FACTS 17/2002, 25. April 2002 Fascht e Familie ... - Domenico Blass.
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FACTS 17/2002, 25. April 2002 Fascht e Familie ... - Domenico Blass.
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Giacobbo gefällt sich auch als Förderer. Was den Vorteil<br />
hat, dass er den Nachwuchs an sich bindet. Er sei sich immer<br />
selber treu geblieben und habe sich nie an das Publikum<br />
angepasst, sagt Giacobbo. «Wir haben nie Publikumstests<br />
gemacht, haben keine künstlichen Lacher und keinen<br />
künstlichen Applaus.» Seine Erfolgsgeheimnisse: Er gibt sich<br />
erstens bescheiden, ist im Umgang auch so gewinnend, dass<br />
man ihm schwache Momente nachsieht. Und solche Hänger gibts<br />
im «Spätprogramm» regelmässig. Zweitens hat Giacobbo den<br />
Riecher für den gesunden Menschenverstand. Als sich der<br />
abtrünnige Maoist 1984 in seiner «tell»-Kolumne als<br />
«einfaches Gemüt» und «Depp» outete, der Godards Filme nicht<br />
versteht und dessen «permanent philosophisches Geschwätz<br />
einfach todlangweilig» findet, lag er bei der schweigenden<br />
Mehrheit der Linken goldrichtig.<br />
Inzwischen ist das Antielitäre, ja Antiintellektuelle, das<br />
sich in solchen Sprüchen äussert, total in. Und Viktor<br />
Giacobbo darf für sich die historische Leistung reklamieren,<br />
als der Schweizerlacher den neuen Mittelstandshumor kreiert<br />
zu haben. Satiriker Constantin Seibt von der linken<br />
«WochenZeitung» frotzelt: «Viktors Inhalte sind wie<br />
Zuckerwatte; leicht, rosa, süss und schmackhaft – nur<br />
bleiben sie nicht kleben.»<br />
In der Verwertungsindustrie der Spassgesellschaft ist Satire<br />
ein durchgestyltes Konsumgut geworden. «Wir müssen ein<br />
vorsichtig abgestimmtes Produkt liefern können», sagt TV-<br />
Redaktor Caspar Fierz, zuständig für die neue TV-<br />
Satiresendung «Comedy im Casino»: «Es soll nicht schwer<br />
daherkommen, aber durchaus frech und böse sein, für ein<br />
Publikum halt, das am späteren Abend seinen Spass will.» Die<br />
cheap-debile Debbie Mötteli, der Schlauinder Rajiv mit dem<br />
schweren Zungenschlag, der Turbomacho Harry Hasler, sie sind<br />
dem Fernsehpublikum aus dessen Alltag nah, sind überdies als<br />
eine Art neue Donald-Duck-Figuren äusserst liebenswert<br />
angelegt, so dass man schmunzeln kann. Kiffer Fredy Hinz<br />
etwa, im Gehabe eigentlich ein Junkie, blendet den Horror<br />
der real existierenden Drogenszene aus.<br />
Viktor Giacobbo, Integrationsfigur. Sein guter Name wirbt<br />
fürs Comedy-Theater, was auch SF DRS zu gute kommt.<br />
Umgekehrt profitiert das Casinotheater vom Massenpublikum,<br />
das Viktor im Fernsehen verfolgt. Cross-Selling heisst das<br />
im Fachjargon. In der einst antikapitalistischen<br />
Kleinkunstszene hat modernes Marketingdenken Einzug<br />
gehalten. Der ehemalige Kleinkünstler Togni spricht von<br />
«Synergien», welche die Zusammenarbeit mit SF DRS dem<br />
Casinotheater bringen wird. Eine Win-Win-Situation in<br />
Winterthur.<br />
Auch das Sponsoring wird gepflegt. So sollen vor den<br />
Aufführungen lustige Logoprojektionen der Winterthur<br />
Versicherung die Wände des Theatersaals zieren. Und glatte<br />
Pressestimmen „Facts“<br />
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