„Die Farm“ - BAG UB eV
„Die Farm“ - BAG UB eV
„Die Farm“ - BAG UB eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>„Die</strong> <strong>Farm“</strong><br />
- eine Beschäftigungsmöglichkeit von Menschen mit<br />
herausforderndem Verhalten in den Schwarzacher<br />
Werkstätten der Johannes Anstalten Mosbach<br />
Ein Erfahrungsbericht im Rahmen des Forums Übergang Schule-Beruf<br />
der Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung – <strong>BAG</strong> <strong>UB</strong><br />
Rüdiger Pluschek und Michael Allespach-Vokuhl<br />
Der Auftrag der Farm<br />
Der Auftrag der Farm besteht in der Förderung und Beschäftigung von Menschen mit herausforderndem<br />
Verhalten, die ungern in größeren Arbeitsgruppen arbeiten möchten. Die<br />
aber auch bei anderen Beschäftigten aufgrund ihres Verhaltens auf Ablehnung stoßen und in<br />
einem Gruppenverband nicht akzeptiert werden.<br />
1 Pl/Ha 11.04.2007
Was ist die Farm<br />
Die Farm ist ein Holzblockhaus in der freien Natur. Die Grundfläche beträgt ca. 70m², weiterhin<br />
gehören zum Haus ca. 500m² Garten- und Grünfläche, die bepflanzt werden. Es findet<br />
z.B. Salat- oder Kartoffelanbau statt. Das Areal befindet sich einige Gehminuten von den<br />
Wohnhäusern des Schwarzacher Hofes der Johannes Anstalten entfernt.<br />
2 Pl/Ha 11.04.2007
Die Geschichte der Farm<br />
Mitte der achtziger Jahre entstanden auf dem Schwarzacher Hof die ersten Ideen, für Heimbewohner,<br />
die aufgrund ihrer schweren Verhaltensauffälligkeiten wie Selbst- und Fremdaggression<br />
an keinem Arbeits- und Beschäftigungsangebot teilnehmen, grobmotorische Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
zu entwickeln.<br />
Es wurden einfache alltägliche Tätigkeiten, wie Transporte von Wäschesäcken und Altglas,<br />
einfache Gartenarbeiten sowie Arbeiten mit Holz geplant und durchgeführt.<br />
Darauf aufbauend wurde mit der Einweihung des Farmhauses 1993, das Farmprojekt als ein<br />
Förderprogramm zur körperlichen Aktivierung unter Leitung des Psychologischen Dienstes<br />
auf dem Schwarzacher Hof initiiert. Ziel des Farmprojekts war es, sozial sinnvolle, grobmotorische,<br />
meist in der Natur ausgeführte Tätigkeiten, in einem ganzheitlichen natürlichen Rahmen<br />
in das Lebensumfeld der Heimbewohner zu integrieren.<br />
3 Pl/Ha 11.04.2007
Da es aber an Angeboten fehlte, die das Begonnene fortsetzen konnten, entwickelte sich<br />
das Projekt, an dem zahlreiche behinderte Menschen teilhaben sollten, zu einer Dauerarbeitsgruppe.<br />
Es stand nun nicht mehr der therapeutische Gedanke im Vordergrund, sondern<br />
die Notwendigkeit, Bewohnern auf Dauer Arbeitsplätze im Freien, mit sinnvoller, körperlich<br />
auslastender Tätigkeit etc., anzubieten.<br />
Ab September 1996 wurde das Farmprojekt den Werkstätten zugeordnet. Neben dem Erhalt<br />
der wesentlichen konzeptionellen Inhalte des Farmprojektes, erfuhr das Farmangebot eine<br />
personelle Erweiterung, um dem wachsenden Bedarf nach körperlich auslastenden Angeboten<br />
gerecht werden zu können. So wurde die Zahl der eingesetzten Mitarbeiter und damit<br />
verbunden, die der aufgenommenen Bewohner erhöht. Beschäftigte der Farm haben jederzeit<br />
die Möglichkeit, auf einen anderen Arbeitsplatz in der Werkstatt zu wechseln.<br />
Für die Werkstätten bedeutete die Übernahme der Farm eine Erweiterung der Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
hinsichtlich geeigneter grobmotorischer Arbeitsangebote für Beschäftigte<br />
mit guten grobmotorischen Fähigkeiten und einem starken Bewegungsdrang und/ oder mit<br />
massiven Verhaltensauffälligkeiten.<br />
4 Pl/Ha 11.04.2007
Zielsetzung der Farm<br />
Im Rahmen der Gesamtzielsetzung der Werkstatt werden mit dem Farmangebot insbesondere<br />
folgende Ziele angestrebt:<br />
den guten grobmotrischen Fähigkeiten bzw. dem starken Bewegungsdrang von Beschäftigten<br />
durch gezielte, körperlich auslastende arbeits- und persönlichkeitsfördernde<br />
Angebote, die meist in der Natur durchgeführt werden, gerecht werden.<br />
Der Abbau von Verhaltensauffälligkeiten und die Verbesserung der sozialen Handlungskompetenzen<br />
soll durch gezielte arbeits- und persönlichkeitsfördernde Gruppen-<br />
und Einzelangebote erreicht werden.<br />
5 Pl/Ha 11.04.2007
Personenkreis<br />
Der Personenkreis, der in der Farm gefördert und betreut wird, muß zwei Grundvoraussetzungen<br />
erfüllen. Er muß grobmotorische Voraussetzungen mitbringen (gehen, laufen, etwas<br />
tragen können) und er muß einen starken Bewegungsdrang haben. Es geht also dort nicht<br />
um den Menschen mit herausforderndem Verhalten, der keinen Bewegungsdrang besitzt,<br />
den man ab und zu in der Schneidersitz-Haltung verharren sieht.<br />
Über die Menschen, die in der Farm betreut werden, kursieren unterschiedliche Begrifflichkeiten,<br />
man spricht von Verhaltensstörungen, von Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten<br />
und von Menschen mit herausforderndem Verhalten oder z.B. von Menschen mit festgefahrenem<br />
Verhalten. Termini, wie Störungen, Verhaltensprobleme, emotionale Probleme o.ä.<br />
kennzeichnen nur einen kleinen Ausschnitt der Problematik, nämlich die wahrnehmbare oder<br />
interpretierbare Symtomatik, die Menschen mit festgefahrenem Verhalten an den Tag legen.<br />
Aber es ist mehr, die ganze Person und die Beziehung zu anderen Personen und Dingen,<br />
die Beziehung zum sozialen Umfeld ist festgefahren.<br />
Da sich aber die Arbeit in der Farm sehr stark am Verhalten der dort beschäftigten Menschen<br />
orientiert, soll das Verhalten in groben Zügen beschrieben werden. Wir verstehen unter<br />
festgefahrenem Verhalten, das Schlagen, Beißen und Kratzen anderer Personen und von<br />
sich selbst, die gestörte oder verminderte Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, die Antriebslosigkeit<br />
und die Unfähigkeit körperliche Möglichkeiten umzusetzen, das Schaukeln mit dem<br />
Oberkörper, das Brummen und z.B. das Wedeln mit den Armen.<br />
Das Verhalten zeigt sich auch darin, daß das Wahrnehmungs- und Kommunikationsvermögen<br />
gravierende Defizite aufweist. Hände können nicht immer gezielt eingesetzt werden,<br />
bewußtes Greifen, Festhalten oder Loslassen geht mit Schwierigkeiten einher.<br />
Diese Defizitbeschreibung soll nicht weiter ausgeführt werden, denn bei solch einer Charakterisierung<br />
geht verloren, daß diese Menschen Motivationsmöglichkeiten in sich verbergen,<br />
daß sie ganz tolle Charaktereigenschaften und individuelle Fähigkeiten besitzen, die sie von<br />
Menschen, die weniger häufig ein festgefahrenes Verhalten zeigen, nicht unterscheidet. Eine<br />
solche Auflistung ist für die Arbeit mit diesen Menschen auch nicht dienlich. Sie ist hier lediglich<br />
genannt, um auf die Herausforderung hinzuweisen, der sich die Mitarbeiter in der Farm<br />
täglich stellen müssen. Wir sehen diese Menschen auch nicht als Provokateure, die uns und<br />
andere zur Verzweiflung bringen wollen, sondern als Menschen die Unterstützung benötigen,<br />
damit ihre festgefahrene Entwicklung wieder in Gang kommt.<br />
6 Pl/Ha 11.04.2007
Im Farmprojekt gehen wir davon aus, daß das Verhalten teilweise dadurch gezeigt wird, daß<br />
ein Bewegungsmangel bei den betreffenden Personen vorhanden ist. Es ist daher eine Notwendigkeit,<br />
grobmotorische Aktivitäten in das tägliche Geschehen einzubinden, denn Bewegungsdefizite<br />
führen zur Untererregung des Organismus. Diese Untererregung wiederum<br />
wird dann kompensiert in dem ein Ausgleich geschaffen wird in Form von Unruhe, Selbst-<br />
und Fremdaggression oder z.B. Stereotypien.<br />
Organisation und Struktur<br />
Die Farm ist ein Arbeitsangebot der Schwarzacher Werkstätten und beschäftigt Heimbewohner<br />
aus dem Berufsbildungs- und Arbeitsbereich. In der Farm gibt es zur Zeit drei Arbeitsgruppen<br />
mit insgesamt 11 Arbeitsplätzen.<br />
Durch die Befristung von Arbeitsplätzen kann eine Durchlässigkeit zu anderen Gruppen der<br />
Werkstatt gewährleistet werden. Umsetzungen werden in kooperativer Weise im Rahmen<br />
des üblichen Verfahrens innerhalb der Werkstatt durchgeführt.<br />
Arbeitsinhalte des Farmangebotes<br />
Basierend auf den allgemeinen Arbeitsinhalten der Werkstätten sollen die o.g. Ziele durch<br />
arbeits- und persönlichkeitsfördernde Gruppen- und Einzelangebote verwirklicht werden.<br />
Insbesondere bietet die Farm für Beschäftigte der Werkstätten grobmotorische Angebote im<br />
Freien an. Desweiteren werden saison- bzw. projektbezogene Angebote durchgeführt.<br />
Die arbeitsfördernden Gruppenangebote der Farm lassen sich schwerpunktmäßig in Arbeitsangebote<br />
(produktorientiert, z.T. traditionelle Werkstatt-Arbeiten) und Kreativangebote (gestalterisch,<br />
produktorientiert) unterteilen.<br />
7 Pl/Ha 11.04.2007
Arbeitsangebote<br />
► Anlegen des Geländes um das Farmhaus<br />
- Beete und Mauern erstellen<br />
- Anlegen von Beeten und Wegen<br />
8 Pl/Ha 11.04.2007
► Arbeiten in Garten und Feld, unterteilt in:<br />
- Umgang mit verschiedenen Geräten (Schaufel, Hacke, Rechen u.ä.)<br />
- Pflege eines Komposthaufens<br />
- Bodenverbesserung mit Komposterde und Mist<br />
- Versorgen und Pflege der Beete und Pflanzen<br />
- Ernten der Früchte und Verarbeitung<br />
- Herstellung von Apfelsaft<br />
- Besorgen und Verarbeitung von Brennholz<br />
- Sammeln von natürlichem Bastelmaterial<br />
- Holzarbeiten<br />
- Transportarbeiten und Botengänge<br />
- Montage- und Verpackungsarbeiten<br />
9 Pl/Ha 11.04.2007
► Kreativangebote<br />
- Weidenschneiden und flechten<br />
- Werken<br />
- Weben<br />
- Drucken<br />
- Seidentuchmalerei u.ä.<br />
► Persönlichkeitsfördernde Angebote<br />
- Kochen und Backen<br />
- Getreide mahlen und Brot backen<br />
- Trocknen und Einkochen von Früchten<br />
- Wochenanfang<br />
- Sport/ Schwimmen<br />
- Sauna<br />
- Laufgruppe<br />
- Raumgestaltung<br />
10 Pl/Ha 11.04.2007
► Arbeits- und persönlichkeitsfördernde individuelle Einzelangebote<br />
Im Rahmen der genannten Angebote soll eine gezielte individuelle Einzelförderung jedes<br />
Beschäftigten durchgeführt werden. Hierzu gehören das Erstellen eines zielgerichteten individuellen<br />
Verlaufsplans und eine Dokumentation sowie eine Reflexion der durchgeführten<br />
Maßnahmen.<br />
Internet: http://www.jamos.de/be/foerd.html<br />
11 Pl/Ha 11.04.2007