Download - Akademie Remscheid
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eben in mehrfacher Hinsicht Konjunktur: Nicht nur als Spiegelbild und Paradigma<br />
gesellschaftlicher Zuordnungen, sondern auch als Mittel und Gegenstand der privaten<br />
Lebensgestaltung, der Berufswelten und des öffentlichen Gesprächs. Schwanitz versteht es,<br />
Bildung als Allianz von Wissen und Können so zu präsentieren, dass selbst das Trockenrudern<br />
im Atlas der Geschichte zum intellektuellen Vergnügen wird. Sein Buch schafft, dank der<br />
verständlichen und verständnisvollen Sprache, ein Vergnügungs- und Bildungserlebnis<br />
besonderer Art. Bei aller berechtigten Kritik am Fehlen, bzw. am gezielten Aussparen der<br />
modernen Wissens- und Bildungsinhalte aus Wirtschaft, Naturwissenschaften und Technik<br />
bleibt die Lesefreude, einem umfassend gebildeten, zu Selbstironie und Bodenhaftung fähigen<br />
Autor bis in die Ziselierungen des kultivierten Nicht-Wissens hinein folgen zu dürfen.<br />
Spaßige Snob-Ecke<br />
Die Kanonisierung europäischen Bildungswissens, die Schwanitz für das 20. Jahrhundert<br />
vornimmt, ist dabei womöglich weniger neu und interessant als seine Zuordnung<br />
unterschiedlicher Bildungsbegriffe und die Überlegungen zur Wertigkeit verschiedener<br />
Intelligenzen, Begabungen und kreativer Anlagen. Mit seinem genüsslich inszenierten<br />
Provokationskapitel "Was man alles nicht wissen sollte", setzt Schwanitz sich mitsamt der<br />
klassischen Bildungselite zum Schluss noch so spaßig und selbstironisch in die Snob-Ecke,<br />
dass man wieder richtig Freude am Intellektuellen-Job bekommt. Hier saßen sie ja schon immer<br />
- nicht die wirklich Gebildeten, aber die Bildungsphilister und die Überheblichen, die es für<br />
unpassend bis gefährlich halten, sich mit den niederen Faszinationen populärer Alltagskulturen<br />
abzugeben. Unter pädagogischen Gesichtspunkten mag das bedenklich erscheinen, aber als<br />
Gelegenheitsfehltritt macht es einfach Spaß, gehört zur professionellen Psychohygiene und<br />
schärft die didaktische Genauigkeit – insbesondere für Menschen in Kommunikationsberufen -,<br />
die Snob-Position gezielt ins Spiel zu bringen. Nicht zuletzt eröffnet sich in dieser Kategorie ein<br />
Riesenfundus an medienwirksamem Material für Glossisten und Kabarettisten und auch an<br />
methodischen Anregungen für Kultur- und Medienpädagogen, die mit Kindern und Jugendlichen<br />
kritisch und mit den Stilmitteln der Satire über die öffentliche Beachtung bzw. Nicht-Beachtung<br />
von Themen des privaten oder öffentlichen Interesses sprechen.<br />
Schwanitz führt verträglich boshaft aus, wie Bildungswissen als Spielfigur im Kampf um<br />
Anerkennung, Status und Sympathie eingesetzt wird. Seinen Party-Beitrag für Akademiker und<br />
Menschen, die als solche gelten möchten, wird man (bei austauschbaren Vokabeln) immer<br />
wieder gern erkennen: „’Wie Sie wissen, ist der Strukturalismus nur ein verkappter<br />
Neukantianismus. Natürlich werden Sie fragen, wo das transzendentale Subjekt ist. Ich gebe zu,<br />
vielleicht ist es ja kein Subjekt, aber transzendental ist es allemal. Und da frage ich Sie: Ist die<br />
Kulturgeschichte nicht notwendigerweise die Hegelianisierung des Strukturalismus? Trotz der<br />
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