Kuba wird Erdölnation - Erdöl-Vereinigung
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Datum: 05.02.2012<br />
NZZ am Sonntag<br />
8021 Zürich<br />
044/ 258 11 11<br />
www.nzz.ch/sonntag<br />
<strong>Kuba</strong> <strong>wird</strong> <strong><strong>Erdöl</strong>nation</strong><br />
Sozialistisches Land hofft auf neuen Reichtum - internationale Firmen helfen hei der Exploration<br />
<strong>Kuba</strong>s Parteiorgan berichtet kaum über die Ölvorkommen vor der Küste, um keine falschen Begehrlichkeiten zu wecken: Marktszene in Havanna. (27. Januar 2012:<br />
Seit dieser Woche lässt <strong>Kuba</strong><br />
vor seiner Küste von einem<br />
spanischen Konzern nach <strong>Erdöl</strong><br />
suchen. Die Erkundung führt zu<br />
einer unerwarteten Annäherung<br />
an den Erzfeind USA.<br />
Matthias Knecht, Mexiko-Stadt<br />
Die Hoffnung auf die Lösung aller<br />
wirtschaftlichen Probleme <strong>Kuba</strong>s<br />
heisst «Scarabeo 9», hat die Grösse eines<br />
Fussballfeldes und schwimmt derzeit<br />
etwa 40 Kilometer nordwestlich<br />
der Hauptstadt Havanna. Seit Dienstag<br />
bohrt die 200 Mann starke Besatzung<br />
der Bohrinsel nach <strong>Erdöl</strong>, 1700 Meter<br />
unter dem Meeresspiegel. Das Resultat<br />
von <strong>Kuba</strong>s erster Tiefseebohrung <strong>wird</strong><br />
in zwei bis drei Monaten erwartet und<br />
auch dann nur eine vage Vorstellung<br />
über den neuen Ölreichtum der sozia-<br />
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Auflage: 131'901<br />
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listischen Karibikinsel verschaffen.<br />
<strong>Kuba</strong> schätzt seine Tiefseereserven auf<br />
20 Milliarden Fass Öl, amerikanische<br />
Geologen beziffern sie etwas vorsichtiger<br />
auf 5 bis 9 Milliarden Fass.<br />
«Die Erwartungen sind gross», sagt<br />
der Ölexperte und <strong>Kuba</strong>kenner Jorge<br />
Pirion, Energieforscher an der Universität<br />
Texas. Sollte das Öl sprudeln,<br />
wäre <strong>Kuba</strong> viele Sorgen los. Derzeit<br />
hilft ihm der Bündnispartner Venezuela<br />
mit rund 100 000 Fass täglich über<br />
die Runden. Dennoch hat <strong>Kuba</strong>s Planwirtschaft<br />
Mühe, die Grundversorgung<br />
mit Energie und Lebensmitteln sicherzustellen.<br />
Die gewöhnlichen <strong>Kuba</strong>ner<br />
spüren das an den Lebensmittelpreisen,<br />
die allein im letzten Jahr um 20<br />
Prozent stiegen.<br />
Ölkonzerne stehen Schlange<br />
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<strong>Kuba</strong> hat nicht die Mittel, seine 112<br />
Quadratkilometer grosse Wirtschaftszone<br />
im Golf von Mexiko selbst zu erforschen.<br />
Also hat es ein internationales<br />
Öl-Roulette konzipiert und jeweils<br />
2000 Quadratkilometer grosse Blöcke<br />
zur Exploration freigegeben. Auf 22 davon<br />
haben bisher ausländische Ölkonzerne<br />
gesetzt. Sie tragen die Kosten.<br />
Werden sie fündig, gehört ihnen die<br />
Hälfte der Erträge. Das erste Spiel<br />
macht die spanische Repsol. Dazu hat<br />
sie die «Scarabeo 9» für umgerechnet<br />
rund eine halbe Million Franken täglich<br />
gemietet. Andere stehen bereits<br />
Schlange, um die Bohrinsel in den weiteren<br />
Blöcken einzusetzen. Die Konsortien<br />
und Unternehmen kommen aus<br />
Norwegen, Indien, Venezuela, Vietnam,<br />
Malaysia, Russland und Angola.<br />
Schneller Reichtum ist mit 01 gerade<br />
nicht zu haben, mahnt Pirion. «Ein<br />
Argus Ref.: 45021135<br />
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wirtschaftlicher Effekt für <strong>Kuba</strong> <strong>wird</strong><br />
sich frühestens in 10 bis 15 Jahren einstellen»,<br />
schätzt der frühere Ölmanager.<br />
Allein die jetzt begonnenen Erkundungsbohrungen<br />
könnten sich über bis<br />
zu 5 Jahre hinziehen.<br />
Was die «Scarabeo 9» jedoch jetzt<br />
schon bewegt, ist die Politik. «Die<br />
kurzfristigen Effekte von <strong>Kuba</strong>s Ölsuche<br />
sind ausschliesslich politisch»,<br />
sagt Pirion und verweist auf die USA.<br />
Deren Ölkonzerne sind die einzigen,<br />
die nicht am Kasino 60 Meilen vor Floridas<br />
Küste teilnehmen. Denn das verbietet<br />
das US-Embargo gegen <strong>Kuba</strong>.<br />
Die Massnahme aus dem Kalten Krieg<br />
<strong>wird</strong> nächsten Dienstag 50 Jahre alt.<br />
Dabei zeigte die «Scarabeo 9» einmal<br />
mehr deren Wirkungslosigkeit. Die<br />
Bohrinsel ist auf dem neuesten Stand.<br />
Die italienische Energiefirma Eni liess<br />
sie in China fertigen, ohne Amerikaner.<br />
Die Suche nach Öl hat <strong>Kuba</strong> und die<br />
USA einander nähergebracht. Diese<br />
Woche trafen sich Experten beider<br />
Länder zum dritten Mal innert zweier<br />
Monate. Auf der Karibikinsel Curnao<br />
diskutierten sie praktische Details der<br />
Bohrungen. «Solche Begegnungen von<br />
Angesicht zu Angesicht sind fundamental<br />
wichtig», erklärt Pirion. Amerikanische<br />
Verhandlungsteilnehmer lobten<br />
den Sachverstand und die Offenheit<br />
ihrer kubanischen Verhandlungspartner.<br />
Solche Töne sind neu.<br />
Angst vor einer Ölpest<br />
Grösste Sorge ist ein möglicher Unfall,<br />
wie er im Golf von Mexiko 2010 auf der<br />
BP-Bohrinsel «Deepwater Horizon»<br />
geschah. «Wenn etwas passiert, brauchen<br />
sie US-Spezialisten», sagt Pirion.<br />
Ziel der laufenden Verhandlungen ist<br />
es darum, einen Vertrag zwischen den<br />
USA und <strong>Kuba</strong> für den Fall des Falles<br />
zu erstellen. Zwischen Ländern mit<br />
aneinandergrenzender Hochseeförderung<br />
ist das durchaus üblich. Zwischen<br />
<strong>Kuba</strong> und den USA wäre es ein erster<br />
Schritt zur Normalisierung.<br />
Die Regierungen beider Länder behandeln<br />
die Angelegenheit diskret, mit<br />
gutem Grund. Der US-Regierung droht<br />
Widerstand der Hardliner vonseiten<br />
der Exilkubaner. Deren Wortführerin<br />
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ist die republikanische Kongressabgeordnete<br />
Ileana Ros-Lehtinen. Sie fordert<br />
jetzt ein neues Gesetz zur Verschärfung<br />
des Embargos. Allen an <strong>Kuba</strong>s<br />
Ölsuche beteiligten Personen soll<br />
die Einreise in die USA verweigert<br />
werden. Zur Begründung sagte die gebürtige<br />
<strong>Kuba</strong>nerin: «Das Öl verschafft<br />
den Diktatoren in Havanna die Dollars,<br />
die sie so verzweifelt benötigen.»<br />
Unauffällig behandelt auch <strong>Kuba</strong>s<br />
Staatspresse die Ölsuche und berichtete<br />
erst ein einziges Mal darüber.<br />
«Das ist der Fluch des Öls», erläutert<br />
Pirion. «Allein die Nachricht einer Entdeckung<br />
könnte das kubanische Volk<br />
zum Trugschluss verleiten, an neuen<br />
Reichtum zu glauben.» Wichtig sei es<br />
darum, dass <strong>Kuba</strong> seine eingeleiteten<br />
Reformen fortsetze, «ob mit Öl oder<br />
ohne».<br />
Falls sich die USA doch noch an <strong>Kuba</strong>s<br />
Öl-Roulette beteiligen wollen, ist<br />
es nicht zu spät. Rund die Hälfte der 59<br />
kubanischen Blöcke sind noch zu haben,<br />
darunter alle entlang der Grenze<br />
zur amerikanischen Wirtschaftszone.<br />
<strong>Erdöl</strong>fieber<br />
Exploration vor <strong>Kuba</strong>s Küste<br />
Key West<br />
FLORIDA<br />
Miami<br />
_Bohrinsel<br />
«Scarabeo 9»<br />
Havanna.<br />
BAHAMAS<br />
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Seit dieser Woche steht die Bohrinsel<br />
«Scarabeo 9» vor <strong>Kuba</strong> im Einsatz.<br />
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