochen,<br />
<strong>der</strong> in Deutschland als betriebliche Altersvorsorge nur in Großbetrieben (wie<br />
z. B. Volkswagen, DaimlerChrysler, Siemens, RWE) überhaupt existiert: die Werksrente.<br />
Die bei Volkswagen bestehende Werksrente bleibt auch während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
in voller Höhe bestehen (vgl. Schaubild 1).<br />
Im Herbst 1997 folgte <strong>der</strong> Durchbruch für die Metallindustrie – nach vorheriger<br />
Streikdrohung <strong>der</strong> IG Metall – für den Pilotbezirk im Südwesten (Bezirksleitung<br />
Stuttgart). Die Bedingungen dieses Tarifkompromisses waren zwar schlechter als die<br />
des Firmentarifvertrages von VW, aber doch wesentlich besser als die gesetzlichen<br />
Mindestleistungen: Aufstockung des Arbeitsentgeltes auf mindestens 82 Prozent des<br />
bisherigen Netto-Vollzeitentgeltes sowie des Rentenversicherungsbeitrags auf 95<br />
Prozent. (Bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> – ab 60. Lebensjahr – auf<br />
Wunsch des Arbeitgebers wird dem Arbeitnehmer eine Abfindung von maximal drei<br />
Brutto-Vollzeitentgelten gezahlt.) Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte <strong>der</strong> Abschluss von ATZ-<br />
Verträgen ab dem 55. Lebensjahr auf Basis dieses Tarifvertrages den Abschluss einer<br />
freiwilligen Betriebsvereinbarung voraussetzen. Diese Regelung ergab sich aus den<br />
konfliktuellen Verhandlungen, welche das Problem eines Rechtsanspruchs auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> zum Gegenstand hatten. Ohne Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung<br />
haben die Beschäftigten gemäß diesem Tarifvertrag erst mit 61 Lebensjahren<br />
einen individuellen Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> (über 4 Jahre hinweg bis<br />
zum 65. Lebensjahr, d. h. nach dem Blockmodell: Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase mit<br />
63. Lebensjahr).<br />
18
19<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 1: DAS ALTERSTEILZEIT-MODELL DER IG METALL BEI VOLKSWAGEN<br />
NORM. ARBEITSPHASE ALTERSTEILZEIT TARIFMODELL VW (VERSORGUNGSGRAD)<br />
Lebensalter<br />
Aufstockung VW Werksrente<br />
Entgelt<br />
85 %<br />
netto<br />
(statt 70 %)<br />
Rentenbeitrag<br />
100 %<br />
(statt 90 %)<br />
tarifl. Rentenbaustein<br />
Aufstockung VW<br />
gesetzliche Rente<br />
(Blüm-Modell)<br />
55 57,5 60 65<br />
ARBEITSZEIT VOLL ARBEITSZEIT NULL RUHESTAND<br />
Arbeitszeit:<br />
Die Arbeitszeit kann<br />
geblockt werden. Die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>er arbeiten im<br />
Regelfall voll bis zum 57,5.<br />
Lebensjahr, dann bleiben<br />
sie zu Hause. Mit 60 scheiden<br />
sie dann auch de jure<br />
aus dem Erwerbsleben aus<br />
<strong>und</strong> gehen in die Rente.<br />
Blüm-Modell:<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung verfügt<br />
mit <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Regelung, dass <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>er<br />
eine Rentenmin<strong>der</strong>ung<br />
von 18 % erleidet,<br />
wenn er mit 60 in Rente<br />
geht. Das Modell wird<br />
auch kaum genutzt: Es ist<br />
unattraktiv u. niemandem<br />
zuzumuten.<br />
Blüm-Modell:<br />
In den fünf Jahren <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
bekommt je<strong>der</strong> nur 70 Prozent des<br />
letzten Nettoeinkommens.<br />
Tarifmodell:<br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong>er bei VW erhalten<br />
durch Aufstockung des Unternehmens<br />
durchschnittlich 85 %<br />
des letzten Nettoeinkommens für<br />
den Zeitraum von fünf Jahren.<br />
Blüm-Modell:<br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong>er arbeiten im<br />
Durchschnitt in den fünf Jahren<br />
von 55 bis 60 nur die Hälfte <strong>der</strong><br />
wöchentlichen Arbeitszeit. Der<br />
Rentenbeitrag erfolgt in dieser Zeit<br />
nur auf <strong>der</strong> Basis von 90 % des<br />
Einkommens.<br />
Tarifmodell:<br />
Während des gesamten Zeitraumes<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> werden die<br />
Beiträge zur Rentenversicherung<br />
von 90 auf 100 % angehoben.<br />
Renten-Aufstockung von VW:<br />
Der gesetzl. Minusabschlag bis zu<br />
18 % wird im Tarifmodell um die<br />
Hälfte gemil<strong>der</strong>t. Er beträgt bei<br />
einem Renteneintrittsalter von 60<br />
Jahren nur noch 9 %. Die Aufstockung<br />
durch VW erfolgt über<br />
einen Zuschuss bei <strong>der</strong> Werksrente.<br />
Werksrente:<br />
Die Werksrente bleibt in voller<br />
Höhe erhalten – sie verringert sich<br />
durch die <strong>Altersteilzeit</strong> nicht.<br />
Tariflicher Rentenbaustein:<br />
Um die Einkommenslücken im Alter zu<br />
min<strong>der</strong>n, haben VW <strong>und</strong> IG Metall 1995<br />
im System <strong>der</strong> Beschäftigungssicherung<br />
die betriebliche Altersversorgung um<br />
einen weiteren Rentenbaustein ergänzt<br />
<strong>und</strong> damit <strong>tarifliche</strong>s Neuland beschritten.<br />
Die monatlich 52 Mark vermögenswirksamen<br />
Leistungen wurden umgewandelt<br />
<strong>und</strong> fließen in die neue<br />
Beteiligungsrente.<br />
Quelle: IG Metall, Bezirksleitung Hannover, <strong>Altersteilzeit</strong> – Das Modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen,<br />
Nov. 1997, S. 24/25.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Der Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> wurde von <strong>der</strong> IG Metall im Bezirk Küste erst im<br />
Sommer 1998 abgeschlossen, weil einige Probleme, die im Tarifvertrag ATZ des<br />
Pilot-Bezirks Nordwürttemberg/Nordbaden enthalten waren, noch zu lösen waren. Für<br />
alle regionalen Bereiche <strong>der</strong> Metallindustrie (in Westdeutschland) gilt als Voraussetzung<br />
einer ATZ-Regelung <strong>der</strong> Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung sowie<br />
als Anspruchseinschränkung die Festsetzung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> ATZ-Arbeitnehmer im<br />
Rahmen <strong>der</strong> betrieblichen Personalplanung (Stand 1998) 11 . Da beim Blockmodell für<br />
über drei Jahre hinausgehende Verteilzeiträume im ATZ-Gesetz ein Tarifvorbehalt<br />
besteht, sind Tarifverträge eine unabdingbare Voraussetzung für die Vereinbarung<br />
langfristiger Blockmodelle. Daher hat die IG Metall in ihren Bezirken Tarifverträge<br />
über ein 5-Jahres-Blockmodell abgeschlossen (Beispiel: Arbeitsphase von 55 bis<br />
57 ½ Jahren, Freistellungsphase von 57 ½ bis 60 Jahren). Gemäß diesem Beispiel<br />
würden die Beschäftigten in einem Lebensalter ihre Erwerbsarbeit faktisch beenden,<br />
in dem sie früher über die sog. Vorruhestandsregelung aus dem Erwerbsprozess<br />
ausschieden.<br />
Die Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wies für die Gewerkschaften – nicht nur für die IG Metall – eine<br />
doppelte Struktur <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen auf: Einerseits schlossen die Tarifvertragsparteien<br />
Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsabkommen mit bescheidenen Tarifsteigerungen ab, an<strong>der</strong>erseits<br />
konnten die Gewerkschaften in einigen Branchen <strong>tarifliche</strong> Regelungen nicht nur zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>, son<strong>der</strong>n auch zur Altersvorsorge durchsetzen 12 . Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong><br />
Tarifr<strong>und</strong>e 2000 bestand darin, dass eigentlich die IG Metall gemäß dem Tariffahrplan<br />
im Frühjahr die Vorreiterrolle in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie übernehmen<br />
sollte. Jedoch hat durch das Vorziehen <strong>der</strong> Verhandlungen in <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie <strong>der</strong> frühzeitige Abschluss in dieser Branche (zweistufige Tariferhöhung,<br />
Verbesserung des Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong>, teilweiser Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge<br />
durch eine gestaffelte Abfindungssumme, Möglichkeit zur <strong>tarifliche</strong>n Altersvorsorge)<br />
die tarifpolitische Ausrichtung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gewerkschaften maßgeblich<br />
geprägt. Die IG Metall hat kurz nach dem Abschluss in <strong>der</strong> chemischen Industrie<br />
zunächst in <strong>der</strong> nordrhein-westfälischen Metallindustrie einen Tarifvertrag abgeschlossen<br />
(zweistufige Tariferhöhung, Verbesserung <strong>der</strong> bestehenden <strong>tarifliche</strong>n ATZ-<br />
Regelungen, Ausgleichszahlung zur Min<strong>der</strong>ung von Rentenabschlägen).<br />
In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurden die <strong>tarifliche</strong>n ATZ-Regelungen in einigen Branchen<br />
inhaltlich verbessert bzw. auf weitere Bereiche ausgedehnt. Außerdem wurden die<br />
bestehenden Tarifverträge an die im Jahre 2000 geän<strong>der</strong>ten gesetzlichen Bestimmungen<br />
angepasst (Einbeziehung von <strong>Teil</strong>zeitkräften, Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer<br />
sowie parallel dazu <strong>der</strong> Mindestnachbesetzungsdauer, Verlängerung <strong>der</strong> Geltung des<br />
11<br />
Vgl. WSI-Tarifarchiv: Tarifliche <strong>Altersteilzeit</strong> – Ein Überblick über <strong>tarifliche</strong> Regelungen in 25<br />
Wirtschaftsbereichen, Düsseldorf, November 1998.<br />
12 Vgl. Reinhard Bispinck, WSI-Tarifarchiv, Tarifpolitischer Jahresbericht 2000: Mo<strong>der</strong>ate Lohnabschlüsse<br />
plus „Beschäftigungsbrücke“, Düsseldorf, Januar 2001, Übersicht auf Seite 3: Ausgewählte<br />
Tarifabschlüsse 2000.<br />
20
21<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes bis Ende 2009). Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />
sowie in <strong>der</strong> chemischen Industrie wurden die bereits bestehenden ATZ-<br />
Regelungen verbessert. Ende 2000 gab es damit ca. 185 Verbandstarifverträge sowie<br />
ca. 320 Unternehmenstarifverträge für insgesamt ca. 15 Millionen Beschäftigte, die<br />
auf dem neuen ATZ-Gesetz aufbauen.<br />
In <strong>der</strong> westdeutschen Metallindustrie stand neben <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung nach Einkommenserhöhung<br />
die Durchsetzung <strong>der</strong> „Rente mit 60“ (Klaus Zwickel) im Zentrum <strong>der</strong><br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung. Im „Bündnis für Arbeit“ verständigten sich Arbeitgeber <strong>und</strong><br />
Gewerkschaften nach heftigen Konflikten Anfang 2000 schließlich darauf, dass die<br />
Tarifvertragsparteien betriebs- <strong>und</strong> branchenbezogene Regelungen anstreben sollen,<br />
welche „ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben ebenso wie eine verstärkte<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>“ einschließen. Neben <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Vergütung stellte<br />
<strong>der</strong> IG Metall-Vorstand die For<strong>der</strong>ung nach einer „Beschäftigungsbrücke zwischen<br />
Jung <strong>und</strong> Alt“ auf. Der erste Abschluss wurde in <strong>der</strong> Metallindustrie in Nordrhein-<br />
Westfalen getätigt (März 2000). Neben <strong>der</strong> zweistufigen Tariferhöhung sowie <strong>der</strong><br />
Erhöhung <strong>der</strong> Ausbildungsvergütungen wurde eine Verlängerung des Tarifvertrages zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (bis zum 30.4.2003) unter Anpassung an das geän<strong>der</strong>te ATZ-Gesetz<br />
vereinbart. Außerdem soll nunmehr die Entgeltumwandlung <strong>der</strong> vermögenswirksamen<br />
Leistungen für die Altersvorsorge ermöglicht werden. Schließlich wurde <strong>der</strong> „Tarifvertrag<br />
zur Beschäftigungsbrücke“ abgeschlossen (NWR, Küste usw.).<br />
Während nach dem Tarifvertrag ATZ ein Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> erst ab dem<br />
vollendeten 61. Lebensjahr besteht (in Form des Blockmodells/maximal vier Jahre),<br />
erhalten nach dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“ (TV BB) nunmehr<br />
Beschäftigte bereits ab dem vollendeten 57. Lebensjahr (bis zum vollendeten 60.<br />
Lebensjahr) einen Rechtsanspruch auf eine maximal bis zu 6 Jahre dauernde verblockte<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> 13 . Das bedeutet – bei <strong>der</strong> Halbierung eines 6-jährigen Verteil-<br />
13 Arbeitnehmer zwischen 57 <strong>und</strong> 60 Jahren haben nach § 2 TV BB einen Rechtsanspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> in Form des Blockmodells für mindestens zwei, höchstens sechs Jahre. Der Anspruch<br />
wird allerdings durch das sog. „Drehkreuz“, durch eine Zugangsquote sowie eine Bestandsquote<br />
(Jahrgangsquote) begrenzt. Der TV BB schreibt vor, dass – im <strong>tarifliche</strong>n Anspruchsmodell – die<br />
Freistellungsphase spätestens mit dem auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsersten<br />
(„Drehkreuz“) beginnen muss. Das „Drehkreuz“ führt zu einer Einschränkung des Rechtsanspruchs:<br />
Nur ein Arbeitnehmer, <strong>der</strong> das ATZ-Arbeitsverhältnis mit seinem 57. Geburtstag beginnt,<br />
kann die vollen 6 Jahre beanspruchen (57-60-63). Beginnt ein Arbeitnehmer mit 58 J. die <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />
besteht nur noch ein Anspruch auf ein 4-jähriges ATZ-Arbeitsverhältnis (58-60-62). Bei<br />
einem Arbeitnehmer mit bereits 59 Jahren führt die Drehkreuz-Regelung dazu, dass er nur noch ein<br />
zweijähriges ATZ-Arbeitsverhältnis rechtlich durchsetzen kann. (Der Arbeitgeber kann allerdings auf<br />
die Anwendung des „Drehkreuzes“ verzichten.) 59- <strong>und</strong> 60-jährige Arbeitnehmer haben gemäß TV<br />
BB einen beson<strong>der</strong>en zweijährigen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>. 55- <strong>und</strong> 56-jährige Arbeitnehmer<br />
haben keinen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> (we<strong>der</strong> nach TV ATZ noch nach TV BB). Allerdings kann<br />
auf freiwilliger Basis auch für Arbeitnehmer in diesem Lebensalter ein ATZ-Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />
werden. Vgl. IG Metall, Bezirksleitung Küste, <strong>Altersteilzeit</strong> – Beschäftigungsbrücke in <strong>der</strong><br />
Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie Nord (Arbeitshilfe).
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
zeitraumes auf Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase –, dass die Beschäftigten faktisch<br />
nach ihrem 60. Geburtstag aus dem Erwerbsprozess ausscheiden können. Auf diese<br />
Weise wurde zwar nicht die von Zwickel ursprünglich angestrebte „Rente mit 60“<br />
erreicht, aber doch die Möglichkeit für die Beschäftigten geschaffen, nach dem<br />
Blockmodell faktisch (wenngleich nicht arbeitsrechtlich gemäß dem ATZ-<br />
Arbeitsverhältnis) mit 60 Jahren das Arbeitsleben zu beenden. Zum Ausgleich für die<br />
Rentenmin<strong>der</strong>ung aufgr<strong>und</strong> des vorzeitigen Ausscheidens erhalten die Beschäftigten<br />
eine Abfindung von 450 DM für maximal 48 Kalen<strong>der</strong>monate, also insgesamt<br />
maximal 21.600 DM für vier Jahre vorgezogenen Ruhestand.<br />
Um die maximale Abfindung von 21.600 DM zu erhalten, müsste ein Beschäftigter<br />
ab dem vollendeten 57. Lebensjahr eine 4-jährige verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> wählen –<br />
dieser „Metaller“ müsste demnach für vier Jahre vorgezogenen Ruhestand eine<br />
dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 14,4 Prozent hinnehmen. (Die Anhebung <strong>der</strong><br />
Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente für Frauen ist zeitlich „nach hinten“ (um drei Jahre) –<br />
im Vergleich zu den Männern – verschoben.)<br />
ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />
57 59 61 65<br />
Arbeitsphase Freizeitphase 14,4 % Abschlag<br />
48 Monate<br />
22<br />
<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />
48 x 450 DM = 21.600 DM<br />
ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />
57 60 63 65<br />
Arbeitsphase Freizeitphase 7,2 % Abschlag<br />
24 Monate<br />
<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />
24 x 450 DM = 10.800 DM<br />
Nimmt jedoch ein Metall-Beschäftigter den Rechtsanspruch gemäß dem Tarifvertrag<br />
Beschäftigungsbrücke auf eine 6-jährige verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem vollendeten<br />
57. Lebensjahr wahr, würde er ab dem vollendeten 63. Lebensjahr zum Ausgleich <strong>der</strong><br />
dauerhaften Rentenmin<strong>der</strong>ung (Männer ab Jahrgang 1942: Rentenabschlag für 2<br />
Jahre vorgezogenen Ruhestand = 7,2 %) lediglich eine Abfindung von 10.800 DM<br />
(24 Monate x 450 DM) erhalten.<br />
Bei dem 6-jährigen Blockmodell fällt demnach die <strong>tarifliche</strong> Abfindung nur halb so<br />
hoch aus wie bei dem 4-jährigen Blockmodell (jeweils <strong>Altersteilzeit</strong> ab 57 Jahren);
23<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
dafür wird beim 6-jährigen gegenüber dem 4-jährigen Blockmodell die – dauerhafte –<br />
Rentenmin<strong>der</strong>ung (7,2 % statt 14,4 %) halbiert, so dass gemäß <strong>der</strong> Dauer des<br />
Rentenbezugs sowie dem Niveau <strong>der</strong> Rente die 6-jährige gegenüber <strong>der</strong> 4-jährigen<br />
verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> in finanzieller Hinsicht langfristig attraktiver ausfallen kann.<br />
Eine gegenüber dem Tarifvertrag ATZ neue Regelung im Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke<br />
besteht darin, dass <strong>der</strong>/die Beschäftige nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält (§ 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke).<br />
Der Abfindungsanspruch gemäß § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke wird nicht zu<br />
dem Abfindungsanspruch nach § 9 Tarifvertrag ATZ hinzugezählt. Nach § 9 Tarifvertrag<br />
ATZ haben Beschäftigte einen Abfindungsanspruch, wenn das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor<br />
Vollendung des 63. Lebensjahres endet. Beruht ein ATZ-Vertrag auf <strong>der</strong> Basis einer<br />
freiwilligen Betriebsvereinbarung, kommt § 9 Tarifvertrag ATZ zum Zuge (maximale<br />
Abfindung in Höhe von drei Monatsentgelten beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit<br />
60 Jahren/Begrenzung auf das dreifache <strong>der</strong> monatlichen Beitragsbemessungsgrenze<br />
in <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung/Verringerung <strong>der</strong> Abfindung um 1/36 mit<br />
jedem vollen Monat des Ausscheidens nach Vollendung des 60. Lebensjahres – bis<br />
zur Vollendung des 63. Lebensjahres). Wenn <strong>der</strong> ATZ-Vertrag auf den Bestimmungen<br />
des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke beruht, gilt § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke.<br />
Werden die Regelungen des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke in eine<br />
freiwillige Betriebsvereinbarung integriert, dann muss die Abfindung mindestens das<br />
Niveau <strong>der</strong> beiden in Frage kommenden Tarifverträge erreichen (unter bestimmten<br />
Voraussetzungen). Die Abfindungsregelung nach § 9 Tarifvertrag ATZ wird in vielen<br />
Fällen hinter die Abfindungsregelung des § 6 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke (450<br />
DM x maximal 48 Monate = maximal 21.600 DM) zurücktreten. Die Betriebsräte<br />
müssen im Einzelfall jeweils prüfen, welche <strong>der</strong> beiden Abfindungsregelungen für den<br />
Beschäftigten günstiger ausfällt.<br />
Der „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“ enthält eine wesentliche Anspruchseinschränkung:<br />
Der Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> ist dann ausgeschlossen, wenn 4<br />
Prozent (ab 1. Mai 2000) bzw. 5 Prozent (ab 1. Mai 2002) aller Beschäftigten des<br />
Betriebes von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen o<strong>der</strong> wenn mehr als 40 Prozent <strong>der</strong><br />
57-jährigen, mehr als 50 Prozent <strong>der</strong> 58-jährigen, mehr als 60 Prozent <strong>der</strong> 59jährigen,<br />
mehr als 70 Prozent <strong>der</strong> 60-jährigen Beschäftigten einen <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrag<br />
abgeschlossen haben. Außerdem ist <strong>der</strong> Anspruch auch dann ausgeschlossen,<br />
wenn eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur <strong>Altersteilzeit</strong> besteht. In<br />
diesem Falle sind die Betriebsvertragsparteien dazu verpflichtet, die Zugangskriterien<br />
sowie die materielle Ausstattung gemäß den Regelungen des Tarifvertrages Beschäftigungsbrücke<br />
in die Betriebsvereinbarung zu integrieren. Der Abschluss einer freiwilligen<br />
Betriebsvereinbarung ermöglicht es, die Altersgrenze für den Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
weiter abzusenken (im Vergleich zum Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke sowie<br />
zum Tarifvertrag ATZ): In Betrieben mit Betriebsräten kann <strong>Altersteilzeit</strong> ab Vollen-
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
dung des 55. Lebensjahres durch Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung<br />
zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong> Betriebsrat eingeführt werden (Betriebsvereinbarungsmodell).<br />
Kommt eine Betriebsvereinbarung zu Stande, werden sowohl das Anspruchsmodell<br />
gemäß § 2 Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke als auch das 61er-Modell<br />
(Tarifvertrag ATZ) verdrängt. Eine Verbesserung <strong>der</strong> materiellen Ausstattung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> durch Betriebsvereinbarungen wird in <strong>der</strong> Praxis von den Betriebsvertragsparteien<br />
angestrebt (Erhöhung des Aufstockungsbetrages, Regelung für den Fall<br />
<strong>der</strong> Langzeiterkrankung in <strong>der</strong> Arbeitsphase nach Ablauf <strong>der</strong> Entgeltfortzahlung,<br />
höhere Abfindungszahlung).<br />
Im Gegenzug zum Abschluss des Tarifvertrages „Beschäftigungsbrücke“ wurden die<br />
<strong>tarifliche</strong>n Arbeitszeitbestimmungen (35-St<strong>und</strong>en-Woche) um drei Jahre (bis zum<br />
30.4.2003) verlängert. Eine Kündigung dieser Arbeitszeitbestimmungen hätte die<br />
zeitgleiche Beendigung <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n Regelungen zur Beschäftigungsbrücke (wie<br />
auch <strong>der</strong> Übernahmeregelungen für Ausgebildete) zur Folge. Diese Koppelung <strong>der</strong><br />
Regelungen hat übrigens den 1. Vorsitzenden <strong>der</strong> IG Metall im Oktober 2002 auf <strong>der</strong><br />
arbeitszeitpolitischen Konferenz seiner Gewerkschaft in Mannheim zur Erklärung<br />
veranlasst, in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2003 Verhandlungen über den auslaufenden Tarifvertrag<br />
„Arbeitszeit“ (35-St<strong>und</strong>en-Woche) nur in ungekündigtem Zustand führen zu wollen.<br />
Die chemische Industrie hat schon in den 80er-Jahren eine Vorreiterrolle bei <strong>der</strong><br />
Umsetzung von Vorruhestandsregelungen gespielt. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> ökonomischen<br />
Situation <strong>und</strong> <strong>der</strong> großbetrieblichen Strukturen wurden den Beschäftigten in <strong>der</strong><br />
Chemie-Industrie, die vielfach im Schichtbetrieb arbeiten, von den Betriebsvertragsparteien<br />
vielfältige Möglichkeiten zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitslebens<br />
geboten. Die chemische Industrie (ca. 600.000 Beschäftigte) hat im Dezember 1998<br />
einen Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> für ganz Deutschland mit <strong>der</strong> Chemie-Gewerkschaft<br />
abgeschlossen. Das Entgelt für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit wird auf mindestens 85 Prozent<br />
des bisherigen Netto-Vollzeitentgelts aufgestockt. Dagegen findet keine Anhebung des<br />
Rentenversicherungsbeitrags über die gesetzlich vorgeschriebene Leistung (90 %)<br />
hinaus statt.<br />
In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 hat die IG BCE mit dem Arbeitgeberverband <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie bereits im März einen Abschluss vereinbart, <strong>der</strong> eine zweistufige Tariferhöhung<br />
sowie eine Verbesserung <strong>der</strong> Regelungen zur <strong>Altersteilzeit</strong> einschließt. Nach<br />
Auffassung <strong>der</strong> IG BCE wurden die Vereinbarungen aus dem „Bündnis für Arbeit“<br />
aufgenommen <strong>und</strong> branchenspezifisch umgesetzt. Parallel zur Verlängerung <strong>der</strong><br />
Geltungsdauer des ATZ-Gesetzes (vom 31. Juli 2004 zum 31. Dezember 2009)<br />
wurde die Laufzeit des Tarifvertrages ATZ in <strong>der</strong> chemischen Industrie verlängert.<br />
Entsprechend <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer (von 5 auf 6 Jahre) im ATZ-<br />
Gesetz wurde auch im Tarifvertrag die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> auf sechs Jahre<br />
ausgedehnt. Entsprechend <strong>der</strong> gesetzlichen Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitkräfte in das<br />
ATZ-Gesetz können gemäß Tarifvertrag ATZ auch die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten in <strong>der</strong><br />
chemischen Industrie nunmehr <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen. Die Anspruchseinschränkung<br />
nach Anteilen von Jahrgängen in <strong>Altersteilzeit</strong> (30/40/50/60 Prozent <strong>der</strong><br />
24
25<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
55/56/57/58-jährigen Beschäftigten / 5 Prozent aller Beschäftigten) bleibt dagegen<br />
erhalten 14 . Neu an diesem Pilot-Tarifabschluss <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 ist jedoch die<br />
erzielte „Lösung“ für die versicherungsmathematischen Abschläge bei einem vorzeitigen<br />
Renteneintritt: Für jeden Monat, den ein Arbeitnehmer Rentenabschläge in Kauf<br />
nimmt, erhält er bis zum 65. Geburtstag – für maximal 48 Monate – 450 DM bei<br />
Tagschicht, 550 DM bei teilkontinuierlicher Wechselschicht o<strong>der</strong> bei Zweischichtarbeit<br />
(mit regelmäßigen Spätschichten) bzw. 750 DM im vollkontinuierlichen Schichtsystem.<br />
Während gemäß Tarifvertrag <strong>der</strong> IG Metall zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Jahr 2000) eine „Rentenaufstockung“<br />
von maximal 21.600 DM (450 DM x 48 Monate) erreicht werden<br />
kann – diese Ausgleichszahlung für die Rentenmin<strong>der</strong>ung entspricht <strong>der</strong> maximalen<br />
Summe für die in Tagschicht Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen Industrie –, können die<br />
Beschäftigten im teilkontinuierlichen Schichtsystem als Ausgleichszahlung für die<br />
Rentenmin<strong>der</strong>ung maximal 26.400 DM sowie im vollkontinuierlichen Schichtsystem<br />
sogar maximal 36.000 DM vom Arbeitgeber erhalten (Abfindungsleistungen vor<br />
Vollendung des 65. Lebensjahres).<br />
Mit <strong>der</strong> Abfindungsregelung des Tarifvertrags ATZ (März 2000) wird für die Beschäftigten<br />
in <strong>der</strong> chemischen Industrie ein teilweiser Ausgleich <strong>der</strong> Abschläge bei <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Rente erreicht. Da die Altersgrenze <strong>der</strong> Arbeitnehmer für eine ungemin<strong>der</strong>te<br />
gesetzliche Altersrente durch das Rentenreformgesetz heraufgesetzt wurde,<br />
bietet die Regelung des Tarifvertrages ATZ einen finanziellen Anreiz, die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
möglichst frühzeitig zu beginnen. Diese Abfindungsregelung (§ 11) soll dem Zweck<br />
des teilweisen Ausgleichs von Rentenabschlägen dienen, sie wird aber in Form einer<br />
einmaligen Zahlung zum Zeitpunkt des Übergangs von <strong>Altersteilzeit</strong> in Altersrente<br />
vorgenommen; dadurch erhält diese Zahlung den Charakter einer Abfindung – nicht<br />
den einer Rentenzahlung.<br />
Die Abschläge bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich auf 3,6 Prozent<br />
für ein Jahr vorgezogenen Ruhestand. Bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> Abfindungsregelung<br />
(§ 11) im „Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>“ für die chemische Industrie<br />
muss die Ausweitung des Anspruchs auf <strong>Altersteilzeit</strong> in seiner Dauer von fünf auf<br />
sechs Jahre gesehen werden. Dadurch kann <strong>der</strong> Abschlag bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rente<br />
von 18 % auf 14,4 % reduziert werden, weil die gemin<strong>der</strong>te Altersrente erst ein Jahr<br />
später (3,6 %) – mit 61 statt 60 Jahren – in Anspruch genommen wird. Der Abfindungsregelung<br />
(§ 11) liegt das folgende Gr<strong>und</strong>modell 15 <strong>der</strong> Tarifvertragsparteien<br />
zugr<strong>und</strong>e:<br />
14 Beide Einschränkungsregelungen stehen übrigens nebeneinan<strong>der</strong>: Sind die Jahrgangsquoten (ATZ)<br />
bereits erschöpft, können in den einzelnen Jahrgängen selbst dann keine weiteren ATZ-<br />
Arbeitsverhältnisse abgeschlossen werden, wenn die Belastungsgrenze von 5 % <strong>der</strong> Belegschaft<br />
noch nicht erreicht ist.<br />
15<br />
Vgl. Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (mit Kommentar für die chemische Industrie), Hg. IG<br />
Bergbau, Chemie, Energie, Vorstandsbereich Tarifpolitik.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />
55 58 61 65<br />
Arbeitsphase Freizeitphase 14,4 % Abschlag<br />
48 Monate<br />
<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />
– Vollkonti-Schicht 48 x 750 = 36.000 DM<br />
– TK + Zweischicht 48 x 550 = 26.400 DM<br />
– Tagschicht 48 x 450 = 21.600 DM<br />
Aus Sicht <strong>der</strong> Chemie-Gewerkschaft handelt es sich bei dem Tarifpaket (Jahr 2000)<br />
um einen „Beschäftigungspakt“, mit dem die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Aufbau einer <strong>tarifliche</strong>n Zusatzrente mit <strong>der</strong> gleichfalls beschlossenen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Ausbildungsplätze miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en wird.<br />
Auch in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie (Nie<strong>der</strong>sachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen)<br />
wurde im Jahr 2000 ein neuer Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen, <strong>der</strong> auf<br />
einer Rahmenregelung für betriebliche Vereinbarungen aus dem Jahr 1998 aufbaut.<br />
Die ursprüngliche <strong>tarifliche</strong> Vereinbarung (März 1998) enthielt keine weitere Leistungsaufstockung,<br />
sie sollte lediglich alle Formen von <strong>Altersteilzeit</strong> durch Betriebsvereinbarungen<br />
ermöglichen – einschließlich <strong>der</strong> Anwendung des Blockmodells nach<br />
dem ATZ-Gesetz. In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurde in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie<br />
neben <strong>der</strong> zweistufigen Einkommenserhöhung auch eine Verbesserung <strong>der</strong> ATZ-<br />
Regelungen sowie (im Westen) die Einrichtung von Langzeit-Arbeitskonten vereinbart.<br />
Ab 1. Juni 2000 haben Beschäftigte nach vollendetem 55. Lebensjahr einen Anspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> über eine Dauer von zwei bis zu sechs Jahren. Das ATZ-<br />
Arbeitsentgelt wird auf 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Rentenversicherungsbeitrag auf 95 Prozent angehoben. Wie schon in <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie (März 2000) wurde – mit den selben Beträgen – auch in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong><br />
Stahlindustrie ein <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Renteneintritt<br />
vereinbart (Juni 2000). Für maximal 48 Monate wird eine nach Schichtsystem<br />
gestaffelte „Abfindung“ vom Arbeitgeber geleistet: Pro Monat des vorzeitigen Rentenbezugs<br />
erhalten Beschäftigte mit regelmäßiger Wechselschicht 750 DM, Beschäftigte<br />
in Wechselschicht mit regelmäßiger Nachtarbeit 550 DM sowie die übrigen Beschäftigten<br />
450 DM. Weiterhin werden die Beträge ab 1. Januar 2002 dynamisiert <strong>und</strong><br />
jährlich um ein Prozent angehoben (Laufzeit dieses Tarifvertrages: 31. Dezember<br />
2006). Auch <strong>der</strong> Insolvenzschutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer-Ansprüche ist in diesem Tarifvertrag<br />
geregelt worden. Außerdem kann gemäß Tarifvertrag eine freiwillige Betriebsvereinbarung<br />
zwecks Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen für die langfristige<br />
Vermögensbildung zur Alterssicherung abgeschlossen werden. Der Tarifvertrag<br />
zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie enthält eine Anspruchseinschränkung:<br />
4 Prozent aller Beschäftigten können die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen.<br />
26
27<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Im öffentlichen Dienst besaßen die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen mit dem „Tarifvertrag<br />
zur Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ bereits ab dem 1. Mai 1998 Anspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Dieser Tarifvertrag enthielt sogar einen individuellen Rechtsanspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Eine Anspruchseinschränkung<br />
bestand darin, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber die <strong>Altersteilzeit</strong> verweigern konnte, „wenn<br />
dringende dienstliche o<strong>der</strong> betriebliche Gründe dagegen stehen“. Die Arbeitnehmer/innen<br />
hatten die üblichen Voraussetzungen zu erfüllen: Sie mussten das 55.<br />
Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren zurückgelegt haben,<br />
weiterhin mussten sie in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />
gewesen sein. Das individuelle Nettoarbeitsentgelt muss zusammen mit<br />
<strong>der</strong> steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfreien Aufstockungsleistung den Mindestnettobetrag<br />
von 83 Prozent des bisherigen Vollzeit-Nettoarbeitsentgeltes erreichen. Die<br />
Beiträge des Arbeitgebers an die Rentenversicherung werden gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Regelung auf 90 Prozent des Vollzeitarbeitsentgeltes angehoben. Die teilweise<br />
Kompensation für Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug fällt dagegen gering<br />
aus: Gemäß Tarifvertrag ATZ (Mai 1998) erhält ein/e Beschäftigte/r im öffentlichen<br />
Dienst für je 0,3 Prozent Rentenabschlag eine Abfindung von 5 Prozent des Entgelts<br />
im letzten Monat vor Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. So stehen bei einer um zwei Jahre<br />
vorzeitig in Anspruch genommenen Rente 1,2 Monatsbezüge (24 Monate x 5 % =<br />
120 % des letzten Monatsentgelts) als Abfindung zu. Diese geringe Kompensation von<br />
Rentenabschlägen ist in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 im Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV<br />
erhalten geblieben.<br />
Im Gegensatz zu vielen Tarifverträgen von Industriegewerkschaften, die ausschließlich<br />
das Blockmodell vorgeben, zeichnet sich <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV (Mai<br />
1998) bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit dadurch aus, dass während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
alle Formen <strong>der</strong> Verteilung möglich sind. Außer dem – wegen Tarifvorbehalt im<br />
ATZ-Gesetz gegenüber einem mehr als dreijährigen Verteilzeitraum beim Blockmodell<br />
– tariflich geregelten langfristigen Blockmodell (maximale Dauer: bis zu zehn Jahren)<br />
können die Arbeitnehmer/innen auch an<strong>der</strong>e, den Vorschriften des ATZ-Gesetzes<br />
entsprechende Gestaltungsformen wählen: Neben <strong>der</strong> traditionellen „Halbtagsbeschäftigung“<br />
kann auch ein variables „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ gewählt werden, bei dem im<br />
täglichen, wöchentlichen, monatlichen o<strong>der</strong> jährlichen Rhythmus Arbeit <strong>und</strong> Freizeit<br />
einan<strong>der</strong> abwechseln. Diese Wahlmöglichkeit ist im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />
<strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 erhalten geblieben.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Tarifr<strong>und</strong>e 2000 war im öffentlichen Dienst vor allem durch die For<strong>der</strong>ung nach<br />
Tariferhöhung (5 %) bestimmt. Die Tarifverhandlungen endeten mit einer Schlichtung<br />
(Juni 2000) 16 . Wie schon zuvor in den Tarifr<strong>und</strong>en <strong>der</strong> Metallindustrie sowie <strong>der</strong><br />
chemischen Industrie wurde auch im öffentlichen Dienst eine zweistufige Einkommenserhöhung<br />
vereinbart (Laufzeit bis zum 31. Oktober 2002). Hinsichtlich <strong>der</strong> ATZ-<br />
Regelung ist hervorzuheben, dass es den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes<br />
(ÖTV, DAG, usw.) in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 gelang, die Än<strong>der</strong>ungen des ATZ-Gesetzes<br />
im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> zügig aufzunehmen. Während die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />
gemäß dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 1. Januar<br />
2000 einen gesetzlichen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> haben, haben gemäß Tarifvertrag<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten des öffentlichen Dienstes ab dem 1.<br />
Juli 2000 erstmals einen <strong>tarifliche</strong>n Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong>. Die Laufzeit des<br />
Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist im öffentlichen Dienst – im Gegensatz zu den<br />
Tarifverträgen in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft – unbefristet. Die <strong>Altersteilzeit</strong> kann weiterhin<br />
auf bis zu zehn Jahren verteilt werden. Die För<strong>der</strong>höchstdauer ist mit dem 2. Gesetz<br />
zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft ab 1. Juli 2000) von fünf auf sechs<br />
Jahre – <strong>und</strong> die Mindestnachbesetzungsdauer gleichfalls um ein Jahr von drei auf vier<br />
Jahre – erhöht worden. Selbst wenn keine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />
über diesen Zeitraum hinweg erfolgt, haben die Arbeitnehmer/innen Anspruch auf die<br />
tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsbeträge für die gesamte Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses.<br />
Das ATZ-Arbeitsverhältnis muss für die Dauer von mindestens<br />
zwei Jahren vereinbart werden, um den Anspruch auf die „Rente wegen<br />
Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit 60 Jahren zu erwerben. Nach dem<br />
Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> ist es ansonsten aber auch möglich, eine kürzere Dauer <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> zu vereinbaren. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des ATZ-<br />
Gesetzes (in Kraft ab 1. Juli 2000) vom 31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009<br />
muss demnach gemäß <strong>der</strong> aktuellen Gesetzeslage ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
noch vor dem 1. Januar 2010 beginnen. Damit wird den Beschäftigten <strong>und</strong> den<br />
Dienstvertragsparteien ein weiter Planungshorizont für die individuelle <strong>und</strong> betriebliche<br />
Personalentwicklung eingeräumt.<br />
Die von <strong>der</strong> Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Ende 2002/Anfang 2003 geführte<br />
Tarifr<strong>und</strong>e war eine reine Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsr<strong>und</strong>e. Der im Januar 2003 im öffentlichen<br />
Dienst erzielte Tarifkompromiss sieht eine Erhöhung <strong>der</strong> Löhne <strong>und</strong> Gehälter in<br />
drei Stufen um nominal 4,4 Prozent bis Anfang 2005 vor (Laufzeit bis Ende Januar<br />
2005 = 27 Monate). Umgerechnet beträgt diese Lohn- <strong>und</strong> Gehaltserhöhung r<strong>und</strong> 2<br />
Prozent pro Jahr. Zur Entlastung <strong>der</strong> Arbeitgeber wird ein freier Tag gestrichen (AZV-<br />
Tag). Die Einkommenserhöhung wird also teilweise durch Verlängerung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
kompensiert. Die Tarifpolitische Gr<strong>und</strong>satzabteilung <strong>der</strong> Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft<br />
hat nach Abschluss dieser Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsr<strong>und</strong>e die Arbeitszeitpolitik<br />
16 Vgl. im einzelnen dazu: R. Bispink, WSI – Tarifarchiv, Tarifpolitischer Jahresbericht 2000, a.a.O., S.<br />
20 ff.<br />
28
29<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
wie<strong>der</strong> auf die Tagesordnung gesetzt. Mit einer neuen arbeitszeitpolitischen Initiative<br />
(Jahre 2003/2004) will die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ab dem Jahr 2005<br />
eine Tarifbewegung zur Verkürzung <strong>und</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitszeit in Gang bringen.<br />
Zusammenfassung: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Die tarifvertraglichen Regelungen setzen zumeist an <strong>der</strong> Aufstockung <strong>der</strong> gesetzlich<br />
vorgesehenen ATZ-Leistungen an, um die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit in finanzieller Hinsicht für<br />
die Beschäftigten attraktiv zu machen. Diese Aufstockung bezieht sich vor allem auf<br />
das Arbeitsentgelt: So wurden für die Metallindustrie 82 Prozent des bisherigen Netto-<br />
Vollzeitentgelts, für den öffentlichen Dienst 83 Prozent, für die Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie<br />
sowie für die chemische Industrie 85 Prozent des Netto-Vollzeitentgelts tarifvertraglich<br />
vereinbart. Eine Aufstockung des Rentenversicherungsbeitrages über die<br />
gesetzlich vorgeschriebenen 90 Prozent hinaus findet i.d.R. nicht statt (Ausnahmen:<br />
Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie = 95 %, Metallindustrie = 95 %). Erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />
2000 wurden in Verbandstarifverträgen anteilige Erstattungen für die späteren<br />
Rentenabschläge vorgesehen. Im Firmentarifvertrag <strong>der</strong> IG Metall mit <strong>der</strong> Volkswagen<br />
AG ist bereits im Jahre 1997 das Problem <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenabschläge beim<br />
vorzeitigen Ruhestand nach <strong>Altersteilzeit</strong> großzügig geregelt worden (paritätische<br />
Aufteilung <strong>der</strong> Rentenabschläge auf Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer). Offenbar waren<br />
jedoch diese günstigen Bedingungen des „Son<strong>der</strong>falls“ Volkswagen nicht verallgemeinerbar<br />
für die gesamte Metallindustrie. Erst in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 konnte die IG<br />
Metall in den Verbandstarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> einen teilweisen Ausgleich <strong>der</strong><br />
Rentenabschläge durch eine in <strong>der</strong> Höhe begrenzte Abfindung (maximal 21.600 DM)<br />
tarifvertraglich vereinbaren. Eine weiter gehende Kompensation von Rentenabschlägen<br />
nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 insbeson<strong>der</strong>e in denjenigen<br />
Branchen vereinbart worden, die – mehr noch als die Metallindustrie – durch kontinuierliche<br />
Schichtsysteme geprägt sind: Sowohl in <strong>der</strong> Stahlindustrie als auch in <strong>der</strong><br />
chemischen Industrie werden gemäß Schichtsystem gestaffelte Abfindungen gezahlt<br />
(minimal 21.600 DM/maximal 36.000 DM).<br />
Weiterhin werden in den Tarifverträgen zur <strong>Altersteilzeit</strong> die Anspruchsvoraussetzungen<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten wie auch die Anspruchseinschränkungen geregelt. Bei den<br />
Anspruchsvoraussetzungen (Mindestalter, Anspruch an das vorherige Beschäftigungsverhältnis)<br />
orientieren sich die Tarifverträge weitgehend an den Bestimmungen des<br />
ATZ-Gesetzes: Mindestalter von 55 Jahren, bis zur Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten:<br />
mindestens 3 Jahre (1080 Kalen<strong>der</strong>tage) Vollzeitbeschäftigung in den letzten<br />
5 Beschäftigungsjahren (ausnahmsweise wird auch – wie im Versicherungsgewerbe –<br />
eine Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren vorausgesetzt). Die Anspruchseinschränkungen<br />
enthalten i. d. R. Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklauseln für die Betriebe, die einen<br />
Anspruch <strong>der</strong> Beschäftigten dann ausschließen, wenn ein bestimmter Anteil aller<br />
Beschäftigten (4 % o<strong>der</strong> 5 %) o<strong>der</strong> bestimmter Altersjahrgänge – wie in <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie sowie in <strong>der</strong> Metallindustrie – sich bereits in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
befindet. Dabei steigen die Quoten für die älteren Beschäftigten, die gemäß Tarifver-
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
trag <strong>Altersteilzeit</strong> beanspruchen dürfen, i. d. R. mit den Jahrgängen an (z. B. in <strong>der</strong><br />
Metallindustrie: 40/50/60/70 % <strong>der</strong> 57/58/59/60-jährigen Beschäftigten). Bei den<br />
Betriebsfallstudien wird sich zeigen, in wieweit die Betriebsvertragsparteien sich an<br />
diese Anspruchseinschränkungen halten o<strong>der</strong> aber – was ihnen offen steht – auf die<br />
Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel einfach verzichten, um z. B. einen größeren Personalabbau<br />
über das Instrument ATZ vornehmen zu können.<br />
Während in vielen Tarifverträgen lediglich die Möglichkeit <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Regelungen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bildung eines über 3 Jahre hinausgehenden<br />
Verteilzeitraums von „verblockter“ <strong>Altersteilzeit</strong>, geregelt wird, wird in einigen<br />
Tarifverträgen den älteren Beschäftigten ein Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> eingeräumt.<br />
So enthält <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> chemischen Industrie einen allgemeinen<br />
Rechtsanspruch <strong>der</strong> Arbeitnehmer auf <strong>Altersteilzeit</strong>, einen „unmittelbaren <strong>tarifliche</strong>n<br />
Anspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses nach dem <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsmodell<br />
Ι“, d. h. nach dem „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ (Verkürzung <strong>der</strong> täglichen o<strong>der</strong><br />
wöchentlichen Arbeitszeit); jedoch können „betriebliche, insbeson<strong>der</strong>e arbeitsorganisatorische<br />
Gründe einer Beschäftigung des älteren Arbeitnehmers in <strong>Teil</strong>zeitarbeit<br />
entgegenstehen“ (Tarifvertrag zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, IG BCE, März 2000).<br />
Deshalb kann <strong>der</strong> Arbeitgeber das Verlangen des Arbeitnehmers nach „<strong>Teil</strong>zeitarbeit“<br />
aus betrieblichen Gründen ablehnen, wenn er dem Arbeitnehmer stattdessen eine<br />
„Beschäftigung nach dem <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsmodell ΙΙ anbietet“, d. h. nach dem<br />
„Blockmodell“. Diese tarifvertraglichen Bestimmungen sind mit dafür verantwortlich,<br />
dass die Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen Industrie nahezu ausschließlich die „verblockte“<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> wählen.<br />
Der allgemeine Rechtsanspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrages wird<br />
in <strong>der</strong> chemischen Industrie gemäß Tarifvertrag in doppelter Hinsicht eingeschränkt:<br />
Entsprechend <strong>der</strong> „Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel“ kann <strong>der</strong> Arbeitgeber den Abschluss<br />
eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses ablehnen, wenn 5 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
des Betriebes von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bereits Gebrauch machen; <strong>der</strong> Anspruch auf<br />
Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrages wird zudem durch die Festlegung<br />
beson<strong>der</strong>er Jahrgangsquoten eingeschränkt (<strong>der</strong> Anspruch ist ausgeschlossen, wenn<br />
mehr als 30 % <strong>der</strong> 55-jährigen, mehr als 40 % <strong>der</strong> 56-jährigen, mehr als 50 % <strong>der</strong><br />
57-jährigen, mehr als 60 % <strong>der</strong> 58-jährigen Beschäftigten ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
abgeschlossen haben). Allerdings steht es dem Arbeitgeber frei, auf den<br />
Überfor<strong>der</strong>ungsschutz zu verzichten: Jenseits <strong>der</strong> 5 %-Klausel können auf freiwilliger<br />
Gr<strong>und</strong>lage je<strong>der</strong>zeit ATZ-Arbeitsverträge abgeschlossen werden; es besteht nur in<br />
solchen Fällen kein durchsetzbarer Rechtsanspruch mehr (Freiwilligkeitsvorbehalt).<br />
Im Rahmen des Tarifvertrages (März 2000) haben die Beschäftigten in <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie einen „unmittelbaren“ tarifvertraglichen Anspruch auf ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
von zwei bis zu sechs Jahren. Die Möglichkeit, für die Dauer von<br />
bis zu zehn Jahren ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis abzuschließen, besteht nur auf<br />
Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung o<strong>der</strong> auf einem Einzelarbeitsvertrag, <strong>der</strong><br />
mit Zustimmung des Betriebsrates abgeschlossen wird. Damit gibt es für die Verein-<br />
30
31<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
barung von ATZ-Arbeitsverhältnissen mit mehr als sechs Jahren Laufzeit in <strong>der</strong><br />
chemischen Industrie keinen „direkten“ tarifvertraglichen Anspruch.<br />
Einen allgemeinen Rechtsanspruch enthalten die wenigsten Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong>;<br />
jedoch sind in den Tarifverträgen einzelner großer Branchen Rechtsansprüche<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten ab einem bestimmten Lebensalter geregelt worden: Bereits <strong>der</strong> erste<br />
Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Mai 1998) enthält einen Rechtsanspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Dieser Rechtsanspruch ist<br />
im zweiten Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Juni 2000) erhalten<br />
geblieben. Auch in <strong>der</strong> Metallindustrie enthält <strong>der</strong> Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
(Laufzeit bis zum 30. April 2003) einen nach Lebensalter geregelten Rechtsanspruch<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong>: Während nach dem Manteltarifvertrag ATZ die<br />
Beschäftigten ab vollendetem 61. Lebensjahr einen individuellen Rechtsanspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> haben, erhalten die Beschäftigten nach dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“<br />
(März 2000) bereits ab vollendetem 57. Lebensjahr einen Anspruch 17<br />
auf eine – maximal sechsjährige – „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong>. Damit können die<br />
Metall-Beschäftigten ihr Arbeitsleben faktisch – wenngleich nicht arbeitsrechtlich –<br />
mit dem vollendeten 60. Lebensjahr beenden.<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung (WSI) zur Nutzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Betrieben <strong>und</strong> Behörden<br />
Die Umsetzung <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n ATZ-Regelungen in den Betrieben <strong>und</strong><br />
Behörden über Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen bildet ein noch weitgehend<br />
unbekanntes Feld von ATZ-Regelungen 18 . Einen ersten – halbwegs repräsentativen –<br />
Überblick bietet die Ende 1999/Anfang 2000 vom WSI durchgeführte Betriebs- <strong>und</strong><br />
Personalrätebefragung, die einige Fragen zur <strong>Altersteilzeit</strong> enthält. Diese Befragung<br />
richtete sich an Betriebe bzw. Dienststellen ab 20 Beschäftigten mit Betriebs- bzw.<br />
Personalrat, d. h. Arbeitsstätten ohne betriebliche Interessenvertretung sowie Betriebe<br />
<strong>und</strong> Dienststellen mit weniger als 20 Beschäftigten sind in dieser Betriebs- <strong>und</strong><br />
Personalrätebefragung nicht enthalten. Aufgr<strong>und</strong> des Erhebungszeitpunktes konnten<br />
17 Wie bereits ausgeführt, wird in <strong>der</strong> Metallindustrie <strong>der</strong> Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> ausgeschlossen,<br />
wenn 4 Prozent (ab 1. Mai 2000) bzw. 5 Prozent (ab 1. Mai 2002) aller Beschäftigten des Betriebes<br />
bereits von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen bzw. wenn mehr als 40 % <strong>der</strong> 57-jährigen, mehr<br />
als 50 % <strong>der</strong> 58-jährigen, mehr als 60 % <strong>der</strong> 59-jährigen, mehr als 70 % <strong>der</strong> 60-jährigen Beschäftigten<br />
bereits einen <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrag abgeschlossen haben.<br />
18 Eine Untersuchung <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von ATZ-Tarifverträgen in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong><br />
Elektroindustrie wurde am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke in Baden-Württemberg sowie in Nordrhein-<br />
Westfalen auf Basis von freiwilligen Betriebsvereinbarungen im Jahre 1999 im Auftrag <strong>der</strong> Hans-<br />
Böckler-Stiftung durchgeführt (vgl. C. Barkholdt, u.a., Evaluation <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>tarifverträgen am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> Baden-<br />
Württemberg, Manuskript, Dortm<strong>und</strong> 2001). Im Unterschied zum Tarifvertrag in <strong>der</strong> Chemieindustrie<br />
setzte <strong>der</strong> zum Untersuchungszeitpunkt gültige Tarifvertrag in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />
den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung voraus, wenn die <strong>Altersteilzeit</strong> bereits ab dem<br />
55. Lebensjahr <strong>der</strong> Beschäftigten beginnen sollte.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
zudem die Auswirkungen <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen des Jahres 2000<br />
sowie <strong>der</strong> darauf aufbauenden tarifvertraglichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen (Tarifr<strong>und</strong>e<br />
2000) noch nicht mit dieser Befragung erfasst werden.<br />
Mit <strong>der</strong> WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung wurden alle wichtigen Branchen<br />
<strong>und</strong> Organisationsbereiche in West- <strong>und</strong> Ostdeutschland erfasst. Auf die Unterschiede<br />
zwischen West- <strong>und</strong> Ostdeutschland gehen wir in unserer Zusammenfassung nicht<br />
näher ein, weil wir den Vergleich Westdeutschland – Land Bremen im Blickfeld<br />
unserer Untersuchung haben. Unsere Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse dieser<br />
Befragung zur Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Deutschland (Ende 1999/Anfang 2000)<br />
beruht auf <strong>der</strong> Auswertung <strong>und</strong> Darstellung von Ute Klammer <strong>und</strong> Helmut Weber in<br />
ihrer Abhandlung in den WSI-Mitteilungen 19 .<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> als Arbeitsfeld <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte<br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong> bildet ein wichtiges Thema für die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte in ihrer<br />
alltäglichen Arbeit. 54 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte <strong>und</strong> sogar 68 Prozent <strong>der</strong> Personalräte<br />
gaben in <strong>der</strong> Befragung an, sich in den letzten Jahren mit dem Thema „<strong>Altersteilzeit</strong>“<br />
beschäftigt zu haben. Im öffentlichen Dienst war die <strong>Altersteilzeit</strong> sogar das am<br />
häufigsten genannte Arbeitsfeld <strong>der</strong> Personalräte, in <strong>der</strong> Privatwirtschaft bildete die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> nach dem „Personalabbau“ das zweithäufigst genannte Arbeitsfeld <strong>der</strong><br />
Betriebsräte. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Mehrstufigkeit <strong>der</strong> Regelungen (Gesetz – Tarifvertrag –<br />
Betriebs-/Dienstvereinbarung – Einzelarbeitsvertrag) kommt den Betriebs- bzw.<br />
Personalräten bei <strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> individuellen Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
eine bedeutende Rolle zu. „Sowohl für den öffentlichen Dienst als auch für die<br />
Privatwirtschaft gilt dabei: je größer die Dienststelle bzw. <strong>der</strong> Betrieb, desto eher ist<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong> ein Thema.“ 20 Für die Betriebsräte ist die <strong>Altersteilzeit</strong> eine Erfolgsgeschichte:<br />
Ein knappes Drittel <strong>der</strong> Betriebsräte gibt an, auf diesem Feld „viel“ erreicht<br />
zu haben, ein gutes Drittel meint, es sei immerhin „einiges“ erreicht worden, lediglich<br />
ein Drittel gibt an, „wenig“ erreicht zu haben (Westdeutschland). Bei den Personalräten<br />
überwiegt eine mittlere Zufriedenheit: Etwa die Hälfte <strong>der</strong> Personalräte gibt an,<br />
immerhin „einiges“ erreicht zu haben, während eine positive sowie eine negative<br />
Einschätzung jeweils von einem Viertel <strong>der</strong> Personalräte angegeben wird.<br />
19 Ute Klammer, Helmut Weber, Flexibel in den Ruhestand? – Ergebnisse <strong>und</strong> Überlegungen zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> , in: WSI-Mitteilungen, 2/2001, S. 102 – 112.<br />
20 Ute Klammer, Helmut Weber, Flexibel in den Ruhestand?, a. a. O., S. 104.<br />
32
Verbreitung <strong>und</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
33<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Während in nicht ganz <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> westdeutschen Betriebe (46 %) <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Regelungen bestehen, weisen nahezu zwei Drittel <strong>der</strong> westdeutschen Dienststellen<br />
(65 %) <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen auf.<br />
Die Aufglie<strong>der</strong>ung nach Betriebsgrößenklassen zeigt bei den Betrieben in Deutschland<br />
einen signifikanten Zusammenhang: In <strong>der</strong> Tendenz steigt mit <strong>der</strong> Betriebsgröße <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> Betriebe mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen (vgl. Schaubild 2). Während von den<br />
Betrieben zwischen 50 <strong>und</strong> 100 Beschäftigten etwa je<strong>der</strong> vierte Betrieb <strong>Altersteilzeit</strong><br />
anbietet, ist dieses bei den Betrieben zwischen 100 <strong>und</strong> 500 Beschäftigten etwa bei<br />
jedem dritten Betrieb <strong>der</strong> Fall. Über 60 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte aus Betrieben mit<br />
500 bis 1000 Beschäftigten <strong>und</strong> sogar 85 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte aus Betrieben mit<br />
mehr als 1000 Beschäftigten haben angegeben, dass in ihrem Betrieb eine <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />
existiert.<br />
Schaubild 2: Anteil <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong>regelung (in %)<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
45 46<br />
38<br />
Gesamt West Ost<br />
67 65<br />
77<br />
Gesamt West Ost<br />
Privatwirtschaft<br />
Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />
9<br />
20-50<br />
AN<br />
27<br />
51-100<br />
AN<br />
37 33<br />
101-200<br />
AN<br />
Öffentlicher Dienst<br />
49<br />
20-50<br />
AN<br />
51<br />
51-100<br />
AN<br />
57<br />
101-200<br />
AN<br />
201-500<br />
AN<br />
61<br />
500-<br />
1000 AN<br />
85<br />
über<br />
1000 AN<br />
81 83 80<br />
201-500<br />
AN<br />
500-<br />
1000 AN<br />
über<br />
1000 AN
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Man kann davon ausgehen, dass die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Än<strong>der</strong>ung<br />
des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>) die Nutzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nunmehr auch für Kleinbetriebe attraktiv macht, weil seitdem <strong>der</strong><br />
Nachweis <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten gegenüber<br />
dem Arbeitsamt wesentlich erleichtert worden ist.<br />
„Im öffentlichen Sektor ist Alterssicherung insgesamt weiter verbreitet als in <strong>der</strong><br />
Privatwirtschaft: In r<strong>und</strong> zwei Drittel <strong>der</strong> Dienststellen existiert nach Angabe <strong>der</strong><br />
Personalräte eine Regelung zur <strong>Altersteilzeit</strong>. Die stärkere Verbreitung von <strong>Altersteilzeit</strong><br />
im Vergleich zur Privatwirtschaft ist dabei vor allem in kleinen <strong>und</strong> mittelgroßen<br />
Dienststellen augenfällig (vgl. Schaubild 2). Wie die Differenzierung nach Dienststellenbereichen<br />
offenbart, ist <strong>Altersteilzeit</strong> beson<strong>der</strong>s verbreitet im Bereich des Sozial<strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitswesens (Deckungsgrad: über 90 %).“ 21<br />
45 Prozent <strong>der</strong> Betriebsräte sowie 67 Prozent <strong>der</strong> Personalräte in Deutschland haben<br />
in <strong>der</strong> WSI-Befragung angegeben, dass in ihrem Betrieb bzw. in ihrer Dienststelle eine<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung existiert. Diese Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte sollten Angaben zu<br />
den jeweils praktizierten Formen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> machen. Dabei ergibt sich das<br />
interessante Ergebnis, „dass im öffentlichen Dienst den Beschäftigten häufiger die<br />
Wahlmöglichkeit zwischen den beiden konkurrierenden Varianten „Blockmodell“ <strong>und</strong><br />
„<strong>Teil</strong>zeitmodell“ eingeräumt wird“. 22<br />
Nahezu drei Viertel <strong>der</strong> Dienststellen (74 %) bieten ihren Beschäftigten nach Angaben<br />
<strong>der</strong> Personalräte eine Wahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Varianten an, während<br />
nicht ganz die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe (48 %) nach Angaben <strong>der</strong> Betriebsräte ihren<br />
Beschäftigten eine solche Wahlmöglichkeit einräumt (vgl. Schaubild 3). Auch bei<br />
dieser Frage ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang mit <strong>der</strong> Betriebsgrößenklasse:<br />
Je größer die Dienststelle bzw. <strong>der</strong> Betrieb mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung, umso mehr<br />
können die Beschäftigten zwischen Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell wählen.<br />
Bedenkenswert scheint uns, dass fast je<strong>der</strong> zweite Betrieb mit <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />
in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft ausschließlich das Blockmodell vorsieht (47 %), während<br />
diese, die Wahlmöglichkeit ausschließende, Vorgabe des Blockmodells lediglich von<br />
je<strong>der</strong> fünften Dienststelle im öffentlichen Dienst gemacht wird (20 %). Insgesamt<br />
betrachtet, wird also dem eigentlichen <strong>Teil</strong>zeitmodell, welches <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
Intention des Gesetzgebers bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz zur<br />
För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“) als Modell zugr<strong>und</strong>e lag, in<br />
<strong>der</strong> betrieblichen Praxis gegenüber dem mehrheitlich favorisierten Blockmodell<br />
lediglich eine nachgeordnete Bedeutung eingeräumt.<br />
21 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 105.<br />
22 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 105.<br />
34
Schaubild 3: Angebotenes Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in %)<br />
beide<br />
Modelle<br />
48 %<br />
Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />
35<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 4: Ausgleich für den späteren Rentenabschlag nach <strong>Altersteilzeit</strong> (in %)<br />
nein<br />
61 %<br />
Privatw irtschaft<br />
nur<strong>Teil</strong>zeit<br />
5 %<br />
Privatw irtschaft<br />
ja, vollständig<br />
4 %<br />
nur<br />
Blockzeit<br />
47 %<br />
ja,<br />
anteilig<br />
35 %<br />
Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />
Auch bei <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> individuellen Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die<br />
Beschäftigten zeigt sich, dass <strong>der</strong> vom Gesetzgeber eingeräumte beträchtliche<br />
Zeitraum von bis zu 10 Jahren (<strong>Altersteilzeit</strong> zwischen 55 <strong>und</strong> 65 Jahren) keineswegs<br />
umfassend ausgeschöpft wird. „Die maximale Dauer <strong>der</strong> individuellen Inanspruchnahme<br />
liegt im Durchschnitt in <strong>der</strong> Privatwirtschaft bei etwas über fünf Jahren, im<br />
öffentlichen Dienst mit über sieben Jahren deutlich höher.“ 23 Faktisch beträgt die<br />
Mindestdauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, welche den Beschäftigten in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> im öffentlichen Dienst vorgeschrieben wird, im Durchschnitt etwas mehr als zwei<br />
Jahre. Dieses Ergebnis beruht sicherlich auf <strong>der</strong> vom Gesetzgeber vorgeschriebenen<br />
23 U. Klammer, H. Weber, a. a. O., S. 106.<br />
nur<br />
Blockzeit<br />
20 %<br />
nein<br />
58 %<br />
Öffentlicher Dienst<br />
nur<strong>Teil</strong>zeit<br />
6 %<br />
Öffentlicher Dienst<br />
ja, vollständig<br />
7 %<br />
beide<br />
Modelle<br />
74 %<br />
ja,<br />
anteilig<br />
35 %
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Mindestdauer von 24 Monaten <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit als Bedingung für den Anspruch auf<br />
den Bezug einer Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit.<br />
Die tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers für die in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten übersteigen die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen<br />
Aufstockungen des Netto-Einkommens, teilweise auch <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeiträge,<br />
in relevantem Ausmaß. Auf <strong>der</strong> betrieblichen Ebene werden die tarifvertraglich<br />
vereinbarten Aufstockungsleistungen teilweise noch verbessert. Diese Leistungen<br />
beziehen sich v. a. auf den Lohn bzw. das Gehalt. Gemäß den Angaben <strong>der</strong> Betriebs<strong>und</strong><br />
Personalräte ergibt sich eine durchschnittliche Aufstockung des Nettolohnes <strong>der</strong><br />
„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ auf r<strong>und</strong> 83 Prozent (öffentlicher Dienst) bzw. 84 Prozent (Privatwirtschaft).<br />
Mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> fast die Hälfte <strong>der</strong> Dienststellen zahlt<br />
den „<strong>Altersteilzeit</strong>ern“ mehr Lohn bzw. Gehalt als die vom Gesetzgeber gefor<strong>der</strong>ten 70<br />
Prozent. Bei den Rentenversicherungsbeiträgen wird die gesetzlich geregelte Aufstokkung<br />
von 90 Prozent nur vereinzelt in Tarifverträgen noch verbessert. „Erhebliche<br />
Unterschiede zeigen sich in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> versicherungstechnischen Rentenabschläge,<br />
die bei den <strong>Altersteilzeit</strong>ern durch den früheren Rentenzugang beträchtlich<br />
sein können, nämlich bis zu 18 Prozent bei Rentenzugang mit 60 statt 65 Jahren<br />
betragen. Hierfür hat <strong>der</strong> Gesetzgeber keine Ausgleichsregelung vorgesehen.“ 24<br />
Wie unsere Analyse <strong>der</strong> Tarifverträge gezeigt hat, sind insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />
2000 Abfindungsleistungen zum Ausgleich <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenabschläge bei<br />
einem vorzeitigem Ruhestand des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ vereinbart worden. Diese Leistungen<br />
werden ausschließlich vom Arbeitgeber getragen. Nach den Angaben <strong>der</strong> Betriebs-<br />
<strong>und</strong> Personalräte können die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ in etwa 40 Prozent <strong>der</strong> Betriebe<br />
<strong>und</strong> Dienststellen mit einem teilweisen Ausgleich für den späteren Rentenabschlag<br />
rechnen (vgl. Schaubild 4). Dadurch ist die Attraktivität eines vorzeitigen Ruhestandes<br />
in vielen Betrieben <strong>und</strong> Dienststellen für die älteren Arbeitnehmer/innen sicherlich<br />
gesteigert worden. Die seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegene Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> lässt sich sicherlich auf die Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens<br />
durch Tarifverträge <strong>und</strong> Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen erklären. Beschäftigte<br />
in Großbetrieben profitieren am meisten von <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n <strong>und</strong> betrieblichen<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Aufstockungsleistungen: „Je größer <strong>der</strong> Betrieb o<strong>der</strong> die Dienststelle,<br />
desto eher gehen die gewährten Aufstockungsleistungen über die gesetzlichen<br />
Regelungen hinaus.“ 25<br />
Inanspruchnahme <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung<br />
Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> kann durch den Arbeitgeber beschränkt<br />
werden. Der Gesetzgeber hat zum Schutz <strong>der</strong> Betriebe eine Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel<br />
verabschiedet, wonach <strong>der</strong> Anspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> auf 5<br />
24 Dies., a. a. O., S. 106 f.<br />
25 Dies., a. a. O., S. 107.<br />
36
37<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Prozent aller Beschäftigten eines Betriebes eingeschränkt wird. In vielen Tarifverträgen<br />
wird die gesetzliche Regelung noch weiter spezifiziert, indem jahrgangsbezogene<br />
Quoten für die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ festgelegt werden (wie in <strong>der</strong> chemischen Industrie<br />
sowie in <strong>der</strong> Metallindustrie). Damit kann ein tarifvertraglich vereinbarter Rechtsanspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> – wie im Tarifvertrag „Beschäftigungsbrücke“ in <strong>der</strong> Metallindustrie<br />
enthalten – für bestimmte Beschäftigtengruppen eingeschränkt werden.<br />
Allerdings können die Betriebe auf die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel in Gänze verzichten.<br />
„In <strong>der</strong> WSI-Befragung verneinten die Frage, ob die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
quantitativ beschränkt sei, 63 Prozent <strong>der</strong> antwortenden Betriebsräte <strong>und</strong> sogar<br />
78 Prozent <strong>der</strong> antwortenden Personalräte, nur r<strong>und</strong> 37 Prozent <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong><br />
sogar nur 22 Prozent <strong>der</strong> Personalräte gaben an, dass in ihrem Betrieb/ihrer Dienststelle<br />
die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> quantitativ begrenzt sein.“ 26<br />
Soweit die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte Angaben zur Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
durch die älteren Beschäftigten ihres Betriebes bzw. ihrer Dienststelle gemacht<br />
haben, betrug <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ an den über-55-jährigen Beschäftigten<br />
Ende 1999/Anfang 2000 in <strong>der</strong> Privatwirtschaft immerhin 28 Prozent (Westdeutschland:<br />
28 %), im öffentlichen Dienst lediglich 19 Prozent (Westdeutschland: 17 %).<br />
„Die Frage, ob <strong>Altersteilzeit</strong> in erster Linie zum Personalabbau genutzt wird o<strong>der</strong><br />
tatsächlich einen Beitrag zum Abbau <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit leistet, ist vor allem aus<br />
arbeitsmarktpolitischer Perspektive zentral. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus<br />
dem Anteil <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse, für die die Betriebe/Dienststellen sich<br />
die gesetzlichen Aufstockungsleistungen durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit erstatten<br />
lassen, da diese Erstattung an die Wie<strong>der</strong>besetzung des Arbeitsplatzes geknüpft ist.“ 27<br />
Die Frage nach <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> Erstattungsleistungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Arbeit wurde in <strong>der</strong> WSI-Befragung von einer hohen Anzahl von Betriebsräten mit<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> im Betrieb (19 %) sowie von Personalräten aus Dienststellen mit<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (24 %) nicht beantwortet. Von einem Viertel <strong>der</strong> Betriebe (25 %) wurden<br />
keine Erstattungsleistungen in Anspruch genommen. Die Mehrheit <strong>der</strong> Betriebe (56<br />
%) nimmt nach den Angaben <strong>der</strong> Betriebsräte dagegen die Erstattungsleistungen in<br />
Anspruch. Im öffentlichen Dienst werden die Erstattungsleistungen viel häufiger nicht<br />
in Anspruch genommen (40 %) als in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft (25 %). Entsprechend<br />
fällt die Inanspruchnahme <strong>der</strong> Erstattungsleistungen in den Dienststellen (36 %)<br />
wesentlich niedriger aus als in den Betrieben (56 %).<br />
26 Dies., a. a. O. S. 107.<br />
27 Dies., a. a. O. S. 108.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 5: Inanspruchnahme von Erstattungen durch die B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Arbeit für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Aufstockungen (in %)<br />
ja, aber keine<br />
Angabe zum<br />
Anteil<br />
26 %<br />
keine<br />
Inanspruchnahme<br />
von<br />
Erstattungen<br />
25 %<br />
Privat wirtschaft<br />
(insgesamt: 56 %)<br />
Quelle: WSI-Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung 1999/2000<br />
Wenn also in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Betriebe die Erstattungsleistungen<br />
<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit in Anspruch nehmen, wird ein gewisser<br />
Anteil <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei werdenden Stellen wie<strong>der</strong> besetzt. Der hohe Anteil<br />
<strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte, <strong>der</strong> keine Angaben zur Frage <strong>der</strong> Inanspruchnahme<br />
machen kann, verweist wahrscheinlich darauf, „dass für die Betriebe häufig zum<br />
Zeitpunkt des Abschlusses eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Verhältnisses noch nicht definitiv<br />
feststeht, ob sie den Arbeitsplatz wie<strong>der</strong>besetzen werden <strong>und</strong> sich die gesetzlichen<br />
Aufstockungen erstatten lassen können. Dies ist eine Folge <strong>der</strong> hohen Präferenz des<br />
Blockmodells, da bei <strong>Altersteilzeit</strong>-Fällen mit Blockmodell zunächst nur Anträge auf<br />
Vorausentscheidung an die BA gestellt werden können, über die tatsächliche Wie<strong>der</strong>besetzung<br />
<strong>und</strong> damit auch die För<strong>der</strong>ungsfähigkeit aber erst zu Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />
entschieden wird“ 28 .<br />
Seit <strong>der</strong> Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes August 1996 ist die Anzahl <strong>der</strong> Erstattungsanträge<br />
an die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit beständig gestiegen (vgl. Tabelle 2). Bis<br />
Ende 2000 waren insgesamt fast 83.000 Anträge gestellt worden, von denen nahezu<br />
72.500 bewilligt worden sind (= 87 %). Im gleichen Zeitraum sind nicht ganz<br />
84.000 Anträge auf Vorabentscheidung – gemäß dem Blockmodell – gestellt worden,<br />
von denen die große Mehrheit (ca. 92 %) gleichfalls bewilligt worden ist. Die Steigerung<br />
<strong>der</strong> im Jahre 2000 gestellten <strong>Altersteilzeit</strong>-Anträge wie auch <strong>der</strong> Anträge auf<br />
Vorabentscheidung gegenüber dem Jahr 1999 ist augenfällig; sie lässt sich sicherlich<br />
28 Dies., a. a. O., S. 109.<br />
ja, für einen <strong>Teil</strong><br />
10 %<br />
ja, für alle<br />
20 %<br />
keine Angabe<br />
19 %<br />
38<br />
ja, aber keine<br />
Angabe zum Anteil<br />
4 %<br />
keine<br />
Inanspruchnahme<br />
von<br />
Erstattungen<br />
40 %<br />
Öffentlicher Dienst<br />
(insgesamt: 37 %)<br />
ja, für einen <strong>Teil</strong><br />
8 %<br />
ja, für alle<br />
24 %<br />
keine Angabe<br />
24 %
39<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
auf die Fortentwicklung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes im Jahre 2000 zurückführen. Als<br />
Reaktion auf die zwei Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Januar/1. Juli 2000)<br />
wie auch auf die darauf aufbauenden Tarifverträge in wichtigen Branchen (Tarifr<strong>und</strong>e<br />
2000) lässt sich die weitere Steigerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge im Jahre<br />
2001 verstehen: Wurden im Jahre 2000 r<strong>und</strong> 38.900 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge<br />
gestellt, von denen etwa 34.600 bewilligt wurden, so wurden im Jahre 2001<br />
bereits r<strong>und</strong> 50.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge gestellt, von denen etwa 46.200<br />
bewilligt wurden. Im Jahre 2002 ist eine weitere Steigerung festzustellen: Nunmehr<br />
wurden über 54.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge gestellt, von denen etwa<br />
49.500 bewilligt wurden (vgl. Tabelle 2). Die Anzahl <strong>der</strong> gestellten Anträge auf<br />
Vorabentscheidung erhöhte sich von etwa 33.000 im Jahre 2000 auf nahezu 37.800<br />
im Jahre 2001, verringerte sich jedoch im Jahre 2002 wie<strong>der</strong> auf ca. 31.750<br />
Anträge (vgl. Tabelle 2).<br />
Die Ausgaben <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Zuschüsse haben sich<br />
gegenüber dem Jahre 2000 im Jahre 2001 mehr als verdoppelt. Als Hauptgr<strong>und</strong> für<br />
den Kostenanstieg gilt die hohe Zahl <strong>der</strong> För<strong>der</strong>anträge durch die Arbeitgeber.<br />
Offenbar wird mittlerweile die Wie<strong>der</strong>besetzung aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erleichterungen des<br />
neuen <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (1. Januar 2000) vermehrt von den Betrieben praktiziert.<br />
Während die Anzahl <strong>der</strong> bewilligten <strong>Altersteilzeit</strong>-Anträge (incl. <strong>der</strong> bewilligten Anträge<br />
auf Vorabentscheidung) kumuliert Ende 2000 etwa 150.000 Fälle betrug, so hat sich<br />
diese Anzahl <strong>der</strong> bewilligten Anträge bis Ende 2001 auf ca. 230.000 <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Fälle kumuliert, bis Ende 2002 sogar auf insgesamt ca. 310.400 <strong>Altersteilzeit</strong>-Fälle.<br />
Damit hat sich die Anzahl <strong>der</strong> bewilligten Anträge in den beiden Jahren nach <strong>der</strong><br />
Än<strong>der</strong>ung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000) mehr als verdoppelt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Daten im Meldeverfahren zur Sozialversicherung geht die B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Arbeit davon aus, dass die Zahl aller in <strong>Altersteilzeit</strong> beschäftigten Arbeitnehmer<br />
etwa 3 ½ bis 4 mal höher ist als die Zahl <strong>der</strong> geför<strong>der</strong>ten Fälle nach <strong>der</strong> Bestandsstatistik.<br />
„Die Differenz zwischen existierenden <strong>und</strong> geför<strong>der</strong>ten <strong>Altersteilzeit</strong>-Fällen<br />
bedeutet nicht unbedingt, dass nur je<strong>der</strong> dritte o<strong>der</strong> gar vierte <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsplatz wie<strong>der</strong>besetzt wird, da die Betriebe sich nur für die Erstattung qualifizieren,<br />
wenn <strong>der</strong> freigewordene Arbeitsplatz durch einen Arbeitslosen o<strong>der</strong> einen nach<br />
<strong>der</strong> Ausbildung übernommenen Arbeitnehmer wie<strong>der</strong>besetzt wird.“ 29 Gleichwohl zeigt<br />
uns die Beobachtung <strong>der</strong> Personalpolitik in Großbetrieben, dass <strong>Altersteilzeit</strong> vielfach<br />
dazu genutzt wird, den Personalbestand sozialverträglich zu reduzieren.<br />
Die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte-Befragung des WSI weist nach, dass zwischen den<br />
Variablen „<strong>Altersteilzeit</strong>“ <strong>und</strong> „Personalabbau“ ein signifikanter Zusammenhang<br />
besteht: „In <strong>der</strong> Privatwirtschaft bauten 58 Prozent aller Betriebe mit <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Regelung regulär beschäftigtes Personal ab, während in Betrieben ohne <strong>Altersteilzeit</strong><br />
dies nur bei 36 Prozent <strong>der</strong> Fall war. Auch im öffentlichen Dienst ist <strong>der</strong> Personalab-<br />
29 Dies., a. a. O., S. 110.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
bau in Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong> überdurchschnittlich hoch. Allerdings fällt in <strong>der</strong><br />
Personalrätebefragung <strong>der</strong> Unterschied nicht so deutlich aus wie in <strong>der</strong> Betriebsrätebefragung,<br />
da im öffentlichen Dienst auch in Dienststellen ohne <strong>Altersteilzeit</strong> in den<br />
letzten Jahren viel Personal abgebaut wurde.“ 30<br />
Die Vorruhestandsregelungen spielen eine beson<strong>der</strong>e Rolle beim Personalabbau in<br />
den Betrieben. Der Personalabbau über Vorruhestand spielt dabei in Betrieben mit<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Regelungen – im Vergleich zu Betrieben ohne <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung –<br />
eine große Rolle. Daher wird <strong>Altersteilzeit</strong> häufig auch im Zusammenhang mit<br />
Beschäftigungssicherung von den Betriebsräten genannt. Der Schluss liegt nahe, dass<br />
vor allem Großbetriebe das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nutzen, um einen sozialverträglichen<br />
Personalabbau durchführen zu können.<br />
„Von <strong>der</strong> Europäischen Kommission ist Deutschland (...) dafür gerügt worden, dass<br />
<strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung älterer Arbeitnehmer faktisch Priorität eingeräumt wird gegenüber<br />
Bemühungen, Ältere länger im Erwerbsleben zu halten. Allerdings ist bei <strong>der</strong> Bewertung<br />
zu berücksichtigen, dass eine beträchtliche (...) Zahl <strong>der</strong> Arbeitnehmer ohne die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> arbeitslos geworden wäre o<strong>der</strong> Formen <strong>der</strong> Frühverrentung (wie z. B. die<br />
Erwerbsunfähigkeitsrente) genutzt hätte. Im Vergleich zu Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Erwerbsunfähigkeit<br />
ist <strong>Altersteilzeit</strong> – auch im Blockmodell – für ältere Arbeitnehmer<br />
sicherlich die sinnvollere Alternative.“ 31<br />
Tabelle 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge an die<br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (8/1996 – 12/2002)<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />
40<br />
seit<br />
1.8.1996<br />
gestellte Anträge 1.213 7.226 13.202 22.450 38.879 49.953 54.080 187.003<br />
– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 883 5.475 10.163 18.214 33.234 42.751 46.454 157.174<br />
– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 330 1.751 3.039 4.236 5.645 7.202 7.626 29.829<br />
bewilligte Anträge 544 6.062 11.443 19.781 34.623 46.188 49.480 168.121<br />
– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 367 4.449 8.890 15.889 29.818 39.424 42.191 141.038<br />
– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 177 1.613 2.553 3.882 4.805 6.764 7.289 27.083<br />
gestellte Anträge auf<br />
Vorabentscheidung 761 6.637 14.778 28.674 33.022 37.795 31.745 153.412<br />
– alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 728 6.415 13.244 22.727 25.214 27.860 23.452 119.640<br />
– neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> 33 222 1.534 5.947 7.808 9.935 8.293 33.772<br />
Quelle: Daten <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit.<br />
30 Dies., a. a. O., S. 111.<br />
31 Dies., a. a. O., S. 111.
<strong>Teil</strong> II<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Bremer Betrieben<br />
Bremer Straßenbahn AG<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>: Weitergabe des Staffelholzes<br />
Zielsetzung<br />
41<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) hat nach Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes<br />
(Aug. 1996) frühzeitig die Chance ergriffen, ihren Beschäftigten einen gleitenden<br />
Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Bereits im Juni 1997 wurde von dem<br />
Vorstand <strong>und</strong> dem Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>“ abgeschlossen.<br />
Die Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000) wurden gleichfalls<br />
zügig in einem „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ (März 2001) zwischen dem Kommunalen<br />
Arbeitgeberverband <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV für die Bremer Straßenbahn AG<br />
aufgenommen.<br />
Das Unternehmen bemüht sich, den Arbeitszeitwünschen <strong>der</strong> Beschäftigten entgegenzukommen<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig personalpolitische Ziele mit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
zu erreichen. Weiterhin enthält die Unternehmensphilosophie eine beschäftigungspolitische<br />
Verantwortung für die Arbeitsmarktlage im Lande Bremen: Im<br />
Rahmen eines betrieblichen „Bündnisses für Arbeit“ konnten – nicht zuletzt auf Basis<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Vereinbarungen – viele Auszubildende übernommen <strong>und</strong> zusätzliche<br />
Neueinstellungen vorgenommen werden.<br />
Der Personalleiter <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitsdirektor <strong>der</strong> BSAG haben in ihrem Beitrag für das<br />
Hattinger Forum „Neue Zeiten – neue Gewerkschaften“ (Febr. 2000) als Ziele des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>modells <strong>der</strong> BSAG formuliert:<br />
„Verringerung <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Belastungen im Schichtdienst durch Einführung<br />
des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (76 % <strong>der</strong> Mitarbeiter arbeiten im Schichtdienst.)<br />
Sicherung des Know-how-Transfers durch gleitenden Ausstieg aus dem Arbeitsleben.<br />
Bevorzugt wurden von Anfang an individuelle Arbeitszeitmodelle. Das Blockmodell<br />
wurde von Arbeitgeberseite aus ges<strong>und</strong>heitspolitischen Gründen eher nicht favorisiert.<br />
Erweiterung des personalpolitischen Instrumentariums. In Einzelfällen soll die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> zur Lösung von personalpolitischen Problemen (z. B. Fahrdienstuntauglichkeit<br />
bei gleichzeitiger Rentenablehnung) <strong>und</strong> zur Durchführung organisatorischer<br />
Verän<strong>der</strong>ungen genutzt werden.<br />
Reduzierung <strong>der</strong> Personalkosten. Dieses Ziel kann erreicht werden, da im Zuge<br />
tarifpolitischer Anpassungen als Folge erhöhten Wettbewerbs für Nahverkehrsunternehmen<br />
niedrigere Einstiegslöhne vereinbart wurden. (...) Gleichzeitig konnte durch<br />
Neueinstellungen von Arbeitslosen <strong>und</strong> die Übernahmen von Auszubildenden die<br />
För<strong>der</strong>ung des Arbeitsamtes in Höhe von 20 Prozent in Anspruch genommen werden.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
För<strong>der</strong>ung des Nachwuchses. Neben den sogenannten „normalen“ Arbeitnehmern<br />
gingen auch Vorgesetzte bis hin zu stellvertretenden Abteilungsleitern (dritte Ebene<br />
des Unternehmens) in <strong>Altersteilzeit</strong>. Aufgr<strong>und</strong> einer sogenannten Kettenbildung<br />
konnten Auszubildende „nachrücken“ <strong>und</strong> Aufstiegschancen eröffnet werden.<br />
För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigung in Bremen. Durch Einstellungen von Arbeitslosen <strong>und</strong><br />
Übernahmen von Auszubildenden konnte das Unternehmen – unter Beachtung <strong>der</strong><br />
Kostenneutralität – einen Beitrag zum Abbau <strong>der</strong> regionalen Arbeitslosigkeit leisten.“ 32<br />
Beschäftigtenstruktur (1999 – 2002)<br />
Ende 1999 waren bei <strong>der</strong> BSAG ca. 2.500 Mitarbeiter/innen beschäftigt (davon ca.<br />
1.900 im Schichtdienst). Das Unternehmen ist bestrebt, insbeson<strong>der</strong>e durch Nutzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die hohen Anfor<strong>der</strong>ungen des Schichtbetriebes, insbeson<strong>der</strong>e für die<br />
älteren Beschäftigten, <strong>und</strong> den daraus resultierenden hohen Krankenstand zu vermin<strong>der</strong>n.<br />
Ende 1999 waren 65 Prozent <strong>der</strong> Mitarbeiter/innen im Fahrdienst beschäftigt,<br />
20 Prozent in den Werkstätten, 10 Prozent in <strong>der</strong> Verwaltung, 5 Prozent waren<br />
Auszubildende/Praktikanten. Die große Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten besteht aus<br />
Lohnempfängern.<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> BSAG liegt in dem relativ hohen Anteil von <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten:<br />
In den Jahren von 1994 bis 1999 betrug die <strong>Teil</strong>zeit-Quote (ohne <strong>Altersteilzeit</strong>)<br />
beständig ca. 16 Prozent, nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sind über 20 Prozent<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter/innen insgesamt in <strong>Teil</strong>zeit (incl. <strong>Altersteilzeit</strong>) beschäftigt. Die<br />
anfänglich hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Form individueller <strong>und</strong> flexibler Arbeitszeitmodelle,<br />
auf die noch näher eingegangen wird, erklärt sich u. a. auch dadurch,<br />
dass selbst im Fahrdienst (mit einem komplizierten Schichtsystem) neben den<br />
Vollzeitdiensten schon seit langem <strong>Teil</strong>zeitdienste mit unterschiedlichem Arbeitszeitumfang<br />
existieren. Sowohl die Personalabteilung <strong>und</strong> Fahrdienstplanung als auch<br />
die Beschäftigten im Fahrdienst konnten demnach bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
auf konkreten Erfahrungen mit unterschiedlichen <strong>Teil</strong>zeitmodellen aufbauen. Seit<br />
dem neuen Tarifvertrag können nun auch <strong>Teil</strong>zeit-Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
wechseln.<br />
32 Axel Kohfeldt, Hubert Resch, Das Staffelholz weitergeben – ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell, in:<br />
M. Steinrücke, u. a., Neue Zeiten – neue Gewerkschaften, Berlin 2001, S. 85 f.<br />
42
43<br />
Kategorien<br />
VZ TZ<br />
Tabelle 1: Personalstruktur (1999 – 2002)<br />
1999 2000 2001 2002<br />
Azubis/<br />
Stud.<br />
VZ TZ<br />
Azubis/<br />
Stud.<br />
VZ TZ<br />
Azubis/<br />
Stud.<br />
VZ TZ<br />
Lohnempfänger 1.492 379 1.446 377 1.417 341 1.375 332<br />
Angestellte 337 22 345 20 340 24 343 29<br />
ATZ-Mitarbeiter 157 143 144 157<br />
Azubis/<br />
Stud.<br />
Azubis 106 86 84 78<br />
Studenten/Praktikanten 9 4 2 26<br />
Summe 1.829 558 115 1.791 540 90 1.757 509 86 1.718 518 104<br />
Mitarbeiterbestand o. Azubis 2.387 2.331 2.266 2.236<br />
Mitarbeiterbestand gesamt 2.502 2.421 2.352 2.340<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
44<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Abbildung 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit bei <strong>der</strong> BSAG<br />
389 395<br />
412<br />
389 395 412<br />
468<br />
420<br />
48<br />
543<br />
407<br />
401<br />
397<br />
365<br />
361<br />
136 157 143 144 157<br />
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />
Beschäftigtenzahl jeweils zum 31.12.<br />
(ohne Auszubildende)<br />
558<br />
540<br />
509<br />
<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte <strong>Altersteilzeit</strong>beschäftigte<br />
518<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Anspruchsvoraussetzungen / Anspruchseinschränkungen<br />
45<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die am 15. Juni 1997 in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>“<br />
wurde bis zum 31. Juli 2001 befristet. Der später abgeschlossene „Tarifvertrag über<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>“ trat am 1. Juli 2000 in Kraft, also zeitgleich mit dem 2. Gesetz zur<br />
Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, <strong>und</strong> wurde – entsprechend zur Ausdehnung <strong>der</strong><br />
Geltungsdauer dieses Gesetzes – bis zum 31. Dez. 2009 befristet.<br />
Die Anspruchsvoraussetzungen in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) <strong>und</strong> im<br />
Tarifvertrag (Juli 2000) entsprechen <strong>der</strong> jeweils aktuellen Gesetzeslage: Arbeitnehmer/innen,<br />
die das 55. Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> noch keinen Anspruch auf Rente<br />
haben, die innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre mindestens 3 Jahre beitragspflichtig in<br />
Vollzeit beschäftigt waren (Betriebsvereinbarung 1997) bzw. die – nach Einbeziehung<br />
<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten durch das 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in<br />
Kraft ab 1. Jan. 2000) – innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre mindestens 1080 Kalen<strong>der</strong>tage<br />
(d. h. 3 Jahre) in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung standen (Tarifvertrag<br />
2000). Während nach <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) allein die Vollzeitbeschäftigten<br />
ihre Arbeitszeit auf die Hälfte <strong>der</strong> „<strong>tarifliche</strong>n regelmäßigen wöchentlichen<br />
Arbeitszeit“ reduzieren konnten, so können nach Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />
nunmehr alle Arbeitnehmer/innen ihre Arbeitszeit auf die Hälfte <strong>der</strong><br />
„bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit“ (Tarifvertrag 2000) reduzieren.<br />
Die Anspruchseinschränkungen bestehen im Ausschluss eines Rechtsanspruches auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> sowie in <strong>der</strong> Formulierung einer Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel (5 %):<br />
„Es besteht kein Rechtsanspruch auf Leistungen gemäß dieser Betriebsvereinbarung.<br />
Es bedarf vielmehr sowohl <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Mitarbeiterin o<strong>der</strong> des Mitarbeiters als<br />
auch <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Personalabteilung. In strittigen Fällen entscheidet eine<br />
paritätisch besetzte Kommission mit je zwei Vertretern des Arbeitgebers <strong>und</strong> des<br />
Betriebsrates.<br />
Bei einer Inanspruchnahme von über 5 % <strong>der</strong> Gesamtbeschäftigtenzahl des Unternehmens<br />
entscheidet <strong>der</strong> Arbeitgeber über die Vergabe weiterer <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse<br />
ohne Hinzuziehung <strong>der</strong> paritätischen Kommission.<br />
Sollte diese 5 %-Grenze überschritten werden, haben die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter Vorrang, die einem früheren Geburtsjahrgang angehören. Bei gleichem<br />
Geburtsjahrgang haben die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter mit längerer Betriebszugehörigkeit<br />
Vorrang.“ (Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>, Juni 1997)<br />
Im Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> (Juli 2000) wird ein Rechtsanspruch nicht explizit,<br />
aber doch implizit ausgeschlossen: „Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende betriebliche Gründe<br />
entgegenstehen.“ Gemäß diesem Tarifvertrag entscheidet <strong>der</strong> Arbeitgeber allein, ob<br />
die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> die 5-Prozent-Grenze <strong>der</strong> Gesamtbeschäftigtenzahl<br />
des Unternehmens überschreiten darf. Jahrgangsbezogene <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Quoten werden we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) noch im Tarifvertrag<br />
(Juli 2000) festgelegt.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Aufstockungsleistungen<br />
Die Aufstockung des Arbeitsentgelts nach Halbierung <strong>der</strong> bisherigen wöchentlichen<br />
Arbeitszeit auf mindestens 85 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens bildet für die<br />
Beschäftigten <strong>der</strong> BSAG ein finanziell akzeptables <strong>Altersteilzeit</strong>modell. 33<br />
Diese 85 %-Garantie des bisherigen Nettoeinkommens war gemäß <strong>der</strong> anfänglichen<br />
Beschränkung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Aug. 1996) auf Vollzeitbeschäftigte in <strong>der</strong><br />
Betriebsvereinbarung (Juni 1997) bereits formuliert worden:<br />
„Die Mitarbeiterin o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter erhält für die Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisses Entgelt entsprechend <strong>der</strong> reduzierten <strong>tarifliche</strong>n regelmäßigen<br />
wöchentlichen Arbeitszeit. Zusätzlich zum <strong>tarifliche</strong>n Entgelt erhält die Mitarbeiterin<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 20 % des <strong>tarifliche</strong>n<br />
Entgelts für <strong>Altersteilzeit</strong>; mindestens aber 85 % des um die gesetzlichen Abzüge, die<br />
bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten Vollzeitarbeitsentgeltes.<br />
Vollzeitarbeitsentgelt ist das Arbeitsentgelt, das die/<strong>der</strong> altersteilzeitarbeitende<br />
Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter für eine Arbeitsleistung bei <strong>tarifliche</strong>r regelmäßiger<br />
wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen hätte, soweit es im jeweiligen Monat die<br />
Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung (...) nicht überschreitet.<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die Berechnung des Vollzeitarbeitsentgeltes ist das in den letzten drei<br />
abgerechneten Monaten vor Beginn des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses erzielte<br />
beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt. Zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zählen:<br />
Funktionszulagen, soweit sie regelmäßig Bestandteil des Bruttoarbeitsentgeltes<br />
darstellen, Zulagen für Sonntags-, Feiertags- <strong>und</strong> Nachtarbeit, soweit sie steuer- <strong>und</strong><br />
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen, monatliche anteilige Weihnachts- <strong>und</strong><br />
Urlaubszuwendungen.“ (Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong>, Juni 1997)<br />
Diese 85 %-Garantie des bisherigen Nettoeinkommens ist gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Einbeziehung <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten in den Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten (Jan.<br />
2000) im Tarifvertrag (Juli 2000) für die BSAG-Beschäftigten unabhängig von ihrem<br />
Status als Vollzeit- o<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte formuliert worden:<br />
„Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für die Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisses Entgelt entsprechend <strong>der</strong> reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit.<br />
Zusätzlich zum <strong>tarifliche</strong>n Entgelt erhält <strong>der</strong> Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin einen<br />
Aufstockungsbetrag in Höhe von 20 % des <strong>tarifliche</strong>n Entgelts für <strong>Altersteilzeit</strong>;<br />
mindestens aber 85 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern<br />
33 Aufstockung des Arbeitsentgelts gemäß aktuellem <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz: „Das Arbeitsentgelt muss<br />
mindestens um 20 Prozent des für die <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gezahlten Bruttoarbeitsentgelts aufgestockt<br />
werden. Die Aufstockung muss mindestens so hoch sein, dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer dadurch 70 Prozent<br />
des pauschalierten Nettoarbeitsentgelts erhält, das er erhalten würde, wenn er seine Arbeitszeit nicht<br />
im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> vermin<strong>der</strong>t hätte. (...) Die Leistungen des Arbeitgebers sind von Steuern<br />
<strong>und</strong> Sozialabgaben freigestellt, die Aufstockungsbeträge unterliegen allerdings – wie das Arbeitslosengeld,<br />
die Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> die übrigen Lohn- <strong>und</strong> Einkommensersatzleistungen – dem<br />
Progressionsvorbehalt.“ BMAS, <strong>Altersteilzeit</strong> ab 55, a. a. O., S. 9 (Stand: Jan. 2002).<br />
46
47<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten bisherigen Entgeltes.<br />
Bisheriges Entgelt ist das Arbeitsentgelt, das <strong>der</strong>/die altersteilzeitarbeitende Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin<br />
für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit<br />
vor <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu beanspruchen hätte, soweit es im jeweiligen Monat die<br />
Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung nicht überschreitet.<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Berechnung für das <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt ist bei bislang vollbeschäftigten<br />
Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen das in den letzten drei Monaten vor Beginn des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses erzielte bisherige beitragspflichtige Bruttoentgelt<br />
ohne Berücksichtigung von Überst<strong>und</strong>en; bei bislang teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen<br />
wird das zugr<strong>und</strong>e zulegende Bruttoentgelt auf <strong>der</strong> Basis des<br />
St<strong>und</strong>endurchschnitts <strong>der</strong> letzten 24 Monate (...) ermittelt.“ Zum beitragspflichtigen<br />
Arbeitsentgelt zählen gemäß Tarifvertrag (Juli 2000) weiterhin die schon in <strong>der</strong><br />
Betriebsvereinbarung (Juni 1997) aufgeführten Zulagen <strong>und</strong> Zuwendungen.<br />
Die vom Personalleiter <strong>und</strong> vom Arbeitsdirektor <strong>der</strong> BSAG aufgestellte Abbildung zeigt<br />
anschaulich, wie sich die 85 %-Garantie des Nettoeinkommens – am Beispiel eines<br />
Vollzeitbeschäftigten – sowohl von <strong>der</strong> finanziellen Belastung für das Unternehmen<br />
(vgl. Abbildung 2) als auch für die Höhe des Arbeitnehmereinkommens darstellt.<br />
„Das fiktive Vollzeitnetto wird ermittelt aus dem durchschnittlichen Entgelt <strong>der</strong> letzten<br />
drei abgerechneten Monate ohne Überst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ohne steuerfreie Zuschläge sowie<br />
je ein Zwölftel des <strong>tarifliche</strong>n Weihnachtsgeldes <strong>und</strong> des Urlaubsgeldes. Hinzu<br />
kommen 20 % Aufstockungsbeiträge durch das Arbeitsamt <strong>und</strong> die zusätzliche,<br />
maximal 15%ige Aufstockung durch das Unternehmen bis auf 85 % des Vollzeit-<br />
Nettoentgelts.“ 34<br />
Abbildung 2: Akzeptable 85 %-Einkommensgarantie (BSAG)<br />
BSAG-Aufstockung bis 85 %<br />
des Vollzeit-Netto (max. 15 %)<br />
20 % Aufstockung*<br />
vom 50 %-ATZ-Brutto<br />
50 % des Vollzeitlohns<br />
für geleistete<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
(unterliegt <strong>der</strong> SV<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lohnsteuer)<br />
Entspricht<br />
85 % des<br />
fiktiven<br />
Vollzeit-Netto-<br />
Einkommens<br />
*bei Wie<strong>der</strong>besetzung Erstattung durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />
34<br />
A. Kohfeldt, H. Resch, Das Staffelholz weitergeben – ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell,<br />
a. a. O., S. 89.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Betriebsrente <strong>und</strong> Rentenabschläge<br />
Entsprechend <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung entrichtet die BSAG zusätzliche Beiträge zur<br />
gesetzlichen Rentenversicherung auf Basis von 90 Prozent des bisherigen Arbeitsentgeltes<br />
(maximal bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong> Rentenversicherung).<br />
Im Falle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung erstattet das Arbeitsamt <strong>der</strong> BSAG gemäß <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Regelung die zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge (40 %).<br />
Ein Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge für die davon bereits betroffenen Geburtsjahrgänge<br />
ist bei <strong>der</strong> BSAG nicht vorgesehen. Von <strong>der</strong> Personalleitung wurde eine Kompensation<br />
für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit aus<br />
Kostengründen nicht ins Auge gefasst. Die Beschäftigten erhalten vom Unternehmen<br />
aber eine Betriebsrente („betriebliches Ruhegeld“). Sie können in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen<br />
<strong>und</strong> Rentenabschläge anschließend in Kauf nehmen, weil sie zusätzlich zur gesetzlichen<br />
Rente noch das „betriebliche Ruhegeld“ beziehen.<br />
Nach Darstellung <strong>der</strong> Personalverantwortlichen werden die Rentenabschläge bei<br />
längerer Betriebszugehörigkeit durch die Betriebsrente vollständig ausgeglichen: „Die<br />
Mitarbeiter, die die <strong>Altersteilzeit</strong> nutzten, wurden in ihrer Entscheidung positiv<br />
beeinflusst, da sie mit Beginn <strong>der</strong> Altersrente eine zusätzliche Betriebsrente beziehen.<br />
Diese Betriebsrente konnte die entstandenen Rentenabschläge ausgleichen. So kann<br />
z. B. nach 25 Jahren ein Fahrdienstmitarbeiter rd. 545 DM, ein Werkstattmitarbeiter<br />
rd. 540 DM, ein kaufmännischer Angestellter rd. 592 DM Ruhegeld beziehen. Der<br />
Rentenverlust in <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung von bis zu 450 DM im Monat<br />
wurde dadurch ausgeglichen.“ 35<br />
Nach dem „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ werden den BSAG-Beschäftigten die<br />
während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase sich ergebenden Leistungen <strong>der</strong> „Ruhegeldkasse“<br />
nicht gemäß <strong>der</strong> halbierten wöchentlichen Arbeitszeit ermittelt, son<strong>der</strong>n auf r<strong>und</strong> zwei<br />
Drittel aufgestockt: „Das betriebliche Ruhegeld eines bisher vollzeitbeschäftigten<br />
Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin in <strong>Altersteilzeit</strong> wird für den Zeitraum <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> mit dem Faktor 0,65 ermittelt. Bei <strong>der</strong> Ruhegeldberechnung für bisher<br />
teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen wird <strong>der</strong> sich bei Beginn <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (...) ergebende <strong>Teil</strong>zeitfaktor ermittelt. Dieser Beschäftigungsgrad wird für<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong>jahre ebenfalls mit dem Faktor 0,65 bewertet.“ (Tarifvertrag über<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>, Juli 2000)<br />
Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>und</strong> Form <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
(Betriebsvereinbarung/Tarifvertrag)<br />
Die maximale Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> ist von <strong>der</strong> BSAG auf die<br />
jeweilige För<strong>der</strong>höchstdauer durch das Arbeitsamt (Erstattungsleistungen im Fall <strong>der</strong><br />
Wie<strong>der</strong>besetzung) beschränkt worden, also auf fünf Jahre in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />
35 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 88.<br />
48
49<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
(Juni 1997), seit <strong>der</strong> gesetzlichen Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von fünf auf<br />
sechs Jahre (1. Juli 2000) im Tarifvertrag (1. Juli 2000) gleichfalls auf 6 Jahre.<br />
Während die Laufzeit <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung bis zum 31. Juli 2001 befristet war,<br />
wurde mit <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (seit 1. Juli<br />
2000 in Kraft) im Tarifvertrag die Laufzeit parallel zum Gesetz bis zum 31. Dez.<br />
2009 befristet (gleichfalls seit 1. Juli 2000 in Kraft). Diejenigen <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Juli 2000 vereinbart worden sind, bleiben in<br />
Bezug auf die Dauer (5 Jahre) allerdings bestehen, eine nachträgliche Erhöhung auf<br />
sechs Jahre wird im „Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>“ ausgeschlossen.<br />
Die Betriebsvereinbarung (Juni 1997) enthielt nicht die Möglichkeit, <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />
Form des Blockmodells zu wählen. Seit August 1999 gibt es einen Haustarifvertrag,<br />
<strong>der</strong> die Blockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in einem Fünf-Jahres-Zeitraum zulässt. Der am 1.<br />
Juli 2000 in Kraft getretene Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ersetzt diesen Haustarifvertrag<br />
(Aug. 1999). Die Än<strong>der</strong>ung dieser Rahmenbedingung ist ein zentraler Faktor<br />
für die Abkehr vieler Beschäftigter, die in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen, vom <strong>Teil</strong>zeit- zum<br />
Blockmodell (seit 1. Juli 2000 im 6-Jahres-Zeitraum möglich).<br />
Im gültigen Tarifvertrag (Juli 2000) wird den BSAG-Beschäftigten die Wahlmöglichkeit<br />
zwischen <strong>Teil</strong>zeit- <strong>und</strong> Blockmodell angeboten: „Einzelvertraglich können alle<br />
Formen von Arbeitszeitmodellen in <strong>Altersteilzeit</strong> vereinbart werden. Maximal kann<br />
vereinbart werden, dass die während <strong>der</strong> Gesamtdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit in einem Zeitraum bis zu sechs Jahren so<br />
verteilt wird, dass sie in <strong>der</strong> ersten Hälfte des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses<br />
geleistet <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin anschließend von <strong>der</strong> Arbeit unter<br />
Fortzahlung entsprechen<strong>der</strong> Bezüge freigestellt wird (Blockarbeitszeitmodell).“ Das<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis muss mindestens für die Dauer von zwei Jahren<br />
vereinbart werden <strong>und</strong> darf die Dauer von sechs Jahren nicht überschreiten.<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (Umfang)<br />
Nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (Mitte 1997) waren Ende 1997 erst 48<br />
Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong>, Ende 1998 bereits 136 <strong>und</strong> Ende 1999 schon 157<br />
Beschäftigte; Ende 2000 <strong>und</strong> Ende 2001 war die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> etwas geringer, sie erreichte jedoch mit 157 Beschäftigten Ende 2002<br />
wie<strong>der</strong> das Niveau von Ende 1999. (vgl. Abbildung 1).<br />
Im Februar 2000 lagen insgesamt 278 Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong> vor: 52 Mitarbeiter/innen<br />
waren nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit bis Ende Januar 2000 bereits in Rente<br />
gegangen 36 , 157 Mitarbeiter/innen befanden sich im Febr. 2000 in <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
36 Da 48 Beschäftigte sich Ende 1997 in <strong>Altersteilzeit</strong> befanden, 52 Beschäftigte Ende Jan. 2000<br />
nach <strong>Altersteilzeit</strong> bereits im Ruhestand waren, muss dieser Personenkreis weitgehend die Mindestdauer<br />
von zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> für den Bezug <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch<br />
genommen haben (vorzeitiger Ruhestand).
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
<strong>und</strong> 69 Mitarbeiter/innen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisse gestellt (Beginn noch bis zur damaligen Geltungsdauer des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes: Juli 2004).<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die hohe Nachfrage <strong>der</strong> Beschäftigten nach<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> wie auch für die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch das Unternehmen<br />
war die vorhandene Altersstruktur im Unternehmen. <strong>Altersteilzeit</strong> kann nur dann<br />
angewandt werden, wenn genügend Beschäftigte in <strong>der</strong> entsprechenden Altersgruppe<br />
vorhanden sind. Bei dem Abschluss <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Betriebsvereinbarung waren<br />
Mitte 1997 r<strong>und</strong> 720 Mitarbeiter/innen <strong>der</strong> BSAG in <strong>der</strong> Altersgruppe, die bis Mitte<br />
2004 <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen konnte (Juli 2004 = 55 Lebensjahre, d. h.<br />
Geburtsjahrgänge bis Juli 1949).<br />
Mit <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes von Ende Juli 2004<br />
bis Ende Dez. 2009 (in Kraft seit 1. Juli 2000) wurde nicht nur die Beschäftigungswirksamkeit<br />
des Gesetzes erhöht, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Planungshorizont für die Personalabteilung<br />
<strong>und</strong> die Beschäftigten wesentlich erweitert.<br />
Durch die Verlängerung des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes bis zum Ende dieses Jahrzehnts hat<br />
sich <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten auf ca. 1000 BSAG-Beschäftigte erhöht. Die<br />
Personalleitung schätzt, dass ca. 700 Beschäftigte insgesamt die <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />
Anspruch nehmen werden. För<strong>der</strong>leistungen des Arbeitsamtes können für die Zeit ab<br />
1. Jan. 2010 nur dann noch erbracht werden, wenn die Arbeitnehmer/innen mit <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit vor diesem Stichtag beginnen. Somit kann auf Basis <strong>der</strong> 6-jährigen<br />
För<strong>der</strong>höchstdauer ein am 15. Dez. 2009 begonnenes <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis<br />
sich noch bis zum 15. Dez. 2015 erstrecken. Wie die Personalplanung <strong>der</strong> BSAG<br />
zeigt, liegen bereits gegenwärtig (Stand: Mai 2002) zahlreiche <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />
vor, die noch nach dem Jahr 2010 wirksam werden (vgl. Tabelle 3: Zeitraum 1997 –<br />
2015).<br />
Die Personalabteilung ermittelt gleichfalls, wie viele Beschäftigte in welchem Jahr ihr<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis mit <strong>der</strong> BSAG beenden (vgl. Tabelle 2): Bereits auf<br />
Basis <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung (Juni 1997) sind 165 Beschäftigte bis Ende 2002 in<br />
den Ruhestand gegangen. Diese Tabelle enthält nicht die Beschäftigten, die gemäß<br />
Blockmodell nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeitsphase mit Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />
faktisch den Betrieb verlassen, aber rechtlich noch Beschäftigte sind, son<strong>der</strong>n<br />
ausschließlich Personen, <strong>der</strong>en Beschäftigungsverhältnis mit dem Betrieb endet<br />
(Ausscheiden über <strong>Altersteilzeit</strong> in die Rente). Die Zahl <strong>der</strong> auf diese Weise in den<br />
Ruhestand gegangenen Mitarbeiter/innen könnte bei Inanspruchnahme <strong>der</strong> Mindestdauer<br />
von <strong>Altersteilzeit</strong> (2 Jahre) seit Inkrafttreten des Tarifvertrages (Juli 2000)<br />
inzwischen sogar noch höher ausfallen.<br />
Wie die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigten, die nach Ende ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnisses in den Ruhestand wechseln, nach Funktionsbereichen zeigt (vgl.<br />
Tabelle 2), sind es keineswegs nur die im Fahrdienst Beschäftigten, <strong>der</strong>en belastende<br />
Tätigkeit als Bus- o<strong>der</strong> Straßenbahnfahrer im Schichtdienst von <strong>der</strong> Personalleitung<br />
50
51<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
als Begründung für die hohe Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> hervorgehoben wird,<br />
die mit Hilfe <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in den Ruhestand gegangen sind o<strong>der</strong> noch gehen<br />
werden. Die 130 Beschäftigten aus dem Fahrdienst bilden 45 Prozent <strong>der</strong> 290<br />
Beschäftigten, die ihr <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis bei <strong>der</strong> BSAG bereits beendet<br />
haben o<strong>der</strong> noch beenden werden (Stand: 31. Mai 2000). Bei <strong>der</strong> bis zum Jahr 2015<br />
inzwischen reichenden Projektion werden aus dem Fahrdienst 210 Beschäftigte ein<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis beendet haben o<strong>der</strong> noch beenden (von insgesamt 513<br />
bereits beantragten <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnissen demnach 41 Prozent). Der<br />
Fahrdienst enthält im übrigen auch Angestellte im Schichtdienst.<br />
Auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen (Mai 2002) „<strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong><br />
Personalpolitik“ wurde vom Personalleiter die folgende Bilanz gezogen (Stand: April<br />
2002): Insgesamt lagen bis zu diesem Zeitpunkt bei <strong>der</strong> BSAG 413 <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />
vor; von diesen Beschäftigten befanden sich bereits 153 in Rente, 147 waren<br />
zu diesem Zeitpunkt in <strong>Altersteilzeit</strong> aktuell beschäftigt <strong>und</strong> 113 Mitarbeiter hatten für<br />
die Zukunft <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen, die noch beginnen werden. Von Mitte<br />
1997 bis Ende 2009 können aufgr<strong>und</strong> des Altersaufbaus theoretisch 1050 Mitarbeiter/innen<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen haben – die gesamte Inanspruchnahme<br />
(Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) wird vom Personalleiter auf ca. 700 Personen<br />
geschätzt, das wären zwei Drittel aller Anspruchsberechtigten. Bisher (April 2002)<br />
haben ca. 40 Prozent aller theoretisch Anspruchsberechtigten (Mitte 1997 – Ende<br />
2009) bei <strong>der</strong> BSAG bereits <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverträge abgeschlossen – in <strong>der</strong> Tat<br />
ein erfolgreiches <strong>Altersteilzeit</strong>modell mit hoher Resonanz bei den Beschäftigten!<br />
Die in den letzten Jahren jeweils aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten machen 7 bis 8<br />
Prozent <strong>der</strong> gesamten Belegschaft aus, d. h. die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel des<br />
Tarifvertrages (5 %) wird vom Arbeitgeber nicht beansprucht (Freiwilligkeitsvorbehalt).<br />
In <strong>der</strong> Praxis werden alle <strong>Altersteilzeit</strong>anträge vom Arbeitgeber genehmigt. Die<br />
Notwendigkeit, vielleicht im Laufe dieses Jahrzehnts die Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel<br />
noch beanspruchen zu müssen, wird vom Personalleiter zurzeit aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Personalplanung<br />
nicht gesehen:<br />
„Der Arbeitgeber kann Anträge ablehnen, wenn fünf Prozent <strong>der</strong> Beschäftigtengesamtzahl<br />
erreicht sind. Wir sind laufend über fünf Prozent, wir sind immer bei sieben/acht<br />
Prozent, von <strong>der</strong> 5-Prozent-Klausel haben wir bisher noch nicht Gebrauch gemacht.“
52<br />
Tabelle 2: Entlassungsjahrgänge bei den beantragten <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnissen (Stand: 7.5.2003)<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> bis<br />
07.05.2003<br />
Angestellte<br />
Fahrdienst<br />
inkl. Hofdienst<br />
Sonstige Werkstatt <strong>Teil</strong>zeit Gesamtergebnis<br />
1998 3 1 4<br />
1999 15 15 2 12 44<br />
2000 12 21 3 5 41<br />
2001 12 29 5 6 52<br />
2002 2 10 3 6 3 24<br />
2003 8 13 1 6 28<br />
2004 8 7 4 5 2 26<br />
2005 6 16 3 9 4 38<br />
2006 6 11 2 6 1 26<br />
2007 8 15 1 7 4 35<br />
2008 10 7 1 8 7 33<br />
2009 6 18 5 10 3 42<br />
2010 1 6 1 7 1 16<br />
2011 6 12 1 7 1 27<br />
2012 5 5 1 2 1 14<br />
2013 2 7 1 10<br />
2014 1 3 3 4 11<br />
2015 4 8 11 1 24<br />
Ergebnis BSAG 113 198 36 119 29 495<br />
Ergebnis Delbus 2 12 1 3 18<br />
Gesamtergebnis 115 210 36 120 32 513<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell: Praktizierte Formen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
53<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Betriebsvereinbarung (Juni 1997) enthielt nicht die Möglichkeit, das Blockmodell<br />
zu wählen. Das Blockmodell wurde ursprünglich von den Betriebsvertragsparteien aus<br />
ges<strong>und</strong>heitspolitischen Gründen nicht favorisiert. Die aus dem Schichtdienst resultierenden<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Belastungen sollten durch die Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />
Form des <strong>Teil</strong>zeitmodells verringert werden. Damit entsprach die Zielsetzung <strong>der</strong><br />
Betriebsvereinbarung <strong>der</strong> ursprünglichen Intention des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz<br />
zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“). Wegen dieser Umsetzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die mit einer Vielfalt von individuellen <strong>und</strong> flexiblen Arbeitszeitmodellen<br />
verb<strong>und</strong>en war, fand das BSAG-Modell auch über die Region Bremen<br />
hinaus Beachtung.<br />
„Da die Bremer Straßenbahn AG als Nahverkehrsunternehmen eine große Erfahrung<br />
mit flexiblen Schichtplanmodellen hat, konnten die Wünsche <strong>der</strong> Mitarbeiter – unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> betrieblichen Belange – in die Zeitplanungen einbezogen<br />
werden. (...) Diese individuellen, flexiblen Modelle sind unserer Ansicht nach ein<br />
wichtiger Gr<strong>und</strong> für die erfolgreiche Einführung des <strong>Altersteilzeit</strong>modells.“ 37<br />
37 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 89.
54<br />
Tabelle 3: Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell – <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bei <strong>der</strong> BSAG nach Jahren<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015<br />
Blockmodell 0 0 8 57 96 116 121 121 121 105 98 73 56 44 37 21 14 10 5<br />
prozentual 0 0 4,3 30,0 49,2 63,4 66,1 73,8 76,1 78,4 79,0 81,1 82,3 89,8 94,9 95,4 93,3 90,9 100<br />
<strong>Teil</strong>zeit-Modell 48 144 179 133 99 67 62 43 38 29 26 17 12 5 2 1 1 1 0<br />
prozentual 100 100 95,7 70,0 50,8 36,6 33,9 26,2 23,9 21,6 21,0 18,9 17,7 10,2 5,1 4,6 6,7 9,1 0<br />
Summe 48 144 187 190 195 183 183 164 159 134 124 90 68 49 39 22 15 11 5<br />
Die Statistik umfasst drei Kategorien von <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten:<br />
1) Beschäftigte, die nach <strong>Altersteilzeit</strong> im jeweiligen Jahr aus dem Betrieb ausscheiden,<br />
2) Beschäftigte, die sich im jeweiligen Jahr aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden,<br />
3) Beschäftigte, die für das jeweilige Jahr einen Antrag auf <strong>Altersteilzeit</strong> gestellt haben<br />
(Personalstatistik <strong>der</strong> BSAG/Mai 2002).<br />
Die Zeilensummen können nicht kumuliert werden – mit Blick auf die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten, die entwe<strong>der</strong> das Block- o<strong>der</strong> das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />
wählen, da eine Person mit einer mehrjährigen Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses in dieser Statistik in mehreren Jahren als Fall<br />
auftaucht.<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
55<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Schaubild 1: Block- <strong>und</strong> Konti-Modell bei <strong>der</strong> BSAG<br />
ausgeschiedene & aktive ATZ-Mitarbeiter<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Blocker kontinuierlich<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Tabelle 4: Praktizierte <strong>Altersteilzeit</strong>-Modelle (Febr. 2000)<br />
56<br />
absolut %<br />
Blockmodell: 1 Jahr Vollzeit / 1 Jahr Freistellung 34 22<br />
Blockmodell: 2 ½ Jahre Vollzeit / 2 ½ Jahre Freistellung 8 5<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell: 1 Woche Arbeit / 1 Woche Freizeit (davon<br />
54 Beschäftigte im Fahrdienst: „6 Tage arbeiten – 8 Tage frei“)<br />
72 46<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell: 2 Wochen Arbeit / 2 Wochen Freizeit 8 5<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell: 4 Wochen Arbeit / 4 Wochen Freizeit 11 7<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell: 3 Tage/Woche Arbeit (Verwaltung) 16 10<br />
Restl. <strong>Teil</strong>zeitmodelle (3-, 5-, 6-, 8-Wochen-Wechsel) 8 5<br />
157 100<br />
Die Beschäftigten, die das zweijährige Blockmodell (1 Jahr Arbeitsphase/1 Jahr<br />
Freistellung) gewählt haben (22 %), waren bereits ältere Beschäftigte, die mit Hilfe<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sobald wie möglich in den vorzeitigen Ruhestand wechseln wollten.<br />
Die Rentenabschläge, die bei <strong>der</strong> vorzeitigen Inanspruchnahme <strong>der</strong> Altersrente nach<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit mit 60 Jahren anfallen, waren wegen <strong>der</strong> schrittweisen Anhebung<br />
<strong>der</strong> Altersgrenze in den Jahren 1997 – 2001 (Jahrgänge 1937 – 1941) für die<br />
älteren Jahrgänge noch vergleichsweise gering. Einige Beschäftigte konnten zudem<br />
noch von <strong>der</strong> Vertrauensschutzregelung (45 Jahre Pflichtbeitragszeiten/vor Jahrgang<br />
1942) profitieren (Altersrente für langjährig Versicherte mit 60 Jahren ohne Rentenabschläge).<br />
Bei diesen Personen spielten also nicht die Rentenabschläge die entscheidende Rolle,<br />
son<strong>der</strong>n die ges<strong>und</strong>heitliche Verfassung, um „früher aufzuhören“:<br />
„Die fragen sich: Wie fühle ich mich? Wie ges<strong>und</strong> bin ich noch? Weil, unser größtes<br />
Klientel ist einfach <strong>der</strong> Fahrdienst. Und man kann sich vorstellen, wenn die 25 <strong>und</strong><br />
mehr Jahre hier gefahren sind, dann sind die manchmal ges<strong>und</strong>heitlich wirklich am<br />
Ende, so dass sie sagen: „Ich möchte möglichst schnell aufhören, ich möchte das<br />
beenden.“ Und dazu nutzen die dann das Blockmodell.“ (für <strong>Altersteilzeit</strong> zuständige<br />
Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />
Nicht ganz die Hälfte <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (46 %) befand sich im Februar 2000 im<br />
wöchentlichen Rhythmus des Wechsels von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit, wobei die<br />
Beschäftigten im Fahrdienst aus arbeitsorganisatorischen Gründen (Schichtpläne) das<br />
Muster „6 Tage arbeiten – 8 Tage frei“ praktizierten. Die älteren Beschäftigten bleiben<br />
innerhalb des Schichtsystems im Fahrdienst zudem von den arbeitszeitlichen Son<strong>der</strong>formen<br />
<strong>der</strong> Nachtdienste <strong>und</strong> Sonntagsdienste verschont.
57<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
„Wir erleben auch in den Gesprächen, wenn wir die Leute verabschieden, da sitzen<br />
immer, sagen wir mal, <strong>der</strong> Betriebsratsvorsitzende, <strong>der</strong> Personalchef, <strong>der</strong> zuständige<br />
Vorgesetzte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Betroffene zusammen, <strong>und</strong> dann hören wir, dass dieses 6 Tage/8<br />
Tage-Modell, was das kontinuierliche Modell im Fahrdienst schlechthin ist, dass<br />
dieses Modell bei den Leuten unheimlich gut ankommt. Die es machen <strong>und</strong> gemacht<br />
haben, sind echt froh, weil sie dadurch erleben, ich komme hier mal eine Woche,<br />
habe dann eine Woche frei <strong>und</strong> dann arbeite ich wie<strong>der</strong> eine Woche, ich komme hier<br />
so Stück für Stück raus in den Ruhestand. Und die fühlen sich dabei auch wohl!“<br />
(Personalleiter) Bei <strong>der</strong> BSAG wird das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> als „kontinuierliches<br />
Modell“ bezeichnet. Auch wenn gegenwärtig (seit 2002) mehr Beschäftigte<br />
sich gegen das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>und</strong> für das Blockmodell in <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> entscheiden,<br />
praktiziert immer noch ein erheblicher Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ den wöchentlichen<br />
Wechsel von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit: „Es gibt natürlich weiterhin diese<br />
kontinuierlichen Modelle. Bei dem Fahrdienst gibt es eben auch noch immer Leute,<br />
die sich entscheiden: 6 Tage/8 Tage, also 6 Tage fahren, 8 Tage frei. Das halten wir<br />
als Arbeitgeber auch weiterhin für die beste Lösung.“ (Personalleiter)<br />
Ein nicht unerheblicher Anteil <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (17 %) hat darüber hinaus im<br />
Februar 2000 einen Wechsel von voller Arbeit <strong>und</strong> voller Freizeit praktiziert, welcher<br />
über den Rhythmus einer Woche hinausgeht (2/3/4 <strong>und</strong> mehr Wochen Arbeit im<br />
Wechsel mit 2/3/4 <strong>und</strong> mehr Wochen Freizeit).<br />
Im Februar 2000 waren erst 27 Prozent aller „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ gemäß dem Blockmodell<br />
bei <strong>der</strong> BSAG beschäftigt, Ende 2000 hatten bereits 30 Prozent das Blockmodell<br />
gewählt. Als mit dem Tarifvertrag (seit 1. Juli 2000 in Kraft) die Möglichkeit geschaffen<br />
wurde, auch die „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong> zu wählen, wurde das Blockmodell<br />
zunehmend von den Beschäftigten gewählt: Im Jahre 2001 hielten sich die<br />
beiden Varianten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> noch die Waage, im Jahre 2002 überwog bereits<br />
(mit nicht ganz zwei Dritteln) das Blockmodell (Jahr 2003: zwei Drittel).<br />
Allerdings muss bei dieser Statistik <strong>der</strong> BSAG zur <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
berücksichtigt werden, dass diese nach Jahren geglie<strong>der</strong>te Statistik (vgl. Tabelle 3)<br />
drei unterschiedliche Kategorien von „<strong>Altersteilzeit</strong>ern“ pro Jahr zusammenfasst: (1)<br />
Beschäftigte, die nach <strong>Altersteilzeit</strong> im jeweiligen Jahr aus dem Betrieb ausscheiden,<br />
(2) Beschäftigte, die sich im jeweiligen Jahr aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden, (3)<br />
Beschäftigte, die für das jeweilige Jahr bereits einen Antrag auf <strong>Altersteilzeit</strong> gestellt<br />
haben.<br />
Motive für die Wahl des <strong>Teil</strong>zeit- o<strong>der</strong> Blockmodells<br />
Um die Motive <strong>der</strong> Beschäftigten für die zunehmende Wahl des Blockmodells in<br />
Erfahrung zu bringen, müssten diese eigentlich selbst befragt werden. Gleichwohl<br />
haben die Gespräche mit <strong>der</strong> Personalleitung <strong>und</strong> dem Betriebsratsvorsitzenden einige<br />
Anhaltspunkte für die verän<strong>der</strong>te Motivation <strong>der</strong> Beschäftigten ergeben. Eine große<br />
Rolle spielt dabei die Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses in Verbindung mit<br />
dem Lebensalter, in dem die Beschäftigten faktisch ihre Berufstätigkeit beenden
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
können. Während beim <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>faktische</strong>s <strong>und</strong> rechtliches Austrittsalter<br />
zusammenfallen, fallen beim Blockmodell <strong>faktische</strong>s <strong>und</strong> rechtliches Austrittsalter<br />
auseinan<strong>der</strong>. In Verbindung mit den Rentenabschlägen, die nunmehr die Beschäftigten<br />
ab Jahrgang 1942 (ohne Vertrauensschutz) zu gewärtigen haben (18 %), nehmen<br />
die Beschäftigten im Blockmodell eine Lebensplanung für den Zeitpunkt ihres<br />
tatsächlichen Ausscheidens aus dem Betrieb vor, welche gleichzeitig die Höhe <strong>der</strong><br />
Rentenabschläge beim späteren rechtlichen Ausscheiden mit berücksichtigt.<br />
„Es ist festzustellen, dass die Mitarbeiter mittlerweile zunehmend das Blockmodell<br />
favorisieren, da es dadurch möglich ist, mit 60 Jahren nicht mehr im Schichtdienst<br />
tätig zu sein <strong>und</strong> trotzdem den Rentenverlust zu begrenzen. Die Mitarbeiter gehen<br />
zunehmend dazu über, mit 57,5 Jahren die <strong>Altersteilzeit</strong> zu beginnen, zweieinhalb<br />
Jahre zu blocken <strong>und</strong> ab 60 in den Freizeitblock zu gehen, um somit mit 62,5 Jahren<br />
Rente zu erhalten.“ 38<br />
Diese Anfang 2000 von den Personalverantwortlichen formulierte Feststellung<br />
bestätigt unsere Aussage, dass sich die Zahl „60“ als magische Zahl für das – in<br />
diesem Falle: tatsächliche – Ausscheiden aus dem Berufsleben etabliert hat. Die<br />
Streckung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> auf die Lebensphase 57 ½ – 62 ½ gemäß dem Blockmodell<br />
ermöglicht es den Beschäftigten, mit 60 Jahren faktisch die Berufstätigkeit zu<br />
beenden. Das durchschnittliche Lebensalter <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ beim Übergang in<br />
den Ruhestand betrug bei diesen BSAG-Beschäftigten im Jahre 1998 etwa 60 ½<br />
Jahre (durchschnittliche Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses = 3,2 Jahre), im<br />
Jahre 2000 etwa 61 ½ Jahre (durchschnittliche Laufzeit = 4 Jahre) <strong>und</strong> im Jahre<br />
2002 etwa 62 ½ Jahre (durchschnittliche Laufzeit = ca. 5 Jahre).<br />
Wegen <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer von 5 auf 6 Jahre (seit 1. Juli 2000<br />
in Kraft) können nunmehr die Beschäftigten die Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase noch<br />
weiter strecken <strong>und</strong> damit auch die Rentenabschläge (1 Jahr = 3,6 %) etwas<br />
min<strong>der</strong>n. Eine bedeutende Rolle spielt bei dieser Kalkulation natürlich auch die<br />
Betriebsrente als Kompensation für die Rentenabschläge.<br />
„Es ist bei uns nie so gewesen, dass da die Rentenabschläge kompensiert worden<br />
sind. Unser betriebliches Ruhegeld, das es schon immer gab, hat nur dazu geführt,<br />
dass die Arbeitnehmer leichter sagen konnten: „OK, ich gehe in <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong><br />
nehme die Rentenabschläge in Kauf.“ (...) Jetzt, wo die Möglichkeit besteht, die<br />
Blockung, sagen wir mal, vom 57. bis zum 63. Lebensjahr zu ziehen, <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Mitarbeiter trotzdem mit 60 ausscheiden kann, das nutzt er dann natürlich. Bei dem<br />
Konti-Modell kann er das ja eher nicht, da müsste er ja, wenn er das auf sechs Jahre<br />
macht, sagen wir mal, mit 55 anfangen <strong>und</strong> bis 61 arbeiten, hat dann aber die<br />
Rentenabschläge noch, 2 Jahre mehr bei den Rentenabschlägen.“ (Personalleiter, Mai<br />
2002)<br />
38 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 89 f.<br />
58
59<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Im Güterkalkül werden offenbar das Ausmaß <strong>der</strong> Rentenabschläge (rechtliches<br />
Austrittsalter) <strong>und</strong> – gemäß Blockmodell o<strong>der</strong> Konti-Modell – <strong>der</strong> jeweilige Zeitpunkt<br />
des Abschieds vom Arbeitsleben (<strong>faktische</strong>s Austrittsalter) gegeneinan<strong>der</strong> abgewogen.<br />
Unterstellt man die gleiche Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (57. bis 63. Lebensjahr),<br />
so dass die gleichen Rentenabschläge (7,2 %) anfallen, <strong>und</strong> vergleicht man Block<strong>und</strong><br />
Konti-Modell hinsichtlich des Zeitpunkts des <strong>faktische</strong>n Ausscheidens aus dem<br />
Betrieb, dann beendet <strong>der</strong> Arbeitnehmer im „Blockmodell“ schon mit 60 Jahren die<br />
Berufstätigkeit, <strong>der</strong> Arbeitnehmer im „Konti-Modell“ dagegen erst mit 63 Jahren.<br />
Offenbar ist dieser Zeitpunkt des „Abschieds vom Arbeitsleben“ für die Beschäftigten<br />
wichtiger als <strong>der</strong> Umstand, im Blockmodell immerhin drei Jahre voll arbeiten zu<br />
müssen, während <strong>der</strong> Beschäftigte im „Konti-Modell“ seine Sollarbeitszeit auf 6 Jahre<br />
verteilen kann.<br />
Abbildung 3: Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell (57 – 63 Jahre)<br />
BLOCKMODELL RENTENANSPRUCH<br />
57 volle Arbeit 60 volle Freizeit 63 65<br />
7,2 % Abschlag<br />
24 Monate<br />
TEILZEITMODELL RENTENANSPRUCH<br />
57 halbe Arbeit / halbe Freizeit 63 65<br />
7,2 % Abschlag<br />
24 Monate<br />
Die Verlängerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase von fünf auf sechs Jahre (Juli 2000) hat<br />
zudem dazu geführt, dass <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase um ein Jahr nach vorne<br />
gezogen wird, um über das Blockmodell möglichst noch früher das Arbeitsleben<br />
beenden zu können. Während im Jahre 2000 die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ im Blockmodell im<br />
Durchschnitt das Muster „57 ½ – 59 ½ – 61 ½“ praktizierten, hat sich im Jahre<br />
2002 bei den „Blockern“ folgendes Muster etabliert: „56 – 59 – 62“.<br />
„Ich führe die Beratungsgespräche, <strong>und</strong> ich kann sagen, wer so weit seine finanzielle<br />
Situation zu Hause geklärt hat, wo vielleicht eine Frau mitgearbeitet hat, <strong>der</strong> entscheidet<br />
sich meistens mit 61 bzw. 62, bei uns ganz auszuscheiden. Das ist im<br />
Moment die Tendenz. (...) Die kriegen dann schon mit 62 ihre Rente.“ (für <strong>Altersteilzeit</strong><br />
zuständige Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />
Einige „Blocker“ praktizieren sogar das Muster „55 – 58 – 61“: „Dadurch, dass jetzt<br />
die Möglichkeit gegeben ist, Blockungen zu machen über Tarifvertrag, sagen die<br />
Neuen: „Nein, ich will lieber früher aufhören, fange mit 55 an, mache drei Jahre<br />
Arbeit noch voll, <strong>und</strong> dann bin ich weg.“ (Personalleiter) Zielpunkt dieser Orientierung<br />
ist demnach das frühe tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb, das häufig mit
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
positiven Erwartungen an den vorzeitigen Ruhestand verb<strong>und</strong>en wird: „Es gibt auch<br />
viele, die sich im Nachhinein etwas vorgenommen haben. Ich finde, die sind immer<br />
aktiver geworden, die älteren Mitarbeiter. Das heißt, die haben sich vorgenommen,<br />
nach Spanien zu ihrem Häuschen zu gehen o<strong>der</strong> Hobbys zu verwirklichen. Das höre<br />
ich im Moment ganz viel. Also, da hat sich scheinbar auch irgendwas getan bei<br />
unseren Mitarbeitern." (für <strong>Altersteilzeit</strong> zuständige Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />
Im Oktober 2001 wurden im Auftrage <strong>der</strong> BSAG vom Hamburger Soziologen Jürgen<br />
Prott (HWP) 89 <strong>der</strong> 138 „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ schriftlich <strong>und</strong> 23 von ihnen nochmals<br />
intensiv befragt. Ergebnisse dieser Befragung wurden in einer Son<strong>der</strong>ausgabe (März<br />
2002) <strong>der</strong> Betriebszeitung <strong>der</strong> Bremer Straßenbahn AG veröffentlicht.<br />
Die Sorge um die Ges<strong>und</strong>heit steht im Mittelpunkt <strong>der</strong> Motive: 88 Prozent <strong>der</strong> von<br />
Jürgen Prott Befragten haben angegeben, sie wollten durch die <strong>Altersteilzeit</strong> ihre<br />
„Ges<strong>und</strong>heit schonen“. Zwischen den „Kontinuierlichen“ <strong>und</strong> den „Blockern“ hat Prott<br />
die folgenden Unterschiede festgestellt: „Wer sich für die erste Variante entschieden<br />
hat, verweist häufig vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer langen Betriebszugehörigkeit auf seine<br />
angeschlagene Ges<strong>und</strong>heit, die möglichst rasch durch verringerte Arbeitsbelastung<br />
stabilisiert werden soll. Das ist das eine. An<strong>der</strong>erseits heben diese Personen im<br />
Interviewgespräch häufig die Sorge vor dem „tiefen Loch“ hervor, in das man beim<br />
abrupten Ausscheiden aus dem Betrieb fallen kann. Die „langsame Gewöhnung“ an<br />
die Zeit jenseits <strong>der</strong> Berufstätigkeit wird als schrittweise Einübung in einen verän<strong>der</strong>ten<br />
Lebensrhythmus empf<strong>und</strong>en.“<br />
Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Motive <strong>der</strong> „Blocker“ steht nach Prott folgende Einschätzung:<br />
„Auch sie wollen ihre Belastungen in ges<strong>und</strong>heitsschonen<strong>der</strong> Weise verringern, aber<br />
sie fühlen sich offenbar noch nicht <strong>der</strong>art verbraucht, dass sie nicht noch ein paar<br />
Jahre durchzuhalten verstünden. Diese Personen geben unumw<strong>und</strong>en zu, so schnell<br />
wie möglich das Ende ihrer Berufstätigkeit erreichen zu wollen. Man begreift die<br />
aktive Phase <strong>der</strong> Blockzeit gewissermaßen als einen letzten Kraftakt, an dessen Ende<br />
<strong>der</strong> vorzeitige Übergang in die berufliche Freistellung lockt.“<br />
Prott vermutet, dass die Wahl zwischen dem Block- <strong>und</strong> dem <strong>Teil</strong>zeit-Modell Ausdruck<br />
einer unterschiedlichen Identifikation mit <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb sein<br />
könnte: „Diejenigen, die sich für das Blockzeit-Modell entscheiden, bilanzieren die<br />
Zufriedenheit mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb häufiger ungünstig als diejenigen, die<br />
den gleitenden Übergang favorisieren. „Blocker“ identifizieren sich wahrscheinlich<br />
seltener mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> mit dem Betrieb als es die „Kontinuierlichen“ tun.“<br />
Wie<strong>der</strong>besetzung als Regelfall<br />
Das Unternehmen hat es verstanden, mit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> seiner<br />
beschäftigungspolitischen Verantwortung nachzukommen <strong>und</strong> gleichzeitig durch<br />
Nutzung <strong>der</strong> Zuschüsse des Arbeitsamtes eine kostenneutrale Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
zu erreichen.<br />
60
61<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
„Das Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bei <strong>der</strong> Bremer Straßenbahn AG konnte unter an<strong>der</strong>em<br />
dadurch für das Unternehmen kostenneutral gestaltet werden, dass Neueinstellungen<br />
vorgenommen <strong>und</strong> dadurch die Zuschüsse von 20 % des Arbeitsamtes genutzt<br />
werden. Die Einstellungen neuer Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter wurden nochmals<br />
dadurch begünstigt, dass die Tarifabschlüsse <strong>der</strong> vergangenen Jahre niedrigere<br />
Einstiegsgehälter <strong>und</strong> damit niedrigere Kosten für das Unternehmen ermöglichen.<br />
Daraus ergibt sich eine Kostenersparnis für das Unternehmen, wenn die Entgelte von<br />
zwei <strong>Altersteilzeit</strong>mitarbeitern <strong>und</strong> einem Neueingestellten verglichen werden mit den<br />
Kosten für zwei „Alt-Beschäftigte“. Bis zum Mai 2000 konnte das Unternehmen<br />
durch die offensive Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> 79 Arbeitslose <strong>und</strong> 21 Auszubildende<br />
neu einstellen. Die Bremer Straßenbahn AG stellt vor allem Langzeitarbeitslose sowie<br />
Jugendliche nach dem Son<strong>der</strong>programm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung ein, so dass Ausbildungskosten<br />
vom Arbeitsamt übernommen <strong>und</strong> Einstellungszuschüsse in Anspruch<br />
genommen werden können. Die Erfahrungen mit dem Son<strong>der</strong>programm für Jugendliche<br />
<strong>und</strong> Langzeitarbeitslose sind zu 95 % positiv. Bis Mai 2000 wurden 30 Jugendliche<br />
<strong>und</strong> 23 Langzeitarbeitslose eingestellt.“ 39<br />
Die Aufstockung von 70 auf 85 Prozent des Nettolohnes bzw. Nettogehaltes fällt aus<br />
drei Gründen für das Unternehmen kostenneutral aus: (1) Ältere mit einer hohen<br />
Lohngruppe werden durch jüngere Beschäftigte mit einer niedrigen Lohngruppe<br />
ersetzt, (2) die Lohn- <strong>und</strong> Gehaltstarife für die neu eingestellten Beschäftigten sind<br />
um 6 Prozent abgesenkt worden. (3) Durch die Verringerung <strong>der</strong> Belastungen für die<br />
„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ (insbeson<strong>der</strong>e im kontinuierlichen Modell) sind die Krankheitskosten<br />
für das Unternehmen gesunken.<br />
Die Wie<strong>der</strong>besetzung <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei gemachten Arbeitsplätze ist allerdings<br />
in den letzten Jahren nicht mehr vollständig erfolgt; seit dem Jahr 2000 muss<br />
die BSAG aufgr<strong>und</strong> des Kontraktes mit <strong>der</strong> Stadt (Senkung <strong>der</strong> Zuschüsse) Personal<br />
abbauen: „So haben wir zum Beispiel im letzten Jahr, also in 2001, um 65 Mitarbeiter<br />
abgebaut. Und da wird zum <strong>Teil</strong> natürlich auch die <strong>Altersteilzeit</strong> genutzt, aber<br />
wir machen auch Wie<strong>der</strong>besetzung vor allen Dingen über Auszubildende.“ (Personalleiter,<br />
Mai 2002) Das Qualifizierungsprogramm für Langzeitarbeitslose <strong>und</strong> Jugendliche<br />
ist mittlerweile abgeschlossen, weil das Unternehmen nicht mehr so viel Personal<br />
benötigt. Gleichwohl stellt die BSAG Auszubildende immer noch über den eigenen<br />
Bedarf hinaus ein, welche nach Abschluss ihrer Ausbildung auch weitgehend übernommen<br />
werden. Bis zum Mai 2003 konnte das Unternehmen durch die Nutzung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> 163 Arbeitslose einstellen <strong>und</strong> 56 Auszubildende übernehmen.<br />
39 A. Kohfeldt, H. Resch, a. a. O., S. 92 f.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Stellungnahme des Betriebsratsvorsitzenden<br />
„Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Umsetzung des <strong>Altersteilzeit</strong>modells bis hin zu einem ausgereiften<br />
Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Belegschaft als wichtiger Bestandteil unserer Sozialpolitik<br />
in einem Wechselschichtbetrieb anerkannt. Von Beginn an waren wir sicher, dass<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> für unseren Betrieb mit 3-Schicht <strong>und</strong> Wechselschicht genau das richtige<br />
Instrument zur Entlastung im Alter ist. So war uns wichtig, nicht nur <strong>Altersteilzeit</strong> an<br />
sich zu ermöglichen, son<strong>der</strong>n damit verb<strong>und</strong>en auch Entlastungen in den Dienstplänen<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>ler, die kein Blockmodell fahren, mit Erfolg umzusetzen.<br />
Ein weiterer zentraler Punkt ist festzuhalten: Trotz eines fortschreitenden Personalabbaus<br />
haben wir jungen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen nach <strong>der</strong> Ausbildung eine Weiterbeschäftigung<br />
bei <strong>der</strong> BSAG durch das <strong>Altersteilzeit</strong>modell ermöglicht – <strong>und</strong> das auch im<br />
Jahr 2003. Und für die jüngere Generation haben wir mittlerweile im Rahmen des<br />
Altersvermögensgesetzes einen Tarifvertrag zur flexiblen Entgeltumwandlung geschaffen,<br />
damit auch diese Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen trotz steigendem Rentenalter über ein<br />
früheres Ausscheiden im Rentenalter nachdenken können – mit o<strong>der</strong> ohne <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz.<br />
Die Entgeltumwandlung schafft aber auch noch den anstehenden <strong>Altersteilzeit</strong>lern<br />
Ansparmöglichkeiten, um über den Zeitpunkt <strong>der</strong> beginnenden <strong>Altersteilzeit</strong><br />
neu nachdenken zu können. Hier können Rentenpunktverluste noch abgemil<strong>der</strong>t<br />
werden.<br />
Wir tun hier viel, da wir wissen, keiner, <strong>der</strong> 30 – 40 Jahre Schichtdienst macht, hält<br />
das bis zum 65. o<strong>der</strong> gar, nach den neuen Rentenplänen, bis zum 67. Lebensjahr<br />
durch. Hier hat auch das Unternehmen eine soziale Verantwortung, immer wie<strong>der</strong><br />
Gestaltungsspielräume zu nutzen, um Menschen nicht nur, wie man heute sagt, als<br />
„Humankapital“ zu nutzen.“<br />
Weitere Informationen<br />
Bremer Straßenbahn AG (BSAG)<br />
Flughafendamm 12<br />
28199 Bremen<br />
Tel.: 0421 / 559 62 23<br />
Geschäftsleitung<br />
Herr Resch<br />
Personalleitung<br />
Herr Kohfeldt<br />
Betriebsrat<br />
Herr Hünig<br />
62
Siemens AG, Zweignie<strong>der</strong>lassung Bremen<br />
63<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 55. Lebensjahr mit teilweisem Ausgleich<br />
<strong>der</strong> Rentenabschläge<br />
Ziele<br />
Die Siemens AG verfolgt mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> das Ziel, den älteren<br />
Beschäftigten vorzeitig den Übergang aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand zu<br />
ermöglichen <strong>und</strong> bei Bedarf die frei gewordenen Arbeitsplätze mit jüngeren Beschäftigten<br />
zu besetzen. Wegen des aus Kostengründen notwendigen Personalabbaus<br />
konnte die Siemens AG die durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei gemachten Arbeitsplätze nur zu<br />
einem Drittel wie<strong>der</strong> besetzen – insbeson<strong>der</strong>e mit Auszubildenden <strong>und</strong> Fachhochschul-Ingenieuren<br />
nach Abschluss ihrer Berufsausbildung (Zuschüsse <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Arbeit). Vorrangiges Ziel bei <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist nach Ansicht <strong>der</strong><br />
Personalabteilung nicht <strong>der</strong> Personalabbau, son<strong>der</strong>n das Angebot an die älteren<br />
Beschäftigten, freiwillig früher in den Ruhestand gehen zu können.<br />
Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> wird ab dem 55. Lebensjahr den Beschäftigten angeboten. Die Betriebsvereinbarung<br />
(Nov. 1997) bestimmt den Personenkreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />
gemäß dem <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz (Aug. 1996): mindestens drei Jahre beitragspflichtige<br />
Vollzeitbeschäftigung während <strong>der</strong> letzten fünf Jahre, im Regelfall sollen mindestens<br />
zehn „pensionsfähige Dienstjahre“ zum Austrittszeitpunkt erreicht sein, damit ein<br />
Anspruch auf „Firmenpension“ besteht. Die Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt zwischen<br />
zwei <strong>und</strong> fünf Jahren: Die Mindestdauer ergibt sich daraus, dass eine Altersrente<br />
wegen <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 60. Lebensjahr mindestens 24 Kalen<strong>der</strong>monate <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
voraussetzt, die Höchstdauer beruht darauf, dass die För<strong>der</strong>ungsdauer<br />
durch das Arbeitsamt (vor <strong>der</strong> Verlängerung auf 6 Jahre) auf fünf Jahre begrenzt war.<br />
Die gesetzlichen Än<strong>der</strong>ungen (1. Jan. 2000) wurden von <strong>der</strong> Siemens AG zügig<br />
umgesetzt (Juli 2000): Die Vollzeitbeschäftigung als Voraussetzung für den Abschluss<br />
eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses wird durch die „bisherige wöchentliche<br />
Arbeitszeit“ ersetzt.<br />
Es existiert zum einen ein Blockmodell, nach dem <strong>der</strong>/die Beschäftigte 2 ½ Jahre<br />
vollzeitig tätig <strong>und</strong> im Anschluss 2 ½ Jahre freigestellt ist; zum an<strong>der</strong>en können die<br />
Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit verkürzen. Das unverblockte Modell (Halbtagsarbeit)<br />
wurde bislang jedoch kaum beansprucht (2 % <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge). Die<br />
Betriebsvereinbarung ermöglicht – auf <strong>der</strong> Basis des Tarifvertrages – eine Laufzeit von<br />
5 Jahren für die verblockte <strong>Altersteilzeit</strong>. Bei <strong>der</strong> Siemens AG besteht eine „Vollzeit-<br />
Kultur“, auch bei den Frauen (Anteil von r<strong>und</strong> 20 % an <strong>der</strong> Belegschaft) bildet<br />
<strong>Teil</strong>zeitarbeit eine Ausnahme.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Es können alle Beschäftigen ab dem 55. Lebensjahr teilnehmen, auch die außer<strong>tarifliche</strong>n<br />
Angestellten. B<strong>und</strong>esweit sind r<strong>und</strong> 5000 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen<br />
worden. Im Bereich Hamburg, Bremen, Kiel <strong>und</strong> Rostock, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung<br />
Hamburg betreut wird, sind 200 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen worden (Stand:<br />
März 2002); damit beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote in diesem Bereich (ca. 3.500<br />
Mitarbeiter) immerhin 5,7 Prozent aller Beschäftigten, überschreitet somit die im<br />
Tarifvertrag vorgesehene Quote von 5 Prozent (ab 1. Mai 2002).<br />
Nach Reduktion <strong>der</strong> Arbeitszeit auf 50 Prozent werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoeinkommen<br />
um 25 Prozent des <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoverdienstes aufgestockt. Dieser<br />
Aufstockungsbetrag ist steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfrei. Entsprechend <strong>der</strong> Regelung<br />
des Tarifvertrages werden 82 Prozent des bisherigen Netto-Vollzeitentgeltes in<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> erreicht. Die Siemens AG entrichtet außerdem zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge<br />
auf <strong>der</strong> Basis von 95 Prozent des früheren Brutto-Vollzeitentgeltes<br />
(entsprechend <strong>der</strong> Regelung des Tarifvertrages). Bei Neueinstellung eines Arbeitslosen<br />
o<strong>der</strong> bei Übernahme eines Auszubildenden erhält die Siemens AG ihre Aufstockungsleistungen<br />
größtenteils vom Arbeitsamt erstattet.<br />
Betriebsrente <strong>und</strong> Abfindungen<br />
Während bei den Son<strong>der</strong>zahlungen (Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld) für die Beschäftigten<br />
in <strong>Altersteilzeit</strong> keine Ausgleichszahlungen für die Einkommenseinbußen vorgenommen<br />
werden, werden bei <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Siemens AG geför<strong>der</strong>ten betrieblichen<br />
Altersvorsorge die Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> den Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt.<br />
Das 13. Gehalt wird auf Basis des <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoeinkommens (ohne die Aufstokkungsleistungen)<br />
berechnet: Hälfte des <strong>tarifliche</strong>n <strong>Teil</strong>s des 13. Gehaltes (Basis:<br />
<strong>Teil</strong>zeit). Bei <strong>der</strong> verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> erhält <strong>der</strong> Mitarbeiter den <strong>tarifliche</strong>n <strong>Teil</strong><br />
des 13. Gehaltes auf Basis <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit nur während <strong>der</strong> Arbeitsphase – während<br />
<strong>der</strong> Freistellungsphase besteht auf das anteilige 13. Gehalt kein Anspruch. Entsprechend<br />
wird bei <strong>der</strong> Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes verfahren (Halbierung/Arbeitsphase).<br />
Demgegenüber wird bei den vermögenswirksamen Leistungen<br />
keine Halbierung vorgenommen: Die vermögenswirksamen Leistungen werden vom<br />
Arbeitgeber für die „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ zu 100 Prozent entrichtet. Bei <strong>der</strong> Betriebsrente<br />
<strong>der</strong> Siemens AG, <strong>der</strong> sog. „Siemens-Rente“, findet gleichfalls keine Absenkung <strong>der</strong><br />
Beiträge für diese betriebliche Altersvorsorge – während <strong>der</strong> gesamten Laufzeit <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> – statt. Die Betriebsrente bildet für die Siemens-Beschäftigten einen<br />
bedeutenden Baustein ihrer Altersvorsorge: So erhält eine Schreibkraft etwa 400,--<br />
DM/Monat an „Siemens-Rente“, ein Ingenieur etwa 800,-- DM/Monat.<br />
Wenn <strong>der</strong>/die Beschäftigte mit 60 Lebensjahren aus dem Betrieb ausscheidet, wird<br />
eine Abfindung von drei Vollzeit-Monatsentgelten gezahlt. Diese Regelung beruht auf<br />
dem Manteltarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong>: Abfindung von maximal drei Brutto-<br />
Vollzeitentgelten bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> für Beschäftigte ab dem<br />
60. Lebensjahr auf Wunsch des Arbeitgebers. Die Siemens AG zahlt ihren Beschäf-<br />
64
65<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
tigten, die vor dem 1.10.1983 bei Siemens eingetreten sind, sogar sechs Vollzeit-<br />
Monatsentgelte als Abfindung beim vorzeitigen Ausscheiden aus dem Betrieb. Immer<br />
noch haben große Anteile <strong>der</strong> älteren Beschäftigten nach ihrer Berufsausbildung ihr<br />
gesamtes Arbeitsleben bei Siemens verbracht. Die Betriebsrente bildet einen wichtigen<br />
Bestandteil dieser „lebenslangen“ Betriebsbindung.<br />
Der im Frühjahr 2000 abgeschlossene Tarifvertrag <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />
(Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke) sieht für Beschäftigte ab dem 57. Lebensjahr mit<br />
Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> eine Abfindung – sog. Rentenaufstockung – von<br />
maximal 21.600,-- DM vor (450,-- DM/Monat x maximal 48 Monate) – <strong>und</strong> zwar für<br />
die Zeit des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb bis zum Erreichen des 65.<br />
Lebensjahres (maximal 48 Monate).<br />
Dieser Monatsbetrag für die Abfindung (450,-- DM = 230,-- Euro) ist von <strong>der</strong><br />
Siemens AG um 20 Euro erhöht worden (250 Euro). Außerdem wird von <strong>der</strong> Siemens<br />
AG gemäß Betriebsvereinbarung beim Ausscheiden aus dem Betrieb mit 60 Lebensjahren<br />
die ganze Strecke bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres – also fünf Jahre<br />
<strong>und</strong> nicht nur vier Jahre wie im Tarifvertrag – für die Berechnung <strong>der</strong> Abfindung<br />
berücksichtigt (60 Monate x 250 Euro = 15.000 Euro). Im Vergleich zur tarifvertraglich<br />
geregelten maximalen Abfindung (230 Euro x 48 Monate = 11.040 Euro)<br />
können die Siemens-Beschäftigten also eine wesentlich höhere Abfindung erzielen<br />
(maximal 15.000 Euro). Diese maximale Abfindung wird bei Siemens „Mindestabfindung“<br />
genannt, weil gemäß Günstigkeitsprinzip diejenigen Beschäftigten, die pro<br />
Monat mehr als 5.000 Euro Bruttogehalt verdienen, die Abfindungsregelung des<br />
Tarifvertrages <strong>Altersteilzeit</strong> weiterhin in Anspruch nehmen können: Abfindung von drei<br />
Brutto-Vollzeitentgelten bei vorzeitiger Beendigung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> für Beschäftigte<br />
ab dem 60. Lebensjahr, so dass sich eine Abfindung von mehr als 15.000 Euro für<br />
die höher verdienenden Angestellten ergeben kann.<br />
Der monatliche Betrag <strong>der</strong> Abfindung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb<br />
beträgt 250 Euro mit Vollendung des 60. Lebensjahres, so dass sich eine Abfindung<br />
von 15.000 Euro ergibt (60 Monate x 250 Euro). Beim Ausscheiden mit Vollendung<br />
des 61. Lebensjahres ergibt sich ein monatlicher Betrag <strong>der</strong> Abfindung von 240 Euro,<br />
so dass die Abfindung insgesamt 11.520 Euro beträgt (48 Monate x 240 Euro). Beim<br />
Ausscheiden mit Vollendung des 62. Lebensjahres wird ein monatlicher Betrag <strong>der</strong><br />
Abfindung von 230 Euro zugr<strong>und</strong>e gelegt, so dass die Abfindungssumme 8.280 Euro<br />
beträgt (36 Monate x 230 Euro).<br />
Die maximale Abfindung von 15.000 Euro muss nicht als Abfindung ausgezahlt<br />
werden, son<strong>der</strong>n kann von den Beschäftigten auch in die Siemens-Rente „umgewandelt“<br />
werden, d. h. als Baustein für die Aufstockung <strong>der</strong> Betriebsrente benutzt werden.<br />
Die meisten Siemens-Beschäftigten verwenden tatsächlich ihre jeweilige Abfindungssumme<br />
für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb als „Rentenaufstockung“ ihrer<br />
Betriebsrente, so dass ein gewisser Ausgleich <strong>der</strong> Rentenabschläge beim vorzeitigen<br />
Rentenbezug erfolgt. Gemäß dem von <strong>der</strong> Personalabteilung gegebenen Beispiel <strong>der</strong>
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
durchschnittlichen aktuellen Lebenserwartung von Männern (knapp 73 Jahre) würde<br />
die Abfindung von 15.000 Euro geteilt durch 153 Monate (Rentenbeginn mit 60<br />
Jahren) demnach eine Aufstockung <strong>der</strong> Betriebsrente um 98 Euro/Monat für die<br />
kalkulierte Dauer des Rentenbezugs erbringen.<br />
Verteilzeitraum <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Der Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses soll spätestens mit 63 Lebensjahren<br />
erfolgen (Mindestdauer von zwei Jahren als Bedingung für den Bezug <strong>der</strong><br />
Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit). Anfang <strong>und</strong> Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nach Lebensjahren<br />
sowie die Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> nach dem Blockmodell<br />
werden von den Beschäftigten gemäß ihrer Lebenslage unterschiedlich gewählt. Etwa<br />
die Hälfte <strong>der</strong> Beschäftigten wählt das in vielen Industriebetrieben praktizierte Muster<br />
<strong>der</strong> fünfjährigen verblockten <strong>Altersteilzeit</strong> im Lebensabschnitt von 55 bis zu 60<br />
Jahren: 55 bis 57 ½ Jahre = Arbeitsphase, 57 ½ bis 60 Jahre = Freistellungsphase,<br />
vorzeitiger Ruhestand mit 60 Lebensjahren. Der vorzeitige Rentenbeginn mit 60<br />
Lebensjahren (Rentenabschläge = 18 % ab Geburtsdatum 1.1.1942) bildet für die<br />
meisten männlichen Siemens-Beschäftigten die „Zielgröße“ (magische Zahl für den<br />
Übergang in den Ruhestand). Die an<strong>der</strong>e Hälfte <strong>der</strong> Siemens-Beschäftigten verteilt<br />
sich auf an<strong>der</strong>e Muster <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>: Viele Angestellte<br />
erfüllen lediglich die Mindestdauer von 2 Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> (58 – 60 Jahre), um mit<br />
60 Lebensjahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (mit nunmehr 18 % Rentenabschlägen)<br />
beziehen zu können, viele höhere Angestellte, die ihr Berufsleben z. B.<br />
als Ingenieur relativ spät begonnen haben <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> sich noch in <strong>der</strong> Ausbildung<br />
bzw. im Studium befinden, wählen dagegen einen späteren Beginn <strong>und</strong> ein<br />
späteres Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (5 Jahre verblockte <strong>Altersteilzeit</strong> im Lebensabschnitt<br />
von 60 bis 65 Jahren: 60 – 62 ½ Jahre = Arbeitsphase, 62 ½ – 65 Jahre =<br />
Freistellungsphase, Rentenbezug (ohne Rentenabschläge) mit 65 Lebensjahren).<br />
Wer entscheidet über <strong>Altersteilzeit</strong>?<br />
Die Abteilungsleitung <strong>und</strong> die Bereichsleitung treffen letztendlich die Entscheidung, ob<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> beansprucht werden kann. In Streitfällen bestimmt <strong>der</strong> Betriebsrat mit;<br />
ein erzwingbarer Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> existiert aber nicht. Der im Manteltarifvertrag<br />
<strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie enthaltene Rechtsanspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong><br />
(ab 61. Lebensjahr) wurde in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung nicht übernommen,<br />
weil die Quote des Tarifvertrages für „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ an <strong>der</strong> Belegschaft bereits<br />
„übererfüllt“ war. Diese Anspruchseinschränkung sollte in <strong>der</strong> Siemens AG nach<br />
Auffassung des Gesamtbetriebsrates nicht gelten. Den Wünschen <strong>der</strong> älteren Beschäftigten<br />
nach Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> wird i. d. R. unabhängig von <strong>der</strong>em jeweiligem<br />
Lebensalter stattgegeben. Eine Einigung wird i. d. R. zwischen Personalabteilung<br />
<strong>und</strong> dem/<strong>der</strong> Beschäftigten ohne Beteiligung des Betriebsrates erzielt.<br />
66
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
67<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Gesamtbetriebsvereinbarung vom 1. Nov. 1997 mit einer Laufzeit bis zum 1. Juli<br />
2004 (verlängert bis zum Jahr 2006). Voraussetzung für die Anwendung <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />
war zunächst <strong>der</strong> Manteltarifvertrag <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />
zur <strong>Altersteilzeit</strong> vom Juni 1998, später dann <strong>der</strong> im Jahre 2000 abgeschlossene<br />
Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke.<br />
Stellungnahmen<br />
Personalabteilung<br />
„<strong>Altersteilzeit</strong> ist eine gute Regelung, um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben,<br />
früher auszuscheiden, auch unter akzeptablen finanziellen Bedingungen. Die Belastungen<br />
in <strong>der</strong> Arbeitswelt werden immer stärker, <strong>und</strong> dass dann nicht bis 65<br />
durchgearbeitet werden muss, son<strong>der</strong>n hier die Möglichkeit besteht, einen Ausstieg ab<br />
60 zu finden, ist positiv. Auch können ältere Mitarbeiter früher durch jüngere ersetzt<br />
werden, was Innovationen im Unternehmen beschleunigen kann. Nachteilig sind die<br />
hohen Kosten für das Unternehmen, wenn es keinen Zuschuss vom Arbeitsamt gibt.<br />
Für einen Mitarbeiter, <strong>der</strong> 40.900 Euro Jahreseinkommen verdient, entstehen etwa<br />
59.000 Euro Kosten im Jahr ohne Zuschuss vom Arbeitsamt. Bei reduzierter Arbeitszeit<br />
<strong>und</strong> mit Zuschuss vom Arbeitsamt verbleiben 23.000 Euro Kosten für das<br />
Unternehmen.“<br />
Betriebsrat<br />
„Die Vereinbarung ist ein „Entlastungsventil“. Sie ist gut für Kollegen, die aus ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Gründen nicht mehr arbeiten können o<strong>der</strong> Probleme am Arbeitsplatz haben,<br />
weil sie die Leistung nicht mehr bringen. Für das Unternehmen ist von Vorteil, dass<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong> das Unternehmen wenig kostet, weil ein jüngerer Beschäftigter mit<br />
einer niedrigen Lohngruppe ins Unternehmen kommt <strong>und</strong> Gel<strong>der</strong> vom Arbeitsamt<br />
fließen. Problematisch ist hingegen, dass bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>gehälter<br />
nicht die Beteiligung am Betriebserfolg mit eingerechnet wird.“<br />
Weitere Informationen<br />
Siemens AG<br />
Zweignie<strong>der</strong>lassung Bremen<br />
Universitätsallee 16<br />
28359 Bremen<br />
Personalabteilung<br />
Herr Westphal<br />
Lindenplatz 2<br />
20099 Hamburg<br />
Tel.: 040 / 28 89 28 59<br />
Betriebsrat<br />
Herr Krone, ZN Bremen<br />
Tel.: 0421 / 364 – 0
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Stahlwerke Bremen GmbH<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>: vom Personalumbau zum Personalabbau<br />
Regelungen des Tarifvertrages<br />
In <strong>der</strong> Stahlindustrie (Nie<strong>der</strong>sachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen) wurde im Jahr<br />
2000 ein neuer Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> abgeschlossen, <strong>der</strong> auf einer Rahmenregelung<br />
für betriebliche Vereinbarungen aus dem Jahr 1998 aufbaute. Diese<br />
<strong>tarifliche</strong> Vereinbarung (März 1998) verfolgte das Ziel, eine Gr<strong>und</strong>lage für Betriebsvereinbarungen<br />
zur <strong>Altersteilzeit</strong> zu ermöglichen – einschließlich <strong>der</strong> Anwendung eines<br />
langfristigen Blockmodells nach dem ATZ-Gesetz. In <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 wurde in<br />
<strong>der</strong> Stahlindustrie neben <strong>der</strong> zweistufigen Einkommenserhöhung auch eine Verbesserung<br />
<strong>der</strong> ATZ-Regelungen vereinbart. Ab 1. Juni 2000 haben Beschäftigte nach<br />
vollendetem 55. Lebensjahr einen Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> über eine Dauer von<br />
zwei bis zu sechs Jahren. Das ATZ-Arbeitsentgelt wird auf 85 Prozent des letzten<br />
Nettoeinkommens aufgestockt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeitrag auf 95 Prozent<br />
angehoben. Wie schon in <strong>der</strong> chemischen Industrie (März 2000) wurde auch in <strong>der</strong><br />
Stahlindustrie ein <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Renteneintritt<br />
vereinbart (Juni 2000). Gleichfalls für maximal 48 Monate wird eine nach Schichtsystem<br />
gestaffelte „Abfindung“ vom Arbeitgeber geleistet: Pro Monat des vorzeitigen<br />
Rentenbezugs erhalten Beschäftigte mit regelmäßiger Wechselschicht 750 DM,<br />
Beschäftigte in Wechselschicht mit regelmäßiger Nachtarbeit 550 DM sowie die<br />
übrigen Beschäftigten 450 DM. Weiterhin werden die Beträge ab 1. Januar 2002<br />
dynamisiert <strong>und</strong> jährlich um ein Prozent angehoben (Laufzeit dieses Tarifvertrages:<br />
31. Dez. 2006). Auch <strong>der</strong> Insolvenzschutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer-Ansprüche ist in diesem<br />
Tarifvertrag geregelt worden. Außerdem kann gemäß Tarifvertrag eine freiwillige<br />
Betriebsvereinbarung zwecks Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen für<br />
die langfristige Vermögensbildung zur Alterssicherung abgeschlossen werden. Der<br />
Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Stahlindustrie enthält eine Anspruchseinschränkung:<br />
4 Prozent aller Beschäftigten können die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen; bei<br />
mehreren geltend gemachten Ansprüchen erhalten die Vollkonti-Beschäftigten Vorrang<br />
(sofern nicht abweichende Regelungen durch Betriebsvereinbarungen bestehen).<br />
Regelungen <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />
Bei den Stahlwerken Bremen bestand auf Basis <strong>der</strong> <strong>tarifliche</strong>n Vereinbarung (März<br />
1998) eine Betriebsvereinbarung zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Okt. 1998), welche bereits das<br />
Blockmodell ermöglichte. Auf Basis des neuen Tarifvertrages (1. Juni 2000) wurde<br />
von den Betriebsvertragsparteien die Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> neu<br />
geregelt (1. Okt. 2000). Die Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung entspricht <strong>der</strong> des<br />
Tarifvertrages (31. Dez. 2006).<br />
68
Geltungsbereich<br />
69<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung können Beschäftigte, die das 55. Lebensjahr<br />
vollendet <strong>und</strong> in den letzten fünf Jahren vor Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> mindestens 1080<br />
Kalen<strong>der</strong>tage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben,<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> beanspruchen. Die Betriebsvereinbarung enthält einen Anspruch <strong>der</strong><br />
Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong>. Allerdings kann <strong>der</strong> Anspruch ausgeschlossen werden,<br />
wenn 4 Prozent <strong>der</strong> Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> sich bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> befinden bzw.<br />
schon einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag abgeschlossen haben. Die 4-Prozent-Quote kann<br />
allerdings „durch freie Entscheidung des Arbeitgebers überschritten werden“. Wenn<br />
diese Quote nicht überschritten werden soll <strong>und</strong> gleichzeitig die Nachfrage <strong>der</strong><br />
Beschäftigten nach <strong>Altersteilzeit</strong> das Angebot des Betriebes übersteigt, wird die<br />
Auswahl nach einem „Rangreihenverfahren“ von einem paritätisch besetzten Ausschuss<br />
vorgenommen: „Erklären sich in einem Jahr mehr Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> zur<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> bereit, als Plätze zur Verfügung stehen, erfolgt die<br />
Auswahl <strong>der</strong> Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> nach einem Rangreihenverfahren. Kriterien sind<br />
Lebensalter, Betriebszugehörigkeit <strong>und</strong> Einsatzmöglichkeiten. Schwerbehin<strong>der</strong>te <strong>und</strong><br />
Schichtarbeiter werden vorrangig berücksichtigt.“ (Betriebsvereinbarung).<br />
Das Unternehmen hat sich verpflichtet, die „Belegschaftsmitglie<strong>der</strong>“ nicht nur<br />
allgemein über das betriebliche <strong>Altersteilzeit</strong>-Modell zu informieren, son<strong>der</strong>n darüber<br />
hinaus das einzelne Mitglied auch individuell zu beraten: „Der Arbeitgeber berät das<br />
Belegschaftsmitglied individuell vor einer Vereinbarung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> über die<br />
sozialrechtlichen Auswirkungen <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>vereinbarung sowie über die Höhe des<br />
Einkommens zu Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Diese Berechnung erfolgt als Beispiel auf<br />
Basis <strong>der</strong> letzten 12 abgerechneten Monate <strong>und</strong> wird dem Belegschaftsmitglied durch<br />
den Arbeitgeber vor Abschluss <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>vereinbarung schriftlich ausgehändigt.“<br />
(Betriebsvereinbarung)<br />
Die Frage <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung wird von den Betriebsvertragsparteien im Rahmen <strong>der</strong><br />
Personalplanung entschieden: „Für jedes Kalen<strong>der</strong>jahr beraten <strong>der</strong> Arbeitgeber <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Betriebsrat o<strong>der</strong> ein von ihm beauftragter Ausschuss darüber, ob <strong>und</strong> wie die<br />
Wie<strong>der</strong>besetzung im übrigen sichergestellt werden kann.<br />
Durch <strong>Altersteilzeit</strong> freiwerdende Arbeitsplätze werden vorrangig durch übernommene<br />
Auszubildende wie<strong>der</strong>besetzt. Auszubildende, die auf einem Arbeitsplatz eingesetzt<br />
werden, <strong>der</strong> durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei geworden ist, werden unbefristet übernommen.<br />
Die Nachbesetzung erfolgt nur dann, wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber durch das Arbeitsamt die<br />
gesetzliche <strong>Teil</strong>erstattung <strong>der</strong> Aufwendungen erhält, die durch das über <strong>Altersteilzeit</strong><br />
ausscheidende Belegschaftsmitglied entstehen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Die Betriebsvereinbarung (Okt. 2000) gibt das Blockmodell als Regelmodell vor <strong>und</strong><br />
orientiert die maximale Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstdauer (6 Jahre<br />
gemäß 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> sowie 6 Jahre gemäß Tarifvertrag<br />
<strong>der</strong> Stahlindustrie – Jahr 2000): „Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Regel als Blockmodell<br />
mit gleichdauern<strong>der</strong> Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase vereinbart. Sie dauert
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
mindestens 2 Jahre, maximal 6 Jahre. Die Dauer von 2 Jahren kann unterschritten<br />
werden, soweit das Belegschaftsmitglied keine Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> (...) in<br />
Anspruch nehmen will. Soll die <strong>Altersteilzeit</strong> über die Dauer von 6 Jahren im Einzelfall<br />
ausgedehnt werden, reduzieren sich die Leistungen des Arbeitgebers insoweit, dass<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong> je Fall nicht teurer wird, als in vergleichbaren Fällen mit einer<br />
maximalen Laufzeit von 6 Jahren.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Aufstockung <strong>der</strong> ATZ-Leistungen<br />
Gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung gleichfalls das ATZ-Arbeitsentgelt<br />
auf 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens aufgestockt. In <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />
ist sogar <strong>der</strong> mögliche Fall geregelt, dass ein Beschäftigter durch kurzfristigen<br />
Wechsel seiner Lohnsteuerklasse vor dem Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> sein tariflich<br />
garantiertes Nettoeinkommen nachhaltig erhöht: „ Das regelmäßige Arbeitsentgelt<br />
ohne Son<strong>der</strong>zahlungen <strong>und</strong> ohne Mehrarbeit setzt sich während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
zusammen aus: (1) dem steuerpflichtigen <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt für die verkürzte<br />
Arbeitszeit, d. h. die Hälfte <strong>der</strong> bei Vollzeitarbeit anfallenden steuerpflichtigen<br />
Vergütungsbestandteile inklusive <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> steuerpflichtigen Zuschläge, (2) einem<br />
Aufstockungsbetrag nach Maßgabe (...) des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes auf das <strong>Altersteilzeit</strong>entgelt.<br />
Der <strong>tarifliche</strong> Aufstockungsbetrag ist (...) so zu bemessen, dass das<br />
monatliche Nettoentgelt 85 % des fiktiven Vollzeitnettoentgelts, ohne Berücksichtigung<br />
des Progressionsvorbehalts, beträgt. Die Berechnung des Nettobetrages erfolgt<br />
anhand <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lohnsteuerkarte eingetragenen Merkmale Steuerklasse <strong>und</strong><br />
Familienstand. Ein Wechsel <strong>der</strong> Lohnsteuerklasse – auch kurz vor Eintritt in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
– kann nur bei ausreichendem sachlichen Gr<strong>und</strong> berücksichtigt werden (Missbrauchskontrolle).“<br />
(Betriebsvereinbarung)<br />
Die Jahresabschlusszahlung wird den Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> durchgängig auf<br />
immerhin 60 Prozent des vorgängigen Weihnachtsgeldes aufgestockt <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Regel<br />
mit dem monatlichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Nettoentgelt ausgezahlt: „Die Jahresabschlusszahlung<br />
wird durchgängig in Höhe von 50 % <strong>der</strong> Vollzeit-Jahresabschlusszahlung<br />
gezahlt. Zusätzlich wird ein Aufstockungsbetrag von 20 % <strong>der</strong> hälftigen Jahresabschlusszahlung<br />
gezahlt, dieser ist jedoch auf die Beitragsbemessungsgrenze <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt. Die Zahlungsweise ist in <strong>der</strong> Regel<br />
ratierlich.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung die Aufstockung des Rentenversicherungsbeitrages<br />
auf 95 Prozent geregelt: „Der Arbeitgeber wird für die Belegschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
in <strong>Altersteilzeit</strong> zusätzlich Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung<br />
gemäß <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz entrichten. Die Rentenversicherungsbeiträge<br />
werden auf 95 % des Vollzeitbruttomonatsentgelts (max. bis zur Beitragsbemessungsgrenze)<br />
einschließlich <strong>der</strong> Jahresabschlusszahlung aufgestockt.“<br />
70
Betriebsrente <strong>und</strong> Abfindungen<br />
71<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Betriebsrente werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten den<br />
Vollzeit-Beschäftigten vollständig gleichgestellt, so dass die Betriebsrente aufgr<strong>und</strong><br />
des Wechsels in <strong>Altersteilzeit</strong> nicht vermin<strong>der</strong>t wird: „Für die Berechnung <strong>der</strong> Werksrente<br />
eines Belegschaftsmitglieds, das sich in <strong>Altersteilzeit</strong> befindet, wird das rentenfähige<br />
Einkommen ermittelt, als wenn er/sie weiterhin in Vollzeit beschäftigt wäre. Für<br />
die Berechnung des rentenfähigen Einkommens wird das fiktive Vollzeitbruttoentgelt<br />
<strong>der</strong> letzten 12 Monate vor <strong>Altersteilzeit</strong>beginn zugr<strong>und</strong>e gelegt. Das fiktive Vollzeitbruttoentgelt<br />
nimmt an den Tariferhöhungen teil. Der vorzeitige Bezug <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Altersversorgung führt nicht zu versicherungsmathematischen Abschlägen. Für<br />
die Berechnung <strong>der</strong> Werksrente wird die ungekürzte gesetzliche Vollrente zugr<strong>und</strong>e<br />
gelegt.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Der <strong>Teil</strong>ausgleich für die Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand wird den<br />
Beschäftigten gemäß Tarifvertrag für maximal 48 Monate gewährt: „Endet das<br />
Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres des Belegschaftsmitglieds,<br />
erhält dieser für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die Abfindung<br />
errechnet sich aus einem monatlichen Abfindungsbetrag, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> vollen<br />
Kalen<strong>der</strong>monate – maximal 48 – multipliziert wird, die zwischen Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses <strong>und</strong> dem Zeitpunkt, an dem das Belegschaftsmitglied Anspruch<br />
auf eine ungemin<strong>der</strong>te Rente gehabt hätte, liegen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Die im Schichtdienst beschäftigten Belegschaftsmitglie<strong>der</strong> erhalten gemäß jeweiligem<br />
Schichtplan die Abfindung, wenn sie innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre vor Antragstellung<br />
mindestens 3 Jahre nach Schichtplan eingesetzt waren: 750 DM pro Monat des<br />
vorzeitigen Rentenbezugs für Beschäftigte mit kontinuierlicher Wechselschicht, 550<br />
DM pro Monat für Beschäftigte in Wechselschicht mit regelmäßigen Nachtschichten.<br />
Alle an<strong>der</strong>en Beschäftigten erhalten als Abfindung 450 DM pro Monat des vorzeitigen<br />
Rentenbezuges. Die in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung geregelten Abfindungsbeträge<br />
entsprechen denen des Tarifvertrages – gleichfalls gemäß Tarifvertrag wird in <strong>der</strong><br />
Betriebsvereinbarung geregelt, dass die Abfindungsbeträge ab 1.1.2002 jährlich um<br />
ein Prozent erhöht werden. Demnach beträgt die höchste Abfindung im Jahr 2002<br />
immerhin 387 Euro, die mittlere 284 Euro <strong>und</strong> die niedrigste Abfindung 232 Euro/<br />
Monat des vorzeitigen Rentenbezugs (maximal 48 Monate).<br />
Ein Beschäftigter <strong>der</strong> Stahlwerke, <strong>der</strong> im Jahre 2001 mit vollendetem 61. Lebensjahr<br />
nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase in den vorzeitigen Ruhestand wechselte, konnte gemäß<br />
jeweiligem Schichtplan für vier Jahre (bis zum vollendeten 65. Lebensjahr) die<br />
folgenden Höchstsummen von Abfindungen erhalten: 36.000 DM (kontinuierliche<br />
Wechselschicht), 26.400 DM (Wechselschicht mit regelmäßigen Nachtschichten)<br />
sowie 21.600 DM (alle an<strong>der</strong>en Beschäftigten). Diese Beschäftigten hätten „ohne<br />
Vertrauensschutz“ eine dauerhafte Vermin<strong>der</strong>ung ihrer gesetzlichen Rente um 14,4 %<br />
hinzunehmen. Zumindest für die Phase des vorzeitigen Rentenbezuges (maximal 48<br />
Monate) bilden diese Abfindungen eine Kompensation für die Rentenabschläge.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Auszahlung <strong>der</strong> Abfindung wird den „Belegschaftsmitglie<strong>der</strong>n“ die<br />
folgende Wahlmöglichkeit eingeräumt: „Die Abfindung wird bei Beendigung des<br />
Beschäftigungsverhältnisses fällig. Das Belegschaftsmitglied hat wahlweise die<br />
Möglichkeit, sich die Abfindungssumme ratierlich über 14 Jahre auszahlen zu lassen.<br />
Der Betrag wird mit einem Zinssatz von 5 % p.a. verzinst.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Dabei sind die Betriebsvertragsparteien von Durchschnittswerten ausgegangen: Ein<br />
„Stahlwerker“, <strong>der</strong> mit 60 Lebensjahren nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (Blockmodell:<br />
55 – 57 ½ - 60) in den vorgezogenen Ruhestand geht, würde gemäß durchschnittlicher<br />
Lebenserwartung (74 Lebensjahre) 14 Jahre lang sich die Abfindung in monatlichen<br />
Raten auszahlen lassen. Demnach werden die Beschäftigten angehalten, sich<br />
Gedanken über ihre eigene Lebenserwartung zu machen, ein ökonomisches Kalkül in<br />
Antizipation ihrer individuellen „Rentenlaufzeit“ <strong>und</strong> ihrem individuellen „Sterblichkeitsrisiko“<br />
anzustellen: „Wenn ich nur 70 werde, verliere ich 4 Jahre bei <strong>der</strong> monatlichen<br />
Auszahlung, dann kann ich doch gleich die ganze Abfindung nehmen <strong>und</strong><br />
selber irgendwo mit 5 Prozent anlegen.“<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Die hohe Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Beschäftigtenstruktur<br />
sowie <strong>der</strong> belastenden Arbeitsbedingungen im Schichtsystem <strong>der</strong> Stahlwerke<br />
zu verstehen. Zum Zeitpunkt unserer Erhebung (Ende 2001) waren im Werk<br />
Bremen 4570 Mitarbeiter beschäftigt: 1440 Angestellte (31,5 %), darunter 1000<br />
<strong>tarifliche</strong> Angestellte, 400 außer<strong>tarifliche</strong> <strong>und</strong> 40 leitende Angestellte, sowie 3130<br />
Lohnempfänger (68,5%). Im Produktionsbereich befindet sich etwa die Hälfte <strong>der</strong><br />
Beschäftigten im Schichtsystem.<br />
Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> belastenden Schichtarbeit<br />
sowie des früheren Personalabbaus über Vorruhestandsregelungen (55 Jahre)<br />
<strong>und</strong> Sozialpläne (ungekürzte Rente mit 60 Jahren) zu verstehen: Die Hälfte aller<br />
Beschäftigten <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen ist bis zu 40 Jahren alt (15 %: bis zu 30<br />
Jahren, 36 % von 31 bis zu 40 Jahren); 26 % aller Beschäftigten befinden sich im<br />
Alter von 41 bis zu 50 Jahren, 22 % im Alter von 51 bis zu 60 Jahren (1% über 60<br />
Jahre). Im Vergleich zu den alternden Belegschaften in an<strong>der</strong>en Wirtschaftsbereichen<br />
handelt es sich demnach um eine „junge“ Belegschaft: Das Durchschnittsalter beträgt<br />
41 Jahre (Gewerbliche: 40,5 Jahre, Angestellte 42,5 Jahre). Die betriebliche Altersgrenze<br />
von 60 Jahren ist vollständig etabliert.<br />
72
Tabelle 5: Altersstruktur <strong>der</strong> Belegschaft (Jahr 2002)*<br />
Altersgruppe<br />
Gewerbliche<br />
(3167)<br />
%<br />
Angestellte<br />
(1461)<br />
%<br />
73<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Belegschaft insgesamt<br />
(4628)<br />
%<br />
unter 31 18,4 7,2 15<br />
31 – 40 34,6 39,8 36<br />
41 – 50 25,1 28,6 26<br />
51 – 60 21,1 22,9 22<br />
über 60 0,8 1,5 1<br />
100,0 100,0 100<br />
*Quelle: Personal- <strong>und</strong> Sozialbericht 2002 <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen (Anhang: abs. Zahlen)<br />
Im Alter von mehr als 50 Jahren befinden sich bei den Arbeitern ca. 22 Prozent, bei<br />
den Angestellten ca. 24 Prozent. Auf die Beschäftigten im Alter von über 50 Jahren<br />
bezogen: 10 Prozent aller Beschäftigten befinden sich noch in einem Lebensalter, in<br />
dem sie zur Zeit noch nicht in <strong>Altersteilzeit</strong> wechseln können, 13 Prozent aller<br />
Beschäftigten gehören bereits zum Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten (55 Jahre als<br />
Mindestalter).<br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong> wurde seit ihrer Einführung im Werk Bremen (1.10.1998) bisher<br />
bereits von 320 Mitarbeitern in Anspruch genommen (Jahr 2001): 80 von ihnen<br />
befinden sich bereits in Rente, 240 befinden sich aktuell in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnis (davon etwa die Hälfte bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase), weitere<br />
130 Mitarbeiter sind zur Zeit am Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses<br />
interessiert (Aussage <strong>der</strong> Personalabteilung auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer<br />
im Mai 2002). Etwa 40 bis 50 Prozent <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten haben<br />
bisher von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch gemacht. Dabei befinden sich – wie zu erwarten<br />
– die älteren häufiger als die jüngeren Jahrgänge unter den Anspruchsberechtigten in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>. (Eine statistische Auswertung <strong>der</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
nach Geburtsjahrgängen liegt uns lei<strong>der</strong> nicht vor.) Diese Form <strong>der</strong> „Frühverrentung“<br />
über das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> – mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> ausschließlich in Form des<br />
Blockmodells – findet demnach eine hohe Resonanz unter den „Stahlwerkern“.<br />
Die im Personal- <strong>und</strong> Sozialbericht 2002 <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen genannten Zahlen<br />
(31.12.2001) weichen etwas von den auf dem Workshop genannten Zahlen ab:<br />
Demnach befanden sich r<strong>und</strong> 230 Mitarbeiter aktuell in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnis (nicht ganz die Hälfte bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase), 70 Mitarbeiter<br />
hatten bereits für die Zukunft <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge abgeschlossen. Die Alters-
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
teilzeitquote (Gesamtbelegschaft) beträgt im Jahr 2001 fünf Prozent (aktuell in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>: Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase), also ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> bereits<br />
ausgelaufenen <strong>und</strong> <strong>der</strong> für die Zukunft abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge.<br />
Der Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> kann gemäß Betriebsvereinbarung ausgeschlossen<br />
werden, wenn vier Prozent <strong>der</strong> Gesamtbelegschaft sich aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
befinden bzw. einen <strong>Altersteilzeit</strong>-Vertrag abgeschlossen haben. Gemäß dieser<br />
Bestimmung beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote sogar 6,5 Prozent (Jahr 2001). Das<br />
Unternehmen kann durch „freie Entscheidung“ die 4-Prozent-Quote überschreiten. Im<br />
Jahre 2002 fällt diese <strong>Altersteilzeit</strong>quote mit 4,7 Prozent etwas niedriger aus als im<br />
Jahre 2001. Von <strong>der</strong> Personalabteilung wird eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote von fünf Prozent<br />
als „maximale Zielgröße“ bezeichnet.<br />
Verteilzeitraum <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (1.10.98) haben die älteren „Stahlwerker“, um<br />
mit 60 Jahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> zu beziehen, lediglich die Mindestdauer<br />
von zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch genommen (gemäß Blockmodell:<br />
Beginn mit 58 Lebensjahren, ein Jahr Arbeitsphase, ein Jahr Freistellungsphase,<br />
Beginn des Rentenbezugs mit 60 Lebensjahren). Diese älteren „Stahlwerker“ konnten<br />
zudem häufig noch die Vertrauensschutzregelung in Anspruch nehmen: Versicherte<br />
<strong>der</strong> Geburtsjahrgänge vor 1942, die mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine<br />
versicherte Beschäftigung vorweisen konnten, waren von <strong>der</strong> Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze<br />
bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit nicht betroffen.<br />
Nachdem die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
„ohne Vertrauensschutz“ für die Geburtsjahrgänge 1937 – 1941 bereits abgeschlossen<br />
ist, haben die Versicherten ab Geburtsjahrgang 1942 bei vorzeitiger Inanspruchnahme<br />
dieser Altersrente gegenwärtig eine dauerhafte Rentenmin<strong>der</strong>ung um 18<br />
Prozent hinzunehmen. Aufgr<strong>und</strong> dieser erheblichen Rentenabschläge haben die<br />
„Stahlwerker“, die zur Zeit sich in einem <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis befinden, eine<br />
längere Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Vertrages gewählt, um mit einem späteren Rentenbeginn<br />
das Ausmaß <strong>der</strong> Rentenabschläge in noch vertretbaren Grenzen zu halten.<br />
Die Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten beginnt gemäß Blockmodell mit 58<br />
Lebensjahren die <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase (Laufzeit: 4 o<strong>der</strong> 5 Jahre) <strong>und</strong> bezieht dann mit<br />
62 o<strong>der</strong> 63 Lebensjahren die Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Der tatsächliche<br />
(nicht: rechtliche) Abschied vom Arbeitsleben erfolgt dann mit 60 o<strong>der</strong> 60 ½ Jahren<br />
(Freistellungsphase).<br />
Bei einer Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses von fünf Jahren hätten diese<br />
„Stahlwerker“, die mit 58 Lebensjahren die <strong>Altersteilzeit</strong>-Phase beginnen, mit 63<br />
Lebensjahren einen dauerhaften Rentenabschlag von 7,2 Prozent hinzunehmen. Die<br />
Abfindung würde für die Beschäftigten in kontinuierlicher Wechselschicht 18.000 DM<br />
betragen (24 Monate x 750 DM/Monat), für die Beschäftigten in Wechselschicht mit<br />
regelmäßigen Nachtschichten 13.200 DM (24 Monate x 550 DM/Monat), für die<br />
74
75<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
an<strong>der</strong>en Beschäftigten noch 10.800 DM (24 Monate x 450 DM). Die Rentenabschläge<br />
werden durch die Betriebsrente, die vom Unternehmen ungeschmälert bei vorzeitigem<br />
Rentenbeginn ausgezahlt wird, teilweise ausgeglichen. Im Durchschnitt beträgt<br />
die Betriebsrente gegenwärtig 120 Euro/Monat.<br />
Abbildung 4: Blockmodell/Rentenanspruch/Abfindung<br />
ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />
58 60 62 65<br />
Arbeitsphase Freizeitphase 10,8 % Abschlag / 36 Monate<br />
<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />
Vollkonti-Schicht 36 x 750 = 27.000 DM<br />
<strong>Teil</strong>konti-Schicht 36 x 550 = 19.800 DM<br />
Tagesschicht 36 x 450 = 16.200 DM<br />
ALTERSTEILZEIT RENTENANSPRUCH<br />
58 60 ½ 63 65<br />
Arbeitsphase Freizeitphase 7,2 % Abschlag / 24 Monate<br />
<strong>tarifliche</strong> Abfindung<br />
Vollkonti-Schicht 24 x 750 = 18.000 DM<br />
<strong>Teil</strong>konti-Schicht 24 x 550 = 13.200 DM<br />
Tagesschicht 24 x 450 = 10.800 DM<br />
Die in <strong>der</strong> Abbildung genannten Beträge für die Abfindung (DM/Monat) beziehen sich<br />
auf den Tarifvertrag (Juni 2000). Die Abfindungsbeträge werden ab 1.1.2002 jährlich<br />
um ein Prozent erhöht (siehe die Euro-Beträge für das Jahr 2002 im Text).<br />
Vom Personalumbau zum Personalabbau<br />
Bei Wie<strong>der</strong>besetzung des mit Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei<br />
gemachten Arbeitsplatzes entstehen dem Betrieb bei einer vier- bis fünfjährigen<br />
Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrages Zusatzkosten von ca. 20.000 Euro. Ohne<br />
Wie<strong>der</strong>besetzung entstehen dem Betrieb immerhin Zusatzkosten von ca. 40.000 Euro<br />
(bei gleicher Laufzeit). Bis zum Jahr 2002 haben die Stahlwerke Bremen keinen<br />
Personalabbau über das Instrument <strong>Altersteilzeit</strong> vorgenommen. Für die ausscheidenden<br />
„<strong>Altersteilzeit</strong>er“ wurden bisher Arbeitslose eingestellt <strong>und</strong> Auszubildende nach<br />
Abschluss ihrer Ausbildung übernommen.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Im Jahre 2001 wurden ca. 50 vom Betrieb Ausgebildete unbefristet übernommen.<br />
Der Tarifvertrag garantiert nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung eine auf 12 Monate<br />
befristete Beschäftigung. Für die neu eingestellten Arbeitskräfte gelten die gleichen<br />
Entgeltbestimmungen wie bei den bisherigen Beschäftigten. Gleichwohl fallen die<br />
Personalkosten für den Betrieb niedriger aus, weil z. B. ein Facharbeiter nach <strong>der</strong><br />
Ausbildung mit <strong>der</strong> Lohngruppe 7 (Ecklohn) beginnt, <strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidende<br />
Facharbeiter sich aber bereits in <strong>der</strong> Lohngruppe 10 befindet.<br />
Die bisherige Praxis von <strong>Altersteilzeit</strong> in den Stahlwerken Bremen entspricht beschäftigungspolitisch<br />
vollständig <strong>der</strong> Intention des Gesetzgebers: Wie<strong>der</strong>besetzung von<br />
durch <strong>Altersteilzeit</strong> frei werdenden Arbeitsplätzen durch Arbeitslose bzw. Ausgebildete.<br />
Gleichzeitig wird damit ein allmählicher Austausch von älteren durch jüngere<br />
Beschäftigte personalpolitisch gesteuert, insbeson<strong>der</strong>e durch die Übernahme von im<br />
Betrieb ausgebildeten Arbeitskräften.<br />
Im September 2002 hat <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen beschlossen, bis<br />
Anfang 2005 die Belegschaft von <strong>der</strong>zeit ca. 4800 auf ca. 3100 Beschäftigte zu<br />
„schrumpfen“, also 1700 Stellen abzubauen, um den Betrieb wie<strong>der</strong> profitabel zu<br />
machen. Die Schere zwischen steigenden Personal- <strong>und</strong> Sachkosten <strong>und</strong> fallenden<br />
Verkaufspreisen klafft zunehmend auseinan<strong>der</strong>. Die neue Arcelor-Strategie lautet:<br />
„Preis vor Menge“. Der Personalabbau soll sozialverträglich über <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />
<strong>und</strong> Abfindungen erfolgen. Nach langen Verhandlungen haben sich Vorstand <strong>und</strong><br />
Betriebsrat <strong>der</strong> Stahlwerke Bremen auf ein Bündel von Maßnahmen geeinigt (Dez.<br />
2002), um den geplanten Personalabbau „sozial abfe<strong>der</strong>n“ zu können. Die Streichung<br />
von 1700 Stellen bildet den zentralen Ansatzpunkt eines umfassenden Sanierungsprogramms,<br />
mit dem das Unternehmen wie<strong>der</strong> in die Gewinnzone gebracht <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Standort langfristig abgesichert werden soll. Es sollen sowohl Personal- als auch<br />
Sachkosten eingespart werden.<br />
Die neue Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> (1.12.2002) tritt ab 1.9.2002 in<br />
Kraft, sie kann erstmalig zum 31.12.2005 gekündigt werden. Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird<br />
i. d. R. als Blockmodell mit gleicher Dauer von Arbeits- <strong>und</strong> Freistellungsphase<br />
vereinbart (minimal 2 Jahre, maximal 6 Jahre). In <strong>der</strong> Zusatzvereinbarung zur<br />
bisherigen Betriebsvereinbarung über <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Präambel die neue<br />
Zielsetzung <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien – <strong>Altersteilzeit</strong> als Instrument zum Personalabbau<br />
– eindeutig formuliert:<br />
„Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass die <strong>Altersteilzeit</strong> ein wesentliches<br />
Instrument zum Personalabbau sein wird, mit dem <strong>der</strong> Beschluss des Aufsichtsrates<br />
vom 19.09.2002 umgesetzt werden kann. Damit <strong>der</strong> Personalabbau zügig <strong>und</strong><br />
möglichst sozialverträglich vollzogen werden kann, sollen die Belegschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Regel ihre <strong>Altersteilzeit</strong> mit 60 Jahren beenden <strong>und</strong> in Rente gehen. Zum<br />
Ausgleich von damit verb<strong>und</strong>enen Rentenverlusten erhalten sie Abfindungen. Die<br />
Zusatzvereinbarung zielt auf einen frühest möglichen Rentenbeginn ab.“<br />
76
77<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Aus Sicht des Betriebsrates muss keinem einzigen Beschäftigten betriebsbedingt<br />
gekündigt werden. Durch die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> werden in den nächsten<br />
vier Jahren allein 736 Beschäftigte aus dem Betrieb ausscheiden (diese Stellen<br />
werden nicht wie<strong>der</strong> besetzt werden). Das Angebot gilt für alle Mitarbeiter <strong>der</strong><br />
Jahrgänge 1940 – 1948. (Die Angehörigen des Jahrgangs 1948 werden im Laufe<br />
dieses Jahres 55 Jahre alt.) Bisher (Mai 2003) haben bereits ca. 600 Stahlwerker<br />
dieses Angebot angenommen (<strong>Altersteilzeit</strong>/Personalabbau).<br />
Ende 2002 wurde die Belegschaft über Einzelheiten <strong>der</strong> neuen <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung<br />
informiert (vgl. Weser-Kurier: „Die Älteren sollen alle gehen“, 7. Nov. 2002). Danach<br />
sollen alle 55-jährigen Stahlwerker bereits in <strong>Altersteilzeit</strong> gehen. Nach 2 ½ Jahren<br />
Arbeitsphase <strong>und</strong> 2 ½ Jahren Freistellungsphase sollen diese Stahlwerker bereits mit<br />
60 Jahren in den Ruhestand gehen.<br />
Die Beschäftigten, die mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand gehen,<br />
bekommen bis zur Vollendung ihres 74. Lebensjahres (durchschnittliche Lebenserwartung<br />
von Männern) eine Zusatzrente von 185 Euro/Monat, um die Abschläge bei<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Rente (18 %) weitgehend auszugleichen. Alternativ können sich die<br />
Beschäftigten auch die Abfindung von 22.500 Euro auf einmal auszahlen lassen (bei<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Diese Abfindungssummen wurden einheitlich<br />
für alle Lohn- <strong>und</strong> Gehaltsgruppen ausgehandelt. Damit profitieren die Bezieher<br />
niedriger Renten mehr von dieser Regelung als die Bezieher hoher Renten (185<br />
Euro/Monat als relativer Anteil am gesamten Renteneinkommen betrachtet).<br />
Im Rahmen eines Sozialplanes sind die Beschäftigten aufgefor<strong>der</strong>t, das <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Angebot anzunehmen. Der Betriebsrat appelliert an die älteren Kollegen, das <strong>Altersteilzeit</strong>-Angebot<br />
für den anstehenden Personalabbau – im Sinne eines betrieblichen<br />
Generationenvertrages – freiwillig mitzutragen: „Die Älteren müssen gehen, um die<br />
Arbeitsplätze <strong>der</strong> Jüngeren für die Zukunft zu sichern!“<br />
Weitere Informationen<br />
Stahlwerke Bremen<br />
Auf den Delben 35<br />
28237 Bremen<br />
Personalabteilung<br />
Herr Pfeifer<br />
Tel.: 0421 / 648 29 26<br />
Betriebsrat<br />
Herr Ravens<br />
Tel.: 0421 / 648 26 85
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Airbus Deutschland GmbH<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> als Mittel des Personalaustausches: „Jung gegen Alt“<br />
In <strong>der</strong> Präambel <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung werden von den Betriebsvertragsparteien<br />
als Ziele <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> formuliert: „Geschäftsführung <strong>und</strong> Gesamtbetriebsrat<br />
setzen mit dieser Unternehmensregelung zur <strong>Altersteilzeit</strong> einen zeitgemäßen<br />
Weg für Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter fort, in den vorzeitigen Ruhestand einzutreten.<br />
Darüber hinaus bietet dieses Instrument Chancen, die Alters- <strong>und</strong> Qualifikationsstruktur<br />
auf die heutigen Anfor<strong>der</strong>ungen einzustellen, die Auszubildenden in feste<br />
Dauerarbeitsverhältnisse zu übernehmen <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Aufstiegschancen<br />
für Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter zu verbessern bzw. zu eröffnen.“<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Die EADS Airbus GmbH <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesamtbetriebsrat <strong>der</strong> EADS Airbus GmbH haben<br />
auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> gesetzlichen Regelungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes (Jahr 2000)<br />
<strong>und</strong> des Tarifvertrages über <strong>Altersteilzeit</strong> vom 12.07.2000 die zuvor bestehende<br />
Gesamtbetriebsvereinbarung über die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> geän<strong>der</strong>t (in<br />
Kraft seit 1.10.2000).<br />
Der Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> wurde zwischen <strong>der</strong> IG Metall, Bezirksleitung<br />
Hamburg, <strong>und</strong> den Arbeitgeberverbänden „Nordmetall“ (Hamburg), „Metall Unterweser“<br />
(Bremen) sowie „Nord-West-Metall“ (Wilhelmshaven) vereinbart (12. Juli 2000).<br />
Dieser Tarifvertrag trat mit Wirkung vom 1. Mai 2000 in Kraft (kündbar erstmals zum<br />
30. April 2003). Die neue Gesamtbetriebsvereinbarung (in Kraft seit 1. Okt. 2000)<br />
kann frühestens zum 31. Juli 2004 gekündigt werden.<br />
Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> wird den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben <strong>und</strong> in<br />
einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, vom Unternehmen angeboten. Gemäß<br />
dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft seit 1. Jan. 2000) wird<br />
in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung (in Kraft seit 1. Okt. 2000) <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />
von den Vollzeit- auf die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten erweitert: Vor<br />
Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> müssen die Beschäftigten innerhalb eines Zeitraumes von 5<br />
Jahren mindestens 1080 Kalen<strong>der</strong>tage eine „versicherungspflichtige Beschäftigung“<br />
ausgeübt haben.<br />
Als Form <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> wird in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung ausschließlich das<br />
Blockmodell vorgegeben: „Die Vereinbarung regelt das Blockmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>.<br />
Im Blockmodell wird die während <strong>der</strong> vereinbarten Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu leistende<br />
Arbeitszeit vollständig im ersten Abschnitt geleistet (Arbeitsphase), <strong>und</strong> im zweiten<br />
Abschnitt wird die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses<br />
vollständig von <strong>der</strong> Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase).<br />
Mit <strong>der</strong> Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter wird ein <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
78
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Arbeitsvertrag geschlossen.“ Eine von <strong>der</strong> Verblockung abweichende Ausnahme<br />
(<strong>Teil</strong>zeitmodell) wird allenfalls im Einzelfall genehmigt.<br />
Gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung (Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel) soll <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten auf maximal fünf Prozent <strong>der</strong> Belegschaft des jeweiligen<br />
Betriebes (Standortes) begrenzt werden. Innerhalb des Betriebes (Standortes) soll<br />
zudem die Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> „möglichst ausgewogen auf<br />
die Bereiche verteilt werden“. Zeichnet sich ab, dass die Inanspruchnahme von<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> die Quote von fünf Prozent überschreiten wird, sind die Betriebsvertragsparteien<br />
des jeweiligen Betriebes dazu verpflichtet, über Auswahlkriterien zu verhandeln.<br />
Bei <strong>der</strong> Entscheidung über die Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> sollen „betriebliche<br />
<strong>und</strong> soziale Belange“ gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Beschäftigten haben<br />
keinen Anspruch auf Abschluss eines <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages. Abgelehnte <strong>Altersteilzeit</strong>anträge<br />
sollen auf Wunsch des/r Beschäftigten gemeinsam zwischen Betriebsrat,<br />
Personalleitung <strong>und</strong> Fachbereich mit dem Ziel einer „einvernehmlichen Lösung“<br />
behandelt werden.<br />
Die Phase <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> darf gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung „in <strong>der</strong> Gesamtdauer<br />
von Arbeitsphase <strong>und</strong> Freistellungsphase einen Zeitraum von zwei Jahren nicht<br />
unter- <strong>und</strong> von fünf Jahren nicht überschreiten“. Die Mindestdauer von zwei Jahren<br />
ergibt sich daraus, dass eine Altersrente wegen <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 60. Lebensjahr<br />
mindestens 24 Kalen<strong>der</strong>monate <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit voraussetzt. Obwohl zum Zeitpunkt<br />
des Abschlusses <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung die För<strong>der</strong>höchstdauer <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> vom Gesetzgeber bereits von 5 auf 6 Jahre erhöht worden war (in Kraft<br />
seit 1. Juli 2000), haben die Betriebsvertragsparteien in ihrer Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
(in Kraft seit 1. Okt. 2000) gleichwohl an <strong>der</strong> vorgängigen Begrenzung <strong>der</strong><br />
Höchstdauer von 5 Jahren für die Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrages<br />
festgehalten. (Demgegenüber sieht <strong>der</strong> zuständige Tarifvertrag (Juli 2000) eine<br />
Höchstdauer von 6 Jahren für ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis vor.)<br />
Offenbar wird das Lebensalter von 60 Jahren von den Betriebsvertragsparteien als<br />
betriebliche Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem Berufsleben definiert: Die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> beginnt frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres <strong>und</strong> darf den<br />
Zeitraum von 5 Jahren nicht überschreiten, so dass spätestens mit Vollendung des<br />
60. Lebensjahres <strong>der</strong> vorzeitige Übergang in den Ruhestand ansteht. Die Betriebsvertragsparteien<br />
gehen davon aus, „dass nach Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> das Arbeitsverhältnis<br />
beendet ist <strong>und</strong> die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter das gesetzliche Altersruhegeld<br />
nach <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nimmt.“<br />
„Sollte in Ausnahmefällen die <strong>Altersteilzeit</strong> über das 60. Lebensjahr hinaus andauern,<br />
gelten folgende maximale Laufzeiten:<br />
• Mit Vollendung des 56. Lebensjahres bis zur Vollendung des 61. Lebensjahres<br />
• Mit Vollendung des 57. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres<br />
• Mit Vollendung des 58. Lebensjahres bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres<br />
79
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
• Mit Vollendung des 59. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres<br />
• Mit Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres“<br />
Bei einer fünfjährigen Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses wird also das<br />
Blockmodell „55 – 57 ½ – 60“ angestrebt; bis zum vollendeten 58. Lebensjahr wird<br />
noch eine fünfjährige Laufzeit (bis zum vollendeten 63. Lebensjahr) ermöglicht,<br />
während mit vollendetem 59. bzw. 60. Lebensjahr nur noch eine drei- bzw. zweijährige<br />
Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses bis zum vollendeten 62. Lebensjahr<br />
toleriert wird. Allerdings sollte nach Aussage <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
nur in Ausnahmefällen über das 60. Lebensjahr hinaus andauern. Diese<br />
Definition <strong>der</strong> betrieblichen Altersgrenze entspricht <strong>der</strong> Sichtweise <strong>der</strong> meisten<br />
Angestellten, welche in ihrer Lebensplanung gleichfalls die „magische Zahl“ 60 als<br />
Zeitpunkt für ihren Übergang in den Ruhestand zugr<strong>und</strong>e legen.<br />
Aufstockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Leistungen<br />
Die Höhe des <strong>Altersteilzeit</strong>-Entgeltes beträgt die Hälfte des bisherigen Bruttomonatsentgeltes.<br />
Bei <strong>der</strong> Berechnung des Bruttomonatsentgeltes werden gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
(wie auch gemäß Tarifvertrag) das Urlaubs- <strong>und</strong> Weihnachtsgeld<br />
nicht berücksichtigt: „Zur Bemessungsbasis zählen nicht <strong>tarifliche</strong>s<br />
Urlaubsgeld, <strong>tarifliche</strong> Son<strong>der</strong>zahlung, AT-Jahresson<strong>der</strong>vergütung, Überst<strong>und</strong>envergütung<br />
<strong>und</strong> Pauschalvergütung von Mehrarbeit, Vermögenswirksame Leistungen<br />
gemäß Tarifvertrag, Jubiläumsgeld <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e einmalige geldliche Zuwendungen,<br />
wohl aber regelmäßige Zulagen, die bei <strong>der</strong> Berechnung des <strong>tarifliche</strong>n Urlaubs- <strong>und</strong><br />
Weihnachtsgeldes berücksichtigt werden.“<br />
Der Aufstockungsbetrag soll gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung so bemessen<br />
werden, „dass die Mitarbeiterin/<strong>der</strong> Mitarbeiter mindestens 85 % des um die gesetzlichen<br />
Abzüge, die gewöhnlich anfallen, vermin<strong>der</strong>ten Bruttomonatsentgelts erhält“.<br />
Während <strong>der</strong> zuständige Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ein monatliches Nettoentgelt<br />
von mindestens 82 Prozent vorsieht, ist also mit <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung das<br />
monatliche Nettoentgelt noch etwas – auf mindestens 85 Prozent – verbessert<br />
worden.<br />
Auch bei <strong>der</strong> Zahlung des Urlaubs- <strong>und</strong> Weihnachtsgeldes werden gegenüber den<br />
Bestimmungen des Tarifvertrages über <strong>Altersteilzeit</strong> die Airbus-Beschäftigten in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> nach Aussage des Betriebsrates bessergestellt: Während <strong>der</strong> Arbeitsphase<br />
erhalten sie – auf Basis ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttomonatsentgeltes – 85 Prozent des<br />
Weihnachtsgeldes sowie 85 Prozent des Urlaubsgeldes (also von 50 Prozent jeweils<br />
85 Prozent), während <strong>der</strong> Freistellungsphase erhalten sie noch 60 Prozent des<br />
Weihnachtsgeldes auf Basis ihres <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttomonatsentgeltes.<br />
Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden vom Unternehmen –<br />
entsprechend zur Regelung des Tarifvertrages – während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
auf insgesamt 95 Prozent des bisherigen Bruttomonatsentgeltes aufgestockt (das<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz sieht 90 % vor). Die Bestimmung des Tarifvertrages, dass bei<br />
80
81<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente kein Ausgleich von Rentenabschlägen<br />
stattfindet, ist von den Betriebsvertragsparteien in die Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
übernommen worden.<br />
Bereits im Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong> ist für den Fall einer vorzeitigen Beendigung<br />
des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses – auf Wunsch des Arbeitgebers – die Zahlung<br />
einer Abfindung vereinbart worden: „Endet das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis auf<br />
Veranlassung des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor Vollendung des 63.<br />
Lebensjahres des Beschäftigten, erhält dieser für den Verlust seines Arbeitsplatzes<br />
eine Abfindung (...) nach folgen<strong>der</strong> Regelung: Die Abfindung beträgt bei einem<br />
Ausscheiden mit 60 Jahren das 3fache des bisherigen Bruttomonatsentgeltes. Sie<br />
vermin<strong>der</strong>t sich für jeden vollen Monat des Ausscheidens nach dem vollendeten 60.<br />
Lebensjahr um 1/36.“ (Tarifvertrag)<br />
Diese Abfindungsregelung ist von den Betriebsvertragsparteien des Unternehmens<br />
noch verbessert worden: „Endet das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis auf Veranlassung<br />
des Arbeitgebers mit Vollendung des 60. <strong>und</strong> vor Vollendung des 63. Lebensjahres<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiterin/des Mitarbeiters, erhält diese/dieser für den Verlust des Arbeitsplatzes<br />
eine Abfindung. Die Abfindung beträgt bei einem Ausscheiden mit 60 Jahren<br />
das Vierfache des Bruttomonatsentgeltes. Sie vermin<strong>der</strong>t sich für jeden vollen Monat<br />
des Ausscheidens nach dem vollendeten 60. Lebensjahr um 1/36.“ (Gesamtbetriebsvereinbarung)<br />
Auch hinter dieser betrieblichen Abfindungsregelung steht offenbar – wie schon bei<br />
<strong>der</strong> Bestimmung von über das 60. Lebensjahr hinausgehenden <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Arbeitsverhältnissen als „Ausnahmefälle“ – die Vorstellung <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien,<br />
dass die Beschäftigten spätestens mit vollendetem 60. Lebensjahr aus dem<br />
Betrieb ausscheiden sollten (o<strong>der</strong> zumindest in diesem Alter mit <strong>der</strong> Freistellungsphase<br />
beginnen).<br />
Die Gesamtbetriebsvereinbarung von Airbus stützt sich – mit einigen betrieblichen<br />
Verbesserungen – weitgehend auf den Tarifvertrag über <strong>Altersteilzeit</strong>, so dass die<br />
Abfindungsregelung von Airbus beim Ausscheiden des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ mit vollendetem<br />
60. Lebensjahr (das Vierfache des Bruttomonatsentgeltes) eine gewisse<br />
„Entschädigung“ für die Rentenabschläge (18 Prozent mit 60 Jahren) darstellt. (Auf<br />
den Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke, <strong>der</strong> gleichfalls im Jahre 2000 von <strong>der</strong> IG<br />
Metall abgeschlossen worden ist, <strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Abfindungsregelung als <strong>der</strong> Tarifvertrag<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> vorsieht, wurde von Seiten des Betriebsrates nicht verwiesen.)<br />
Diese Abfindung – um ein Beispiel zu geben – gleicht keineswegs die erhebliche<br />
Rentenmin<strong>der</strong>ung (18 Prozent mit 60 Jahren) aus: Bei einem durchschnittlichen<br />
Bruttogehalt von 5000 DM/Monat würde die Abfindung insgesamt 20.000 DM<br />
betragen. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung eines männlichen Beschäftigten<br />
(75 Jahre) würde mit dem Ausscheiden des „<strong>Altersteilzeit</strong>ers“ mit vollendetem<br />
60. Lebensjahr (15 Jahre = 180 Monate) sich eine monatliche Aufstockung <strong>der</strong><br />
Rente auf Basis <strong>der</strong> Abfindung um 111,11 DM ergeben.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Ins Gewicht fällt demgegenüber die von den Betriebsexperten als „komfortabel“<br />
eingestufte Betriebsrente: Etwa 12 Prozent des Einkommens könnten im Durchschnitt<br />
als Betriebsrente kalkuliert werden. Der Berechnung <strong>der</strong> Betriebsrente liegt sowohl die<br />
Dauer <strong>der</strong> Betriebszugehörigkeit als auch die Höhe des Einkommens zugr<strong>und</strong>e. Um<br />
ein konkretes Beispiel zu geben: Ein Beschäftigter in <strong>der</strong> Lohngruppe 11, also <strong>der</strong><br />
höchsten Lohngruppe im Arbeiterbereich, mit einer 25-jährigen Betriebszugehörigkeit,<br />
würde eine Betriebsrente von 400 Mark bzw. 200 Euro erhalten. Bei <strong>der</strong> Berechnung<br />
<strong>der</strong> Betriebsrente werden die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten den normalen Beschäftigten<br />
gleichgestellt, d. h. sie müssen aufgr<strong>und</strong> ihrer <strong>Altersteilzeit</strong> keine Nachteile bei <strong>der</strong><br />
Betriebsrente hinnehmen.<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Airbus-Werk Bremen<br />
Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung (Mai 2002) hatten ca. 150 Airbus-Beschäftigte im<br />
Werk Bremen <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen. Die Gesamtbelegschaft<br />
umfasst ca. 3000 Beschäftigte, so dass sich ein Anteil <strong>der</strong> in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />
von fünf Prozent ergibt. Diese Quote bildet nach Ansicht <strong>der</strong> Betriebsvertragsparteien<br />
die angestrebte „Zielgröße“, sie kann jedoch durchaus überschritten werden:<br />
„Also, wir haben diese fünf Prozent auch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung stehen, aber wir<br />
haben sie nicht als eine maximale Obergrenze drin, son<strong>der</strong>n wir haben definiert, dass<br />
das so eine Ziellinie ist, die aber auch im Einvernehmen mit beiden Parteien überschritten<br />
werden kann, sie ist sozusagen nicht als eine absolute Mauer definiert,<br />
son<strong>der</strong>n es ist definiert, dass man da im Prinzip diese fünf Prozent halten würde.“<br />
(Betriebsrat)<br />
Nach Aussage <strong>der</strong> Personalabteilung befanden sich (Mai 2002) im Werk Bremen<br />
16,6 Prozent Anspruchsberechtigte, also Beschäftigte im Alter von 55 u. m. Jahren;<br />
3,8 Prozent <strong>der</strong> Gesamtbelegschaft befanden sich aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong>, so dass sich<br />
– auf den Personenkreis <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten bezogen – eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote<br />
von 23 Prozent ergibt. Diese Quote enthält nicht die Beschäftigten, die nach Abschluss<br />
ihrer <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit bereits ihre Rente beziehen.<br />
Wegen des unterschiedlichen Altersaufbaus im Produktions- <strong>und</strong> im <strong>Entwicklung</strong>sbereich<br />
ist im Fertigungsbereich (mit jüngeren Beschäftigten) eine geringe Nutzung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> festzustellen, im <strong>Entwicklung</strong>sbereich (mit älteren Beschäftigten)<br />
dagegen eine hohe Inanspruchnahme. Die Gesamtbetriebsvereinbarung hat vorgegeben,<br />
dass die Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> „möglichst ausgewogen<br />
auf die Bereiche verteilt werden (soll)“. Bei einer ungleichen Verteilung versuchen<br />
Personalleitung <strong>und</strong> Betriebsrat, durch die Bildung von Umsetzungsketten („Ringtausch“)<br />
eine gleichmäßige Verteilung <strong>der</strong> „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ auf die Bereiche zu<br />
erreichen.<br />
„Das Zweite, was noch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung definiert ist, dass es in Fachbereichen<br />
nicht dazu kommen sollte, dass so eine halbe Abteilung sich auflöst, so ist das<br />
auch noch mal definiert. (...) Also, wir haben im Moment überhaupt kein Problem<br />
damit, dass es keine Anwendung mehr gäbe, weil <strong>der</strong> Arbeitgeber sagt, wir haben zu<br />
82
83<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
viele <strong>Altersteilzeit</strong>verträge abgeschlossen insgesamt. Wir hatten einmal ein einziges<br />
Problem, da hatten wir in einem Bereich eines damaligen <strong>Entwicklung</strong>sbereiches, wo<br />
ca. 100 Leute beschäftigt waren, fast 30 Prozent in <strong>Altersteilzeit</strong>. Das war ein<br />
bisschen zu viel. Da ist das gestoppt worden. Allerdings haben wir das dann wie<strong>der</strong><br />
hingekriegt, indem wir da auch ein bisschen versetzt haben, neu eingestellt haben.<br />
(...) Wir haben eigentlich die Chance, dass je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> will, hier auch irgendwie zu<br />
einem Vertrag kommt in <strong>der</strong> Regel.“ (Betriebsrat)<br />
Im Werk Bremen entfallen zwei Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten auf den „Verwaltungsbereich“<br />
(insbeson<strong>der</strong>e auf die verschiedenen <strong>Entwicklung</strong>sbereiche), lediglich ein Drittel<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten arbeitet im „Produktionsbereich“. Die Masse <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Beschäftigten, die <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch nehmen, befindet sich im<br />
<strong>Entwicklung</strong>sbereich:<br />
„Die Masse <strong>der</strong> Beschäftigten ist im <strong>Entwicklung</strong>sbereich. Und das hat einfach damit<br />
zu tun, dass wir im <strong>Entwicklung</strong>sbereich eine richtig große Gruppe von Beschäftigten<br />
haben, die eben in diesem Alter waren. Und wo auch, was eigentlich unheimlich gut<br />
gepasst hat, wir mussten jetzt ja auch viele <strong>Entwicklung</strong>singenieure einstellen, <strong>und</strong><br />
insofern hat das Modell wirklich geklappt. Es sind Ältere rausgegangen, es sind neue<br />
<strong>Entwicklung</strong>singenieure dafür eingestellt worden. Also, es war wirklich das Prinzip,<br />
wie es eigentlich funktionieren soll, es gab richtig Wie<strong>der</strong>besetzung. Wir haben im<br />
Prinzip mit <strong>Altersteilzeit</strong> keinen Personalabbau gemacht. Also, ich will jetzt nicht<br />
sagen, dass alle Arbeitsplätze wie<strong>der</strong> besetzt werden, es gibt natürlich Bereiche, wo<br />
man in <strong>der</strong> Regel einen solchen Arbeitsplatz nicht mehr wie<strong>der</strong>besetzt hat, weil dieser<br />
Bereich ausstirbt.“ (Betriebsrat)<br />
In solchen Fällen dient die <strong>Altersteilzeit</strong> auch als Mittel <strong>der</strong> Umorganisation von<br />
Bereichen sowie <strong>der</strong> Personalentwicklung in einzelnen Bereichen:<br />
„Wenn man z. B. fünf Werkzeugausgaben hatte, hatte man demnächst nur noch drei,<br />
weil das wirklich nicht mehr gebraucht wird, <strong>und</strong> dann hat man den Werkzeugausgeber<br />
als Werkzeugausgeber in <strong>Altersteilzeit</strong> nicht mehr neu besetzt. Aber man hatte<br />
dann zumindest, weil die Wie<strong>der</strong>besetzer ja auch eine Ausbildung hatten, in <strong>der</strong> Regel<br />
als Fluggerätebauer, die Möglichkeit, eine Kette zu bilden. Das heißt, man hat den<br />
nach <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidenden Werkzeugausgeber dort nicht wie<strong>der</strong>besetzt, hat<br />
eine Fluggerätestelle dafür neu geschaffen <strong>und</strong> den über <strong>Altersteilzeit</strong>, also über<br />
Ringtausch besetzt. Ringtausch ist also da gemacht worden. So dass wir eigentlich<br />
sagen können, im Prinzip ist das Modell voll aufgegangen. Es hat hier de facto<br />
eigentlich keinen Personalabbau mittels <strong>Altersteilzeit</strong> gegeben, son<strong>der</strong>n es hat<br />
tatsächlich Personalaustausch gegeben: Jung gegen Alt.“ (Betriebsrat)<br />
Personalaustausch mittels <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre wurde am Standort Bremen infolge <strong>der</strong> Dolores-Konzeption <strong>der</strong><br />
damaligen DASA-Konzernleitung <strong>der</strong> Personalbestand von ca. 3500 auf ca. 2500<br />
Beschäftigte reduziert. Gegenwärtig arbeiten ca. 3000 Beschäftigte im Werk Bremen.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Der Personalabbau wurde damals über die sog. 55er-/58er-Regelungen vollzogen.<br />
Weil gleichzeitig keine Neueinstellungen von jüngeren Ingenieuren erfolgten, die<br />
älteren Ingenieure über Vorruhestandsregelungen ausschieden, verengte sich <strong>der</strong><br />
Altersaufbau im <strong>Entwicklung</strong>sbereich auf die Altersgruppen zwischen 35 <strong>und</strong> 55<br />
Jahren („gestauchte Alterspyramide“). Daraus resultierte das Problem, dass die<br />
älteren Ingenieure, die durchaus noch arbeitsfähig waren, ihr Erfahrungswissen nicht<br />
mehr an jüngere Ingenieure, die neu in den Betrieb kommen, weitergeben konnten.<br />
Damals gab es eine hohe Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen aus dem<br />
Ingenieurbereich; diese kamen in den Betrieb nicht hinein, <strong>der</strong> notwendige Wissenstransfer<br />
zwischen Jüngeren <strong>und</strong> Älteren fand im Betrieb nicht mehr statt. Damals<br />
konnte das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> noch nicht als Mittel des Personalaustausches<br />
zwischen den Generationen eingesetzt werden.<br />
Während in an<strong>der</strong>en Industriebetrieben gegenwärtig das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
genutzt wird, um sozialverträglich Personal abzubauen, befindet sich das Airbus-Werk<br />
Bremen in <strong>der</strong> glücklichen Lage, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuell günstigen Auftragslage, den<br />
Personalaufbau – unter Einsatz des Instrumentes <strong>Altersteilzeit</strong> – als Generationswechsel<br />
zu vollziehen.<br />
Der Betriebsrat äußert gleichwohl Verständnis dafür, dass an<strong>der</strong>e Industriebetriebe<br />
gegenwärtig über das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Personal „abbauen“:<br />
„So, natürlich müssen wir das sagen, wenn wir noch Dolores gehabt hätten, wie vor,<br />
ich sag mal, so acht Jahren, dann wären wir natürlich in einer ganz an<strong>der</strong>en Situation<br />
gewesen, dann kann man nicht aufbauen, <strong>und</strong> dann kann ich verstehen, dass in<br />
Betrieben, die in solchen Situationen sind, wo Personal abgebaut wird, wo keine<br />
an<strong>der</strong>en Themen als <strong>Altersteilzeit</strong> mehr da sind, auch das benutzt wird, um Personal<br />
abzubauen. Weil, wie soll man es sonst sozialverträglich machen?“ (Betriebsrat)<br />
Nach dem drastischen Personalabbau Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre konnte mit dem allmählichen<br />
Personalaufbau in den letzten Jahren das Instrument <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Airbus-<br />
Werk Bremen personalpolitisch hervorragend genutzt werden, um sozusagen einen<br />
„Ringtausch“ zwischen den Generationen im Betrieb kostengünstig (Wie<strong>der</strong>besetzung)<br />
zu organisieren.<br />
„Wir haben damals im Prinzip keine Neuen gehabt, unter Dolores sind Ältere gegangen,<br />
aber keine Neuen gekommen. Und jetzt ist natürlich diese Chance gewesen, wir<br />
haben ja, auch in unserem Engineeringbereich, über 1000 Beschäftigte wie<strong>der</strong><br />
aufgebaut hier in Bremen. Und da war die <strong>Altersteilzeit</strong> ein hervorragendes Modell. Es<br />
hat hier tatsächlich Personalaustausch gegeben: Jung gegen Alt. Und damit hat eine<br />
Verjüngung <strong>der</strong> Belegschaft stattgef<strong>und</strong>en.“ (Betriebsrat)<br />
Motive <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> (Blockmodell)<br />
Nach Aussage des Betriebsrates handelt es bei dem im Werk Bremen ausschließlich<br />
praktizierten Blockmodell um ein „relativ attraktives Modell“:<br />
84
85<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
„Und dann gibt es den Gr<strong>und</strong>, das muss man ja auch einmal sagen, es gibt ja auch<br />
Menschen, die wollen <strong>Altersteilzeit</strong> nicht in Anspruch nehmen o<strong>der</strong> Modelle, die<br />
wesentlich später greifen. Es gibt ja auch noch die Chance, wenn man so mit 59<br />
beginnt <strong>und</strong> nach zwei Jahren <strong>Altersteilzeit</strong> dann mit 61 aufhört, solche Modelle gibt<br />
es auch. Wir lassen das ja noch zu. Weil ja es auch nicht so ist, dass man hier sagen<br />
muss, unsere Arbeit ist unattraktiv. Es gibt ja auch manchmal Momente, wo sich viele<br />
Beschäftigte sagen: „Bloß raus aus <strong>der</strong> Bude.“ Das hat man zum Beispiel bei den<br />
<strong>Entwicklung</strong>singenieuren auch nicht, trotzdem haben wir da einen hohen Anteil, wo<br />
auch viele sagen: „Na gut, jetzt reicht‘s, okay“, aber es gibt nicht so eine Stimmung:<br />
„Bloß raus aus <strong>der</strong> Bude“. Als Ingenieur kann man ja auch im höheren Alter noch<br />
arbeiten. Es gibt hier auch Kollegen, die eben sagen, okay, ich arbeite länger o<strong>der</strong><br />
höre dann mit 63 o<strong>der</strong> 62 dann so auf, ohne eine Vereinbarung. Das geht ja auch!<br />
Also, das ist unterschiedlich. Und es gibt auch welche, die eben durcharbeiten. Es<br />
kommt auch immer darauf an, in welcher Situation sich je<strong>der</strong> Einzelne befindet.“<br />
(Betriebsrat)<br />
Nach Aussage des Betriebsrates nehmen die Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> eine<br />
Güterabwägung zwischen Einkommenseinbußen aufgr<strong>und</strong> des vorzeitigen Ruhestandes<br />
<strong>und</strong> den im Ruhestand angestrebten Lebenszielen vor. Das Ausmaß <strong>der</strong> Identifikation<br />
mit <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit interveniert zudem als Variable bei <strong>der</strong> Entscheidung<br />
über den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben:<br />
„Ja, ich sag mal so, es gibt alles, meiner Einschätzung nach, nur was ich von<br />
Gesprächen kenne, ich habe jetzt, wie gesagt, keine Statistiken. Statistiken sind aber<br />
auch immer so eine Sache. Ich habe so das Gefühl, dass es hier Kollegen <strong>und</strong><br />
Kolleginnen gibt, die einfach sagen: „So, ich habe ein persönliches Lebensziel. Ich<br />
habe noch etwas vor. Ich komme aus mit dem Geld.“ Und das ist ja auch immer ein<br />
wichtiger Faktor, das ist ja das an<strong>der</strong>e. Diejenigen, die in schlechten Arbeitsbedingungen<br />
sind <strong>und</strong> nicht gut verdienen, sagen sich: „Ich möchte eigentlich aufhören, aber<br />
ich kann es mir eigentlich nicht leisten, weil bei 12 Prozent Abschlag meiner Rente<br />
bleibt mir nicht genug zum Leben. Das ist für mich nicht leistbar.“ Deswegen gibt es<br />
hier alles. Wir haben hier Kollegen, die sich sagen: „So, ich habe noch etwas vor. Ich<br />
will noch die Welt kennen lernen!“, o<strong>der</strong> noch eine Reise machen, alles das, was man<br />
noch vielleicht so machen kann. Und dann gibt es noch Kollegen, die sich sagen: „Ich<br />
mag meine Arbeit. Ich weiß gar nicht so recht, was ich machen soll, wenn ich jetzt<br />
schon mit 60 zu Hause wäre.“ O<strong>der</strong> Kollegen, die noch früher zu Hause wären, mit<br />
57,5 ist ja das Frühstmögliche nach unserem Modell, die würden ja mit 55 die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> beginnen, dann zweieinhalb Jahre noch voll arbeiten, also 5-Jahres-<br />
Vertrag mit zweieinhalb Jahren Arbeit, <strong>und</strong> dann würden sie ja schon mit 57,5 zu<br />
Hause sein <strong>und</strong> dann mit 60 in Rente frühzeitig gehen mit dem vollen Abschlag.“<br />
(Betriebsrat)<br />
Im Gegensatz zu manchen Montagebereichen in <strong>der</strong> Automobilindustrie, wo häufig<br />
das Blockmodell „55 – 57 ½ - 60 Jahre“ aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> belastenden Arbeitsbedingungen<br />
(Schichtarbeit) gewählt wird, wählen die <strong>Entwicklung</strong>singenieure im Airbus-Werk
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer interessanten beruflichen Tätigkeit häufig einen späteren Anfang – <strong>und</strong><br />
häufig auch ein späteres Ende – ihrer <strong>Altersteilzeit</strong> (gemäß dem Blockmodell), wobei<br />
die magische Zahl 60 als Zielpunkt <strong>der</strong> tatsächlichen – noch nicht <strong>der</strong> rechtlichen –<br />
Beendigung <strong>der</strong> Berufstätigkeit den meisten Ingenieuren vor Augen steht.<br />
„Deswegen sage ich, die meisten Beschäftigten nehmen eher so Modelle, sag ich mal,<br />
so mit 56, 57, 58 Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Also, dieses volle Ausschöpfen, so früh<br />
wie möglich raus mit dem höchsten Abschlag, ist seltener. Aus den Gründen, wo ich<br />
so sage, die Arbeit ist hier nicht so verhasst, deswegen gibt es mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
Momente, wo man sich sagt: „Na ja, ein bisschen Abschlag, bisschen eher in „Rente“<br />
o<strong>der</strong> in Freizeit.“ Das ist eher das Gängige. Deswegen gibt es auch eine hohe Attraktivität<br />
des Modells, weil das ja auch sehr selbstbestimmt ist. Es rechnen sich das viele<br />
aus, viele kennen ja ihre Rente, man kann sich das ja darstellen lassen, <strong>und</strong> man<br />
weiß im Prinzip, wo man sich drauf einlässt. Und dann gibt es viele, die so mit 54,<br />
55 anfangen, sich zu erk<strong>und</strong>igen, <strong>und</strong> dann sagen, „für mich ist es eher so, ich<br />
mache mit 57 einen Vertrag o<strong>der</strong> mit 58, <strong>und</strong> fange dann an mit <strong>der</strong> Arbeitsphase<br />
<strong>und</strong> höre dann faktisch mit 60 auf“, dann beginnen sie mit <strong>der</strong> Ruhephase.“ (Betriebsrat)<br />
Das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist im Betrieb gemäß <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
im Prinzip ausgeschlossen. Der Betriebsrat hat von den Kollegen nicht gehört,<br />
dass ein Interessse am <strong>Teil</strong>zeitmodell bestünde: „Die meisten Leute nehmen sowieso<br />
das Blockmodell. Ich habe noch nicht einmal Nachfragen gehört nach dieser Möglichkeit,<br />
sag ich mal so, des soften Ausscheidens.“<br />
Allerdings gibt es im Betrieb eine ausgesprochene „Vollzeitkultur“. Die <strong>Teil</strong>zeitquote<br />
ist sehr gering, selbst unter den wenigen weiblichen Beschäftigten. Die männlichen<br />
Beschäftigten sind es gewohnt, voll zu arbeiten, sie haben selbst keine Erfahrung mit<br />
<strong>Teil</strong>zeitarbeit in ihrem Berufsleben gemacht <strong>und</strong> können sich daher auch nicht so<br />
recht vorstellen, <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu verrichten: „Man fällt dann so halb<br />
raus, ist nur noch halb drin.“ (Ingenieur aus dem <strong>Entwicklung</strong>sbereich)<br />
Die Einbindung in Projektarbeit macht es zudem unmöglich, als <strong>Entwicklung</strong>singenieur<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu organisieren:<br />
„Nein, es gibt überhaupt kein Interesse daran, ich habe wirklich noch keine Beratung<br />
gehabt, wo jemand gesagt hat: „Ich würde gerne langsam hinaus gleiten.“ So, da<br />
muss man einfach bei berücksichtigen, wie Sie schon sagen, natürlich ist das so, dass<br />
es auch davon abhängt, wie sehe ich meine Arbeit. Und wenn Sie sowieso sieben<br />
St<strong>und</strong>en am Tag hier sind <strong>und</strong> einen attraktiven Job haben, dann gibt es eigentlich so<br />
ein „Gefühl“, insbeson<strong>der</strong>e im <strong>Entwicklung</strong>sbereich, zu sagen: „Ich mache jetzt nur<br />
meine 3,5 St<strong>und</strong>en am Tag o<strong>der</strong> meine drei St<strong>und</strong>en am Tag.“ Dann sind Sie in einer<br />
Situation, wo Sie einfach kaum noch was machen können, es gibt ja so ein hohes<br />
Kommunikationsniveau, wenn ich, sag ich mal, Ingenieur bin <strong>und</strong> arbeite in Projekten,<br />
wenn hier <strong>und</strong> da eine Besprechung ansteht, dann sind Sie kaum noch in <strong>der</strong><br />
Lage, da was umzusetzen.“ (Betriebsrat)<br />
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87<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Laufzeit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge <strong>und</strong> Wahl <strong>der</strong> Lebensstrecke für die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Von den Betriebsvertragsparteien wurde ursprünglich als Regelfall des fünfjährigen<br />
Blockmodells die Lebensstrecke „55 – 57,5 – 60“ Jahre angestrebt. Tatsächlich<br />
weisen aber nur 30 von 165 bisher abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge dieses<br />
Muster auf (18 %). Die in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung definierten „Ausnahmefälle“<br />
(Festlegung von maximalen Laufzeiten für über das 60. Lebensjahr hinaus<br />
andauernden <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen) bilden jedenfalls gemäß <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Personalabteilung<br />
erstellten Statistik die Mehrheit aller <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (nur 42 von 165<br />
Personen beziehen mit 60 Jahren ihre Rente = 25 %). Offenbar werden in <strong>der</strong><br />
betrieblichen Praxis die Wünsche <strong>der</strong> Beschäftigten nach einem späteren Beginn <strong>und</strong><br />
einem späteren Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase von dem Betriebsrat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Personalabteilung<br />
angenommen.<br />
Auf unseren Wunsch hin hat die Personalabteilung eine Auswertung <strong>der</strong> im Werk<br />
Bremen abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (Stand: Mai 2003) vorgenommen, mit<br />
<strong>der</strong> die jeweilige Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (2 – 5 Jahre) in Verbindung mit<br />
<strong>der</strong> Lebensstrecke des Beschäftigten (Lebensalter bei Beginn <strong>der</strong> Arbeitsphase, bei<br />
Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase, bei Beginn des Rentenbezugs) dargestellt werden kann<br />
(vgl. Tabelle 6).<br />
Die Einschätzung des Betriebsrates, <strong>der</strong> über diese Statistik nicht verfügte, bezüglich<br />
<strong>der</strong> dominanten Wahl <strong>der</strong> „Lebensstrecke“ für die <strong>Altersteilzeit</strong>phase wird durch diese<br />
Auswertung bestätigt. Von 85 <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen mit fünfjähriger Laufzeit entfallen<br />
nur 30 Verträge auf die Lebensstrecke „55 – 57,5 – 60“ Jahre, 55 Verträge weisen<br />
einen späteren Beginn <strong>und</strong> ein späteres Ende auf, davon allein 40 die Lebensstrecke<br />
„58 – 60,5 – 63“ Jahre. Diese Beschäftigten beenden also faktisch mit ca. 60 Jahren<br />
ihre Berufstätigkeit, gleichzeitig können sie durch diese Streckung die Rentenabschläge<br />
minimieren (Rentenbezug mit vollendetem 63. Lebensjahr: Rentenabschlag = 7,2<br />
Prozent).<br />
Auch bei den Beschäftigten, die Laufzeiten von zwei bis zu vier Jahren <strong>Altersteilzeit</strong><br />
gemäß dem Blockmodell gewählt haben, überwiegt die Orientierung an einem<br />
Rentenbeginn mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren gegenüber dem frühest möglichen Rentenbeginn<br />
(mit 60 Jahren Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit). Diese Beschäftigten, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die <strong>Entwicklung</strong>singenieure, beginnen bei diesen Laufzeiten in ihrer Mehrheit erst<br />
mit 61 o<strong>der</strong> 62 Jahren mit <strong>der</strong> Freistellungsphase (54 <strong>Altersteilzeit</strong>verträge). Das<br />
Interesse an <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit sowie das Kalkül eines akzeptablen Rentenabschlags,<br />
<strong>der</strong> womöglich noch durch die Betriebsrente ausgeglichen wird, mögen zu<br />
dieser Entscheidung dieser Beschäftigten beigetragen haben.
88<br />
Tabelle 6: Abgeschlossene <strong>Altersteilzeit</strong>verträge - Stand Mai 2003<br />
Laufzeit 5 Jahre Laufzeit 4 Jahre Laufzeit 3 Jahre Laufzeit 2 Jahre<br />
Anzahl<br />
Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong> Alter bei Beginn <strong>der</strong><br />
Verträge Arbeitsphase Freistellung<br />
Rente<br />
Arbeitsphase Freistellung Rente<br />
Arbeitsphase Freistellung Rente<br />
Arbeitsphase Freistellung Rente<br />
30 55 57,5 60<br />
9 56 58 60<br />
9 56 58,5 61<br />
3 57 58,5 60<br />
6 57 59,5 62<br />
14 58 60 62<br />
40 58 60,5 63<br />
11 59 61 63<br />
4 60 61 62<br />
12 60 61,5 63<br />
27 61 62 63<br />
165<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Weitere Informationen<br />
Airbus Deutschland GmbH<br />
Hünefeldstr. 1 – 5<br />
28199 Bremen<br />
Personalabteilung<br />
Frau Alke<br />
Tel.: 0421 / 538 25 13<br />
Betriebsrat<br />
Herr Dahnken<br />
Tel.: 0421 / 538 41 58<br />
89<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Brauerei Beck & Co, Bremen<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> ohne Grenzen: Ausstieg <strong>der</strong> Älteren – Einstieg <strong>der</strong> Jüngeren<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Die Bremer Brauer-Societät <strong>und</strong> die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben<br />
bereits auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes vom August 1996 einen Tarifvertrag<br />
zur Einführung von <strong>Altersteilzeit</strong> im März 1998 abgeschlossen (in Kraft seit 1.<br />
März 1998). Für den – im Jahre 2000 eingetretenen – Fall, dass das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />
verlängert wird, verlängert sich entsprechend dieser Tarifvertrag. Die Betriebsvertragsparteien<br />
<strong>der</strong> Brauerei Beck & Co (Bremen) haben auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieses<br />
Tarifvertrages gleichfalls im März 1998 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen<br />
(gleichfalls in Kraft seit 1. März 1998). Die Laufzeit <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung ist an<br />
die Laufzeit des Tarifvertrages geb<strong>und</strong>en.<br />
Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> wird den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine<br />
Vollzeitbeschäftigung von 1080 Kalen<strong>der</strong>tagen innerhalb <strong>der</strong> letzten 5 Jahre vor<br />
Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> vorzuweisen haben, gemäß dem damaligen <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />
angeboten.<br />
Das <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis darf die Dauer von zwei Jahren nicht unter- <strong>und</strong><br />
von fünf Jahren nicht überschreiten. „Eine kürzere Laufzeit muß durch Betriebsvereinbarung<br />
vereinbart werden. Sie ist zulässig, wenn <strong>der</strong> Arbeitnehmer unmittelbar im<br />
Anschluß an das Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Altersruhegeld hat <strong>und</strong> insoweit<br />
das Altersruhegeld nach <strong>Altersteilzeit</strong> (...) nicht in Anspruch nehmen muß.“ (Tarifvertrag)<br />
Die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> soll gemäß Tarifvertrag durch Betriebsvereinbarung<br />
erfolgen. Auch die Verteilung <strong>der</strong> in <strong>Altersteilzeit</strong> zu leistenden Hälfte <strong>der</strong> bisherigen<br />
wöchentlichen Arbeitszeit soll durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Gemäß<br />
Tarifvertrag kann während des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses die Hälfte <strong>der</strong><br />
bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit so verteilt werden, „daß sie innerhalb eines<br />
Jahreszeitraumes im Durchschnitt die Hälfte <strong>der</strong> regelmäßigen wöchentlichen<br />
Arbeitszeit nicht überschreitet. Einzelheiten sind durch Betriebsvereinbarung zu<br />
regeln.“ (Tarifvertrag)<br />
Nach dem ATZ-Gesetz dürfen beim Blockmodell die beiden Zeitblöcke ohne tarifvertragliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage jeweils nicht länger als 1 ½ Jahre betragen. Die Vereinbarung von<br />
mehr als 3 Jahre umfassenden Verteilzeiträumen ist nur dann möglich, wenn ein<br />
Tarifvertrag dieses zulässt (Tarifvorbehalt). Der zwischen <strong>der</strong> Bremer Brauer-Societät<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft NGG abgeschlossene Tarifvertrag ermöglicht es den Betriebsvertragsparteien,<br />
für ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis einen Zeitraum von mehr als<br />
drei Jahren „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong> abzuschließen.<br />
90
91<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Betriebsvereinbarung ermöglicht den <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten bei <strong>der</strong> Verteilung<br />
ihrer Arbeitszeit eine Vielfalt von Optionen:<br />
„Die wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers in <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt die Hälfte<br />
<strong>der</strong> regelmäßigen Wochenarbeitzeit. Die Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit erfolgt nach zwei<br />
Modellen.<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> Arbeitsmodell 1<br />
Soweit die Arbeitszeit innerhalb eines Jahreszeitraumes im Durchschnitt die Hälfte <strong>der</strong><br />
regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreitet, kann gem. den Vorschriften<br />
des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes einzelvertraglich vereinbart werden, daß <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer<br />
– täglich mit <strong>der</strong> hälftigen Arbeitszeit,<br />
– nur eine bestimmte Anzahl von Tagen pro Woche,<br />
– im wöchentlichen Wechsel,<br />
– im monatlichen Wechsel<br />
arbeitet.<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> Arbeitsmodell 2<br />
Es kann einzelvertraglich vereinbart werden, daß die während <strong>der</strong> Gesamtdauer des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit in einem Zeitraum bis zu 5<br />
Jahren so verteilt wird, daß diese in <strong>der</strong> ersten Hälfte des Zeitraumes in Vollzeit<br />
geleistet wird (Arbeitsphase) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer in <strong>der</strong> zweiten Hälfte von <strong>der</strong><br />
Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).“ (Betriebsvereinbarung, § 3)<br />
Aufstockung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Leistungen<br />
Die Berechnung des Arbeitsentgeltes für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten wird gemäß<br />
Tarifvertrag auf Jahresbasis vorgenommen: „Die Vergütung für die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
errechnet sich auf <strong>der</strong> Basis des Entgeltes, das <strong>der</strong> Arbeitnehmer bei einer Vollzeitbeschäftigung<br />
im Kalen<strong>der</strong>jahr erzielt hätte. Einzelheiten sind durch Betriebsvereinbarung<br />
zu regeln.“ (Tarifvertrag)<br />
Gemäß Betriebsvereinbarung werden auf Jahresbasis die <strong>tarifliche</strong>n Son<strong>der</strong>zahlungen<br />
bei <strong>der</strong> Berechnung des monatlichen Arbeitsentgeltes für die <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Beschäftigten mit eingeschlossen.<br />
„Das monatliche Arbeitsentgelt errechnet sich nach Maßgabe <strong>der</strong> gemäß dieser<br />
Vereinbarung reduzierten Arbeitszeit wie folgt:<br />
Monatsentgelt x 12 + Urlaubsgeld + Jahresson<strong>der</strong>zahlung + VL<br />
12 x 2<br />
Die Vergütung ist unabhängig von dem gewählten Arbeitszeitmodell während <strong>der</strong><br />
Gesamtdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses zu zahlen.“ (Betriebsvereinbarung)<br />
Wie ein Muster-<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsvertrag des Betriebes zeigt, werden das Urlaubsgeld<br />
(etwa ein Drittel eines Monatsentgeltes) <strong>und</strong> die Jahresson<strong>der</strong>zahlung (Weihnachtsgeld<br />
= 13. Monatsentgelt) sowie die vermögenswirksamen Leistungen zusam-
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
men mit dem Monatsentgelt in voller Höhe für die Berechnung des Vollzeit-<br />
Jahresentgeltes herangezogen, um anschließend das monatliche Vollzeit-Bruttoentgelt<br />
(1/12) zu ermitteln. Das monatliche <strong>Altersteilzeit</strong>-Bruttoentgelt beträgt davon die<br />
Hälfte.<br />
Gemäß Tarifvertrag wird das <strong>Altersteilzeit</strong>-Entgelt auf 85 Prozent des bisherigen<br />
monatlichen Nettoentgeltes aufgestockt: „Während <strong>der</strong> Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnisses<br />
erhält <strong>der</strong> Arbeitnehmer eine Aufstockungszahlung auf die <strong>Altersteilzeit</strong>vergütung.<br />
Diese ist so zu bemessen, daß das monatliche Nettoentgelt 85 % des um<br />
die gesetzlichen Abzüge vermin<strong>der</strong>ten monatlichen Bruttovollzeitarbeitsentgelts<br />
beträgt. Höhere Aufstockungszahlungen können durch Betriebsvereinbarung geregelt<br />
werden.“ (Tarifvertrag) Diese Aufstockungszahlung (85 % des bisherigen Nettoentgelts)<br />
ist gleichfalls in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung enthalten.<br />
Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Aufstockung <strong>der</strong> Rentenversicherungsbeiträge<br />
auf 90 Prozent wird gemäß Tarifvertrag <strong>und</strong> Betriebsvereinbarung sogar noch auf 95<br />
Prozent erhöht: „Neben den Sozialversicherungsbeiträgen auf die Vergütung (während<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit) entrichtet Beck & Co zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen<br />
Rentenversicherung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Beitrag für die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>vergütung <strong>und</strong> dem Beitrag, <strong>der</strong> auf 95 % des Entgelts (entfällt), das <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn seine Arbeitszeit nicht durch das <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
vermin<strong>der</strong>t worden wäre, höchstens jedoch bis zur Beitragsbemessungsgrenze.“<br />
(Betriebsvereinbarung)<br />
Ein Ausgleich für Rentenabschläge bei vorzeitigem Ruhestand nach <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
ist we<strong>der</strong> in dem Tarifvertrag noch in <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung vorgesehen.<br />
Allerdings erhalten die Beschäftigten – unabhängig von <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> – eine monatliche Betriebsrente in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Dauer ihrer<br />
Betriebszugehörigkeit (Niedrigstwert nach 10 Jahren: 75 DM, nach 20 Jahren: 130<br />
DM, nach 25 Jahren: 200 DM, Höchstwert nach 40 Jahren: 250 DM). Weiterhin<br />
werden zusätzliche Treue-Zahlungen, die die Betriebsrente monatlich noch aufstokken,<br />
vom Unternehmen den Beschäftigten ausgezahlt (z. B. nach 25 Jahren: 25 DM,<br />
nach 40 Jahren: 75 DM). Die Betriebsrente wird bereits mit Beginn <strong>der</strong> Altersrente<br />
nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit gezahlt, also auch vor dem 65. Lebensjahr.<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Brauerei Beck & Co<br />
Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Befragung (März 2002) hatten (seit März 1998) ca. 200 Beschäftigte<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen. Bezogen auf eine – in diesen vier<br />
Jahren relativ konstant bleibende – Gesamtbelegschaft von ca. 1450 Beschäftigten<br />
ergibt sich somit eine <strong>Altersteilzeit</strong>quote von r<strong>und</strong> 14 Prozent. Der Tarifvertrag enthält<br />
keine allgemeine Überfor<strong>der</strong>ungsschutzklausel – auch keine Anspruchseinschränkungen<br />
nach Jahrgängen <strong>der</strong> älteren Beschäftigten.<br />
Obwohl kein Rechtsanspruch <strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong> im Tarifvertrag<br />
besteht, werden in <strong>der</strong> betrieblichen Praxis <strong>der</strong> Brauerei die Anträge auf <strong>Altersteilzeit</strong><br />
92
93<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
umfassend genehmigt. Der Gr<strong>und</strong>satz des Unternehmens besteht darin, „freiwillige<br />
Entscheidungen“ <strong>der</strong> Beschäftigten zu akzeptieren <strong>und</strong> „individuelle Lösungen“ zu<br />
ermöglichen (Leiter Personalmanagement). Auch im „Gr<strong>und</strong>satz“ <strong>der</strong> Betriebsvereinbarung<br />
wird das Moment <strong>der</strong> „Freiwilligkeit“ in <strong>der</strong> gegenseitigen Vereinbarung<br />
hervorgehoben: „Aufgr<strong>und</strong> dieser Betriebsvereinbarung kann zwischen Beck & Co <strong>und</strong><br />
dem Arbeitnehmer eine freiwillige Vereinbarung über ein <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsverhältnis<br />
nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Einführung von <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> in dieser<br />
Betriebsvereinbarung genannten Rahmenbedingungen geschlossen werden.“<br />
Obwohl die Betriebsvereinbarung vielfältige <strong>Teil</strong>zeitmodelle (auf täglicher, wöchentlicher,<br />
monatlicher Ebene) ermöglicht (Arbeitsmodell 1), wird im Betrieb nahezu<br />
ausschließlich das Blockmodell (mit Laufzeiten zwischen 2 <strong>und</strong> 5 Jahren) praktiziert<br />
(Arbeitsmodell 2). Die Wahl des Blockmodells ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Organisation<br />
von Schichtarbeit wie auch <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Belegschaft zu sehen. Der Frauenanteil<br />
beträgt ca. 10 Prozent; die weiblichen Beschäftigten arbeiten vorwiegend im<br />
Verwaltungsbereich. Von 1450 Beschäftigten sind ca. 900 Gewerbliche (62 %), ca.<br />
550 sind Angestellte (38 %). In <strong>der</strong> Brauerei wird weitgehend im traditionellen Drei-<br />
Schicht-System (6 – 14 Uhr, 14 – 22 Uhr, 22 – 6 Uhr) gearbeitet – mit <strong>der</strong> Abfolge<br />
für die Beschäftigten: Nacht-, Spät-, Frühschicht im wöchentlichen Wechsel. In<br />
einigen Bereichen gibt es auch ein Zwei-Schicht-System.<br />
Das <strong>Teil</strong>zeitmodell wird nur vereinzelt gewählt, nahezu alle Beschäftigten <strong>der</strong> Brauerei<br />
entscheiden sich für das Blockmodell:<br />
„Wir haben, muss ich überlegen, eins, zwei, drei, wo ich Ihnen jetzt definitiv sagen<br />
kann, die haben nicht das Blockmodell gewählt. Also von den 200 wählen alle das<br />
Blockmodell. (...) Wir hatten hier zwei Tischler, da hat <strong>der</strong> eine gesagt: „Ich arbeite<br />
einen Monat.“, <strong>und</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hat gesagt: „Dann arbeite ich den Monat, wo du nicht<br />
da bist.“. Und dann hatten wir einen, <strong>der</strong> hat das, glaube ich, im Wochenwechsel<br />
gemacht. Aber das sind die Drei, die mir jetzt einfallen. Alle an<strong>der</strong>en habe diese<br />
Blockmodelle gewählt zwischen 24 <strong>und</strong> 60 Monaten.<br />
(Gründe für die Wahl des Blockmodells?) Das geht von den Beschäftigten aus. Ja.<br />
Das geht von den Beschäftigten aus, die dann einfach sagen: „OK, jetzt habe ich noch<br />
2 ½ Jahre, <strong>und</strong> dann bereite ich mich 2 ½ Jahre auf das Rentnerdasein vor, indem<br />
ich schon zu Hause bin, nehme aber immer noch an Betriebsversammlungen teil, bin<br />
hier im Betrieb noch integriert.“ Wir kriegen ja auch hier unseren Freitrunk, die<br />
kommen denn auch mal in unseren Mitarbeitershop. Das heißt also, die ziehen sich<br />
langsam zurück, in <strong>der</strong> Freistellungsphase. Es gibt welche, die sagen: „Ich komme gar<br />
nicht mehr.“, <strong>und</strong> manche, die turnen dann noch hier herum, die sind immer noch<br />
Mitarbeiter, dürfen sich auch auf dem Gelände bewegen. Das bedeutet, die können<br />
hier Mittagessen gehen, auch mal mit den Kollegen schnacken, welche kommen<br />
überhaupt nicht mehr, die sehen Sie dann nicht mehr. Die sehe ich dann in 2 ½<br />
Jahren wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Rentenantragstellung. Aber beim Blockmodell sagen die<br />
meisten: „Dann weiß ich, was hier ist, ich habe dann noch 2 ½ Jahre hier zu<br />
arbeiten, <strong>und</strong> ab da bleibe ich dann zu Hause. Habe dann immer noch das Gehalt
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
aus <strong>der</strong> Berechnung des Unternehmens, <strong>und</strong> dann habe ich mich fünf Jahre darauf<br />
eingestellt, weil die Rente ist ja im Vorfeld auch schon pi mal Daumen besprochen<br />
worden.“<br />
(Gründe für Ablehnung des <strong>Teil</strong>zeitmodells?) Die Gründe dafür, dass sie sagen: „Es ist<br />
ein Blödsinn, dass ich hier die nächsten fünf Jahre noch im Unternehmen rumturne,<br />
wenn ich das Modell wähle, ein Monat arbeiten, ein Monat zu Hause bleiben. Ich<br />
weiß, dass ich jetzt hier 40 Jahre gearbeitet habe, wähle noch die letzten 2 ½ Jahre<br />
als Arbeitszeit, <strong>und</strong> dann mache ich einen Schnitt. Dann will ich den Rest auch zu<br />
Hause bleiben. Ich will also nicht vom 60sten, 62sten Lebensjahr ab noch im<br />
Unternehmen verbringen, auch wenn ich im wöchentlichen Wechsel das mache,<br />
son<strong>der</strong>n ich möchte dann schon sagen: „Jawohl, mit 62 ½ Jahren verlasse ich den<br />
Betrieb“, das ist so ein psychologischer Gr<strong>und</strong> bei den meisten, die dann sagen: „Mit<br />
62 bin ich raus.“, „Mit 60 bin ich raus.“, <strong>und</strong> nicht: „Mit 65 bin ich noch da.“ Die<br />
wollen einen Schnitt machen.“ (Betriebsrat)<br />
Das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Beschäftigten liegt bei ca. 40 Jahren. Etwa 300 Beschäftigten<br />
(ca. 21 %) befinden sich im Alter von über 50 Jahren. Bedenkt man, dass ca.<br />
200 Beschäftigte (ca. 14 %) bereits <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisse abgeschlossen<br />
haben, die zumindest das Alter von 55 Jahren bei Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> haben<br />
müssen, so lässt sich <strong>der</strong> Schluss ziehen, dass die Anspruchsberechtigten umfassend<br />
von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen. (Den Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter <strong>der</strong><br />
Anspruchsberechtigten – 55 <strong>und</strong> mehr Jahre – konnten wir lei<strong>der</strong> nicht ermitteln.)<br />
„Es gibt einige wenige, die es nicht machen. Wir haben ja auch in die Vereinbarung<br />
hinein geschrieben, dass es auf freiwilliger Basis ist. Das Unternehmen macht eine<br />
freiwillige Vereinbarung mit dem Mitarbeiter, damit haben wir bezwecken wollen,<br />
dass nicht das Unternehmen kommt <strong>und</strong> sagt dem 60-Jährigen, dem bieten wir nun<br />
eine <strong>Altersteilzeit</strong> an, <strong>und</strong> er muss sie dann machen. Wir haben jetzt hier noch sehr<br />
wenige, die das eigentlich noch in Anspruch nehmen können.“ (Betriebsrat)<br />
„Also, wir haben das auf freiwilliger Basis gestellt. Es gibt auch diese Quotierung<br />
nicht. Ich habe es in diesen vier Jahren, März 98 haben wir damit begonnen mit <strong>der</strong><br />
Vereinbarung, habe ich es nicht erlebt, dass einer <strong>Altersteilzeit</strong> machen möchte <strong>und</strong><br />
diese <strong>Altersteilzeit</strong> abgelehnt bekommt. Ich habe auch schon vielfach mitbekommen,<br />
dass Kollegen, die angesprochen worden sind auf <strong>Altersteilzeit</strong>, die sagen: „Das<br />
mache ich nicht.“ Daher die Freiwilligkeit, dass das Unternehmen nicht sagen kann:<br />
„Komm, du bist jetzt in dem Alter, du musst.“ Es gibt keinen Druck von <strong>der</strong> Betriebsleitung<br />
auf ältere Kollegen, in <strong>Altersteilzeit</strong> zu gehen.“ (Betriebsrat)<br />
Nach Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (März 1998) stellte sich den älteren Jahrgängen,<br />
die noch unter die Vertrauensschutzregelung fielen, das Problem <strong>der</strong> Rentenabschläge<br />
bei vorzeitigem Ruhestand noch nicht:<br />
„Das haben wir auch damals, als wir ’98 anfingen, gar nicht mit berücksichtigt. Weil,<br />
es waren ja die Leute, die hier die Vertrauensschutzregelung hatten: über 45 Jahre<br />
Pflichtbeiträge, die mit 60 ohne Abschläge in Rente gegangen sind. Ich sag mal, ’98<br />
94
95<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
haben sie uns damit überfallen. Die Leute haben uns überfallen <strong>und</strong> haben gesagt:<br />
„Jawohl, nach diesem System, das hätte ich gerne.“ Jetzt kommt es nach <strong>und</strong> nach<br />
so, dass die Kollegen sagen: „Mensch, da habe ich ja Abschläge in <strong>der</strong> Rente.“ Aber<br />
ich sagte ja eingangs, das ist auf freiwilliger Basis, <strong>und</strong> <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> dann diese<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> machen möchte, dem können wir auch gleich errechnen, wie viel<br />
Abschläge er in Rente hat. Und dann kann er sagen: „Jawohl, mache ich.“ O<strong>der</strong> aber,<br />
wir haben ja die Höchstlaufzeit von 60 Monaten, da könnte er rein theoretisch auch<br />
sagen: „Ich fange mit 60 einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag an, <strong>der</strong> endet dann eben mit 65,<br />
<strong>und</strong> ich habe keine Abschläge.“ Aber wir sagen auch, wenn ein 55-Jähriger zu uns<br />
kommt <strong>und</strong> sagt: „Ich möchte das!“, dann sagen wir dem aber auch: „Dann hast du<br />
18 Prozent Abschläge in Rente.“ Und dann ist es für ihn die Frage: Mach ich es, lass<br />
ich es bleiben, o<strong>der</strong> ich komme im nächsten Jahr noch mal. Daher die Freiwilligkeit.“<br />
(Betriebsrat)<br />
Dauer <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenabschläge von den jüngeren Jahrgängen<br />
gemäß ihrem jeweiligen Lebensalter „zögerlicher“ genutzt – <strong>der</strong> Beginn erfolgt in<br />
einem höheren Lebensalter: „Da sind die in <strong>der</strong> Tat zögerlicher. Die dann sagen, ich<br />
schieb den Beginn bis zum 57sten, 58sten, 59sten, den Beginn, um das weiter bis<br />
zu 65 Jahren zu schieben, um die Rentenabschläge noch zu minimieren, auf 7,2<br />
Prozent zum Beispiel mit 63 Jahren. Das ist das Hauptmotiv für den späteren Beginn,<br />
das Hauptmotiv sind die Abschläge in <strong>der</strong> Rente.“ (Betriebsrat)<br />
Die Personalabteilung hat uns für die abgeschlossenen <strong>Altersteilzeit</strong>verträge eine nach<br />
Geburtsjahrgängen geglie<strong>der</strong>te Liste (Stand: Mai 2003) zur Verfügung gestellt, in <strong>der</strong><br />
pro Einzelvertrag (ohne Namensnennung) die Daten für Beginn <strong>und</strong> Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
(incl. Ende <strong>der</strong> Arbeitsphase gemäß Bockmodell) enthalten sind. Auf dieser<br />
Basis konnten wir für die einzelnen Geburtsjahrgänge (keine Nennung des Geburtsmonats<br />
in <strong>der</strong> Liste) das Lebensalter kalkulieren, in dem die Beschäftigten jeweils die<br />
Arbeitsphase <strong>und</strong> die Freistellungsphase sowie den Rentenbezug beginnen – jeweils in<br />
Verbindung mit <strong>der</strong> jeweiligen Laufzeit ihres <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages.<br />
Die statistische Auswertung lässt eine Systematik in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
durch die Geburtsjahrgänge 1937 – 1945 erkennen, die zum einen durch die<br />
verän<strong>der</strong>ten Rahmenbedingungen (Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit), zum an<strong>der</strong>n durch die – betrieblich <strong>und</strong> gesellschaftlich geprägten<br />
– Vorstellungen über den „richtigen“ Zeitpunkt für das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben<br />
bestimmt sind.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Abbildung 5: Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Verbindung mit dem Lebensalter<br />
(Brauerei Beck & Co)<br />
Laufzeit 2 Jahre Laufzeit 3 Jahre Laufzeit 4 Jahre Laufzeit 5 Jahre<br />
Alter bei Beginn Alter bei Beginn Alter bei Beginn Alter bei Beginn<br />
ArbeitsphaseFreistellung<br />
Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />
Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />
Rente ArbeitsphaseFreistellung<br />
Rente<br />
Jahrgang<br />
1937<br />
(16 Fälle) 61<br />
13 Fälle<br />
62 63 61<br />
1 Fall<br />
62,5 64 61<br />
2 Fälle<br />
63 65 – – –<br />
Jahrgang<br />
1938<br />
(21 Fälle) 60<br />
16 Fälle<br />
61 62 60<br />
5 Fälle<br />
61,5 63 – – – – – –<br />
Jahrgang<br />
1939<br />
(25 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1940<br />
(40 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1941<br />
(25 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1942<br />
(32 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1943<br />
(16 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1944<br />
(23 Fälle)<br />
Jahrgang<br />
1945<br />
(14 Fälle)<br />
59<br />
60<br />
58<br />
59<br />
60<br />
61<br />
58<br />
59<br />
58<br />
59<br />
12 Fälle 9 Fälle 4 Fälle<br />
60 61 59 60,5 62 59 61 63 – – –<br />
61 62 60 61,5 63<br />
62 63,5 65<br />
26 Fälle 10 Fälle 4 Fälle<br />
59<br />
60<br />
61<br />
62<br />
60<br />
61<br />
62<br />
63<br />
58<br />
59<br />
59,5<br />
60,5<br />
61<br />
62<br />
96<br />
58<br />
59<br />
61<br />
60<br />
61<br />
63<br />
62<br />
63<br />
65<br />
– – –<br />
4 Fälle 12 Fälle 6 Fälle 3 Fälle<br />
59 60 57 58,5 60 57 59 61 57 59,5 62<br />
60 61 58,5 60 61,5 58 60 62<br />
60 61,5 63 59 60 61<br />
60 62 64<br />
61 63 65<br />
2 Fälle 3 Fälle 9 Fälle 18 Fälle<br />
59<br />
60<br />
60<br />
61<br />
57<br />
60<br />
58,5<br />
61,5<br />
60<br />
63<br />
56<br />
58<br />
59<br />
60<br />
58<br />
60<br />
61<br />
62<br />
60<br />
62<br />
63<br />
64<br />
56<br />
57<br />
58<br />
59<br />
60<br />
58,5<br />
59,5<br />
60,5<br />
61,5<br />
62,5<br />
1 Fall 3 Fälle 2 Fälle 10 Fälle<br />
56 57 58 55<br />
57<br />
60<br />
56,5<br />
58,5<br />
61,5<br />
58<br />
60<br />
63<br />
56<br />
59<br />
– – – – – – 56<br />
58<br />
– – – – – – 56<br />
57<br />
58<br />
61<br />
60<br />
63<br />
55<br />
56<br />
57<br />
58<br />
60<br />
57,5<br />
58,5<br />
59,5<br />
60,5<br />
62,5<br />
6 Fälle 17 Fälle<br />
58<br />
60<br />
60<br />
62<br />
55<br />
56<br />
57<br />
58<br />
57,5<br />
58,5<br />
59,5<br />
60,5<br />
3 Fälle 11 Fälle<br />
212 74 43 36 59<br />
Die Schwerpunkte <strong>der</strong> Phasen in den Fel<strong>der</strong>n sind unterstrichen.<br />
58<br />
59<br />
60<br />
61<br />
55<br />
56<br />
57<br />
58<br />
57,5<br />
58,5<br />
59,5<br />
60,5<br />
61<br />
62<br />
63<br />
64<br />
65<br />
60<br />
61<br />
62<br />
63<br />
65<br />
60<br />
61<br />
62<br />
63<br />
60<br />
61<br />
62<br />
63
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Jahrgänge 1937 <strong>und</strong> 1938 haben nach Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Betrieb<br />
(1. März 1998) als ältere Beschäftigte die Chance ergriffen, mehrheitlich die minimale<br />
Laufzeit von zwei Jahren zu wählen, um mit 61 o<strong>der</strong> 62 Jahren das Arbeitsleben<br />
beenden zu können (Rentenbezug mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren).<br />
„Der Regelfall ist in den letzten zwei, drei Jahren fünf Jahre Laufzeit. Als wir damit<br />
begonnen hatten, war <strong>der</strong> Regelfall zwei Jahre Laufzeit. Da gab es eben noch diese<br />
Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen, die noch eine Vertrauensschutzregelung hatten. Das<br />
heißt, einer <strong>der</strong> ´98 58 war, hat natürlich einen 2-Jahres-Zeitraum gewählt, klar, um<br />
schnell zu gehen, man hat die Abschläge damals nicht gehabt. Aber heute haben Sie<br />
sehr viele, die fünf Jahre wählen, o<strong>der</strong> die meisten eigentlich, die wollen fünf Jahre<br />
machen.“ (Betriebsrat)<br />
Bezogen auf die Lebensstrecke, die die Beschäftigten sich für die 5-jährige verblockte<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> aussuchen, „dominiert das Cluster 58 bis 63 Jahre“ (Leiter Personalmanagement)<br />
– mit <strong>der</strong> Absicht, mit ca. 60 Lebensjahren den „Abschied vom Arbeitsleben“<br />
zu nehmen, sowie mit dem Kalkül, die Rentenabschläge zu minimieren (7,2 %<br />
mit vollendetem 63. Lebensjahr).<br />
Beim Jahrgang 1939 überwiegt bei den <strong>Altersteilzeit</strong>verträgen gleichfalls die magische<br />
Zahl „60“ als Zeitpunkt des tatsächlichen (nicht: rechtlichen) Ausscheidens aus<br />
dem Betrieb. Bei diesem Jahrgang treten neben <strong>der</strong> zweijährigen Laufzeit zunehmend<br />
dreijährige Laufzeiten auf, mit denen <strong>der</strong> Rentenbeginn auf 62 – 63 Jahre gelegt wird<br />
(Einsetzen <strong>der</strong> Rentenabschläge/Beschäftigte ohne Vertrauensschutz).<br />
Beim Jahrgang 1940 dominieren gleichfalls noch zweijährige Laufzeiten gegenüber<br />
den dreijährigen Laufzeiten – mit dem Schwerpunkt von 59 <strong>und</strong> 60 Lebensjahren für<br />
das tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb. Damit hat sich das Durchschnittsalter,<br />
in dem die Beschäftigten ihr Arbeitsleben tatsächlich beenden, vom Jahrgang<br />
1937 bis zum Jahrgang 1940 von 62 bis zu 59 Jahren kontinuierlich abgesenkt. Die<br />
hohe Anzahl <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge im Jahrgang 1940 (40 Fälle) könnte dadurch<br />
sich erklären, dass die Beschäftigten mit Vertrauensschutz noch keine Rentenabschläge<br />
hinnehmen mussten (Versicherte <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge vor 1942, mindestens<br />
45 Jahre Pflichtbeiträge).<br />
Beim Jahrgang 1941 dominieren drei- <strong>und</strong> vierjährige Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />
– wie<strong>der</strong>um mit dem Schwerpunkt von 60 Lebensjahren für das tatsächliche<br />
Ausscheiden aus dem Betrieb. Gleichzeitig wird erkennbar, dass zunehmend mehr<br />
Beschäftigte ohne Vertrauensschutz – aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rentenabschläge bei vorzeitiger<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> Rente – den Zeitpunkt des Rentenbeginns „nach hinten“<br />
verlegen (62 bzw. 63 Jahre).<br />
Bei den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 kommen zwei- <strong>und</strong> dreijährige Laufzeiten <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>verträge kaum noch vor, es dominieren nunmehr vier- <strong>und</strong> fünfjährige<br />
Laufzeiten. Die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
„ohne Vertrauensschutz“ ist nunmehr (Jahrgang 1937 – Jahrgang 1941) voll „durchgereicht“.<br />
Ab Jahrgang 1942 müssen die Beschäftigten 18 Prozent dauerhafte<br />
97
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Rentenmin<strong>der</strong>ung hinnehmen, wenn sie mit 60 Lebensjahren die Rente vorzeitig in<br />
Anspruch nehmen. Damit wird gegenüber <strong>der</strong> vierjährigen zunehmend die fünfjährige<br />
Laufzeit von den Beschäftigten gewählt, beim Jahrgang 1943 schon wesentlich<br />
häufiger als beim Jahrgang 1942, um eine Streckung des Rentenbeginns bis zum<br />
vollendeten 63. Lebensjahr zu erreichen (7,2 % Rentenabschläge). Bei <strong>der</strong> 5-jährigen<br />
Laufzeit entfällt bei den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 jeweils exakt die Hälfte dieser<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>verträge auf die Lebensstrecke „58 – 60,5 – 63“ Jahre (Blockmodell).<br />
Bei den Jahrgängen 1944 <strong>und</strong> 1945 kommen zwei- <strong>und</strong> dreijährige Laufzeiten <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>verträge überhaupt nicht mehr vor; weiterhin überwiegen – wie schon bei<br />
den Jahrgängen 1942 <strong>und</strong> 1943 – die fünfjährigen deutlich gegenüber den vierjährigen<br />
Laufzeiten. In Verbindung mit dem Lebensalter dominiert bei <strong>der</strong> fünfjährigen<br />
Laufzeit die Lebensstrecke „57 – 59,5 – 62“ bzw. „58 – 60,5 – 63“ Jahre. Bei den<br />
Jahrgängen 1946 <strong>und</strong> 1947 lagen nur noch fünfjährige Laufzeiten vor (zusammen 12<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>verträge).<br />
Die magische Zahl „60“ hat sich offenbar bei den Beschäftigten als Zielpunkt ihres<br />
tatsächlichen „Abschieds vom Arbeitsleben“ etabliert. Die Streckung <strong>der</strong> Laufzeit des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages auf das (gemäß Tarifvertrag <strong>und</strong> Betriebsvereinbarung) zulässige<br />
Maximum von fünf Jahren ermöglicht es den Beschäftigten, die dauerhaften Rentenabschläge<br />
in noch vertretbaren Grenzen zu halten (Rentenbezug mit vollendetem 62.<br />
Lebensjahr (10,8 %) bzw. mit vollendetem 63. Lebensjahr (7,2 %). Der Anteil <strong>der</strong><br />
Betriebsrente am zu erwartenden Renteneinkommen dürfte bei einer langen Betriebszugehörigkeit<br />
<strong>der</strong> Brauerei-Beschäftigten diese Abschläge bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rente<br />
in etwa ausgleichen.<br />
Zusammenfassung<br />
Die hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Brauerei Beck & Co (Bremen) ist auch auf<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> eines relativ hohen Gehaltsniveaus zu sehen. Der Ecklohn (Lohngruppe<br />
4) eines Facharbeiters liegt bei 2500 Euro (Leiter Personalmanagement).<br />
„Die 100-Prozent-Gruppe, da sind also alle drinne, die weiter ausgebildet worden<br />
sind, bzw. die die ungelernt sind, die ist bei 4750 Mark Gr<strong>und</strong>lohn. Das Ende <strong>der</strong><br />
Fahnenstange ist im gewerblichen Bereich bei 5600 Mark. Das ist <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lohn,<br />
dazu kommen dann noch diese 25 Prozent Zulagen für Schichtarbeit.“ (Betriebsrat)<br />
Das relativ hohe Gehaltsniveau, die im höheren Lebensalter belastende Schichtarbeit,<br />
die vom Betrieb praktizierte „Freiwilligkeit“ <strong>der</strong> Inanspruchnahme von <strong>Altersteilzeit</strong> –<br />
wie auch <strong>der</strong> Verzicht des Betriebes auf eine Quotenregelung – führen zu einer<br />
umfassenden Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Brauerei-Beschäftigten<br />
(95 % <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge gemäß Aussage des Leiters Personalmanagement).<br />
„Sie müssen davon ausgehen, dieses <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz ist ja eine schöne Sache,<br />
wenn man das erstens auf freiwillige Füße stellt, wenn es zweitens keine Quotierung<br />
gibt. Und diese ganzen Dinge, <strong>Altersteilzeit</strong> zu machen, das können sich nur die<br />
großen Firmen leisten, also die Firma kann es sich leisten. Und dann müssen Sie sich<br />
98
99<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
mal das Gehaltsniveau angucken. VW, Beck’s, Mercedes, große Betriebe, die können<br />
sich das leisten, die haben auch ein hohes Gehaltsniveau. Jetzt gehe ich mal in den<br />
Einzelhandel <strong>und</strong> sage, eine Verkäuferin mit 3200 Mark, die sollte <strong>Altersteilzeit</strong><br />
machen, selbst mit den Werten, die wir haben, 85 Prozent, die kann sich das nicht<br />
leisten. Wenn Sie dann auch noch einen Tarifvertrag über die betriebliche Altersvorsorge<br />
haben, wo die betriebliche Altersvorsorge erst mit 65 ausgezahlt wird, dann<br />
kann es doch für die schon gar nicht möglich sein, in <strong>Altersteilzeit</strong> zu kommen,<br />
während das hier relativ problemlos ist. Hier muss man nicht bis 65 warten, bis die<br />
Betriebsrente ausgezahlt wird, hier wird die Betriebsrente fällig, sobald es eine<br />
gesetzliche Rente gibt, also schon mit 60 wird die Betriebsrente einsetzen, wenn<br />
einer mit 58 anfängt, zwei Jahre <strong>Altersteilzeit</strong> zu machen, <strong>und</strong> dann mit 60 die<br />
Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong> bezieht.“ (Betriebsrat)<br />
Aus beschäftigungspolitischer Sicht ist hervorzuheben, dass <strong>der</strong> Betrieb die Stellen <strong>der</strong><br />
über <strong>Altersteilzeit</strong> ausscheidenden Mitarbeiter umfassend wie<strong>der</strong> besetzt (sowohl mit<br />
Arbeitslosen als auch mit Ausgebildeten). Der Betrieb hat eine Ausbildungsquote von<br />
6 Prozent (Facharbeiter/Fachangestellte). Die vom Betrieb Ausgebildeten werden vom<br />
Betrieb weitgehend übernommen (Erstattung <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>Altersteilzeit</strong>leistungen<br />
durch das Arbeitsamt im Falle <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>besetzung).<br />
„Ja, als wir ´98 damit angefangen hatten, da hatten wir ja diese 1440 Mitarbeiter<br />
noch, <strong>und</strong> die haben wir heute auch. Das heißt, diese 200 Leute sind ersetzt worden,<br />
selbstverständlich dann aber auch durch die Jüngeren. Hier wird <strong>Altersteilzeit</strong> nicht<br />
für Personalabbau benutzt. Wir hatten hier, als wir damit begonnen hatten, im März<br />
98, wohl so 1440 Mitarbeiter, die haben wir heute auch. Das heißt, die 200, die,<br />
wenn Sie so wollen, nicht mehr im Betrieb sind, bzw. die jetzt nicht mehr in <strong>der</strong><br />
aktiven Phase sind, die sind ersetzt worden. Da hat sich nichts an <strong>der</strong> Gesamtzahl<br />
geän<strong>der</strong>t. Es mussten Neueinstellungen vorgenommen werden.“ (Betriebsrat)<br />
Weitere Informationen<br />
Brauerei Beck & Co<br />
Am Deich 18/19<br />
28199 Bremen<br />
Personalabteilung<br />
Herr Mailand<br />
Tel.: 0421 / 50 94 43 06<br />
Betriebsrat<br />
Herr Beneke<br />
Tel.: 0421 / 50 94 48 18
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
<strong>Teil</strong> III<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst des Landes Bremen<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Rahmenbedingungen<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen<br />
Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung<br />
100
Öffentlicher Dienst des Landes Bremen<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
101<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Im öffentlichen Dienst besaßen die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen mit dem „Tarifvertrag<br />
zur Regelung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ bereits ab dem 1. Mai 1998 Anspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>arbeit. Dieser Tarifvertrag enthielt sogar einen individuellen Rechtsanspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Eine Anspruchseinschränkung<br />
bestand darin, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber die <strong>Altersteilzeit</strong> verweigern konnte, „wenn<br />
dringende dienstliche o<strong>der</strong> betriebliche Gründe dagegen stehen“. Die Arbeitnehmer/innen<br />
hatten die üblichen Voraussetzungen zu erfüllen: Sie mussten das 55.<br />
Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren zurückgelegt haben,<br />
weiterhin mussten sie in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre lang vollzeitbeschäftigt<br />
gewesen sein. Das individuelle Nettoarbeitsentgelt muss zusammen mit<br />
<strong>der</strong> steuer- <strong>und</strong> sozialversicherungsfreien Aufstockungsleistung den Mindestnettobetrag<br />
von 83 Prozent des bisherigen Vollzeit-Nettoarbeitsentgeltes erreichen. Die<br />
Beiträge des Arbeitgebers an die Rentenversicherung werden gemäß <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Regelung auf 90 Prozent des Vollzeitarbeitsentgeltes angehoben. Die teilweise<br />
Kompensation für Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug fällt dagegen äußerst<br />
gering aus: Gemäß Tarifvertrag ATZ (Mai 1998) erhält ein/e Beschäftigte/r im<br />
öffentlichen Dienst für je 0,3 Prozent Rentenabschlag eine Abfindung von 5 Prozent<br />
des Entgelts im letzten Monat vor Ende <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Diese geringe Kompensation<br />
von Rentenabschlägen ist im neuen Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV<br />
erhalten geblieben (Jahr 2000).<br />
Im Gegensatz zu vielen Tarifverträgen von Industriegewerkschaften, die ausschließlich<br />
das Blockmodell vorgeben, zeichnet sich <strong>der</strong> Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV (Mai<br />
1998) bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit dadurch aus, dass während <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
alle Formen <strong>der</strong> Verteilung möglich sind. Außer dem tariflich geregelten<br />
langfristigen Blockmodell (maximale Dauer: bis zu zehn Jahren) können die Arbeitnehmer/innen<br />
auch an<strong>der</strong>e, den Vorschriften des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes entsprechende<br />
Gestaltungsformen wählen: Neben <strong>der</strong> traditionellen „Halbtagsbeschäftigung“ kann<br />
auch ein variables „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ gewählt werden, bei dem im täglichen, wöchentlichen,<br />
monatlichen o<strong>der</strong> jährlichen Rhythmus Arbeit <strong>und</strong> Freizeit einan<strong>der</strong> abwechseln.<br />
Diese Wahlmöglichkeit ist im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e<br />
2000 erhalten geblieben.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Regelung ist hervorzuheben, dass es den Gewerkschaften<br />
des öffentlichen Dienstes (ÖTV, DAG, usw.) in <strong>der</strong> Tarifr<strong>und</strong>e 2000 gelang, die<br />
Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes im Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong> zügig aufzunehmen.<br />
Während die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten gemäß dem 1. Gesetz zur Fortentwicklung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ab dem 1. Januar 2000 einen gesetzlichen Anspruch auf Altersteil-
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
zeit haben, haben gemäß Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV die <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten<br />
des öffentlichen Dienstes ab dem 1. Juli 2000 erstmals einen <strong>tarifliche</strong>n Anspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>. Die Laufzeit des Tarifvertrages zur <strong>Altersteilzeit</strong> ist im öffentlichen Dienst<br />
– im Gegensatz zu den Tarifverträgen in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft – unbefristet. Die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> kann weiterhin auf bis zu zehn Jahre verteilt werden. Die För<strong>der</strong>höchstdauer<br />
ist mit dem 2. Gesetz zur Fortentwicklung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> (in Kraft ab 1. Juli<br />
2000) von fünf auf sechs Jahre – <strong>und</strong> die Mindestnachbesetzungsdauer gleichfalls um<br />
ein Jahr von drei auf vier Jahre – erhöht worden. Selbst wenn keine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit über diesen Zeitraum hinweg erfolgt, haben die Arbeitnehmer/innen<br />
Anspruch auf die tarifvertraglich vereinbarten Aufstockungsbeträge für die<br />
gesamte Dauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnisses. Das <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis<br />
muss für die Dauer von mindestens zwei Jahren vereinbart werden, um den<br />
Anspruch auf die „Rente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ mit 60<br />
Jahren zu erwerben. Nach dem Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> ist es ansonsten aber auch<br />
möglich, eine kürzere Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> zu vereinbaren. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdehnung<br />
<strong>der</strong> Geltungsdauer des <strong>Altersteilzeit</strong>-Gesetzes (in Kraft ab 1. Juli 2000) vom<br />
31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009 muss demnach gemäß <strong>der</strong> aktuellen<br />
Gesetzeslage ein <strong>Altersteilzeit</strong>-Arbeitsverhältnis noch vor dem 1. Januar 2010<br />
beginnen. Damit wird den Beschäftigten <strong>und</strong> den Dienstvertragsparteien ein weiter<br />
Planungshorizont für die individuelle <strong>und</strong> betriebliche Personalentwicklung eingeräumt.<br />
Im öffentlichen Dienst des Landes Bremen bildet ausschließlich <strong>der</strong> Tarifvertrag<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> die Rechtsgr<strong>und</strong>lage für die Angestellten<br />
<strong>und</strong> Arbeiter/innen. Vom Gesamtpersonalrat wurde keine zentrale Regelung (Dienstvereinbarung)<br />
mit dem Arbeitgeber für diese Beschäftigten abgeschlossen.<br />
Rahmenbedingungen<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> „Haushaltsnotlage“ des Landes Bremen bilden „Personaleinsparungen“<br />
im öffentlichen Dienst eine zentrale Steuerungsgröße für die <strong>Entwicklung</strong> des Personalbestandes.<br />
Während im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 die Personalausgaben<br />
in den westlichen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n im Durchschnitt um 10 Prozent gestiegen sind, sind<br />
sie demgegenüber im Lande Bremen um 10 Prozent gesunken. Diese Senkung <strong>der</strong><br />
Personalausgaben beruht zu einem großen Anteil auf <strong>der</strong> Ausglie<strong>der</strong>ung von Betrieben<br />
<strong>und</strong> Son<strong>der</strong>haushalten aus dem Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung. Etwa seit<br />
1995 liegen die Personalausgaben auf nahezu konstantem Niveau – bei gleichzeitig<br />
rückläufigem Personalbestand im öffentlichen Dienst (Land Bremen).<br />
„Die Konstanz <strong>der</strong> Personalausgaben bedeutet, dass alle kostensteigernden Faktoren<br />
wie wachsende Versorgungsausgaben o<strong>der</strong> Tarif- <strong>und</strong> Besoldungserhöhungen vor<br />
allem durch die Reduzierungen des Beschäftigungsvolumens kompensiert werden.<br />
Darum war es erfor<strong>der</strong>lich, das Beschäftigungsvolumen gegenüber 1994 um 3.017<br />
Vollkräfte zu reduzieren. (...) Während das Sanierungsziel im Jahre 2000 voll erreicht<br />
wurde, bleiben bei <strong>der</strong> Realisierung personalwirtschaftlicher Ziele die Probleme <strong>der</strong><br />
Vorjahre weiterhin bestehen, auch wenn eine leichte Verbesserung eingetreten ist.<br />
102
103<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Das personalwirtschaftliche Ziel besteht darin, dass trotz Personalabbaus <strong>der</strong> Umfang<br />
von öffentlicher Beschäftigung <strong>und</strong> Ausbildung im gesamten „Konzern Bremen“ (nach<br />
Kopfzahlen) kostenneutral tendenziell aufrecht erhalten wird, unter Einsatz neuer<br />
personalwirtschaftlicher Instrumente sowie bei erheblichen Verän<strong>der</strong>ungen in den<br />
Strukturen <strong>und</strong> (auch tarifvertraglichen) Bedingungen von Beschäftigung <strong>und</strong> Ausbildung.<br />
Der Prozess <strong>der</strong> Haushaltskonsolidierung bedeutet demnach nicht nur eine<br />
sozialverträgliche Reduzierung <strong>der</strong> Personalausgaben, son<strong>der</strong>n vor allem auch die<br />
Sicherstellung beschäftigungs- <strong>und</strong> ausbildungspolitischer Effekte zur Revitalisierung<br />
des Personalkörpers im Konzern Freie Hansestadt Bremen.“ 40<br />
Als Kennzahl für die Messung <strong>der</strong> Zielerreichung wird die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten pro<br />
Beschäftigungsvolumen genommen. Zwischen 1993 <strong>und</strong> 1995 hat sich diese<br />
Kennzahl verschlechtert, seit 1996 wie<strong>der</strong> verbessert. Der Zuwachs <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitquote<br />
hat wesentlich zu dieser Verbesserung beigetragen, sie stieg zwischen 1995 <strong>und</strong><br />
2000 von 27,4 Prozent auf 32,5 Prozent. Dieser Anstieg wurde seit 1998 wesentlich<br />
durch die wachsende Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> verursacht.<br />
„Ein weiteres personalwirtschaftliches Ziel besteht in <strong>der</strong> Realisierung einer differenzierten<br />
<strong>und</strong> ausgewogenen Personalstruktur. Dazu dienen die Personalkennzahlen<br />
(...). Fünf Kennzahlen stehen hierbei im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, die im folgenden in <strong>der</strong> zeitlichen<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> im Soll-/Ist-Vergleich für das Jahr 2000 dargestellt werden<br />
sollen.“ 41<br />
Tabelle 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich insgesamt (in %)<br />
Personalstruktur 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000<br />
Alter unter 35 Jahren 16,3 15,6 15,2 14,6 14,2 13,7 13,0 12,7<br />
Alter über 55 Jahren 11,8 13,5 14,3 16,1 17,0 17,8 19,6 20,6<br />
Frauenquote 50,4 50,1 50,2 50,1 50,2 50,3 50,3 50,5<br />
<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte 27,8 27,4 27,4 27,8 28,5 28,6 30,7 32,5<br />
Schwerbehin<strong>der</strong>tenquote 5,7 5,6 5,6 5,8 5,9 6,0 5,9<br />
Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen Beschäftigten an den Beschäftigten ist konstant bei 50<br />
Prozent geblieben. Die <strong>Teil</strong>zeitquote <strong>der</strong> Beschäftigten ist von ca. 27 Prozent auf 32,5<br />
Prozent gestiegen. Der Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter von unter 35 Jahren ist<br />
40 Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, Personalentwicklung, Band I, Hrsg. vom Senator für Finanzen <strong>der</strong> Freien Hansestadt Bremen,<br />
Einleitung.<br />
41<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 5.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
kontinuierlich gesunken, während parallel dazu <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter<br />
von über 55 Jahren kontinuierlich gestiegen ist (von 11,8 % im Jahr 1993 auf<br />
20,6 % im Jahr 2000). Gemäß <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Behörde zeigt <strong>der</strong> Soll-Ist-<br />
Vergleich Diskrepanzen bei den Anteilen <strong>der</strong> jüngeren <strong>und</strong> älteren Beschäftigten des<br />
öffentlichen Dienstes auf (vgl. Tab. 2).<br />
Tabelle 2: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />
insgesamt (2000) (in %)<br />
Personalstruktur Soll Ist<br />
Alter unter 35 Jahren 16,0 12,7<br />
Alter über 55 Jahren 18,0 20,6<br />
Frauenquote 50,0 50,5<br />
<strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte 32,0 32,5<br />
Schwerbehin<strong>der</strong>tenquote 6,0 5,9<br />
Verteilung <strong>der</strong> Beschäftigten im Jahr 2000:<br />
„Von den 37.603 Mitarbeiter/innen entfielen 22.415 auf den Kernbereich <strong>der</strong><br />
bremischen Verwaltung, 2.290 auf die Betriebe, 4.302 auf die Son<strong>der</strong>haushalte, 81<br />
auf die Stiftungen des Öffentlichen Rechts, 102 auf die Bremer Entsorgungsbetriebe<br />
<strong>und</strong> 8.251 auf die Zentralkrankenhäuser. 40,4 Prozent aller Beschäftigten sind<br />
demnach in Organisationseinheiten tätig, die entwe<strong>der</strong> nach kaufmännischen Prinzipien<br />
geleitet <strong>und</strong> durch Wirtschaftspläne gesteuert werden o<strong>der</strong> zumindest im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Zuschussgewährung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte über eine erhöhte<br />
Autonomie im Haushaltsvollzug verfügen.“ 42<br />
Zwischen 1993 <strong>und</strong> 2000 ist die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten von 24.517 auf 20.911<br />
gesunken (Rückgang um 14,7 %), zwischen 1993 <strong>und</strong> 2001 ist <strong>der</strong> Personalbestand<br />
um 3.788 Personen gesunken (Rückgang um 15,5 %).<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur<br />
Die „restriktive Einstellungspraxis“ hat im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Verringerung des<br />
Beschäftigungsvolumens (PEP-Quote = 2 Proz./Jahr) im Sanierungszeitraum zur<br />
Alterung <strong>der</strong> Belegschaft geführt: Von 1993 bis 2001 ist das Durchschnittsalter <strong>der</strong><br />
Beschäftigten im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung von 44,5 Jahren auf 47,1<br />
Jahre gestiegen.<br />
42<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 12.<br />
104
105<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Das folgende Schaubild zeigt die Verschiebung <strong>der</strong> Alterskurve nach oben (Sanierungszeitraum<br />
1993 – 2000). Beide Kurven weisen jeweils zwei Gipfel mit einem<br />
dazwischen liegenden Tal auf: Der Geburtsjahrgang 1948 (im Jahre 1993 im Alter<br />
von 45 Jahren, im Jahre 2000 im Alter von 52 Jahren) bildet den ersten Gipfel, <strong>der</strong><br />
Geburtsjahrgang 1943 (im Jahre 1993 im Alter von 50 Jahren, im Jahre 2000 im<br />
Alter von 57 Jahren) bildet den zweiten Gipfel – dazwischen liegt das Tal mit dem<br />
Geburtsjahrgang 1945 (Geburtenrückgang nach Kriegsende): im Jahre 1993 im Alter<br />
von 48 Jahren <strong>und</strong> im Jahre 2000 im Alter von 55 Jahren.<br />
In den nächsten sieben Jahren (2003 – 2010) werden gemäß dem aktuellen Abgangsverhalten<br />
<strong>der</strong> älteren Beschäftigten die geburtenstarken Kriegsjahrgänge aus<br />
dem öffentlichen Dienst ausscheiden (2. Gipfel). Der erste Gipfel (Geburtsjahrgang<br />
1948) würde im Jahre 2010 (Alter von 62 Jahren) den Endpunkt einer mehr o<strong>der</strong><br />
min<strong>der</strong> stetig ansteigenden Kurve bilden – das absolute Gegenbild zu einer<br />
Gauß’schen Normalverteilung!<br />
Schaubild 1: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst<br />
(1993 <strong>und</strong> 2000)
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Altersstruktur im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 wird im<br />
Jahresbericht 2000 von <strong>der</strong> Behörde wie folgt kommentiert:<br />
„Auffallend ist die Schere auf <strong>der</strong> linken Seite <strong>der</strong> Kurve bis zum Alter von 48 Jahren.<br />
Dies ist ein eindeutiger Hinweis auf die Wirkungen einer restriktiven Einstellungspraxis<br />
<strong>der</strong> vergangenen Jahre gegenüber dem hohen Einstellungsniveau <strong>der</strong> 60er- <strong>und</strong> 70er-<br />
Jahre. Die Rechtsverlagerung <strong>der</strong> Kurve ist nicht auf ein verän<strong>der</strong>tes Abgangsverhalten<br />
zurückzuführen, son<strong>der</strong>n auf eine stärkere Besetzung <strong>der</strong> einzelnen Jahrgänge. Eine<br />
systematische Altersabhängigkeit <strong>der</strong> Abgänge beginnt mit 56 Jahren. Die Beschäftigten<br />
im öffentlichen Dienst werden im Durchschnitt immer älter. 1993 betrug das<br />
Durchschnittsalter 44,5 Jahre; 2000 ist es auf 46,8 Jahre angestiegen.“ 43<br />
Auch in <strong>der</strong> Sicht des Arbeitgebers bildet die Altersstruktur im öffentlichen Dienst „ein<br />
Problem“ 44 – Antworten zur Lösung dieses Problems werden im Jahresbericht 2000<br />
jedoch nicht gegeben, auch wenn die Notwendigkeit zur „Revitalisierung des Personalkörpers“<br />
hervorgehoben wird.<br />
Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigten nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (vgl. Schaubild 2)<br />
zeigt, dass im Jahre 2000 die Beschäftigten im Alter von unter 50 Jahren häufiger<br />
Frauen als Männer sind, während bei den Beschäftigten im Alter von über 50 Jahren<br />
die Männer gegenüber den Frauen überwiegen (Gipfel <strong>der</strong> männlichen Beschäftigten:<br />
57 Lebensjahre im Jahre 2000, demnach im Jahre 2003 bereits 60 Jahre alt).<br />
43<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 22.<br />
44 Vgl. den Artikel im Weser-Kurier von W. Gerling: „Auffälliger Reifegrad unter Staatsdienern“<br />
(27. Nov. 2002), in dem über die Vorstellung des Jahresberichtes 2001 berichtet wird:<br />
„Bürgermeister Perschau machte keinen Hehl daraus, dass die Altersstruktur „ein Problem“ sei –<br />
nicht zuletzt bei den Lehrkräften.“<br />
106
107<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 2: Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (2000)<br />
⎯◆⎯ männlich ⎯⎯ weiblich<br />
Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur nach den drei Statusgruppen (vgl. Schaubild 3)<br />
zeigt ein überraschendes Ergebnis: Das Problem <strong>der</strong> schiefen Altersverteilung ist in<br />
erster Linie ein „Beamtenproblem“ (Gipfel bei 51 – 52 Lebensjahren sowie bei 56 –<br />
57 Lebensjahren im Jahre 2000). Die Unkündbarkeit von Beamten nimmt dem<br />
öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die schiefe Altersverteilung in Richtung einer<br />
normalen Altersstruktur zu verän<strong>der</strong>n.<br />
„Die Altersstruktur <strong>der</strong> Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter ist relativ ausgewogen. Nur bei den<br />
Beamten ist eine relative „Überalterung“ zu verzeichnen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die<br />
männlichen Beamten. Ihr Durchschnittsalter beträgt 48,0 Jahre. Die hohe Zahl <strong>der</strong><br />
Beamten,die 44 Jahre o<strong>der</strong> älter sind, ist die Ursache für die zunehmende Fluktuation<br />
<strong>und</strong> die wachsenden Versorgungslasten.“ 45<br />
45<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 24.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 3: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Statusgruppen (2000)<br />
Schaubild 4: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen (2000)<br />
108
109<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen (Schaubild<br />
4) zeigt erhebliche Unterschiede zwischen den vier Laufbahngruppen: „Im<br />
gehobenen <strong>und</strong> höheren Dienst existiert eine ungünstige Altersverteilung. Dies gilt<br />
insbeson<strong>der</strong>e für die männlichen Bediensteten. Ihr Durchschnittsalter im gehobenen<br />
Dienst beträgt 49,0 Jahre <strong>und</strong> im höheren Dienst 52,5 Jahre. Dies zeigt, dass eine<br />
vordringliche Aufgabe des Personalmanagements in den nächsten zehn Jahren darin<br />
bestehen wird, die Führungsfunktionen des bremischen öffentlichen Dienstes neu zu<br />
besetzen (...) Die Altersstruktur <strong>der</strong> Bediensteten im mittleren Dienst ist ausgeglichen.<br />
Ihr Durchschnittsalter beträgt 42,5 Jahre.“ 46 Allein bei den Beschäftigten im mittleren<br />
Dienst überwiegen die unter-45-jährigen gegenüber den über-45-jährigen Beschäftigten,<br />
bei den Beschäftigten im gehobenen <strong>und</strong> im höheren Dienst überwiegen – mit<br />
ähnlichem Kurvenverlauf auf unterschiedlichem Niveau – massiv die über-45-jährigen<br />
„Bediensteten“ (vgl. Schaubild 4). Bei den Beschäftigten im gehobenen Dienst liegt<br />
das höchste Plateau zwischen zwei Gipfeln (48 <strong>und</strong> 52 Lebensjahre) <strong>und</strong> nach dem<br />
„Geburtenknick“ des Geburtsjahrgangs 1945 folgt nochmals ein – etwas niedrigerer –<br />
Gipfel (58 Lebensjahre). Ab 58 Jahren geht es dann „bergab“ (steiler Rückgang <strong>der</strong><br />
Kurve <strong>der</strong> älteren „Bediensteten“ des gehobenen Dienstes).<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigung<br />
Die Struktur <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit wird durch die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
zunehmend modifiziert. Während im öffentlichen Dienst von 1993 – 1998 die<br />
<strong>Teil</strong>zeitquote relativ konstant bei ca. 28 Prozent lag, ist sie seit Einführung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (Tarifvertrag <strong>Altersteilzeit</strong> gilt seit 1. Mai 1998) deutlich gestiegen – auf<br />
nunmehr ein Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />
Tabelle 3: Beschäftigte nach Vollzeit- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit (1993 bis 2000)<br />
Voll-/<strong>Teil</strong>zeit<br />
A n z a h l<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000<br />
insgesamt 24.517 24.044 23.400 23.017 22.522 21.918 21.442 20.911<br />
davon:<br />
Vollzeitbesch. 17.702 17.466 16.999 16.624 16.111 15.659 14.852 14.105<br />
<strong>Teil</strong>zeitbesch. 6.815 6.578 6.401 6.393 6.411 6.259 6.590 6.806<br />
<strong>Teil</strong>zeit-Quote 27,8 % 27,4 % 27,4 % 27,8 % 28,5 % 28,6 % 30,7 % 32,5 %<br />
46<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 24 f.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Bei den Vollzeitbeschäftigten ist im Sanierungszeitraum 1993 – 2000 die Anzahl <strong>der</strong><br />
Beschäftigten beständig gesunken, bei den <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten ist von 1993 bis<br />
1998 gleichfalls ein Personalabbau zu verzeichnen, nach <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
steigt jedoch die Anzahl <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten auf ca. 6.800 Personen im<br />
Jahre 2000 (<strong>und</strong> erreicht damit wie<strong>der</strong> das Ausgangsniveau des Jahres 1993). Der<br />
Anstieg <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeit-Quote ist demnach dem Wechsel von älteren Vollzeit-Beschäftigten<br />
in <strong>Altersteilzeit</strong> geschuldet.<br />
„Der Anteil <strong>der</strong> teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter/innen ist zwischen 1993 <strong>und</strong> 2000<br />
von 27,8 Prozent auf 32,5 Prozent angestiegen. Er betrug 1999 bei den Län<strong>der</strong>n<br />
23,8 Prozent, bei den Gemeinden 29,8 Prozent, bei den Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Gemeinden 26<br />
Prozent. In Bremen ist dieser Anteil relativ hoch; vor allem wenn bedacht wird, dass<br />
<strong>der</strong> gesamte Hochschul- <strong>und</strong> Kliniksektor mit in <strong>der</strong> Regel höheren <strong>Teil</strong>zeitanteilen<br />
fehlt. Sehr ausgeprägt ist die geschlechtsspezifische Verteilung. Etwas mehr als die<br />
Hälfte aller Mitarbeiterinnen sind teilzeitbeschäftigt. Die <strong>Teil</strong>zeitquote <strong>der</strong> männlichen<br />
Beschäftigten liegt bei 10,4 Prozent <strong>und</strong> ist im Vergleich zum Vorjahr, begünstigt<br />
durch die Effekte <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, um 2,4 Prozentpunkte angestiegen.“ 47<br />
Bei den Angestellten im öffentlichen Dienst des Landes Bremen beträgt die <strong>Teil</strong>zeit-<br />
Quote im Durchschnitt 40 Prozent, bei den Beamten <strong>und</strong> Richtern im Durchschnitt<br />
22 Prozent (Jahr 2000). Im Gegensatz zur „Vollzeitkultur“ <strong>der</strong> männlich dominierten<br />
Industriebetriebe besteht im öffentlichen Dienst (Frauen-Quote = 50 %) eine ausgeprägte<br />
„<strong>Teil</strong>zeitkultur“: Ab 25 Lebensjahren steigt mit zunehmendem Lebensalter die<br />
<strong>Teil</strong>zeit-Quote bis zum 45. Lebensjahr – mit gewissen Ausschlägen – tendenziell an:<br />
von ca. 10 Prozent bis auf ca. 40 Prozent (vgl. Schaubild 5). Diese Zunahme <strong>der</strong><br />
<strong>Teil</strong>zeitarbeit dürfte weitgehend mit <strong>der</strong> Familienphase im Lebenslauf <strong>der</strong> weiblichen<br />
Beschäftigten korrespondieren. Vom 45. bis zum 54. Lebensjahr sinkt die <strong>Teil</strong>zeit-<br />
Quote von ca. 40 Prozent auf ca. 25 Prozent: Dieser altersbedingte Rückgang <strong>der</strong><br />
<strong>Teil</strong>zeit-Quote liegt v. a. an dem sinkenden Anteil <strong>der</strong> Frauen an den älteren Beschäftigten.<br />
Ab dem 55. Lebensjahr – also mit dem Mindestalter für den Einstieg in die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> – steigt wie<strong>der</strong> die <strong>Teil</strong>zeit-Quote (Gipfel: 60 – 61 Lebensjahre), nach<br />
diesem Gipfel (<strong>Teil</strong>zeit-Quote: ca. 47 %) sinkt sie in <strong>der</strong> Tendenz (Ausscheiden von<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten ).<br />
Das Problem <strong>der</strong> alternden Belegschaft wird also durch den Übergang von vielen<br />
älteren Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> zumindest teilweise „entschärft“.<br />
47<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 25.<br />
110
Schaubild 5: Anteil <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten an den Beschäftigten<br />
nach Lebensjahren (2000)<br />
111<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Behörde (Referat 32) für das Jahr 2000 zeigt, dass bereits<br />
gegenüber dem Vorjahr (1999) eine erhebliche Steigerung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle zu<br />
verzeichnen ist: Im Jahre 1999 haben insgesamt 535 Personen die <strong>Altersteilzeit</strong> in<br />
Anspruch genommen (78 % dieser Personen haben das Blockmodell <strong>und</strong> 22 % das<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell gewählt), im Jahre 2000 haben bereits 865 Personen die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
in Anspruch genommen (80 % haben das Blockmodell <strong>und</strong> 20 % das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />
gewählt). Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben gemäß Tarifvertrag zur<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> (1998) die Möglichkeit, zwischen Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell zu wählen.<br />
„Mit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>, die 1998 für die Arbeitnehmer <strong>und</strong> mit Wirkung zum<br />
01. April 1999 auch für den Beamtenbereich eingeführt wurde, steht für den gesamten<br />
Öffentlichen Dienst ein neues personalwirtschaftliches Instrument zur Regelung<br />
des Abgangsverhaltens zur Verfügung.“ 48 Unabhängig von den beiden Modellen <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> „bleiben die Beschäftigten während des gesamten Zeitraums <strong>der</strong> Alters-<br />
48<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 28.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
teilzeit als <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigte im Beschäftigungsverhältnis, die Ausgaben für die<br />
Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> betragen während dieser Zeit rd. 70 Prozent <strong>der</strong><br />
vorherigen Ausgaben.“ 49<br />
Waren Ende 1999 von den 417 im Blockmodell Beschäftigten erst 7 Personen in <strong>der</strong><br />
Freistellungsphase (1,7 %), so befanden sich Ende 2000 von den 689 im Blockmodell<br />
Beschäftigten bereits 88 Personen in <strong>der</strong> Freistellungsphase (12,7 %).<br />
Während die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> Beschäftigten im Alter von 55 bis zu 64 Jahren<br />
Ende 1999 lediglich 10,4 Prozent betrug, ist diese <strong>Altersteilzeit</strong>quote Ende 2000<br />
bereits auf 17,4 Prozent angestiegen. Während <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beamten an den<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>fällen Ende 1999 ca. 74 Prozent betrug, ist dieser Anteil Ende 2000<br />
bereits auf 80 Prozent angestiegen. Dieser hohe Anteil <strong>der</strong> Beamten an <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
wird auf die hohe Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch das Lehrpersonal zurückgeführt.<br />
Tabelle 4: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (2000)<br />
Alter<br />
Blockmodell<br />
Aktiv Abwesend<br />
A L T E R S T E I L Z E I T<br />
112<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell Insgesamt<br />
55 35 3 12 50<br />
56 96 2 16 114<br />
57 106 - 22 128<br />
58 91 10 24 125<br />
59 86 36 20 142<br />
60 75 12 29 116<br />
61 69 13 25 107<br />
62 31 12 20 63<br />
63 11 - 6 17<br />
64 1 - 1 2<br />
65 - - 1 1<br />
Insgesamt 601 88 176 865<br />
Betrachtet man das Lebensalter, in dem die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes<br />
sich (im Jahre 2000) in <strong>Altersteilzeit</strong> befanden, so zeigt sich, dass die Lebensjahre<br />
von 56 bis zu 61 Jahren den Schwerpunkt <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle ausmachen (pro<br />
Lebensjahr mehr als 100 Personen). Aus dieser Statistik ist noch nicht ersichtlich,<br />
über welche Laufzeit die jeweilige <strong>Altersteilzeit</strong>phase dieser Personen sich erstreckt.<br />
49<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 28.
113<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (Jahr<br />
2000) zeigt gleichfalls, dass die Beschäftigten im Alter von 58 bis zu 62 Lebensjahren<br />
überdurchschnittlich von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen (Durchschnitt <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>quote = 17,4 %), wobei <strong>der</strong> höchste Wert (31,3 %) im 61. Lebensjahr<br />
erreicht wird (vgl. Tab. 5). Auch hier gilt, dass in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Laufzeit des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages die Altersverteilung sich weiter „nach oben“ verschieben kann,<br />
während gleichzeitig „von unten“ (ab 55. Lebensjahr) neue Jahrgänge in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
nachrücken.<br />
Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist weiter gestiegen: Vom zuständigen Leiter<br />
des Referates Personalcontrolling <strong>und</strong> Personalplanung des Senators für Finanzen sind<br />
auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer Bremen (Mai 2002) die folgenden<br />
Zahlen genannt worden (Durchschnittswerte von <strong>Altersteilzeit</strong>fällen pro Jahr; diese<br />
Zahlen fallen wegen des unterschiedlichen Abgangsverhaltens im Jahresverlauf etwas<br />
an<strong>der</strong>s aus als die in den Jahresberichten jeweils für das Jahresende genannten<br />
Zahlen): 522 Personen befanden sich im Durchschnitt im Jahre 1999 in <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />
im Jahre 2000 bereits 682 Personen <strong>und</strong> im Jahre 2001 lagen sogar insgesamt<br />
1417 <strong>Altersteilzeit</strong>fälle vor. Welche Zahlen man auch immer nimmt: Die Inanspruchnahme<br />
von <strong>Altersteilzeit</strong> steigt – auf dem Hintergr<strong>und</strong> des hohen Lebensalters<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> höheren Beamten – unaufhörlich an!<br />
Tabelle 5: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (2000)<br />
Alter<br />
Beschäftigte insges. <strong>Altersteilzeit</strong> insges. <strong>Altersteilzeit</strong>quote<br />
männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich insgesamt<br />
55 372 296 26 24 7,0 % 8,1 % 7,5 %<br />
56 471 348 83 31 17,6 % 8,9 % 13,9 %<br />
57 522 360 96 32 18,4 % 8,9 % 14,5 %<br />
58 392 294 82 43 20,9 % 14,6 % 18,2 %<br />
59 368 252 85 57 23,1 % 22,6 % 22,9 %<br />
60 290 190 79 37 27,2 % 19,5% 24,2 %<br />
61 229 113 79 28 34,5 % 24,8 % 31,3 %<br />
62 170 87 41 22 24,1 % 25,3 % 24,5 %<br />
63 98 42 10 7 10,2 % 16,7 % 12,1 %<br />
64 53 21 1 1 1,9 % 4,8 % 2,7 %<br />
65 4 3 0 1 0,0 % 33,3 % 14,3 %<br />
Insgesamt 2.969 2.006 582 283 19,6 % 14,1 % 17,4 %
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Tabelle 6: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Statusgruppen (2000)<br />
Alter<br />
Beamte<br />
Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Angestellte Arbeiter Summe<br />
55 42 8 - 50<br />
56 95 17 2 114<br />
57 103 22 3 128<br />
58 102 22 1 125<br />
59 91 40 11 142<br />
60 90 22 4 116<br />
61 93 11 3 107<br />
62 60 3 - 63<br />
63 16 1 - 17<br />
64 2 - - 2<br />
65 1 - - 1<br />
Insgesamt 695 146 24 865<br />
Der Anteil <strong>der</strong> Beamten an den Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> fällt mit 695 Beschäftigten<br />
am höchsten aus (80,3 %). „Dieser Anteil ist auf die hohe Zahl <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>fälle<br />
aus dem Lehrpersonal zurückzuführen; hier waren Ende 2000 345 <strong>Altersteilzeit</strong>fälle<br />
zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass im Arbeitnehmerbereich durch<br />
vorangegangene Regelungen, wie die 58er-Regelung, bereits potentielle <strong>Altersteilzeit</strong>kandidaten<br />
ausgeschieden sind.“ 50<br />
Im öffentlichen Dienst des Landes Bremen konnten die Angestellten <strong>und</strong> Arbeiter/innen<br />
weiterhin mit <strong>der</strong> sog. 58er-Regelung vorzeitig aus ihren Arbeitsverhältnissen<br />
ausscheiden: „Durch eine mit dem Gesamtpersonalrat am 27. Mai 1994 getroffene<br />
Vereinbarung sind Möglichkeiten für eine einvernehmliche vorzeitige Beendigung von<br />
Arbeitsverhältnissen in Verbindung mit einer Absicherung <strong>der</strong> ausscheidenden<br />
Mitarbeiter/innen durch Arbeitslosengeld <strong>und</strong> Rente (58er-Regelung) geschaffen <strong>und</strong><br />
in den Folgejahren wie<strong>der</strong>holt neu aufgelegt worden. Nach <strong>der</strong> o.g. Vereinbarung<br />
konnten Angestellte <strong>und</strong> Arbeiter, die mindestens 58 Jahre alt sind, bei Vorliegen<br />
bestimmter Voraussetzungen unter Zahlung einer Abfindung (Überbrückungshilfe)<br />
vorzeitig aus ihren Arbeitsverhältnissen ausscheiden.“ 51 Insgesamt sind im Jahre<br />
2000 138 Beschäftigte aufgr<strong>und</strong> dieser Regelung ausgeschieden (ca. 20 % Angestellte<br />
<strong>und</strong> ca. 80 % Arbeiter/innen).<br />
Die Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist in den einzelnen Personalgruppen unterschiedlich<br />
ausgeprägt (vgl. Tabelle 7): Über dem Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>quote (17,4<br />
%/Jahr 2000) liegen das Strafvollzugspersonal (25 %), das Lehrpersonal (25 %)<br />
50<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 29.<br />
51<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 35.<br />
114
115<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
sowie das Steuerpersonal (27 %). Betrachtet man die Personalgruppen, die die<br />
höchsten Beschäftigtenzahlen von <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten aufweisen,<br />
nämlich das Lehrpersonal mit ca. 2000 Personen sowie das Verwaltungspersonal mit<br />
nicht ganz 1100 Personen, dann machen die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten aus diesen<br />
beiden Personalgruppen 77 Prozent aller <strong>Altersteilzeit</strong>fälle im öffentlichen Dienst aus<br />
(während die Beschäftigten aus dem Verwaltungs- <strong>und</strong> Lehrpersonal im Alter von 55<br />
bis zu 65 Jahren insgesamt nur 62 Prozent aller Beschäftigten dieser Altersgruppe im<br />
öffentlichen Dienst bilden).<br />
Während das <strong>Teil</strong>zeitmodell insgesamt von 20 Prozent aller in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />
gewählt wurde (Jahr 2000), weist das Lehrpersonal eine überdurchschnittliche<br />
Inanspruchnahme (28 %) des <strong>Teil</strong>zeitmodells auf.<br />
Tabelle 7: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Personalgruppen <strong>und</strong> Form des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>modells (2000)<br />
in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Alters- Beschäftigte<br />
Personalgruppe<br />
Blockmodell <strong>Teil</strong>zeitinsgeteilzeit- zw.55 u.65 J.<br />
Aktiv Abwesend modellsamt Quote insgesamt<br />
Verwaltungspersonal 111 29 21 161 14,8 % 1.087<br />
Polizei 1 1 2 0,6 % 347<br />
Feuerwehr 9 9 18 18,6 % 97<br />
Justizpersonal/ordentl. Gerichte 21 2 2 25 11,4 % 219<br />
Strafvollzugspersonal 8 2 10 25,0 % 40<br />
Lehrpersonal 345 16 143 504 25,2 % 1.997<br />
Erziehungspersonal 4 2 2 8 8,2 % 98<br />
Technisches Personal 21 6 1 28 14,7 % 190<br />
Steuerpersonal 37 4 3 44 27,0 % 163<br />
Raumpflegerinnen 0,0 % 271<br />
Sonstige Personalgruppen 44 17 4 65 13,9 % 466<br />
insgesamt 601 88 176 865 17,4 % 4.975<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> im öffentlichen Dienst<br />
Zum Zeitpunkt unserer Erhebung im öffentlichen Dienst (Ende 2001/Anfang 2002)<br />
hat das Referat 32 auf unseren Wunsch hin eine statistische Auswertung zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
im bremischen öffentlichen Dienst vorgenommen. Diese Auswertung beruht<br />
auf den Gehaltsdaten (Nov. 2001). Im Gegensatz zur Auswertung im Jahresbericht<br />
2000, welche ausschließlich das Personal im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
enthält, umfasst diese Auswertung nicht nur das Personal dieses Kernbereiches,<br />
son<strong>der</strong>n auch das Personal <strong>der</strong> Betriebe (ohne Zentralkrankenhäuser <strong>und</strong> ohne<br />
Bremer Entsorgungsbetriebe), sowie das Personal <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>haushalte <strong>und</strong> <strong>der</strong>
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Stiftungen des öffentlichen Rechts. Damit ergibt sich eine größere Gr<strong>und</strong>gesamtheit:<br />
Waren Ende 2000 im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung insgesamt 4.975<br />
Beschäftigte im Alter zwischen 55 <strong>und</strong> 65 Jahren, so waren Ende 2001 unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> weiteren Bereiche insgesamt 6.385 Beschäftigte in dieser<br />
Altersgruppe, die den Kreis <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten bildet. Betrug die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> älteren Beschäftigten im Kernbereich (Ende 2000) im Durchschnitt<br />
17,4 Prozent, so beträgt sie (allerdings nahezu ein Jahr später: Nov. 2001)<br />
unter Einschluss <strong>der</strong> weiteren Bereiche im Durchschnitt 25,1 Prozent. Die Anzahl <strong>der</strong><br />
Beschäftigten in <strong>Altersteilzeit</strong> fällt im weiteren Bereich des öffentlichen Dienstes mit<br />
1.603 Personen (Nov. 2001) fast doppelt so hoch aus wie im Kernbereich <strong>der</strong><br />
öffentlichen Verwaltung (Ende 2000: 865 Personen).<br />
Damit ergeben sich nicht nur an<strong>der</strong>e Niveaus in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n auch an<strong>der</strong>e Strukturen – mit Blick auf das Alter <strong>und</strong> das Geschlecht <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten im öffentlichen Dienst: Während im engeren Personalbereich<br />
(Ende 2000) die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong> männlichen Beschäftigten (19,6 %)<br />
deutlich über <strong>der</strong> <strong>der</strong> weiblichen Beschäftigten (14,1 %) lag, lässt sich im weiteren<br />
Personalbereich (Nov. 2001) dagegen eine etwas höhere <strong>Teil</strong>nahme <strong>der</strong> weiblichen<br />
Beschäftigten an <strong>Altersteilzeit</strong> (27 %) gegenüber <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> männlichen<br />
Beschäftigten (24 %) feststellen.<br />
Wie <strong>der</strong> Blick auf die folgende Tabelle zeigt, konzentriert sich die Nutzung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> auf die Jahrgänge vom 57. bis zum 62. Lebensjahr. Mit 55 <strong>und</strong> 56<br />
Lebensjahren wechseln noch nicht so viele Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong>, vom 57. bis<br />
zum 58. Lebensjahr befindet sich bereits ein Viertel <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>, vom 60. bis zum 62. Lebensjahr befindet sich sogar ein Drittel <strong>der</strong><br />
Anspruchsberechtigten in <strong>Altersteilzeit</strong>, mit dem 63. Lebensjahr wird – sowohl<br />
absolut als auch relativ betrachtet – eine Zäsur erkennbar (Ausscheiden aus dem<br />
öffentlichen Dienst).<br />
Das durchschnittliche geplante Abgangsalter <strong>der</strong> aktuell in <strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten<br />
beträgt ca. 63 Jahre, das durchschnittliche tatsächliche Abgangsalter <strong>der</strong> bisher in<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> Beschäftigten (Nov. 2001) beträgt demgegenüber nur ca. 61 Jahre<br />
(Ausscheiden nach <strong>Altersteilzeit</strong>, Erreichen <strong>der</strong> Altersgrenze, Dienst-, Berufs- o<strong>der</strong><br />
Erwerbsunfähigkeit, 62 Jahre flexible Altersgrenze als wichtigste Abgangsgründe).<br />
Die durchschnittliche geplante Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> beträgt ca. 6 Jahre (kein<br />
Unterschied zwischen männlichen <strong>und</strong> weiblichen <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten). Diese<br />
geplante Laufzeit liegt bei den Beamten im Durchschnitt bei 6 ½ Jahren, bei den<br />
Angestellten bei 5 ¹/3 Jahren (bei den Arbeitern nur bei 4,2 Jahren).<br />
Das von den <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten geplante Abgangsalter (Ausscheiden aus dem<br />
öffentlichen Dienst) liegt im Durchschnitt bei 63 – 64 Lebensjahren (Männer: 64,0<br />
Jahre, Frauen: 63,5 Jahre). Hinter dieser Planung steht die Kalkulation, die Rentenabschläge<br />
zu minimieren. Die geplante Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase ist zudem vom<br />
jeweiligen Lebensalter <strong>der</strong> Beschäftigten beim Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> abhängig: die<br />
116
117<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
älteren Beschäftigten wählen eine kürzere Dauer, die jüngeren dagegen eine längere<br />
Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase. Beiden Gruppen steht gleichwohl als Zielpunkt ihres<br />
tatsächlichen – nicht rechtlichen – Ausscheidens aus dem aktiven Berufsleben<br />
(Blockmodell) die magische Zahl „60“ vor Augen: Bei einer sechsjährigen Laufzeit des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (Beginn <strong>der</strong> Arbeitsphase mit 57 Lebensjahren, Beginn <strong>der</strong><br />
Freistellungsphase mit 60 Lebensjahren, Beginn des Rentenbezugs mit 63 Lebensjahren)<br />
beenden die Beschäftigten faktisch ihre Berufstätigkeit mit 60 Jahren. Bisher<br />
betrug das durchschnittliche Lebensalter, in dem die Beschäftigten des öffentlichen<br />
Dienstes in den Ruhestand traten (ohne <strong>Altersteilzeit</strong>) 60 Jahre. Damit orientieren<br />
sich die meisten <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten im öffentlichen Dienst hinsichtlich ihres<br />
tatsächlichen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst (mit 60 Jahren) weiterhin an <strong>der</strong><br />
bisherigen Praxis des Übergangs in den Ruhestand. Gleichzeitig können sie durch die<br />
Streckung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase (Blockmodell) die Rentenabschläge in vertretbaren<br />
Grenzen halten.<br />
Obwohl die Auswertung keine Kombination <strong>der</strong> Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />
mit dem jeweiligen Lebensalter <strong>der</strong> Beschäftigten (Alter beim Anfang <strong>und</strong> beim Ende<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase) enthält, lässt sich aus <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge<br />
nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht die Folgerung ziehen, dass die Beschäftigten im Alter von<br />
56 bis zu 61 Jahren den Schwerpunkt <strong>der</strong> bestehenden <strong>Altersteilzeit</strong>verträge bilden<br />
(von den 1.603 <strong>Altersteilzeit</strong>fällen befinden sich 194 Personen bereits in <strong>der</strong> Freistellungsphase,<br />
von 1.603 <strong>Altersteilzeit</strong>fällen sind 192 Personen im Alter von 62 u.<br />
m. Jahren; diese beiden Personengruppen dürften weitgehend identisch sein).<br />
„Insgesamt ist es so, dass das Blockmodell in <strong>der</strong> Regel sehr viel stärker genutzt wird<br />
als das <strong>Teil</strong>zeitmodell, <strong>und</strong> zwar hauptsächlich deswegen, weil die <strong>Altersteilzeit</strong><br />
eigentlich als eine Maßnahme des geplanten Ausscheidens begriffen wird. Ein 55-<br />
Jähriger überlegt sich halt, zu welchem Zeitpunkt er ausscheiden will, <strong>und</strong> wählt dann<br />
entsprechend das Blockmodell. Ich glaube, das ist das Hauptmotiv, darum wird das<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell so selten genutzt im großen Ganzen.“ (Referatsleiter)<br />
Die Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages wird von den Beschäftigten in Verbindung mit<br />
ihrem Lebensalter <strong>und</strong> ihrer Kalkulation <strong>der</strong> Rentenabschläge bestimmt: „Die meisten<br />
wählen Blockmodelle, <strong>und</strong> wenn einer mit 58 <strong>Altersteilzeit</strong> zum Beispiel macht,<br />
überlegt er es sich sehr genau, wegen <strong>der</strong> Rentenversicherung bei Angestellten, ob er<br />
seine Phasen nicht so legt, dass er dann mit 65 ausscheidet ohne Rentenabschläge<br />
zu bekommen, <strong>und</strong> Beamte, wenn sie es wählen, tun das genau so. Also, die dann<br />
quasi kalkulieren, also welche Versorgungsabschläge sind sie eigentlich bereit, in Kauf<br />
zu nehmen, <strong>und</strong> wählen dadurch die Dauer <strong>der</strong> Phasen.“ (Referatsleiter)
118<br />
Alter<br />
Tabelle 8: <strong>Altersteilzeit</strong> nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht (Nov. 2001)<br />
BESCHÄFTIGTE INSGESAMT DAVON: IN ALTERSTEILZEIT ALTERSTEILZEITQUOTE<br />
männlich weiblich insges. männlich weiblich insges. männlich weiblich insges.<br />
55 471 390 861 72 69 141 15,3 % 17,7 % 16,4 %<br />
56 472 343 815 78 100 178 16,5 % 29,2 % 21,8 %<br />
57 589 425 1.014 143 111 254 24,3 % 26,1 % 25,0 %<br />
58 612 394 1.006 140 119 259 22,9 % 30,2 % 25,7 %<br />
59 475 314 789 122 95 217 25,7 % 30,3 % 27,5 %<br />
60 389 254 643 127 79 206 32,6 % 31,1 % 32,0 %<br />
61 330 168 498 111 45 156 33,6 % 26,8 % 31,3 %<br />
62 282 101 383 94 35 129 33,3 % 34,7 % 33,7 %<br />
63 173 61 234 38 13 51 22,0 % 21,3 % 21,8 %<br />
64 96 35 131 7 4 11 7,3 % 11,4 % 8,4 %<br />
65 7 4 11 0 1 1 0,0 % 25,0 % 9,1 %<br />
Insgesamt 3.896 2.489 6.385 932 671 1.603 23,9 % 27,0 % 25,1 %<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch einzelne Personalgruppen<br />
119<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird jeweils von einem Drittel des Lehrpersonals sowie des Steuerpersonals<br />
in Anspruch genommen (Nov. 2001). Das Verwaltungspersonal entspricht<br />
mit einem Viertel <strong>der</strong> durchschnittlichen <strong>Altersteilzeit</strong>quote (25 %) <strong>der</strong> anspruchsberechtigten<br />
Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die hohe Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> durch das Lehrpersonal ist auf dem Hintergr<strong>und</strong> des hohen Durchschnittsalters<br />
<strong>der</strong> Lehrkräfte zu sehen (zur Zeit: 52 Jahre insgesamt, bei den Studienräten<br />
an Gymnasien sogar 54 Jahre). Wie das Schaubild zeigt, lag <strong>der</strong> höchste<br />
Wert (nach Lebensjahren) bei den Lehrkräften im Jahre 2000 bei exakt 50 Jahren.<br />
Schaubild 6: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppe Lehrpersonal<br />
(2000)<br />
Diese Lehrkräfte sind jetzt im Durchschnitt 52 Jahre alt. Die stark besetzten älteren<br />
Jahrgänge nutzen ab 55 Lebensjahren zunehmend die <strong>Altersteilzeit</strong> als Brücke zum<br />
Ruhestand. Der Wechsel in <strong>Altersteilzeit</strong> kann unter Umständen eine Alternative zur<br />
häufig beanspruchten Dienstunfähigkeit bilden. 52 So sind im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Verwaltung die Abgänge aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dienst-, Berufs- o<strong>der</strong> Erwerbsunfähigkeit<br />
52 Das Erlanger Institut für Arbeitsmedizin hat in einer Studie ermittelt, dass von 7100 Beamten, die<br />
zwischen 1994 <strong>und</strong> 1999 im Freistaat Bayern einen Antrag auf Dienstunfähigkeit gestellt hatten, 63<br />
Prozent Lehrer waren, die im Durchschnitt 54 Jahre alt waren – <strong>und</strong> schon am Ende ihrer Berufslaufbahn.<br />
Die meisten Antragsteller litten unter Depressionen <strong>und</strong> Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 78<br />
Prozent <strong>der</strong> Anträge auf Dienstunfähigkeit sind genehmigt worden. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom<br />
24./25. Mai 2003, Seite 2.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
von 1993 (291 Personen) bis 1998 (194 Personen) zwar gesunken, jedoch folgte<br />
1999 ein sprunghafter Anstieg auf 250 Abgänge (insbeson<strong>der</strong>e im Bereich des<br />
Lehrpersonals). Im Jahre 2000 hat die Anzahl <strong>der</strong> Abgänge aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dienst-,<br />
Berufs- o<strong>der</strong> Erwerbsunfähigkeit sich drastisch auf 326 Personen erhöht (im Jahre<br />
2000 bestand für Beamte noch die Möglichkeit, im Falle von Dienstunfähigkeit in den<br />
vorzeitigen Ruhestand ohne Pensionsabschläge zu gehen). Demgegenüber spielt im<br />
Jahre 2000 <strong>der</strong> Abgangsgr<strong>und</strong> „Erreichung <strong>der</strong> Altersgrenze“ (91 von insgesamt<br />
1.261 Abgängen) nur eine zu vernachlässigende Rolle (7 %). Zwei Drittel aller<br />
Abgänge entfallen übrigens auf die über-50-jährigen Beschäftigten.<br />
Auch im Verwaltungspersonal gibt es gemäß <strong>der</strong> Altersstruktur viele <strong>Altersteilzeit</strong>-<br />
Anspruchsberechtigte, allerdings – im Gegensatz zum Lehrpersonal – auch viele<br />
Beschäftigte im mittleren <strong>und</strong> jüngeren Lebensalter.<br />
Schaubild 7: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppen<br />
Verwaltungspersonal einschl. Textverarbeitung (2000)<br />
Das Lehrpersonal bildet die Hälfte (51 %) <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>verträge im öffentlichen<br />
Dienst. Die Lehrkräfte nehmen überdurchschnittlich das <strong>Teil</strong>zeitmodell in Anspruch<br />
(21 %). Rechnet man das Lehrpersonal aus <strong>der</strong> Gesamtheit heraus, dann wird von<br />
den an<strong>der</strong>en Personalgruppen (49 % aller <strong>Altersteilzeit</strong>verträge) das <strong>Teil</strong>zeitmodell nur<br />
von r<strong>und</strong> sechs Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten in Anspruch genommen. Außerhalb des<br />
Lehrpersonals spielt demnach die Variante „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ keine Rolle.<br />
120
121<br />
Tabelle 9: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach ausgewählten Personalgruppen<br />
<strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells (Nov. 2001)<br />
Beschäftigte zw.<br />
davon: in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Alters-<br />
Personalgruppe<br />
55 <strong>und</strong> 65 Jahren Blockmodell <strong>Teil</strong>zeitinsgeteilzeit insgesamt Aktiv Abwesend modellsamtquote Insgesamt 6.385 1.190 194 219 1.603 25,1 %<br />
01/02<br />
d a v o n:<br />
Verwaltungspersonal.<br />
einschl. Textverarbeitung<br />
1.454 264 60 25 349 24,0 %<br />
03 Polizei 344 22 6 2 30 8,7 %<br />
04 Feuerwehr 99 22 8 30 30,3 %<br />
05/06 Justizpersonal/<br />
ordentliche Gerichte<br />
227 44 6 2 52 22,9 %<br />
07 Strafvollzugpersonal 59 9 4 13 22,0 %<br />
10 Lehrpersonal 2.460 595 53 174 822 33,4 %<br />
14<br />
Erziehungspersonal für<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
121 15 2 4 21 17,4 %<br />
21/22 Technisches Personal 419 74 18 1 93 22,2 %<br />
25 Steuerpersonal 166 45 6 5 56 33,7 %<br />
30 Raumpflegerinnen 315 17 1 18 5,7 %<br />
Sonstige Personalgruppen 721 83 30 6 119 16,5 %<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Es gibt in <strong>der</strong> Behörde keine Untersuchung darüber, warum die Lehrer/innen das<br />
<strong>Teil</strong>zeitmodell mehr als die Verwaltungskräfte nutzen. Während in den industriellen<br />
Bereichen die Männer, die immer Vollzeitarbeit gewohnt waren, in <strong>Altersteilzeit</strong> das<br />
Blockmodell wählen <strong>und</strong> damit den vorzeitigen vollständigen Ausstieg aus dem<br />
Erwerbsleben, könnte man die Hypothese aufstellen, dass die Lehrkräfte, die häufig<br />
Frauen sind, ohnehin häufig in <strong>Teil</strong>zeit schon gearbeitet haben, sich dann in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
auch ein <strong>Teil</strong>zeitarbeitsverhältnis eher vorstellen können.<br />
Ohne auf die beson<strong>der</strong>en Arbeitsbelastungen von Lehrkräften im höheren Lebensalter<br />
eingehen zu wollen, lässt sich jedenfalls feststellen, dass diese Beschäftigten die<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> intensiv nutzen: „Die <strong>Altersteilzeit</strong> wird intensiv genutzt von den Lehrern,<br />
das ist ja keine Frage. Und die Frage ist ja, warum es so intensiv genutzt wird. Und<br />
ich denke schon, es hat einen Gr<strong>und</strong>, weil es eine relativ mit finanziellen Anreizen<br />
o<strong>der</strong> Konditionen verknüpfte Regelung ist, die mir mein Ausscheideverhalten, also<br />
wenn ich aus dem aktiven Dienst rausgehe, erlaubt zu steuern. Ich glaube, das ist <strong>der</strong><br />
Hauptgr<strong>und</strong> eigentlich, also, dass die Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen eine bestimmte<br />
Autonomie bekommen in dem, was sie quasi für sich selbst als Abgangsalter wirklich<br />
haben wollen.“ (Referatsleiter)<br />
Tabelle 10: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Modell<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />
B l o c k m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />
Anzahl 60 75 110 104 80 75 62 55 19 7 1 648<br />
T e i l z e i t m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />
Anzahl 13 19 15 25 16 26 25 22 12 1 0 174<br />
i n s g e s a m t<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insgesamt<br />
Anzahl 73 94 125 129 96 101 87 77 31 8 1 822<br />
Die Tabelle zeigt das Lebensalter, in dem die im November 2001 in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
beschäftigten Lehrkräfte – gemäß Block- o<strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell – sich befanden. Lei<strong>der</strong><br />
erlaubt die Auswertung keine Verbindung des jeweiligen Lebensalters mit <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages. Gleichwohl könnte bei einer 6-jährigen<br />
Laufzeit des <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages (Beamte im Blockmodell = 6 ½ Jahre im Durchschnitt)<br />
ein dominantes Muster <strong>der</strong> – vorwiegend verbeamteten – Lehrkräfte sich<br />
herausbilden: Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> mit 56 o<strong>der</strong> 57 Jahren, gemäß Blockmodell<br />
demnach Beginn <strong>der</strong> Freistellungsphase mit 59 o<strong>der</strong> 60 Jahren, Bezug <strong>der</strong> Pension<br />
bzw. <strong>der</strong> Rente mit 62 o<strong>der</strong> 63 Jahren. Noch ist nicht abzusehen, ob die Nutzung <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> durch die Lehrkräfte dazu führen wird, dass <strong>der</strong> vorzeitige Ruhestand<br />
122
123<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
nicht mehr so früh wie zur Zeit – son<strong>der</strong>n in höherem Alter – begonnen wird. 53 Für<br />
den Vorruhestand liegt <strong>der</strong> früheste Zeitpunkt für Beamte beim 63. Lebensjahr: Der<br />
sog. Antragsruhestand kann mit 63 Lebensjahren – sofern keine Dienstunfähigkeit<br />
vorliegt – in Anspruch genommen werden (7,2 % Pensionsabschläge für 2 Jahre<br />
vorzeitigen Ruhestand). Damit bietet sich als 6-jährige Laufzeit eines <strong>Altersteilzeit</strong>vertrages<br />
für verbeamtete Lehrkräfte die Spanne zwischen 57 <strong>und</strong> 63 Jahren an.<br />
Tabelle 11: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des männlichen Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />
B l o c k m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 30 32 64 53 44 39 41 37 13 5 0 358<br />
T e i l z e i t m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 6 10 12 14 7 15 15 11 9 0 0 99<br />
i n s g e s a m t<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 36 42 76 67 51 54 56 48 22 5 0 457<br />
Prozent 7,9 9,2 16,6 14,7 11,2 11,8 12,3 10,5 4,8 1,0 - 100,0<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>-Verträge des weiblichen Lehrpersonals (Nov. 2001)<br />
B l o c k m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 30 43 46 51 36 36 21 18 6 2 1 290<br />
T e i l z e i t m o d e l l<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 7 9 3 11 9 11 10 11 3 1 0 75<br />
i n s g e s a m t<br />
Alter 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 insges.<br />
Anzahl 37 52 49 62 45 47 31 29 9 3 1 365<br />
Prozent 10,1 14,2 13,4 17,0 12,3 12,9 8,5 8,0 2,5 0,8 0,3 100,0<br />
Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist im übrigen auch von <strong>der</strong> Einkommenssituation<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst abhängig: Die niedrigen Gehaltsgruppen<br />
können sich die mit <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> verb<strong>und</strong>enen Einkommenseinbußen<br />
finanziell weniger leisten als die höheren Einkommensgruppen. Während die Beschäftigten<br />
des einfachen Dienstes nur zu sieben Prozent von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch<br />
53 Im Freistaat Bayern gehen 50 Proz. <strong>der</strong> Lehrer/innen aus Ges<strong>und</strong>heitsgründen vor dem 60.<br />
Lebensjahr in Pension (im öffentlichen Dienst liegt diese Quote ansonsten bei 29 %). Weitere 38<br />
Proz. verabschieden sich vom Dienst zwischen 60 <strong>und</strong> 64 Jahren. Nur 12 Proz. <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />
bleiben bis zur offiziellen Altersgrenze (65 Jahre) im Dienst. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 24./25.<br />
Mai 2003.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
machen, beträgt die <strong>Altersteilzeit</strong>quote bei den Beschäftigten des mittleren Dienstes<br />
bereits 20 Prozent. Von den Beschäftigten des gehobenen Dienstes (31 %) sowie des<br />
höheren Dienstes (32 %) hat bisher nahezu ein Drittel <strong>Altersteilzeit</strong> in Anspruch<br />
genommen (Durchschnitt für alle <strong>Altersteilzeit</strong>-Anspruchsberechtigten = 27,6 Prozent<br />
– Angaben des Referatsleiters auf dem Workshop <strong>der</strong> Arbeitnehmerkammer – Mai<br />
2002).<br />
Altersstruktur <strong>und</strong> Personalplanung<br />
Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst bildet eine zentrale<br />
Bedingung für die Personalplanung <strong>und</strong> die – über Kosten, nicht Stellen – gesteuerte<br />
Personalwirtschaft. Die Alterung <strong>der</strong> Belegschaft – als Folge eines sozialverträglichen<br />
Personalabbaus sowie als Folge des Beamtenrechts (Unkündbarkeit) – ist sektoral<br />
unterschiedlich ausgeprägt: Die höchsten Anteile von Beschäftigten im Alter von 50 u.<br />
m. Jahren sind unter den männlichen Beamten im gehobenen <strong>und</strong> höheren Dienst<br />
festzustellen. Dieser Altersaufbau ist allerdings auch durch die früheren Einstellungswellen<br />
bedingt, die in diesem Jahrzehnt zu großen Ausstellungswellen führen werden<br />
(z. B. im „Produktplan“ Bildung: Abgangsquote = 25 % im Zeitraum 2001 – 2005,<br />
Abgänge aufgr<strong>und</strong> von Dienst- <strong>und</strong> Erwerbsunfähigkeit sowie aus Altersgründen).<br />
Diese Problematik wird von <strong>der</strong> Behörde thematisiert:<br />
„Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung ist die Altersstruktur. Die Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
ist eine Folge <strong>der</strong> Einstellungszyklen <strong>und</strong> des Abgangsverhaltens <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />
Eine schubweise Expansion <strong>der</strong> Beschäftigtenzahl, die zeitlich limitiert ist, wird stets<br />
zu einem hohen Durchschnittsalter <strong>der</strong> Beschäftigten führen. Beschäftigte im öffentlichen<br />
Dienst haben eine sehr geringe Neigung, das Beschäftigungssystem freiwillig zu<br />
verlassen. Die Wahrscheinlichkeit ist demnach sehr groß, dass ein Beschäftigter bis<br />
zum Ende seines Dienst- o<strong>der</strong> Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst verbleibt,<br />
wenn nicht ges<strong>und</strong>heitsbedingte Gründe dagegen sprechen. Von wenigen Ausnahmen<br />
abgesehen, führt dies dazu, dass ein Altersjahrgang ab einem bestimmten Alter, wenn<br />
die Zugänge, die durch unterschiedliche Ausbildungsdauern bestimmt sind, abgeschlossen<br />
sind, eine konstante Zahl von Beschäftigten aufweist. In <strong>der</strong> Regel dürfte<br />
dies ab 35 Jahren <strong>der</strong> Fall sein.“ 54<br />
Bei den Beschäftigten im Alter von 35 bis zu 55 Jahren findet praktisch keine<br />
Fluktuation statt. Ab 55 Jahren nimmt die Fluktuation (Personalabgänge aus verschiedenen<br />
Gründen) ein relevantes Ausmaß an.<br />
Der von <strong>der</strong> Behörde vorgenommene Soll-Ist-Vergleich zeigt, dass das Problem <strong>der</strong><br />
„Überalterung“ <strong>der</strong> Belegschaft nicht zuletzt aus <strong>der</strong> Nicht-Einstellung von jüngeren<br />
Beschäftigten resultiert.<br />
54<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 39.<br />
124
125<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
„Bei <strong>der</strong> Sollverteilung handelt es sich nicht um eine Normalverteilung, son<strong>der</strong>n um<br />
eine trapezähnliche Form, die im linken <strong>Teil</strong> durch die „Rekrutierungsphase“ bis 35<br />
Jahre <strong>und</strong> im rechten <strong>Teil</strong> durch eine Phase des altersbedingten Ausscheidens ab 56<br />
Jahre charakterisiert wird. Die „Rekrutierungsphase“ zeichnet sich durch bereichs<strong>und</strong><br />
personalgruppenspezifische Charakteristika aus, die sich zum Beispiel durch Art<br />
<strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Rekrutierung beschreiben lassen.<br />
Ob die gegebene Altersstruktur ein Problem darstellt o<strong>der</strong> nicht, hängt von <strong>der</strong><br />
zukünftigen Beschäftigungsmenge ab. Sie bildet die Basis für die Beurteilung <strong>der</strong><br />
Gegenwart. In dem folgenden Soll-Ist-Vergleich wurde unterstellt, dass bis zum Jahr<br />
2005 die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten jährlich um 1,5 Prozent sinken wird <strong>und</strong> ab 2006<br />
konstant bleibt.<br />
Der Soll-Ist-Vergleich zeigt, dass die „Rekrutierungsphase“ nicht optimal besetzt ist.<br />
Je nach Rekrutierungsstrategien, die in einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich sind,<br />
liegt <strong>der</strong> optimale Wert <strong>der</strong> Quote <strong>der</strong> Beschäftigten bis 35 Jahren an den Beschäftigten<br />
insgesamt zwischen 20 <strong>und</strong> 24 Prozent. 2000 betrug er 14,4 Prozent.<br />
Der Soll-Ist-Vergleich zeigt darüber hinaus, dass die Altersjahrgänge <strong>der</strong> gegenwärtig<br />
über 45-Jährigen deutlich überbesetzt bleiben werden. Sie können über die natürliche<br />
Fluktuation abgebaut werden. Bei <strong>der</strong> Altersgruppe <strong>der</strong> gegenwärtig 36- bis 40-<br />
Jährigen sind relativ unschädliche Sollwertunterschreitungen festzustellen. Damit<br />
dieses Unterschreiten <strong>der</strong> Sollwerte nicht größere Ausmaße erreicht, sollte im Falle<br />
von Neurekrutierungen gezielt <strong>der</strong> Bereich jüngerer Jahrgänge (bis 35 Jahre) berücksichtigt<br />
werden, um eine <strong>Entwicklung</strong> entsprechend <strong>der</strong> Soll-Vorstellung zu gewährleisten.<br />
Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, so führt dies mittelfristig zu einer Altersstruktur, die durch<br />
hohes Durchschnittsalter <strong>und</strong> Neueinstellungen sowie durch das Fehlen mittlerer<br />
Altersstufen gekennzeichnet ist. Langfristig resultiert daraus eine Überbesetzung <strong>der</strong><br />
mittleren Altersstufen, die aufgr<strong>und</strong> fehlen<strong>der</strong> Abgänge keinen Spielraum für Rekrutierungen<br />
zulässt.“ 55<br />
Wahrscheinlich wird sich mittelfristig im öffentlichen Dienst eine Altersstruktur<br />
ergeben – nach dem Ausscheiden <strong>der</strong> geburtenstarken Kriegsjahrgänge –, die durch<br />
ein hohes Durchschnittsalter charakterisiert wird: Der höchste Gipfel wird durch den<br />
Jahrgang 1948 gebildet (vgl. Schaubild 8: 52 Jahre alt im Jahre 2000, im Jahre<br />
2003 bereits 55 Jahre), ein niedriger Gipfel könnte im Bereich <strong>der</strong> 30- bis 35-<br />
Jährigen entstehen, wenn die in diesem Jahrzehnt anstehenden Personalabgänge<br />
durch Neueinstellungen kompensiert werden.<br />
55<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 39 f.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 8: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Altersstruktur<br />
Die Altersstruktur ist in den einzelnen Personalgruppen allerdings unterschiedlich<br />
ausgeprägt. Die bremische Verwaltung unterscheidet 48 Personalgruppen: ca. 90<br />
Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten des Kernbereiches verteilen sich auf 10 Personalgruppen.<br />
Die stärkste Personalgruppe bildet das Lehrpersonal (26,5 %), die zweitstärkste<br />
Personalgruppe stellt das Verwaltungspersonal (einschl. Textverarbeitung) mit r<strong>und</strong><br />
23 Prozent. Diese beiden Personalgruppen weisen eine unterschiedliche Altersstruktur<br />
auf: das Verwaltungspersonal (einschl. Textverarbeitung) eine relativ altersheterogene,<br />
das Lehrpersonal eine absolut altershomogene Zusammensetzung (vgl. die Schaubil<strong>der</strong>).<br />
Obwohl auch beim Verwaltungspersonal die Beschäftigten im Alter von Mitte 50<br />
überwiegen, sind gleichwohl die Beschäftigten im Alter von Mitte 40 sowie von Mitte<br />
30 stark vertreten. Dieser Altersaufbau erklärt, dass die <strong>Altersteilzeit</strong>quote <strong>der</strong><br />
Anspruchsberechtigten aus dem Verwaltungspersonal (24 %) <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>quote aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (25 %) entspricht.<br />
Demgegenüber hat die Nicht-Einstellung von jüngeren Lehrkräften zur „Überalterung“<br />
des Lehrpersonals geführt: Der höchste Gipfel wird im Jahre 2000 von den 50-<br />
Jährigen (ca. 400 Personen) gebildet, gefolgt von den 51- <strong>und</strong> 52-jährigen Lehrkräften<br />
(Jahrgang 1950 → 1948). Nach dem „Geburtenknick“ (Jahrgang 1945: im Jahre<br />
2000 55 Jahre alt) folgt ein niedrigerer, zweiter Gipfel mit den im Jahre 2000 56<strong>und</strong><br />
57-jährigen Lehrkräften (jeweils mehr als 300 Personen), also mit den Kriegsjahrgängen<br />
1944 <strong>und</strong> 1943.Diese Jahrgänge werden in diesem Jahr bereits 59 bzw.<br />
60 Jahre alt. Daher nimmt nicht W<strong>und</strong>er, dass ein Drittel <strong>der</strong> anspruchsberechtigten<br />
Lehrkräfte bereits einen <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag abgeschlossen hat (Nov. 2001).<br />
126
127<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Schaubild 9: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Lehrpersonals (2000)<br />
Schaubild 10: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Verwaltungspersonals<br />
(einschl. Textverarbeitung) (2000)
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Die Personalplanung des öffentlichen Arbeitgebers beruht auf drei Bausteinen: (1)<br />
Bestimmung des Soll-Personalbestandes, (2) Prognose <strong>der</strong> Personalabgänge (2000 –<br />
2005), (3) Festlegung <strong>der</strong> Personalzugänge (insbeson<strong>der</strong>e Ausbildungsplanung). Die<br />
Personalplanung mündet in die Bestimmung des Netto-Personalbedarfs. Bei <strong>der</strong><br />
Bestimmung des Soll-Personalbestandes wurde für den Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Verwaltung für die Jahre 2000 bis 2005 auf Gesamtebene ein jährlicher Personalabbau<br />
von 250 Vollzeitäquivalenten vereinbart.<br />
Allein im Jahre 2000 hat sich das Volumen im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> insgesamt um fast 100 Vollzeitäquivalente reduziert<br />
(ohne dabei den Personalbestand zu verringern). Auf Basis <strong>der</strong> Fluktuationsprognosen<br />
(Abgangswahrscheinlichkeiten einzelner Personalgruppen <strong>und</strong> Jahrgänge) hat die<br />
Personalplanung im Jahre 2000 für den Zeitraum bis zum Jahr 2005 trotz <strong>der</strong><br />
weiteren Absenkung des Soll-Personalbestandes („Beschäftigungszielzahlen“) unter<br />
dem Strich einen stark ansteigenden Netto-Personalbedarf prognostiziert, weil <strong>der</strong><br />
Vergleich von prognostizierten Abgängen <strong>und</strong> geplanten Zugängen eine Absenkung<br />
des voraussichtlichen Personalbestandes signalisiert (vgl. Tabelle 12). Auf diese<br />
Weise ergeben sich in den nächsten Jahren Wie<strong>der</strong>besetzungsmöglichkeiten, unter<br />
Umständen sogar Rekrutierungsprobleme (z. B. beim Lehrpersonal).<br />
Tabelle 12: Personalplanung 2001 – 2005 (insgesamt)<br />
I s t Voraussichtlich<br />
Dez 93 Dez 96 Dez 99 Dez 00 Dez 01 Dez 02 Dez 03 Dez 04 Dez 05<br />
Beschäftigungszielzahlen 19.102 18.042 17.090 16.696 16.451 16.175 15.925 15.675 15.425<br />
prognostizierte Abgänge -647 -649 -711 -672 -666<br />
geplante Zugänge 287 147 176 168 103<br />
voraussichtlicher<br />
Personalbestand<br />
19.339 18.435 17.065 16.577 16.217 15.716 15.181 14.677 14.114<br />
Nettopersonalbedarf 233 459 744 998 1.311<br />
„Ab 2000 haben sich Wie<strong>der</strong>besetzungsmöglichkeiten ergeben. Diese werden sich in<br />
dem Umfang erhöhen, wie fluktuationserhöhende (z. B. 58er-Regelung) o<strong>der</strong> volumenssenkende<br />
(z. B. <strong>Altersteilzeit</strong>) personalwirtschaftliche Maßnahmen wirken. In<br />
den Jahren 2003 bis 2005 können sich die entstehenden Ersatzbedarfe in dem<br />
Umfang reduzieren, wie zusätzliche personalwirtschaftliche Maßnahmen zum<br />
Ausgleich kumulieren<strong>der</strong> kostensteigern<strong>der</strong> Effekte erfor<strong>der</strong>lich werden. Personalwirtschaftliche<br />
Spielräume sollen dazu genutzt werden, strukturelle personalwirtschaftliche<br />
Ziele zu realisieren, um die Qualität des Personalkörpers <strong>und</strong> damit die Leistungsfähigkeit<br />
des bremischen öffentlichen Dienstes zu optimieren.“ 56<br />
56<br />
Jahresbericht Personalstruktur <strong>und</strong> Personalausgaben im Kernbereich <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
2000, a. a. O., S. 94.<br />
128
Weitere Informationen<br />
Senator für Finanzen <strong>der</strong><br />
Freien Hansestadt Bremen<br />
Schillerstr. 1<br />
28195 Bremen<br />
Personalcontrolling <strong>und</strong> Personalplanung<br />
Herr Dr. Zech<br />
Tel.: 0421 / 361 62 86<br />
Gesamtpersonalrat<br />
Herr Schmidt<br />
Knochenhauerstr. 20/25<br />
28195 Bremen<br />
Tel.: 0421 / 361 26 29<br />
129<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Nachwort<br />
Die Frage, ob das Instrument „<strong>Altersteilzeit</strong>“ den prekär gewordenen Übergang in den<br />
Ruhestand institutionell <strong>und</strong> finanziell absichern kann, lässt sich zumindest für die<br />
Beschäftigten aus Großbetrieben positiv beantworten: Auf Basis <strong>der</strong> Tarifverträge <strong>und</strong><br />
Betriebsvereinbarungen werden die Rentenabschläge beim vorzeitigen Ruhestand<br />
nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit durch Abfindungen sowie durch Betriebsrenten weitgehend<br />
kompensiert.<br />
Die Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenze bei <strong>der</strong> Altersrente nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit (Jahrgang<br />
1937 – Jahrgang 1941) ist inzwischen abgeschlossen. Diese Rentenreform hat<br />
offenbar – zumindest nach den Ergebnissen unserer Untersuchung in Bremer Großbetrieben<br />
– entgegen <strong>der</strong> bisherigen Praxis <strong>der</strong> weiteren Absenkung <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem Betrieb dazu geführt, dass die Beschäftigten<br />
längere Laufzeiten für ihren <strong>Altersteilzeit</strong>vertrag wählen, um die Rentenabschläge<br />
möglichst zu minimieren. Damit wird <strong>der</strong> Beginn <strong>und</strong> das Ende <strong>der</strong> Lebensstrecke<br />
„<strong>Altersteilzeit</strong>“ auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Bei <strong>der</strong> dominanten Wahl<br />
des Blockmodells markiert die magische Zahl „60“ gleichwohl weiterhin den Orientierungspunkt<br />
für das tatsächliche – nicht: das rechtliche – Ausscheiden aus dem<br />
Betrieb.<br />
Mit den Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes im Jahre 2000 sowie den darauf<br />
aufbauenden Tarifverträgen haben sich die materiellen Bedingungen für die <strong>Altersteilzeit</strong>-Beschäftigten<br />
erheblich verbessert. Die Ausdehnung <strong>der</strong> Geltungsdauer des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes hat den Personalleitungen <strong>und</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalräten – wie<br />
auch den Beschäftigten selbst – einen weiten Planungshorizont eingeräumt. Als Folge<br />
dieser gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n <strong>Entwicklung</strong> hat sich in den Jahren 2000 – 2002<br />
die Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> durch die Beschäftigten erheblich gesteigert.<br />
Bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> besitzen die Beschäftigten im öffentlichen<br />
Dienst mehr Wahlmöglichkeiten als die Beschäftigten in <strong>der</strong> privaten Wirtschaft: Im<br />
öffentlichen Dienst können die Beschäftigten häufiger zwischen dem „Blockmodell“<br />
<strong>und</strong> dem „<strong>Teil</strong>zeitmodell“ wählen; in vielen Branchen <strong>der</strong> privaten Wirtschaft wird die<br />
Option des „<strong>Teil</strong>zeitmodells“ schon in den Tarifverträgen ausgeschlossen, in den<br />
Betriebsvereinbarungen wird ausdrücklich des „Blockmodell“ vorgegeben. Selbst in<br />
dem untersuchten Betrieb (BSAG), in dem zunächst das <strong>Teil</strong>zeitmodell favorisiert<br />
wurde, setzt sich zunehmend das Blockmodell gegenüber dem <strong>Teil</strong>zeitmodell durch.<br />
Bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Altersteilzeit</strong>gesetzes („Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden<br />
Übergangs in den Ruhestand“) verfolgte <strong>der</strong> Gesetzgeber ursprünglich die Intention,<br />
das <strong>Teil</strong>zeitmodell als allmählichen Übergang in den Ruhestand zu för<strong>der</strong>n. Auch die<br />
WSI-Autoren haben in ihrer Betriebsräte- <strong>und</strong> Personalrätebefragung zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
den ausgeprägten Trend zum Blockmodell hinterfragt. Selbst wenn die Betriebsvereinbarungen<br />
sowohl das Block- als auch das <strong>Teil</strong>zeitmodell anbieten, wird doch im<br />
allgemeinen das Blockmodell favorisiert:<br />
130
131<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
„Die Bevorzugung des Blockmodells ist bei Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern gleichermaßen<br />
festzustellen. Die Arbeitgeber nennen als Vorteil <strong>der</strong> Blockzeit u. a. den<br />
Umstand, dass auf dem bisherigen Arbeitsplatz keine größeren organisatorischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>lich werden. Arbeitnehmer schätzen am Blockmodell, dass sie<br />
bereits zur Hälfte <strong>der</strong> gesamten Zeitspanne <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> gänzlich freigestellt sind<br />
<strong>und</strong> geben dieser Aussicht unter den gegebenen Umständen mehrheitlich den Vorrang<br />
gegenüber <strong>der</strong> Möglichkeit, die Arbeitsbelastung während <strong>der</strong> letzten Berufsjahre zu<br />
reduzieren.“ 57<br />
Unsere Expertengespräche mit den Betriebsräten <strong>und</strong> Personalleitern haben gezeigt,<br />
dass die männlichen Beschäftigten aus Industriebetrieben, die im Gegensatz zu vielen<br />
weiblichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in ihrem Berufsleben keine eigenen<br />
Erfahrungen mit <strong>Teil</strong>zeitarbeit gemacht haben, mit <strong>der</strong> Wahl des Blockmodells „einen<br />
Schnitt“ zwischen dem Arbeitsleben <strong>und</strong> dem Ruhestand machen wollen (Betriebsrat).<br />
Die meisten Beschäftigten wollen keinen „gleitenden Übergang“ in den Ruhestand<br />
in Form <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit, obwohl aus gerontologischer Perspektive <strong>der</strong> allmähliche<br />
Übergang allgemein empfohlen wird. Qualitative Untersuchungen zur Motivation<br />
von Beschäftigten, für die Phase von <strong>Altersteilzeit</strong> das Block- o<strong>der</strong> das <strong>Teil</strong>zeitmodell<br />
zu wählen, stehen unseres Wissens noch aus. Anzunehmen ist, dass normative<br />
Vorstellungen über die Berufstätigkeit <strong>und</strong> den Übergang in den Ruhestand <strong>der</strong><br />
Entscheidung <strong>der</strong> Beschäftigten für das Blockmodell zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />
Gleichwohl sollte das Ziel einer weiteren Flexibilisierung des Übergangs in den<br />
Ruhestand unstrittig sein. Viel zu wenig wird beachtet, dass das <strong>Altersteilzeit</strong>gesetz<br />
auch eine degressive Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit im Laufe <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>phase<br />
zulässt. So wären „Mischtypen“ zwischen <strong>der</strong> Vollzeitarbeit im Blockmodell <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Halbtagsarbeit im <strong>Teil</strong>zeitmodell denkbar (wie von einem Personalrat erwogen): Auf<br />
Basis von Dreiviertel- o<strong>der</strong> Zweidrittel-Stellen könnten ältere Beschäftigte in <strong>Altersteilzeit</strong><br />
ihr vorgängiges Vollzeitarbeitsvolumen reduzieren <strong>und</strong> entsprechend dem<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Reduktion den Beginn des Ruhestandes vorziehen. Solche „Mischtypen“<br />
zwischen voller <strong>und</strong> halber Wochenarbeitszeit könnten auch für männliche Beschäftigte<br />
in <strong>Altersteilzeit</strong> attraktiv sein. Allerdings müsste zunächst die Akzeptanz von<br />
<strong>Teil</strong>zeitarbeit bei Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern weiter gesteigert werden, um solche<br />
„Mischtypen“ von <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit als reale Wahlmöglichkeit für die Beschäftigten<br />
zu entwickeln.<br />
57 U. Klammer, H. Weber, Flexibel in den Ruhestand?, a. a. O., S. 110.
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen, Schaubil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Abbildungen<br />
<strong>Teil</strong> I<br />
Tabelle 1: Erwerbsquoten von Männern <strong>und</strong> Frauen nach Altersgruppen<br />
Schaubild 1: Das <strong>Altersteilzeit</strong>modell <strong>der</strong> IG Metall bei Volkswagen<br />
Schaubild 2: Anteil <strong>der</strong> Betriebe <strong>und</strong> Dienststellen mit <strong>Altersteilzeit</strong>regelung<br />
Schaubild 3: Angebotenes Modell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Schaubild 4: Ausgleich für den späteren Rentenabschlag nach <strong>Altersteilzeit</strong><br />
Schaubild 5: Inanspruchnahme von Erstattungen durch die<br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />
Tabelle 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>-Erstattungsanträge an die B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Arbeit<br />
<strong>Teil</strong> II<br />
Tabelle 1: Personalstruktur (BSAG)<br />
Abbildung 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit (BSAG)<br />
Abbildung 2: Akzeptable 85 % – Einkommensgarantie (BSAG)<br />
Tabelle 2: Entlassungsjahrgänge bei den <strong>Altersteilzeit</strong>- Arbeitsverhältnissen<br />
(BSAG)<br />
Tabelle 3: Vom <strong>Teil</strong>zeit- zum Blockmodell (BSAG)<br />
Schaubild 1: Block- <strong>und</strong> Konti-Modell (BSAG)<br />
Tabelle 4: Praktizierte <strong>Altersteilzeit</strong>modelle (BSAG)<br />
Abbildung 3: Block- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitmodell (57 – 63 Jahre)<br />
Tabelle 5: Altersstruktur <strong>der</strong> Belegschaft (Stahlwerke Bremen)<br />
Abbildung 4: Blockmodell/Rentenanspruch/Abfindung (Stahlwerke Bremen)<br />
Anhang: Zahlenwerke (Stahlwerke)<br />
Tabelle 6: Abgeschlossene <strong>Altersteilzeit</strong>verträge (Airbus)<br />
Abbildung 5: Dauer <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Verbindung mit dem Lebensalter<br />
(Brauerei Beck & Co)<br />
132
<strong>Teil</strong> III<br />
Tabelle 1: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />
133<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Tabelle 2: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Personalkennzahlen im Kernbereich<br />
Schaubild 1: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten im öffentlichen Dienst<br />
Schaubild 2: Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
Schaubild 3: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Statusgruppen<br />
Schaubild 4: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten nach Laufbahngruppen<br />
Tabelle 3: Beschäftigte nach Vollzeit- <strong>und</strong> <strong>Teil</strong>zeitarbeit<br />
Schaubild 5: Anteil <strong>der</strong> <strong>Teil</strong>zeitbeschäftigten an den Beschäftigten nach Lebensjahren<br />
Tabelle 4: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />
Tabelle 5: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
Tabelle 6: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Statusgruppen<br />
Tabelle 7: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Personalgruppen <strong>und</strong> Form des <strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />
Tabelle 8: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
Schaubild 6: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppe Lehrpersonal<br />
Schaubild 7: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Personalgruppen Verwaltungspersonal<br />
einschließlich Textverarbeitung<br />
Tabelle 9: <strong>Altersteilzeit</strong>fälle nach ausgewählten Personalgruppen <strong>und</strong> Form des<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>modells<br />
Tabelle 10: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>modell<br />
Tabelle 11: <strong>Altersteilzeit</strong> des Lehrpersonals nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht<br />
Schaubild 8: Soll-Ist-Vergleich <strong>der</strong> Altersstruktur<br />
Schaubild 9: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Lehrpersonals<br />
Schaubild 10: Altersstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten des Verwaltungspersonals (einschließlich<br />
Textverarbeitung)<br />
Tabelle 12: Personalplanung 2001 - 2005